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Möglichkeiten des Brandschutzes in intelligenten Gebäuden Prof. Dr. Mario Fontana Institut für Baustatik und Konstruktion - ETH Zürich Kolloquium “sensitive und reaktionsfähige Gebäude” 24. und 25. Juni 2010 Leibnitz Universität

Möglichkeiten des Brandschutzes in intelligenten …€¦ · Brandschutzmassnahmen in einem Brandschutzkonzept aufeinander abgestimmte. Das Brandschutzkonzept soll die Schutzziele

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Möglichkeiten des Brandschutzes in intelligenten Gebäuden

Prof. Dr. Mario FontanaInstitut für Baustatik und Konstruktion - ETH Zürich

Kolloquium “sensitive und reaktionsfähige Gebäude” 24. und 25. Juni 2010

Leibnitz Universität

Inhalt Gebäudebrände und Ihre Auswirkungen

Brandschutzziele

Brandschutzkonzepte und Brandschutzmassnahmen

Technische Brandschutzmassnahmen: Sprinkler Brandmeldeanlagen Rauch und Wärmeabzug Evakuierungsanlagen Mögliche Entwicklungen

Bauliche Brandschutzmassnahmen: Brandschutztechnischer Gebäudeentwurf Robustheit von Brandschutzmassnahmen

Ausblick Brandschutz und intelligente Gebäude

Damit ein Brand entsteht müssen brennbare Materialien, Sauerstoff und eine Zündquelle vorhanden sein. Der Verbrennungsprozess ist eine chemische Reaktion. Sie erzeugt Hitze, Rauch und Gase. Rauch ist die Hauptursache von Todesfällen infolge Brand (>80% der Todesfälle). Todesfälle infolge Gebäudeeinsturz sind selten.

Gebäudebrände - Voraussetzung und Auswirkung

Der zeitliche Verlauf der Temperatur und deren Grösse ist entscheidend für das Tragverhalten der Struktur im Brandfall.

Gebäudebrände und Auswirkungen

Temperatur ist der Haupteinflussparameter für Schäden an Tragwerken oder gar Einsturz.

Brennbares MaterialSauerstoffZündenergie

Brandphasen

BrandschutzzieleZur Begrenzung der Gefahren eines Brandes müssen die Gefährdungsbilder erkannt und die Schutzziele festgelegt werden:

Sicherheit der Bewohner und der Feuerwehr Schadensbegrenzung (Gebäude und Inhalt) Schutz der Umwelt

Brandschutzkonzepte enthalten aufeinander abgestimmte Massnahmen. Es soll die Schutzziele unter Beachtung der Nutzungsanforderungen erfüllen.

Brandschutzmassnahmen

Bauliche Massnahmen Brandabschnittsbildung und

Feuerwiderstand, Fluchtwege

Technische Massnahmen Überwachung (automatische

Brandfrüherkennung) Löschen (des Feuers solange es

klein ist) Entrauchung (Rauch und

Wärmeabzug)

Organisatorische Massnahmen Brandverhütung, Evakuation und

Brandbekämpfung

BrandschutzkonzepteBei der Planung von Gebäuden werden die Brandschutzmassnahmen in einem Brandschutzkonzept aufeinander abgestimmte. Das Brandschutzkonzept soll die Schutzziele unter Beachtung der Nutzungsan-forderungen optimal erfüllen.

Kriterien: Flexibilität und Nutzungsfreiheit Kosten Schadenserwartung Termine Robustheit und Unterhalt

Wirtschaftlichkeit von Brandschutzmassnahmen

Grobkosten von BrandschutzmassnahmenTyp Investitions-

kosten€/m2

Lebens-dauer Jahre

Betriebskosten/Unterhalt

Prämien-rabatte

Verkleidungen EI30 10– 40 50 - 100 -

Verkleidungen EI60 10- 80 50 - 100 -

Brandschutzfarben R30 25 – 45 20 - 50 < 0,5 % Invest. Kosten

Brandschutzfarben R60 45 – 70 20 - 50 < 0,5 % Invest. Kosten

Brandmeldeanlagen Neubau

10 – 15 15 - 25 2-4% Invest. Kosten Mietleitung ca. 1500/Jahr

5 - 35%

Brandmeldeanlagen Sanierung

12 – 25 15 - 25 2-4% Invest. KostenMietleitung ca. 1500/Jahr

5 - 35%

Sprinkleranlage Neubau

10 - 25 50 - 100 < 0.5% Invest. KostenMietleitung ca. 1500/Jahr

40 - 80%

Sprinkleranlage Sanierung

15 – 30 50 - 100 < 0.5% Invest. KostenMietleitung ca. 1500/Jahr

40 - 80%

Brandschutzvorschriften

Der Brandschutz ist in den meisten Ländern in Vorschriften geregelt. Normen geben Angaben wie die Vorgaben erfüllt werden können.

Es gibt präskriptive Vorschriften die sehr detailliert alles vor-geben. Der Planer hat kaum Wahl- und Nachweismöglich-keiten.

Neue Vorschriften sind leistungsorientiert (schutzzielorien-tiert) und lassen dem Planer mehr Flexibilität in der Wahl der Massnahmen und Konzepte. Er muss jedoch nachweisen, dass er ein vorgegebenes Sicherheitsniveau erreicht, bzw. dass er mit den Vorgaben gemäss präskriptiven Vorschriften gleichwertig ist.

Statistik Brandtote

in Gebäuden(2003 – 2005)

Quelle: World Fire Statistics Center 2008

Statistik: BrandtoteLand (pro Jahr und Million Einwohner)

Schweizexkl. Feuerwehrmänner

5.0

Österreich 5.7Spanien 6.5Niederlande (1994-96) 6.8Italien (2001-03) 6.8Deutschland 7.1England 9.3Frankreich 10.4Schweden 11.1Belgien (1995-97) 13.5Dänemark 16.0

Brandtote / 100,000 Einwohner und Jahr 80% infolge Rauch 80% in Wohnung (zu Hause)

0

0.5

1

1.5

2

2.5

20012000199919981997199619951994

Dea

ths p

er 1

00,0

00 p

erso

n

Switzerland

Germany

USA

Statistik: Brandtote

Brandursachen: (67 Grossbrände Alle Brände 94

> 1 Mio Schaden BE 95) 21900 BrändeVKF 94

- Elektro 27 (40) 20- Schweissen, Rauchen 14 (21) 17- Feuerungsanlagen 2 (3) 13- Brandstiftung 7 (11) 12- Explosionen 3 (4) 4- Blitz 2 (3) 11- Unbekannt und 12 (18) 20

andere Ursachen

Statistik: Brandursachen

67 (100%)

Statistik: Anzahl und Grösse von Bränden

SprinkleranlagenRasche Branderkennung (Kriterium Temperatur)Rasche Löschung (solange Brand noch klein) Alarmierung (Wasserdurchflussmessung)Kosten:

Hohe Zuverlässigkeit und Robustheit (Erdbeben Krieg, Terrorismus…?)Erfahrung (erste Sprinkler um ca. 1880 Frederick Grinell Providence Rhode Island USA)

Installation (Investition ca. 10 €/m2 – Eigene Wasser-versorgung sehr teuer)

Unterhalt (Jährliche Kontrollen, periodische Revisionen)

Alarmübermittlung (Alarmzentrale und Mietleitung Telekom)

SprinkleranlagenFunktionsweise:Auslösung durch Temperatur: Glasfass Auslösetemperatur 56 – 260 Grad. Auslöseträgheit RTI (sehr wichtig)Wirkfläche ca. 12 m2 pro SprinklerkopfWassermenge 5 bis 30 mm/m2/minTropfengrösse: Nebel bis GrosstropfenWasserversorgung: Leitungsnetz oder Eigner Tank und Pumpe mit NotstromAlarmübertragung Sprinklerventil - Sprinklerzentrale

Statistik: Schadensreduktion durch Sprinkler

Quelle: USA - NFPA Statistik 1982-1991

Sprinkler Statistik: Anzahl Sprinkler

Ist eine Sprinkleranlage in Betrieb, so ist in:

67% aller Fälle nur 1 Sprinkler erforderlich

83% aller Fälle 1 bis 2 Sprinkler erforderlich

89% aller Fällen 1 bis 3 Sprinkler erforderlich

Somit kleine Wassermenge und geringer Wasserschaden

[Quelle: Sprinkler Statistik 1999–2003 NFIRS 5.0; Dr. J. Hall, NFPA IFSA 2006, Lissabon]

Sprinkleranlage erfolgreich, wenn in Betrieb

[Quelle: Sprinkler Statistik 1999–2003 NFIRS 5.0; Dr. J. Hall, NFPA IFSA 2006, Lissabon]

Brandmeldeanlage Prinzip

Erkennen von Bränden durch Temperatur : 1725 Temperatur Musschenbroek 1882 Dr. Hase Hannover 1882 elektrischer

Feuermelder (Alkohol dünnes/dickes Glas)

[Quelle: Ch. Bachmann, Sicherheit – ein Urbedürfnis als Herausforderung für die Technik, Cerberus AG, Männedorf , Birkhäuser Verlag Basel 1991

Brandmeldeanlage Prinzip

Erkennen von Bränden Pyrolyseprodukte: 1896 Bionik (Vögel) Kraus/Koster (zwei Vögelprinzip)

Brandmeldeanlage Prinzip Erkennen von Bränden Pyrolyseprodukte: 1941 Inonisationsmelder (1922 Prof. Greinacher,

Berlin - Ursprünglich Warngerät für Giftgase) W. Jaeger / E. Meili - Cerberus F1 Glimmrelais Röhre

Brandmeldeanlage Prinzip

[Quelle: Ch. Bachmann, Sicherheit – ein Urbedürfnis als Herausforderung für die Technik, Cerberus AG, Männedorf, Birkhäuser Verlag Basel 1991]

Erkennen von Bränden Temperatur und Pyrolyseprodukte: Multifunktionsmelder (Rauch,Temperaturanstieg …)

Rauch- und Wäremabzug

[Quelle: VDMA Fachverband allgemeine Lufttechnik, Prinzipen zur Rauchableitung, Informationsblatt 4, Frankfurt]

Abführen von Rauch und Wärme: Natürlich (Thermik) Abströmung (oben) Zuluft (unten) Mechanisch (Ventilatoren – Drall) Rauchfreihalten von Fluchtwegen

Rauch- und Wärmeabzug

[Quelle:Lutz Eichelberg, Rauchschutz Druckanlagen, Arbeitsgemeinschaft Entrauchung, Uni-Roadshow 2006]

Druckanlagen für Treppenhäuser – 1. Spühlen

Rauch- und Wärmeabzug

[Quelle:Lutz Eichelberg, Rauchschutz Druckanlagen, Arbeitsgemeinschaft Entrauchung, Uni-Roadshow 2006]

Druckanlagen für Treppenhäuser – 2. Verdrängen

Evakuierungsanlagen

[Quelle:Lutz Eichelberg, Rauchschutz Druckanlagen, Arbeitsgemeinschaft Entrauchung, Uni-Roadshow 2006]

Sirenen Alarmierung mit Sprachmeldung Fluchtwegsignalisierung und Notbeleuchtung Evakuierungsleitsysteme

Mögliche Entwicklungen Generell: Gebäudeleittechnik Vernetzung aller Sensoren Auswertung bezüglich Brand Einbinden von Brandsensoren in Gebäudeleitsystem

Evakuierung: GPS/Mobiltelefon Ortung aller Personen im Gebäude Persönliche Fluchtleitung über Handy (Fraunhofer Repka, ETH, EU Socionical etc.) Fluchtwegleitung akustisch und visuell Rauchmanagement

Mögliche Entwicklungen Brandbekämpfung: Information der Feuerwehr über Temperatur Rauch Tragwerkszustand Gaslöschanlagen Sprinkleranlagen (Wassernebel, Wasser, Vereinfachte Anlagen für kleine Risiken Wohnung, Büro, Hotel, etc.)

Mögliche Entwicklungen Brandentstehung verhindern: Überwachung elektrische Netze und Geräte, Heizgeräte, etc. Intrusionsschutz (Brandstiftung) Verbot von offenem Feuer (Videoüberwachung) Reduktion brennbare Materialien (Papierloses Büro) Reduktion von gefährlichen Tätigkeiten (Rauchen, Kerzen, Schweissen…) Sauerstoffreduktion

Fazit Der Bereich technischer Brandschutz verfügt traditionell

über intelligente Systeme und ist „Ursprung“ der Gebäudesensorik. Die rasche Reaktion des (intelligenten) Gebäudes und der Benutzer auf die Situation Brand entscheidend für die Sicherheit und Schadensbegrenzung Der technische Brandschutz hat ein grosses Zukunftspotential Die Verknüpfung von technischem Brandschutz mit der

übrigen Gebäudetechnik hat grosses Synergiepotential