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v. Graefes Archly fiir Ophthalmologie 162, 299--317 (1960) Aus der Augenklinik der Universit~t Miinchen (Direk~or: Prof. Dr. W. I~OHRSC]tNEIDER) }Iodifikationen der Tonographie auf Grund yon theoretisehen Betrachtungen und klinischen Beobaehtungen iiber das Ver- halten des intraoeularen Druekes wiihrend der Untersuehung* Von tIANNS-JtOR~EN IlIEaT~ Mit 5 Textabbfldungen I Die Tonographie stel]t eine Methode dar, die uns mit Hilfe eines ver- hfiltnism/~Big einfaehen Untersuehungsverfahrens Einbliek in Vorg/~nge der intraocnlaren ttydrodynamik geben solk Die klinische Diagnostik des Glaukoms wird dureh eine solche Erkenntnism6gliehkeit nieht unwesentlieh bereiehert. Das Verfahren wurde yon G~A~ nicht nur in teehnischer Beziehung angegeben, sondern yon ihm aueh theoretisch entwickelt und begrfindet. Seine ,,facility of outflow" (Abflugver- m6gen C), die der reziproke Wert des dem KammerwasserabfluB ent- gegenstehenden Widerstandes (R) ist, wird auf Grund versehiedener Meggr613en erreehnet. Diese Gr6gen sind: der intraoculare und der Episkleralvenendruek sowie die dureh das Tonometer bedingte intra- oeulare Volumversehiebung zu verschiedenen Zeitpunkten der Tono- graphic, weiterhin der intraoeulare Druek vor Aufsetzen des Tonometers und die Rigidits der Bulbuswand. Die Druckwerte wahrend der Tonographie (Pt) werden yore Tono- meter in Skalenteilstriehen geliefert und k6rmen mit Hilfe der Frieden- waldschen Umreehnungstabellen dureh in mm ttg ausdr/iekbare Gr6Ben wiedergegeben werden. Aueh das Volumen (Vc), das dureh die Ein- buehtung der Hornhaut dutch den Tonometerstift verdrangt wird, ist auf Grund yon Untersuehungsergebnissen FRI]~DE~WALDS ZU ermitteln. Allerdings sind dabei neuere Feststellungen noeh zu berfieksiehtigen, naeh denen die Gr6Be des dutch die Bulbusdeformierung verlagerten Volumens nieht mit der des aus dem Augapfel verdr/~ngten FI/issigkeits- volumens gleiehzusetzen ist. Der intraoculare Druek vor Aufsetzen des Tonometers (P0) lgl?t sieh dureh den Tonometriewert und den Koeffi- zienten der Bulbusrigiditgt (K) bestimmen. I)ieser Koeffizient kann dureh die Differentialtonometrie naeh F~IEDENW~d~D gefunden werden, was in der Praxis hinsiehtlieh der Zuverl/~ssigkeit allerdings auf gewisse Sehwierigkeiten st6gt. Man hat deswegen bisher meist den allgemeinen Durehsehnittswert in die Reehnungen eingesetzt. Dadureh k6nnen im * Mit Unterstiitzung der Deutschen Forsehungsgemeinschaft. Albrech~ v. Graefes Arch. Oph~hM. ]36. 162 20

Modifikationen der Tonographie auf Grund von theoretischen Betrachtungen und klinischen Beobachtungen über das Verhalten des intraocularen Druckes während der Untersuchung

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v. Graefes Archly fiir Ophthalmologie 162, 299--317 (1960)

Aus der Augenklinik der Universit~t Miinchen (Direk~or: Prof. Dr. W. I~OHRSC]tNEIDER)

}Iodifikationen der Tonographie auf Grund yon theoretisehen Betrachtungen und klinischen Beobaehtungen iiber das Ver- halten des intraoeularen Druekes wiihrend der Untersuehung*

Von tIANNS- JtOR~EN IlIEaT~

Mit 5 Textabbfldungen

I

Die Tonographie stel]t eine Methode dar, die uns mit Hilfe eines ver- hfiltnism/~Big einfaehen Untersuehungsverfahrens Einbliek in Vorg/~nge der intraocnlaren t tydrodynamik geben solk Die klinische Diagnostik des Glaukoms wird dureh eine solche Erkenntnism6gliehkeit nieht unwesentlieh bereiehert. Das Verfahren wurde yon G ~ A ~ nicht nur in teehnischer Beziehung angegeben, sondern yon ihm aueh theoretisch entwickelt und begrfindet. Seine ,,facility of outflow" (Abflugver- m6gen C), die der reziproke Wert des dem KammerwasserabfluB ent- gegenstehenden Widerstandes (R) ist, wird auf Grund versehiedener Meggr613en erreehnet. Diese Gr6gen sind: der intraoculare und der Episkleralvenendruek sowie die dureh das Tonometer bedingte intra- oeulare Volumversehiebung zu verschiedenen Zeitpunkten der Tono- graphic, weiterhin der intraoeulare Druek vor Aufsetzen des Tonometers und die Rigidits der Bulbuswand.

Die Druckwerte wahrend der Tonographie (Pt) werden yore Tono- meter in Skalenteilstriehen geliefert und k6rmen mit Hilfe der Frieden- waldschen Umreehnungstabellen dureh in mm t tg ausdr/iekbare Gr6Ben wiedergegeben werden. Aueh das Volumen (Vc), das dureh die Ein- buehtung der Hornhaut dutch den Tonometerstift verdrangt wird, ist auf Grund yon Untersuehungsergebnissen FRI]~DE~WALDS ZU ermitteln. Allerdings sind dabei neuere Feststellungen noeh zu berfieksiehtigen, naeh denen die Gr6Be des dutch die Bulbusdeformierung verlagerten Volumens nieht mit der des aus dem Augapfel verdr/~ngten FI/issigkeits- volumens gleiehzusetzen ist. Der intraoculare Druek vor Aufsetzen des Tonometers (P0) lgl?t sieh dureh den Tonometriewert und den Koeffi- zienten der Bulbusrigiditgt (K) bestimmen. I)ieser Koeffizient kann dureh die Differentialtonometrie naeh F~IEDENW~d~D gefunden werden, was in der Praxis hinsiehtlieh der Zuverl/~ssigkeit allerdings auf gewisse Sehwierigkeiten st6gt. Man hat deswegen bisher meist den allgemeinen Durehsehnittswert in die Reehnungen eingesetzt. Dadureh k6nnen im

* Mit Unterstiitzung der Deutschen Forsehungsgemeinschaft. Albrech~ v. Graefes Arch. Oph~hM. ]36. 162 20

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300 HA~s-Ji~G~ MnRT~ :

EinzelfM1 natfirheh nieht unerhebliehe Fehlbestimmungen yon P0 und yon C bedingt sein. ttier hegt ein Angrfffspunkt ffir die Bemfihungen um die Verbesserung der Tonographie. Nut die Berficksiehtigung einer exakt ermittelten Rigidit~t kann uns vor Irrtfimern bewahren. Einen Sehritt vorw~rts bringt uns dabei die Dffferentialtonometrie unter Zuhilfenahme des Applanationstonometers naeh GOL~MA~. ~qun ist aber eine Insta- bilit~t des P0-Wertes zu Beginn der Tonographie beobachtet worden. Da der Druckabfall theoretiseh bis auf den intraocularen Druek vor Aufsetzen des Tonometers erfolgt, w~re Po also durch eine Dauertono- graphie his zum Ausbleiben eines weiteren Absinkens der Tension zu ermitteln. Inwieweit dieser Weg in der Praxis gangbar ist, sei hier nieht er6rtert. Fiir den Episkleralvenendruck wird gewShnlich ebenfalls ein Durehsehnittswert eingesetzt, da eine Messung des Drueks routinem~Big in der Praxis bisher nieht m6gheh ist. Hier ist ein zweiter Angriffspunkt f fir Versuehe einer Verbesserung der Tonographie.

Wie sieh zeigt, gibt es also sehon theoretisch fal3bare FehlermSglieh- keiten, die die Gfite dermit dem Verfahren gewonnenen Ergebnisse be- eintr~ehtigen kSnnen. Es war sieher anfangs nStig, gewisse Vereinfa- ehungen, die Fehler bedingen kSnnen, vorzunehmen, damit die Methode fiberhaupt angewandt werden kann. Nunmehr muB man sich aber anschicken, derartige Vereinfaehungen fallen zu lassen und der Tono- graphie dadurch zu gr51~erer Exaktheit zu verhelfen.

Eine weitere mSgliche Ursaehe yon Verfglsehungen der Ergebnisse sind wit angegangen. Ffir die Errechnung des AbfiuBvermSgens

( ) C-- t (Pt M- Po-A Pv) ist unter anderem aueh die Bildung des Mittel-

wertes des wghrend der Tonographie absinkenden intraoeularen Druekes (Pt M) erforderlieh. G~ANT hat nun der Einfaehheit halber vorgesehlagen, diesen M.ittelwert aus dem am An.fang und dem am Ende der Unter-

/Pt~ § Pt~). suehung festgestellten Druekwert linear zu bestimmen / ~

Es seheint in diesem Znsammenhang zweekm/iBig, sieh das Ver- halten des intraoeularen Druekes w/~hrend des Ablaufs einer Tonographie vor Augen zu ffihren (s. dazu Abb. 1). I)ureh das Gewieht des Tono- meters wird beim Aufsetzen desselben atff den Augapfel der im Bulbus herrsehende Druek P0 uM der Druek in den epislderalen Venen Pro erhSht auf Pt bzw. P~ t. Bei l~ngerem Verweilen des Tonometers auf dem Auge wird nun der artifiziell erh5hte Augenbinnendruek (Pt) all- mahlieh bis auf das Ansgangsniveau (Po) abgebaut. Wit linden also wahrend der Tonographie in jedem Augenbliek einen anderen Druck- wert im Auge (Ptl, Pt~, Pt~ usw.). Entspreehendes lal~t sieh fiber den Druck in den Episkleralvenen sagen, nut dal~ hier die Diiferenzen zwi- sehen den einzelnen Werten aul]erst gering and daher praktiseh zu ver- naehl/~ssigen sind.

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Modifikationen der Tonographie 301

Der Abbau des artifiziell erh6hten intraoeularen Druckes erfolgt anfangs sehneller und schrei~et immer langsamer fort, je mehr er sieh seinem Ende nahert. Zu Beginn der Tonographie wird also in der Zeit- einheit mehr F1/issigkeit aus dem Auge herausgedriickt als am Ende, wenn die Bulbusspannung infolge des inzwisehen stat%gehabten Kammer- wasserabflusses schon naehgelassen hat. Diese am Verlaui der Druek- kurve w/thrend der Un- tersuehung festzustel- lende Tatsache ist schon auf Grund der physika- lisehen Gegebenhei~en theoretiseh zu erwarten, zumal auch andere ver- gleiehbare biologisehe Vorggnge sieh in ana- loger Weise abspielen. Der Abfall des intra- oenlaren Druekes diirfte also in der gegel an- gen/ihert logarithmiseh erfolgen, was aueh dann angenommen werden kann, wenn dies im Einzelfall infolge eines insgesamt sehr lang- samen Ablaufs an der Tensionskurve weniger augenf~llig in Erschei- nung %reten sollte.

Wenn man nun den Mittelwert des intra- oeularen Druekes w/~h- rend der Tonographie

i I i I I

2o . . . . . . . . . . . . . . . . .

0 / E 3 ~rnin 5

Abb. 1. Tensionsabf~ll yon Pt 1 naeh Pt 2 w~hren4 5minii- t iger Tonographie . P0 in t raocula re r Druek u n m i t t e l b a r v e t Atffsetzen des Tonomete r s ; Pt 1 in t raocularer Dru ck unmittelbar nach Aufsetzen des Tonometers; JPt~ i~tra- ocularer Druck a m Ende der Tonographie ; /~tM Mittel- we r t aller w~hrend der Tonographie v o r k o m m e n d e n P t -Wer t e ; Pv Dlmck in den episkleralen Venen v o r Auf- setzen des Tonomete r s ; A Pv E rhSh lmg des Druekes in den epislderalen ~ e n e n wi~hrencl der Tonographie ; F K a m - merwasser-Durchf lul~-Minutenvolumen; O Be t rag der Steiger tmg des Kammerwasser-Abflul~=FIinutenvolmnens du tch Bulbuskompress ion w~hrend der Tonograpbie pro

1 mm fig intraoeularer Druekerh6hung in i~ubikrnillimet er

(PtM) linear bestimmt, so geht man theoretiseh gesehen nieht ganz korrekt vor. In der Praxis ist abet dieser Modus der Mittelwerts- bestimmung bei Augen mit etwa im Normbereieh liegenden Aus- gangsdruekwerten h/~ufig ausreiehend. Anders verhNt es sieh schon, wenn der Ausgangsdruek relativ hoeh oder niechdg ist. Bei den Be- miihungen, die Grundlagen der Untersuehungsmethode so exakt Me m6glieh zu gestalten, wird man jedenfalls aueh die eventuellen Fehler- quellen dutch die lineare Mittelwertsbes~immuug yon Pt nicht

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302 HA~S-Jti~GnN MERT]~ :

unbeachtet lassen dfirfen. Wir halten es deswegen ffir das Richtigste, PtM dem Verlauf des Absinkens yon Pt entspreehend als logarithmischen Mittelwert zwischen dem intraoeularen Druek bei Beginn (Ptl) und dem am Ende (Pt2) der Tonographie zu bereehnen. Es ist dabei zu ber~iek- siehtigen, dab die Druekkurve auf das Niveau yon P0 bin abfAllt und dessen Weft nieht untersehreitet.

W/~hrend also bei linearer Mittelwertsberechnung yon Pt die Formel yon A V

GRANT ~ - - ~ [ Ptl -~ Pt2 Po - 3 Pv \ ) lautet, haben wir sie fiir die logarithmische t 2

Mittelwertsbes~immung umzuformen in A V

C = t �9 log. Mittelwer$ yon (Pt--Po--APv) zwischen Ptl und Pt2 ' wobei logarithmischer Mittelwert yon (Pt--Po--APv) zwischen Ptl und Pt2 =

P t l - P t 2 In Pt l - -P~ "

Pt~--Po - A Pv An Hand der Abb. 1 kann man sfch die Verhs veranschaulichen.

Die folgenden Tabellen zur Ermit t lung des Wertes yon C mi t Hilfe der Tonometerablesung zu Beginn und am Ende der Tonographie sind nach dem vorstehenden Modus errechnet.

Durch unser Vorgehen ist eine FehlermSglichkeit ausgeschaltet, die unter Umsti~nden yon nicht zu geringer Bedeutung sein kann. Unter der Voraussetzung einer genauen Ermit t lung der Rigidit~t der Bulbus- hfille sowie des Episkleralvenendruckes vor Aufsetzen des Tonometers und im Verlauf der Tonographie wi~hrend jeder Untersuehung lassen sich Ergebnisse erzielen, die beim derzeitigen Stand unserer Kenntnisse fiber das ganze Verfahren als so exakt wie mSglich anzusehen sind.

I I

In klinischer Hinsicht will man aus dem durch die Tonographie erhaltenen Wert des AbfluSverm6gens C diagnostisch wichtige Schlfisse ziehen kSnnen. Daher war es nStig, mit Hilfe yon Reihenuntersuchungen an gesunden und glaukomkranken Augen Werte ffir C festzulegen, die den Normbereich yore pathologischen Bereich zahlenmi~ig abgrenzen. Es ist hier nicht weiter yon Belang, dab sowohl die Durchschnittsgr61~e als auch die untere Grenze der Norm yon C dutch die einzelnen Autoren auf Grund der yon diesen erhaltenen Untersuchungsresultate etwas versehieden angegeben worden sind. Vielmehr soll das Augenmerk auf einen Umstand yon prinzipieller Bedeutung gerichtet werden, ns die Tatsache, dal~ das lebende Auge kein yon Flfissigkeit durchstrSmtes Ger~t ohne Reaktionsmechanismen, sondern als Organ eines Lebe- wesens, ein biologisches Untersuchungsobjekt mit MSglichkeiten der reflektorischen Anpassung an ver~nderte Verhs ist.

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Modifikationen der Tonographie 303

Der intraoculare Druck ist eine Gr6fte, die beim Gesunden durch selbstt~gige Regulationsvorg~nge auf einem optimalen Niveau gehalten werden soil. 1~. THIEL bezeichnet ihn als eine ,,Organkonstante wie

Ablesnng nach 5 mln

Lr~

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Temperatur, Pulszahl, Blutdruck und andere KSrperiunktionen". Uber die t~egulationsvorg~nge ist zwar bisher nur wenig Sicheres bekannt, doeh k6nnen wir uns in Anlehnung an die auI Grund yon Beobaehtungen an l~egnlationseinriehtungen anderer Organe entwiekelten Vorstellungen ein ungefghres Bild entwerfen.

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304 H x ~ s - J ~ G ~ M ~ :

R. W ~ e ~ hat 1925 Gesetzmggigkeiten biologiseher l~egelvorg~nge erkann~. I~ Analogie zur Arbeitsweise teehniseher l~egler hat er seine

Ablesung nach 5 mia

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richtungweisenden Auffassungen fiber einen biologisehen I~egelmeeha- nismus konzipiert, die hier kurz angefiihrt seien. Nach diesen ist die ,,RegelgrSge" in einen gesehlossenen Fnnktionskreis eingeschaltet, so dab das Regelsystem auf sieh selbst zurfiekwirkt. Das Prinzip 1/~Bg sieh

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Modif ik~t ionen der Tonogr~phie 3 0 5

am besten an Hand der beigegebenen Abbildung yon WAOz~E~ ver- stehen (s. Abb. 2). In den letzten Jahren sind z~hlreiche Arbeiten fiber biologische Regelung im ullgemeinen nnd fiber bestimmte Regelvorgs

Ablesung nach 5 rain [

C D

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im besonderen geleistet und d~dureh neue Erkenntnisse ~nf diesem Ge- bier gewonnen worden. Es ist bier nicht der Ort, n~her darauf einzu- gehen; doeh sei in diesem Zusammenhang erw~hnt, dgl~ ~nch Funktions- ublgufe im Bereich des Sehorguns und des Kreisl~ufs Gegenstand ent- spreehender U]]tersuchungen w~ren.

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306 HA~s-JC~r~ Mram~:

Wenn wir uns nun vorstellen, dab die Erhaltung des intraocularen Druekes auf einem optimMen Niveau mit Itilfe eines biologisehen Regel- kreises im Shine yon R. WAGSEa erfolgt, so mfissen wir folgende Ein- riehtungen erwarten: 1. einen Ffihler, der Tensionsabweiehungen im Auge wahrnimmt; 2. eine afferente Leitung, die derar~ige Feststellungen weitermeldet; 3. ein Zentrum, durch das

Vezb/'nduzgs- 8ahn yon

kh'he/'erS/elle; z.8 P yramlden-

hahn

motom'scke: Nerv

:Ve:~:ndL,ng " I zunzStellrno/o:) $

Muskel (,Y/ell:no/or)

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(M,SPteverstellen- des Zen/z'um)

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Ftz'h ler (Receptop)

Abb. 2. E in fachs t e s Beispiel eines b io logischen l~egel- kreises (nach R . WAG~ER)

die Einstellung des intra- ocularen Druckes ge/~ndert wird; 4. einen ~bermitt . lungsweg fiir die Impulse, die yore Zentrum zum Auge gegeben werden; 5. Ein- riehtungen, die Drnek~nde- rungen im Auge herbei- ffihren kSnnen. Die Regel- gr6Be ist der intraoeulare Druek. Diesen zu vergn- dern, gibt es verschiedene MSgliehkeiten. So kann beispielsweise auf die Pro- duktion yon Kammerwas- ser oder auf den Zustand yon dessen AbfluBwegen eingewirkt werden.

Manehe Hinweise, die zur Identifizierung einzel- her Teile eines Regelkreises fiir den intraoeularen Druck geeignet sein kSnnen, sind in den letzten Jahren

geliefert worden. Dadureh gewinnt auch die Annahme eines der- artigen l~egelmechanismus an Wahrseheinlichkeit. Besonders TEIEL und seine Mitarbeiter ttOLLWICE und Kudos haben wertvolle Arbeiten geliefert, in denen auf Grund kliniseher, experimenteller und histologi- seher Befunde MSglichkeiten des Zusammenwirkens yon Peripherie, zentraler Steuerung und Verbindungswegen zwisehen beiden aufgezeigt werden. Naturgemg$ sind Beobachtungen, die Absehnitte des Regel- kreises sieher erkennen lassen, wesentlich geringer Ms solche, die nur zu Vermutungen oder ungef/~hren lokalisatorisehen Einordnungen bereehtigen. Es liegen aber einige experimentelle Feststellungen vor, die genau definierbare funktionelle Zusammenh~nge zwischen bestimm- ten - - efferenten und afferenten - - hTervenleitungen und Augenbinnen- druckverhalten aufdeeken, t t ier kann auf die einschl/~gige Literatur nieht n/~her eingegangen werden; nur einige besonders augenfallige

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Modi~ikationen der Tonogmphie 307

Beispiele seien kurz erw~hnt. So soil in diesem Zusammenhang einerseits an die verschiedenen Untersuehungen fiber die Wirkung yon Sympa- thieusreizung auf die intraoeulare Tension erinnert sein. Schon 1900 hat W~SSELY z. ]3. mitgeteilt, dab faradisehe Reizung des Halssympa- thicus bei Kan/nchen im Auge der gleichen K6rperseite unter anderem zu einer Verminderung der Produktion und des EiweiBgehaltes des Kammerwassers sowie zu Druekerniedrignng ffihrt. Beim Mensehen hat TRIEL Absinken des Intraoeulardruckes naeh versehiedenartiger Reizung des Sympathieus beobaehtet. Andererseits wurden 1940 yon DIEw~ Ak~ionsstrSme in den N. eiliares breves im Gefolge yon artifizieller Steigerung des intraocularen Druckes bei Kaninchen nachgewiesen. Da- bei sei noeh bemerkt, dab die Tensionssteigerung unter anderem auch durch Drficken eines Glasstempels auf den Bulbus herbeigeffihrt wurde, also einen Vorgang, der dem Anfsetzen des Tonometers zur Tonographie sehr s ist. Es bleibt demnach festzuhalten: Wenn ~ r aueh noch nieht alle physiologisehen nnd morphologisehen Einzelheiten kennen, so unterliegt es doeh keinem Zweifel, dab der intraoeulare Druek durch autonome regulatorisehe Vorgange auf einer optimalen tt6he gehalten werden soil. Vorstehende Ausffihrungen sind nun nicht so zu verstehen, als w&ren pathologische Tensionssteigerungen grnnds&tzlieh als Ansdruek einer St6rung im Neurovegetativum anzusehen. Vielmehr kann wahr- scheinlich jeder Tell des Regelkreises versagen, so z. B. vielleieht das eorneosklerale Trabekelwerk auf mechanisehem Wege infolge einer Sklerose.

Eine der MSgliehkeiten znr Druekregulierung ist in der reflektori- sehen VerstArkung bzw. Drosselung des Kammerwasserabflusses aus dem Augeninnern - - je naeh der H6he des ira Auge herrschenden Druckes - - zu sehen. Daraus folgt, dab ein Auge mit ungestSrter Regulation bei vor/ibergehender Abweiehung yore Sollwert des intraocularen Drucks mit einer entsprechenden Xnderung der KammerwasserabfluBgrSBe ant- worten wird. Die Gr6Be yon C mnB demnach in einer bestimmten Be- ziehnng zu der im Zeitpnnkt der Tonographie im Auge an sieh sehon herrsehenden Drnckh6he stehen. Der Festsetzung des Normbereichs far die Ergebnisse der Tonographie mit t{ilfe yon l%eihenuntersnehnngen liegt der bei den untersuchten Augen gefundene Durchschnittswert zugrunde. In gleieher Weise lnarkiert der Durchsehnittswert des Binnen- druekes der gemessenen Angen einen Drncknormbereieh. Demnach ist der Normbereieh des AbfluBvermSgens dem Normbereieh des intra- oeularen Druckes zugeh6rig. Bei der Tonographie eines Auges, dessert Druck nicht im Normbereieh liegt, ist infolgedessen eine klinische Beur- teilung des Ergebnisses unter Zugrundelegung des durch Reihenunter- suehung bestimmten Normbereichs nieht sinnvoll und muB zu Irrtiimern f~hren.

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308 HA~s-JffRGE~ 1V~RT~ :

Betraehten wir in diesem Zusammenhang noch einmal kurz die Vorg~nge bei der Tonographie. Setzt man auf ein Auge mit normalem ]~innendruek ein Tono- meter auf, so steigt dureh das Gewieht desselben der Druck (yon P0 auf Pt) nieht unerheblieh an. Die autonome Regulation ist nun bemiiht, den artifiziell erhShten Augendruek (Pt) wieder zum normalen Ausgangsdruck (P0) zu senken. Das ge- sehieht naeh den der Tonographie zugrundeliegenden Vorstellungen dureh ver- mehrten Kammerwasserabflul~ aus dem Auge. Wie wh" schon gesehen haben, wird das Volumen der in der Zeiteinheit kompensatoriMeh ausstrSmenden Intraoeular- fliissigkeit, je mehr sieh der Augenbinnendruek wahrend der Tonographie seinem Ausgangswert n~hert, immer kleiner. Bei Erreiehen yon P0 nimmt es schlieBlich die GrSl]e Null an, da dann der l%eiz zu vermehrtem Kammerwasseraustritt wegf~llt.

Wird auf ein Auge, dessert Binnendruck aus irgendwelehen Griinden gegenfiber dem durehsehnittlichen l~ormwert stark erniedrigt ist, das Tonometer, also das gleiche Gewieht wie im vorangehenden Beispiel, gesetzt, so steigt aueh hier der Druck an. Er erreieht aber bei weitem nicht die I-IShe yon Pt des Auges mit einem mittleren P0-Wert. Infolgedessen ist der Reiz zu vermehrtem Kammerwasser- abfluB geringer, i~aeh den angestellten Uberlegungen ist also schon rein theoretisch zu erwarten, daB das AbfluBvermSgen umso niedriger gefunden werden muB, je tiefer der Ausgangsdruck des untersuchten Auges unter dem mittleren P0-Wert liegt.

Tats~ehlieh linden wir bei Augen mit niedrigem P0-Wert, die ohne den gering- sten Anhalt fiir das Vorliegen irgendeiner Form yon Glankom sind, aueh einen relativ kleinen Wert ffir C. Gm'ade diese Beobachtung war sogar der Anlal~ dafiir, dub unsere Aufmerksamkeit auf dam angesehnittene Problem gelenkt wurde.

Umgekehrt wird in einem Auge mit schon erh6htem Ausgangsdruck die Tension dureh dam Aufsetzen des Tonometers in st~rkerem MaBe fiber den I~ormbereich gehoben, Ms in einem Auge mit mittlerem Po-Wert; dementspreehend ist dann der Reiz zu vermehrtem Kammerwasserabflul~ grSBer, was zu einem relativ hSheren C-Weft ffihren muB.

Aus a l ledem folgt : Ff i r die kl inische Beur tef lung der Ergebnisse der Tonogr~phie is t die HShe des jewefligen Ausg~ngsdruckes yon groBer Bedeutung . Ohne dessen Berf icksicht igung k5nnen wir zwar das Volu- men des du tch die Bel~s tung des Bulbus mi t e inem be s t immte n Gewicht w~hrend der Un te r suchung in der Zei te inhei t aus dem Auge v e r m e h r t abfl ieBenden K~mmerwasse r s mehr oder minde r gut ermi t te ln , fi ir p rak t i sche Belange jedoeh h~ufig keine zuverl~ssigen Sehlfisse ziehen.

D a die Drueklage bei Beginn der Tonograph ie yon en tsehe idender B e d e u t u n g ffir das Ausmal~ des Reizes zu erhShtem Kammerwasse r - abflul~ und d~mi t ffir das Ergebnis der Un te r suchung ist, mul~ ffir die kl inische Beur te i lung das gefundene Abflul~verm6gen m i t ihr in Be- z iehung gebraeh t werden, l~ur so l~Bt sich die Regula t ionsf~higke i t eines Auges zahlenmi~l~ig effassen. Abe t gerade die Regula t ionsf~higkei t i s t das, was in d iagnos t i scher Hins ich t vor a l lem von In te resse ist. W i r mfissen sie daher aueh wirkl ich effassen. Dazu liei~en sich grunds~tz l ich 2 Wege beschrei ten. Man kSnnte einersei ts ffir jeden Ausgangsdruek - - exper imente l l und rechneriseh - - die l~ormwerte yon C bes t immen. I n d iesem Fal le wi~re also die durchsehni t t l i che GrSl3e des Volumens

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Modifik~tionen der Tonographie 309

zu ermitteln, das aus Augen mit ungestSrter Regulation bei den ver- schiedenen Binnendruckwerten ausfliel3t. Andererseits kSnnte man so vorgehen, dab an nur einem Normwert (bzw. -bereich) ffir C festgehalten wird, n~mlieh dem bisherigen, der dem Normbereich yon Po zugehSrig ist. Dann mfil3te der im Einzelf~ll gefundene C-Wert entsprechend mathematiseh transponiert werden. Diese zweite VerfahrensmSglichkeit ist yon uns gew~hlt worden und soll bier yon den yon uns angestellten Uberlegungen ausgehend, erl~utert werden.

Da bei Abweichungen des Ausgangsdruckes yore Normwert der An- reiz fiir entsprechende kompensatorische Vorg~nge in der einen oder in der anderen Riehtung sehon vor Beginn der Tonographie gegeben ist, l~13t sigh die tats~chliehe Regulationsf~higkeit erst erkennen, wenn die dem Normwert yon Po zugehSrige GrSl~e des Abfluf3vermSgens des betreffenden Auges ermittelt wird. Es muB also eine Beziehung zwisehen dem Normwert des Augenbinnendruekes (Pn) und dem jeweiligen Aus- gangsdruek eines Auges (Po) hergestellt und dann das tonographisch gefundene AbfluBvermSgen in entspreehender Weise korrigiert werden.

Wit bflden dazu den Faktor ~ - , den wir mit C multiplizieren. Aus ~ O

c . Pn Po = Ce~ erhalten wir einen Wert, der vom jeweiligen P0 unab-

hangig und au~ Pn bezogen ist.

Besitzt ein Auge einen Ausgangsdruckwert, der dem Normwert gleich ist, wird der Korrekturfaktor 1. Ffir Augen mit normalem Binnendruek ist demnaeh Coorr = C. Damit entspricht der Korrekturvorgang der Feststellung, dab das AbfluBverm6gen C bei normalem Binnendruek eine vo]lgfiltige Auskunft fiber die Regulationsf~higkeit eines Auges gibt. Liegt jedoch beispielsweise der Augendruek unter dem Normwert, wobei also die Druckerh6hung dutch Aufsetzen des Tonometers noch nicht ~ls starker Reiz ffir vermehrten I(ammerabfluB wirkt, dann wird der Korrekturfaktor grSBer als 1. Ccorr erhalt dadurch einen Wert, der fiber dem yon C liegt. Bei Augen, die keine Abflul3behinderung auf- weisen, erhalten wir ffir Ceorr Werte, die der GrSBe yon C der Augen mit einem normalen Augenbinnendruck entsprechen, bei Angen mit Ab- fluBbehinderung niedrigere. Dutch die Korrektur erreichen wir eine Dffferenzierung der im subnormalen Bereieh liegenden C-Werte in solehe, die Ausdruek physiologiseher, und solche, die Ausdruek pathologiseh gest6rter Regulation sind. Denn die C-Werte der regulationsgestSrten Augen liegen jewefls niedriger als die der ungestSrten Augen mit glei- ehem Druek. Die relativ geringen GrSBenuntersebiede yon C zwischen den beiden Gruppen werden dureh Uberfiihrung in Ceor~ deutlicher und gestatten dann eine bessere Beurteilung. t~fir Pn, ffir das ja yon den einzelnen Autoren nieht ganz iibereinstimmende Werte angegeben

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310 HAN~S-J~BoE~M~BT~:

worden sind, hat es sieh als zweekm/~gig erwiesen, einen Wert yon 18 18

einzusetzen. Der Korrekturfaktor lautet also p . Wie fiir C, so haben

Ablesung naeh 5 ra in

LO

8 u

wir auch ffir Coon. Tabellen aufgestellt, denen der Wert jeweils mit Itilfe von Ptl und Pt2 entnommen werden kann.

Ob unser hier vorgeschlagenes Verfahren in allen Einzelheiten opti- mal ist, kann sich erst nach lgngerer Anwendung zeigen. An sich sind ja zur Bfldung des Korrekturfaktors auch andere •6glichkeiten als die

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Modifikationen der Tonographie 3 i t

~on uns gewahlte denkbar, die wir geprfift und ausgesehieden haben. Pn Der Ausdruck ~0 ~ schien uns auf Grund theoretischer Erw~gungen und

A b l e s u n g nach 5 rain

ko N"

@

o u

U

praktischer Erfahrungen am geeignetsten ffir die Erreichung des gesteck- ten Zieles, eine brauehbare Beziehung zwisehen dem Normdruck und dem yon diesem abweichenden individuellen Ausgangsdruck herzustellen.

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312 HANNS-Ji)RGEN MEI~TI~ :

Er ist t in reiner Zahlenfaktor und /~ndert niehts an der physikalisehen Dimension der GrSge C, was fiir PraMs und Theorie bedeutsam ist. In dem

A b l e s u n g nach rain

i~ ~ ~

, !

~INININI

N ~ N N ~

~ ~ - ~

II

I l L I l ~

i ~ 1 ~ 1 ~ 1 ~ 1 ~ 1 ~ - I ~ - i ~ - i ~ - i ~ 1 ~ 1 ~ - ~ - ~ -

1.9 ! ~

~aktor ~ 'n diirften der individuelle den Druekabfall auslSsende l~eiz und 0

die Eigensehaften des individuellen l~egelkreises, soweit ftir die PraMs mathematiseh faBbar, enthalten sein. Immerhin kann sich vielleicht eine kleinere numerisehe Modifikation noeh als nfitzlieh erweisen. I)as Prinzip

18 hat sich uns ~ber bereits bei Anwendung des Faktors P~o bewi~hrt.

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Modifikationen der Tonographie 313

III Der Wert des geschilderten Verfahrens sei im folgenden zuns am

Beispiel yon 215 Untersuchungsergebnissen gezeigt, die an Augen mi~ kliniseh gesichertem Glaucoma simplex gewonnen wurden. Mit Hilfe der Tonometerablesung zu Beginn und am Ende der Untersuehung sind jeweils C und Ccorr bestimmt. Um wieviel zuverl~ssiger die Diagnostik auf Grund der Ermittlung des korrigierten C ~ird, ist bei Gegenfiberstellung der er- haltenen Werte yon C und Ccorr ohne /~ weiteres zu ersehen. In den folgenden ] graphischen Darstellungen and der z tabellarischen Ubersicht sind die C- z und die Ccorr-Werte in 3 Gruppen zu- sammengefaBt, pa~hologische, fraglich pathologisehe und im Normbereieh ~; befindliehe, d . h . unter 0,10, yon 0,10--0,14 und hSher liegende. Im ersten Sehaubild (Abb. 3) ist tin .~ Gesamtfiberbliek gegeben. Dieses zeig~ deutlieh, dab der Ccorr-Wert der glaukoma~6sen Augea die Krankheit wesentlieh h~ufiger erkennen 1/iBt als der C-Wert. Fast 1/4 der C-Werte liegt im Normbereieh, yon den Ceorr-Werten demgegenfiber jedoeh nut einige wenige. Dabei m6gen iibrigens auch die Ergebnisse der Bestimmung yon C im Vergleieh mit denen mancher anderer Autoren ver- h&ltnismiiBig befriedigend erscheinen; m5glicherweise hs das mit der yon uns gefibten Untersnchungsmethodik zusammen.

In der zweiten graphischen Darstellung (Abb. 4) erfolgt die Gegen- fiberstellung yon C und Cooer ffir die versehiedenen Werte des Ausgangs- clruckes getrennt. Zwisehen 10 und 22 mm Hg betragen dig jeweiligen Abstufungen 2 mm Hg, yon 22 mm ttg ab 3--6 mm ~g. Es ist deutlich zu erkennen, dab die Steigerung der diagnostischen Zuverl/issigkeit im Gesamtmaterial nicht etwa mit einer Minderung derselben in irgend- einem Po-Bereich einhergeht.

In der nachfolgenden Tabelle 7 ist die Einteilung in 2 Gruppen vor- genommen, C- bzw. Ccorr-Werte bei einem P0 im 5Tormbereich, also unter 22 mm Hg, und solche bei hSherem Po. Auch dabei zeigen sich die Ccorr-Werte den C-Werten in beide11 Gruppen fiberlegen. Diese Unter- teilung ist wegen der Wichtigkeit ffir die Untersuchungspraxis erfolgt,

vrm#l

Abb. 3. Gegen~berste11~g yon 215 C- uncl Ccorr-Werten yon Angen mi t

Glaucoma simplex

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314 HANNS-JffRGENMERT~:

Ipatholo#/sch ~f:s#h'ch fatholo#isch azoPizal

Abb. 4. Gegenfiberstellung yon 215 C- ~md ~corr-Werten Yon Angel1 mit Glalleoma simDlex, nach der H6he des Ausgangsdruckes gruPDiert

Tabelle 7. Verteilung der C- und der Ccor~-Werte von Augen mit Glaucoma simplex auf die Bereiche pathologisch, fraglieh pathologiseh und normal, getrennt nach der Hghe des Ausgangsdruekes. ( Normbereich : unter 22 mm Hg, pathologischer Bsreieh :

22 mm Hg und dariiber)

P~ I patho- logisch

Unter22mmI-Ig I 25 22mmHg und

darfiber . . 88 I n s g e s a m t . . . 113

fraglich im Norm- patho- bereich logiseh

21 13

30 38 51 ] 51

Ccorr

patho- logisch

29

131

160

fraglieh patho- im Norm- logisch bereich

24 6

22 3

46 I 9

im Hinb l i ck auf die F~lle, bei denen keine pathologisehe Druckh6he vo rhanden ist .

E ine F r a g e b le ib t noeh zu er6rtern, n~mhch die, inwieweit gesunde Augen infolge eines pa thologisehen Abf lugwer tes fglschlieherweise f l i t g l a u k o m k r a n k geha l ten werden k6nnen. W ~ h r e n d auf Grund der C- Bes t immung etwas fiber 1/~ der yon uns un te r sueh ten 100 gesunden

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Nodifikationen der Tonogralohie 315

Augen fraglieh pathologische oder pathologisehe Werte aufwies, fanden wir bei der Ccorr-Bestimmung nur vier fraglieh pathologische und keinen pathologisehen Wert . ])iese Verhaltnisse verdentlieht das Sehaubild in Abb. 5.

1)ber das bisher Gesagte hinaus gestattet die yon uns vorgenommene Korrektur yon U einen wesentlieh verfeinerten Einbliek in die AbflnB- verh~ltnisse des Anges. Wghrend also Augen mit unbehandel~em Glau- coma simplex anch bei niehtpathologisehen Po-Werten herabgesetzte Werte sowohl yon C als aueh yon Ccorr auIweisen, linden wir an gesunden Augen mit tiefen Ausgangsdrueken und ebenfalls erniedrigtem C den

Aagez ,77i/Glauco/~osimple.r N/c/Ttg/au2o/nz/b'se gugen Abb. 5. Gegenfibers te lhmg von 215 Ueorr-Werten yon Angen mi t Glaucoma simplex und yon 100 Ccorr-Werten not~aaler Augen. �9 pathologiseh; [ ] f ragl ieh pathologiseh; [] n o r m a l

Wert yon Ccon. ira Normbereieh. Jthnliches lagt sich nun auch f/ir erfolg- reich konservativ behandelte F~lle yon Glaucoma simplex sagen. Wit k6nnen somit besser unterscheiden zwischen medikament6s auf nied- rigen I)ruck eingestellten Glaukomen, die auch normalisierte AbfluB- werte haben, und solchen, deren AbfluBwerte noch nieht genfigend gebessert sind. Besonders aufschluBreich sind die tonographischen Er- gebnisse yon Augen, an denen eine fistelbildende Operation ausgeffihrt worden war. Bei diesen ist zuweilen der intraoeulare ])ruek stark er- niedrigt, der C-Wert bMbt jedoch herabgesetzt. ])as seheint nicht recht znsammenzupassen. Ermittel t man aber Ccorr, finder man dieses im Normbereich.

Was fiber das Glaucoma simplex ausgefiihrt wurde, gilt in ahnlicher Weise auch fiir andere Glaukomformen, insbesondere fiir das congestive Glaukom. Es besteht bei diesem insolern ein Unterschied, als h~ufiger auch Augen mit spontan zur Norm gesenkten Augenbinnendruckwerten sich wie thorapeutisch drucknormalisier~e verhalten. Ccorr kann sich ni~mlieh 6fter als C normalisiert zeigen.

Die vorstehenden Ansffihrungen belegen den Wert des yon uns aus- gearbeiteten Verfahrens wohl recht instruktiv. Eine eingehende anMy- sierende Untersuchung der Bedeutung des Korrektnrfaktors ffir die

Albrecht v. Grae/es Arch. OphthaL Bd. 162 21

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316 HA~NS-JffBGENMERT~:

Auswertung tonographiseher Untersuchungen bei verschiedenen Glau- komformen sowie nach Anwendung konservativer and chirurgiseher BehandlungsmaSnahmen soll in einer sp/s Mitteilung auf Grund eines grSl~eren Materials erfolgen.

Bei der Bearbeitung mathematischer Probleme unterstfitzte mich Herr Diplom- physiker W. Set~LEY, dem ich daffir Dank sage.

Zusammenfassung Nach Erwiihnung yon Fehlerm6glichkeiten bei der tonographischen

Untersuchung wird zun/~chst auf den theoretisch zu erwartenden und in der Praxis auch gefundenen Verlauf des Tonogramms hingewiesen. Da der Abfall des intraoeularen Druekes in tier Regel angen~hert logarithmisch erfolgen dfirfte, wird empfohlen, dem auch bei tier mathe- matisehen Ermittlung des C-Wertes Reehnung zu tragen.

Die Bestimmung des Mittelwertes des w~hrend der Tonographie absinkenden Augenbinnendruekes sollte daher ira Interesse einer Ver- besserung der Methodik nieht linear sondern logarithmiseh erfolgen. Es werden Tabellen angegeben, aus denen unter Berfieksiehtigung des genannten Gesiehtspunktes gewonnene C-Werte auf Grund tier ersten und der letzten Tonometerablesung entnommen werden k6nnen.

Im 2. Absehnitt wird dargelegt, dal~ der Augenbinnendruek als ,,Organkonstante" einem Regelmechanismus - - i m Sinne 1~. WAGNE~S - - unterliegen dfirfte. Daraus folgt, dal~ es ffir die Ergebnisse nicht gleich- giiltig sein kann, bei weleher Ausgangsdrucklage eine tonographisehe Un- tersuehung ausgefiihrt wird. Der Regelmechanismus mu$ sieh in einem der jeweiligen H6he des vor Aufsetzen des Tonometers bestehenden Druekes entspreehenden Aktivitatszustand befinden. Die l~egulationsvorg~tnge, die dutch die Druckerh6hung infolge des Tonometergewichts ausgel6st werden, werden daher reeht versehiedenes Ausmaf~ haben. Dieses ist dutch die yon tier bestehenden Drueklage - - im Normbereieh oder mehr oder minder naeh oben oder unten davon abweichend - - abh/~ngigen St/trke des Reizes zur Erniedrigung des Augenbinnendruckes bestimmt.

Um stets vergleiehbare Untersuehungsresultate zu erhalten, die Auf- schlu$ fiber die gegulationsf~higkeit eines Auges geben k6nnen, wird daher eine diesen Vorstellungen entsprechende Korrektur des C-Wertes vorgeschlagen. Als Korrekturfaktor wird dabei der Quotient aus dem durehsehnittliehen Po-Wert (P~(orm.)) mensehlieher Augen und dem zu Beginn der Tonographie jeweils gefundenen Po-Wert verwendet: Ccorr

p-~" C. Ccorr = C bei Po im I~ormbereich ; daher k6nnen alle Ccorr-Werte unmittelbar miteinander in Vergleich gesetzt werden. Ffir die Beurtei- lung der C-Werte besteht demgegeniiber keine derartige gemeinsame Basis, da die Ausgangslage des Druckes nicht berficksichtigt wird.

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Modifikationen der Tonographie 317

Pq~ Po ist ein reiner Zahlenfaktor; infolgedessen hat die Gr6Be Ccorr die

gleiche physikalische Dimension wie die Gr61]e C, was fiir Praxis und Theorie bedeutsam ist. Auch Ccorr kann den C-Tabellen analogen Zusammenstellungen entnommen werden, die der vorliegenden Arbeit beigegeben sind.

I m 3. Abschnitt werden schlieBlich die C-Werte und die Ccorr-Werte gegenfibergestellt, die an glaukomkranken und an gesunden Augen gewonnen wurden. Dabei stellt sich heraus, dab die Bestimmung yon Ccorr der yon C hinsiehtlieh Zuverl~ssigkeit der Diagnostik in jedem Falle welt / iberlegen ist. Durch sie werden ngmlieh bei glaukomat6sen Angen wesentlich h~ufiger pathologische und bei gesunden normale Ergebnisse geliefert als dureh Ermit t lung yon C. AuBerdem gestat te t die Feststellung des korrigierten AbfluBvermSgens eine genauere Analyse verschiedener Glaukomformen sonde e ine bessere Beurteilung der Er- gebnisse konservativer und chirurgischer Behandlungsmaf3nahmen gegen das Glaukom.

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ophthal. Ges. 28, 69 (1900). Priv.-Doz. Dr. H.-J. M~TA Mttnehen 15, l~athildenstr. 8

21"