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Das erste internationale Symposium „New Horizons in Radiology“, das im Oktober 2000 gemeinsam von der Cha- rité Berlin (Prof. B. Hamm) und der Har- vard Medical School Boston (Prof. P. Ros) in Berlin durchgeführt wurde, hat in eindrucksvoller Weise wirklich „neue Horizonte“ in der Leistungsfähigkeit der modernen Radiologie aufgezeigt. Die neue CT- und MRT-Gerätegene- ration ermöglicht ganz neue Optionen in der Schnittbilddiagnostik, vor allem in der kardiovaskulären Diagnostik. Aber auch digitale Bildnachbearbei- tungsverfahren, Bildarchivierung und Bildkommunikation (Teleradiologie) sollen rasch Einzug halten in Klinik und Praxis.Auch die digitale Mammographie steht vor der Tür. Sie wird eine deutliche Qualitätsverbesserung ermöglichen, vor allem durch technische Konstanz und damit verbesserter Vergleichbarkeit als auch durch eine teleradiologisch zu or- ganisierende „second opinion“. Ein Ziel der Veranstaltung in Berlin war, eine Brücke zu schlagen zwischen neuen Entwicklungen der Forschung in der Radiologie und ihrer Anwendung in der Praxis. Bei manchem, über den enormen technischen Fortschritt unse- res Fachgebietes sich freuenden Kolle- gen drängte sich die Frage nach der Rea- lisierung geradezu auf. Rechtfertigt der diagnostische Nutzen für den Pa- tienten die hohen Investitionskos- ten? Ja, wie sollen bei der gegenwär- tigen wirtschaftli- chen Situation in Klinik und Praxis solche Investitionen überhaupt möglich und verantwortbar sein? Das weiß auch die Industrie, für die ein ranghoher Vertreter klar ausdrückte, dass die neuen Geräte keine weitere Preis-Spirale auslösen dürfen, wenn da- für Kunden gewonnen werden sollen. Wir werden darauf achten, ob dieses Wort gehalten wird! Und was ist mit „Neuen Horizonten“ in der Berufs- und Gesundheitspolitik? Die Politik kann auf Dauer nicht die Au- gen vor den Fakten verschließen: Die ra- sante technische Entwicklung in der Me- dizin, steigende Forschungseffizienz und die immer schnellere Umsetzung der Ergebnisse in die medizinische Pra- xis kann mit den Solidarbeiträgen nicht mehr finanziert werden. Dies ist ein schlichtes ökonomisches Gesetz. Auch die immer rascher aufeinander folgen- den Gesetzes-„Reformen“ der letzten Jahre zeigen, dass unabhängig von der Führung des Gesundheitsministeriums bzw. der Zusammensetzung der Regie- rung unser Gesundheitssystem drin- gend einen grundsätzlichen System- wechsel braucht. Ein mahnender Hin- weis dafür sind aktuell wieder die zähen Gesprächsrunden bei den geplanten neuen Vergütungs- strukturen sowohl bei der EBM-No- vellierung für den ambulanten Be- reich als auch bei den personell und kostenmäßig – aufwendigen Vorbereitungsphasen zur Einführung von DRGs als Abrechnungs- system in den Krankenhäusern. Das ursprünglich hervorragende Sozialversicherungssystem einer solida- risch verstandenen und finanzierten GKV ist von Politikern und Versicher- ten, aber auch Ärzten gleichermaßen überbeansprucht und finanziell ausge- beutet worden. Nur eine diese Bezeich- nung Reform verdienende Änderung der GKV in Form einer echten Solidar- gemeinschaft zwischen bedürftigen Kranken und den diese stützenden Ge- sunden wird dieses System erhalten können. Eine solche Zwangsmitglied- schaft rechtfertigt sich nur zur Absiche- rung von individuell unkalkulierbaren großen Gesundheitsrisiken und zur Ver- hinderung einer Ausbeute der (staatli- chen) Sozialhilfe. Gesundheit ist für jeden ein hohes Gut, das zu erhalten oder wiederherzu- stellen vielen Menschen manches Opfer wert ist. Den besten Beweis dafür bietet der „graue“ Gesundheitsmarkt, auf dem mit etwa 240 Milliarden DM fast noch ein- Der Radiologe 1•2001 | M 3 Mitteilungen Berufsverband der Deutschen Radiologen Jürgen Fischer Neue Horizonte in der Radiologie – auch in der Gesundheitspolitik? Radiologe 2001 · 41:M 3–6 © Springer-Verlag 2001 Dr. Jürgen Fischer: seit fast sechs Jahren an der Spitze des BDR. (Foto: JET-FOTO,Berlin) „Überall wird nach dem mündigen Bürger gerufen. Warum soll nicht gerade die Sorge um die eigene Ge- sundheit diese Mündigkeit der Bürger fördern?“

Neue Horizonte in der Radiologie - auch in der Gesundheitspolitik?

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Page 1: Neue Horizonte in der Radiologie - auch in der Gesundheitspolitik?

Das erste internationale Symposium„New Horizons in Radiology“, das imOktober 2000 gemeinsam von der Cha-rité Berlin (Prof.B.Hamm) und der Har-vard Medical School Boston (Prof. P.Ros) in Berlin durchgeführt wurde, hatin eindrucksvoller Weise wirklich „neueHorizonte“ in der Leistungsfähigkeit dermodernen Radiologie aufgezeigt.

Die neue CT- und MRT-Gerätegene-ration ermöglicht ganz neue Optionenin der Schnittbilddiagnostik, vor allemin der kardiovaskulären Diagnostik.Aber auch digitale Bildnachbearbei-tungsverfahren, Bildarchivierung undBildkommunikation (Teleradiologie)sollen rasch Einzug halten in Klinik undPraxis.Auch die digitale Mammographiesteht vor der Tür. Sie wird eine deutlicheQualitätsverbesserung ermöglichen, vorallem durch technische Konstanz unddamit verbesserter Vergleichbarkeit alsauch durch eine teleradiologisch zu or-ganisierende „second opinion“.

Ein Ziel der Veranstaltung in Berlinwar, eine Brücke zu schlagen zwischenneuen Entwicklungen der Forschung in

der Radiologie und ihrer Anwendung inder Praxis. Bei manchem, über denenormen technischen Fortschritt unse-res Fachgebietes sich freuenden Kolle-gen drängte sich die Frage nach der Rea-lisierung geradezuauf. Rechtfertigtder diagnostischeNutzen für den Pa-tienten die hohenInvestitionskos-ten? Ja, wie sollenbei der gegenwär-tigen wirtschaftli-chen Situation inKlinik und Praxis solche Investitionenüberhaupt möglich und verantwortbarsein?

Das weiß auch die Industrie, für dieein ranghoher Vertreter klar ausdrückte,dass die neuen Geräte keine weiterePreis-Spirale auslösen dürfen, wenn da-für Kunden gewonnen werden sollen.Wir werden darauf achten, ob diesesWort gehalten wird!

Und was ist mit „Neuen Horizonten“ in der Berufs- und Gesundheitspolitik?

Die Politik kann auf Dauer nicht die Au-gen vor den Fakten verschließen: Die ra-sante technische Entwicklung in der Me-dizin, steigende Forschungseffizienzund die immer schnellere Umsetzungder Ergebnisse in die medizinische Pra-xis kann mit den Solidarbeiträgen nichtmehr finanziert werden. Dies ist einschlichtes ökonomisches Gesetz. Auchdie immer rascher aufeinander folgen-den Gesetzes-„Reformen“ der letztenJahre zeigen, dass unabhängig von derFührung des Gesundheitsministeriums

bzw. der Zusammensetzung der Regie-rung unser Gesundheitssystem drin-gend einen grundsätzlichen System-wechsel braucht. Ein mahnender Hin-weis dafür sind aktuell wieder die zähen

Gesprächsrundenbei den geplantenneuen Vergütungs-strukturen sowohlbei der EBM-No-vellierung für denambulanten Be-reich als auch beiden – personellund kostenmäßig –

aufwendigen Vorbereitungsphasen zurEinführung von DRGs als Abrechnungs-system in den Krankenhäusern.

Das ursprünglich hervorragendeSozialversicherungssystem einer solida-risch verstandenen und finanziertenGKV ist von Politikern und Versicher-ten, aber auch Ärzten gleichermaßenüberbeansprucht und finanziell ausge-beutet worden. Nur eine diese Bezeich-nung Reform verdienende Änderungder GKV in Form einer echten Solidar-gemeinschaft zwischen bedürftigenKranken und den diese stützenden Ge-sunden wird dieses System erhaltenkönnen. Eine solche Zwangsmitglied-schaft rechtfertigt sich nur zur Absiche-rung von individuell unkalkulierbarengroßen Gesundheitsrisiken und zur Ver-hinderung einer Ausbeute der (staatli-chen) Sozialhilfe.

Gesundheit ist für jeden ein hohesGut, das zu erhalten oder wiederherzu-stellen vielen Menschen manches Opferwert ist.

Den besten Beweis dafür bietet der„graue“ Gesundheitsmarkt, auf dem mitetwa 240 Milliarden DM fast noch ein-

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Jürgen Fischer

Neue Horizonte in der Radiologie –auch in der Gesundheitspolitik?

Radiologe2001 · 41:M 3–6 © Springer-Verlag 2001

Dr. Jürgen Fischer: seit fast sechs Jahren an derSpitze des BDR.(Foto: JET-FOTO, Berlin)

„Überall wird nach demmündigen Bürger gerufen.

Warum soll nicht geradedie Sorge um die eigene Ge-sundheit diese Mündigkeit

der Bürger fördern?“

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Berufspolitik

mal das gleiche Volumen umgesetztwird wie im GKV-Gesamtbereich. Dasschreit geradezu nach einer marktwirt-schaftlichen Lösung! Sonst wird sich ei-ne Zwei-Klassen-Medizin entwickeln!

Von diesen inneren Widersprüchenmuss das Gesundheitswesen befreit wer-den. Die Politik muss klare Ziele formu-lieren. Kann es wirklich ein Ziel der Ge-sundheitspolitik sein, über stabile Bei-träge zur GKV Kosten an Arbeitsplätzenzu sparen? Soll eine solidarisch finan-zierte Krankenversicherung jedemwirklich alle Möglichkeiten der Medizinin Diagnostik und Therapie zugänglichmachen?

Am Anfang einer wirklichen Re-form muss also eine sachgerechte und fi-nanziell solide Zielbestimmung stehen.Zu einer Gesundheitsreform passt aberweder ein arbeitsmarktpolitisch moti-viertes Festschreiben von Beiträgen zurKrankenversicherung, noch eine letzt-endlich in eine Rationierung mündendeDeckelung der Ausgaben, noch ein be-vormundendes Budget des Staates, son-dern der feste politische Willen, sich aufdie Vorgabe von Rahmenbedingungenfür die Selbstverwaltung zu beschränkenund wenn nötig die Aufsichtspflicht aus-zuüben.

Eine solidarisch finanzierte GKVkann nur eine Basisversorgung sein, mitvereinbarten Kernleistungen für jeder-mann. Im übrigen muss – unter Berück-sichtigung der sozialen Situation undwirtschaftlichen Leistungsfähigkeit deseinzelnen – ein ergänzendes System ge-schaffen werden aus z.B.Wahltarifen etc.im Sinne einer freiwilligen Zusatzversi-cherung, aber auch kaskoähnlichenSelbstbeteiligungs-Regelungen, wie wirsie in der PKV seit langem kennen unddie sich bewährt haben. Dies würde eineHinwendung zum Kostenerstattungssys-tem mit sich bringen und dadurch dasindividuelle Kostenbewusstsein steigern.

Das gefährdet die Solidargemein-schaft nicht, sondern stärkt sie eher.Denn dann muss niemand mit Argwohnund Misstrauen auf andere schauen ausSorge, den Missbrauch dieser anderenmitbezahlen zu müssen. Ein solch inter-ner Wettbewerb würde sich eher kosten-dämpfend auswirken als staatlicheZwangsprogramme, die ohnehin unter-laufen werden und deshalb systembe-dingt darauf angelegt sind, immer kom-plizierter zu werden.

Wird aber die Politik mit Blick aufeventuelle Auswirkungen auf das Wahl-verhalten der Bürger diese Kraft aufbrin-gen? Überall wird nach dem mündigenBürger gerufen. Warum soll nicht gera-de die Sorge um die eigene Gesundheitdiese Mündigkeit der Bürger fördern?

Der Staat soll seinen Bürgern ver-trauen und auch etwas zutrauen. „Wirmachen das!“, hat einmal in einer wich-tigen Situation ein früherer Bundes-kanzler gesagt,auf dessen Erbe man sichheute noch beruft. Gegenwärtig aber er-scheint die SPD eher als Bremser, wäh-rend aktuell Bündnis 90/Die Grünenselbst Reform-Vorstellungen mit Selbst-verantwortung des Patienten,Wahlmög-lichkeiten etc. auf dem Boden eines ent-rümpelten GKV-Leistungskataloges ent-wickeln.

Nach einer solchen Reform derKrankenversicherung wäre auch dasEBM-Problem nicht mehr so brisant wiein seiner jetzigen Form. So aber drohtuns dieses Dauer-Sorgenkind auch überdie gerade übersprungene echte Millen-niumshürde hinaus noch lange erhaltenzu bleiben.

Wofür steht das „plus“ im EBM 2000 plus?

Sicher nicht für höhere Vergütung! Hof-fentlich für mehr Sicherheit und Ein-deutigkeit in der Zuordnung der Leis-tungen zu bestimmten Gebieten, damitdas Wildern im Revier des anderenaufhört.

Das Konzept des kommenden EBMist Ende 2000 von den Kassen akzeptiertworden.Folgen soll Anfang 2001 die Neu-bewertung der Leistungen durch den ge-meinsamen Bewertungsausschuss derÄrzte und Kassen und dann in zwei KVeneine Parallelabrechnung EBM alt/EBMneu über zwei Quartale als Vergleichser-probung, die dann wiederum die Basisfür den „richtigen“ neuen EBM bildensoll.

Danach könnte der EBM 2000 pluserst ab Mitte oder gar Ende 2002 gelten(siehe RADIOLOGE 12/2000, Seite M187). Das kann nicht sein; solange darfdie Honorarmisere im GKV-Bereichnicht anhalten! Bis dahin werden bei ei-nem noch stärker sinkenden Punktwertaufgrund weiteren Anstiegs der Leis-tungsmenge viele Praxen nicht mehrexistieren. Oder ist dies gar gewollt?

Sieht so der „Neue Horizont“ fürdie radiologische Praxis aus?

Auch für die Klinikradiologie herrschenam Horizont eher düstere Farben vor!

Es ist noch nicht sicher geklärt, woin dem künftigen Entgeltsystem fürKrankenhausleistungen im Sinne eines„totalen“ Fallpauschalensystems die Ra-diologie verankert ist. Zwar werden indie einzelnen DRGs auch die radiologi-schen Leistungen einbezogen und be-wertet. Ob dies aber auch gewährleistet,dass in einem Pauschalsystem diese ra-diologischen Leistungen auch wirklichabgerufen werden oder aus ökonomi-schen Gründen gar nicht oder „draußen“im Sinne eines outsourcings erbrachtwerden, wird von existenzieller Bedeu-tung für die Klinikradiologie sein.

Umso bedeutsamer wird es sein, dieVorstellungen des BDR bezüglich einesMiteinanders von Radiologen in Klinikund Praxis in reale zukunftsträchtigeFormen einer qualifizierten Patienten-versorgung zu gießen. Regionale Struk-turen sind zu berücksichtigen.

Was bringt die INTEGRIERTEVERSORGUNG?

Die im Gesundheitsreformgesetz 2000geschaffene Möglichkeit einer Integrier-ten Versorgung unter Auflösung einerstarren Aufgabenteilung zwischen demambulanten und dem stationären Sektorkann zu neuen interessanten Lösungsan-sätzen führen. Es sind jedoch in der Poli-tik,bei den Krankenhausträgern und denanderen Verhandlungspartnern im Ge-sundheitswesen bisher ausschließlich dieMöglichkeiten diskutiert worden, Leis-tungsverlagerungen vom Krankenhaus inden ambulanten Bereich zu organisieren.Es ist eindeutig eine Einbahnstraße er-kennbar in dem Bemühen, eine Senkungin den Ausgaben der kostenintensivenAbteilungen eines Krankenhauses wie z.B. der Radiologie zu erreichen.

Wenn den radiologischen Zentrenam Krankenhaus der Zugang zu der am-bulanten Versorgung der Patienten eröff-net würde, wäre damit eine effizientereund gleichmäßigere Auslastung der ap-parativen und personellen Kapazitäten ineinem Krankenhaus gegeben und durchdiese Einnahmen die Kostenstruktur zuverbessern. Dazu fehlt es aber entgegenallen Beteuerungen offenbar sowohl der

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Politik als auch den Krankenkassen anMut,Weitblick oder beidem! Und kostensoll das alles natürlich auch nichts. Wirsagen aber dazu ganz deutlich auch hier:

Der medizinische Fortschritt ist nicht umsonst zu haben!

Die traditionelle Trennung zwischen am-bulanter und stationärer Versorgungwird gegenwärtig zwar zunehmend auf-gelockert, allerdings begünstigen derzeitdie rechtlichen Möglichkeiten und Mo-delle einseitig den ambulanten Leistungs-bereich. Bei künftigen integrierten Ver-sorgungsmodellen fordern wir eine stär-kere und eindeutigere Berücksichtigungder Krankenhausradiologie im Sinne ei-ner situationsgerech-ten qualitätsgesicher-ten Patientenversor-gung. Dabei könnenauch organisatori-sche Strukturvorteilegenutzt werden.Durchlässige Lösun-gen sind gerade inder Radiologie dannv e r g l e i c h s w e i s eleicht und ohne Wi-derstände umsetzbar, wenn niedergelas-sene Radiologen eingebunden werden.Die Modelle liegen seit langem auf demTisch.

Der Berufsverband ist seit vielenJahren klar den Weg des Miteinandersgegangen von der

◗ KOOPERATION in verschiedenenFormen über den

◗ RADIOLOGISCHENVERSORGUNGSSITZ zum künftigen

◗ RADIOLOGISCHENVERSORGUNGSVERBUND.

In letzterem liegt für mich als Vision dieChance für die Radiologie im Rahmender GKV-Neugestaltung unter dem Stich-wort INTEGRIERTE VERSORGUNG.

Auf dem Weg dahin müssen wirZwischenziele einbauen unter demStichwort

Zentrenbildung in der Radiologie zwi-schen Klinik und Praxis

wie z. B.◗ Zentren in der Mammadiagnostik

und Therapie/Stereotaxie,

◗ Zentren in der Angiographie und In-terventionellen Radiologie,

◗ Zentren in der Schmerztherapie(PRT, Radiosynoviorthese).

Aber wie soll mit den neuen gesetzli-chen Regelungen ein solches Integrati-onsmodell entstehen können, wenn eskeine Lockerungen im Zulassungssys-tem und im Leistungserbringungsrechtgibt, wie es nun wohl mit Abschluss derRahmenvereinbarung die KBV durch-setzen konnte? Allerdings ist das letzteWort noch nicht gesprochen (vgl. denBeitrag zur Integrierten Versorgung aufSeite M 18 dieser Ausgabe).

Erst müssen die passenden Rah-menbedingungen geschaffen werden!

Wir Radiologenbrauchen Planungs-sicherheit, um dasRisiko der in unse-rem Fach notwendi-gen hohen Investi-tionen übernehmenzu können.Die Poli-tik muss auch be-rücksichtigen, dassin unserem kompli-zierten Normensys-

tem Gesetzesänderungen auch Folgenbewirken: Oft passen die Vorschriftender gesetzlichen Krankenversicherungmit denen des Berufsrechts, Zivilrechtsund Steuerrechts nicht zusammen. Nurwenn wir „vorhabenbezogene“ Norm-vorgaben haben, kann der Strukturwan-del gelingen.◗ Wir brauchen standortübergreifend

tätig werdende Praxen,◗ wir brauchen kooperativ miteinan-

der arbeitende radiologische Klinik-abteilungen,

◗ und wir brauchen im Verbund mit-einander arbeitende Kliniken undPraxen.

Das meinen wir mit dem Radiologi-schen Versorgungsverbund.

Damit könnte man dem Ziel einer qua-lifizierten und dennoch wirtschaftlichenPatientenversorgung je nach regionalenBedürfnissen unter Einschluss der Te-leradiologie rasch näher kommen. DerGesetzgeber muss in der für 2001 zu er-wartenden neuen Röntgenverordnung(RöV) für klare Regelungen sorgen, da-mit es nicht zu Missbrauch und Quali-tätsverlust kommen kann.

Qualität und Qualitätssicherungdürfen nicht zu Schlagworten oder Tot-schlagargumenten verkommen!

Der BDR hat seit einigen Jahren mitdem „Qualitätsring Radiologie“ (QRR)ein Instrument geschaffen, mit dem wirRadiologen auf freiwilliger Basis unserEngagement für eine Qualitätsverbesse-rung besonders in der Mammadiagnos-tik unter Beweis stellen. Wir freuen unsüber die hohe Beteiligungsrate unsererMitglieder,die sich aber vor allem in denKliniken noch steigern darf, bis es viel-leicht einmal heißt:

„BDR-Mitglied = QRR-Mitglied“

Auf der Selbstverwaltungsebene wirdder QRR mehr und mehr anerkannt undsignalisiert, nachvollziehbare Doku-mentationen der Qualitätssicherung ausdem QRR anzuerkennen. Das kann füruns alle sehr wichtig werden, wenn –auch unter politischem Erwartungs-druck auf Bundes- und Länderebene –die jetzt von der KBV und den Kranken-kassen beschlossenen „Qualitätsrichtli-nien in der kurativen Mammographie“in Kraft gesetzt und umgesetzt werden.

Aber es stehen noch andere dräuen-de Wolken am Horizont:

Steht die RADIOLOGIE als eigenesFACHGEBIET zur Disposition?

Der verständliche, aber verfahrenstech-nisch untaugliche Versuch einiger Ra-diologen, durch Gerichtsbeschluss dasWildern der Orthopäden im Revier derRadiologen zu vereiteln, führte letztlichzu der für uns negativen Entwicklung,dass jetzt auch andere Fächer Morgen-luft wittern.

Wird somit die Novellierung derWeiterbildungsordnung zur Zäsur fürdie Radiologie?

Das Begehren der Orthopäden,aberauch der Kardiologen, der Gastroente-rologen und Neurologen nach der Ma-gnetresonanztomographie (MRT), aberauch nach den Interventionellen radio-logischen Verfahren und der Computer-tomographie (CT), droht das Fach Ra-diologie zu atomisieren. Wenn diese es-sentiellen Verfahren der Radiologie ge-nommen werden, hat die Radiologie alseigenes Fachgebiet sowohl in fachlicherals auch ökonomischer Hinsicht keineExistenzgrundlage mehr.

Die Deutsche Röntgengesellschaftund der BDR haben gemeinsam eine

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„Die Integrierte Versorgunglässt sich in der Radiologie

nur mit Gesetzes-anpassungen und Lockerun-

gen im Zulassungs- undBerufsrecht umsetzen.

Die Rahmenvereinbarungist nachzubessern.“

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Berufspolitik

klare Position gegenüber der Bundes-ärztekammer eingenommen und dieProblematik bei Politik und Kassen the-matisiert. Jetzt ist über den Ärztetag dieganze Ärzteschaft zu der klaren Ent-scheidung gefordert, ob sie ein selbstän-diges Gebiet RADIOLOGIE noch habenwill oder nicht.

Deshalb müssen in dieser Situationalle Radiologen ohne Wenn und Aber zueiner interessenabgestimmten Einheitund Einigkeit finden, soll unsere Positi-on im innerärztlichen Verteilungskampfnicht unnötig schwierig werden.

Bei allen Problemen und Schwierig-keiten, die uns aufgedrängt werden undvon uns nur partiell beeinflussbar odergar steuerbar sind, ist es für den Vorsit-zenden eines Berufsverbandes erfreu-lich, wenn ständige Neuzugänge vonKolleginnen und Kollegen aus Klinikund Praxis eine zumindest gewisse Zu-stimmung signalisieren und die oft zeit-und arbeitsintensive (ehrenamtliche)Tätigkeit des BDR-Vorstandes, der Lan-desvorsitzenden und besonders desLänderausschuss-Vorsitzenden sowieder ganzen Geschäftsführung auf dieseWeise stützen.

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Mitgliederstruktur