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Titelseite Version 1.00, 07.03.2008 Ö BWL Christian Tischlik Christian Tischlik Öffentliche Betriebswirtschaftslehre für Kommunen in Nordrhein-Westfalen Dieses Dokument darf in der vorliegenden digitalen Form frei verbreitet werden, wenn das Dokument vollständig und unverändert verbreitet wird und für die Verbreitung kein Entgelt verlangt wird.

Öffentliche Betriebswirtschaftslehre 1.00

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Grundlagen der öffentlichen Betriebswirtschaftslehre mit speziellem Bezug auf Kommunen in Nordrhein-Westfalen.Auch wenn es lang gedauert hat: Version 2.00 ist bald fertig, dann hier auf Scribd oder im Buchhandel erhältlich! Günstiger, kompakter und vor allem verständlicher als das zusammenkopierte Teil von Prof. Rau! Stay tuned!

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Page 1: Öffentliche Betriebswirtschaftslehre 1.00

Titelseite

Version 1.00, 07.03.2008

Ö BWL

Christian TischlikChristian Tischlik

Öffentliche Betriebswirtschaftslehre

für Kommunen in Nordrhein-Westfalen

Dieses Dokument darf in der vorliegenden digitalen Form frei verbreitet werden, wenn das Dokument vollständig und unverändert verbreitet wird und für die Verbreitung kein Entgelt verlangt wird.

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Vorwort

Gedanken

Eines vorweg: ich mag BWL nicht besonders. Eigentlich mag ich sie gar nicht. Die Ma-terie ist für mich wenig greifbar und zudem sehr schwammig. Viele vermeintlich schlaue Leute schreiben viel zu dem Thema, ohne dass ein spürbarer Erkenntnisge-winn festzustellen ist.

Deren Talent besteht offenbar darin, noch soviele inhaltsleere Worte niederzuschrei-ben, dass das folgende Diagramm auf die nächste Seite rutscht. Bei mir treten in sol-chen Situationen unvollständig gefüllte Seiten auf, weil ich den Platz nicht mit erwäh-nensunwerten Leerformeln füllen möchte.

Allein die zahllosen – entweder redundanten oder widersprüchlichen – Begriffsbe-stimmungen geben mir genug Anlass, der BWL den wissenschaftlichen Charakter ab-zusprechen. Wer sich dieses Werk durchliest mag sich bei den Themen Flussdia-gramm (Rn 182), Ursache-Wirkungs-Diagramm (Rn 219) oder Beschaffung (Rn 308) vielleicht an meine Worte erinnern.

Ich musste mich trotzdem durch das Thema BWL kämpfen und habe daher angefan-gen, die Grundlagen zu dem Thema zusammenzuschreiben. Was anfangs als Hilfe für mich selbst gedacht war, entwickelte sich zu einem Werk, das vielleicht auch an-deren helfen kann.

Da ich BWL nicht ernsthaft als Wissenschaft zu begreifen vermag, erübrigt sich eine scherzhafte Betrachtung eigentlich. BWL ist eine Parodie ihrer selbst. Einen kleinen Seitenhieb habe ich mir im Stichwortverzeichnis aber dennoch erlaubt.

Daher stelle ich es Interessierten frei zur Verfügung. Ich bin der Auffassung, dass Wissen, Bildung und Neugier nichts kosten dürfen. Ich bin ein Freund offener Netz-werke. Zudem glaube ich nicht, dass jemand für Bücher über BWL Geld verlangen dürfte, unabhängig davon, ob überhaupt jemand dafür zahlen will.

Ein großer Dank geht an meine Frau, die oft auf mich verzichten musste, weil ich an diesem Werk schrieb. Bedanken sollte ich mich auch bei Basti und Jochen für Kritik, Anregungen und Vorschläge.

Dynamische und lebendige Projekte wollen leben. Bitte gebt mir Feedback unter [email protected] oder unter scribd.com.

Willich, Februar 2008.

®Der übliche Hinweis sollte natürlich nicht fehlen: Es sind stets Personen männlichen und weiblichen Geschlechts gleichermaßen gemeint; aus Gründen der Vereinfachung und der Lesbarkeit wird im Folgenden meist nur die männliche Form verwendet.

Wir ertrinken in Information, aber hungern nach Wissen.

John Naisbitt

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Inhaltsverzeichnis

I. Einführung in die Betriebswirtschaftslehre......................................7

1. Das Prinzip der Wirtschaftlichkeit.................................................................72. Der Betrieb als Objekt der Betriebswirtschaftslehre.......................................73. Die betrieblichen Grundfunktionen..............................................................94. Die Managementfunktionen........................................................................95. Ziele, Zieldefinitionen und Zielbeziehungen...............................................116. Mission und Vision.....................................................................................12

II. Die Kommunalverwaltung als Betrieb...........................................13

1. Merkmale der kommunalen Verwaltung.....................................................132. Besonderheiten der Güter und Dienstleistungen.........................................133. Aufgabenkritik...........................................................................................144. Aufgaben der Kommunalverwaltung..........................................................14

4.1 Aufgabenmodelle..............................................................................144.2 Aufgabenarten...................................................................................14

5. Ausschlussprinzip.......................................................................................156. Privatisierung öffentlicher Aufgaben...........................................................157. Kommunale Betriebsformen.......................................................................16

7.1 Regiebetrieb......................................................................................167.2 Eigenbetrieb......................................................................................16

8. Rechtsformen von Betrieben.......................................................................17

III. Grundlagen der Organisation.......................................................19

1. Organisationsbegriffe................................................................................192. Die Organisation als System......................................................................193. Organisatorisches Gleichgewicht...............................................................204. Kernelemente der Organisation.................................................................21

4.1 Aufbauorganisation...........................................................................214.2 Ablauforganisation............................................................................21

5. Kennzahlen...............................................................................................226. Organisationsuntersuchungen und -projekte..............................................22

6.1 Ziele von Organisationsprojekten.......................................................226.2 Ablauf einer Organisationsuntersuchung............................................236.3 Umsetzung und Kontrolle...................................................................24

IV. Die Aufbauorganisation.................................................................26

1. Stellenarten und Leitungsspanne...............................................................262. Aufgabenanalyse.......................................................................................263. Aufgabensynthese.....................................................................................274. Stellenbildung...........................................................................................285. Arten von Kompetenzen.............................................................................29

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6. Einlinien- und Mehrliniensysteme...............................................................297. Projekte und Teams....................................................................................31

7.1 Projekt...............................................................................................317.2 Team.................................................................................................32

8. Dokumentation der Aufbauorganisation....................................................32

V. Die Ablauforganisation..................................................................34

1. Ziele der Ablauforganisation......................................................................342. Durchlaufzeit.............................................................................................343. Geschäftsprozessanalyse...........................................................................35

VI. Methoden und Techniken der Organisation..................................37

1. Erhebungstechniken..................................................................................371.1 Dokumentenanalyse..........................................................................371.2 Laufzettel...........................................................................................371.3 Selbstaufschreibung...........................................................................381.4 Interview............................................................................................391.5 Fragebogen.......................................................................................401.6 Zeitaufnahme....................................................................................401.7 Multimomentaufnahme......................................................................411.8 Analytisches Schätzen........................................................................42

2. Dokumentationstechniken.........................................................................432.1 Stellenbeschreibung...........................................................................432.2 Organigramm....................................................................................442.3 Flussdiagramm..................................................................................452.4 Balkendiagramm...............................................................................472.5 Arbeitsablaufdarstellung....................................................................482.6 Entscheidungstabelle..........................................................................49

3. Analysetechniken.......................................................................................503.1 Vorgangsknotennetzplan....................................................................503.2 ABC-Analyse......................................................................................513.3 Nutzwertanalyse................................................................................533.4 Ursache-Wirkungs-Diagramm............................................................54

4. Kreativitätstechniken..................................................................................564.1 Brainstorming....................................................................................564.2 Brainwriting/Methode 635.................................................................574.3 Mind Map..........................................................................................57

VII. Personalführung.............................................................................59

1. Faktoren der Leistungserbringung..............................................................592. Mitarbeitermotivation................................................................................603. Motivationsinstrumente..............................................................................614. Arbeitsbewertung......................................................................................62

4.1 Summarische Verfahren.....................................................................624.2 Analytische Verfahren........................................................................63

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5. Führungsstile.............................................................................................64

VIII. Personalplanung............................................................................67

1. Personalbedarfsplanung............................................................................671.1 Analytisches Berechnungsverfahren ...................................................681.2 Analytisches Schätzverfahren.............................................................691.3 Arbeitsplatzmethode..........................................................................691.4 Politische Vorgabe (Richtwertmethode)...............................................69

2. Personalbeschaffung..................................................................................702.1 Interne Personalbeschaffung..............................................................702.2 Externe Personalbeschaffung..............................................................71

3. Personalentwicklung..................................................................................723.1 Personalbildung.................................................................................723.2 Personalförderung.............................................................................74

IX. Beschaffung und Materialwirtschaft..............................................75

1. Begriffsbestimmungen...............................................................................752. Vorfrage: Make or Buy...............................................................................753. Vergaberecht.............................................................................................764. Optimale Bestellmenge..............................................................................775. Bestellstrategien........................................................................................78

5.1 Bestellpunktsystem.............................................................................795.2 Bestellrhythmussystem.......................................................................79

X. Neues Steuerungsmodell...............................................................81

1. Ausgangssituation und Ziele des NSM........................................................812. Outputorientierte Steuerung über Produkte................................................813. Strategisches Management........................................................................824. Bausteine des NSM....................................................................................83

4.1 Klare Verantwortungsabgrenzung......................................................834.2 Steuerung über Zielvereinbarungen...................................................844.3 Dezentrale Ressourcenverantwortung.................................................854.4 Controlling und Berichtswesen...........................................................854.5 Wettbewerb und Wettbewerbssurrogate.............................................86

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I. Einführung in die Betriebswirtschaftslehre

I. Einführung in die Betriebswirtschaftslehre

1. Das Prinzip der Wirtschaftlichkeit

Die menschlichen Bedürfnisse sind im Grunde unbegrenzt. Sobald der Mensch eines seiner Bedürfnisse erfüllt hat, strebt er nach mehr, es tun sich ihm neue Be-dürfnisse auf, die es zu befriedigen gilt. Der Bedürfnisbefriedigung stehen jedoch nur begrenzte Güter gegenüber, die der Mensch zur Befriedigung seiner Bedürf-nisse verwenden kann.

Die Knappheit der Güter zwingt den Menschen, diese maßvoll einzusetzen. Jede Verschwendung der zur Verfügung stehenden Güter hätte zur Folge, dass die Be-dürfnisbefriedigung eingeschränkt werden muss. Dieses Spannungsverhältnis zwi-schen begrenzten Mitteln und unendlichen Bedürfnissen erfordert wirtschaftlichen Umgang mit den Gütern.

Das ökonomische Prinzip, auch Wirtschaftlichkeitsprinzip genannt, lässt sich in zwei Ausprägungen einteilen:

Das Minimalprinzip, wonach die angestrebte Bedürfnisbefriedigung mit dem geringstmöglichen Einsatz von Mitteln erreicht werden soll

Das Maximalprinzip, das mit einem gegebenen Mitteleinsatz den größt-möglichen Nutzen anstrebt

Unter Wirtschaften versteht man somit alle planvollen Tätigkeiten des Menschen, die den Zweck verfolgen, die knappen Güter möglichst rational zur Bedürfnisbe-friedigung einzusetzen.

2. Der Betrieb als Objekt der Betriebswirtschaftslehre

Der Betrieb unterscheidet sich vom privaten Haushalt insbesondere dadurch, dass er nicht bloß konsumiert, sondern auch produziert. Zwar produziert auch der pri-vate Haushalt gelegentlich im Rahmen der Freizeitbeschäftigung oder der Hausar-beit, jedoch stellt er die Produkte für den Eigenbedarf her. Wesentliches Merkmal des Betriebes ist somit die Produktion für außenstehende Nachfrager.

Der Betrieb ist eine planvoll organisierte Wirtschaftseinheit, die Produktionsfaktoren kombiniert, so Güter und Dienstleistungen erstellt und diese absetzt.

Der Betrieb erzeugt die Güter und Dienstleistungen, die von Menschen nachge-fragt werden, damit diese ihre Bedürfnisse befriedigen können. Um diese Produkte erzeugen zu können, muss der Betrieb selbst Güter in den Produktionsprozess einbringen. Diese für die Produktion verwendeten Einsatzmittel werden als Pro-duktionsfaktoren bezeichnet.

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I. Einführung in die Betriebswirtschaftslehre

Nach Erich GUTENBERG1 lassen sich die Produktionsfaktoren in die betrieblichen Ele-

mentarfaktoren sowie den dispositiven Faktor einteilen. Aus dem dispositiven Faktor der Betriebsführung leiten sich wiederum die derivativen Faktoren Pla-nung und Organisation ab.

Diese Produktionsfaktoren werden im Produktionsprozess zu Gütern und Dienst-leistungen kombiniert.

Die Betriebsmittel (z.B. Gebäude, Maschinen, Fahrzeuge) sind auch nach dem Produktionsprozess noch vorhanden und können für weitere Produktionen verwen-det werden. Die Werkstoffe gehen im Produktionsprozess unter oder werden Teil des produzierten Gutes. Da die Werkstoffe verbraucht oder verarbeitet werden und ständig neu beschafft werden müssen, nennt man die Werkstoffe auch Repe-tierfaktoren.

GUTENBERG teilt die Werkstoffe ein in:

Rohstoffe – Hauptbestandteile des Endproduktes

Hilfsstoffe – Nebenbestandteile

Betriebsstoffe – werden für den Betrieb von Maschinen verbraucht

Um die für die Produktion notwendigen Güter beschaffen zu können, muss der Be-trieb über ausreichende Finanzmittel verfügen. Bestreben eines Betriebes ist daher die ständige Fähigkeit, seine laufenden Zahlungsverpflichtungen bedienen zu kön-

1 Deutscher Wirtschaftswissenschaftler, geb. 13.12.1897, gest. 22.05.1984

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Abbildung 1: Betriebliche Produktionsfaktoren nach GUTENBERG

Menschliche Arbeitskraft

Betriebs-mittel

Werkstoffe Betriebsführung

Planung Organisation

Elementarfaktoren Dispositiver Faktor

Produktionsfaktoren

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2. Der Betrieb als Objekt der Betriebswirtschaftslehre

nen, also liquide zu sein. Das Liquiditätsziel wird auch als finanzielles Gleich-gewicht bezeichnet.

3. Die betrieblichen Grundfunktionen

Die Produktionsfaktoren durchlaufen im Produktionsprozess verschiedene Stadien. Diesen Stadien entsprechen die betrieblichen Grundfunktionen, die in einem Betrieb ablaufen.

Zunächst müssen die Produktionsfaktoren beschafft werden. Unter Beschaffung versteht man die Bereitstellung von Gütern in der geforderten Menge und Qualität am richtigen Ort und zur rechten Zeit.

Im Stadium der Produktion werden die beschafften Produktionsfaktoren einge-setzt und zum späteren Produkt umgewandelt. Durch die Kombination der Produk-tionsfaktoren Arbeit, Betriebsmittel und Werkstoffe entstehen neue Güter (vgl. Rdnr. 8).

Die hergestellten Güter werden, da sie nicht wie beim Privathaushalt für den Ei-genbedarf produziert wurden, abgesetzt. Der Absatz oder auch Vertrieb ist das letzte Glied in der Produktionskette und bezeichnet die Abgabe von Gütern oder Dienstleistungen an Dritte.

Um die bisher genannten Grundfunktionen wahrnehmen zu können, benötigt der Betrieb finanzielle Mittel. Die Finanzierung ist eine Querschnittsfunktion. Sie dient der Kapitalbeschaffung und der Steuerung der Geldprozesse.

4. Die Managementfunktionen

Der Begriff Management be-zeichnet die Führung eines Be-triebes und umfasst Leitung, Pla-nung, Organisation und Con-trolling. Das Management setzt Ziele, plant, entscheidet, reali-siert und kontrolliert, ob die Realisation den Zielen ent-spricht. Der Managementprozess vollzieht sich in einem Kreis, so dass man auch vom Manage-mentzyklus spricht.

Die Tätigkeit des Managements beginnt mit der Bildung der Ziele, die erreicht werden sol-len. „Ziele sind Maßstäbe, an denen zukünftiges Handeln ge-messen werden kann. Man braucht Ziele, um sagen zu kön-

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Abbildung 2: Managementzyklus

Koordination

Ziele setzen

Planen

Entscheiden Realisieren

Auswerten

Koordination

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I. Einführung in die Betriebswirtschaftslehre

nen, wie gut oder schlecht Aktionen sind und inwieweit sich Aktionen unterschei-den“2.

Im nächsten Schritt ist der Ist-Zustand zu erheben. Aus dem Vergleich vom Ist-Zu-stand zur Zielvorgabe können sich mehrere Möglichkeiten ergeben, die der Zieler-reichung dienen. Diese Alternativen müssen erschlossen und bewertet werden, wobei zu jeder Alternative eine Prognose aufzustellen ist. Die Bewertung der Handlungsalternativen bezeichnet man als Planung.

Planung ist die gedankliche Vorwegnahme zukünftigen Handelns.

Unter den aufgefundenen Handlungsalternativen ist diejenige auszuwählen, die den höchsten Zielerreichungsgrad bietet, also dem angestrebten Ziel am nächs-ten kommt. Diese Auswahl erfolgt nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten und heißt Entscheidung.

Nachdem die Entscheidung getroffen wurde, sind geeignete Maßnahmen zu er-greifen, um die Entscheidung umzusetzen. Organisation und Personalwesen müs-sen die erforderlichen Rahmenbedingungen schaffen, damit die Realisation der Entscheidung möglich wird.

Während der Durchführung der notwendigen Maßnahmen erfolgt zugleich eine Kontrolle durch einen Soll-Ist-Vergleich, ob das angestrebte Ziel mit den vorge-nommenen Maßnahmen erreicht werden kann. Es kann sich Bedarf zur Nach-steuerung bzw. Korrektur ergeben, aber es können auch Erkenntnisse für zukünf-tiges Handeln gewonnen werden.

Die Gliederung der betrieblichen Funktionen stellt sich wie folgt dar3:

2 MAG, W., Planung und Kontrolle, in: BENDER, P. (Hrsg.), Betriebswirtschaftslehre, 2003, S. 16, zitiert nach Günter WÖHE, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 2005, S. 88 f.

3 angelehnt an Günter WÖHE, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 2005, S. 59

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Abbildung 3: Zusammenwirken der betrieblichen Funktionen

Beschaffung Produktion Absatz Finanzierung

Management (Koordination und Steuerung)

Rechnungswesen/Controlling (Information)

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5. Ziele, Zieldefinitionen und Zielbeziehungen

5. Ziele, Zieldefinitionen und Zielbeziehungen

Jeder Betrieb verfolgt Ziele. Ein Ziel ist der angestrebte Soll-Zustand, den es zu er-reichen gilt. Um ein Ziel wirksam verfolgen zu können, muss es der Kontrolle zu-gänglich, also messbar (operational) sein. Eine Zieldefinition umfasst die Ele-mente

Zielinhalt – inhaltliche Beschreibung des Ziels

Zielausmaß – Umfang, in welchem das Ziel erreicht werden soll

Zeitbezug – Frist-/Terminbestimmung für die Zielerreichung und Kontrolle

Bei der Verfolgung der gesetzten Ziele ist zu beachten, dass diese nicht immer iso-liert nebeneinander stehen. Zwischen den einzelnen Zielen bestehen Zielbezie-hungen, die beachtet werden müssen:

Wenn die Verfolgung eines Ziel zugleich die Erreichung eines anderen Zieles för-dert, spricht man von Zielkomplementarität. Komplementäre Ziele sind aus be-triebswirtschaftlicher Sicht wünschenswert.

Behindert die Verfolgung eines Ziels gleichzeitig die eines anderen, so liegt eine Zielkonkurrenz vor. Dieser Zielkonflikt muss durch Priorisierung eines Ziels gelöst werden. Einen Extremfall der Zielkonkurrenz stellt die Zielantinomie dar. Schon der kleinste Schritt zur Erreichung des einen Ziels schließt das Erreichen des ande-ren vollkommen aus.

Stehen Ziele tatsächlich isoliert nebeneinander und beeinflussen sich gegenseitig nicht, so nennt man dies Zielindifferenz.

Ziele stehen zueinander in einer Rangfolge, die sich aus deren Konkretisierung ergibt. Allgemeiner gefasste Ziele verdichten sich in enger umrissenen Zielen. Je-des konkretere Ziel lässt sich die übergeordneten Zielen zurückführen.

Die übergeordnete, langfristige Ausrichtung eines Betriebes heißt Leitbild. Das Leitbild ist Orientierungspunkt der daraus abgeleiteten Ziele, die Zwischenstufen

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Abbildung 4: Zielbeziehungen

Z1

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komplementäreZiele

Z1

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konkurrierendeZiele

Z1

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indifferenteZiele

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I. Einführung in die Betriebswirtschaftslehre

zur Verwirklichung des Leitbildes sind. Die Ober-, Zwischen,- und Unterziele sind Konkretisierungen des Leitbildes für einzelne Abteilungen des Betriebes.

Ziele lassen in Sachziele und Formalziele einteilen. Ein Sachziel ist das Leis-tungsziel (Output-Ziel) eines Betriebes bzw. einer öffentlichen Einrichtung, d.h. das Ziel, Güter oder Dienstleistungen bestimmter Art, Menge und Qualität zu be-stimmter Zeit für den Markt und die Abnehmer (die Bürger und/oder die Allge-meinheit) bereitzustellen4. Ein Formalziel ist ein ökonomisches Ziel eines Betrie-bes/einer öffentlichen Einrichtung, insbesondere die betrieblichen Erfolgsziele (Ge-winn, Umsatz, Rendite) sowie die überlebenswichtigen Finanzziele der Liquidität und Sicherheit vor Überschuldung5.

6. Mission und Vision

Die Mission definiert den Auftrag bzw. den Zweck und die Daseinsberechtigung eines Betriebes. Sie ist typischer Bestandteil des Leitbildes. Für die öffentliche Ver-waltung bedeutet „Mission“ nicht nur die reine Leistungserbringung (Output), son-dern auch die Wirkung dieser Leistungen (Outcome). Die Leistungen haben nicht nur Auswirkungen auf die Empfänger, sondern auch auf Dritte oder die Gesell-schaft im Allgemeinen.

Unter Vision versteht man eine grobe, langfristige Zielausrichtung auf einen Zu-stand, der angestrebt wird. Insbesondere fällt hierunter die Beschreibung der lang-fristigen Unternehmensentwicklung, die für die Ausrichtung der Unternehmens-strategie von Bedeutung ist.

4 Online-Verwaltungslexikon www.olev.de, abgerufen am 29.02.20085 Online-Verwaltungslexikon www.olev.de, abgerufen am 29.02.2008

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Abbildung 5: Zielhierarchie

Leitbild

Zwischenziel

Unterziel

Oberziel

Mitt

el-Z

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k-Be

zug

Konkr

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II. Die Kommunalverwaltung als Betrieb

II. Die Kommunalverwaltung als Betrieb

1. Merkmale der kommunalen Verwaltung

Die öffentliche Verwaltung erfüllt die betrieblichen Merkmale (vgl. Rdnr. 5) und ist daher im Sinne der oben gegebenen Definition als Betrieb anzusehen. Sie kom-biniert Produktionsfaktoren, erstellt Güter und Dienstleistungen und gibt diese ab. Die Gemeinde ist zu wirtschaftlichem Handeln und zur Wahrung der Zah-lungsfähigkeit verpflichtet (§ 75 Gemeindeordnung).

Die von der Verwaltung verfolgten Sachziele ergeben sich in der Regel aus Rechtsnormen wie Gesetzen, Verordnungen und Ratsbeschlüssen. Im Gegensatz zum wirtschaftlichen Unternehmen ist die Verwaltung bei der Bestimmung der Sachziele nicht völlig frei, sondern hat die normativen Vorgaben zu beachten. Die Nichterfüllung der Sachziele wird daher oft zu rechtswidrigem Handeln führen (Sachzieldominanz).

Bei Wirtschaftsunternehmen hingegen leiten sich die Sachziele aus den Formal-zielen ab. Das Gewinnstreben des Unternehmens kann dazu führen, die Produkti-on der bisherigen Güter aufzugeben, weil sie unwirtschaftlich erscheint. Das Un-ternehmen ist frei, andere Güter herzustellen, die höhere Gewinne und eine wirt-schaftlichere Produktion erwarten lassen.

2. Besonderheiten der Güter und Dienstleistungen

Die Verwaltung produziert materielle Güter und erbringt Dienstleistungen. Bei Dienstleistungen fallen Produktion und Absatz naturgemäß zusammen, die Dienstleistungen werden in der Regel an dem Ort und zu der Zeit erbracht, wo die Nachfrage erfolgt.

Aus diesem Grund können Dienstleistungen auch nicht auf Vorrat erbracht wer-den, wie es bei materiellen Gütern möglich ist. Eine Lagerung der Dienstleistun-gen ist nicht möglich. Es ist deshalb erforderlich, die zur Dienstleistungserbringung notwendigen Personal- und Sachmittelkapazitäten so planen, dass eine zeitna-he Leistungserbringung gewährleistet werden kann.

Eine weitere Besonderheit der von der Verwaltung erstellten Produkte ist, dass Leistungsempfänger und Nutznießer der Leistung nicht unbedingt identisch sein müssen. Einige Leistungen haben für den Empfänger belastenden Charakter, so z.B. ein Steuerbescheid oder eine Bauabbruchverfügung. Der Nutzen dieser Leistungen kommt anderen Personen oder der Allgemeinheit zugute.

Die Erstellung öffentlicher Leistungen steht nicht vollständig zur Disposition der Kommune. Viele Leistungen erbringt sie aufgrund gesetzlicher Verpflichtung oder der Orientierung am Gemeinwohl. Da es bei zahlreichen öffentlichen Leistungen an der Marktfähigkeit fehlt oder diese zumindest sehr eingeschränkt ist, würde sie ein privater Anbieter nicht bereitstellen wollen oder – bei hoheitlichen Leistun-gen – nicht bereitstellen dürfen.

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II. Die Kommunalverwaltung als Betrieb

3. Aufgabenkritik

Die Aufgabenkritik dient dazu, die von der Verwaltung wahrgenommenen Auf-gaben auf Effektivität und Effizienz (dazu sogleich Rn 62) zu überprüfen. Im Hin-blick auf die normativen Vorgaben und die strategische Ausrichtung der Verwal-tung soll überprüft werden, welche Aufgaben (Effektivität) auf welche Weise (Effizi-enz) erledigt werden sollen.

Die Zweckkritik hinterfragt, ob eine Aufgabe überhaupt wahrgenommen werden muss und wer sie durchführen soll. Sie beabsichtigt die Reduzierung der öffentli-chen Aufgaben auf die unerlässlichen Kernaufgaben. Es gilt aber auch zu überprü-fen, ob eine bisher nicht wahrgenommene Aufgabe künftig in den Aufgabenkata-log aufzunehmen ist. Die Zweckkritik geht der Vollzugskritik immer voraus.

Im Rahmen der Vollzugskritik werden Art und und Umfang der Aufgabenerledi-gung betrachtet. Sie ist Bestandteil der Geschäftsprozessanalyse und -optimierung (siehe Rn 133 ff.)

4. Aufgaben der Kommunalverwaltung

4.1 Aufgabenmodelle

Die Kommunalverwaltung hat aufgrund gesetzlicher Vorgaben und eigener Ziel-setzung verschiedene Aufgaben zu erfüllen. An der Art und der geforderten Qua-lität der Aufgabe haben sich Zweck- und Vollzugskritik zu orientieren. Die Aufga-ben der Kommunalverwaltung lassen sich nach zwei Modellen strukturieren, dem dualistischen und dem monistischen Modell.

Nach dem dualistischen Aufgabenmodell lassen sich die Aufgaben in staatliche und originär gemeindliche Aufgaben unterscheiden. Die staatlichen Aufgaben werden den Gemeinden übertragen, wobei sich der Staat ein umfassendes Wei-sungrecht vorbehält. Während es bei den Selbstverwaltungsangelegenheiten der Gemeinde nur eine staatliche Rechtsaufsicht gibt, besteht bei staatlichen Aufgaben in der Regel eine Fachaufsicht.

Das monistische Aufgabenmodell sieht vor, dass die Verwaltung auf Gemeinde-ebene einheitlich ist. Hiernach haben auch die übertragenen Aufgaben gemeindli-chen Charakter und werden von den Kommunen in eigener Verantwortung wahr-genommen. Das monistische Modell findet unter anderem in Nordrhein-Westfalen Anwendung.

4.2 Aufgabenarten

Die von den Gemeinden wahrgenommenen Aufgaben lassen sich im monistischen Modell einteilen in

Selbstverwaltungsangelegenheiten – die Gemeinde ist selbst für die Aufgabenerfüllung verantwortlich. Bei den freiwilligen Selbstverwaltungs-angelegenheiten kann die Gemeinde entscheiden, ob und ggf. wie sie die Aufgabe wahrnimmt. Pflichtige Selbstverwaltungsaufgaben hat die Ge-meinde zu erfüllen, sie kann jedoch selbst bestimmen, wie sie dies tut.

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4. Aufgaben der Kommunalverwaltung

Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung – die Gemeinde hat keine Gestaltungsmöglichkeiten bei der Zielsetzung, der Staat behält aufgrund einer gesetzlichen Regelung ein Weisungsrecht. Finanzielle Aufwendungen werden in der Regel durch eine Pauschale abgegolten.

5. Ausschlussprinzip

Die von der öffentlichen Verwaltung erstellten Güter und Dienstleistungen lassen sich nach dem Kriterium des Ausschlussprinzips unterscheiden. Unter dem Aus-schlussprinzip versteht man die Eigenschaft eines Produktes, mögliche Nutzer von der Nutzung ausschließen zu können. Aus sozialpolitischen Gründen kann es ge-boten sein, auf die Ausschließbarkeit zu verzichten.

Je nach Anwendbarkeit des Ausschlussprinzips lassen sich die Güter einteilen in

private Güter – das Gut kann nur dann konsumiert werden, wenn der Preis dafür bezahlt wird.

meritorische Güter – prinzipiell wäre das Ausschlussprinzip anwendbar, aber aus politischen Gründen ist dies nicht gewollt. Das Gut wird auch de-nen zugänglich gemacht, die nicht bereit oder nicht in der Lage sind, es auf dem freien Markt in Anspruch zu nehmen. Das Gut wird durch Anreize oder durch Zwang meritorisiert.

Kollektivgüter – es ist nicht möglich, bestimmte Personen(-gruppen) von der Nutzung eines Gutes auszuschließen. Ein Angebot durch Private kommt nicht zustande, da das Gut auch ohne Bezahlung genutzt werden kann (Trittbrettfahrer).

6. Privatisierung öffentlicher Aufgaben

Im Rahmen der Aufgabenkritik (siehe Rn 41) kann die Erkenntnis gewonnen wer-den, dass bestimmte Aufgaben nicht zu den Kernaufgaben der öffentlichen Ver-waltung gehören. Dann stellt sich die Frage, ob und wie die Aufgaben künftig wahrgenommen werden sollen bzw. können. Es gilt zu überprüfen, ob eine Priva-tisierung der Aufgaben möglich und wirtschaftlich ist.

Privatisierung ist die Übergabe oder Umwandlung von öffentlichen Verfügungsrechten in private Rechtsformen.

Die Privatisierung kann sich in verschiedenen Ausprägungen vollziehen:

formelle Privatisierung (auch Organisationsprivatisierung) – Umwand-lung eines öffentlich-rechtlichen Betriebes in einen privater Rechtsform (z.B. Aktiengesellschaft oder Gesellschaft mit beschränkter Haftung). Die öffent-liche Verwaltung bleibt Träger der geschaffenen Organisationsform.

funktionale Privatisierung – sie ist ein Unterfall der formellen Privatisie-rung. Der Vollzug der übertragenen Aufgaben wird einem Privaten übertra-

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II. Die Kommunalverwaltung als Betrieb

gen, die öffentliche Verwaltung behält jedoch Zuständigkeit und Verant-wortung für die Aufgabe6.

materielle (echte) Privatisierung – die Aufgabe wird vollständig aus der öffentlichen Verwaltung in die Hände Privater abgegeben.

Zu unterscheiden sind die Begriffe Outsourcing und Contracting Out. Beim Out-sourcing erstellt die öffentliche Verwaltung die Endprodukte selbst und kauft ledig-lich Vor- oder Teilleistungen von externen Anbietern ein. Das Kerngeschäft ver-bleibt somit bei der Verwaltung, nur die Fertigungstiefe wird reduziert. Das Con-tracting Out ist die vollständige Abgabe der Leistungserstellung an einen privaten Anbieter, die politische Verantwortung verbleibt jedoch bei der Verwaltung.

Je nach Art der Aufgabe (siehe Rn 47) ist eine Privatisierung möglich oder ausge-schlossen. Freiwillige Aufgaben der Kommunalverwaltung können in der Regel in privatwirtschaftlicher Rechtsform wahrgenommen werden oder vollständig ab-gegeben werden. Bei Pflichtaufgaben ist es in der Regel nur möglich, diese durch privatrechtlich organisierte Einrichtungen zu erfüllen. Ein vollständiger Rück-zug der öffentlichen Verwaltung ist hingegen ausgeschlossen.

7. Kommunale Betriebsformen

Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben stehen der Gemeinde unter bestimmten Umständen verschiedene Organisationsformen zur Verfügung, derer sie sich be-dienen kann. Zu den Betriebsformen gehören der Regiebetrieb und der Eigen-betrieb.

Die Gemeindeordnung unterscheidet privatrechtliche Organisationen in Unter-nehmen (§ 107 Abs. 1 GO) und Einrichtungen (§ 107 Abs. 2 GO). Wirtschaftli-che Betätigung des Unternehmens liegt dann vor, wenn die Leistungserbringung auch durch Private mit Gewinnerzielungsabsicht möglich wäre. Einrichtungen die-nen der wirtschaftlichen, soziale und kulturelle Betreuung (§ 8 Abs. 1 GO), sie be-dürfen eines wichtigen gemeindlichen Interesses an der Gründung oder der Betei-ligung.

7.1 Regiebetrieb

Der Regiebetrieb ist eine unselbständige Organisationseinheit, die rechtlich, wirtschaftlich und organisatorisch in die Kommunalverwaltung eingebunden ist. Die Haushaltsführung richtet sich nach den Haushaltsgrundsätzen der Gemeinde und den Vorschriften für das Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen. Hinsicht-lich der Personalwirtschaft ist der Regiebetrieb an den kommunalen Stellenplan gebunden. Die Leitung des Regiebetriebes ist in der Regel bei Personalentschei-dungen nur beratend tätig.

7.2 Eigenbetrieb

Der Eigenbetrieb ist ein aus der kommunalen Finanzverwaltung ausgegliedertes Sondervermögen der Gemeinde. Rechtsgrundlagen zur Bildung und Leitung ei-

6 STELKENS/BONK/SACHS, Verwaltungsverfahrensgesetz, 6. Auflage 2001, § 1, Rdnr. 114

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7. Kommunale Betriebsformen

nes Eigenbetriebes finden sich in § 114 Gemeindeordnung, der Eigenbetriebsver-ordnung (EigVO) sowie der Betriebssatzung. Ein Eigenbetrieb hat keine eigene Rechtspersönlichkeit.

Ein Eigenbetrieb darf und soll Gewinne erzielen. Der Gewinn soll nicht nur zur Bildung angemessener Rücklagen ausreichen, sondern soll auch eine marktübliche Verzinsung des Eigenkapitals erwirtschaften (§ 10 Abs. 5 EigVO). Damit handelt es sich beim Eigenbetrieb um ein Unternehmen mit Gewinnerzielungsabsicht. Die Leitung des Eigenbetriebes obliegt der Betriebs- oder Werksleitung. Die Aufsicht über den Eigenbetrieb üben Rat und Betriebsausschuss aus.

8. Rechtsformen von Betrieben

Die privatrechtlich geführten Eigenbetriebe der Gemeinde können in verschiede-nen Rechtsformen, den Kapitalgesellschaften auftreten. Zu den Kapitalgesell-schaften zählen die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) und die Aktiengesellschaft (AG).

Eine Kapitalgesellschaft ist von der personellen Identität ihrer Mitglieder unabhängig und bildet eine Körperschaft mit eigener juristischer Identität.

Die folgende Tabelle soll die wesentlichen Unterschiede zwischen der GmbH und der AG darstellen:

Gesellschaft mit beschränkterHaftung (GmbH)

Aktiengesellschaft (AG)

Rechtsgrundlage GmbH-Gesetz Aktiengesetz

LeitungGeschäftsführer (kann jederzeit abberufen werden, Gesellschafter kann selbst Geschäftsführer sein)

Vorstand (führt die Geschäfte, vertritt Gesellschaft nach außen, handelt selbständig im Rahmen von Satzung und Geschäftsordnung)

Aufsicht

Gesellschafter → Gesellschaftsvertrag, Aufsichtsrat nur zwingend nach Betriebsverfassungsgesetz, wenn Belegschaft > 500, Drittelparität, nach Mitbestimmungsgesetz, wenn Belegschaft > 2.000, Parität mit Sonderrechten des Vorsitzenden

Aufsichtsrat bestellt und kontrolliert Vorstand, prüft die Jahresrechnung. Aufsichtsrat gewählt von Hauptversammlung der Aktionäre und von der Belegschaft

HaftungKeine persönliche Haftung der Gesellschafter, sie haften nur mit ihrer Kapitaleinlage

Die Aktiengesellschaft ist eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit. Für ihre Verbindlichkeiten haftet den Gläubigern nur das Gesellschaftsvermögen

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Page 18: Öffentliche Betriebswirtschaftslehre 1.00

II. Die Kommunalverwaltung als Betrieb

Gesellschaft mit beschränkterHaftung (GmbH)

Aktiengesellschaft (AG)

Gründung

Gründungs- und Verwaltungsaufwand (Notarkosten, Handelsregistereintragung, Buchführungspflichten, Jahresabschluss)

Der Aufwand ist etwas höher als bei der GmbH, da strengere gesetzliche Vorschriften bestehen und mit dem Aufsichtsrat eine weitere Organebene existiert

Kapitalaufnahme SchwierigVergleichsweise einfach möglich (Wandelanleihen, Optionen, Mitarbeiterbeteiligung)

Tabelle 1: GmbH und AG

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Page 19: Öffentliche Betriebswirtschaftslehre 1.00

III. Grundlagen der Organisation

III. Grundlagen der Organisation

Als Organisation wird die Menge dauerhaft wirksamer genereller Regelungen ei-ner Institution bezeichnet, die der Unterstützung beim Verfolgen von Zielen dient7. Die Organisation verfolgt Effizienz, Effektivität und Flexibilität:

Effizient ist eine Organisation, die einen produktiven und wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb verfolgt. Sie ist darauf ausgerichtet, „die Dinge richtig zu tun“.

Effektiv ist die Organisation, die bestrebt ist, „die richtigen Dinge zu tun“. Sie ist auf die Wirksamkeit ihrer Maßnahmen ausgerichtet.

Flexibel ist die Organisation, wenn sie durch zeitnahe Anpassung auf Um-welteinflüsse reagiert und sich entsprechend ausrichtet.

1. Organisationsbegriffe

Organisation bezeichnet allgemein das Bemühen, den Prozess der Leistungser-stellung unter Minimierung von Effizienzverlusten zu strukturieren. Der Begriff der Organisation lässt sich unter verschiedenen Gesichtspunkten definieren:

institutioneller Organisationsbegriff – die Organisation als Einrichtung ist eine strukturierte Gesamtheit, ein System aus zusammenwirkenden Ele-menten. Die Verwaltung ist in diesem Sinne eine Organisation.

instrumenteller Organisationsbegriff – das System verfügt über eine Struktur bzw. Gliederung. Die Verwaltung hat also eine Organisation. In diesem Zusammenhang sind die Aufbau- sowie die Ablauforganisation von grundlegender Bedeutung.

funktionaler Organisationsbegriff – dieser Begriff bezeichnet die Technik des Organisierens, also Untersuchung und Gestaltung der Struktur. Die Verwaltung wird organisiert.

2. Die Organisation als System

Unter einem System versteht man ein Gefüge von Elementen, die untereinander durch eine Struktur vernetzt und von ihrer Umwelt abgegrenzt sind. Demzufolge handelt es sich bei einer Organisation im institutionellen Sinne um ein System.

Ein System muss in der Lage sein, auf Umwelteinflüsse zu reagieren. Die Grenzen des Systems müssen angepasst werden, die inneren Verknüpfungen zwischen den Systemelementen müssen flexibel sein.

7 BOKRANZ, Rainer / KASTEN, Lars (2000): Organisations-Management in Dienstleistung und Verwaltung, 2. Auflage, Gabler Verlag, Wiesbaden; S.20, zitiert nach: Organisationshandbuch des Bundesministeriums des Innern, S. 24, www.orghandbuch.de, Stand: 31.07.2007

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Page 20: Öffentliche Betriebswirtschaftslehre 1.00

III. Grundlagen der Organisation

Die Organisation besteht wie jedes System aus Elementen. Die Hauptelemente der Organisation sind:

Aufgaben

Menschen

Sachmittel

Informationen

3. Organisatorisches Gleichgewicht

Zu viele und zu unflexible Regelungen machen die Verwaltung unbeweglich und bürokratisch, zu viele ungeregelte Bereiche verursachen Ungleichbehandlung und mangelnde Transparenz des Verwaltungshandelns. Die Organisation hat sich da-her an der Effizienz zu orientieren, die generelle Regelungen bringen.

Nach Erich KOSIOL8 besteht organisatorisches Gleichgewicht dann, wenn alle

Vorgänge, die generell regelbar sind, auch generell geregelt sind und alle fallwei-se regelbaren Vorgänge nur fallweise geregelt sind.

8 Deutscher Betriebswirtschaftswissenschaftler, geb. 18.02.1899, gest. 07.09.1990

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Abbildung 6: Modell eines Systems

Umwelt

UmweltElemente

Struktur

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Page 21: Öffentliche Betriebswirtschaftslehre 1.00

3. Organisatorisches Gleichgewicht

KOSIOL forderte, je nach vorgefundener Situation Abstufungen des Organisations-grades vorzunehmen, um eine effiziente Organisation zu gewährleisten:

Organisation – dauerhafte, generelle Regelungen

Disposition – im Einzelfall getroffene Entscheidung wegen unvollkomme-ner Regelung

Improvisation – vorübergehend nicht geregelte, einmalige Entscheidung, bis eine Regelung aufgestellt wurde

4. Kernelemente der Organisation

4.1 Aufbauorganisation

Die Aufbauorganisation ordnet die Aufgaben der Verwaltung, bündelt sie in Stellen und strukturiert Befugnisse und Verantwortlichkeiten. Sie regelt das Zusam-menwirken der einzelnen Organisationseinheiten. Die Aufbauorganisation ist das Ergebnis einer Ausrichtung der organisatorischen Struktur auf die Gesamtaufgabe.

Eine Stelle ist die dauerhafte Zusammenfassung von Aufga-ben für die Wahrnehmung durch eine Person und stellt die kleinste organisatorische Einheit dar.

4.2 Ablauforganisation

Die Ablauforganisation untersucht und regelt das raumzeitliche Zusammenwir-ken der an der Aufgabenerfüllung beteiligten Elemente, insbesondere der Men-schen und der Sachmittel. Sie bestimmt u.a. die Reihenfolge der Arbeitsschritte, den Einsatz der Sachmittel und die räumliche Gestaltung der Arbeitsprozesse. Ziel ist die zweckmäßige und wirtschaftliche Aufgabenerfüllung

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Abbildung 7: Organisatorisches Gleichgewicht

Unterorganisation OrganisatorischesGleichgewicht

Überorganisation

Effizienz

Organisationsgrad

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Page 22: Öffentliche Betriebswirtschaftslehre 1.00

III. Grundlagen der Organisation

5. Kennzahlen

Insbesondere zur Messung der Zielerreichung (vgl. Rn 23) sind Maßzahlen nötig, die eine betriebliche Größe quantifizieren. Diese werden in der Betriebswirt-schaftslehre Kennzahlen genannt. Kennzahlen lassen sich in absolute (auch Grundzahlen genannt) und relative Zahlen (auch als Verhältniszahlen bezeichnet) unterscheiden.

Die absoluten Zahlen drücken Summen, Differenzen oder Mittelwerte aus. Die Verhältniszahlen dienen dazu, Sachverhalte zueinander in Beziehung zu setzen. Bei den Verhältniszahlen werden unterschieden

Gliederungszahlen – Anteil einer Einzelgröße an der Gesamtmenge

Beziehungszahlen – Verhältnis zwischen verschiedenartigen Größen

Indexzahlen – Verhältnis einer Größe zur inhaltlich gleichen Basisgröße

Durch einen Kennzahlenvergleich lassen sich Aussagen und Erkenntnisse über betriebliche Prozesse gewinnen. Dieser Kennzahlenvergleich kann auf unter-schiedliche Art erfolgen:

Beim Soll-Ist-Vergleich wird betrachtet, ob und inwieweit eine Zielvorga-be erreicht wurde.

Der Zeitreihenvergleich beobachtet die zeitliche Entwicklung einer Kenn-zahl.

Der Betriebsvergleich betrachtet, wie sich die eigenen Kennzahlen mit den Werten vergleichbarer anderer Betriebe oder eigener Organisations-einheiten darstellen.

6. Organisationsuntersuchungen und -projekte

6.1 Ziele von Organisationsprojekten

Um Aufgaben, Prozesse, Strukturen und Personal zielgerichtet auf die Lösung or-ganisatorischer Probleme ausrichten zu können, sind Maßnahmen der Problem-analyse, der Zielbildung, der Lösungssuche und sowie der Bewertung und Umset-zung der Lösungsansätze nötig. Das diese Maßnahmen bündelnde Instrument wird als Organisationsprojekt bezeichnet.

Die Organisationsuntersuchung ist der vorbereitende Teil eines Organisations-projektes. Die Organisationsuntersuchung dient der Informationserhebung und -auswertung und erarbeitet aus dieser Grundlage ein Konzept zur Lösung eines organisatorischen Problems.

Eine Organisationsuntersuchung ist eine systematische Betrachtung von Organisationen oder Bereichen von Organisationen, die das Ziel verfolgt, ein Konzept für die optimale Aufgabenerfüllung zu entwickeln.

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6. Organisationsuntersuchungen und -projekte

Anlass zu Organisationsuntersuchungen sind Veränderungen der Rahmenbedin-gungen oder Probleme bei der Aufgabenerledigung. Eine Organisationsuntersu-chung bedarf immer eines Untersuchungsauftrages, um die notwendige Legiti-mation zu erhalten. Der Auftraggeber kann insbesondere eine vorgesetzte Behör-de, die Verwaltungsleitung oder die Abteilungsleitung sein.

Im Untersuchungsauftrag sollen die Ausgangssituation dargestellt und Ziele der Untersuchung formuliert werden. Die Ziele sollen vollständig, präzise und realis-tisch formuliert sein. Ferner sollten die Ziele priorisiert, hierarchisch geordnet und die Zielbeziehungen untersucht und herausgearbeitet werden.

6.2 Ablauf einer Organisationsuntersuchung

Um verwertbare Ergebnisse zu liefern, werden Organisationsuntersuchungen sys-tematisch, also planmäßig und zielorientiert durchgeführt. In der Praxis hat sich ein Vorgehensmodell bewährt, das folgende Phasen der Organisationsuntersu-chung vorsieht:

Vorbereitung

Voruntersuchung/Vorstudie

Hauptuntersuchung/Hauptstudie

Die Vorbereitung umfasst insbesondere die Zielformulierung, die Abgrenzung des Untersuchungsbereiches und Bestimmung des Untersuchungszeitraumes, Festlegen der beteiligten Stellen und Personen, Abschätzung des erforderlichen Ressourcenaufwandes und Überlegungen zur Projektdokumentation.

Bei komplexen Untersuchungen, einer noch nicht vollständigen Zieldefinition oder einem noch nicht ausreichend bestimmten Untersuchungsbereich bietet sich eine Voruntersuchung an. Die Voruntersuchung ist nicht zwingend, kann aber dazu beitragen, wichtige Vorfragen zu beantworten, bevor mit der aufwändigen Haupt-untersuchung begonnen wird. Es ist zu beachten, dass Fehler, die nicht rechtzei-tig behoben werden, im späteren Verlauf der Organisationsuntersuchung nur mit hohem Aufwand wieder korrigiert werden können.

Die Voruntersuchung soll insbesondere die Umsetzbarkeit des Projektes beurtei-len, den Auftrag des Organisationsprojektes konkretisieren, die anzuwendenden Methoden und Techniken (siehe Kap. VI, Seite 37) bestimmen und die Rationali-sierungspotenziale des Projektes prognostizieren.

Die Hauptuntersuchung bildet das Zentrum der Organisationsuntersuchung. Sie gliedert sich stets und unabhängig vom Gegenstand der Untersuchung in die Pha-sen

Ist-Erhebung

Ist-Analyse

Erstellung des Soll-Konzeptes.

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Page 24: Öffentliche Betriebswirtschaftslehre 1.00

III. Grundlagen der Organisation

Die Erhebung der Ist-Informationen erfolgt in der Regel durch Auswertung vor-handener Unterlagen (Dokumentenanalyse, siehe Rn 137), sofern nicht ausrei-chende Informationen aus der Vorstudie vorliegen. Die Auswertung der Ist-Daten soll insbesondere dazu führen, dass die bestehenden Aufgaben, Prozesse und Strukturen hinterfragt werden. Ziel ist es, Optimierungsmöglichkeiten aufzufin-den. Auf Grundlage des aufgedeckten Verbesserungspotenzials wird dann ein Konzept zur Problemlösung entwickelt.

Um Feinkonzepte entwickeln zu können, besteht die Option, an die Hauptuntersu-chung Detail- oder Teilstudien anzuschließen. Diese können für Untersysteme des Gesamtkonzeptes Lösungsstrategien aufzeigen. Auch ist denkbar, dass die Teilkonzepte eine neue Sicht auf das Gesamtkonzept eröffnen und eine Anpassung dessen erfordern.

Die Ergebnisse der Hauptstudie werden in der Regel in einem Abschlussbericht dokumentiert und präsentiert. Der Bericht soll dem Auftraggeber das erarbeitete Soll-Konzept und den Prozess der Erarbeitung (z.B. Problemanalyse, angewendete Methoden) vorstellen. Die Darstellung der Vorgehensweise dient der Transparenz und Nachvollziehbarkeit.

6.3 Umsetzung und Kontrolle

Im Anschluss an die Organisationsuntersuchung wird das erarbeitete Soll-Kon-zept umgesetzt und die Zielerreichung kontrolliert. Die Implementierung neuer Strukturen und Abläufe kann bei den Mitarbeitern eine Ablehnungshaltung und Bewahrungstendenzen hervorrufen. Nicht selten wollen Beschäftigte an den ih-nen bekannten Strukturen festhalten und stehen neuen Konzepten kritisch oder ablehnend gegenüber.

Der Prozess der Einführung neuer Prozesse und Strukturen muss daher unter Betei-ligung und Einbindung der Mitarbeiter erfolgen. Die psychologische Begleitung des Veränderungsprozesses bezeichnet man als Management of Change. Den Mitarbeitern muss die Notwendigkeit einer Veränderung erläutert werden, so dass sie die Einsicht gewinnen, dass die bisherigen Strukturen nicht mehr zielorientiert sind (Auftauen/unfreezing). Die Beschäftigten sollen mit den Zielen und dem Nut-zen der neuen Strukturen vertraut gemacht werden, um den Willen zur Verände-rung zu fördern.

Im nächsten Schritt ist bei den kritischen Mitarbeitern für Akzeptanz der Verände-rung zu werben. Die Veränderung mit Druck durchzusetzen würde zunächst die Abwehrhaltung verstärken, anschließend zu Resignation der Mitarbeiter führen. Sie sollte daher so eingeführt werden, dass sich bei den Beschäftigten Neugier und Interesse entwickeln. Dann werden diese bereit sein, die Veränderung mitzu-tragen und zu akzeptieren (Bewegen/moving).

Die Mitarbeiter, die die vermeintlich altbewährten Strukturen verlassen und sich mit den neuen angefreundet haben, müssen nun stabilisiert werden (Identifikati-on/freezing). Positive Erfahrungen mit den neuen Strukturen leisten hierzu einen wichtigen Beitrag. In dieser Phase können die stabilisierten Mitarbeiter als

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Page 25: Öffentliche Betriebswirtschaftslehre 1.00

6. Organisationsuntersuchungen und -projekte

Multiplikatoren eingesetzt werden, um ihrerseits den Veränderungsprozess vor-anzutreiben.

Die Ergebnisüberprüfung der veränderten Strukturen wird auch als Evaluation9 oder Evaluierung bezeichnet. In dieser Phase wird die Veränderung analysiert und ihre Wirkung bewertet. So sollen Erkenntnisse gewonnen werden, ob sich die Veränderung als zielführend herausstellt oder ob Maßnahmen zur Gegensteue-rung ergriffen werden müssen.

Wenn durch die Veränderung Fehlentwicklungen festgestellt werden, können diese Beobachtungen wichtige Erkenntnisse für künftige Organisationsprojekte lie-fern. Ziel der Projektbewertung soll daher nicht sein, die für die Fehler Verantwort-lichen zur Rechenschaft zu ziehen, sondern aus den Fehlern zu lernen und Er-kenntnisse und Erfahrungen für weitere Projekte zu nutzen.

9 Von lat. valuare = bewerten

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Abbildung 8: Ablauf von Organisationsprojekten

Organisationsprojekt

Organisationsuntersuchung

Vorbereitung Voruntersuchung/Vorstudie Hauptuntersuchung/Hauptstudie

- Ist-Erhebung- Ist-Analyse- Erstellung eines Soll-Konzeptes

ggf. Detailstudien

Umsetzung Evaluation/Kontrolle

Page 26: Öffentliche Betriebswirtschaftslehre 1.00

IV. Die Aufbauorganisation

IV. Die Aufbauorganisation

1. Stellenarten und Leitungsspanne

Die Stellen lassen sich nach ihren Befugnissen und Verantwortlichkeiten einteilen:

Ausführungsstellen (auch: Realisationsstellen) sind solche Stellen, die nur Aufgaben erfüllen, ohne Weisungsbefugnisse gegenüber anderen Stellen zu besitzen

Instanzen sind Stellen mit Leitungsaufgaben, die Weisungsbefugnisse in-nehaben

Stabsstellen sind Stellen, die Hilfsaufgaben wahrnehmen und einer In-stanz zugeordnet sind. Sie haben keine eigenen Ausführungsaufgaben, aber auch keine Weisungsbefugnisse.

Unter dem Begriff der Leitungsspanne wird das Verhältnis zwischen einer Instanz und den unmittelbar nachgeordneten Stellen verstanden. Eine größere Leitungs-spanne führt zu weniger Hierarchieebenen und damit zu einer geringeren Glie-derungstiefe.

2. Aufgabenanalyse

Die Schaffung einer Aufbauorganisation beginnt mit der Aufgabenanalyse. Ihr Zweck ist es, die notwendigen Tätigkeiten zu finden, die zur Erreichung des Ge-samtziels notwendig sind. Die Aufgabenanalyse zerlegt die komplexe Gesamtauf-gabe in Teil- oder Elementaraufgaben.

Die Gesamtaufgabe kann nach verschiedenen Analysekriterien zerlegt werden:

Objekt – Jede Verrichtung muss an einem Objekt vorgenommen werden. Objekte können entweder materielle Objekte (Erzeugnisse, Sachmittel, Ma-schinen) oder immaterielle Objekte (Texte, Zahlen, Zeichen) sein.

Verrichtung – Die Aufgabe wird nach den Tätigkeiten gegliedert.

Rang – Gliederung nach entscheidender und ausführender Tätigkeit

Phase – Zerlegung der Aufgabe in die Phasen Planung, Ausführung und Kontrolle

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Abbildung 9: Leitungsspanne

Geringe Leitungsspanne Größere Leitungsspanne

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Page 27: Öffentliche Betriebswirtschaftslehre 1.00

2. Aufgabenanalyse

Zweckbeziehung – Unterscheidung in Zweckaufgaben (Primäraufgaben) und Verwaltungsaufgaben (Sekundäraufgaben). Die Zweckaufgaben die-nen unmittelbar dem Betriebszweck, die Verwaltungsaufgaben haben eher eine interne Funktion (z.B. Rechnungswesen, Statistik)

Die Aufgabenanalyse soll einheitlich und vollständig sein. Die Einheitlichkeit er-fordert, dass zumindest auf der ersten Gliederungsebene nach demselben Analy-sekriterium gegliedert wird. Vollständig ist die Aufgabenanalyse, wenn sie sämtli-che Elementaraufgaben abbildet, die sich aus der Hauptaufgabe ergeben können.

Ferner sollte die Aufgabenanalyse dem Grundsatz „Tiefe vor Breite“ folgen. Die Gliederung der Aufgaben soll demnach so erfolgen, dass möglichst viele Gliede-rungsebenen entstehen. Dies ermöglicht eine einfachere Vollständigkeitskontrolle und später eine systematischere Zusammenfassung der Elementaraufgaben zu Stellen. Zudem wird die Übersichtlichkeit der Aufgabengliederung gefördert.

Die Aufgabenanalyse wird grafisch als Baumdiagramm dokumentiert. Verzwei-gungspunkte werden als Rechteck, Endpunkte als ausgefüllter Kreis dargestellt.

3. Aufgabensynthese

Die mit Hilfe der Aufgabenanalyse ermittelten Elementaraufgaben werden im nächsten Schritt, der Aufgabensynthese, zu Stellen zusammengefasst. Dies er-folgt so, dass der gebildete Aufgabenkomplex später einer gedachten Person über-tragen werden kann. Einzelne Aufgaben werden so gebündelt, dass die Gesamt-

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Abbildung 10: Beispiel einer Aufgabenanalyse, Gliederung auf der ersten Ebene nach Zweckbeziehung

Grundstücks-angelegenheiten

Grundstücks-wirtschaft

Verwaltung

BebauteGrundstücke

UnbebauteGrundstücke

Mietwohn.

Gewerbe

Erwerb

Veräußerung

Verwaltung

Erwerb

Veräußerung

Verwaltung

Erwerb

Veräußerung

Verwaltung

InternePersonalangelegenheiten

Leitungsaufgaben

Schreib- undRegistraturarbeiten

Page 28: Öffentliche Betriebswirtschaftslehre 1.00

IV. Die Aufbauorganisation

aufgabe einer Stelle mit einem möglichst geringen Mitteleinsatz erledigt werden kann (zum Prinzip der Wirtschaftlichkeit siehe Rn 3).

Die Aufgabensynthese erfolgt grundsätzlich nach den gleichen Kriterien wie die Aufgabenanalyse. Die Kriterien Objekt und Verrichtung haben besondere prakti-sche Bedeutung. Aus einer Gliederung nach Objekt folgt eine divisionale Orga-nisation (auch Spartenorganisation genannt), die Gliederung nach Verrichtung führt zu einer funktionalen Organisation.

Die Objektzentralisation erfordert weniger Koordinationsaufwand und verrin-gert die Übergangszeiten zwischen den einzelnen Bearbeitungsstationen. Sie er-fordert von den Mitarbeitern jedoch einer höhere Qualifikation und es können nicht alle Rationalisierungspotenziale genutzt werden. Hingegen ergeben sich bei der Verrichtungszentralisation kürzere Einarbeitungszeiten, jedoch kann die einseitige Tätigkeit für die Beschäftigten unbefriedigend sein. Es droht eine zuneh-mende Entfremdung vom fertigen Endprodukt.

4. Stellenbildung

Die Stellenbildung soll nach dem Kongruenzprinzip erfolgen. Dieses Prinzip ver-langt, dass Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung deckungsgleich sein sol-len.

Aufgabe einer Stelle ist die Summe der gebündelten Einzelaufgaben.

Kompetenz bedeutet zum einen die Fähigkeit des abstrakt gedachten Stelleninhabers, die Aufgabe zu erfüllen. Mit Kompetenz sind aber auch die Entscheidungsbefugnisse gemeint, die ihm übertragen werden sollen.

Verantwortung ist das persönliche Einstehen des Stelleninhabers für Erfol-ge und Misserfolge sowie die Haftung für die Folgen seines Handelns.

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Abbildung 11: Funktionale und divisionale Organisation

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Leitung

ProduktionBeschaffung Absatz

Leitung

Produkt BProdukt A Produkt C

Aufgabensynthese

verrichtungsorientiert objektorientiert

Funktionale Organisation Divisionale Organisation

Page 29: Öffentliche Betriebswirtschaftslehre 1.00

4. Stellenbildung

Zur Erfüllung der Gesamtaufgabe ist Arbeitsteilung unerlässlich. Hierzu überträgt die Verwaltungs- oder Betriebsleitung Aufgaben an nachgeordnete Ebenen. Sie gibt einen Teil ihrer Leitungsaufgaben an nachgelagerte Instanz ab und beauftragt Realisationsstellen mit ausführenden Tätigkeiten. Diese Übertragung von Aufga-ben, Kompetenzen und Verantwortung nennt man Delegation.

Im Regelfall erfolgt die Stellenbildung nach der Aufgabe, also sachbezogen. Je-doch ist es auch denkbar, dass eine Stelle nach den Wünschen und Kompetenzen der Person bestimmt wird, die sie besetzen soll. Üblicherweise erfolgt eine solche Stellenbildung aber allenfalls bei höheren Leitungspositionen.

Mit zunehmender Zahl der Beschäftigten wird auch die Gliederungstiefe zuneh-men. Eine Instanz kann nur bis zu einer gewissen Grenze ihre Leitungsspanne erhöhen. Die mögliche Leitungsspanne wird insbesondere beeinflusst durch die Komplexität der Aufgaben, den Grad der Delegation, die Koordinationsmöglich-keiten und -notwendigkeiten (vgl. Rn 69) und die fachliche Qualifikation der un-terstellten Mitarbeiter. Ferner führt eine Erhöhung der Mitarbeiterzahl zu Speziali-sierung und Abteilungsbildung, wodurch die Sachkompetenz erhöht wird.

5. Arten von Kompetenzen

Zur Aufgabenerfüllung hat eine Stelle nicht nur Pflichten, sondern auch Rechte, die bestimmen, wie sie mit anderen Stellen und Organisationseinheiten zusammen-wirkt. Diese Rechte der Stelle bzw. des Stelleninhabers nennt man Kompetenzen. Die Kompetenzen können in folgende Arten unterschieden werden:

Entscheidungskompetenz – der Stelleninhaber hat die Befugnis, eine Wahl zwischen verschiedenen Handlungsalternativen verbindlich zu treffen.

Anordnungskompetenz – die Stelle kann anderen Stellen Anweisungen erteilen, die diese zu befolgen haben.

Vertretungskompetenz – der Stelleninhaber hat das Recht, die Verwal-tung oder den Betrieb nach außen hin zu vertreten.

Verfügungskompetenz – der Stelleninhaber darf über Sachen und Mittel im Rahmen seiner Aufgabe verfügen.

Informationskompetenz – die Stelle kann Informationen von anderen Stellen anfordern.

Kontrollkompetenz – die Stelle ist befugt, die Ausführung von Aufgaben durch andere Stellen zu kontrollieren.

6. Einlinien- und Mehrliniensysteme

Die Hierarchie einer Organisation kann einlinig oder mehrlinig sein. Im Einlini-ensystem ist jede Stelle einer Instanz untergeordnet, bei einem Mehrliniensys-tem sind mehrere Instanzstellen der untergeordneten Stelle weisungsbefugt. Einli-niensysteme haben den Vorteil der eindeutigen Weisungskompetenz, divergie-rende Anweisungen sind ausgeschlossen (Einheit der Auftragserteilung). Mehrlini-

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IV. Die Aufbauorganisation

ensysteme verkürzen hingegen die Kommunikationswege, bergen aber auch die Gefahr von Kompetenzstreitigkeiten.

Mehrliniensysteme fördern zwar die Spezialisierung und verkürzen die Informati-onswege, Nachteile wie problematische Zuständigkeitsabgrenzungen, Kom-petenzkonflikte, unklare Verantwortungszurechnung und der hohe Bedarf an Führungskräften führen jedoch dazu, dass Mehrliniensysteme in der Praxis kaum anzutreffen sind.

Von Frederick Winslow TAYLOR10 wurde das Funktionsmeisterprinzip entwickelt,

das sich zu den Mehrliniensystemen zählen lässt. TAYLOR meinte, dass die Mitarbei-ter eines Betriebes genaue Anweisungen brauchten, um ihre Arbeit optimal erledi-gen zu können. Er entwickelte daher ein Organisationssystem mit acht Funktions-meistern, die Fachleute auf ihrem jeweiligen Gebiet sein sollten:

Arbeitsverteiler (route clerk)

Unterweisungsbeamter (instruction clerk)

Kosten- und Zeitbeamter (cost and time clerk)

Verrichtungsmeister (gang boss)

Geschwindigkeitsmeister (speed boss)

Prüfmeister (inspector)

Instandhaltungsmeister(repair boss)

Aufsichtsbeamter (shop disciplinarian)

Das Funktionsmeisterprinzip konnte sich nicht durchsetzen. Die grundsätzliche Kri-tik an Mehrliniensystemen betraf auch das Funktionsmeisterprinzip. Dennoch wur-

10 Amerikanischer Ingenieur und Arbeitswissenschaftler, geb. 20.03.1856, gest. 21.03.1915

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Abbildung 12: Einlinien- und Mehrliniensystem

Leitung

ProduktionBeschaffung Absatz

A1 A2 B1 B2 C1 C2

Leitung

ProduktionBeschaffung Absatz

A1 A2 B1 B2 C1 C2

Einliniensystem Mehrliniensystem

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6. Einlinien- und Mehrliniensysteme

de und wird es in modifizierter Form angewandt. Insbesondere im Neuen Steue-rungsmodell werden Servicestellen eingesetzt, die besondere Fachkompetenz für bestimmte Aufgaben haben und damit für Querschnittsaufgaben geeignet sind. Aus die Trennung in Fach- und Dienstvorgesetzte lässt die Wurzeln im Funkti-onsmeisterprinzip erkennen.

Die Matrixorganisation kombiniert Weisungssysteme, z.B. verrichtungs- sowie objektbezogene Gliederung, und unterstellt einen Mitarbeiter zwei oder mehr In-stanzen. Damit ist die Matrixorganisation ein hybrides Organisationssystem11. Wie alle Mehrliniensysteme birgt auch die Matrixorganisation die Gefahr von Kompetenzstreitigkeiten.

7. Projekte und Teams

7.1 Projekt

Ein Projekt ist eine befristet eingerichtete Arbeitseinheit, die mit besonderen Auf-gaben betraut ist. Diese Aufgabe zeichnet sich im wesentlichen durch ihre Neuar-tigkeit, Einmaligkeit und Bedeutung aus. Das Projekt wird von einer Projektgrup-pe betreut, das Ergebnisse in einer Selbstabstimmung erarbeitet. Die Verantwor-tung für das Projekt trägt der Projektleiter, auch Projektmanager genannt12.

Bei besonders umfangreichen oder neuartigen Projekten wird Expertenwissen benötigt, damit steigt auch der Bedarf, einen Projektleiter einzusetzen, der mit Durchsetzungskompetenzen ausgestattet ist. Der Projektleiter muss über beson-

11 Günter WÖHE, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 2005, S. 14612 Während der Begriff des Projektleiters in der DIN 69901 als "für die Projektleitung verantwortliche

Person" definiert ist, findet sich für den Ausdruck des Projektmanagers keine allgemeingültige Begriffserklärung. Oft werden beide Begriffe gleichgesetzt und synonym verwendet. Gelegentlich wird unter dem Projektmanager aber auch eine Fachkraft mit spezifischer Methodenkompetenz verstanden.

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Abbildung 13: Matrixorganisation

LeitungBeschaffung Produktion Absatz

Produkt A

Produkt B

Produkt C

Funktionale Gliederung

Div

isio

nale

Glie

der

ung

Page 32: Öffentliche Betriebswirtschaftslehre 1.00

IV. Die Aufbauorganisation

dere soziale Kompetenzen und Erfahrungen mit der Leistung von Projekten ver-fügen, um seine verantwortungsvolle Aufgabe zufriedenstellend wahrnehmen zu können.

7.2 Team

Das Team ist eine auf längere Zeit angelegte Gruppe, die eigenständig an einer gemeinsamen Aufgabe arbeiten soll. Sie soll ihre hohe Leistungsbereitschaft einsetzen, um Aufgaben zu erledigen, die innovative Lösungen erfordern. Ein Team wird nicht zwangsläufig durch organisatorische Maßnahmen eingerichtet. Es ist auch denkbar, dass sich ein Team entwickelt, sich also aus den bestehenden Strukturen heraus selbst bildet. Dabei muss den Beteiligten nicht einmal bewusst sein, dass ihre Einheit nun zu einem Team geworden ist.

Der Vorteil eines Teams liegt in der hohen Motivation und der Leistungsbereit-schaft. Jedoch birgt eine Teamstruktur auch Nachteile. Gruppen tendieren dazu, einen Konsens anzustreben, wodurch die Meinungen einzelner Personen geän-dert werden (group think). Dies beeinträchtigt die Qualität der Meinungsbildung. Auch besteht die Gefahr, dass in der Gruppe risikoträchtige Entscheidungen getroffen werden, die eine Einzelperson nicht akzeptiert hätte.

Mit zunehmender Zahl der beteiligten Personen in einer Gruppe nimmt die Nut-zensteigerung ab13. Das Verhältnis der Gesamtleistung der Gruppe zur Summe der Einzelleistungen der Beteiligten wird zunehmend ungünstiger. Jeder Einzelne neigt dazu, seine Leistung zu reduzieren, da er glaubt, in der Gruppe werde dies nicht auffallen. Er verlässt sich darauf, dass seine Leistungsreduktion durch die an-deren Gruppenmitglieder kompensiert werde.

8. Dokumentation der Aufbauorganisation

Die Organisation, die Über- und Unterordnungsverhältnisse und die Dienstwege der Verwaltung werden in einem Organigramm dargestellt. Hierbei werden alle Stellen von der Verwaltungsleitung bis zu den ausführenden Stellen in einer Hier-archie eingeordnet. Die einzelnen Stellen und Abteilungen werden durch Linien miteinander verbunden, um Weisungsbefugnisse zu dokumentieren.

Das Organigramm kann mehr oder weniger grob sein. Bei einer Grobdarstel-lung können die einzelnen Ausführungsstellen ausgeblendet werden, um die Übersichtlichkeit zu wahren. Auch kann ein Organigramm nur einen Ausschnitt der Gesamtorganisation darstellen, z.B. nur eine einzelne Abteilung.

Organisationseinheiten wie Stabsstellen oder Projektgruppen werden ebenfalls in der grafischen Form des Organigramms dargestellt. Die Stabsstellen werden waagerecht mit der Instanz verbunden, der sie zugeordnet sind. Projektgruppen werden mit einer gestrichelten Linie verbunden, um zu dokumentieren, dass sie nur vorübergehend in den Verwaltungsaufbau integriert sind.

13 Ringelmann-Effekt, benannt nach dem französischen Ingenieur Maximilian RINGELMANN (1861-1931), auch als social loafing (=soziales Faulenzen) bekannt

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Page 33: Öffentliche Betriebswirtschaftslehre 1.00

8. Dokumentation der Aufbauorganisation

Weitere Möglichkeiten14, die Aufbauorganisation zu dokumentieren sind:

Geschäftsverteilungsplan

Stellenplan

Stellen-/Arbeitsplatzbeschreibungen

Aktenpläne

Dienstanweisungen

14 Zu näheren Ausführungen zu den Dokumentationstechniken siehe Kap. VI, Seite 43

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Abbildung 14: Beispiel eines Organigramms

Verwaltungsleitung

Abteilung BAbteilung A Abteilung C

Stelle A1 Stelle B1 Stelle C1

Stelle A2 Stelle B2 Stelle C2

Stelle A3 Stelle B3 Stelle C3

Projekt-gruppe

Stabsstelle

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Page 34: Öffentliche Betriebswirtschaftslehre 1.00

V. Die Ablauforganisation

V. Die Ablauforganisation

Die Ablauforganisation strukturiert die Arbeitsabläufe (Prozesse) in räumlicher und zeitlicher Hinsicht unter Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeitsprinzips. Sie betrachtet die Organisationszusammenhänge dynamisch.

Ein Prozess ist die zielgerichtete Verknüpfung von Handlungen. Diese sollen in einem bestimmten Zeitrahmen zu einer gewünschten Leistung führen.

1. Ziele der Ablauforganisation

Die Ablauforganisation knüpft an die Ergebnisse der Aufgabenanalyse sowie der Aufgabensynthese an. Dennoch wird der Ablauforganisation in zeitlicher und sachlicher Hinsicht der Vorrang gegenüber der Aufbauorganisation eingeräumt. Die Produkte ergeben sich aus den Prozessen, allein durch zielgerichtete Prozess-orientierung können Gestaltungspotenziale genutzt werden15.

Ziele der Ablauforganisation sind unter anderem:

Reduzierung der Durchlaufzeiten

Steigerung der Prozessqualität

Senkung der Prozesskosten

Ausnutzung vorhandener Kapazitäten

Vermeidung unnötigen Ausschusses

Erfüllung kurzfristiger Kundenwünsche

2. Durchlaufzeit

Die Durchlaufzeit beschreibt die gesamte Verweilzeit eines Vorgangs in der Ver-waltung, also die Zeit vom Auftrag oder Antrag, der den Vorgang auslöst, bis zur abschließenden Erledigung. Die Durchlaufzeit ist die Summe der Auftragszeiten und der Übergangszeiten.

Auftragszeiten sind die Zeiten, die zur aktiven Bearbeitung des Vorganges benötigt werden. Sie lassen sich unterteilen in die Rüstzeiten und die Bearbeitungszei-ten. Rüstzeit ist die vom Arbeitsaufkommen unabhängig anfallende Vor- und Nachbereitungszeit. Bearbeitungszeit ist die Dauer der Bearbeitung eines Vorgan-ges.

Übergangszeiten setzen sich zusammen aus den Transportzeiten und den Lie-gezeiten. Transportzeiten sind die Zeiten, die der Vorgang benötigt, um von einer Bearbeitungsstation zur nächsten zu gelangen. Die Liegezeit ist die Zeit, die der Vorgang bei der nächsten Station verbringt, bevor er bearbeitet wird.

15 Online-Verwaltungslexikon www.olev.de, abgerufen am 29.02.2008

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2. Durchlaufzeit

Lange Durchlaufzeiten ergeben sich insbesondere durch hohe Liegezeiten. Diese wiederum entstehen, wenn die vorhandenen Bearbeitungskapazitäten nicht ausreichen, um die auflaufenden Vorgänge zu bearbeiten. Es entstehen Bearbei-tungsstaus, die den Vorgang aufhalten und die Durchlaufzeit erhöhen.

Die Verteilzeit ist die Zeit, die zusätzlich zur eigentlichen Vorgangsbearbeitung anfällt. Sie lässt sich in persönliche und sachliche Verteilzeit unterteilen. Die Ver-teilzeit wird nicht bei der Durchlaufzeit berücksichtigt, weil sie nicht für den Wert-schöpfungsprozess aufgebracht wird. Bei der Ermittlung des Personalbedarfs muss sie dennoch berücksichtigt werden (siehe Kapitel VIII, Seite 67).

Persönliche Verteilzeit fällt für die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse an wie Essen, Trinken, Toilettengänge, Plaudereien mit Kollegen und ähnliches. Der Erfah-rungswert für die persönliche Verteilzeit beträgt 10% der Durchlaufzeit.

Sachliche Verteilzeiten sind unmittelbar dienstlich bedingt, dienen aber nicht der Bearbeitung des Vorgangs. Sie entstehen durch Tätigkeiten wie Dienstbesprechun-gen, Betreuung von Auszubildenden, Literaturstudium, Rücksprachen mit Vorge-setzten und ähnlichem. Die sachliche Verteilzeit lässt sich mit einem Erfahrungs-wert von 5% der Durchlaufzeit ansetzen.

Die genannten Erfahrungswerte sind nur insoweit anzusetzen, wie keine konkre-ten Werte verfügbar sind. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Bemessung der Erfahrungswerte auch eine subjektive Wertung beinhalten, welche Zeiten ak-zeptabel sind. Zudem unterliegen gemessene Werte auch Unsicherheiten wie der Beeinflussung des Messergebnisses durch die Messung selbst16.

3. Geschäftsprozessanalyse

Unter einem Geschäftsprozess wird eine Kette von Verrichtungen verstanden, die der Schaffung eines Produktes dienen. In Zeiten knapper werdender Ressourcen und wachsenden Ansprüchen der Leistungsabnehmer der öffentlichen Verwaltung ist eine Prozessoptimierung erforderlich. Der Unterschied zwischen der Ge-schäftsprozessanalyse und der klassischen Betrachtung der Ablauforganisation ist die Ausrichtung auf das Produkt und die Betrachtung der Abläufe über die Gren-zen einzelner Organisationseinheiten hinaus.

In der Geschäftsprozessanalyse werden folgende Prozessarten unterschieden:

Kernprozesse erbringen die eigentliche Wertschöpfung und dienen un-mittelbar der Auftragserfüllung. Kernprozesse verbrauchen in der Regel einen wesentlichen Teil der Systemressourcen.

Führungsprozesse gehören nicht zur unmittelbaren Aufgabenerledigung, sondern geben strategische Zielsetzungen vor und setzen Rahmenbedin-

16 Sogenannter Hawthorne-Effekt, benannt nach den Western Electric Hawthorne Works (Illinois, USA), wo er in den 1920er Jahren beobachtet wurde. Die Messung der Arbeitsleistung führt demnach allein schon zu einer Leistungssteigerung. Menschen verändern also ihr Verhalten manchmal bereits deshalb, weil sie wissen, dass sie beobachtet werden.

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V. Die Ablauforganisation

gungen, die sich auf die übrigen Prozessarten auswirken17. Zu den Füh-rungsprozessen zählen unter anderem Planung, Steuerung und Qualitäts-kontrolle.

Unterstützungsprozesse erzeugen selbst keine unmittelbare Wertschöp-fung, sondern dienen der Unterstützung der Ausführungsprozesse (Kern- und Führungsprozesse). Abnehmer der von Unterstützungsprozessen er-brachten Leistung sind betriebsinterne Stellen. Ein Unterstützungsprozess kann außerhalb der Betriebsorganisation liegen, da er nicht unmittelbarer Teil der Wertschöpfung ist. Ein anderer Begriff für Unterstützungsprozess ist Serviceprozess.

Die Prozessoptimierung lässt sich in zwei Ausprägungen einteilen:

Das Business Process Reengineering18 verfolgt den Ansatz, dass eine Analyse der zu verändernden Abläufe nicht sinnvoll sei. Es solle vielmehr das gesamte Unternehmen grundlegend überdacht und von Grund auf neu gestaltet werden, wobei die bisherigen Geschäftsprozesse aufgegeben werden.

Der Kontinuierliche Verbesserungsprozess (KVP) entwickelte sich aus dem japanischen Managementkonzept des Kaizen19 und beabsichtigt die Optimierung eines Prozesses in abgestimmten, kleinen Schritten. Die Mitar-beiter werden in den Prozess einbezogen und gestalten diesen mit. Der KVP folgt der Philosophie, dass viele kleine Schritte einen großen ergeben.

17 Organisationshandbuch des Bundesministeriums des Innern, S. 153, www.orghandbuch.de, Stand: 31.07.2007

18 Nach Michael HAMMER und James CHAMPY, Reengineering the Corporation - A Manifesto for Business Revolution, Harper Collins Publishers, New York, 1993

19 改善, Veränderung zum Besseren (Kai = Veränderung, Wandel; Zen = zum Besseren), entwickelt in den 1950er Jahren von Toyota

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VI. Methoden und Techniken der Organisation

VI. Methoden und Techniken der Organisation

1. Erhebungstechniken

Um Aufbau- und Ablauforganisation zielgerichtet optimieren zu können, benötigt der Organisator Informationen und Daten. Zur Gewinnung dieser Daten bedient er sich der Erhebungstechniken. Die Auswahl der Technik bestimmt sich nach dem zu lösenden Problem und den Rahmenbedingungen. Ziel soll es sein, Informatio-nen so detailliert wie nötig zu erheben, nicht aber so detailliert wie möglich20.

1.1 Dokumentenanalyse

Mit der Dokumentenanalyse werden bereits vorhandene Informationsträger wie Schriftstücke und elektronisch gespeicherte Datenbestände ausgewertet, um den organisatorischen Sollzustand zu ermitteln. Die Dokumentenanalyse steht oft am Anfang einer Organisationsuntersuchung, um erste Erkenntnisse zu gewinnen. In der Regel wird die Dokumentenanalyse ohne Einbindung der Mitarbeiter durch-geführt.

Die auszuwertenden Dokumente können je nach Untersuchungsziel verschiedener Art sein. In Betracht kommen insbesondere Rechtsvorschriften, Organisations-dokumente (z.B. Organigramm, Stellenplan, Dienstanweisungen, Aufgabenglie-derungspläne, Aktenpläne u.a.), Fachliteratur und statistische Berichte.

Die Vorteile der Dokumentenanalyse sind:

einfache und schnelle Datenerhebung

keine Störung des Betriebsablaufes

weitere Erhebungen werden vereinfacht, weil gezielt Fragen formuliert werden können

das Datenmaterial wird durch die Erhebung nicht verfälscht

Nachteile der Dokumentenanalyse:

Datenmaterial ist oft veraltet und spiegelt nicht den aktuellen Stand wieder

die Daten können unvollständig oder für die Untersuchung ungeeignet sein

Daten lassen Spielraum für Interpretationen

1.2 Laufzettel

Die Erhebung von Daten mit dem Laufzettel erfolgt durch ein dem zu beobach-tenden Vorgang beigefügtes Formular, auf dem jede beteiligte Person ihre Tätig-keit und deren Dauer notiert. Zur Ermittlung der Dauer werden Eingangs- und Ausgangszeiten des Vorganges bei jedem Bearbeitungsschritt auf dem Laufzettel festgehalten. Da die Beschäftigten selbst diese Daten am Arbeitsplatz ermitteln, handelt es sich bei dem Laufzettel um eine Eigenerhebung.

20 Manfred SCHULTE-ZURHAUSEN, Organisation, 4. Auflage 2005, S. 489

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VI. Methoden und Techniken der Organisation

Der Laufzettel kann insbesondere zur Überprüfung von Geschäftsprozessen und zur Ermittlung der Durchlaufzeiten (siehe Rn 125) verwendet werden. Er ist je-doch nicht geeignet, um Erkenntnisse zum Personalbedarf oder zum Auslastungs-grad der Beschäftigten zu gewinnen. Zudem kann das Laufzettelverfahren nur an-gewandt werden, wenn ein Informationsträger (z.B. ein Antrag oder eine Akte) den gesamten Prozess durchläuft.

Laufzettel

Vorgang

Aktenzeichen Eingangsdatum

Org.Einheit Bearbeiter Eingang (Datum, Uhrzeit)

Tätigkeit Bearbeitungs-beginn (Datum, Uhrzeit)

Bearbeitungs-ende (Datum, Uhrzeit)

Ausgang (Da-tum, Uhrzeit)

Tabelle 2: Muster eines Laufzettels21

Die Vorteile des Laufzettels sind:

Nur tatsächlich vorgenommene Tätigkeiten werden erfasst

geringe Störung des Prozesses

durch den Laufzettel können Daten zum gesamten Geschäftsprozess ge-wonnen werden

Nachteile des Laufzettelverfahrens:

sehr zeit- und arbeitsaufwändige Erhebung

Datenmanipulation kann nicht ausgeschlossen werden

Verteilzeiten werden nicht erfasst

1.3 Selbstaufschreibung

Durch die Selbstaufschreibung erheben die Beschäftigten Daten an ihrem Ar-beitsplatz, indem sie die durchgeführten Tätigkeiten mit Beginn- und Endzeitpunkt in zeitlicher Reihenfolge notieren. Wie beim Laufzettelverfahren handelt es sich um eine Eigenerhebung. Die Selbstaufschreibung kann in freier oder in strukturier-ter Form mit vorgefertigten Formularen durchgeführt werden. Da die freie Form einen hohen Aufwand für die Auswertung der gesammelten Informationen nach sich zieht, wird in der Praxis meist die strukturierte Selbstaufschreibung ange-wandt.

21 Nach: Organisationshandbuch des Bundesministeriums des Innern, S. 502, www.orghandbuch.de, Stand: 31.07.2007

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1. Erhebungstechniken

Vorteile der Selbstaufschreibung:

nur tatsächliche durchgeführte Tätigkeiten werden erfasst

es werden Informationen zu Anzahl und Dauer der Vorgänge gesammelt

Beteiligung der Beschäftigten am Erhebungsvorgang

Identifizierung von Störungen im Betriebsablauf ist möglich

Nachteile der Selbstaufschreibung:

sehr zeit- und arbeitsaufwändiges Verfahren

keine Berücksichtigung der Arbeitsqualität

Verfälschung der Daten durch die Mitarbeiter nicht ausgeschlossen

Akzeptanz bei den Beschäftigten ist zweifelhaft, weil diese eine Leistungs-kontrolle vermuten könnten

1.4 Interview

Das Interview ist die Befragung einer Person oder Personengruppe. Durch zielge-richtete Fragen werden Informationen aus den Antworten der Befragten gewon-nen. Interviews können als Einzel- oder als Gruppeninterviews durchgeführt werden. Bei Gruppeninterviews ist jedoch zu bedenken, dass sich die Befragten bewusst oder unbewusst gegenseitig beeinflussen können.

Es gibt grundsätzlich zwei Arten des Interviews, das freie und das standardisier-te Interview. Zwischen diesen beiden Grundformen sind jedoch Zwischenstufen möglich, so dass ein Interview mehr oder weniger frei bzw. standardisiert verlau-fen kann. Das freie Interview folgt einem nur groben Leitfaden, die Teilnehmer sind ansonsten in der Gesprächsführung frei. Beim standardisierten Interview sind die Fragen fest vorgegeben, ein Abweichen von diesem Fragenkatalog ist nicht vorgesehen.

Die Vorteile des Interviews:

Nach- und Rückfragen sind möglich

Erhebung persönlicher Ansichten der Befragten

Gewinnung zusätzlicher Informationen, die vorher nicht berücksichtigt wur-den

Nachteile des Interviews:

Ergebnisse sind nicht objektiv und müssen durch andere Erhebungstechni-ken bestätigt werden

hoher Zeitaufwand für die Durchführung

Anonymität kann dem Befragten nur schwer vermittelt werden, selbst wenn sie tatsächlich gewährleistet wird

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VI. Methoden und Techniken der Organisation

1.5 Fragebogen

Der Fragebogen weist Gemeinsamkeiten mit dem standardisierten Interview auf. Beide Verfahren nutzen festgelegte Fragenkataloge zur Informationsgewin-nung. Beim Fragebogen ist der Befragte jedoch allein und füllt den Fragebogen selbst aus. Der Fragebogen kann anonym gestaltet sein, so dass keine Rück-schlüsse auf den Befragten möglich sind. Hierdurch werden offene und ehrliche Antworten gefördert.

Der Fragebogen kann grundsätzlich dort eingesetzt werden, wo auch die Erhe-bung durch ein Interview möglich ist. Er ist geeignet, sowohl objektive Daten als auch subjektive Meinungen und Eindrücke zu gewinnen. Da der Fragebogen von den Beschäftigten selbst ausgefüllt wird, sind die Rückläufe zu überwachen. Gegebenenfalls sind die Ursachen für eine geringe Rücklaufquote zu analysieren und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Die mit dem Fragebogen gewonne-nen Informationen sind nur verlässlich, wenn eine hinreichend große Zahl der ausgegebenen Bögen zurück gesandt wird.

Vorteile des Fragebogens:

geringer Zeit- und Arbeitsaufwand

Ergebnisse werden in schriftlicher Form gewonnen

bei standardisierten Fragebögen ist eine einfache Auswertung möglich

viele Personen können gleichzeitig befragt werden

Anonymität des Fragebogens fördert die Akzeptanz

Nachteile des Fragebogens:

die Befragten können keine Rückfragen äußern, Missverständnisse sind nicht ausgeschlossen

Vorbereitung des Fragebogens ist aufwändig

es besteht das Risiko der Manipulation durch gemeinsames Ausfüllen meh-rerer Personen

1.6 Zeitaufnahme

Die Zeitaufnahme misst die Ist-Zeiten von Vorgängen. Die Messung erfolgt nicht durch die Beschäftigten selbst, sondern durch dafür beauftragtes Personal. Bei die-sem Verfahren handelt es sich somit um eine Fremderhebung. Die Zeitaufnahme ist geeignet für gleichförmige und wiederkehrende Tätigkeiten. Für geistige Tätig-keiten im Bereich der Verwaltung ist das Verfahren eher ungeeignet, weil die Be-ginn- und Endzeiten nicht immer eindeutig erkennbar sind und die Vorgänge in ih-rer Dauer und ihrem Umfang Schwankungen unterliegen.

Beginn- und Endzeitpunkte des zu beobachtenden Vorgangs werden mit einem Zeitnehmer (z.B Stoppuhr) gemessen und in einem Zeitaufnahmebogen festge-halten. Durch die ermittelten Zeiten können u.a. Erkenntnisse über die Auslastung von Betriebsmitteln oder den mengenmäßigen Personalbedarf gewonnen werden.

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1. Erhebungstechniken

Die Beschäftigten müssen über die Datenerhebung und deren Zweck informiert werden, gesetzliche und tarifliche Bestimmungen zur Beteiligung der Personal-vertretung müssen beachtet werden.

Die Vorteile der Zeitaufnahme sind:

die gewonnenen Daten sind statistisch abgesichert

hohe Objektivität der Informationen

Nachteile der Zeitaufnahme:

Messergebnisse können durch die Messung beeinflusst werden (Hawthor-ne-Effekt, siehe Seite 35, Fußnote 16)

Erhebung und Auswertung sind sehr aufwändig

für Verwaltungstätigkeiten nur bedingt geeignet

1.7 Multimomentaufnahme

Bei der Multimomentaufnahme werden Informationen durch stichprobenartige Beobachtungen in kurzen Zeitabständen gewonnen. Aus den Stichproben werden Erkenntnisse für den gesamten Beobachtungszeitraum abgeleitet. Die Datenerhe-bung erfolgt als Fremderhebung. Der Umfang der Stichprobe hängt von der gefor-derten Genauigkeit der Ergebnisse ab. Er wird nach folgender Formel ermittelt:

Die Zahl der notwendigen Beobachtungen n hängt ab vom z-Wert der gefor-derten Aussagewahrscheinlichkeit (bei einer Aussagewahrscheinlichkeit von 95% beträgt der z-Wert 1,96), dem geschätzten prozentualen Anteil p der un-tersuchten Ablaufart am Gesamtablauf und der geforderten Genauigkeit e (Vertrauensbereich). Sicherheit und Genauigkeit bedingen sich also gegenseitig, je genauer eine Aussage sein soll, desto unsicherer wird sie sein müssen.

Wird beispielsweise eine Aussagewahrscheinlichkeit von 95% gefordert und be-trägt der Anteil des untersuchten Merkmals bei 30% am Gesamtablauf so ergibt sich bei einer gewünschten Genauigkeit von 2% folgender Stichprobenumfang:

Zur Überprüfung der bereits gewonnen Informationen wird in der Regel nach etwa 500 Beobachtungen eine Zwischenauswertung durchgeführt. Hierbei wird über-prüft, ob der geschätzte Anteil p genau genug war. Wurde beispielsweise bei 500 Erhebungen die beobachtete Ablaufart 190 Mal festgestellt, so beträgt der vorläu-fig gemessene Anteil 38%. Anhand dieses Anteils wird nun überprüft, ob der Stich-probenumfang angepasst werden muss:

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n= z2⋅p⋅100−pe2

n=1,962⋅30⋅100−3022

=3,8416⋅30⋅704

=8067,364

=2016,84≈2020

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VI. Methoden und Techniken der Organisation

In diesem Beispiel ergab die Zwischenauswertung, dass der ermittelte Anteil vom zunächst geschätzten abwich. In der Folge muss der Stichprobenumfang von 2.020 Erhebungen auf 2.260 erhöht werden.

Die Multimomentaufnahme dient insbesondere zur Ermittlung von Aufgaben- und Verteilzeiten und des Auslastungsgrades der Beschäftigten. Wie bei der Zeitaufnahme müssen die Mitarbeiter über die Durchführung und den Zweck der Erhebung in Kenntnis gesetzt werden.

Vorteile der Multimomentaufnahme:

hohe Objektivität der ermittelten Daten

anonyme Auswertung ist möglich

Unterbrechung und spätere Wiederaufnahme der Erhebung sind möglich

Stichproben sind weniger aufwändig als Vollerhebungen

Die Nachteile der Multimomentaufnahme:

bewusste oder unbewusste Manipulation möglich

hoher Aufwand bei der Auswertung der Daten

zur Erfassung geistiger Verwaltungstätigkeiten ungeeignet

1.8 Analytisches Schätzen

Die mit der Technik des analytischen Schätzens gewonnenen Informationen sind nicht so exakt und verlässlich wie die mit den anderen Techniken erhobenen Da-ten. Durch analytisches Vorgehen und Unterteilung einer Aufgabe in kleine Teil-schritte wird jedoch die Genauigkeit dieser Methode erhöht. Das analytische Schätzen eignet sich insbesondere zur Ermittlung von Durchlaufzeiten und Fall-zahlen. Wegen der systembedingten Ungenauigkeit des analytischen Schätzens ist immer zu überprüfen, ob nicht eine der anderen Erhebungsmethoden ange-wandt werden kann.

Das analytische Schätzen wird im Rahmen von Interviews durchgeführt. Der be-fragte Personenkreis muss dabei sorgfältig ausgewählt sein, weil die Qualität der Schätzergebnisse insbesondere vom Wissen und der Erfahrung der Beteiligten ab-hängt. Zudem sollten die ausgewählten Personen auch mit der tatsächlichen Durchführung der untersuchten Aufgabe betraut sein.

Beim analytischen Schätzen kann nach der PERT-Methode22 vorgegangen wer-den. Hierbei werden drei Werte geschätzt, der optimistische Wert, der bei günsti-gen Umständen erreichbar ist, der realistische Wert, der angesetzt werden wür-

22 Program Evaluation and Review Technic, vgl. KGSt Berichte 6/1984 und 13/2006

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n=1,962⋅38⋅100−3822

=3,8416⋅38⋅624

=9050,814

=2262,7024≈2260

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1. Erhebungstechniken

de, sollte man einen Durchschnittwert angeben sowie der pessimistische Wert, der bei ungünstigen Umständen auftreten kann.

Die Berechnung des Schätzwertes nach der PERT-Methode erfolgt in der Weise, dass die Summe aus dem optimistischen und dem pessimistischen Wert sowie dem vierfachen des realistischen Wertes durch sechs geteilt wird:

Vorteile des analytischen Schätzverfahrens:

geeignet für alle Aufgabenbereiche

vergleichsweise geringer Aufwand

hohe Akzeptanz bei den Beteiligten durch Einbindung der Mitarbeiter

Nachteile des analytischen Schätzens:

Schätzergebnisse sind oft nicht transparent und nachvollziehbar

Qualität der erhobenen Informationen hängt von den Schätzfähigkeiten der beteiligten Personen ab

die gewonnenen Daten spiegeln einen vergangenen Zustand wieder

2. Dokumentationstechniken

Die Dokumentation von Aufbau- und Ablauforganisation dient zum einen den Be-schäftigten zur Information, zum anderen aber auch den mit der Gestaltung der Organisation betrauten Personen. Die Dokumentation gibt Aufschluss über den Ist-Zustand, bei der Konzeption neuer Strukturen wird mit der Dokumentation der künftige Sollzustand fixiert23.

2.1 Stellenbeschreibung

Die Stellenbeschreibung definiert abstrakt Ziele, Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten einer Stelle ohne Berücksichtigung des jeweiligen Stellenin-habers. Sie soll Kompetenzstreitigkeiten zwischen Beschäftigten vermeiden und die Beziehungen zu anderen Stellen klar und lückenlos regeln. Die Stellenbeschrei-bung bildet die Grundlage für die Stellenbesetzung.

Stellenbeschreibungen beschreiben einen momentanen Zustand und unterlie-gen einem Alterungsprozess. Es ist daher erforderlich, sie regelmäßig auf ihre Ak-tualität zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Je umfangreicher und de-taillierter eine Stellenbeschreibung ist, desto aufwändiger ist es, die Stellenbe-schreibung zu aktualisieren und zu pflegen.

Gerät eine Stellenbeschreibung zu starr und unflexibel, besteht das Risiko der Überorganisation. Hierdurch werden die notwendige Kreativität und Einsatzbe-

23 Manfred SCHULTE-ZURHAUSEN, Organisation, 4. Auflage 2005, S. 509

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wschätz=wopt4⋅w realwpess

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VI. Methoden und Techniken der Organisation

reitschaft der Beschäftigten beschränkt. Die Stellenbeschreibung sollte daher die Hauptaufgaben und Ziele der Stelle eher knapp beschreiben. Ferner ist dafür Sor-ge zu tragen, dass die Stellenbeschreibungen mit anderen Dokumentationen übereinstimmen und Redundanzen vermieden werden.

Die KGSt hat ein Muster für Stellenbeschreibungen entwickelt24, das folgende An-gaben empfiehlt:

Funktionsbezeichnung, Einordnung in die Aufbauorganisation (Amt/Fach-bereich, Abteilung, Sachgebiet), Dotierung

Wesentliche Tätigkeiten, Produktverantwortung

Dienstliche Beziehungen

Handlungsspielräume

Leitungs- und Ressourcenverantwortung, Leitungsspanne

Reichweite und Auswirkungen des Arbeitsverhaltens

Leistungs- und Finanzziele (Produktkontrakte)

Vertretungsregelungen

2.2 Organigramm

Das Organigramm ist die grafische Darstellung einer Organisationsstruktur. Stellen werden im Organigramm als Rechtecke oder Kreise visualisiert, Kommu-nikations- und Weisungswege werden durch Verbindungslinien dargestellt. Lei-tungs- und Ausführungsstellen werden üblicherweise durch Rechtecke repräsen-tiert, Stabs- und Hilfsstellen durch Kreise.

Da eine Verwaltungsorganisation sehr komplex sein kann, empfiehlt es sich, diese durch im Detailgrad abgestufte Organigramme abzubilden. Ein vollständiges Or-ganigramm einer Verwaltung wäre unübersichtlich und unhandlich. Ein Über-sichtsplan stellt nur die grobe Struktur der Organisation dar, eine genauere Glie-derung etwa auf Abteilungsebene kann in Detailplänen veranschaulicht werden.

Das Organigramm kann in vertikaler oder in horizontaler Form aufgebaut wer-den. Die Wahl der Darstellungsform orientiert sich an Zweckmäßigkeitsgesichts-punkten und der Übersichtlichkeit. Entscheidend ist, ob und wie sich das Organi-gramm auf dem vorhandenen Platz darstellen lässt. Auch Mischformen beider Darstellungsmöglichkeiten sind denkbar, gegebenenfalls muss das Organigramm in Einzelbilder unterteilt werden25.

24 KGSt-Bericht 2/199825 Darstellung angelehnt an: Manfred SCHULTE-ZURHAUSEN, Organisation, 4. Auflage 2005, S. 518

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Page 45: Öffentliche Betriebswirtschaftslehre 1.00

2. Dokumentationstechniken

Die im Organigramm grafisch dargestellte Organisationsstruktur wird oft durch zusätzliche schriftliche Informationen ergänzt. Zu den Symbolen der Stellen können die Stellenbezeichnungen, die Stelleninhaber, sowie Angaben wie Telefon-nummer, E-Mail-Adresse, Zimmernummer und andere Daten hinzugefügt werden. Man spricht dann von einem erweiterten Organigramm.

2.3 Flussdiagramm

Die allgemein unter der Bezeichnung Flussdiagramm bekannte Dokumentations-technik wird auch als Ablaufdiagramm, Folgeplan, Blockdiagramm, Folgestruktur-diagramm oder Flow Chart bezeichnet. All diese Begriffe bezeichnen jedoch die gleiche Technik, allenfalls bestehen je nach Literaturquelle geringfügige Unter-schiede in einzelnen Details.

Das Flussdiagramm dient insbesondere dazu, einzelne Prozesse grafisch darzu-stellen und ihre logische Struktur zu veranschaulichen. Die am Prozess beteiligten Elemente werden durch Symbole dargestellt, der Prozessablauf wird durch Flusslinien illustriert, wobei die Flussrichtung durch Pfeilspitzen angegeben wird.

Der Prozessablauf kann verzweigt werden, wobei die Verzweigungspunkte ent-weder Entscheidungen, logische Abfragen oder parallel ablaufende Subprozesse sind. Verzweigungen können rückgekoppelt oder zusammengeführt werden. Bei der Rückkopplung kehrt der Prozessablauf zu einem bereits durchlaufenen Punkt zurückt. Meist geschieht dies, nachdem ein Zwischenprozess zu einer Änderung der Ausgangssituation geführt hat. Bei der Zusammenführung treffen zwei oder mehr parallel ablaufende Subprozesse wieder aufeinander.

Zur Darstellung des Flussdiagramms werden folgende Symbole verwendet:

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Abbildung 15: Darstellungsformen für Organigramme

VertikalesOrganigramm

HorizontalesOrganigramm

Säulen-organigramm

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VI. Methoden und Techniken der Organisation

Die Ablauffolge beginnt und endet grundsätzlich mit einem Start-/Ende-Symbol. Es stellt die Nahtstelle zwischen dem Untersuchungsbereich und dem Systemumfeld dar26. Prinzipiell sollte der Verlauf der Flusslinien den zeitlichen Ablauf von oben nach unten darstellen. Es kann aus Platzgründen aber auch von diesem Grundsatz abgewichen werden, so dass aufeinander folgende Aktivitäten seitlich nebenein-ander abgebildet werden können. Durch die Pfeilspitzen der Flusslinien ist ge-währleistet, dass die richtige Reihenfolge stets erkennbar ist.

26 Manfred SCHULTE-ZURHAUSEN, Organisation, 4. Auflage 2005, S. 522

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Abbildung 16: Symbole des Flussdiagramms

Start/Ende(Arena)

Ablaufelement(Aktivität)

Oder-Verknüpfung

Konnektor(Verbindungsstelle)

Zeitliche Unterbrechungdes Prozesses

Und-Verknüpfung

Abbildung 17: Beispiel eines Flussdiagramms

Antragannehmen

Antragvollständig?

Start

FehlendeUnterlagenanfordernnein

Anspruchberechnen

1

Ablehnungs-bescheidfertigen

BestehtAnspruch?

nein

Bewilligungs-bescheidfertigen

Zahlunganweisen

Ende

ja

1

Page 47: Öffentliche Betriebswirtschaftslehre 1.00

2. Dokumentationstechniken

Sollte die Darstellung des Flussdiagramms auf mehreren Seiten abgebildet werden müssen, so können Verbindungsstellen (Konnektoren) verwendet werden, um die Anschlusspunkte hervorzuheben. Die Verbindungsstellen werden mit Buchsta-ben oder Zahlen beschriftet, um miteinander verbundene Punkte eindeutig zuord-nen zu können. Erfordert die Darstellung eine größere Anzahl von Seiten und wer-den mehrere Konnektoren verwendet, so empfiehlt es sich, zusätzlich am Aus-gangskonnektor die Seitenzahl anzubringen, auf der sich der Anschlusspunkt fin-det. Der Anschlusskonnektor erhält dann die Seitenzahl des Ausgangskonnektors.

2.4 Balkendiagramm

Das Balkendiagramm, auch Gantt-Diagramm27 genannt, wird in der Regel zur Darstellung von Projektabläufen verwendet. Die einzelnen Vorgänge des Projek-tes werden auf einer Zeitachse als entsprechend Ihrer Dauer als unterschiedlich lange Balken darstellt. Dies ermöglicht eine Terminplanung, weil erkennbar wird, welche Aktivitäten zu einem bestimmten Zeitpunkt ablaufen.

Zeitliche Abhängigkeiten können dargestellt werden, indem die Balken von auf-einander aufbauenden Vorgängen mit Linien verbunden werden. In Abbildung 18 könnten die Vorgänge C und D erst nach Abschluss des Vorgangs B begonnen werden. Ebenso kann Vorgang F erst nach Vorgang E begonnen werden, wobei Vorgang E wiederum vom Abschluss der Vorgänge C und D abhängt.

Durch diese grafisch dargestellten Abhängigkeiten werden auch Pufferzeiten sichtbar. Im Beispiel könnte Vorgang D eine Zeiteinheit später beginnen, ohne dass sich die Gesamtdauer des Projektes verlängert.

27 Nach Henry Laurence GANTT, 1861 – 1919, US-amerikanischer Ingenieur

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Abbildung 18: Balkendiagramm

Vorgang A

Vorgang B

Vorgang C

Vorgang D

Vorgang E

Vorgang F

1 2 3 4 5 6 7 8 9 Zeit

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VI. Methoden und Techniken der Organisation

2.5 Arbeitsablaufdarstellung

Die Arbeitsablaufdarstellung kombiniert Elemente des Funktionendiagramms und des Ablaufdiagramms. Das Funktionendiagramm stellt in einer Matrix dar, wie Aufgaben zu Stellen zugeordnet sind, also welche Aufgabenträger einzelne Arbeitsschritte wahrnehmen. Ähnlich geht auch das Ablaufdiagramm vor. Hier werden Ablaufabschnitte den beteiligten Organisationseinheiten zu geordnet.

Um beide Techniken zu vereinen, ist die Arbeitsablaufdarstellung zweigeteilt. Im linken Teil werden die einzelnen Tätigkeiten eines Geschäftsprozesses chronolo-gisch aufgeführt und Kategorien zugeordnet. Ergänzt werden diese Informationen um Angaben zu Wege- und Bearbeitungszeiten. Rechts erfolgt die Angabe, welche Stelle die jeweilige Teilaufgabe wahrnimmt.

Arbeitsablaufdarstellung

Amt Abteilung Sachgebiet Bearbeiter(Wer tut es?)

Arbeitsvorgang

Tätig

keits

stuf

e N

r.

Bear

beitu

ng

Wei

terl

eitu

ng

Prüf

ung

Auf

enth

alt

Abl

age

Weg

in M

inut

en

Zeit

in M

inut

en

Beschreibung der einzelnen Tätigkeitsstufe

(was wird konkret getan?)

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15

1

2

3

4

Tabelle 3: Arbeitsablaufdiagramm

Um einen Geschäftsprozess mit dem Arbeitsablaufdiagramm abzubilden, wird er in Teilschritte zerlegt, die in Spalte 9 beschrieben werden. Jeder Teilschritt wird ei-ner der Tätigkeitskategorien in den Spalten 2 bis 6 zugeordnet, das entspre-chende Symbol wird farblich hervorgehoben. Die Tätigkeitssymbole aufeinander folgender Teilschritte werden mit einer geraden Linie miteinander verbunden.

Entsprechend wird bei den Stellen verfahren, die die einzelnen Teilaufgaben wahrnehmen. Diese werden in den Spalten 10 ff. eingetragen, die bei einer Tei-laufgabe jeweils tätige Stelle wird mit einem Punkt markiert. Durch Verbinden die-ser Punkte ergibt sich ein Zick-Zack-Muster, an dem Bearbeiterwechsel ablesbar werden. Da so bereits erste Erkenntnisse über Optimierungsbedarf gewonnen

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193

194

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2. Dokumentationstechniken

werden können, steht die Arbeitsablaufdarstellung an der Schnittstelle zu den Analysetechniken.

2.6 Entscheidungstabelle

Die Entscheidungstabelle ist geeignet, um Aktionen in Abhängigkeit von Bedin-gungen darzustellen28. Dabei können Zusammenhänge zwischen den Bedingun-gen und den Aktionen übersichtlich in einer Tabelle dargestellt werden. Die Ent-scheidungstabelle ist eingeteilt in den Bedingungsteil und den Bedingungsan-zeigeteil sowie den Aktionteil und den Aktionsanzeigeteil.

Der Bedingungsteil besteht aus kurzen Beschreibungen der einzelnen Bedingun-gen. Diese sind entweder erfüllt (J) oder nicht erfüllt (N). Abhängig von der Anzahl n der Bedingungen ergeben sich maximal 2n Kombinationen dieser Bedingun-gen. Da es aber Konstellationen geben kann, deren Ergebnis nicht von allen Be-dingungen abhängig ist, reduzieren sich die tatsächlichen Kombinationen. Ist eine Bedingung unerheblich, so wird sie mit einem Minuszeichen (-) dargestellt. Die Kombination mehrerer Bedingungen heißt Regel.

R1 R2 R3 R4 R5 R6 R7 R8

Bedingung 1 J J J J N N N N

Bedingung 2 J J N N J J N N

Bedingung 3 J N J N J N J N

Tabelle 4: Mögliche Regeln bei drei Bedingungen

Für jede Regel muss nun definiert werden, welche Aktionen folgen müssen, wenn die Bedingungen der Regel erfüllt sind. Im Aktionsteil werden diese beschrieben, im Aktionsanzeigeteil wird festgelegt, welche Aktionen durchzuführen sind, wenn die Regel erfüllt ist. Die Anzahl der Aktionen ist dabei unabhängig von der Anzahl der Bedingungen und der Regeln. Es ist auch möglich, dass nach unterschiedlichen Regeln dieselben Aktionen folgen.

Aktion 1 X X X

Aktion 2 X X X X X

Aktion 3 X X X

Tabelle 5: Muster des Aktions- sowie des Aktionsanzeigeteils

Entscheidungstabellen müssen vollständig sein, dass bedeutet, dass sie für jede mögliche Kombination von Bedingungen angibt, welche Aktionen folgen sollen. Dabei müssen aber nur solche Kombinationen berücksichtigt werden, die in der Realität auch wirklich vorkommen (können).

28 So auch Manfred SCHULTE-ZURHAUSEN, Organisation, 4. Auflage 2005, S 546 ff., der die Entscheidungstabelle aber dennoch zu den Analysetechniken zählt

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VI. Methoden und Techniken der Organisation

Ferner dürfen Entscheidungstabellen nicht redundant und nicht widersprüchlich sein. Redundanz liegt vor, wenn zwei oder mehr Regeln inhaltlich gleich sind. Dies ist der Fall, wenn entweder die Bedingungszustände (J/N) identisch sind oder aber sich nur in Bedingungen unterscheiden, die irrelevant (-) sind. Widersprüch-lich ist eine Entscheidungstabelle, die an gleiche Regeln verschiedene Aktionen knüpft. Schließen die Aktionen einander aus, so bedarf es einer logischen Über-prüfung der Regeln und Aktionen. Ergänzen sich die Aktionen, so sind die schein-bar widersprüchlichen Regeln zusammenzuführen.

3. Analysetechniken

Bei der Organisationsuntersuchung wird der gegebene Ist-Zustand kritisch be-trachtet und hinterfragt. Hierbei werden Methoden der Analyse angewandt, um Optimierungsbedarf und -potenzial aufzuspüren und Ansätze für Lösungen zu erkennen.

3.1 Vorgangsknotennetzplan

Mit der Netzplantechnik können Abläufe analysiert, geplant und gesteuert wer-den. Hierzu wird der Ablauf in ein netzartiges Modell übertragen und ausgewertet. Neben dem Vorgangspfeilnetzplan und dem Ereignisknotennetzplan gehört der Vorgangsknotennetzplan zu den Netzplantechniken. Dieser findet beim Projektmanagement häufig Anwendung und wird von den gängigen Software-Pro-grammen für Projektmanagement unterstützt.

Die Erstellung eines Vorgangsknotennetzplanes beginnt mit der Vorgangsliste. In dieser werden die einzelnen Vorgänge erfasst und durchnummeriert. Zu jedem Vorgang wird vermerkt, welcher Vorgang diesem vorangehen muss. So erhält je-der Vorgang außer dem Startknoten einen Vorgänger und jeder Vorgang mit Ausnahme des Endknotens einen Nachfolger. Zu jedem Vorgang wird dessen Dauer ermittelt. Diese ist für die spätere Analyse von Bedeutung.

Die so gesammelten Vorgänge werden in einem Netzplan dargestellt. Zwischen den einzelnen Knoten können einfache Beziehungen bestehen, wenn die Vorgän-ge ohne Verzweigung aufeinander folgen. Bei Und-Beziehungen folgen auf einen Vorgänger zwei oder mehr Vorgänger. Die Und-Zusammenführung liegt vor, wenn mehrere Vorgänge zu einem gemeinsamen Nachfolger zusammenlau-fen. Ferner können Vorgänge auch parallel zueinander verlaufen.

Jeder Vorgang hat bei vorgegebener oder erwünschter Gesamtdauer des Ablaufes einen frühesten Anfangszeitpunkt (FAZ) und einen spätesten Endzeitpunkt (SEZ). Der FAZ ergibt sich daraus, dass zunächst alle vorhergehenden Vorgänge abgeschlossen sein müssen, bevor der in Rede stehende Vorgang beginnen kann. Der SEZ wird durch die angestrebte Gesamtdauer des Ablaufes bestimmt, eine Überschreitung des SEZ würde zu einer Verzögerung des gesamten Prozesses füh-ren.

Ausgehend vom Startknoten erfolgt eine Vorwärtsrechnung, indem von dessen FAZ die jeweilige Dauer der Folgevorgänge aufaddiert werden. So ergibt sich für

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204

205

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200

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3. Analysetechniken

jeden Knoten der jeweilige FAZ sowie der SEZ. Anschließend erfolgt eine Rück-wärtsrechnung in umgekehrter Richtung. Der SEZ des Zielknotens ist zugleich dessen frühester Endzeitpunkt (FEZ), weil dieser entscheidend ist, ob die Termin-vorgabe gehalten werden kann.

Bei jedem Vorgang wird nun von dessen FEZ die Dauer des Vorganges subtrahiert. Das Ergebnis ist der späteste Anfangszeitpunkt (SAZ) des Vorganges. Ergibt sich zwischen FAZ und SAZ bzw. zwischen FEZ und SEZ eine Differenz, so verfügt dieser Vorgang über einen Puffer. Der Vorgang könnte um diese Pufferzeit verzögert werden, ohne dass der Gesamtablauf beeinflusst wird.

Vorgangsnummer

Bezeichnung

FAZ Dauer FEZ

SAZ Puffer SEZ

Tabelle 6: Beschriftung eines Vorgangsknotens

Sind FAZ und SAZ identisch, so hat der Vorgang keinen Puffer, eine Verzögerung des Vorganges würde den Gesamtablauf verzögern. Aus der Verbindung aller Vor-gänge ohne Puffer ergibt sich der kritische Weg. Auf diesem Weg führt jede Ver-zögerung eines Vorgangs zu einer Verspätung des gesamten Projektes. Wegen sei-ner Bedeutung wird der kritische Weg in der grafischen Darstellung besonders kenntlich gemacht.

3.2 ABC-Analyse

Die ABC-Analyse ist eine Methode, um in großer Zahl auftretende Erscheinungen zu gewichten und Prioritäten zu setzen. Dabei wird Wesentliches von Unwesentli-chem getrennt, so dass sich die Bemühungen eher auf die wesentlichen Sachver-

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Abbildung 19: Beispiel für einen Vorgangsknotennetzplan (Dienstreise)

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8

3

3

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Hotel buchen

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5

9

2

4

7

11

Fahrzeug reservieren

4

11

15

1

4

12

16

Genehmigungsantrag

6

0

0

5

0

5

5

Ort bestimmen

1

5

5

6

0

11

11

Programm planen

3

11

11

5

0

16

16

Teilnehmer einladen

5

16

16

4

0

20

20

Infoveranstaltung

7

20

20

3

0

23

23

Anreise

8

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VI. Methoden und Techniken der Organisation

halte konzentrieren können. Die Technik erhält ihren Namen aus dem Umstand, dass die untersuchten Objekte in drei Kategorien eingeteilt werden, wobei zur Kategorie A die sehr wichtigen Objekte gehören und in Klasse C die weniger wich-tigen.

Der ABC-Analyse liegt das Pareto-Prinzip29 zugrunde. Dieses beschreibt eine Wahrscheinlichkeitsverteilung, nach der eine kleine Anzahl von Werten einen großen Anteil am Gesamtwert der beobachteten Masse ausmacht. So verfügen beispielsweise etwa 20 Prozent der Deutschen fast 80 Prozent des gesamten Ver-mögens30. Da sich ähnliche Verteilungsverhältnisse auch bei anderen Sachverhal-ten beobachten lassen, wird das Pareto-Prinzip auch 80-20-Verteilung genannt.

Mit Hilfe der ABC-Analyse lassen sich diejenigen Objektgruppen identifizieren, denen gesteigerte Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte, weil diese aufgrund ihres großen Wertanteils auch die größten Optimierungspotenziale bieten. So könnte beispielweise ermittelt werden, welche Sachmittel das größte Kostenvolu-men besitzen, um gezielt bei diesen Sachmitteln nach Einsparmöglichkeiten zu su-chen. Die folgende Tabelle soll die Wertverteilung fiktiver Sachmittel darstellen:

Wurde zu jedem Sachmittel der jeweilige Wertanteil ermittelt, so wird bereits er-kennbar, welche Güter einen besonders hohen Anteil am Gesamtwert ausmachen. Es empfiehlt sich aber immer, die Tabelle nach den Wertanteilen absteigend zu sortieren. Anschließend können die Kategorien A, B und C gebildet werden, in-dem die kumulierten Anteile der Güter eingeteilt werden. Eine feste Vorgabe für die Einteilung gibt es nicht, erfahrungsgemäß gehören zur Kategorie A diejenigen Objekte, deren kumulierter Anteil etwa 75 bis 80 Prozent ausmacht.

29 Benannt nach den italienischen Ingenieur und Soziologen Vilfredo PARETO (1848-1923)30 Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung 2007, Stand der Daten 2002

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Tabelle 7: Ermittlung der Wertanteile

Anzahl Einzelkosten Gesamtkosten AnteilSachmittel A 700 200,00 € 140.000,00 € 22,0%Sachmittel B 5 6.000,00 € 30.000,00 € 4,7%Sachmittel C 10 400,00 € 4.000,00 € 0,6%Sachmittel D 1400 25,00 € 35.000,00 € 5,5%Sachmittel E 2 2.500,00 € 5.000,00 € 0,8%Sachmittel F 240 1.400,00 € 336.000,00 € 52,9%Sachmittel G 30 900,00 € 27.000,00 € 4,3%Sachmittel H 10 1.800,00 € 18.000,00 € 2,8%Sachmittel I 400 100,00 € 40.000,00 € 6,3%

635.000,00 €

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3. Analysetechniken

Es wird erkennbar, dass die Sachmittel A und I zusammen bereits rund 75 Prozent des wertmäßigen Gesamtvolumens aller Sachmittel stellen. Die Sachmittel G, H, E und C hingegen verfügen hingegen nur über einen Wertanteil von etwas über acht Prozent. Einsparbemühungen sollten daher zunächst bei den Gütern der Ka-tegorie A ansetzen. Gelingt es beispielsweise, hier einen Händlerrabatt von drei Prozent zu erzielen, so wäre ein Betrag von 14.280 Euro eingespart worden. Um diesen Betrag bei Gütern der Kategorie C zu erzielen, müsste der Händlerrabatt über 26 Prozent betragen.

3.3 Nutzwertanalyse

Die Nutzwertanalyse dient der Bewertung von Handlungsalternativen. Durch Gewichtung und Bewertung einzelner Kriterien wird diejenige Alternative ermittelt, die den meisten Nutzen stiftet. Die Nutzwertanalyse richtet sich somit am Gebot der Wirtschaftlichkeit aus.

Zunächst müssen die vorhandenen Alternativen ermittelt werden, zwischen de-nen eine Entscheidung getroffen werden soll. Anschließend werden Kriterien be-stimmt, nach denen die Auswahl erfolgen soll. Hierbei ist es möglich, notwendige Kriterien festzulegen, die zwingend erfüllt sein müssen. Erfüllt eine Alternative die-ses sogenannte K.O.-Kriterium nicht, so scheidet sie allein deswegen aus.

Den ausgewählten Kriterien ist jeweils eine Gewichtung zuzuteilen, die die Be-deutung des Kriteriums ausdrücken soll. In der Regel soll die Summe der Gewich-tungen 100% betragen, denkbar ist aber auch, die Gewichtung anhand einer Punkteskala vorzunehmen. Das Ergebnis beeinflusst dies nicht.

Für jedes Kriterium und jede Alternative wird der Zielerreichungsgrad (ZERG) bestimmt. Bei objektiv messbaren Kriterien kann dieser mathematisch ermittelt werden, indem der jeweilige Wert zum denkbaren Optimum in Relation gesetzt wird. Bei eher subjektiven Kriterien ist die Bestimmung des ZERG schwieriger, da-her sollte diese von mehreren Personen gemeinsam vorgenommen werden, um ein ausgewogeneres Ergebnis zu erhalten.

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Tabelle 8: Sortierung und Einteilung in Kategorien

Anzahl Einzelkosten Gesamtkosten Anteil KumuliertSachmittel F 240 1.400,00 € 336.000,00 € 52,9% 52,9%

ASachmittel A 700 200,00 € 140.000,00 € 22,0% 75,0%Sachmittel I 400 100,00 € 40.000,00 € 6,3% 81,3%

BSachmittel D 1400 25,00 € 35.000,00 € 5,5% 86,8%Sachmittel B 5 6.000,00 € 30.000,00 € 4,7% 91,5%Sachmittel G 30 900,00 € 27.000,00 € 4,3% 95,7%

CSachmittel H 10 1.800,00 € 18.000,00 € 2,8% 98,6%Sachmittel E 2 2.500,00 € 5.000,00 € 0,8% 99,4%Sachmittel C 10 400,00 € 4.000,00 € 0,6% 100,0%

635.000,00 €

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213

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VI. Methoden und Techniken der Organisation

Im nächsten Schritt werden die Zielerreichungsgrade mit der Gewichtung mul-tipliziert. Das Ergebnis ist der Teilnutzen der Alternative für dieses Kriterium. Für jede Alternative werden die Teilnutzenwerte addiert, um den Gesamtnutzen zu ermitteln. Anhand des Gesamtnutzens wird eine Rangfolge der Alternativen aufge-stellt. Wurden die Gewichtungen und die Zielerreichungsgrade sorgfältig be-stimmt, so stellt die Alternative mit dem höchsten Gesamtnutzen die wirtschaft-lichste Lösung dar.

Zu bedenken ist aber, dass Bestimmung der Gewichtungen und der Zielerrei-chungsgrade subjektiv gefärbt sind. Die mathematische Genauigkeit der Nutz-wertanalyse kann also eine Exaktheit des Ergebnisses vortäuschen, die tatsächlich womöglich nicht vorhanden ist.

3.4 Ursache-Wirkungs-Diagramm

Das Ursache-Wirkungs-Diagramm ist auch unter den Begriffen Ishikawa-Dia-gramm31, Cause-and-Effect-Diagram, Fischgräten-Diagramm oder Fehlerbaum-Diagramm bekannt. Es dient der Analyse von Qualitätsproblemen und der Ursa-chenfindung. Da es als Diskussionsgrundlage geeignet ist, wird es oft in Gruppen wie Qualitätszirkeln eingesetzt.

Ausgehend von wenigen Hauptursachen für einen unerwünschten Zustand er-folgt eine immer feiner werdende Gliederung in Neben- und Unterursachen. Die grafische Darstellung erleichtert Ursachenfindung. Den möglichen Ursachen werden Wahrscheinlichkeitswerte zugeordnet. Anhand der so gefundenen Ein-flussgrößen und deren Bedeutung können Handlungsstrategien entwickelt werden, um das Problem zu lösen.

Um ein Ursache-Wirkungs-Diagramm zu erstellen, muss zunächst das Problem formuliert und der Hauptstrang gezeichnet werden. Von diesem Hauptstrang ge-hen schräg gezeichnete Pfeil ab, die die Hauptursachen darstellen. Als Hauptursa-chen kommen insbesondere die Faktoren Mensch, Methode, Information und Mittel in Betracht. Weitere Hauptursachen können Management, Mitwelt, Prozes-

31 Nach dem Entwickler dieser Technik benannt. ISHIKAWA Kaoru (1915-1989) war ein chinesischer Chemiker, der sich mit Qualitätsmanagement befasste.

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Tabelle 9: Beispiel einer Nutzwertanalyse

Alternative 1 Alternative 2 Alternative 3 Alternative 4

Gewichtung ZERG Teilnutzen ZERG Teilnutzen ZERG Teilnutzen ZERG Teilnutzen

Kriterium 1 20% 4 0,8 2 0,4 3 0,6 5 1

Kriterium 2 12% 2 0,24 7 4 7 0,84 8 0,96

Kriterium 3 40% 6 2,4 5 2 3 1,2 6 2,4

Kriterium 4 10% 9 0,9 8 0,8 8 2 4 0,4

Kriterium 5 18% 1 0,18 3 0,54 6 1,08 3 0,54

100% 4,52 7,74 5,72 5,30

Page 55: Öffentliche Betriebswirtschaftslehre 1.00

3. Analysetechniken

se und ähnliches sein. Je nach Literaturquelle werden andere Hauptursachen her-angezogen.

Die Hauptursachen werden um die Neben- und Unterursachen ergänzt. Diese werden ebenfalls durch Pfeile eingezeichnet, die aber auf die Pfeile der Hauptur-sachen hinführen. So entsteht eine feine Verästelung des Schaubildes, aus der die Ursachenzusammenhänge ersichtlich werden. Hieraus leiten sich die Bezeich-nungen Fischgräten- und Fehlerbaumdiagramm ab.

Sind die Haupt-, Neben- und Unterursachen identifiziert und in das Diagramm eingefügt, muss es auf Vollständigkeit überprüft werden. Die grafische Darstel-lung hilft dabei, noch fehlende Ursachen aufzuspüren, da es die Kreativität der beteiligten Personen fördert und Denkanstöße bietet.

Die gefundenen Ursachen und Zusammenhänge werden nun bewertet und nach ihrer Bedeutung für das Problem gewichtet. Es gilt hierbei die wahrscheinlichsten Ursachen für das Problem zu identifizieren. Die Ursache mit der höchsten Wahr-scheinlichkeit soll bestimmt werden.

Anschließend erfolgt eine erneute Überprüfung des gefundenen Ergebnisses. Die ermittelte Ursache mit der höchsten Wahrscheinlichkeit wird verifiziert, gegebe-nenfalls werden Kenntnisse und Erfahrungen von Fachkräften herangezogen. Sta-tistische Test können hierbei Unterstützung bieten.

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Abbildung 20: Ursache-Wirkungs-Diagramm

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Mensch Methode

Information Mittel

Ursachen Wirkung

Problem

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VI. Methoden und Techniken der Organisation

4. Kreativitätstechniken

Komplexe Probleme erfordern oft ungewöhnliche Lösungsansätze. Nicht immer lassen sich Lösungen durch rationale und logische Überlegungen finden. Um an-dere Wege der Problemlösung zu erschließen, benutzt die Organisationslehre Kreativitätstechniken.

Abbildung 21: Nutzen der Kreativitätstechniken32

4.1 Brainstorming

Beim Brainstorming wird die Dynamik einer Gruppe genutzt, um intuitive und kreative Lösungsansätze zu finden. Die Mitglieder der Gruppe bereichern sich ge-genseitig durch Einfälle und Assoziationen und erzeugen so spontane Ideen. Eine Bewertung dieser Ideen erfolgt erst später, um während des Brainstormings möglichst viele ungefilterte Denkansätze finden zu können.

Beim Brainstorming müssen gewisse Rahmenbedingungen vorherrschen, so dass folgende Regeln zu beachten sind:

Quantität vor Qualität – es kommt darauf an, möglichst viele Ideen zu sammeln

Keine Kritik – eine Bewertung der gefundenen Ideen erfolgt nicht erst nach dem Brainstorming, nicht währenddessen

Aufgreifen bereits geäußerter Ideen – die gefundenen Ideen sollen in der Gruppe weiterentwickelt werden

Phantasieren ist erlaubt und erwünscht – auch scheinbar sinnlose Ide-en können im weiteren Verlauf der Brainstorming-Sitzung zu neuen und brauchbaren Ansätzen führen

Eine Brainstorming-Sitzung sollte nicht länger als 30 Minuten dauern, weil dann die Kreativität und die Konzentration der Teilnehmer nachlassen. Und die Grup-pendynamik tatsächlich nutzen zu können, darf die Gruppe nicht zu klein sein, fünf Personen sollte sie mindestens umfassen. Bei zu vielen Teilnehmern kann es zu Kommunikationsschwierigkeiten kommen, die Obergrenze für die Teilnehmer-zahl liegt etwa bei 10 bis 12 Personen.

Eine Moderation der Gruppe ist empfehlenswert, um ihre Kommunikation zu len-ken. Der Moderator soll die Gruppe in das Problem einführen, die Regeln des Brainstormings vorstellen und erläutern sowie auf deren Einhaltung achten. Ferner

32 Aus: Manfred SCHULTE-ZURHAUSEN, Organisation, 4. Auflage 2005, S. 557

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Ist Soll Ist Soll

ohne Kreativitätstechniken mit Kreativitätstechniken

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Page 57: Öffentliche Betriebswirtschaftslehre 1.00

4. Kreativitätstechniken

soll er die gesammelten Ideen festhalten. Eine Darstellung dieser Ideen auf einer Tafel oder einem Flipchart kann die Phantasie der Beteiligten anregen.

Nach der Brainstorming-Sitzung werden die gefundenen Ideen auf ihre Umsetz-barkeit überprüft, unklare oder offensichtlich unbrauchbare Einfälle werden aus-sortiert. Die Auswertung der Ideen erfolgt entweder allein durch den Leiter der Brainstorming-Sitzung oder in der gesamten Gruppe.

4.2 Brainwriting/Methode 635

Diese Technik ist eine Weiterentwicklung und Abwandlung des Brainstormings. Beim Brainwriting werden die Einfälle nicht mündlich formuliert, sondern schrift-lich auf Ideenzetteln festgehalten. Diese Zettel werden anschließend herumge-reicht, so dass jeder Beteiligte jeweils einmal den Zettel jeder anderen Person vor-liegen hatte, um seine Ideen zu ergänzen.

Der Begriff Methode 63533 ergibt sich aus der Vorgabe, dass sechs Teilnehmer jeweils drei Ideen notieren und ihren Zettel dann fünf Mal an die anderen Teil-nehmer weiterreichen. Der Ideenzettel ist aus drei Zeilen für die Einfälle und sechs Spalten für die beteiligten Personen aufgebaut. Für jede Runde sollten etwa drei bis fünf Minuten eingeplant werden, wobei für die späteren Runden längere Zeiten vorgesehen werden können, um die bisherigen Ideen zu lesen und darauf aufzubauen. Nach sechs Runden liegen so sechs ausgefüllte Ideenzettel mit jeweils 18 Einfällen vor.

4.3 Mind Map

Um kreative Prozesse zu unterstützen, kann eine Mind Map (Gedankenkarte) ein-gesetzt werden. Das zentrale Thema wird auf einem Blatt in der Mitte platziert. Davon ausgehend verzweigen sich Hauptäste mit Unterthemen, die sich wiederum in Unteräste aufspalten können. So können Einfälle und Informationen hierar-chisch strukturiert und grafisch dargestellt werden. Die Mind Map kann von Einzel-personen, aber auch in Gruppen eingesetzt werden.

33 Zum Teil auch als Methode 653 bezeichnet, aber ohne inhaltliche Abweichungen. Gelegentlich werden die Zahlen auch durch Bindestriche voneinander getrennt.

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VI. Methoden und Techniken der Organisation

Im Gegensatz zum Brainstorming ergibt sich beim Mind Mapping bereits wäh-rend des Erstellens eine gedankliche Struktur. Andererseits kann eine Mind Map auch verwendet werden, um nachträglich Einfälle zu strukturieren, die mit einem Brainstorming gesammelt wurden.

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Abbildung 22: Struktur einer Mind Map

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VII. Personalführung

VII.Personalführung

Die Personalführung und -motivation ist ein Teilgebiet der Personalwirtschaft. Die Personalplanung ist das andere Teilgebiet. Sie befasst sich mit der quantita-tiven und qualitativen Anpassung der Personalausstattung und wird in Kapitel VIII. behandelt.

1. Faktoren der Leistungserbringung 34

Die von einem Mitarbeiter erbrachte Arbeitsleistung ist im Wesentlichen von zwei Faktoren abhängig. Auf der Seite des Beschäftigten steht sein Leistungspotenzi-al, auf der Seite der Verwaltung die Nachfrage nach seiner Leistung.

Für das Leistungspotenzial des Beschäftigten sind zum einen dessen Leistungsfä-higkeit und dessen Leistungsbereitschaft maßgeblich. Mit dem Begriff der Leis-tungsfähigkeit sind die Fertigkeiten und Kenntnisse des Mitarbeiters gemeint, also seine physischen und intellektuellen Anlagen. Die Leistungsbereitschaft wird be-stimmt durch die Erwartungen und Bedürfnisse des Mitarbeiters (dazu sogleich Rn 240). Leistungsbereitschaft ist der Wille, eine Aufgabe um ihrer selbst willen zu er-füllen. Die Bedürfnisbefriedigung des Beschäftigten findet unmittelbar durch Wahr-nehmung der Tätigkeit statt.

Die von der Organisation nachgefragte Leistung wird durch intrinsische und ex-trinsische Faktoren bestimmt. Intrinsische Faktoren sind die Anforderungen, die eine Aufgabe an den Mitarbeiter stellt. Je mehr die Eigenschaften und Fähigkeiten eines Menschen mit seiner Aufgabe übereinstimmen, desto höher ist dessen intrin-sische Motivation, also dessen Bereitschaft, eine Sache um ihrer selbst willen zu tun. Extrinsische Motivation kann durch Anreize gesteuert werden (dazu sogleich Rn 248).

34 Zum Einfluss der Führung auf die Leistungsfähigkeit siehe Rn 262

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Abbildung 23: Faktoren der Leistung

Leistungs-potenzial

Leistungs-nachfrage

Mitarbeiter Organisation

ErbrachteLeistung

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VII. Personalführung

2. Mitarbeitermotivation

Im Gegensatz zu Maschinen verfolgen die Mitarbeiter das Ziel der Bedürfnisbe-friedigung. Wenn die Bedürfnisse der Mitarbeiter nicht befriedigt werden, schlägt sich dies auf das Arbeitsergebnis durch. Unmotivierte Mitarbeiter erbringen eine geringere Leistung, was das Betriebsergebnis negativ beeinflusst.

Die Betriebs- bzw. Verwaltungsführung muss sich mit den Interessen der Beschäf-tigten auseinandersetzen, sie erkennen und ihnen mit verschiedenen Motiva-tionsinstrumenten begegnen. MASLOW

35 hat die menschlichen Bedürfnisse in Stu-fen unterteilt und in einer Bedürfnispyramide dargestellt:

Nach MASLOW kann ein übergeordnetes Bedürfnis erst dann befriedigt werden, wenn die darunter liegenden Bedürfnisse erfüllt wurden. Die unteren drei Stufen werden als Defizitbedürfnisse bezeichnet, die beiden oberen Stufen nennt man Wachstumsbedürfnisse. Charakteristisch für die Wachstumsbedürfnisse ist ihre Eigenschaft, nie vollständig befriedigt werden zu können.

Die Erfüllung der physiologischen Grundbedürfnisse wie Essen, Trinken, Schla-fen ist für die menschliche Existenz unerlässlich. Auf der Stufe der Sicherheitsbe-dürfnisse begeht der Mensch wirtschaftliche Sicherheit und den Schutz vor dro-henden Gefahren und Risiken. Soziale Bedürfnisse umfassen Geborgenheit und Schutz in gesellschaftlichen Gruppen.

35 Abraham Harold MASLOW, geb. 01.04.1908, gest. 08.06.1970, US-amerikanischer Psychologe

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Abbildung 24: Bedürfnispyramide nach Maslow

Selbst-verwirklichung

Anerkennungund Wertschätzung

Soziale Bedürfnisse

Sicherheitsbedürfnisse

Physiologische Grundbedürfnisse

Def

izit

bed

ürf

nis

seW

ach

stu

ms-

bed

ürf

nis

se

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2. Mitarbeitermotivation

Auf der vierten Stufe strebt der Mensch nach Anerkennung und Wertschätzung durch andere Menschen, insbesondere durch Arbeitskollegen und Vorgesetze. Er wünscht sich, dass seine Leistungen und sein Verhalten gewürdigt werden. Auf der höchsten Bedürfnisstufe sucht der Mensch Selbstverwirklichung, Individualität und weltanschaulicher Orientierung.

Der Mitarbeiter erwartet, dass seine Arbeit ihm einen Nutzen bringt, also der Be-friedigung seiner Bedürfnisse dient. Dieser Nutzen kann materieller Art in Form der geldmäßigen Vergütung seiner Arbeit sein, aber auch immaterieller Art durch Gruppenzugehörigkeit und Anerkennung als Mensch.

Aber auch die Verwaltung, die den Mitarbeiter beschäftigt, hat Erwartungen an diesen. Sie fordert, dass der Mitarbeiter die aufgestellten Regeln einhält, sich für die Ziele der Verwaltung einsetzt und sich mit der Organisation identifiziert. Die Erwartungen der Verwaltung und des Beschäftigten können sich decken, stehen sich aber unter Umständen auch entgegen.

Der Begriff der Motivation kann auf zweierlei Weise verstanden werden. Zum einen beschreibt er das Streben eines Menschen zu einem bestimmten Handeln, also seine Verhaltensbereitschaft (der Mensch ist motiviert). Zum anderen ist Motivation auch das Einwirken anderer Personen auf einen Menschen, um bei diesem bestimmte Verhaltensweisen hervorzurufen (der Mensch wird motiviert).

3. Motivationsinstrumente

Um die Einsatzbereitschaft der Mitarbeiter zu steigern, bedient sich die Betriebs-leitung verschiedener Motivationsinstrumente. Diese lassen sich in monetäre und nichtmonetäre Anreize unterteilen. Bei allen Motivationsinstrumenten sind die Besonderheiten des öffentlichen Dienstes zu berücksichtigen.

Das im öffentlichen Dienst geltende Leistungsprinzip soll leistungsstarken Mitar-beiten das berufliche Fortkommen ermöglichen und zugleich die Qualität der Dienstleistungen sichern. Bei allen Personalentscheidungen sind Eignung, Befähi-gung und fachliche Leistung der Bewerber zu berücksichtigen. Andere monetäre Leistungsanreize sind im öffentlichen Dienst entweder gesetzlich vorgegeben oder tarifvertraglich vereinbart. Außerhalb dieser Regelungsgefüge sind weitere Anreize kaum möglich.

Es sind im öffentlichen Dienst folgende Instrumente vorgesehen:

Leistungsstufen – bei herausragenden Leistungen ist ein vorzeitiges Auf-rücken in die nächsthöhere Gehaltsstufe möglich, bei mangelhaften Leis-tungen droht ein längeres Verbleiben in der bisherigen Stufe.

Leistungsprämien - Einmalzahlung für eine herausragende Einzelleis-tung, die zu einem anerkennenswerten, sichtbaren Erfolg geführt hat oder von nachhaltiger Wirkung war.

Leistungszulagen – wiederkehrende, aber befristete Zulage zur Anerken-nung besonderer Leistungen.

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VII. Personalführung

Als nichtmonetäre Anreize sind grundsätzlich die Instrumente möglich, die auch bei privatwirtschaftlichen Unternehmen angewandt werden und die durch organi-satorische Maßnahmen eingesetzt werden können: Weiterbildung und Aufstieg, Arbeitszeitregelung, Arbeitsplatzgestaltung, Arbeitsinhalte, Betriebsklima und Füh-rungsstil36.

4. Arbeitsbewertung

Die Entlohnung der Beschäftigten ist für diese ein wichtiges Motivationsinstru-ment. Jeder Mitarbeiter erwartet für seine geleistete Arbeit eine entsprechende fi-nanzielle Vergütung. Er wird diese nur dann als gerecht empfinden, wenn sie zum einen in einem entsprechenden Verhältnis zur Wertigkeit der Arbeit steht, zum an-deren aber auch im Vergleich zur Entlohnung der anderen Beschäftigten ange-messen ist.

Die Arbeitsbewertung betrachtet die Anforderungen, die an einen Mitarbeiter gestellt werden. Im Jahr 1950 wurde auf einer Konferenz für Arbeitsbewertung das sogenannte Genfer Schema entwickelt, das die Anforderungen in Gruppen einteilt:

Anforderungsarten Erläuterungen

I. Fachkönnen Geistige Anforderungen Körperliche Anforderungen

II. Belastung Geistige Beanspruchung Körperliche Beanspruchung

III. Verantwortung Ausführungs- oder Ressourcenverantwortung

IV. Arbeitsbedingungen Umgebungseinflüsse wie Hitze, Schmutz u.ä.

Tabelle 10: Genfer Schema

Zur Arbeitsbewertung haben sich verschiedene Verfahren herausgebildet. Diese lassen sich in summarische und analytische Bewertungsverfahren unterschei-den. Die summarischen Verfahren bewerten Arbeit als Ganzes und betrachten die einzelnen Anforderungsarten summarisch (global)37. Die analytischen Verfahren gliedern die Tätigkeit nach Anforderungsarten und bewerten diese einzeln.

4.1 Summarische Verfahren

Die summarischen Bewertungsverfahren haben den Vorteil, dass sie einfach anzuwenden sind, weil auf eine aufwändige Analyse verzichtet wird. Wegen unkla-

36 Günter WÖHE, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 2005, S. 17237 Günter WÖHE, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 2005, S. 175

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4. Arbeitsbewertung

rer Bewertungskriterien, der subjektiven Einschätzung des Bewertenden und man-gelnder Transparenz des Ergebnisses überwiegen jedoch die Nachteile der sum-marischen Verfahren.

Das Rangfolgeverfahren eignet sich vorrangig für kleinere Organisationseinhei-ten oder für begrenzte Ausschnitte eines Betriebes. Im Hinblick auf den Schwierig-keitsgrad werden die Arbeitsplätze miteinander verglichen und in eine Rangfolge gebracht, das Rangfolgeverfahren folgt also dem Prinzip der Reihung. Kriterien der Beurteilung können unter anderem sein: Arbeitsschwere, Arbeitsumfang, Ver-antwortung, Kenntnisse und Arbeitsbedingungen.

Beim Lohngruppenverfahren, das auch Katalogverfahren genannt wird, wer-den in Abhängigkeit vom Schwierigkeitsgrad Lohngruppen gebildet. Die Lohn-gruppen werden anhand von Tätigkeitsmerkmalen definiert. Das Lohngruppen-verfahren findet bei vielen Tarifverträgen Anwendung. Es folgt dem Prinzip der Stufung.

4.2 Analytische Verfahren

Das Rangreihenverfahren ordnet die einzelnen Anforderungsarten nach ihrer Bedeutung und bringt sie in eine Reihenfolge. Jede Anforderungsart wird anschlie-ßend bewertet. Durch Multiplikation der Bewertung mit der Gewichtung ergibt sich für jede Anforderungsart ein Wert. Hier kommt das Prinzip der Reihung zur An-wendung.

Das Stufenwertzahlverfahren gewichtet die Einzelanforderungen und bewertet sie nach festgelegten Stufen. Diesen Stufen werden Wertzahlen zugeordnet. Aus dem Produkt von Gewichtung und Wertzahl ergibt sich ein Gesamtwert für die Ar-beitsverrichtung. Das Stufenwertzahlverfahren folgt der Methode der Stufung. Es kommt insbesondere bei der Bewertung von Beamtenstellen zur Anwendung.

Von der KGSt38 wurde ein Bewertungsschema aufgestellt, um die Bewertung von Beamtenstellen zu vereinheitlichen (KGSt-Bericht 2/1998). Es sieht sieben Anfor-derungsarten vor:

38 Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (bis November 2005 Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung genannt), ein Fachverband deutscher Gemeinden und Kreise für kommunales Management

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VII. Personalführung

Anforderungsarten Wertzahlskala

1. Schwierigkeitsgrad der Informationsverarbeitung 25-250

2. Schwierigkeit der dienstlichen Beziehungen 10-100

3. Grad der Selbstständigkeit 10-100

4. Grad der Verantwortung 20-200

5. Grad des Kraftaufwandes entfällt

6. Grad der Vor- und Ausbildung 22-220

7. Grad der Erfahrung 8-80

Tabelle 11: Anforderungsarten des KGSt-Bewertungsschemas

Die Gewichtung der Anforderungsarten ist durch die ihnen jeweils zugeordnete Wertzahlskala vorgegeben. Innerhalb dieser Skalen ist eine Bewertung der Anfor-derung nur mit vorgegebenen Stufenwerten möglich. Abhängig von der Gesamt-bewertung einer Stelle ergibt sich deren Einstufung in eine Besoldungsgruppe.

5. Führungsstile

Der Begriff der Führung wird zum Teil recht unterschiedlich definiert. Im Allgemei-nen versteht man darunter die Beeinflussung des Verhaltens anderer Menschen. Um von Führung sprechen zu können, sind also mindestens zwei Parteien notwen-dig, der Führer und der Geführte.

Unter Führungsstil versteht man die grundsätzlichen Muster im Verhalten eines Vorgesetzten, mit dem er die ihm unterstellten Mitarbeitern führt.

Nach TANNENBAUM/SCHMIDT39 lässt sich der Führungsstil nach der Teilhabe der Mitar-

beiter abstufen. Zwischen den Ausprägungen autoritär und autonom ergibt sich ein abgestuftes Führungsstilkontinuum:

39 TANNENBAUM, R.; SCHMIDT, W.H., How to choose a leadership pattern. In: "Harvard Business Review", 1958, S. 96

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Page 65: Öffentliche Betriebswirtschaftslehre 1.00

5. Führungsstile

Der „richtige“ Führungsstil ist immer abhängig von den Rahmenbedingungen und lässt sich daher nicht allgemeingültig bestimmen. Die maßgeblichen Umstände lassen sich unterscheiden in die objektiven und die subjektiven Gegebenheiten:

Objektive Umstände:

Art der zu bewältigenden Aufgabe

Organisationsverhältnisse, insbesondere Anzahl der Hierarchieebenen und Leitungsspanne (vgl. Rn 94)

Subjektive Umstände:

charakterliche Eigenschaften des Vorgesetzten

Eigenständigkeit der Mitarbeiter

Während beim Modell nach TANNENBAUM/SCHMIDT der Führungsstil nur vom Partizipa-tionsgrad der Mitarbeiter abhängt, orientiert sich das situative Führungsstilkon-zept nach HERSEY/BLANCHARD

40 am Reifegrad eines Mitarbeiters. Da diesem die Auf-gaben- und Mitarbeiterorientierung zugrunde liegt, spricht man von einem zwei-dimensionalen Führungsstilkonzept.

40 Paul HERSEY und Ken BLANCHARD, Management Of Organizational Behaviour, 1977

65

Abbildung 25: Führungsstilkontinuum

autoritärpatriarch-

alischberatend konsultativ partizipativ

delegativ autonom

demokratisch

Der Vorge-setzte ent-

scheidet und ordnet an.

Der Vorge-setzte ent-

scheidet; da-bei versucht er jedoch,

seine Mitar-beiter von seiner Ent-scheidung vorher zu

überzeugen.

Der Vorge-setzte ent-scheidet al-

lein, lässt sich aber von sei-nen Mitarbei-tern beraten,

um Akzeptanz bei ihnen zu erreichen.

Der Vorge-setzte bittet seine Mitar-

beiter um ihre Meinungen und berück-sichtigt diese

bei seiner Entscheidung.

Die Gruppe entwickelt Lö-

sungsvor-schläge und stimmt sich

mit dem Vor-gesetzten ab. Dieser ent-

scheidet sich für die von

ihm favorisier-te Lösung.

Der Vorsetzte zeigt das Pro-blem und den

Entschei-dungsspiel-

raum auf. In-nerhalb dieser Grenzen ent-scheidet die

Gruppe.

Die Gruppe entscheidet nach freiem

Ermessen, der Vorgesetzte

tritt als Mode-rator und Ko-ordinator nach

innen auf.

Entscheidungsspielraum des Vorgesetzten

Entscheidungsspielraumder Gruppe

Autoritärer Führungsstil Kooperativer Führungsstil

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Page 66: Öffentliche Betriebswirtschaftslehre 1.00

VII. Personalführung

Der Reifegrad bestimmt sich nach der Fähigkeit sowie der Bereitschaft des Mit-arbeiters. Je nach Ausprägung dieser Faktoren muss der Vorgesetzte seinen Füh-rungsstil entweder an der zu erfüllenden Aufgabe und/oder an der Beziehung zum Mitarbeiter ausrichten. Hieraus ergeben sich vier Führungsstile, die abhängig vom jeweiligen Reifegrad des Mitarbeiters sind:

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Abbildung 26: Reifegrad-Modell

Aufgabenorientierung

Bezi

ehungso

rien

tieru

ng

hochgering

hoch

geri

ng

Reifegrad 4

Vollständige Delegation

Reifegrad 1

Genaue Vorgaben und Leistungskontrolle

Reifegrad 3

Teilhabe und Ermutigung

Reifegrad 2

Argumentieren und Erklären

Page 67: Öffentliche Betriebswirtschaftslehre 1.00

VIII. Personalplanung

VIII.Personalplanung

Die menschliche Arbeitskraft ist als Produktionsfaktor für die betrieblichen Ab-läufe von besonderer Bedeutung. Anders als die Werkstoffe und die Betriebsmittel, die trotz gewisser Schwankungen vorhersehbare und kalkulierbare Ergebnisse bringen, ist das Ergebnis des Arbeitseinsatzes von Menschen von verschiedenen und individuellen Einflussfaktoren abhängig.

Das Personal sucht Bedürfnisbefriedigung, muss sich den betrieblichen Erfordernis-sen anpassen und verfolgt kollektive und individuelle Interessen. Hinzu kommen Schwierigkeiten bei der Messung der Arbeitsergebnisse. In Arbeitsbereichen, die von geistiger und ungleichförmiger Arbeit geprägt sind, ist die Ergebnisbewertung wesentlich schwieriger als bei einfachen, wiederkehrenden Tätigkeiten.

Die Personalplanung hat die Aufgabe zu bewältigen, die Personalausstattung an die betrieblichen Erfordernisse anzupassen. Sie muss sicherstellen, dass zu je-der Zeit die richtige Anzahl an Beschäftigten mit der benötigten Qualifikation an bestimmten Stellen eingesetzt werden kann.

1. Personalbedarfsplanung

Die Personalbedarfsplanung ermittelt in quantitativer und qualitativer Hinsicht das zur Aufgabenerfüllung notwendige Personal. Sie ist damit ist die Basis für eine langfristige Personalplanung und wesentliches Instrument der Personaleinsatz-steuerung41. Hinsichtlich des qualitativen Personalbedarfes wird auf die Ausfüh-rungen zur Arbeitsbewertung verwiesen (Rn 252).

Der quantitative Personalbedarf ergibt sich grundsätzlich aus dem Quotienten von Belastung und Kapazität. Belastung ist die zeitliche Inanspruchnahme der Dienstkräfte, die zur Aufgabenerfüllung erforderlich ist. Kapazität ist die Leistungs-fähigkeit der Beschäftigten in einem bestimmten Zeitraum. Zur Ermittlung der Ka-pazität wird die Leistungsfähigkeit einer Normalarbeitskraft zugrunde gelegt.

Die Normalarbeitskraft (NAK) ist eine als durchschnittlich leistungsfähig gedachte Arbeitskraft.

Ausgehend von 365 Tagen im Jahr wird ermittelt, wieviel Arbeitszeit die Normal-arbeitskraft jährlich leisten kann. Es wird davon ausgegangen42, dass 104 Tage auf die arbeitsfreien Wochenenden entfallen und dass zehn Feiertage auf einen Wochentag entfallen, an dem normalerweise gearbeitet werden würde.

Von den verbleibenden 251 Tagen sind weitere Arbeitsausfälle für Krankheiten und Kuren (13,90 Tage) und für Erholungs-, Sonder- und Bildungsurlaub, Dienst-befreiung, Mutterschutz und Wehrübungen (32,23 Tage) abzuziehen. Es errechnet

41 Organisationshandbuch des Bundesministeriums des Innern, S. 166, www.orghandbuch.de, Stand: 31.07.2007

42 Berechnung nach dem KGSt-Bericht 2/2003

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Page 68: Öffentliche Betriebswirtschaftslehre 1.00

VIII. Personalplanung

sich eine Kapazität von 204,87 Nettoarbeitstagen. In Abhängigkeit von der wö-chentlichen Arbeitszeit ergeben sich folgende Kapazitäten in Jahresarbeitsstun-den bzw. Jahresarbeitsminuten (JAM):

Von diesen Werten sind persönliche Ausfallzeiten (vgl. Rn 130) abzuziehen. De-ren Umfang kann ohne genauere Angaben mit 10% veranschlagt werden. Zur Er-mittlung der der Kapazität gegenüberstehenden Belastung gibt es verschiedene Verfahren:

1.1 Analytisches Berechnungsverfahren

Beim analytischen Verfahren werden Daten des Ist-Zustandes erhoben. Dies ge-schieht durch die in Kapitel VI beschriebenen Erhebungstechniken des Laufzettels (Rn 141), der Selbstaufschreibung (Rn 145), der Zeitaufnahme (Rn 156) und der Multimomentaufnahme (Rn 160). Die zu erhebenden Daten sind insbesondere Fallzahlen/Arbeitsmengen und Bearbeitungszeiten. Grundlage der Personal-bedarfsermittlung ist die mittlere Bearbeitungszeit (mBz).

Die mittlere Bearbeitungszeit ist der Zeitbedarf, den ein durchschnittlich fähiger und durchschnittlich motivierter Mitarbeiter zur Erledigung eines Vorgangs be-nötigt. Aus dem Produkt der Fallzahlen und der mittleren Bearbeitungszeiten er-gibt sich die Belastung durch eine Tätigkeit. Der Stellenbedarf einer Aufgabe bemisst sich wie folgt:

Bei der Stellenbemessung im Bereich der öffentlichen Verwaltung sind verschiede-ne Faktoren zu berücksichtigen. Nach der Rosenkranz-Formel43 kann der Stel-lenbedarf bei Bürotätigkeiten wie folgt errechnet werden:

Die in der Formel verwendeten Variablen bedeuten:

43 Rosenkranz, R. Personalbedarfsberechnung in Bürobetrieben, 1968, in: Das rationelle Büro, Jahrgang 19, Heft 12, S. 16-22

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Tabelle 12: Kapazität in Abhängigkeit von der Wochenarbeitszeit

Wochenstunden 38,5 39 40 41 42

Jahresarbeitsstunden 1577,50 1597,99 1638,96 1679,93 1720,91

Jahresarbeitsminuten 94649,94 95879,16 98337,60 100796,04 103254,48

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Stellenbedarf=∑ Fallzahl⋅mBzNAK

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Stellenbedarf=∑i=1

n

mi⋅ti

T⋅fNV

tv

T⋅

fNV

fTV

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Page 69: Öffentliche Betriebswirtschaftslehre 1.00

1. Personalbedarfsplanung

T = Bruttoarbeitszeit einschließlich Urlaub im Bezugszeitraum

mi = Geschäftsvorfälle der Art i im Bezugszeitraum

ti = Zeitbedarf für einen Geschäftsvorfall der Art i

fNV notwendiger Verteilzeitfaktor

tv = Zeitbedarf für sonstige Nebentätigkeiten ohne Zeitaufnahme im Bezugszeit-raum

fTV = tatsächlicher Verteilzeitfaktor

1.2 Analytisches Schätzverfahren

Ist eine genaue Berechnung der Belastung nicht möglich, so kann eine Stellenbe-darfsermittlung durch das analytische Schätzen (siehe Rn 167) erfolgen. Grund-lage für die Schätzung sind in der Regel durch Dokumentenanalyse (Rn 137), In-terview (Rn 148) und Fragebogen (Rn 152) gewonnene Daten.

Wegen der Ungenauigkeiten, die beim Schätzen bedacht werden müssen, ist das analytische Schätzen gegenüber dem analytischen Berechnungsverfahren nachrangig einzusetzen. Es soll nur dann und nur soweit eingesetzt werden, wie eine Berechnung des Stellenbedarfs nicht möglich ist. Wenn zumindest ein Teil der Belastung analytisch berechnet werden kann, sollte dies auch erfolgen; dann kommt die Schätzmethode nur ergänzend zur Anwendung

1.3 Arbeitsplatzmethode

Bei der Arbeitsplatzmethode ist Voraussetzung, dass die Existenz der in Rede stehenden Stelle erforderlich ist. Der Stellenbedarf wird dann nicht durch Datener-hebung ermittelt, sondern bestimmt. Die Anwendung der Arbeitsplatzmethode sollte die Ausnahme bleiben, da der Stellenbedarf nicht plausibel begründet und mit Fakten belegt werden kann.

Eine Stellenbedarfsermittlung mittels Arbeitsplatzmethode kommt insbesondere unter folgenden Voraussetzungen in Betracht44:

Bei der Stelle herrscht unabhängig vom Arbeitsaufkommen Anwesen-heitspflicht (z.B. Call-Center, Schulhausmeister, Pförtner)

die Notwendigkeit der Stelle ergibt sich aus der Aufbauorganisation (z.B. Leitungsstellen)

die Stelle ist gesetzlich vorgeschrieben (z.B. Datenschutz- oder Gleich-stelllungsbeauftragter)

1.4 Politische Vorgabe (Richtwertmethode)

Auch hier wird der genaue Stellenbedarf nicht ermittelt, sondern von politischen Entscheidungsträgern vorgegeben. Anknüpfungspunkt ist ein politisch ge-wünschtes Ergebnis oder aber eine Budgetierung der Mittel. Politische Vorgaben

44 Organisationshandbuch des Bundesministeriums des Innern, S. 177, www.orghandbuch.de, Stand: 31.07.2007

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Page 70: Öffentliche Betriebswirtschaftslehre 1.00

VIII. Personalplanung

gibt es insbesondere in Bereichen der öffentlichen Verwaltung, in denen die Quali-tät der Aufgabenerfüllung nicht exakt messbar ist (z.B. Schülerzahl pro Lehrerstel-le, Polizisten je 1.000 Einwohner).

In der Nachschau können die Belastung der Beschäftigten sowie das erzielte Er-gebnis überprüft werden. Ergibt dies einen Anpassungsbedarf, so kann durch An-hebung der Stellenzahl nachgesteuert werden. Eine Steuerung über die Vorgabe finanzieller Mittel orientiert sich am Maximalprinzip (siehe Rn 3), da mit einem gegebenen Mitteleinsatz größtmöglicher Nutzen angestrebt wird.

2. Personalbeschaffung

Die grundsätzliche Vorfrage, die bei der Personalbeschaffung zu klären ist, ist die des Beschaffungsweges. Zur Auswahl steht der interne Weg durch Rückgriff auf bereits vorhandenes Personal oder der externe Weg der Personalgewinnung vom Arbeitsmarkt. Beide Wege haben Vor- und Nachteile und die Wahl der geeig-neten Beschaffungsmethode hängt von den Rahmenbedingungen und der Zielset-zung ab.

2.1 Interne Personalbeschaffung

Interne Personalbeschaffung kann zum einen durch Maßnahmen der Arbeitszeit-regelung erfolgen. Durch Erhöhung der Arbeitszeit steigt bei gleichem Personal-einsatz die Kapazität des Personals, so dass dieses zusätzliche Aufgaben erledi-gen kann. Generelle Arbeitszeiterhöhungen sind jedoch nur in Grenzen möglich, bei privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen ist mit Widerstand der Arbeitnehmerver-treter zu rechnen. Beamtenrechtlich erfordert die Arbeitszeiterhöhung eine gesetz-geberische Entscheidung, die in der Regel mit Unmutsäußerungen der Betroffenen verbunden sein wird und sich im Abstimmungsverhalten bei Wahlen äußern kann.

Kurzzeitige Spitzen in der Arbeitsbelastung können mit angeordneter Mehrar-beit aufgefangen werden. Auch dies unterliegt gesetzlichen oder tariflichen Be-schränkungen und ist nicht grenzenlos möglich. Zudem muss die Mehrarbeit in al-ler Regel in Geld oder durch Freizeit ausgeglichen werden, so dass sich im Ergeb-nis eine Null-Summen-Rechnung ergibt.

Eine weitere Möglichkeit der internen Personalgewinnung ist die Umverteilung der Aufgaben durch Umsetzungen. Dabei werden aus Bereichen mit geringerem Arbeitsaufkommen Mitarbeiter in solche Bereiche umgesetzt, wo das bisherige Per-sonal an seine Grenzen stößt oder bereits überlastet ist. Derartige Maßnahmen unterliegen ebenfalls Einschränkungen wie dem Erfordernis der Zustimmung der Personalvertretung oder der Betroffenen selbst.

Durch interne Stellenausschreibungen kann die Umsetzung dergestalt gesteu-ert werden, dass sich nur umsetzungswillige Mitarbeiter auf die ausgeschriebene Stelle bewerben. Dabei ist jedoch zu bedenken, dass möglicherweise die bisherige Stelle des ausgewählten Bewerbers nachbesetzt werden muss, damit nicht dort eine Personallücke entsteht, die auf Dauer nicht hingenommen werden kann.

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2. Personalbeschaffung

2.2 Externe Personalbeschaffung

Ist eine Stellenbesetzung mit vorhandenem Personal nicht möglich, kann das not-wendige Personal vom Arbeitsmarkt beschafft werden. Hierbei ist zu berücksich-tigen, dass in der Regel eine Stellenausschreibung erforderlich sein wird. Das Prinzip der Bestenauslese gebietet, dass grundsätzlich alle Personen nach ihrer Eignung, Befähigung und Leistung Zugang zu öffentlichen Ämtern haben.

Um für eine Stelle die am besten geeignete Person zu finden, sind Eignung und Befähigung der Bewerber festzustellen. Hierzu gibt es verschiedene Methoden:

Bewerbungsunterlagen auswerten – anhand der Bewerbungsunterlagen kann ein erster Eindruck des Bewerbers gewonnen werden. Eine Voraus-wahl ist möglich, wenn Bewerber offensichtlich nicht den Anforderungen entsprechen.

Testverfahren – Fähigkeitstests dienen der Beurteilung der Intelligenz und der Leistungsfähigkeit eines Bewerbers. Persönlichkeitstest sollen eine Be-urteilung der sozialen Fähigkeiten (Soft-Skills) wie Durchsetzungsvermögen oder soziale Kompetenz ermöglichen.

Assessment-Center – beim Assessment-Center werden besonders ge-schulte Beobachter eingesetzt, um das Verhalten der Bewerber in berufss-pezifischen Situationen zu beobachten und zu bewerten. Typische Elemente eines Assessment-Centers sind Arbeitsproben, Postkorb-Aufgaben oder Vorträge und Präsentationen. Die Personalauswahl durch ein Assessment-Center kommt in der Regel nur bei Führungspositionen in Betracht.

Die Personalauswahl erfolgt unter Berücksichtigung des Anforderungsprofils der zu besetzenden Stelle. Dabei werden die Anforderungen an bestimmte Fähigkei-ten mit den festgestellten Fähigkeiten eines Bewerbers verglichen. Ziel ist es, den-jenigen Bewerber zu finden, dessen Fähigkeitsprofil am ehesten dem Anforde-rungsprofil entspricht. Besitzt der Bewerber Fähigkeiten, die für die Aufgabenerfül-lung nicht notwendig sind, ist er überqualifiziert. Da er auf längere Sicht unter-fordert sein wird, sind Motivationsverlust und Unzufriedenheit zu befürchten. Daher sollte eine Besetzung mit überqualifiziertem Personal vermieden werden.

Besitzt der Bewerber nicht die für die Stelle erforderlichen Fähigkeiten, so ist er unterqualifiziert. Zunächst ist dann zu prüfen, ob nicht ein anderer Bewerber besser geeignet ist. Ist dies nicht der Fall, können die Fähigkeiten des Bewerbers durch Fort- und Weiterbildungen gefördert werden. Eine andere Möglichkeit wäre auch die Anpassung des Anforderungsprofil an die Fähigkeiten des Bewer-bers, indem Aufgaben anders verteilt werden.

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Page 72: Öffentliche Betriebswirtschaftslehre 1.00

VIII. Personalplanung

3. Personalentwicklung

Unter Personalentwicklung versteht man Programme und Systeme, die die För-derung des Personals und Aus-, Fort- und Weiterbildung zum Ziel haben. Sie um-fasst auch Maßnahmen zur Entwicklung der Behördenkultur und der Verwirkli-chung sozialer Ziele.

Die Personalentwicklung soll Mitarbeiter für die Erfüllung der gegenwärtigen und der zukünftigen Aufgaben befähigen.

Ansatzpunkte der Personalentwicklung sind die Mitarbeiter und deren Kompeten-zen. Die Kompetenzen lassen sich nach vier Gesichtspunkten einteilen:

Fachliche Kompetenzen – Fähigkeiten wie Fachwissen und berufliche Er-fahrung, die zur Erfüllung berufstypischer Aufgaben nötig sind.

Methodische Kompetenzen – Fähigkeiten, Fachwissen zu beschaffen, zu strukturieren, zu verwerten und Ergebnisse zu präsentieren. Methodische Kompetenzen sind eine wichtige Voraussetzung, Fachkompetenz zu gene-rieren.

Soziale Kompetenzen – Fähigkeiten der Kommunikation, der Verhand-lungsstrategien und der Konfliktbewältigung.

Personale Kompetenzen – selbstbezogene Fähigkeiten wie Flexibilität, Schlagfertigkeit, Selbstbewusstsein, und Empathie

3.1 Personalbildung

In der heutigen Zeit findet ein rasanter Wissenszuwachs statt. Der Umfang des Wissens entwickelt sich exponentiell und die Halbwertszeit des vorhandenen Wis-

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Abbildung 27: Personalauswahl durch Vergleich von Anforderungs- und Fähig-keitsprofil

Anforderungsprofil der Stelle

Fähigkeitsprofil des Bewerbers

ProfilvergleichUnterdeckung durch nicht vorhandene, aber erforderliche Fähigkeiten

Überdeckung durch vorhandene, aber nicht erforderliche Fähigkeiten

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Page 73: Öffentliche Betriebswirtschaftslehre 1.00

3. Personalentwicklung

sens wird zunehmend geringer. Lebenslanges Lernen ist daher nötiger als je-mals zuvor. Dies gilt insbesondere deshalb, weil die Lebensarbeitszeit weiter an-steigen wird und in zunehmendem Alter das Lernen immer schwerer fällt.

Da die Aufnahme und Verarbeitung von neuem Wissen eine gewisse Zeit in An-spruch nimmt, sind Bildungsmaßnahmen auf die zukünftigen Bedürfnisse auszu-richten. Damit die Mitarbeiter bei ihrer Aufgabenwahrnehmung über das Wissen verfügen, das sie auch benötigen, muss ihnen heute schon das Wissen von mor-gen vermittelt werden. Veraltetes Wissen führt zu Wettbewerbsnachteilen.

Erfolgreiche Personalentwicklung soll jedoch nicht nur Wissen vermitteln, sondern auch arbeitsplatzunabhängige Kompetenzen, die sogenannten Schlüsselqualifi-kationen. Besondere Fähigkeiten sollen dazu beitragen, dass Mitarbeiter ihre Aufgaben zielgerichtet und im Einklang mit der Behördenkultur erfüllen können. Besonders Konfliktfähigkeit, Ambiguitätstoleranz und Medienkompetenz gewinnen zunehmend an Bedeutung45.

Das Instrument der Ausbildung (berufsvorbereitende Personalentwicklung) zielt auf die berufliche Erstausbildung zukünftiger Mitarbeiter ab. Mit der Ausbildung soll zum einen der künftige Personalbedarf gedeckt werden, zum anderen dient sie der Vermittlung berufsspezifischer Kenntnisse und Fähigkeiten.

Fort- und Weiterbildung (berufsbegleitende Personalentwicklung) baut auf vor-handenem Wissen auf passt dieses den betrieblichen Erfordernissen an. Im Hin-blick auf den Zeitrahmen und die Konkretisierung kann die Planung der Fortbil-dung in strategische, taktische und in operative Ebenen unterschieden werden.

Die strategische Dimension stellt Ziele für einen Zeitraum von etwa fünf bis zehn Jahren auf und formuliert grobe Absichten zum Stellenwert, dem Umfang und der grundsätzlichen Gestaltung der Personalbildung. Die taktische Ebene erarbeitet ein Konzept für etwa zwei bis vier Jahre und bildet Zielgruppen für Bildungsmaß-nahmen, indem sie Beschäftigte mit ähnlichen Bildungsbedürfnissen zusammen-fasst. Sie erstellt ein mittelfristiges Bildungskonzept. Auf der Ebene der operativen Entwicklungsplanung werden konkrete Bildungsmaßnahmen erstellt und Inhalte, Ziele, Methoden, Teilnehmerzahl und Dauer der Maßnahmen festgelegt.

Umschulung und Rehabilitation (berufsverändernde Personalentwicklung) kann aus betrieblichen oder persönlichen Gründen notwendig sein. Wenn die veränder-te Aufgaben eine andere Qualifikation erfordern, kann es erforderlich werden, die Kenntnisse und Fähigkeiten der Beschäftigten an die neuen Erfordernisse anzupas-sen. Sind Mitarbeiter aus gesundheitlichen oder anderen Gründen nicht mehr in der Lage, ihre Aufgaben zufriedenstellend wahrzunehmen, kann es ebenso not-wendig sein, sie durch Umschulung oder Rehabilitation auf andere Aufgaben vor-zubereiten.

45 KGSt-Bericht 10/2003, S. 12

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VIII. Personalplanung

3.2 Personalförderung

Die Personalförderung hat zum Ziel, die persönliche Entwicklung der Beschäftig-ten zu unterstützen. Sie bezieht sich auf Veränderungen des Arbeitsplatzes bzw. der Position des Mitarbeiters sowie die Veränderung von Arbeitsinhalten46. Im Rah-men der Personalförderung stehen verschiedene Instrumente zur Verfügung:

Führungsfeedback - strukturierte, subjektive Rückmeldung der unmittelbaren Mitarbeiter über das erlebte Führungsverhalten, die systematisch, in einer metho-dischen Qualitätsansprüchen genügenden Form, durchgeführt wird47. Durch das Führungsfeedback soll der Vorgesetzte eine Selbsteinschätzung seines Verhaltens und seiner Fähigkeiten vornehmen können. Im Zusammenhang mit den Rückmel-dungen der Mitarbeiter sollen auf Basis eines gemeinsamen Gesprächs Vereinba-rungen getroffen werden.

Mitarbeitergespräch – In einem regelmäßigen (meist jährlichen) Gespräch zwi-schen Mitarbeiter und Führungskraft werden Vereinbarungen geschlossen, die das Potenzial des Mitarbeiters fördern sollen. Das Mitarbeitergespräch ist weitgehend informell, in der Personalakte wird nur festgehalten, dass es geführt wurde, Inhalte werden nicht dokumentiert.

Coaching – Unterstützung durch eine anleitende Person, meist eine Führungs-kraft, um Aufgaben besser erfüllen zu können, einen beruflichen Aufstieg zu errei-chen oder Sozial- und Führungskompetenzen weiter zu entwickeln. Der Coach soll den Mitarbeiter beraten, betreuen, fördern und anleiten. Coaches können auch externe Berater sein.

Mentoring – eine erfahrene Führungskraft übernimmt eine Art „Patenschaft“ für einen neuen und unerfahrenen Mitarbeiter und hilft diesem während der Einarbei-tungsphase. Der Mentor soll dem Mentee seine Erfahrung vermitteln und ihn mit Gepflogenheiten und informellen Regeln der Verwaltung vertraut machen.

46 Günter WÖHE, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 2005, S. 17047 KGSt-Bericht 5/2007, S. 11

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IX. Beschaffung und Materialwirtschaft

IX. Beschaffung und Materialwirtschaft

1. Begriffsbestimmungen

Die Beschaffung ist eine betriebliche Grundfunktion und befasst sich im weitesten Sinne mit der Bereitstellung der für die Produktion benötigten Produktionsfakto-ren. Im engeren Sinne bezeichnet Beschaffung nur die Bereitstellung von Werk-stoffen, weil sie sich von der Bereitstellung von Betriebsmitteln (Investition), Geldmitteln (Finanzierung) und Arbeitskräften (Personalplanung, siehe Kap. VIII, Seite 67) grundlegend unterscheidet48.

Beschaffung ist eine erweiterte Terminologie zum Begriff des Einkaufs. Der Ein-kauf stellt hauptsächlich die operative Tätigkeit der Güterversorgung eines Be-triebes dar, insbesondere Marktbeobachtung, Angebotsvergleiche und Bestellung. Die Beschaffung umfasst neben dem Einkauf auch weitere Funktionen wie Waren-annahme und Lagerverwaltung. Je nach Literaturquelle wird aber auch die Be-schaffung als Teilgebiet des Einkaufs beschrieben, nicht selten werden beide Be-griffe synonym verwendet49.

Der Begriff der Materialwirtschaft ist im Verhältnis zum Einkauf und zur Beschaf-fung noch einmal erweitert. Er umfasst auch alle Tätigkeiten der Entsorgung von Material und Warenverteilung50. Auch die Begriffe Beschaffung und Materialwirt-schaft werden teilweise gleichwertig verwendet51. Weitere Begrifflichkeiten, die in der Literatur im Zusammenhang mit Beschaffung verwendet werden sind Logistik und Supply Management, wobei auch hier die Bedeutungen nicht einheitlich sind und die Abgrenzung fließend ist52.

Als vermittelnder Kompromiss werden daher im Folgenden die Begriffe Beschaf-fung und Materialwirtschaft gleichbedeutend verwendet, wobei folgende Defini-tion zugrunde gelegt wird:

Beschaffung ist die Versorgung eines Betriebes mit Werkstoffen, die im Produktionsprozess eingesetzt werden.

2. Vorfrage: Make or Buy

Im Wege der Aufgabenkritik gilt es zu hinterfragen, ob eine Aufgabe von der öf-fentlichen Verwaltung selbst wahrgenommen werden soll oder an Private abgege-ben werden kann (vgl. Rn 50). Bei der Beschaffung ist ebenso zunächst die Frage zu klären, ob die benötigten Werkstoffe selbst erstellt (Make) oder von externen Anbietern bezogen (Buy) werden sollen.

48 Günter WÖHE, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 2005, S. 31449 Zur unterschiedlichen Verwendung der Begriffe vgl. Günter HOFBAUER/Claudia HELLWIG, Professionelles

Vertriebsmanagement, 2005, S. 200850 Hans JUNG, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 10. Auflage 2006, S. 31351 Ruth MELZER-RIDINGER, Materialwirtschaft und Einkauf, 4. Auflage 2004, S. 452 Hartmut WERNER, Supply Chain Management, 2007, S. 16

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IX. Beschaffung und Materialwirtschaft

Die Kriterien für die Wahl zwischen Selbsterstellung und Fremdbezug können insbesondere Qualität, Kosten, Abhängigkeit vom privaten Anbieter, die Verläss-lichkeit der Güterversorgung, Kontrollmöglichkeiten und Flexibilität der Lieferbe-dingungen sein.

Grundsätzlich besteht die Wahl zwischen Make und Buy bei jeder Tätigkeit, die mit Beschaffung und Materialwirtschaft im Zusammenhang steht. Nur in Ausnah-mefällen entfällt diese Entscheidung, weil nur eine Alternative in Betracht kommt:

Make – die Produkte müssen zwingend selbst erstellt werden, weil externe Anbieter nicht über das erforderliche Spezialwissen verfügen oder die Her-stellung vertrauliche Informationen erfordert, die nicht an Außenstehende dringen dürfen.

Buy – es ist besonderes Know-How notwendig, dass innerhalb der Verwal-tung nicht vorhanden ist oder ein Fremdbezug ist zwingend vorgeschrieben (z.B. Begutachtung/Prüfung durch unabhängige Stellen)

3. Vergaberecht

Die Beschaffung der öffentlichen Verwaltung findet wegen des Volumens und der Einzigartigkeit der Beschaffungsobjekte oft keinen funktionierenden Markt vor. Um dennoch einen Markt für öffentliche Beschaffungsvorgänge zu erzeugen, sol-len nach § 97 Abs. 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) transparente Vergabeverfahren erfolgen.

Die Kommunalverwaltungen stellen einen überwiegenden Anteil am gesamten Beschaffungsvolumen der öffentlichen Auftraggeber. Dieser Anteil beträgt etwa 50-60%53. Das Beschaffungsvolumen der unmittelbaren öffentlichen Verwaltung auf kommunaler Ebene stellt einen Anteil von etwa 3% am gesamten Bruttonatio-naleinkommen.

Unter Vergaberecht versteht man die Gesamtheit aller Normen und Vorschriften, die die entgeltliche Beschaffung von Sach- und Dienstleistungen zur Aufgabener-füllung öffentlicher Rechtsträger betreffen. Das Vergaberecht verfolgt den Zweck, die Vergabe öffentlicher Aufträge einem transparenten Verfahren zu unterwer-fen, um zum einen eine wirtschaftliche Beschaffung zu gewährleisten und zum anderen allen Unternehmen eine faire Chance auf Teilhabe am Wettbewerb zu ermöglichen.

Die wichtigsten Vorschriften des Vergaberechts sind das Gesetz gegen Wettbe-werbsbeschränkungen (GWB), die Vergabeverordnung (VgV), die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) sowie die Verdingungsordnungen für Leistungen (VOL) und freiberufliche Leistungen (VOF).

Eine EU-weite Vergabe öffentlicher Aufträge hat dann zu erfolgen, wenn der ge-schätzte Auftragswert den in § 2 VgV festgelegten Schwellenwert übersteigt. Der Schwellenwert beträgt für Bauleistungen 5.278.000 EUR und für Liefer- und

53 Constantin BLOME, Öffentliches Beschaffungsmarketing, 2007, Seite 5

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3. Vergaberecht

Dienstleistungsaufträge 211.000 EUR. Daneben enthält § 2 VgV weitere Schwellenwerte für besondere Leistungsarten. Als Vergabearten sind nach § 101 GWB folgende Verfahren vorgesehen:

offenes Verfahren – Dieses Verfahren stellt den Regelfall dar. Der Auf-traggeber fordert eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmen öffentlich zur Abgabe von Angeboten auf, wobei die Bewerber gleichzeitig mit ihrem Angebot ihre Eignung darlegen müssen.

nicht offenes Verfahren – Bei diesem Verfahren erfolgt zunächst eine öf-fentliche Aufforderung zur Teilnahme. In dieser Phase sollen die Bewerber ihre Eignung nachweisen. Aus den Bewerbern wird eine beschränkte An-zahl von geeigneten Unternehmen zur Angebotsabgabe aufgefordert.

Verhandlungsverfahren – Dieses Verfahren ist wie das nicht offene Ver-fahren zweistufig, weil zunächst geeignete Bewerber ausgewählt und dann diese zur Abgabe eines Angebots aufgefordert werden. Das Verhandlungs-verfahren ist jedoch nicht förmlich, weil der Auftraggeber mit den Bewer-bern über die Auftragsbedingungen verhandeln kann.

wettbewerblicher Dialog – bei komplexen Aufträgen kann eine genaue Beschreibung der gewünschten Leistung unmöglich sein. In diesem Fall for-dert der Auftraggeber zunächst zur Teilnahme auf und verhandelt anschlie-ßend mit den Bewerben über alle Einzelheiten des Auftrages.

Unterhalb der EU-Schwellenwerte kommen grundsätzlich die gleichen Vergabear-ten in Betracht, jedoch tragen diese andere Bezeichnungen. Die öffentliche Aus-schreibung ist das Äquivalent zum offenen Verfahren, die beschränkte Aus-schreibung entspricht dem nicht offenen Verfahren und die freihändige Verga-be gleicht dem Verhandlungsverfahren.

4. Optimale Bestellmenge

Das Beschaffungwesen soll dem Wirtschaftlichkeitsprinzip Rechnung tragen, in-dem es eine Minimierung der Beschaffungskosten anstrebt. Die Beschaffungs-kosten setzen sich zusammen aus den unmittelbaren Beschaffungskosten (Ein-kaufspreise), den mittelbaren Beschaffungskosten (Kosten eines Bestellvor-gangs) sowie den Lagerkosten (insbesondere Raum- und Personalkosten, Zinsen für gebundenes Kapital und Versicherungskosten).

Bei der Bestellung von Werkstoffen ist zu berücksichtigen, dass wenige Bestellvor-gänge mit einer großen Bestellmenge zwar die Bestellkosten senken, aber hohe Lagerkosten verursachen, weil die großen Mengen an bestellten Gütern bis zur Verwendung eingelagert werden müssen. Bei vielen kleineren Bestellungen verrin-gern sich hingegen die Lagerkosten, während die Bestellkosten steigen.

Die optimale Bestellmenge ist die Menge, bei der die Gesamtkosten der Be-schaffung für einen vorgegebenen Zeitraum (in der Regel ein Jahr) minimal sind. Die folgende Berechnung erfolgt unter einigen theoretischen Einschränkungen

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IX. Beschaffung und Materialwirtschaft

und Modellannahmen, die beim tatsächlichen Bestellvorgang zu berücksichtigen sind:

der Jahresbedarf ist bekannt

die Liefergeschwindigkeit sowie die Verfügbarkeit aus dem Lager sind un-endlich groß

Schwund und Verderb von Gütern finden nicht statt

die Lagerkosten sind proportional zur eingelagerten Warenmenge

der Bezugpreis ist konstant und unabhängig von der Bestellmenge

die Kosten eines Bestellvorganges sind unabhängig von der Liefermenge

Die optimale Bestellmenge, bei der die Jahresbestellkosten das Minimum errei-chen, errechnet sich nach der Andler'schen Formel wie folgt:

Die Variablen haben folgende Bedeutung:

xopt = optimale Bestellmenge

BJahr = Bedarf eines Werkstoffen für ein Jahr

KBestell = bestellfixe Kosten, Kosten eines einzelnen Bestellvorganges

p = Bezugspreis des Werkstoffes je Einheit

i = Zinssatz des gebundenen Kapitals in Prozent des Warenwertes

l = Lagerkostensatz in Prozent des Warenwertes

5. Bestellstrategien

Um die Kosten der Beschaffung zu minimieren muss auch bestimmt werden, zu welchem Zeitpunkt eine Bestellung erfolgen soll. Wird die Bestellung zu früh auf-gegeben, werden unnötig große Gütermengen eingelagert, die zu unwirtschaftli-chen Lagerhaltungskosten führen. Erfolgt die Bestellung hingegen zu spät, stockt die Leistungserstellung, da die erforderlichen Werkstoffe nicht zur Verfügung stehen und es entstehen Fehlmengenkosten durch eine aufwändige Ersatzbe-schaffung, Vertragsstrafen und Produktionsausfälle.

Bei allen Bestellungen ist die Beschaffungszeit zu berücksichtigen. Die Beschaf-fungszeit ist der Zeitraum zwischen der Feststellung eines Bedarfes und der tat-sächlichen Verfügbarkeit der bestellten Güter. Sie umfasst die Zeit der Bedarfser-mittlung, der Aufgabe der Bestellung, die Lieferzeit des Lieferanten sowie die Zeit für Kontrolle und Einlagerung der Güter. Zur Ermittlung des Bestellzeitpunktes gibt es folgende Verfahren:

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xopt= 2⋅BJahr⋅KBestell

p⋅i l

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331

Page 79: Öffentliche Betriebswirtschaftslehre 1.00

5. Bestellstrategien

5.1 Bestellpunktsystem

Dieses Verfahren legt die Bestellmenge fest und lässt den Zeitpunkt der Bestel-lung offen. Für jeden Werkstoff wird ein Meldebestand ermittelt, bei dem eine Be-stellung erfolgt, wenn er unterschritten ist. Eine Bestellung erst bei vollständigem Verbrauch ist dann möglich, wenn keine Fehlmengenkosten auftreten und die Lie-ferzeit sehr kurz ist. Wird nach dem zu erwartenden Verbrauch bestellt, so trifft im Idealfall die neue Lieferung genau dann ein, wenn der Lagerbestand aufgebraucht ist. Eine eiserne Reserve berücksichtigt einen Sicherheitszuschlag für Verzögerun-gen in der Lieferung oder unerwartet hohem Bedarf während der Lieferzeit.

5.2 Bestellrhythmussystem

Bei diesem Verfahren sind die Bestellzeitpunkte vorgegeben, weil in immer glei-chen Zeitabständen Bestellungen aufgegeben werden. In regelmäßigen Abstän-den wird der Lagerbestand überprüft und eine Bestellung aufgegeben. Die Be-stellmenge richtet sich danach, welchen Bestand das Lager zum Zeitpunkt der Be-standsüberprüfung hatte.

Es wird eine so große Warenmenge bestellt, wie es die Kapazitätsgrenze des La-gers zulässt, das Lager wird also vollständig wieder aufgefüllt. Da während der Beschaffungszeit weiterhin Lagerbestände verbraucht werden, wird die Kapazi-tätsgrenze nicht überschritten. Die Differenz zwischen tatsächlicher Lagerkapazität und Bestellgrenze berücksichtigt diesen Verbrauch während der Beschaffungszeit.

Bei der Bestimmung der Bestellgrenze und der Bestellrhythmen müssen die Liefer-fristen und der prognostizierte Verbrauch berücksichtigt werden. Verzögert sich die Lieferung oder ergibt sich ein besonders hoher Verbrauch, drohen Fehlmen-genkosten, weil die Lagerbestände aufgebraucht sind. Wird der Verbrauch zu hoch eingeschätzt oder die Lieferung erfolgt schneller als berücksichtigt, kann die Liefe-

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Abbildung 28: Bestellpunktsystem

Melde-bestand

Lager-bestand

Zeit

Beschaf-fungszeit

Beschaf-fungszeit

Beschaf-fungszeit

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Page 80: Öffentliche Betriebswirtschaftslehre 1.00

IX. Beschaffung und Materialwirtschaft

rung nicht vollständig eingelagert werden. Dann entstehen zusätzliche Lagerkos-ten für eine Überbrückungslösung.

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Abbildung 29: Bestellrhythmussystem

Lager-bestand

Zeit

Bestellgrenze

T1

T2

T3

T4

Beschaf-fungszeit

Beschaf-fungszeit

Beschaf-fungszeit

Beschaf-fungszeit

Lager-kapazität

Page 81: Öffentliche Betriebswirtschaftslehre 1.00

X. Neues Steuerungsmodell

X. Neues Steuerungsmodell

1. Ausgangssituation und Ziele des NSM

Zunehmende Leistungsansprüche der Bürger und begrenzte Einnahmenstei-gerungen der öffentlichen Verwaltungen führten dazu, dass ein Umdenken erfor-derlich wurde. Die öffentlichen Verwaltungen mussten sich von der Vergangenheit des Größenwachstums verabschieden und sich als politisch gesteuertes Dienst-leistungsunternehmen verstehen54.

Um auf die zunehmende Verknappung öffentlicher Mittel adäquat zu reagieren, genügt es nicht, Leistungsabbau und Haushaltskonsolidierung zu betreiben, weil so nicht die Ursachen der Probleme bewältigt werden können. Vielmehr sind die Wahrnehmung der Kommunalverwaltung aus Bürgersicht und die Anreize zu wirtschaftlichem Handeln zu überdenken. Erste Überlegungen zu einem neuen Steuerungsmodell veröffentlichte die KGSt Anfang der 1990er Jahre in ihrem Bericht 11/1991.

Das neue Leitbild der Kommunalverwaltung ist nachfrage- und kundenorien-tiert, passt seine Leistungen laufend den veränderten Nachfrage- und Ressour-cenbedingungen an und achtet auf seine Wettbewerbsfähigkeit. Die Kernele-mente des Neuen Steuerungsmodells sind:

2. Outputorientierte Steuerung über Produkte

Erfolgte in der Vergangenheit die Verwaltungssteuerung über die detaillierte Vor-gabe von Haushaltsmitteln, ohne dass genau definiert wurde, welche Leistun-gen mit diesen Mitteln erstellt werden sollen. Die Verwaltung hatte wegen fehlen-der Vorgaben zur Leistungserstellung eine umfassende Handlungsfreiheit, wäh-rend das Budgetrecht des Rates nahezu leer lief. Die Erkenntnis, dass eine wirk-same und effiziente politische Steuerung der Verwaltung nur über den Output er-folgen kann, führte zur Produktbildung. Der tradierte Begriff der Outputsteue-

54 KGSt-Bericht 5/1993, S. 7

81

Abbildung 30: Kernelemente des NSM

Neues SteuerungsmodellStrategisches Management

Verantwor-tungsab-grenzung zwischen

Politik und Verwaltung

Führung durch Leis-tungsab-sprache

(Kontrakt-manage-

ment)

Dezentrale Ressourcen-verantwor-

tung

Betriebs-wirtschaftli-che Steue-rungsin-

strumente

Wettbewerb durch inter-kommuna-

len Leis-tungsver-

gleich

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Page 82: Öffentliche Betriebswirtschaftslehre 1.00

X. Neues Steuerungsmodell

rung ist nicht im engen Sinne zu verstehen. Er umfasst auch die Bedeutung der Wirkungs- bzw. Outcomesteuerung.

Ein Produkt ist ein Bündel von Verwaltungsleistungen (materielle Güter und Dienstleistungen), das nach außen abgegeben wird und nach Art, Menge, Qualität und Zielgruppe bestimmt ist.

Ein Produkt wird unter anderem dadurch qualifiziert, dass es von außenstehen-den Nachfragern benötigt wird. Diese Nachfrager können aber auch interne Stel-len der Verwaltung sein. Dennoch erfolgt im Sinne der gegebenen Definition eine Abgabe des Produkt nach außen, weil aus Sicht des produktverantwortlichen Fachbereiches die nachfragende Stelle eine außenstehende ist. Anknüpfungs-punkt für dieses Kriterium ist also der jeweilige Fachbereich, nicht die gesamte Verwaltung.

Dennoch lassen sich Produkte in interne und externe Produkte unterscheiden. In-terne Produkte werden für verwaltungsinterne Nachfrager erstellt, insbesondere von Servicestellen, die fachbereichsübergreifende Aufgaben der bisherigen Querschnittsämter wahrnehmen. Externe Produkte werden an Zielgruppen außer-halb der Verwaltung abgegeben.

Eine Produktbeschreibung definiert ein Produkt umfassend. Sie beinhaltet insbe-sondere den Produktverantwortlichen, die Zielgruppe, Ziele und die zum Produkt gehörenden Einzelleistungen nach Art, Menge und Qualität. Ferner ist in der Pro-duktbeschreibung das zur Verfügung stehende Budget bestimmt. Produkte werden zu Produktgruppen zusammengefasst. Zusammengehörende Produktgruppen werden zu Produktbereichen gebündelt,

3. Strategisches Management

Das strategische Management befasst sich mit den mittel- und langfristigen Er-folgspotenzialen und fragt nach den strategischen Zielen der Verwaltung. Dies ist erforderlich, weil ansonsten das Risiko bestünde, Produkte immer wieder zu op-timieren, obwohl sie kritisch betrachtet, in Frage gestellt und grundlegend verän-dert werden müssten. Die KGSt empfiehlt vier Leitfragen für das strategische Ma-nagement55:

55 vgl. u.a. KGSt-Materialie 1/2007

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Page 83: Öffentliche Betriebswirtschaftslehre 1.00

3. Strategisches Management

Besondere Bedeutung hat die Frage nach den Wirkungen und den angestrebten Ergebnissen. Der Begriff der Wirkung lässt sich wie folgt differenzieren:

Effect – Wirkung, die unmittelbar beim Einzelnen ankommt und dort nach-weisbar ist

Impact – Mittelbare Wirkung beim Einzelnen oder der Zielgruppe, subjekti-ve Reaktion oder Empfinden

Outcome – Mittelbare, objektive Wirkung bei der Gesellschaft oder der Umwelt

Aus den strategischen Zielen lassen sich konkrete Maßnahmen zu deren Errei-chung ableiten. Zu den strategischen Zielen sind Kennzahlen zu entwickeln, um die Ziele messbar zu machen und eine Erfolgskontrolle zu ermöglichen (Leis-tungsmaßstab, Zielinhalt). Anschließend sind qualitative und quantitative Leis-tungsziele zu definieren (Zielausmaß und Zeitbezug). Schließlich können die ein-zelnen Maßnahmen bestimmt werden, die erforderlich sind, um die konkretisierten Ziele zu erreichen.

4. Bausteine des NSM

4.1 Klare Verantwortungsabgrenzung

Bisher war das politische Handeln auf kommunaler Ebene geprägt von kurzfristi-gem Denken in Wahlperioden. Es wurde Wert darauf gelegt, die aktuellen Wäh-lerwünsche durch zahlreiche Einzelmaßnahmen zu erfüllen. Eine langfristige Orientierung der Kommunalpolitik an einem Leitbild war selten. Die KGSt sah hierin eine Strategielücke56.

56 KGSt-Bericht 5/1993, S. 9

83

Abbildung 31: Leitfragen des strategischen Managements

Wirkung

Was wollenwir erreichen?

Produkt

Was müssen wirdafür tun?

Prozess

Wie müssen wires tun?

Ressourcen

Was müssen wirdafür einsetzen?

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Page 84: Öffentliche Betriebswirtschaftslehre 1.00

X. Neues Steuerungsmodell

Das Verwaltungshandeln war politisiert, die Kommunalpolitik wurde in die fachli-che Leistungserstellung einbezogen. Eine Verantwortungsvermischung zwischen Politik und Verwaltung war die Folge. Das Neue Steuerungsmodell sieht hingegen eine klare Abgrenzung zwischen der politischen Leitung der Gemeinde und der Verwaltung vor.

Der Rat als oberstes Kommunalorgan soll strategische Entscheidungen treffen, Wirkungen als Ziele definieren, Rahmenbedingungen vorgeben und die Ressour-cen bereitstellen. Ferner soll er die Leistungserstellung kontrollieren und gegebe-nenfalls die Leistungsaufträge anpassen. Die Aufgaben der Politik beschränken sich im NSM auf das „Wozu“ (Outcome) und das „Womit“ (Ressourcen).

Die Verwaltung als ausführende Instanz soll die Produkte definieren und erstellen und laufend über die Auftragserfüllung berichten. Die Verantwortung der Verwal-tung liegt auf dem Gebiet des „Was“ (Produkte und Leistungen) sowie des „Wie“ (Prozesse und Strukturen).

In der praktischen Umsetzung lassen sich politisches und Verwaltungshandeln je-doch nicht so trennscharf differenzieren. Durch Informationsbeschaffung und -aus-wahl im Berichtswesen wirkt die Verwaltung auf die Politik ein und die Umset-zung von Zielvorgaben eröffnet der Verwaltung Handlungsspielräume, inner-halb derer sie selbst Entscheidungen treffen kann.57

4.2 Steuerung über Zielvereinbarungen

Im Rahmen des Kontraktmanagements schlie-ßen Politik und Verwaltung Vereinbarungen über Leitlinien und Ziele. Hierbei lassen sich die Ziel-vereinbarungen in die Ebenen der strategi-schen und der operativen Kontrakte einteilen.

Die strategischen Vereinbarungen werden zwi-schen der Politik, also dem Rat und den Fach-ausschüssen, und der Verwaltungsspitze (Bür-germeister und Beigeordnete) vereinbart. Sie be-treffen die grundsätzlichen Leistungs-, Finanz- und Wirkungsziele. Die Politik bestimmt als Auf-traggeber, was gemacht werden soll.

Auf der operativen Ebene schließt dann die Verwaltungsführung, die nun selbst Auftragge-ber ist, mit den Ausführungsebenen der Ver-waltung Zielvereinbarungen. Diese beinhalten konkrete Beschreibungen zur Umsetzung der Leitlinien, die zuvor zwischen Politik und Verwal-tungsführung vereinbart wurden.

57 vgl. Jörg BOGUMIL, Das Neue Steuerungsmodell und der Prozess der politischen Problembearbeitung – Modell ohne Realitätsbezug? In: BOGUMIL/KISSLER, Verwaltungsmodernisierung und lokale Demokratie, S. 33

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Abbildung 32: Parteien des Kontraktmanagements

StrategischeZielvereinbarungen

OperativeZielvereinbarungen

PolitikRat und Ausschüsse

VerwaltungsführungBürgermeister/Dezernenten

AusführungsebeneÄmter/Fachbereiche

Page 85: Öffentliche Betriebswirtschaftslehre 1.00

4. Bausteine des NSM

Die Inhalte der Zielvereinbarungen können grundsätzlichen drei Kategorien zuge-ordnet werden:

Leistungsziele – Bestimmung von Produktbeschreibungen und Qualitäts-standards

Finanzvereinbarungen – Festlegen von Budgets, die für die Leistungen zur Verfügung gestellt werden

Berichtsabsprachen – Vereinbarungen über Messung und Rückmeldung der Zielerreichung vom Auftragnehmer an den Auftraggeber

4.3 Dezentrale Ressourcenverantwortung

Die Steuerung über Zielvereinbarungen kann nur sinnvoll umgesetzt werden, wenn zugleich Aufgabenerfüllung und Verantwortung dezentralisiert werden. Den mit der Produkterstellung beauftragten Organisationseinheiten muss zuge-standen werden, für ihr Handeln auch die Verantwortung zu übernehmen. So fließen im Neuen Steuerungsmodell fachliche, finanzielle und personelle Verant-wortung zusammen.

Die Dezentralisierung führt zwangsläufig zu einer Machtabgabe der bisherigen Querschnittsämter (z.B. Kämmerei und Personal-/Hauptamt). Diese Stellen müs-sen daher bereit sein, am Umstrukturierungsprozess mitzuwirken und ihn zu unterstützen. Bewahrungstendenzen und Widerstand hemmen den Reformprozess. Besonders problematisch ist, dass gerade die Personen in den von der Dezentrali-sierung besonders betroffenen Querschnittsämtern die Reform anstoßen und steu-ern sollen.

Auf der anderen Seite müssen die Fachbereiche, denen Ressourcenverantwor-tung übertragen werden soll, auch die Bereitschaft dazu haben. Widerstände sind auch hier nicht ausgeschlossen, da Verantwortung immer auch zusätzliche Arbeit bedeutet und besondere Kompetenzen verlangt.

Im Gegensatz zum bisherigen Haushaltskonzept werden den Fachbereichen keine Haushaltsmittel zugewiesen, die bis ins Einzelne zweckgebunden sind. Vielmehr steht ihnen im Neuen Steuerungsmodell ein Budget zur Verfügung, über das sie frei verfügen können. Eine solche Budgetierung fördert das Bewusstsein für Ef-fektivität und Effizienz.

Die dezentrale Ressourcenverantwortung bietet durch die Freiheit, Finanzen, Sach-mittel und Personal eigenverantwortlich auf Fachbereichsebene einzusetzen, be-sondere Leistungsanreize. Den Fachbereichen kann zugestanden werden, nicht verwendete Ressourcen auf das nächste Haushaltsjahr zu übertragen, um so zu-sätzliche Freiräume und Flexibilität zu gewinnen.

4.4 Controlling und Berichtswesen

Da durch die Zielvereinbarungen und die Zuweisung von Budgets den Fachberei-chen weitgehende Freiräume zur Aufgabenerfüllung eingeräumt sind, bedarf es

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Page 86: Öffentliche Betriebswirtschaftslehre 1.00

X. Neues Steuerungsmodell

eines Instrumentes, die Zielerreichung nachzuhalten. Diesem Zweck dient das Controlling.

Controlling ist ein Unterstützungsinstrument des Manage-ments, das Informationen liefert und dazu das dient, Planung, Steuerung, Kontrolle und Organisation zielgerichtet zu koordi-nieren.

Aufgabe des Controllings ist es, Informationen und Daten zu beschaffen, auszu-werten, aufzubereiten und zu interpretieren. Dies erfolgt insbesondere unter Be-rücksichtigung der Finanz-, Leistungs- und Wirkungsziele (Input, Output und Out-come). Controlling verfolgt das Ziel, die Produkte zu optimieren, Effektivität und Effizienz der Dienstleistungen zu erhöhen und Vorschläge zur Gestaltung des Zielsystems zu geben.

Das strategische Controlling denkt mittel- und langfristig und hinterfragt die Ef-fektivität des Handelns („tun wir die richtigen Dinge?“). Strategisches Controlling ist eine zentrale Aufgabe, weil es die leitenden Führungs- und Steuerungsebe-nen unterstützen soll. Operatives Controlling betrachtet kürzere Berichtszeiträu-me und fragt nach Effizienz („machen wir die Dinge richtig?“). Das operative Con-trolling dient der Beschaffung und Analyse konkreter Daten, die zur Überprüfung der spezifischen Finanz-, Leistungs- und Wirkungsziele erforderlich sind und ist da-her eine dezentrale Aufgabe.

Durch das Berichtswesen werden die gewonnenen und aufbereiteten Informatio-nen an übergeordnete Stellen in aggregierter Form weitergeleitet. Dabei sollen auch Vorschläge zu möglichen Gegensteuerungsmaßnahmen bei Abweichung von der Soll-Vorgabe unterbreitet werden. Die berichteten Ergebnisse werden so wiederum Ausgangspunkt des strategischen Controllings. Controlling vollzieht sich somit in einem Kreislauf und wirkt auf die strategischen Ziele ein.

4.5 Wettbewerb und Wettbewerbssurrogate

Damit das System des Neuen Steuerungsmodells seine Leistungsfähigkeit entfalten kann, muss als Antrieb Wettbewerb geschaffen werden. Wo ein echter Wettbe-werb mit privaten Anbietern wegen der Monopolstellung öffentlicher Verwaltun-gen nicht möglich ist, muss ein künstlicher Wettbewerb erzeugt werden.

Solch künstlicher Wettbewerb kann durch interkommunale Leistungsvergleiche generiert werden. In sogenannten Vergleichsringen messen sich Kommunen mit anderen Gemeinden, um ihre eigenen Leistungen einschätzen zu können und voneinander zu lernen. Dieser Vorgang des Vergleichens und Lernens wird Bench-marking genannt.

Benchmarking eröffnet Rationalisierungspotenziale, indem auf Erkenntnisse und Erfahrungen anderer Kommunen zurückgegriffen werden kann. Dennoch kann Benchmarking nicht vereinfacht als „Lernen von dem Besten“ umschrieben werden. Bei der Vielschichtigkeit öffentlicher Leistungen und der oft schwierigen

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Page 87: Öffentliche Betriebswirtschaftslehre 1.00

4. Bausteine des NSM

Messbarkeit des Leistungserfolges geht es nicht nur darum, bewährte Methoden der vermeintlich Besten zu kopieren.

Vielmehr soll Benchmarking dazu beitragen, Potenziale zu erkennen und zu ver-stehen und aus dieser Einsicht eigene Methoden zu entwickeln, die auf die eige-nen Bedürfnisse zugeschnitten sind. Die unreflektierte Übernahme von Lösungs-möglichkeiten führt oft nicht zum gewünschten Ergebnis.

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Page 88: Öffentliche Betriebswirtschaftslehre 1.00

Stichwortverzeichnis

Stichwortverzeichnis

A

ABC-Analyse 208Ablaufdiagramm 182Ablauforganisation 71, 122Abschlussbericht 86Aktiengesellschaft 60Analysetechniken 200analytische Bewertungsverfahren 258analytische Stellenbedarfsberechnung 275analytisches Schätzen 167, 279Andler'sche Formel 328Anforderungen 253Anforderungsprofil 292Anreize 239, 248Arbeits

-ablaufdarstellung 191-bewertung 252-kraft 267-platzmethode 281-zeitregelung 286

Assessment-Center 291Aufbauorganisation 70, 93Aufgabenanalyse 95Aufgaben

-kritik 41-modelle 44-synthese 100

Auftragszeit 125Ausbildung 299Ausschlussprinzip 48Ausschreibung 324

B

Balkendiagramm 188Bearbeitungszeit 126Bedürfnispyramide 241Bedürfnisse 1, 240Belastung 271Benchmarking 364Berichtswesen 363Beschaffung 12, 308beschränkte Ausschreibung 324Bestellpunktsystem 332Bestellrhythmussystem 333Bestellstrategien 330Betrieb 5betriebliche Grundfunktionen 11

Betriebsmittel 8Betriebsstoffe 9Bewertungsverfahren 254Blockdiagramm 182Brainstorming 227Brainwriting 232Budgetierung 358Business Process Reengineering 135

C

Cause-and-Effect-Diagramm 219Change Management 88Coaching 306Contracting Out 52Controlling 360

D

Defizitbedürfnisse 242Delegation 104derivative Faktoren 7Dezentralisation 355Dienstleistungsunternehmen 336Disposition 69dispositiver Faktor 7divisionale Organisation 101Dokumentationstechniken 173Dokumentenanalyse 137dualistisches Aufgabenmodell 45Durchlaufzeit 125

E

Effect 344Effektivität 62Effizienz 62Eigenbetrieb 54Einkauf 309Einlinienorganisation 108Einrichtung 55eiserne Reserve 332Elementarfaktoren 7Elemente (eines Systems) 64Entlohnung 252Entscheidungstabelle 195Erhebungstechniken 136Evaluation 91extrinsische Motivation 239

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Die angegebenen Zahlen verweisen auf Randnummern.

Page 89: Öffentliche Betriebswirtschaftslehre 1.00

Stichwortverzeichnis

F

Fachkompetenz 295Fähigkeitsprofil 292Fehlerbaum-Diagramm 219finanzielles Gleichgewicht 10Fischgräten-Diagramm 219Flexibilität 62Flussdiagramm 182Folgeplan 182Formalziel 31Fortbildung 300Fragebogen 152freihändige Vergabe 324freiwillige Aufgaben 47Fremdbezug 313Führungs

-feedback 304-prozess 134-stile 262

funktionale Organisation 101Funktionsmeisterprinzip 110

G

Gantt-Diagramm 188Gedankenkarte 234Genfer Schema 253Geschäftsprozess 133Gesellschaft mit beschränkter Haftung 60Gewinn 55, 59Gliederungstiefe 94

H

Hauptuntersuchung 83Hawthorne-Effekt 132Hilfsstoffe 9

I

Impact 344Improvisation 69Instanz 93intrinsische Motivation 239Ishikawa-Diagramm 219

J

Jahresarbeitsminuten 273

K

Kaizen 135Kapazität 271Kapitalgesellschaft 60Katalogverfahren 257

Kennzahlen 72, 345Kernprozess 134KGSt-Bewertungsschema 260Kollektivgüter 49Kompetenzen 107, 295Kongruenzprinzip 103Kontinuierlicher Verbesserungsprozess 135Kontraktmanagement 351kritischer Weg 207

L

Lagerkosten 325Laufzettel 141Leistung 237Leistungsprinzip 249Leistungsvergleich 365Leistungsziele 345Leitbild 30Leitungsspanne 94Liegezeit 127Liquidität 10, 34Logistik 310Lohngruppenverfahren 257

M

Make or Buy 312Management 16Management Of Change 88Materialwirtschaft 310Matrixorganisation 112Maximalprinzip 3Mehrarbeit 287Mehrlinienorganisation 108Mentoring 307meritorische Güter 49„Methode 635“ 232Methodenkompetenz 295Micromanagement 1337Mind Map 234Minimalprinzip 3Mission 32Mitarbeiter

-gespräch 305-motivation 236

monistisches Aufgabenmodell 46Motivation 236Multimomentaufnahme 160

N

Netzplan 201Neues Steuerungsmodell 336nicht offenes Verfahren 321

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Die angegebenen Zahlen verweisen auf Randnummern.

Page 90: Öffentliche Betriebswirtschaftslehre 1.00

Stichwortverzeichnis

Normalarbeitskraft 271Nutzwertanalyse 213

O

offenes Verfahren 320öffentliche Ausschreibung 324operatives Controlling 362optimale Bestellmenge 325Organigramm 118, 178Organisations

-begriffe 63-grad 69-projekt 75-untersuchung 76

organisatorisches Gleichgewicht 67Outcome 32, 344Outputsteuerung 339Outsourcing 52

P

Pareto-Prinzip 209Personal

-auswahl 292-bedarf 270-bildung 296-entwicklung 294-förderung 303-führung 236-planung 267

personale Kompetenzen 295PERT-Methode 169Pflichtaufgaben 47private Güter 49Privatisierung 50Produktbeschreibung 342Produkte 339Produktionsfaktoren 6Projekt 113, 120, 188Prozess 122Prozessoptimierung 133Pufferzeit 190, 206

R

Rangfolgeverfahren 256Realisationsstelle 93Regiebetrieb 54Rehabilitation 302Reifegrad-Modell 265Repetierfaktoren 8Ressourcenverantwortung 355Richtwertmethode 283Ringelmann-Effekt 117

Rohstoffe 9Rosenkranz-Formel 277Rückwärtsrechnung 205Rüstzeit 126

S

Sachziele 31Schätzverfahren 167, 279Schlüsselqualifikationen 298Schwellenwert 319Selbsterstellung 313Selbstverwaltungsangelegenheiten 47Serviceprozess 134Soll-Konzept 87soziale Kompetenzen 295Spartenorganisation 101Stab 93, 120Stelle 70Stellen

-arten 93-beschreibung 174-besetzung 290-bildung 103

Strategielücke 346strategisches Controlling 362strategisches Management 343Stufenwertzahlverfahren 259summarische Bewertungsverfahren 255Supply Management 310System 64

T

Team 115Transportzeit 127

U

Übergangszeit 125Überorganisation 67, 176Umschulung 302Umsetzungen 288Unternehmen 55Unterorganisation 67Unterstützungsprozess 134Untersuchungsauftrag 77Ursache-Wirkungs-Diagramm 219

V

Verantwortungsabgrenzung 346Vergaberecht 315Vergleichsringe 365Verhandlungsverfahren 322Verteilzeit 129

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Die angegebenen Zahlen verweisen auf Randnummern.

Page 91: Öffentliche Betriebswirtschaftslehre 1.00

Stichwortverzeichnis

Vision 33Vollzugskritik 43Vorgangsknotennetzplan 201Voruntersuchung 81Vorwärtsrechnung 205

W

Wachstumsbedürfnisse 242Weiterbildung 300Wettbewerb 317, 365wettbewerblicher Dialog 323

Wirtschaftlichkeitsprinzip 1

Z

Zahlungsfähigkeit 10, 34Ziele 23Ziel

-erreichungsgrad 216-hierarchie 29-vereinbarungen 351

Zweckkritik 42

91

Die angegebenen Zahlen verweisen auf Randnummern.