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14.12.2012
Alik Dawson Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene
MRSA in chronischen Wunden
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MRSA in chronischen Wunden
14.12.2012 2
Staphyloccocus aureus: Enfant terrible der Staphylokokkenfamilie
Staphylococcus aureus
• Mitglied der Familie der Staphyloccocaceae
• 20-30% der Bevölkerung sind Träger
• Hochvirulent
• Infektionen auch beim Immunkompetenten
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MRSA in chronischen Wunden
14.12.2012 3
S. aureus goes Methicillin-Resistenz…
• SCC mec (staphylococcal chromosomal
cassette mec) 11 Hauptypen identifiziert I-III => CA(Community-aquired)-MRSA IV-VI => HA(Healthcare-associated)-MRSA • mecA-Gen („Methicillin-Resistenz-Gen“) Codiert für die Exprimierung eines zusätzlichen P(enicillin) B(inding) P(rotein) => PBP2a
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MRSA in chronischen Wunden
14.12.2012 4
Zellwand - das kritische Angriffsziel
- Zellwand der grampositiven Bakterien besteht aus Murein (Netz aus Aminozuckern und Oligopeptiden)
- um ein stabiles Gerüst zu bilden müssen Aminozucker und Oligopeptide miteinander verknüpft werden
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MRSA in chronischen Wunden
14.12.2012 5
Zellwand - das kritische Angriffsziel - Penicillin-Bindende-
Proteine vernetzen Aminozucker und Oligopeptide zu einem stabilen Gerüst
=> Zellwandsynthese
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MRSA in chronischen Wunden
14.12.2012 6
Zellwand - das kritische Angriffsziel - ß-Lactame binden an PBPs
- die Zellwandsynthese wird
unterbrochen
=> Tod der Bakterienzelle
- mecA enthält Informationen für ein modifiziertes PBP (PBP2a)
- ß-Lactame können an das PBP2a nicht binden und sind somit wirkungslos sind
=> ß-Lactam-Resistenz
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MRSA in chronischen Wunden
14.12.2012 7
Quelle: PEG-Resistenzstudie
Apropos Büchse der Pandora…
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Tobramycin
Penicillin G
Methicillin/Oxacillin
Gentamicin
Makrolide
Clindamycin
Cephalosporine
Ciprofloxacin
% resistente Stämme
MSSA
MRSA
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14.12.2012 8
Klonale Verbreitung
Quelle: GERMAP 2010
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14.12.2012 9
CA-MRSA – neue klinische Bilder in USA Haut- Weichteilinfektionen Hochinvasive, rapid progressive, lebensbedrohliche Erkrankungen:
Nekrotisierende Pneumonie Schwere Sepsis Nekrotisierende Fasziitis Purpura fulminans (Waterhouse-Friedrichsen-like)
Kontinentweiter, später globaler Ausbruch eines MRSA-Klons (ST8; USA 300) Panton-Valentine-Leukozidin (PVL) ist der entscheidende Virulenzfaktor!
positiv in <2% Methicillin-sensitive MRSA positiv in >95% ST8/USA 300
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14.12.2012 10
Trends in der Resistenzentwicklung
Quelle: PEG-Resistenzstudie
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14.12.2012 11
MRSA-Prävalenz in Europa 2010
S. aureus isolates resistant to methicillin (MRSA) reported in 2010
20,9 %
Quelle: Annual report of the European Antimicrobial Resistance Surveillance Network 2010 (EARS-Net)
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MRSA in chronischen Wunden
14.12.2012 12
MRSAar-Netz Ziel:
Einführung, Verbesserung und Sicherung der MRSA- Prävention- und Kontroll-Strategien innerhalb des Saarlandes Austausch von Wissen und Technologie zwischen den Akteuren des saarländischen Gesundheitssystems
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MRSA in chronischen Wunden
14.12.2012 13
A(ufnahme)-P(rävalenz)-S(creening) 2010 durch das MRSAar-Netz
Ergebnisse: 20.027 Untersuchungsproben
83,6 % Teilnehmerrate, 2,6% verweigert
436 MRSA-positiv 423 Nase-/Rachenabstriche 13 isolierte Wunden
MSSA-Rate 15,6 % MRSA-Rate 13,9 %
Prävalenz = 2.18 MRSA-Patienten / 100 Aufnahmen
- Alle 24 Häuser der Akutversorgung des Saarlandes
- Eingangsscreening auf MRSA mittels kombiniertem Nasen-Rachenabstrich
- Zeitraum der Erhebung für die einzelnen Häuser jeweils 1 Monat lang
- Erhebung individueller Risikofaktoren
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MRSA in chronischen Wunden
14.12.2012 14
Stationsbezogene Verteilung der positiven MRSA-Befunde
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MRSA in chronischen Wunden
14.12.2012 15
Vorkommen in chronischen Wunden M.-C. Roghmann et al. (2001): Kohortenstudie mit 911 hospitalisierten Patienten mit chronischen Wunden Zeitraum 5 Jahren - 30% der Patienten mit MRSA kolonisiert - signifikant längere Verweildauer im Krankenhaus - erheblich mehr Kosten Dissemond J. et al. (2004): Retrospektive Studie mit 79 Patienten in einer universitären dermatologischen Wundambulanz Untersuchungszeitraum 2002–2003 - 70,8% der Patienten mit einer chronischen Wunde Staphylococcus aureus-Nachweis. - davon 21,5% MRSA
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MRSA in chronischen Wunden
14.12.2012 16
MiQ 6 (Mikrobiologischer infektiologischer Qualitätsstandard) MIQ: Bei Wunden sind dann keine Abstriche nötig, wenn es sich um unkomplizierte Erosionen oder kontaminierte Ulzera ohne Infektion handelt. Beim Risiko einer Wundbesiedlung mit MRSA oder anderen multi-resistenten Erregern bzw. bei Ausbreitung von Erregern in das umgebende Weichteilgewebe ist immer eine mikrobiologische Untersuchung angezeigt. 1) “Zum optimalen Screening von Patienten auf eine Besiedlung (Kolonisierung) mit MRSA wird der kulturelle Nachweis…eingesetzt.“
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14.12.2012 17
MiQ 6 (Mikrobiologischer infektiologischer Qualitätsstandard) 2) „Der zusätzliche Einsatz von
Nukleinsäurenachweisverfahren zum direkten Nachweis von MRSA aus Abstrichproben bietet den Vorteil einer Schnelldiagnostik innerhalb weniger Stunden“
- Zwei grundsätzlich verschiedene
Amplifizierungskonzepte mit unterschiedlichen Vor- und Nachteilen sind einsetzbar
a) multiple-loci-Strategie b) single-locus-Strategie => „…nach gegenwärtiger Studienlage…einen
sehr guten negativen Vorhersagewert, jedoch erhebliche Einschränkungen beim positiven Vorhersagewert auf…ersetzen nicht die kulturelle MRSA-Anlage…“
A mecA-Gen plus S. aureus-spezifisches Gen
direkter Nachweis des die MethicillinResistenz kodierenden Gens
Falsch-positive Befunde bei Kokoloni-sierung
B Region bestehend aus SCCmec-Endabschnitt und benachbarter S. aureus-originärer DNA
keine diagnostische Relevanz einer Kokolonisierung
nur indirekter Nachweis der Methicillin-Resistenz
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14.12.2012 18
Praktische Konsequenzen => Organisation in der Arztpraxis
Alle Mitarbeiter müssen in die Regeln der Standardhygiene eingewiesen sein und diese beachten
Einmalhandschuhe Bei möglichem Kontakt mit Blut,
Körpersekreten und Ausscheidungen, Schleimhaut, Versorgung von Wunden, Kathetern, Sonden, Tracheostomata etc.
Einmalhandschuhe direkt nach Gebrauch ablegen und entsorgen (Berührung zu anderen Oberflächen vermeiden)
Nach Ablegen hygienische Händedesinfektion
Patientenbezogener Schutzkittel oder Plastikschürze Bei möglichem Kontakt zu Körpersekreten,
Ausscheidungen und allen Tätigkeiten mit engem Körperkontakt.
Nicht notwendig bei „Gesprächskontakten“ Wechsel täglich, bei Kontakt mit Sekreten
und Ausscheidungen sofort Nach Ablegen hygienische
Händedesinfektion
Mund-Nasenschutz (und ggfs. Augenschutz) Bei möglicher Tröpfchenbildung (z.B.
endotracheales Absaugen, stark hustender Patient
Nach Ablegen hygienische Händedesinfektion
Hauben und Überschuhe sind nicht sinnvoll
Medizinprodukte/Pflegehilfsmittel
Patientengebundene Verwendung bzw. Desinfektion bei möglichem Kontakt zu: Blut, Sekreten, Ausscheidungen
Schleimhaut, Wunden
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14.12.2012 19
Information ist alles!
Informationen für das Krankenhaus Einweisende Ärzte sollten die weiterbehandelnden Ärzte im Krankenhaus über MRSA-positive
Patienten vor der Anmeldung informieren. Informationen für den niedergelassenen Arzt
Umgekehrt gilt ebenso, dass das Krankenhaus die niedergelassenen weiterbehandelnden
Ärzte über den MRSA-Status von entlassenen Patienten informieren sollen.
Ein MRSA-Übergabeprotokoll (z.B. www.mrsaar.net unter Service) sollte verwendet werden!
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Behandlung
Besiedlung oder Infektion?
- Es gibt keine sterilen chronische Wunden
- Die meisten chronischen Wunden sind polymikrobiell besiedelt
- Kolonisierung ist definiert als das Vorhandensein von proliferierenden Bakterien ohne
ersichtliche Immunantwort durch den Wirt
- Mehrere Studien haben gezeigt, das dass Vorhandensein sowohl von MSSA u. MRSA
die Wundheilung verzögert (Bowling et al 2009/Schierle et al 2009)
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14.12.2012 22
Behandlung
- Klin. Zeichen für Infektionen?
- Cutting, KF. et al. (1994) Kriterien für das Vorhandensein von Infektionen in chron. Wunden: Liste mit 15 Items (rotes brüchiges Gewebe, überschießende Granulation, Zuwachs von
devitalisiertem Gewebe etc.) - Serena TE, et al. (2006) Infektionen von venösen Ulcera: 26 % der Biopsieproben waren trotz fehlender Zeichen auf eine Infektion hinweisend => klin. Zeichen nicht sehr zuverlässig Es gibt viele Richtlinien - Guidelines for the management of chronic venous leg ulcers (the British Association of
Dermatologists and the Royal College of Physicians) - The Consensus Development Conference on Diabetic Foot Wound Care - etc.
Verlässliche und valide Studien gibt es nicht…
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14.12.2012 23
Behandlung
Topische Antibiotika? - topische Antibiotika (vor allem Bacitracin und Neomycin) können verzögerte Hypersensibilitätsreaktionen hervorrufen
(Zaki, I. et al. 1994)
- Die Resistenzbildung wird gefördert (Huovinen, S. et al. 1994)
- zytotoxisches Potential bei längerfristiger, oft bereits schon bei kurzfristiger Anwendung (Kramer, A. et al. 2002)
- Der Gebrauch von topischen Antibiotika hat in der Behandlung von durch chron. venöse Insuffizienz bedingten Ulzera keinen Vorteil gebracht (Alinovi, A. et al. 1986)
=> Insgesamt spricht die Studienlage eher gegen den routinemäßigen Einsatz von topischen Antibiotika bei kolonisierten sowie infizierten chron. Wunden
(Scottish Intercollegiate Guidelines Network 1998 / International Working Group on the Diabetic Foot; 1999 / Konsensusempfehlung zur Auswahl von Wirkstoffen für die Wundantiseptik 2004)
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MRSA in chronischen Wunden
14.12.2012 24
Behandlung Systemische Antibiose? 1. niedrige Schwelle der Antibiotikagabe Tammelin, A. et al. (1998) - 665 Patienten mit chronischen Wunden 26,6% erhielten zum Zeitpunkt der Studie eine systemische
Antibiose - zusätzliche 33,5% hatten innerhalb der letzten Monate eine systemische Therapie erhalten 2. der Nutzen von systemischer Antibiose zur Behandlung von chronischen Wunden ist nicht klar belegt Meara, S. et al. (2008) Review über die Behandlung des Ulcus cruris - 1950-2009 - 5 Studien Fazit => „At present, there is no evidence to support the routine use of systemic antibiotics to promote
healing in venous leg ulcers “
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14.12.2012 25
Behandlung Systemische Antibiose? Indikationen für eine systemische antibiotische Therapie sowie deren optimale Regime sind vage definiert Die meisten Empfehlungen und Richtlinien basieren eher auf Expertenmeinung als auf evidenzbasiertem Konsensus Ansatz von Schultz, G. et al (2003) : „Systemische Antibiosen sind dann indiziert wenn die Wundinfektion das Maß überschreitet an dem sie mit lokalen Interventionen nicht mehr zu beherrschen ist“
- Sepsis - Osteomyelitis - Lymphangitis - Abzessbildung - Andere Zeichen invasiver Gewebsinfektionen
Ansatz der Infectious Diseases Society of America in ihrer „Clinical Practice Guideline for the Diagnosis and Treatment of Diabetic Foot Infections“: „All clinically infected diabetic foot wounds require antibiotic therapy. Although this therapy is necessary, it is often insufficient.Successfully treating a DFI also requires appropriate wound care“
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14.12.2012 26
MRSA-Eradikation
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MRSA in chronischen Wunden
14.12.2012 27
MRSA-Eradikation in Patienten mit chron. Wunden? Reich-Schupke S. et al. (2010) 38 Pat. mit MRSA-Besiedelung in chron. Ulcera an den Beinen 4 Wochen Behandlung mit Antiseptika, Körperwaschung (Polyhexanid bzw. Octenidin) und Silberhaltigen Wundauflagen - 16 Pat. nach 4 Wochen MRSA-negativ - Durchgeführte Maßnahmen nicht einheitlich - Follow up 3-6 Monate (sehr unvollständige Daten)
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MRSA in chronischen Wunden
14.12.2012 28
MRSA-Eradikation in Patienten mit chron. Wunden? Kohler P. et al. (2012) Untersuchungszeitraum 2007-2009 5 tägiger Zyklus (Mupirocin, Waschungen, Mundspülungen)
- 65 % (33/51) Erfolgsrate - Follow-up im Schnitt nach 13 Monaten - Im Vergleich zur Spontandekolonisierung der Vergleichsgruppe 22 %
(6/27) ergibt sich eine 3fache Clearance-Rate
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MRSA in chronischen Wunden
14.12.2012 29
MRSA-Eradikation in Patienten mit chron. Wunden?
- Von den 33 erfolgreich dekolonisierten Pat. hatten 7 eine MRSA-Besiedelung in ihren Wunden
- Im Vergleich zu den nicht erfolgreich dekolonisierten Patienten kein statistisch signifikanter Unterschied
=> In dieser Studie war die Besiedelung einer Wunde mit MRSA kein statistisch signifikanter Risikofaktor für einen Misserfolg
Kohler P. et al. (2012)
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MRSA in chronischen Wunden
14.12.2012 30
Zusammenfassung:
- MRSA: Resistenz gg. eine Vielzahl von Antibiotika (schwer zu behandeln)
- MRSA-Prävalenz in der BRD 20,9 % (wieder steigender Trend)
- Aufnahme-MRSA-Prävalenz im Saarland => 2,18/100 aufgenommene Patienten (APS 2010)
- MRSA-Besiedlung in chronischer Wunden 5-30 % (je nach Literatur)
- Essentiell: Einhaltung der Hygienemaßnahmen sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich
- Antibiotische Behandlung bei der Besiedlung von chron. Wunden nicht routinemäßig indiziert
- Eradikationsversuch trotz chronischer Wunde möglich
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14.12.2012 31