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Nr. 3 | 34. Jahrgang 2004 | Biol. Unserer Zeit | 193 | RÄTSEL Es gibt Tiergruppen, die nicht gerade im Visier der Tierschützer sind, bei- spielsweise Pest übertragende Flöhe, Malaria verbreitende Anopheles- Weibchen und Flussblindheit ver- mittelnde Nematoden. Es gibt auch Tiergruppen, die von Zoologen über- wiegend mit Nichtachtung gestraft werden. Dazu gehört die Gruppe, von der in diesem Rätsel die Rede ist. Sie wird kaum in Kursen behandelt, bei uns wissenschaftlich vernach- lässigt und von allen mit Füßen ge- treten. In der Tat sind wir alle schon über ihre „Mumien“ gelaufen, und die meisten von uns tun es täglich, viele sogar an jedem Tage mehrmals. Abbildung a) zeigt solche Mumien – wie Paläontologen sie nennen –, die in Universitäten, Verwaltungsgebäu- den, Museen, Kirchen und Privathäu- sern in Mitteleuropa allenorts in Fuß- bodenbelägen, Wandverkleidungen und Fensterbrettern zu sehen sind. Beim genaueren Hinsehen entdeckt man meist noch Belemniten und Ammoniten, also Cephalopoden, die bekannter sind als die Mumien und die die Herkunft des Gesteins aus marinen Sedimenten verraten. In der Tat entstand das Gestein vor etwa 160 Millionen Jahren im Jura-Meer und wird insbesondere auf der Frän- kischen Alb abgebaut. Unter der Be- zeichnung „Treuchtlinger Marmor“ kommt es in den Handel. Zwar ist es kein wahrer Marmor, aber die Bezeichnung ist sicher attraktiver als beispielsweise Mumienkalk. Die Tiergruppe, von der die Rede ist, hat – geologisch gesehen – einmal bessere Zeiten erlebt als heute. Die Landschaften an Donau und Altmühl werden von ihr bis heute geprägt. Abbildung b) zeigt das Altmühltal nahe Solnhofen; diese Felsen, die „Zwölf Apostel“, gehen auf unsere Tiergruppe zurück. Heute wird die Antarktis als das „Königreich“ unse- rer Tiergruppe angesehen. Hunderte FÜR UNSERE RÄTSELFREUNDE | Mumien zu unseren Füßen von Arten, von denen einige mehrere Jahrhunderte, vielleicht sogar tau- send Jahre alt werden können, leben hier in den Tiefen des eiskalten ant- arktischen Ringozeans. Nach ihrem Tod bleiben von ihnen Skelette be- ziehungsweise deren Reste, die einen dicken Filz bilden, der Glaswolle nicht unähnlich ist. Die Skelette kön- nen aus Silikat oder aus Calcium- carbonat bestehen. Die einzelnen Skelett-Elemente erweisen sich im Mikroskop als kleine Wunderwerke. Mengen dieser Überreste findet man heute in den Felsen entlang Donau und Altmühl. In manchen Regionen haben die Frauen dieses Material zu kosmetischen Zwecken genutzt: sie rauten sich damit ihre Wangen auf, um sie zu röten („Rouge der kleinen Frau“). Nicht alle Arten unserer Gruppe besitzen ein mineralisches Skelett, einige haben lediglich organische Gerüstsubstanzen. Eine davon nutzen wir. Sie wird in verschiedenen Meeresgebieten gesammelt, getötet, getrocknet und verkauft, und sie landet schließlich am Haken über der Badewanne. Wie heißt die gesuchte Tier- gruppe? Volker Storch, Heidelberg Schicken Sie bitte Ihre Lösung bis zum 5. Juli 2004 an die Redaktion „Biologie in unserer Zeit“, Föhrenweg 6 , D-68305 Mannheim. Verlost wird dreimal ... In Heft 2/2004 suchten wir: 1. Cherimoya 2. Annona cherimola Gewonnen haben Frank Stürmann, Schinkel Dr. Coralie Wink, Dossenheim Dr. Hans Fritz, Basel Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. ABB. a) „Mumien“ im Stein. b) Diese Felsen gehen auf die gesuchte Tiergruppe zurück. b) a)

Mumien zu unseren Füßen

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Nr. 3 | 34. Jahrgang 2004 | Biol. Unserer Zeit | 193

| R Ä T S E L

Es gibt Tiergruppen, die nicht geradeim Visier der Tierschützer sind, bei-spielsweise Pest übertragende Flöhe,Malaria verbreitende Anopheles-Weibchen und Flussblindheit ver-mittelnde Nematoden. Es gibt auchTiergruppen, die von Zoologen über-wiegend mit Nichtachtung gestraftwerden. Dazu gehört die Gruppe,von der in diesem Rätsel die Rede ist.Sie wird kaum in Kursen behandelt,bei uns wissenschaftlich vernach-lässigt und von allen mit Füßen ge-treten.

In der Tat sind wir alle schonüber ihre „Mumien“ gelaufen, unddie meisten von uns tun es täglich,viele sogar an jedem Tage mehrmals.Abbildung a) zeigt solche Mumien –wie Paläontologen sie nennen –, diein Universitäten, Verwaltungsgebäu-den, Museen, Kirchen und Privathäu-sern in Mitteleuropa allenorts in Fuß-bodenbelägen, Wandverkleidungenund Fensterbrettern zu sehen sind.Beim genaueren Hinsehen entdecktman meist noch Belemniten und Ammoniten, also Cephalopoden, diebekannter sind als die Mumien unddie die Herkunft des Gesteins aus marinen Sedimenten verraten. In derTat entstand das Gestein vor etwa160 Millionen Jahren im Jura-Meerund wird insbesondere auf der Frän-kischen Alb abgebaut. Unter der Be-zeichnung „Treuchtlinger Marmor“kommt es in den Handel. Zwar ist eskein wahrer Marmor, aber die Bezeichnung ist sicher attraktiver alsbeispielsweise Mumienkalk.

Die Tiergruppe, von der die Redeist, hat – geologisch gesehen – einmalbessere Zeiten erlebt als heute. DieLandschaften an Donau und Altmühlwerden von ihr bis heute geprägt.Abbildung b) zeigt das Altmühltalnahe Solnhofen; diese Felsen, die„Zwölf Apostel“, gehen auf unsereTiergruppe zurück. Heute wird dieAntarktis als das „Königreich“ unse-rer Tiergruppe angesehen. Hunderte

F Ü R U N S E R E R ÄT S E L F R EU N D E |Mumien zu unseren Füßen

von Arten, von denen einige mehrereJahrhunderte, vielleicht sogar tau-send Jahre alt werden können, lebenhier in den Tiefen des eiskalten ant-arktischen Ringozeans. Nach ihremTod bleiben von ihnen Skelette be-ziehungsweise deren Reste, die einendicken Filz bilden, der Glaswollenicht unähnlich ist. Die Skelette kön-nen aus Silikat oder aus Calcium-carbonat bestehen. Die einzelnen Skelett-Elemente erweisen sich im Mikroskop als kleine Wunderwerke.Mengen dieser Überreste findet manheute in den Felsen entlang Donauund Altmühl. In manchen Regionenhaben die Frauen dieses Material zukosmetischen Zwecken genutzt: sierauten sich damit ihre Wangen auf,um sie zu röten („Rouge der kleinenFrau“).

Nicht alle Arten unserer Gruppebesitzen ein mineralisches Skelett, einige haben lediglich organischeGerüstsubstanzen. Eine davon nutzenwir. Sie wird in verschiedenen Meeresgebieten gesammelt, getötet,getrocknet und verkauft, und sie landet schließlich am Haken über derBadewanne.

Wie heißt die gesuchte Tier-gruppe?

Volker Storch, Heidelberg

Schicken Sie bitte Ihre Lösung bis zum 5. Juli 2004 an die Redaktion „Biologie in unsererZeit“, Föhrenweg 6 , D-68305 Mannheim. Verlost wird dreimal ...

In Heft 2/2004 suchten wir:

1. Cherimoya2. Annona cherimola

Gewonnen haben• Frank Stürmann, Schinkel• Dr. Coralie Wink, Dossenheim• Dr. Hans Fritz, Basel

Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

A B B . a) „Mumien“ im Stein. b) Diese Felsen gehen auf diegesuchte Tiergruppe zurück.

b)

a)