9
Vertrautes und Neues Beim zweiten Mal ist vieles schon vertraut. Man muss nicht mehr ganz von vorne anfangen. Gleich bei meiner Ankunft merke ich den Unterschied. Meine Vermieter holen mich am Flughafen ab. Ich bekomme die mir schon bekannte Wohnung und wir fahren den bekannten Weg dorthin. In den benachbarten kleinen Geschäften, an meinem Zei- tungskiosk, vom Taxifahrer an der Ecke werde ich freund- lich begrüßt. Auf meinem Albanien-Handy sind noch die Telefonnummern vom letzten Jahr gespeichert und ich ver- abrede mich rasch. In Tirana wird weiterhin kräftig gebaut. Dort, wo ich wohne, am Rande der Stundentenstadt, sind neue Apartmenthäuser hochgezogen worden. Bald wird der schöne Blick auf den Dajti und die Berge von Elbasan ganz verstellt sein. Schade für das Viertel, das mit seinen kleinen Häusern und Gärten einmal sehr hübsch gewesen sein muss. Die Stadt wird immer bunter. Der Einfall von Bür- germeister Edi Rama, die Fassaden der Häuser farbig anzu- streichen, setzt sich überall durch. Es gibt der Stadt ein fröhliches Aussehen, was durch die vielen Terrassencafés und Gartenlokale noch verstärkt wird. Auf den Straßen flanieren die jungen Leute und in den wieder begrünten Parks spielen Eltern mit ihren Kin- dern. Albanien hat eine auffallend junge Bevölkerung und sieht darin einen positiven Beitrag, den es für die alternden westeuropäischen Gesellschaften im Rahmen der Integration leisten kann. Mir fällt auf, wie sauber die Straßen gefegt sind. Bei der Müllbeseitigung gibt es Verbesserungen, auch wenn in mei- nem Viertel immer noch die überlaufenden Tonnen stehen, die mich im letzten Jahr so sehr gestört haben. Der Abfall wird nicht von Haus aus getrennt; die vollen Behälter wer- den dann von Menschen, die damit etwas zu verdienen hof- fen, nach Wertstoffen durchsucht. An der Durchstöberung des Abfalls beteiligt sich auch eine große Schar herrenloser Hunde, die tagsüber friedlich in der Sonne liegen, denen ich im Dunkeln aber lieber aus dem Wege gehe. Nirgendwo habe ich so viele Mercedeswagen gese- hen, wie in Tirana. Sie sind so widerstandsfähig, dass sie sogar für unsere schlechten Straßen taugen, sagen die Be- sitzer. Die alten Diesel ohne Katalysator, die die Luft unge- heuer verpesten, sind noch da. Daneben fallen aber auch schicke neue Wagen auf. BMW hat im Sheraton Hotel ein Verkaufsbüro eingerichtet. In den Stoßzeiten stauen sich die Autos wie in unseren Städten. Ganze Straßenzüge wur- den oder werden frisch geteert, Hauptverkehrsstraßen ver- breitert. Es stehen Parlamentswahlen bevor und die Kan- didaten wollen mit den „neuen Straßen“ Stimmen gewin- nen, heißt es. Die „albanischen Wahlen“ sind ein Thema, das mich in der ganzen Zeit meines Aufenthaltes begleiten wird. Nach langen Diskussionen zwischen den Parteien wurde der Wahltermin am 25. April endlich von Staatsprä- sident Alfred Moisiu für den 3. Juli festgelegt. Ich kann den Wahlkampf beobachten und spreche mit Anhängern aus den beiden großen Lagern, den von Fatos Nano angeführ- ten Sozialisten und den Demokraten unter Sali Berisha. Wie im vergangenen Jahr halte ich auch Vorträge an ande- ren Universitäten, was mich nach Kosovo und Mazedonien bringt. Eine für mich neue Entdeckung ist Albanien als „Wanderland“. Masterstudiengang „Europäische Wirtschaft“ In diesem Jahr gebe ich einen Kurs zur „Europäischen In- tegration“ in dem gerade eingeführten Masterstudiengang. Die Umstellung auf Bachelor- und Masterabschlüsse findet zurzeit auch in Deutschland statt und ist Bestandteil des so genannten Bologna-Prozesses, durch den ein „gemeinsa- mer Europäischer Hochschulraum“ entstehen soll. Das Neues aus Shqiperi 67 Einsichten und Perspektiven 4 | 05 1 Ein Bericht über die Erfahrungen und Erlebnisse meines ersten Albanien-Aufenthaltes „Grüße aus Shqiperi: Als Gastprofessorin in Albanien“ erschien in Einsichten und Perspektiven 4/04, S. 8-16 http://www.km.bayern.de/blz/report/04_04/index.html. 2 Beteiligt sind die Alfred Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung, die Fritz Thyssen Stiftung, die Hertie-Stiftung, die Robert Bosch Stiftung, der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, die Zeit-Stiftung sowie die Hochschulrektorenkonferenz und der Deutsche Akademische Austausch Dienst (DAAD). Blick vom Skytower auf Tirana Fotos: Elke Thiel zum zweiten Mal in Albanien Von Mitte März bis Mitte Juli 2005 war ich zum zweiten Mal als Gastprofessorin an der Ökonomischen Fakultät der Universität Tirana. 1 Auch in diesem Jahr wurde mein Aufenthalt durch die Stiftungsinitiative Johann-Gottfried-Herder, ein Gemein- schaftsprojekt von sechs deutschen Stiftungen, gefördert. 2 Ich danke den Trägern der Stiftungsinitiative für diese Unterstützung. Neues aus Shqiperi: Neues aus Shqiperi 66 Einsichten und Perspektiven 4 | 05 Von Elke Thiel Im Dunkeln gehe ich den Hunden lieber aus dem Weg.

Neues aus Shqiperi Neues aus Shqiperi: Vertrautes und Neues · Neues aus Shqiperi Einsichten und Perspektiven 4 | 05. 69 minar zur Europäischen Integration angeboten, das bei den

  • Upload
    others

  • View
    12

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Neues aus Shqiperi Neues aus Shqiperi: Vertrautes und Neues · Neues aus Shqiperi Einsichten und Perspektiven 4 | 05. 69 minar zur Europäischen Integration angeboten, das bei den

Vertrautes und Neues

Beim zweiten Mal ist vieles schon vertraut. Man muss nichtmehr ganz von vorne anfangen. Gleich bei meiner Ankunftmerke ich den Unterschied. Meine Vermieter holen micham Flughafen ab. Ich bekomme die mir schon bekannteWohnung und wir fahren den bekannten Weg dorthin. Inden benachbarten kleinen Geschäften, an meinem Zei-tungskiosk, vom Taxifahrer an der Ecke werde ich freund-lich begrüßt. Auf meinem Albanien-Handy sind noch dieTelefonnummern vom letzten Jahr gespeichert und ich ver-abrede mich rasch.

In Tirana wird weiterhin kräftig gebaut. Dort, woich wohne, am Rande der Stundentenstadt, sind neueApartmenthäuser hochgezogen worden. Bald wird derschöne Blick auf den Dajti und die Berge von Elbasan ganzverstellt sein. Schade für das Viertel, das mit seinen kleinenHäusern und Gärten einmal sehr hübsch gewesen seinmuss. Die Stadt wird immer bunter. Der Einfall von Bür-germeister Edi Rama, die Fassaden der Häuser farbig anzu-streichen, setzt sich überall durch. Es gibt der Stadt einfröhliches Aussehen, was durch die vielen Terrassencafésund Gartenlokale noch verstärkt wird.

Auf den Straßen flanieren die jungen Leute und in denwieder begrünten Parks spielen Eltern mit ihren Kin-dern. Albanien hat eine auffallend junge Bevölkerungund sieht darin einen positiven Beitrag, den es für diealternden westeuropäischen Gesellschaften im Rahmender Integration leisten kann.

Mir fällt auf, wie sauber die Straßen gefegt sind. Bei derMüllbeseitigung gibt es Verbesserungen, auch wenn in mei-nem Viertel immer noch die überlaufenden Tonnen stehen,die mich im letzten Jahr so sehr gestört haben. Der Abfallwird nicht von Haus aus getrennt; die vollen Behälter wer-den dann von Menschen, die damit etwas zu verdienen hof-fen, nach Wertstoffen durchsucht. An der Durchstöberungdes Abfalls beteiligt sich auch eine große Schar herrenloserHunde, die tagsüber friedlich in der Sonne liegen, denen ichim Dunkeln aber lieber aus dem Wege gehe.

Nirgendwo habe ich so viele Mercedeswagen gese-hen, wie in Tirana. Sie sind so widerstandsfähig, dass siesogar für unsere schlechten Straßen taugen, sagen die Be-sitzer. Die alten Diesel ohne Katalysator, die die Luft unge-heuer verpesten, sind noch da. Daneben fallen aber auch

schicke neue Wagen auf. BMW hat im Sheraton Hotel einVerkaufsbüro eingerichtet. In den Stoßzeiten stauen sichdie Autos wie in unseren Städten. Ganze Straßenzüge wur-den oder werden frisch geteert, Hauptverkehrsstraßen ver-breitert. Es stehen Parlamentswahlen bevor und die Kan-didaten wollen mit den „neuen Straßen“ Stimmen gewin-nen, heißt es.

Die „albanischen Wahlen“ sind ein Thema, dasmich in der ganzen Zeit meines Aufenthaltes begleitenwird. Nach langen Diskussionen zwischen den Parteienwurde der Wahltermin am 25. April endlich von Staatsprä-sident Alfred Moisiu für den 3. Juli festgelegt. Ich kann denWahlkampf beobachten und spreche mit Anhängern ausden beiden großen Lagern, den von Fatos Nano angeführ-ten Sozialisten und den Demokraten unter Sali Berisha.Wie im vergangenen Jahr halte ich auch Vorträge an ande-ren Universitäten, was mich nach Kosovo und Mazedonienbringt. Eine für mich neue Entdeckung ist Albanien als„Wanderland“.

Masterstudiengang „Europäische

Wirtschaft“

In diesem Jahr gebe ich einen Kurs zur „Europäischen In-tegration“ in dem gerade eingeführten Masterstudiengang.Die Umstellung auf Bachelor- und Masterabschlüsse findetzurzeit auch in Deutschland statt und ist Bestandteil des sogenannten Bologna-Prozesses, durch den ein „gemeinsa-mer Europäischer Hochschulraum“ entstehen soll. Das

Neues aus Shqiperi

67Einsichten und Perspektiven 4 | 05

1 Ein Bericht über die Erfahrungen und Erlebnisse meines ersten Albanien-Aufenthaltes „Grüße aus Shqiperi: Als Gastprofessorin inAlbanien“ erschien in Einsichten und Perspektiven 4/04, S. 8-16 http://www.km.bayern.de/blz/report/04_04/index.html.

2 Beteiligt sind die Alfred Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung, die Fritz Thyssen Stiftung, die Hertie-Stiftung, die Robert BoschStiftung, der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, die Zeit-Stiftung sowie die Hochschulrektorenkonferenz und der DeutscheAkademische Austausch Dienst (DAAD).

Blick vom Skytower auf Tirana

Fotos: Elke Thiel

zum zweiten Mal in Albanien

Von Mitte März bis Mitte Juli 2005 war ich zum zweiten Mal als Gastprofessorin an der Ökonomischen Fakultät der Universität Tirana.1 Auch in diesem Jahr wurdemein Aufenthalt durch die Stiftungsinitiative Johann-Gottfried-Herder, ein Gemein-schaftsprojekt von sechs deutschen Stiftungen, gefördert.2 Ich danke den Trägern derStiftungsinitiative für diese Unterstützung.

Neues aus Shqiperi:Neues aus Shqiperi

66 Einsichten und Perspektiven 4 | 05

Von Elke Thiel

Im Dunkeln gehe ich den Hunden lieber aus dem Weg.

Verwendete Mac Distiller 5.0.x Joboptions
Dieser Report wurde automatisch mit Hilfe der Adobe Acrobat Distiller Erweiterung "Distiller Secrets v1.0.5" der IMPRESSED GmbH erstellt. Sie koennen diese Startup-Datei für die Distiller Versionen 4.0.5 und 5.0.x kostenlos unter http://www.impressed.de herunterladen. ALLGEMEIN ---------------------------------------- Dateioptionen: Kompatibilität: PDF 1.3 Für schnelle Web-Anzeige optimieren: Ja Piktogramme einbetten: Nein Seiten automatisch drehen: Nein Seiten von: 1 Seiten bis: Alle Seiten Bund: Links Auflösung: [ 600 600 ] dpi Papierformat: [ 1190.55 841.89 ] Punkt KOMPRIMIERUNG ---------------------------------------- Farbbilder: Downsampling: Ja Berechnungsmethode: Bikubische Neuberechnung Downsample-Auflösung: 150 dpi Downsampling für Bilder über: 225 dpi Komprimieren: Ja Automatische Bestimmung der Komprimierungsart: Ja JPEG-Qualität: Mittel Bitanzahl pro Pixel: Wie Original Bit Graustufenbilder: Downsampling: Ja Berechnungsmethode: Bikubische Neuberechnung Downsample-Auflösung: 150 dpi Downsampling für Bilder über: 225 dpi Komprimieren: Ja Automatische Bestimmung der Komprimierungsart: Ja JPEG-Qualität: Mittel Bitanzahl pro Pixel: Wie Original Bit Schwarzweiß-Bilder: Downsampling: Ja Berechnungsmethode: Bikubische Neuberechnung Downsample-Auflösung: 300 dpi Downsampling für Bilder über: 450 dpi Komprimieren: Ja Komprimierungsart: CCITT CCITT-Gruppe: 4 Graustufen glätten: Nein Text und Vektorgrafiken komprimieren: Ja SCHRIFTEN ---------------------------------------- Alle Schriften einbetten: Ja Untergruppen aller eingebetteten Schriften: Ja Untergruppen bilden unter: 100 % Wenn Einbetten fehlschlägt: Warnen und weiter Einbetten: Immer einbetten: [ ] Nie einbetten: [ /Symbol /ZapfDingbats /Courier-BoldOblique /Helvetica-BoldOblique /Courier /Helvetica-Bold /Times-Bold /Courier-Bold /Helvetica /Times-BoldItalic /Times-Roman /Times-Italic /Helvetica-Oblique /Courier-Oblique ] FARBE(N) ---------------------------------------- Farbmanagement: Farbumrechnungsmethode: Alle Farben zu sRGB konvertieren Methode: Standard Arbeitsbereiche: Graustufen ICC-Profil: None RGB ICC-Profil: sRGB IEC61966-2.1 CMYK ICC-Profil: U.S. Web Coated (SWOP) v2 Geräteabhängige Daten: Einstellungen für Überdrucken beibehalten: Nein Unterfarbreduktion und Schwarzaufbau beibehalten: Nein Transferfunktionen: Beibehalten Rastereinstellungen beibehalten: Nein ERWEITERT ---------------------------------------- Optionen: Prolog/Epilog verwenden: Nein PostScript-Datei darf Einstellungen überschreiben: Ja Level 2 copypage-Semantik beibehalten: Ja Portable Job Ticket in PDF-Datei speichern: Nein Illustrator-Überdruckmodus: Ja Farbverläufe zu weichen Nuancen konvertieren: Ja ASCII-Format: Nein Document Structuring Conventions (DSC): DSC-Kommentare verarbeiten: Ja DSC-Warnungen protokollieren: Nein Für EPS-Dateien Seitengröße ändern und Grafiken zentrieren: Ja EPS-Info von DSC beibehalten: Nein OPI-Kommentare beibehalten: Nein Dokumentinfo von DSC beibehalten: Ja ANDERE ---------------------------------------- Distiller-Kern Version: 5000 ZIP-Komprimierung verwenden: Ja Optimierungen deaktivieren: Nein Bildspeicher: 524288 Byte Farbbilder glätten: Nein Graustufenbilder glätten: Nein Bilder (< 257 Farben) in indizierten Farbraum konvertieren: Ja sRGB ICC-Profil: sRGB IEC61966-2.1 ENDE DES REPORTS ---------------------------------------- IMPRESSED GmbH Bahrenfelder Chaussee 49 22761 Hamburg, Germany Tel. +49 40 897189-0 Fax +49 40 897189-71 Email: [email protected] Web: www.impressed.de
Adobe Acrobat Distiller 5.0.x Joboption Datei
<< /ColorSettingsFile () /LockDistillerParams false /DetectBlends true /DoThumbnails false /AntiAliasMonoImages false /MonoImageDownsampleType /Bicubic /GrayImageDownsampleType /Bicubic /MaxSubsetPct 100 /MonoImageFilter /CCITTFaxEncode /ColorImageDownsampleThreshold 1.5 /GrayImageFilter /DCTEncode /ColorConversionStrategy /sRGB /CalGrayProfile (None) /ColorImageResolution 150 /UsePrologue false /MonoImageResolution 300 /ColorImageDepth -1 /sRGBProfile (sRGB IEC61966-2.1) /PreserveOverprintSettings false /CompatibilityLevel 1.3 /UCRandBGInfo /Remove /EmitDSCWarnings false /CreateJobTicket false /DownsampleMonoImages true /DownsampleColorImages true /MonoImageDict << /K -1 >> /ColorImageDownsampleType /Bicubic /GrayImageDict << /HSamples [ 2 1 1 2 ] /VSamples [ 2 1 1 2 ] /Blend 1 /QFactor 0.9 >> /CalCMYKProfile (U.S. Web Coated (SWOP) v2) /ParseDSCComments true /PreserveEPSInfo false /MonoImageDepth -1 /AutoFilterGrayImages true /SubsetFonts true /GrayACSImageDict << /VSamples [ 2 1 1 2 ] /HSamples [ 2 1 1 2 ] /Blend 1 /QFactor 0.76 /ColorTransform 1 >> /ColorImageFilter /DCTEncode /AutoRotatePages /None /PreserveCopyPage true /EncodeMonoImages true /ASCII85EncodePages false /PreserveOPIComments false /NeverEmbed [ /Symbol /ZapfDingbats /Courier-BoldOblique /Helvetica-BoldOblique /Courier /Helvetica-Bold /Times-Bold /Courier-Bold /Helvetica /Times-BoldItalic /Times-Roman /Times-Italic /Helvetica-Oblique /Courier-Oblique ] /ColorImageDict << /HSamples [ 2 1 1 2 ] /VSamples [ 2 1 1 2 ] /Blend 1 /QFactor 0.9 >> /AntiAliasGrayImages false /GrayImageDepth -1 /CannotEmbedFontPolicy /Warning /EndPage -1 /TransferFunctionInfo /Preserve /CalRGBProfile (sRGB IEC61966-2.1) /EncodeColorImages true /EncodeGrayImages true /ColorACSImageDict << /VSamples [ 2 1 1 2 ] /HSamples [ 2 1 1 2 ] /Blend 1 /QFactor 0.76 /ColorTransform 1 >> /Optimize true /ParseDSCCommentsForDocInfo true /GrayImageDownsampleThreshold 1.5 /MonoImageDownsampleThreshold 1.5 /AutoPositionEPSFiles true /GrayImageResolution 150 /AutoFilterColorImages true /AlwaysEmbed [ ] /ImageMemory 524288 /OPM 1 /DefaultRenderingIntent /Default /EmbedAllFonts true /StartPage 1 /DownsampleGrayImages true /AntiAliasColorImages false /ConvertImagesToIndexed true /PreserveHalftoneInfo false /CompressPages true /Binding /Left >> setdistillerparams << /PageSize [ 595.276 841.890 ] /HWResolution [ 600 600 ] >> setpagedevice
Page 2: Neues aus Shqiperi Neues aus Shqiperi: Vertrautes und Neues · Neues aus Shqiperi Einsichten und Perspektiven 4 | 05. 69 minar zur Europäischen Integration angeboten, das bei den

Neues aus Shqiperi

69Einsichten und Perspektiven 4 | 05

minar zur Europäischen Integration angeboten, das bei denGermanisten großes Interesse fand. Es waren vorwiegendStudenten aus der „Dolmetscherklasse“, die ihre EU-Kenntnisse mit Blick auf ihre zukünftige Berufstätigkeitverbessern wollten. Auch in Elbasan habe ich ein halbtägi-ges Seminar in deutscher Sprache gehalten.

Durch die albanischen Berge nach Kosovo

Die ökonomische Fakultät in Prishtina lädt mich zu einemVortrag ein. Ich freue mich darüber, doch wie komme icham besten dorthin? Es gibt zwei Routen: über Mazedonien,was schon wegen der besseren Straßen zu empfehlen ist,oder durch die albanischen Berge über Kukes direkt zurGrenze nach Kosovo. Als Albaner fährt man über Kukesmit Bus oder Minibus. Die Strecke soll landschaftlich sehrschön sein; auf der Weiterfahrt komme ich über Prizren, woich auch gerne hin möchte. Also entscheide ich mich für diealbanische Variante.

Nächste Frage: Wie finde ich mit meinen spär-lichen Albanischkenntnissen einen „sicheren“ Minibus,weiß ich doch nicht einmal, wo und wann die genau abfah-ren. Ich ziehe einen Nachbarn und Freund meiner Vermie-ter zu Rate, der aus Kukes kommt und sich auskennt. Erhat, wie übrigens viele Albaner, eine hohe Meinung vonDeutschland und hilft mir gern.

Wir verabreden uns morgens um halb sieben, erbringt mich zu den Bussen am Stadtrand von Tirana undsucht den nach seinen Worten besten Minibus mit dem zu-

In Verbindung mit dem Europa-Tag, der in Erinnerung andie Europa-Erklärung von Robert Schuman vom 9. Mai1950 begangen wird, fand in Tirana ein Wettbewerb zwi-schen Studenten verschiedener Universitäten und Fakultä-ten statt. Gestestet wurde das Wissen über die EuropäischeUnion. Den ersten Preis, den Besuch einer Sommerschulein Deutschland, gewann eine Studentin aus der ökonomi-schen Fakultät. Wir unterhielten uns: Nein, eine Lehrver-anstaltung über die Europäische Union hätte es auch für siean der Fakultät nicht gegeben. Sie habe aus dem Materialgelernt, das das albanische Integrationsministerium für denTest zur Verfügung stellte. Diese Anekdote illustriert, wiegroß das Interesse ist. Ich habe der Fakultät vorgeschlagen,das Fach „Europäische Integration“ bereits vom erstenStudiengang an einzuführen. Eine Schwierigkeit scheint zusein, dass dafür ein anderes Fach abgeschafft werden müss-te, da die bei uns übliche Möglichkeit, zwischen verschie-denen Fächern zu wählen, bisher nicht besteht.

Englisch ist die internationale Kommunikationsspra-che – und daher für die Studenten ein „Muss“. Ange-sichts der engen Zusammenarbeit mit Deutschland,insbesondere auch im akademischen Austausch, sindgute Deutschkenntnisse jedoch ebenfalls wünschens-wert, wenn nicht dringend erforderlich.

Viele meiner Studenten streben ein Studienjahr in Deutsch-land an – und dafür müssen sie Deutsch können. Ich habedaher auch in diesem Jahr wieder ein deutschsprachiges Se-

Warten auf den Minibus

Masterprogramm „Europäische Wirtschaft“ an der ökono-mischen Fakultät wird als Kooperationsprojekt mit Wirt-schaftswissenschaftlern der Universität Bamberg durchge-führt. Das Studium dauert zwei Jahre. Die Teilnehmer wer-den nach ihren bisherigen Prüfungsabschlüssen ausge-sucht; es zählt der Notendurchschnitt aus der gesamtenStudienzeit. Hinzu kommt dann noch ein Test.

Alle Masterstudenten haben bereits einen Studienab-schluss und üben eine Berufstätigkeit aus. Der Ar-beitgeber gibt sein Einverständnis; eine vorübergehen-de Dienstfreistellung ist damit jedoch nicht verbunden.Die Kurse finden abends oder an den Wochenendenstatt. Unterrichtet wird in Englisch. Die Studienge-bühr liegt zwischen Euro 1100,- für Beschäftigte in derPrivatwirtschaft und Euro 750,- für Beschäftigte imöffentlichen Dienst.

Masterstudiengänge sind sehr beliebt, ebenso wie die Teil-nahme an Sommerschulen. Die meisten der 36 Teilnehmersind Frauen, und – wie ich nach und nach aus Gesprächenerfahre – sie schultern nicht nur Beruf und Masterstudien-

gang, sondern haben oft auch noch kleine Kinder zu ver-sorgen. Auch wenn vielfach Mütter und Schwiegermütterhelfen, kann ich mir die Belastung gut vorstellen. Viele mei-ner Studenten berichten, dass sie in ihrem Beruf in der einenoder anderen Weise mit der Europäischen Union zu tunhaben, meist in Fragen der Rechtsangleichung. Albanienmuss im Rahmen des EU-Stabilisierungs- und Assoziie-rungsprozesses wie alle anderen SAP-Staaten das EU-Recht übernehmen. Meine Studenten möchten gerne mehrüber die Zusammenhänge in der europäischen Integrationund die Funktionsweise der Europäischen Union erfahren.

Anders als in den ökonomischen Fächern, wo dieMaster-Studenten bereits ein abgeschlossenes Studiumvorzuweisen haben, kann ich in meinem Fach nicht vongrößeren Vorkenntnissen ausgehen. Meine Kursteilnehmersagen, dass sie nie Lehrveranstaltung zur „EuropäischenIntegration“ belegt hätten. Dies mag nicht verwundern,liegt doch die Hinwendung Albaniens zur EuropäischenUnion erst wenige Jahre zurück. Auch bei den Professorengibt es hierzu noch keine große Expertise. Andererseits las-sen sich gute Ergebnisse in einem Masterstudiengang nurerzielen, wenn bereits Grundkenntnisse vorhanden sind.

Neues aus Shqiperi

68 Einsichten und Perspektiven 4 | 05

Ökonomische Fakultät, Universität Tirana

Page 3: Neues aus Shqiperi Neues aus Shqiperi: Vertrautes und Neues · Neues aus Shqiperi Einsichten und Perspektiven 4 | 05. 69 minar zur Europäischen Integration angeboten, das bei den

Neues aus Shqiperi

71Einsichten und Perspektiven 4 | 05

das Gefühl, ein neues Balkankapitel geöffnet zu haben. Amnächsten Morgen treffe ich mich mit meinen Gastgebern imRektorat und dort treffe ich Teuta, die an der Universitätfür internationale Beziehungen und für die Betreuung aus-ländischer Gäste zuständig ist. Sie hat sechs Monate in Mar-burg gelebt, spricht ein einwandfreies Deutsch, studiertdeutsche Sprache und Literatur und hat gerade erfahren,dass sie meinen Vortrag übersetzen soll. Wir verstehen unsauf Anhieb.

Der große Hörsaal ist voll, alle hören aufmerksam zu.Ich spreche deutsch und oft scheint man mich auchschon verstanden zu haben, bevor Teuta übersetzt.Viele Kosovaren waren einige Jahre in Deutschlandund sind dann nach dem Krieg zurückgekehrt.

Nachdem ich den ersten Teil meines Vortrags gehalten ha-be, möchte ich das Ganze auflockern und gebe Gelegen-heit, Fragen zu stellen. Es entsteht eine lebhafte Diskussi-on, die die ganze restliche Zeit ausfüllt. Glaube ich, dass eseinmal die Vereinigten Staaten von Europa geben wird?Gibt es eine europäische Identität? Ist die europäische In-tegration eher wirtschaftlich oder politisch begründet?Und schließlich: Gehört Kosovo dazu? Einer fragt: Ist esfür die EU so schlimm, dass Kosovo in Europa liegt? DieFragen geben mir Gelegenheit, alles, was ich noch vortra-gen wollte, mit den Antworten zu erklären. Zum Schlusswerden noch von allen Seiten Photos gemacht und Händegeschüttelt. Ich erkundige mich nach den Busverbindun-gen nach Prizren, wo ich übernachten will. Nein, sagt Teu-

In Prishtina

Von Kukes nach Prishtina fährt mich ein Freund meinerFreunde in Tirana und ich genieße die „neue“ Bequemlich-keit. Mein erster Eindruck von Kosovo: Es sieht aufge-räumter aus als in Albanien. Auch die Straßen sind besser.Die Landschaft ist zunächst leicht hügelig und dann errei-chen wir nach einer Anhöhe mit weitem Blick die Ebene,auf der das Amselfeld liegt, wo 1389 die entscheidendeSchlacht gegen die Türken verloren wurde. Als ich in Prish-tina im Hotel Grand ankomme, das mehr Sterne hat als esverdient, bin ich zehn Stunden unterwegs, voll neuer Ein-drücke und auch stolz, es gewagt und geschafft zu haben.Vom Zimmer aus sehe ich auf die UNMIK-Station und denEinkaufsboulevard.

Es regnet es in Strömen und ist ziemlich kalt ge-worden. Wir haben Mitte Mai und als ich in Tirana abfuhr,war es bereits heiß. Doch albanische Freunde haben michgewarnt: Nimm warme Sachen mit, in Prishtina ist es im-mer etwas kühler. Die Stadt liegt etwa 660 m hoch. Wie gut,dass ich auf den Ratschlag gehört habe. In der Hotelhallewartet einer der Professoren auf mich und wir gehen in einCafé, um den morgigen Tag zu besprechen. Dann überlegeich, was ich aus diesem verregneten Abend noch machenkönnte: Das Hotelrestaurant ist leer, kein einziger Gast. Ichfrage, wo man in der Nähe gut essen kann. Gleich gegen-über ist das „Toskana“, wo ich hingehe. Nur zwei Tischesind besetzt, aber ich werde gut bedient und habe auchwirklich Hunger. Der Tag zieht noch mal an mir vorbei: diegroßartige Landschaft, die Strapazen der langen Fahrt und

Abend in Kukes

verlässigsten Fahrer aus. Die Plätze neben dem Fahrer sindschon belegt, aber in der zweiten Reihe kann ich Platz neh-men. Später bin ich froh, nicht vorne zu sitzen, denn ich sehe keine Sicherheitsgurte und bei den vielen Kurven undder holprigen Straße muss man sich schon gehörig fest-halten.

Acht Leute passen in den Bus, und die müssenauch zusammenkommen, damit die Rechnung stimmt. Mitmir sind es vier. Wir warten noch einige Zeit. Zwischen achtund halb neun geht es dann los. Für die etwa sieben Stun-den, die die Fahrt bis Kukes dauert, sind wir eine Schick-salsgemeinschaft. Ich gebe allen Mitfahrern freundlich dieHand und kläre die Frage, die zunächst am meisten inter-essiert, mit „une jam gjermane“ – ich komme aus Deutsch-land. Der kleine Junge, der mit seiner Mutter hinter mirsitzt, weint bitterlich. Die junge Frau tut mir leid, und eswird ihr dann auf der Fahrt auch noch in jeder Kurveschlecht. Für solche Fälle reicht der Fahrer Tüten nach hin-ten. Zwei „ältere Damen“ sind um mein Wohl besorgt, bie-ten mir Gebackenes an, das ich lieber nicht nehme, um mei-nen Magen nicht herauszufordern, und als wir an einerRaststätte halten, wollen sie mir unbedingt die Toilette zei-gen. Eine kippt vorher noch ein paar Kübel Wasser hinein,damit es sauber ist. Als ich den Bus verlasse, verabschiedeich mich mit einem herzlichen „gjithe te mirat“ – alles Gute.

Die Straße zieht sich den steilen Hang hinauf, ganzunten wird der Fluss immer kleiner. Es kann einem schonschwindelig werden, wenn man nach unten schaut. DieRoute lässt sich über eine lange Strecke hinweg verfolgen;Busse und Minibusse schleppen sich dahin, wie früher die

Karawanen, denke ich. Wir überqueren mehrere Passhö-hen, es geht rauf und runter, immer in engen Kurven; dieNachfrage nach Tüten steigt. Es regnet ein bisschen, aberdie Sicht ist ganz gut, weit hinten die Schneeberge der alba-nischen Alpen. Dann erreichen wir Kukes, das an einemStausee gelegen und von Bergen überragt ist. Im Kosovo-krieg operierten von hier aus die Kosovo-Befreiungsarmeeund später die NATO-Truppen. In einem Lager fanden 150 000 Flüchtlinge Unterkunft. Die OSZE und andereHilfsorganisationen haben Außenstellen in Kukes. Heutewirkt die Stadt friedlich. Abends treiben Kinder Schafe undZiegen über die Straßen nach Hause und dann beginnt derKorso.

Doch die Spuren des Kosovo-Krieges sind noch nichtbeseitigt. Die Albanian Mine Action Executive ver-sucht von Kukes aus mit internationaler Hilfe, darun-ter Deutschland, die im Krieg verminten nordalbani-schen Gebiete zu säubern. Die Gegend gehört zu denärmsten Regionen Albaniens. Die Bevölkerung lebtvon einer kärglichen Landwirtschaft, der sie nun auch nicht mehr nachgehen kann, da die Felder ver-mint sind. In den verminten Abschnitten blüht derSchmuggel.

Die Schmuggelware wird auf Eseln transportiert, die ohneBegleitung durch das Minengebiet geschickt werden. Siekönnen sich die Lage der Minen erstaunlich gut merkenund suchen sich einen sicheren Weg. Wenn man in Albaniensagt, „du bist ein guter Esel“, ist das ein Kompliment.

Neues aus Shqiperi

70 Einsichten und Perspektiven 4 | 05

In steilen Kehren nach Kosovo

Page 4: Neues aus Shqiperi Neues aus Shqiperi: Vertrautes und Neues · Neues aus Shqiperi Einsichten und Perspektiven 4 | 05. 69 minar zur Europäischen Integration angeboten, das bei den

Neues aus Shqiperi

73Einsichten und Perspektiven 4 | 05

ren Braut- und Abendkleidermoden und über die Prome-nade am Fluss mit den vielen Restaurants und Cafés. Überall UNMIK- und KFOR-Wagen. Ich spreche ein paardeutsche Soldaten an, die auf einer Brücke patrouillieren,zwei kommen aus Leipzig, einer aus Ulm. Wie es ihnengeht? Naja, sie sind noch nicht lange hier. Die Sonne scheintund am Fluss ist viel Betrieb. Wenn wir hier stehen, fühlensich die Menschen sicherer, meinen sie. Wir haben ein Augeauf die vielen Kinder. Im März 2004 war es im Kosovo zuAusschreitungen gekommen, nachdem Kinder auf nichtganz geklärte Weise ertrunken waren.

Oberhalb der Stadt sind die Reste einer illyrischenBurg zu sehen, etwas unterhalb die große Sankt Peter Ka-thedrale. Ich versuche dorthin zu gelangen, komme abernicht weit. Der Weg führt durch das früher von Serben be-wohnte Viertel. Die Häuser sind ausgebrannt und zerstört,mit Stacheldraht abgesichert und ein Schild warnt, nichtweiterzugehen. Ich übernachte im Hotel Theranda, ge-nannt nach der illyrischen Stadt, die hier in der Nähe lag.Es hat mehrere Sterne, die wohl aus besseren Zeiten stam-men. Vom Fenster sehe ich auf die große Moschee auf deranderen Flussseite. Im Morgengrauen weckt mich der Mu-ezzin; es hallt von allen Moscheen durch das ganze Tal.Falls hier noch Serben leben, muss das für sie doch als Pro-vokation erscheinen, überlege ich. Im Zentrum der Stadtbefindet sich ebenfalls eine Kathedrale mit großen Ausma-ßen, die darauf schließen lässt, dass es hier einmal eine sehraktive serbische Gemeinde gegeben haben muss. Sie ist zer-stört und mit Stacheldraht umgeben, wie auch die kleinebyzantinischen Kirche gleich gegenüber.

Für die Fahrt nach Kukes nehme ich ein Taxi. DerFahrer gibt Gas. An der Grenze hält er an und läuft zumGrenzposten vor. Wie sich dann herausstellt, hat er nichtdie notwendigen Wagenpapiere für die Einreise nach Al-banien. Auch ich habe ein kleines Problem: Im April habeich eine Aufenthaltsgenehmigung für Albanien beantragt.Das Visum soll ich irgendwann zugeschickt bekommen.Bis dahin soll ich die Quittung vorzeigen, die belegt, dassich die Gebühr von 7200 Lek bezahlt habe, etwa 57 Euro.Das reicht, sagt man mir. Hoffentlich wissen die das auchan der Grenze, meine ich nur, denn mit dem Stempel, denich bei meiner Einreise am Flughafen bekommen habe, darfich nur einen Monat in Albanien bleiben. Allerdings wurdemein Pass bei der Ausreise nach Kosovo nicht kontrolliert,und so kann eigentlich auch keiner feststellen, ob ich län-ger als einen Monat in Albanien war. Die Logik der ganzenAngelegenheit sind wohl die 7200 Lek. Die Grenzposteninteressiert mein „Problem“ nicht, dafür wird mit demFahrer heftig diskutiert. Schließlich wird jemand herbeige-holt, der etwas Englisch spricht und mir erklärt, mit demTaxi könne ich nicht weiterfahren. Aber keine Sorge, dasnächste Auto, das kommt, wird mich mit nach Kukes neh-

ta, mit dem Bus fahren Sie nicht. Viele unserer Leute woh-nen in Prizren und wir sehen, dass Sie jemand mitnimmt.Wenn das nicht geht, fahre ich Sie hin. Wir trinken nocheinen Kaffee und gehen ins Rektorat zurück. Dort wird eif-rig nach einer Mitfahrgelegenheit für mich telefoniert. Umhalb fünf soll ich im Hotel abgeholt werden. Vorher kannich mir noch die Stadt ansehen.

Prishtina ist in der kommunistischen Zeit starkgewachsen; Neubauten bestimmen das Stadtbild. Dochman findet auch noch Bauten aus der osmanischen und der königlich-jugoslawischen Zeit. Ich gehe die Hauptge-schäftsstraße mit den kleinen Straßencafés entlang; auffal-lend viele Läden stellen Braut- und Abendkleider aus. DieMenschen sehnen sich nach besseren Zeiten, denke ich. DieArbeitslosigkeit ist groß und viele kommen nur dank derÜberweisungen der „Gastarbeiter“ zurecht. Das Museumzeigt eine kleine Ausstellung mit Exponaten von Ausgra-bungen, die in den letzten Jahren durchgeführt wurden,zum Teil aus der illyrischen und auch der römischen Zeit.

Im Hotel treffe ich meine Fahrgemeinschaft nachPrizren. Zwei Studentinnen, die über das Wochenendenach Hause fahren, eine junge Ärztin, die fährt, und derenMutter. Wir unterhalten uns. Im Kosovokrieg war sie wieviele Kosovaren in Tirana. Meine Vermieter haben erzählt,dass bis zu 70 Flüchtlinge damals in ihrem Haus und demRestaurant untergekommen sind. Am Straßenrand siehtman immer wieder Gedenksteine mit Blumen, die an dieOpfer und Vermissten des Krieges erinnern. In Prishtinasah ich an der Straße eine ganze Wand mit Vermisstenpho-tos. In Prizren lade ich alle noch zu einem Drink ein, undmache vorher eindeutig klar, dass es meine Einladung ist.Im Balkan ist man Gast und es ist sehr schwierig, selbst je-manden einzuladen.

In Prizren ruft der Muezzin

Prizren liegt an den Hängen eines kleinen Flusstals undmutet orientalisch an. Für Albaner ist es die Stadt der Priz-ren League, die sich 1878 gebildet hat, um für die BefreiungAlbaniens von der Türkenherrschaft zu kämpfen.

Im Museum finden sich Bilder und Trachten aus dieserZeit; die großen geistigen Führer der Albaner in türki-schen Gewändern und mit entschlossenem Blick. EineTafel erklärt, dass das Museum mit allen Erinnerungs-stücken im März 1999 von den Serben dem Erdbodengleich gemacht wurde. Die Reste fand man auf demMüll. Im Kosovokrieg war Prizren das Zentrum derKosovo-Befreiungsarmee.

Ich gehe durch Prizren, vorbei an dem alten türkischen Badund kleinen Moscheen, die Geschäftsstraße entlang mit ih-

Neues aus Shqiperi

72 Einsichten und Perspektiven 4 | 05

Blick auf Prishtina; vorne

links die UNMIK-Station

Unten: Morgens weckt mich

der Muezzin.

Page 5: Neues aus Shqiperi Neues aus Shqiperi: Vertrautes und Neues · Neues aus Shqiperi Einsichten und Perspektiven 4 | 05. 69 minar zur Europäischen Integration angeboten, das bei den

Neues aus Shqiperi

75Einsichten und Perspektiven 4 | 05

ten in der EU-25 und die Verunsicherung in der Bevölke-rung über die Auswirkungen der Erweiterung auf ihre per-sönliche Situation. Die institutionellen Reformen des Ver-fassungsvertrags sollen die Handlungsfähigkeit der Euro-päischen Union stärken, vor allem in der GemeinsamenAußen- und Sicherheitspolitik. Aber ohne den neuen Ver-trag befindet sich die EU nicht in einem vertragslosen Zustand. Wenn die Mitgliedstaaten das wollen, könnten einige Neuerungen auch auf der Basis des Nizza-Vertra-ges oder mit kleineren Vertragsanpassungen umgesetztwerden.

Der Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess fürden westlichen Balkan sieht bestimmte Abläufe und Ver-fahren vor, und die Europäische Kommission wird dafürsorgen, dass sie eingehalten werden.

Die Heranführungsstrategie an die EU ist im Gang.Die SAP-Staaten haben eine Beitrittsoption, wenn siedie Kopenhagener Kriterien erfüllen. Doch dieKommission wird darauf achten, dass Reformen nichtnur auf dem Papier stehen, sondern tatsächlich ange-wandt werden – und hier hapert es häufig noch sehr.

Die Kommission legt ihre Stellungnahmen dem Rat vor,der über jeden weiteren Schritt einstimmig entscheidet.Beitrittsverträge müssen von allen Mitgliedstaaten und vonden Beitrittsländern ratifiziert werden, und in einigen Staa-ten könnten Referenden durchgeführt werden, deren Aus-gang man nicht vorhersagen kann.

Die Presse ist bei allen Veranstaltungen dabei undich gebe Interviews. Als mir die Deutsche Botschaft späterfreundlicherweise eine Übersetzung der Zeitungsberichtezuschickt, staune ich: „Der Beitritt Mazedoniens zur EUkönnte sich um ein Jahr verzögern, sagt die deutsche

sich mit meiner Tasche davon gemacht? Aber da ist wirk-lich nichts Wertvolles drin und schließlich will er dochsicher seine Leks. Nach einigem Warten taucht er auf; er hatrasch etwas gegessen. Auf der Weiterfahrt wird es ziemlichheiß; ein Reifen geht kaputt und wird mit großer Routinegewechselt. In einer ungemütlichen Raststätte am Straßen-rand gibt es noch etwas zu trinken und dann erreichen wirohne weitere Zwischenfälle Tirana, das mir auf einmal rich-tig großstädtisch vorkommt.

Ein volles Programm in Skopje

In Prishtina lerne ich den deutschen DAAD-Lektor ken-nen. Er ist auch für Mazedonien zuständig und schlägt vor,doch auch in Skopje und an der Süd-Ost-Universität inTetovo Vorträge zu halten, die als Versöhnungsprojektnach dem Krieg gegründet wurde. Leider war es für Tetovoschon zu spät, da das Semester Mitte Juni bereits beendetwar. Für Skopje bekomme ich mit Unterstützung derDeutschen Botschaft ein volles Programm und bleibe dreiTage dort. Besonders lebhaft geht es in dem Workshop zu,den ich mit Mitgliedern der mazedonischen Sektion desEuropean Youth Parliament veranstalte. Die Teilnehmersind gut informiert und stellen interessierte Fragen.

Mazedonien hat 2004 einen Antrag auf Beitrittsver-handlungen gestellt und wartet nun darauf, den Kan-didatenstatus zu erhalten.

Vor ein paar Tagen wurde der Vertrag über eine Verfassungfür Europa in den Referenden in Frankreich und den Nie-derlanden abgelehnt. „Bringt dies den EU-Beitritt Maze-doniens in Gefahr?“, ist die Frage, die alle am meisten inte-ressiert. Ich versuche abzuwägen, erkläre die Schwierigkei-

Schwester Gracia und Bernadette arbeiten seit 10 Jahren im

nordalbanischen Fuzze Arrezi.

men; dafür sorgen wir. Und so ist es dann auch. Es sindzwei junge Leute, die in Prizren und in Kukes einLebensmittelgeschäft betreiben. Man räumt etwas zusam-men und ich darf mich nach vorne setzen. Ich suche nachdem wenigen Albanisch, das ich kann, und ziehe dasLexikon aus der Tasche. Wir verständigen uns einigerma-ßen und sitzen in Kukes noch bei einem Kaffee zusammen.Ich möchte gerne bezahlen, aber das wird entschiedenabgelehnt.

Schwäbische Ordensschwestern

Eigentlich will ich wieder mit dem demselben Minibus vonKukes nach Tirana fahren, der mich hergebracht hat. DieBusse fahren allerdings erst ab, wenn alle Plätze besetztsind. Es ist Sonntagmorgen, die Nachfrage scheint nicht be-sonders groß zu sein und die Reihe der Busse, die voll wer-den müssen, ist lang. Wenn ich mir ein Taxi nehme, kannich zwischendurch mal anhalten; ich würde gerne bei denbeiden schwäbischen Ordensschwestern vorbeischauen,die in Fuzze-Arrezi einen Kindergarten eingerichtet habenund in vielfältiger Weise helfen. Der freundliche Albaner,der mich vor ein paar Tagen nach Prishtina gefahren hat,hilft mir bei der Taxisuche. Der weiße Mercedes dort siehtganz gut aus; ich schaue vor allem auf die Reifen. Der Fah-rer möchte zunächst vier Leute in das Auto packen, ent-scheidet sich dann aber, mich für 4000 Lek nach Tirana zubringen. Etwa 32 Euro für die ganze Strecke, das kommtmir wenig vor und zur Vorsicht ziehe ich die Scheine ausder Tasche; ja so viel, versichert er. Auf der Herfahrt habeich 1000 Lek bezahlt, was der Preis pro Person zu seinscheint. In Tirana bringt er mich noch bis vor die Haustürund bekommt dafür 5000 Lek, die er wirklich verdient hat. Die Strecke ist an diesem Tag wenig befahren und ich bin

froh darüber, denn es reduziert die Überholmanöver. Alba-ner fahren zügig. Etwa auf der Hälfte liegt Fuzze Arrezi,ein verlassener Ort mit hässlichen Mietshäusern, die inkommunistischer Zeit für die Arbeiter der Kupferminegebaut wurden. Mir fällt auf, dass es in dieser Gegend eingroßes Waldsterben gibt, was mir Schwester Gracia bestä-tigt. Die Umweltbelastung ist hoch; die Kupfermine ist voneiner türkischen Firma übernommen worden, die es mitdem Umweltschutz auch nicht so genau nimmt.

Sie und Schwester Bernadette sind vom Erzbischof vonShkodra hierher geschickt worden und schon zehnJahre hier. Sie haben sich ein nettes Haus mit Gartenetwas oberhalb des Ortes eingerichtet. Daneben wirdgerade der Neubau für den Kindergarten mit 70 Kin-dern fertig gestellt. „Wir finden,“ sagen die Schwestern.„wir müssen bei den Kindern anfangen.“ Es ist dieGegend des Kanun, der Blutrache, und die Kinder lei-den besonders darunter.

Weiter unten eine ziemlich große Kirche, schätzungsweise90 % der Bevölkerung sind hier katholisch; genaue Datengibt es allerdings nicht. Mit den verschiedenen Projektenkommt auch neue Beschäftigung in den Ort; etwa 20 Leutearbeiten für die Mission.

Ich hätte gerne noch mehr gefragt, aber die Zeit istzu kurz. Die beiden möchten zu dem Volksfest, das im Ortstattfindet. Ich komme mit und wir sind sofort von Kin-dern und Erwachsenen umringt. Ein kleiner Junge führtmir die Deutschkenntnisse vor, die er in einem Fernsehkursgelernt hat, und die Eltern stehen stolz daneben. Als ichmeinen Fahrer suche, finde ich ihn an der verabredetenStelle nicht. Wie konnte ich nur so unvorsichtig sein, mirnicht einmal seine Handynummer geben zu lassen. Hat er

Neues aus Shqiperi

74 Einsichten und Perspektiven 4 | 05

Das zerstörte serbische Viertel Deutsche KFOR-Soldaten in Prizren

Page 6: Neues aus Shqiperi Neues aus Shqiperi: Vertrautes und Neues · Neues aus Shqiperi Einsichten und Perspektiven 4 | 05. 69 minar zur Europäischen Integration angeboten, das bei den

Neues aus Shqiperi

77Einsichten und Perspektiven 4 | 05

schule in Deutschland, wo sie mit jungen Albanern zusam-mengekommen sind. Auf einmal entdeckten wir Gemein-samkeiten, vor allem in der Musik.

Auf der Fahrt erreichen wir eine Hochebene, aufder der beste Wein Mazedoniens wächst. Die Straße ziehtsich am Varda-Fluß entlang und über mehrere Pässe. Wirhalten in Bitola, dem früheren Monastir, das einmal Zen-trum eines türkischen Paschaliks war.

Die orthodoxe Kirche erscheint von außen unauffälligund ist innen mit kunstvollen Holzschnitzereien undIkonen ausgestattet. So tarnte man sich; die Türkentolerierten Kirchen, wenn sie nicht auffielen. DieKirche soll in einer Rekordzeit errichtet worden sein,wohl um Fakten zu schaffen.

Mazedonien erscheint mir als ein sehr christliches Land.Probleme gibt es im Augenblick mit der serbischen Kirche,die die Eigenständigkeit der mazedonischen Kirche nichtanerkennen will. Die mächtige Moschee, gleich gegenüberder Kirche, ist heute ein Museum. In der Fußgängerzoneflanieren viele Griechen; die Grenze ist nicht weit weg. Diekommen zum Einkaufen her, sagt Vlatko. Hier ist es billi-ger und, im Unterschied zu uns, brauchen die Griechenkein Visum.

Ich bleibe noch ein paar Tage in Ohrid, besuche diezahlreichen byzantinischen Kirchen, das römische Amphi-theater sowie die alles überragende Burg, und genieße denBlick über den See mit den Bergen im Hintergrund. Vlatkobringt mich nach Sveti Naun, einer berühmten Kirchenan-lage am anderen Ende des Sees, kurz vor der albanischenGrenze. Hier entspringt der schwarze Drim, der in Nord-albanien verschiedene Seen durchfließt und schließlich vonShkodra aus als Buna in die Adria mündet. Wir kommen aneinem Bunker vorbei, der wie die albanischen Hoxha-Bun-ker aussieht, die dort das ganze Land durchziehen. Nein,den haben die Deutschen im Zweiten Weltkrieg gebaut,und Vlatkos Großvater kann noch erzählen, wie er alsJunge den Partisanen Wasser und Essen gebracht hat.

Mit einem Boot fahren wir zu einer kleinen Kir-che, die man nur so erreicht. Sie ist schon ziemlich beschä-digt und wird nun von einem alten Mann bewacht. Er fragt,ob wir ihn auf der Rückfahrt zu seinem Dorf mitnehmenkönnen; es ist Mittagszeit. Das Boot fährt dicht an den stei-len Felsabhängen entlang. Ganz oben gab es einmal eine rö-mische Siedlung und irgendwo in den Felsen ist ein Gold-schatz vergraben. Viele haben schon danach gesucht, aberniemand hat ihn bisher gefunden. Der alte Mann erzählt soanschaulich, dass ich mir gut vorstellen kann, wie diese Ge-schichte über die Jahrhunderte überliefert wurde.

Für die Rückfahrt nach Tirana bringt mich Vlatkobis an den Grenzübergang. Das letzte Stück zur Grenzkon-

begutachten die Auslagen. Offensichtlich wird über größe-re Anschaffungen oder Geldanlagen beraten. Vielleichtsteht eine Hochzeit bevor, denke ich mir, und die Brautklei-der – mit dezentem Schleier – kann man gleich nebenankaufen. Dann erreiche ich den Bazar; das Angebot ist buntund verlockend. Ich höre das albanische „shume mire“(sehr gut). In der Neustadt lädt die moderne Fußgänger-zone ein. Ich kaufe eine Zeitung und lese sie in einem derzahlreichen bequemen Cafés.

In Mazedonien unterwegs

Der Weg von Tirana nach Skopje führt über Ohrid, das ichmit einem Bus erreiche. Von dort bringt mich ein Taxi wei-ter. Die Fahrt geht steil durch die Berge und mitten durchein überwiegend von Albanern bewohntes Gebiet. SehenSie sich mal diese schönen „Villen“ an, meint Vlatko, meinFahrer. Das Geld kommt von den Emigranten. Einem Ma-zedonier würde hier niemand ein Grundstück verkaufen.

In Tetovo halten wir an und besuchen die reichausgemalte Moschee aus dem 15. Jahrhundert und die voneinem großen Garten umgebene Theke, ein Derwisch-Kloster des muslimischen Bektashi-Ordens. Die Männer,die in dem kleinen Café am Eingang herumsitzen, wirkenzunächst abweisend. Wir trinken einen kafe turke, und alswir gerade wieder gehen wollen, fragt einer auf Englisch,ob er uns die Anlage zeigen soll. Heraus kommt: In kom-munistischer Zeit gab es hier mehrere Lokale und ein Mu-seum. Nun streiten sich Muslime und Bektashi um den Be-sitz. Im Krieg, der erst vier Jahre zurückliegt, hielten sichhier Albaner versteckt. Die Einschüsse an der Hauswandsieht man noch.

Als wir uns bei der Stadtausfahrt verfahren, fragen wireinen Passanten nach dem Weg. Da er in dieselbe Rich-tung muss, fährt er ein Stück mit. Er ist Albaner undmein mazedonischer Fahrer meint, als Menschen ver-stehen wir uns, es ist die Politik!

In Skopje verabrede ich mit meinem Fahrer, dass er mich indrei Tagen wieder dort abholt. Diesmal fahren wir „andersherum“, in südöstliche Richtung über Veles, Prilep und Bi-tola zurück nach Ohrid. Vlatko meint, damit hätte ichbereits 80 Prozent des kleinen Landes gesehen, über das dieGeschichte häufig hinweggegangen ist: Rom, Byzanz, Slaven, Bulgaren und wieder Byzanz, dazwischen mal eineigenes, kurzlebiges Zarenreich. „Womit identifizieren Siesich“, fragte ich zwei junge Mazedonierinnen, die ich nacheiner Veranstaltung in Skopje zum Essen einlud. „MitAlexander dem Großen“, war die umgehende Antwort.Damit liegt der ganze Konflikt mit den Griechen auf demTisch! Die beiden erzählen dann noch von einer Sommer-

Europaexpertin …“. So lautet in jeder Meldung der zweiteSatz. Das habe ich nie gesagt; einer hat´s erfunden und alleanderen abgeschrieben. Es trifft das, was man hören woll-te. Was im Weiteren berichtet wird, ist korrekt: Man kanndas Datum für den mazedonischen Beitritt nicht voraussa-gen! Mazedonien, wie Albanien, bekommen im Rahmendes Stabilisierungs- und Assoziierungsprozesses ganz er-hebliche Unterstützung für die Transformation und müs-sen das Beste daraus machen, nicht der Europäischen Uni-

on, sondern ihrem Land zuliebe. Eine albanische Freundinschickt mir aus Tirana eine SMS: ,Habe Dich gerade imFernsehen gesehen, sah gut aus!‘ Zwischendurch habe ichetwas Zeit, Skopje anzuschauen. Die Stadt ist von Bergenumgeben. Wahrzeichen ist die steinerne Brücke, die Alt-stadt und Neustadt verbindet. Ich spaziere zunächst durchdie vorwiegend von Albanern bewohnte Altstadt. In derEinkaufsstraße fallen die vielen Schmuckläden und Gold-händler auf. Ganze Familien, die Frauen meist verschleiert,

Neues aus Shqiperi

76 Einsichten und Perspektiven 4 | 05

Oben links: Die steinerne Brücke von Skopje. Oben rechts: Bunker deutscher Soldaten aus dem 2. Weltkrieg

Unten: Köstlichkeiten im Bazar

Page 7: Neues aus Shqiperi Neues aus Shqiperi: Vertrautes und Neues · Neues aus Shqiperi Einsichten und Perspektiven 4 | 05. 69 minar zur Europäischen Integration angeboten, das bei den

Neues aus Shqiperi

79Einsichten und Perspektiven 4 | 05

didaten anderer Parteien aus dem gleichen Lager, die eben-falls für das Direktmandat der großen Partei kämpfenmussten, hatten dadurch einen schweren Stand. In einigenFällen sollen auch Mitglieder der großen Partei plötzlich alsKandidaten einer kleinen Partei aufgetreten sein, so dassder Wähler gar nicht mehr erkennen konnte, wen er wählt.Schon in der Wahlnacht sickerte das Ergebnis durch: Be-risha ist der mutmaßliche Sieger. Aber es dauerte mehr alseine Woche, bis die Stimmen ausgezählt waren. In vielenWahlkreisen wurde das Ergebnis angefochten, und zwarvon beiden Parteien. Am 11. September wurde dann dieneue Regierung bestätigt. Im Urteil der Beobachter sind dieWahl und der Regierungswechsel friedlich verlaufen undauch korrekter als in früheren Jahren, auch wenn es nochmanches zu verbessern gibt.

Regionalentwicklung in Albanien

Albanien hat eine große Landflucht. Die Lebens- und Ar-beitsbedingungen in den Randgebieten sind so viel schlech-ter als in den Städten, dass jeder, der kann, wegzieht. In derkommunistischen Zeit wurden die Menschen zur Zwangs-

Eine Partei, die bereits über die Direktwahl eine be-stimmte Anzahl von Sitzen erhalten hat, kann über dieListenwahl kaum mehr Sitze gewinnen. Sie empfiehltdaher ihren Wählern, auf der Liste eine der kleinenParteien anzukreuzen, die sie zu ihrem Lager rechnet.Diese fordert dann umgekehrt ihre Anhänger auf, demDirektkandidaten der großen Partei die Stimme zugeben.

Das Verfahren wurde zum ersten Mal bei den Wahlen 2001in einer Nachwahl in Dushk (Mittelalbanien) von den So-zialisten mit Erfolg angewandt, die damit ihnen nahe ste-henden kleinen Parteien halfen, die 2,5 Prozenthürde fürden Eintritt ins Parlament zu nehmen, und so ihre „Haus-macht“ ausweiten konnten. Bei den Wahlen 2005 wurdedas „System“ von beiden Parteien perfektioniert.

Nach welchem Schema die einzelnen kleinen Par-teien dabei zum Zuge kommen, bleibt unklar. So soll eszum Beispiel vorgekommen sein, dass sich der Führer einerder großen Parteien ganz eindeutig dafür aussprach, in die-sem Wahlkreis bei der Listenwahl allein für den Kandida-ten oder die Kandidatin von Partei X zustimmen. Die Kan-

trolle muss ich zu Fuß gehen. Der Koffer, den ich mir inTirana für diese Reise gekauft habe, ist bereits kaputt. Mankann ihn nur noch mühsam rollen und es ist heiß. Ich geheweiter durch das Niemandsland zur albanischen Grenz-kontrolle und zahle die üblichen zehn Euro „Einlassge-bühr“. Von Ohrid aus hatte ich Romeo in Tirana angeru-fen. Er war einige Zeit mit der Familie in Deutschland, fährteinen Mercedes und freut sich, wenn er damit etwas verdie-nen kann. Ja, er ist da und kommt mir vom Parkplatz ent-gegen.

Albanische Parlamentswahlen

Den albanischen Parlamentswahlen am 3. Juli 2005 kommtgroße Bedeutung zu. Die internationale Gemeinschaft hatdeutliche Warnungen gegeben:

Die Wahlen müssen nach demokratischen Standardsdurchgeführt werden. Für die Europäische Union istdies eine Voraussetzung für die Unterzeichnung desStabilisierungs- und Assoziierungsabkommens, das dennächsten Schritt in der europäischen Integration Al-baniens einleiten soll.

Mit Unterstützung der OSZE wurde das Wahlgesetz über-arbeitet und ergänzt, um Mängel zu beheben, die insbeson-dere bei den Kommunalwahlen von 2003 aufgetreten wa-ren. Ein besonderes Problem ist die Registrierung derWähler; es gibt keine verlässliche Einwohnermeldestatis-tik. Die vorläufigen Wählerlisten werden öffentlich ausge-

hängt, und wer sich dort nicht findet, kann sich nachträg-lich eintragen lassen. Die hierfür notwendigen Dokumentezu beschaffen, soll allerdings ziemlich umständlich sein,höre ich. Die Behörden sind nur stundenweise geöffnet;Papiere müssen vom Notar beglaubigt werden. Manchewollen sich auch nicht registrieren lassen, da sie in Unter-künften leben, die nicht genehmigt sind. Die OSZE erklärtdas Verfahren und versucht, die Wähler für die Wahl zugewinnen. Es gibt übrigens in Albanien keine Briefwahl;wer zum Beispiel in Tirana arbeitet, aber in irgendeinemDorf im Norden oder Süden gemeldet ist, dürfte es bei denschlechten Verkehrsverbindungen schwer haben, zur Wahlzu gehen.

Das albanische Wahlgesetz begünstigt die beidengroßen Parteien, die Sozialisten unter Fatos Nano und dieDemokraten unter Sali Berisha. Von den 140 Parlaments-sitzen werden 100 durch Direktwahl vergeben. Der neueRegierungschef dürfte daher entweder wieder Nano hei-ßen, oder Berisha, der das Land bis 1997 sehr autoritär ge-führt hat. Seine Anhänger meinen, er habe sich seitdemgrundlegend geändert und die ganze „Mannschaft“ sei bes-ser als früher. Zu den Wahlversprechen Berishas gehörender Kampf gegen die Korruption, die Stärkung von Gesetzund Rechtstaatlichkeit und die Abschaffung der Privilegiender Regierungsvertreter. Inzwischen zum neuen Regie-rungschef gewählt, wird er dies unter Beweis stellen müs-sen. Das Wort des Jahres müsste in Albanien eigentlich„Mega Dushk“ heißen; es steht für die Methode, mit derum die Verteilung der 40 Listenplätze gekämpft wurde, diewie folgt funktioniert:

Neues aus Shqiperi

78 Einsichten und Perspektiven 4 | 05

Abend am Ohrid-See

Tourismusförderung in Velipoja, ein Projekt der GTZ

Page 8: Neues aus Shqiperi Neues aus Shqiperi: Vertrautes und Neues · Neues aus Shqiperi Einsichten und Perspektiven 4 | 05. 69 minar zur Europäischen Integration angeboten, das bei den

Neues aus Shqiperi

81Einsichten und Perspektiven 4 | 05

Freundin vor. Ein Universitätsprofessor verdient etwa 200Euro, im günstigen Fall 250 Euro im Monat, sagt man mir.Das hat zur Folge, dass jeder Professor so viele Nebenjobsannimmt, wie er bekommen kann. Nebenjobs kommen u.a. aus dem internationalen Beratungsgeschäft, d.h. aus derBeteiligung an Projekten und Studien zur Transformationdes albanischen Systems. Hier hat sich für ausländische wiealbanische Experten ein großes Betätigungsfeld aufgetan.

Die niedrige Bezahlung von Professoren und Lehrernverleitet auch zur Bestechung im Bildungswesen. Irritiert lese ich von einer Umfrage, bei der 60 Prozentder Studenten sagen, dass sie ihre Professoren für kor-rupt halten und dass gute Noten gegen Geld und ande-re Entgegenkommen vergeben werden.

Eine Mutter beklagt sich, dass ihre Tochter, wie alle ande-ren Schüler, bei der Lehrerin bezahlte Nachhilfestundennehmen müsse, da diese den Lehrstoff im Unterricht nichtausreichend vermittle. Ohne eine teuere Nachhilfe werdesie nicht die Abschlussnote erreichen, die für die Zulassungzu einer weiterführenden Schule notwendig sei. Einheitli-che Bestimmungen für Studiengebühren gebe es nicht. Eineverbreitete Regelung scheint zu sein, die Zulassung zurUniversität entweder von der Note abhängig zu machen,oder, wenn diese nicht ausreicht, von einer entsprechendenBezahlung. In den Albanienberichten internationaler Or-ganisationen wird darauf hingewiesen, dass das Steuerauf-kommen niedriger ist als in vergleichbaren Ländern. Dies

ständlichen Fragen haben mir eigentlich erst richtig be-wusst gemacht, wie anders Albanien ist.

Es gibt keine Transparenz über das, was jeder Einzelnebeanspruchen kann und bekommt. Das System funk-tioniert durch die Informalität. Zwar besteht so etwaswie eine öffentliche Gesundheitsvorsorge, aber wennman krank ist, bekommt man nur dann eine Behand-lung, wenn man an den Arzt und das Kranken-hauspersonal „zusätzliche“ Zahlungen in für michunbekannter Höhe leistet.

Das Argument ist, dass die Ärzte so wenig verdienen, dasssie ohne solche Nebeneinnahmen nicht leben können.Gleiches gilt für das Bildungswesen und andere öffentli-chen Leistungen. Wer ernsthaft krank ist und es sich leistenkann, geht ins Ausland. Es gibt viele „Frührentner“, die indem „neuen“ System keine Arbeit mehr finden. Falls sie ausihrer früheren Tätigkeit eine staatliche Rente bekommen,dann ist sie so niedrig, dass man nicht davon leben kann.Auf dem Land werden die „Alten“ in der Familie mitver-sorgt, die allerdings auch kaum überleben kann, da dieLandwirtschaft brachliegt. Der Familienverbund scheintjedoch noch in Takt zu sein, und in jeder Familie gibt esAngehörige im Ausland, die für den Unterhalt Geld über-weisen. Anders würde es wohl gar nicht gehen.

Die Gehälter sind niedrig: Wenn zwei Erwachsenein einer guten Position arbeiten, hat die Familie vielleichtein Monatseinkommen von 300-350 Euro, rechnet mir eine

Vor der alten byzantinischen Kirche in den Bergen von Elbasan

arbeit dorthin verbannt. Albanien hat wertvolle Boden-schätze, darunter Bauxit, Chrom, Kupfer und Nickel.Doch die Minen sind veraltet, die Transportverbindungenund die örtliche Infrastruktur meist unzureichend; es fin-den sich keine Investoren.

Regionalentwicklung ist eine Aufgabe, der sich dieRegierung erst langsam anzunehmen beginnt. Anstößekommen von außen:

Um EU-Mittel für die regionale Strukturförderung zu erhalten, muss sich Albanien regional besser orga-nisieren. Dazu gehört insbesondere auch eine größereUnabhängigkeit der Regionen und Kommunen vonder Zentralregierung im Sinne von Selbstverwaltungund einem eigenen Budget.

An einer Reform der regionalen Verwaltungsstrukturenwird gearbeitet. Bisher scheint Tirana aber noch kaum be-reit zu sein, den Regionen mehr Eigenständigkeit und vorallem eigene Einnahmen zuzugestehen.

Die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusam-menarbeit (GTZ) unterstützt die wirtschaftliche Entwick-lung in Nordalbanien mit einem groß angelegten Förder-projekt. Es wurde ein Konzept für die Einführung vonWirtschaftsregionen erarbeitet, an der sich die Förderungausrichten kann. Mit gezielten Maßnahmen sollen vorhan-dene Ressourcen besser genutzt und traditionelle Fähigkei-ten neu entwickelt werden. In Shodra gibt es zum Beispieleine Handwerkstradition, die man wieder beleben will. Im

Aufbau ist ein „Handwerkerhof“, eine Art Basar, der Her-steller und Abnehmer zusammenbringt. Nordalbanien istwegen seiner Heilkräuter berühmt, was man kommerziellnutzen möchte. Es werden Märkte eingerichtet, um denBauern zu helfen, ihre Produkte zu vertreiben. Ein beson-deres Anliegen sind Tourismusförderung und Marketing-schulung.

Ich habe Gelegenheit, mir einige Projekte anzu-sehen, darunter Velipoja. Der Ort liegt an einem breitenSandstrand und ist für Albaner und Kosovaren ein belieb-tes Wochenend- und Ferienziel. Es sind manchmal ganzeinfache Dinge, mit denen das touristische Angebot verbes-sert und auch Beschäftigung geschaffen werden kann. Sowurden zum Beispiel am Strand Mülltonnen aufgestellt, dieauch regelmäßig entleert werden. Die Inhaber von Hotelsund Pensionen werden im Management beraten. Wer sichselbst versorgen will, kann das auf dem kleinen Bauern-markt tun, wo täglich frische Ware angeboten wird. Beson-ders reizvoll ist das Hinterland mit seiner Hügellandschaftund abgeschiedenen Lagunen. Auf einer sandigen Wald-straße erreichen wir die Buna, den Grenzfluss zwischenAlbanien und Montenegro.

Fragen aus Deutschland

Auf meine „Shqiperi-Briefe“ habe ich aus DeutschlandFragen bekommen: Wie funktioniert das Gesundheits- undSozialsystem, wie hoch sind Einkommen und Steuern, wiehoch sind die Studiengebühren etc. Diese an sich selbstver-

Neues aus Shqiperi

80 Einsichten und Perspektiven 4 | 05

Blick über die Buna nach Montenegro

Page 9: Neues aus Shqiperi Neues aus Shqiperi: Vertrautes und Neues · Neues aus Shqiperi Einsichten und Perspektiven 4 | 05. 69 minar zur Europäischen Integration angeboten, das bei den

Neues aus Shqiperi

83Einsichten und Perspektiven 4 | 05

ist eine indirekte Anspielung auf die mangelnde Steuermo-ral und vor allem die Unfähigkeit der Finanzämter, dieSteuern richtig zu erheben.

Man treibt die Steuern dort ein, wo man am leichtestenzugreifen kann, wie etwa im Außenhandelsgeschäft.Wichtigste Einnahmequelle des Staates ist der Zoll, undBetroffene berichten, dass er oft sehr willkürlich fest-gelegt wird. Solche Unsicherheiten tragen mit dazu bei,dass sich zum Beispiel deutsche Firmen nur zögerndhier niederlassen.

Meine albanischen Freunde sprechen ganz offen über dieseMissstände. Eine Jurastudentin sagt: Recht hat mich schonimmer interessiert und bei uns gibt es da noch viel zu tun.Die Eltern nehmen die Ausbildung ihrer Kinder sehr ernst;die junge Generation ist die Hoffnung.

Verborgene Schönheiten

Albanien hat eine lang gestreckte Küstenregion: im Nordendie flachen Sandstrände an der Adria und am südlichen io-

nische Meer die steil abfallende albanische Riviera. Die Ver-antwortlichen müssen aufpassen, nicht dieselben Bausün-den zu begehen, die an anderen Mittelmeerküsten gemachtworden sind. Wo die Küste bereits erschlossen ist, in derGegend von Durres und in Saranda, schießen Hotels undApartmenthäuser in die Höhe. Es gibt keine Bebauungs-planung.

An der flacheren Adria wird die Wasserqualität be-reits durch unzulängliche Kläranlagen beeinträchtigt. Umdie noch unberührten Buchten und Lagunen zu erreichen,braucht man einem Geländewagen. Die schlechten Ver-kehrswege schützen derzeit noch die Natur. Sie ist ein„asset“ Albaniens und man kann nur hoffen, dass die tou-ristische Erschließung und die Erhaltung der Natur in Zu-kunft besser Hand in Hand gehen.

Albanien wirbt mit seinen Stränden. Auch diegroßartigen Gebirgslandschaften hätten wirklich Einmali-ges zu bieten. Das Land hat eine reiche Geschichte: DieAusgrabungen von Apolonia, Butrint und Byllis, Berat mitseinen byzantinischen Kirchen, die Burgen von Shkodraund Kruja und vieles Andere sind eine Reise wert. Manchesliegt noch im Verborgenen. Etwas abseits der Autostraße,

in der Nähe von Librazhd, muss noch das Pflaster der rö-mischen Via Egnatia zu sehen sein.

Ganz nahe bei Tirana, am Fuße des Dajti, kann manÜberreste einer alten Siedlung mit einer frühchristli-chen Kirche finden. Es ist der Weg, den der ApostelPaulus auf seiner Reise von Kleinasien nach Rom ge-nommen hat; aber es gibt keine Hinweise. In anderenLändern würde man so etwas groß herausstellen.

Im archäologischen Museum von Tirana hängt eine Karte,auf der die illyrischen Fundstätten verzeichnet sind, oft anvöllig unzugänglichen Orten, und auch wenn man hin-kommen möchte, findet man niemanden, der einen dorthinführt.

In Elbasan habe ich Glück: Etwa 15-20 Kilometeraußerhalb der Stadt soll eine bemerkenswerte byzantini-sche Kirche sein. Der Fahrer, der mich zu meinem Vortraggebracht hat, erkundigt sich nach dem Weg. Er ist also ein-verstanden, mit mir dorthin zu fahren, auch wenn die Stra-ße sicher sehr schlecht ist. Wie sich später bestätigt, ist esein Umweg von mindestens zwei Stunden. Wir fahren im-mer höher in die umliegenden Berge, zum Schluss wird derWeg zu einem steinigen Abhang. Die Kirche wurde vondem berühmten albanischen Ikonenmaler Onufri ausge-malt; sie ist dringend renovierungsbedürftig. Es werdendort noch Gottesdienste abgehalten, aber sonst darf sie ei-

gentlich nur mit einer schriftlichen Genehmigung vomAmt für Denkmalschutz betreten werden. Ich bedankemich mit einer kleinen Spende. Vor der Kirche wartet eineSchar neugieriger Kinder. Es sind diese kleinen Begegnun-gen, die mir das Land ans Herz wachsen lassen.

Noch wenig entdeckt und erschlossen ist Albanienals Wanderland. Jemand nimmt mich auf eine der Wande-rungen mit, zu denen sich ein Kreis von Einheimischen undAusländern regelmäßig trifft. Wir verteilen uns auf die ver-fügbaren Wagen und fahren auf einer steilen Piste in dieBerge hinter dem Dajti nach Bovilla, einem Stausee, schät-zungsweise 1200 Meter hoch, von dem Tirana sein Trink-wasser bekommt. Von dort wandern wir erst am See ent-lang und dann ziemlich steil am mit Büschen bewachsenenBerghang nach oben. Die Aussicht ist großartig. Ich machenoch weitere Touren mit und lerne so die ländliche Umge-bung Tiranas besser kennen: ein kleiner See, Berge, weiden-de Kühe – und auf dem Hügel eine kleine Moschee.

Zum Abschied feiere ich mit meinen Studenten diebestandenen Prüfungen und lade meine Freunde ein. Ins-gesamt war ich zehn Monate in Albanien, habe viel gese-hen, erlebt und erfahren. Manchmal war es schwierig, aberes war eine Zeit, die ich nicht missen möchte. ❙

Prof. Dr. Elke Thiel, Wirtschafts- und Europawissen-schaftlerin, München, [email protected]

Neues aus Shqiperi

82 Einsichten und Perspektiven 4 | 05

Auf dem Land in der Nähe von Tirana