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P henprocoumon ist eine potentiell hepatotoxische Substanz [1–11]. Im Allgemeinen sind nach Absetzen des Cumarins die hepatischen Veränderun- gen reversibel [2]. In seltenen Fällen kann es jedoch zu einem cumarinindu- zierten Leberversagen kommen, das eine Lebertransplantation erfordert [12]. Die Indikation zur Antikoagulation bleibt allerdings nach der Transplanta- tion in der Regel bestehen. Es ist bislang nicht geklärt, ob der Mechanismus der Cumarinschädigung ausschließlich di- rekt in der Leber oder außerdem auch durch immunologische, d.h. extrahepa- tische, Vorgänge bedingt ist und deshalb nach der Transplantation persistieren wird. Ebenso wenig ist bekannt, inwie- weit eine dauerhafte medikamentöse Immunsuppression eine immunologisch vermittelte Cumarintoxizität positiv oder negativ beeinflusst. Da somit eine erneute Cumarinexposition mit Vorbe- halt zu sehen ist, müssen therapeutische Alternativen geprüft und einer Nutzen- Risiko-Bewertung unterzogen werden. Dabei ist auch zu bedenken, dass bei schwer kranken Patienten individuelle Besonderheiten häufig keine Arzneimit- telverordnung im Rahmen der zugelas- senen Indikationsgebiete ermöglichen [13]. Ein solcher Off-Label-Use ist zwar rechtlich unter besonderer therapeuti- scher Verantwortung prinzipiell mög- lich, zur Erstattungsfähigkeit durch die Kostenträger müssen aber spezielle An- forderungen erfüllt sein [14]. Fallbeschreibung Anamnese: Bei einem 61-jährigen Patienten (Beruf: Maler) wurde 1999 eine tiefe Beinvenenthrombose diagnos- tiziert, die eine längerfristige Gabe von Phenprocoumon zur Folge hatte. Dar- unter zeigte der Patient erhöhte Trans- aminasen, weswegen Phenprocoumon abgesetzt wurde. Die Transaminasen normalisierten sich daraufhin vollstän- dig. Bei einer ausführlichen Differen- tialdiagnostik einschließlich Ausschluss ZUSAMMENFASSUNG Hintergrund: Die Entscheidung für eine individualisierte Arzneimittelthe- rapie muss auf der Basis von Wirksamkeit, unerwünschten Wirkungen und Patientencompliance erfolgen. Dies gilt in besonderem Maße an den Schnitt- stellen der Versorgung, vor allem auch beim Übergang von der stationären Therapie zur ambulanten Weiterbehandlung. Aspekte der Zulassung und damit der Erstattungsfähigkeit durch den Kostenträger müssen dabei ebenfalls berücksichtigt werden. Fallbeschreibung: Ein Patient (männlich, 61 Jahre, Maler) zeigte 1999 nach Phenprocoumonbehandlung wegen tiefer Venenthrombose einen Transami- nasenanstieg, der nach Absetzen von Phenprocoumon vollständig reversibel war. Diagnostisch konnten phenprocoumonunabhängige Ursachen ausge- schlossen werden. Nach einer erneuten Thrombose wurde 2003 wieder Phen- procoumon verordnet. Dies führte erneut zu einem Transaminasenanstieg, schließlich zu einer cholestatischen Hepatitis und einem fulminanten Leber- versagen. Es wurde eine Transplantation durchgeführt mit anschließend guter Leberfunktion unter immunsuppressiver Therapie. Aufgrund einer zweifachen tiefen Beinvenenthrombose sowie intermittierenden Vorhofflimmerns war eine Antikoagulation auch über die peripoperative Phase hinaus indiziert. Dafür wurde Enoxaparin als niedermolekulares Heparin gewählt. Schlussfolgerung: Ein niedermolekulares Heparin erscheint nach Nut- zen-, Risiko- und Kostenaspekten trotz der erforderlichen subkutanen Ga- be am besten geeignet, um in dieser Situation auch ambulant die gerinnungs- hemmende Behandlung sicherzustellen. Das nicht auszuschließende Risiko einer extrahepatischen, immunologisch vermittelten Kreuzsensitivität spricht gegen Cumarine. Mit Ximelagatran steht seit kurzem ein Wirkstoff zur oralen Antikoagulation in fixer Dosierung mit dokumentierter Wirksamkeit zur Verfügung. Die mögliche Lebertoxizität insbesondere bei Langzeitan- wendung spricht allerdings gegen seine Anwendung bei diesem Patienten. Für Heparinoide, Hirudine und andere Gerinnungsinhibitoren wie insbe- sondere Thrombozytenaggregationshemmer existieren keine ausreichenden Wirksamkeitsbelege. Die Kriterien des Bundessozialgerichts für eine Erstat- tungsfähigkeit der „off-label“-Therapie eines niedermolekularen Heparins sind in diesem Fall erfüllt. Schlüsselwörter: Phenprocoumon · Leberschädigung · Lebertransplanta- tion · Antikoagulanzien · Off-Label-Verordnung Med Klin 2005;100:820–4. DOI 10.1007/s00063-005-1106-1 Off-Label-Use in der Langzeitantikoagulation nach Lebertransplantation wegen phenprocoumoninduzierten Leberversagens Thilo Bertsche 1 , Reiner Fritz 2 , Peter Sauer 2 , Jens Encke 2 , Walter Emil Haefeli 1 , Ingeborg Walter-Sack 1 1 Abteilung Innere Medizin VI, Klinische Pharmakologie und Pharmakoepidemiologie, Medizinische Klinik (Krehl- Klinik), Universitätsklinikum Heidelberg, 2 Abteilung Innere Medizin IV, Gastroenterologie, Infektionskrankheiten, Vergiftungen, Medizinische Klinik (Krehl- Klinik), Universitätsklinikum Heidelberg. Eingang des Manuskripts: 18. 3. 2005. Annahme des überarbeiteten Manuskripts: 30. 6. 2005. 2005;100:820–4 (Nr. 12), © Urban & Vogel, München 820 KASUISTIK

Off-Label-Use in der Langzeitantikoagulation nach Lebertransplantation wegen phenprocoumoninduzierten Leberversagens

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Phenprocoumon ist eine potentiell hepatotoxische Substanz [1–11]. Im

Allgemeinen sind nach Absetzen des Cumarins die hepatischen Veränderun-gen reversibel [2]. In seltenen Fällen kann es jedoch zu einem cumarinindu-zierten Leberversagen kommen, das eine Lebertransplantation erfordert [12]. Die Indikation zur Antikoagulation bleibt allerdings nach der Transplanta-tion in der Regel bestehen. Es ist bislang nicht geklärt, ob der Mechanismus der Cumarinschädigung ausschließlich di-rekt in der Leber oder außerdem auch durch immunologische, d.h. extrahepa-tische, Vorgänge bedingt ist und deshalb nach der Transplantation persistieren wird. Ebenso wenig ist bekannt, inwie-weit eine dauerhafte medikamentöse Immunsuppression eine immunologisch vermittelte Cumarintoxizität positiv oder negativ beeinflusst. Da somit eine erneute Cumarinexposition mit Vorbe-halt zu sehen ist, müssen therapeutische Alternativen geprüft und einer Nutzen-Risiko-Bewertung unterzogen werden. Dabei ist auch zu bedenken, dass bei schwer kranken Patienten individuelle Besonderheiten häufig keine Arzneimit-telverordnung im Rahmen der zugelas-senen Indikationsgebiete ermöglichen [13]. Ein solcher Off-Label-Use ist zwar rechtlich unter besonderer therapeuti-scher Verantwortung prinzipiell mög-lich, zur Erstattungsfähigkeit durch die Kostenträger müssen aber spezielle An-forderungen erfüllt sein [14].

Fallbeschreibung

Anamnese: Bei einem 61-jährigen Patienten (Beruf: Maler) wurde 1999 eine tiefe Beinvenenthrombose diagnos-tiziert, die eine längerfristige Gabe von Phenprocoumon zur Folge hatte. Dar-unter zeigte der Patient erhöhte Trans-aminasen, weswegen Phenprocoumon abgesetzt wurde. Die Transaminasen normalisierten sich daraufhin vollstän-dig. Bei einer ausführlichen Differen-tialdiagnostik einschließlich Ausschluss

ZUSAMMENFASSUNG

Hintergrund: Die Entscheidung für eine individualisierte Arzneimittelthe-rapie muss auf der Basis von Wirksamkeit, unerwünschten Wirkungen und Patientencompliance erfolgen. Dies gilt in besonderem Maße an den Schnitt-stellen der Versorgung, vor allem auch beim Übergang von der stationären Therapie zur ambulanten Weiterbehandlung. Aspekte der Zulassung und damit der Erstattungsfähigkeit durch den Kostenträger müssen dabei ebenfalls berücksichtigt werden.

Fallbeschreibung: Ein Patient (männlich, 61 Jahre, Maler) zeigte 1999 nach Phenprocoumonbehandlung wegen tiefer Venenthrombose einen Transami-nasenanstieg, der nach Absetzen von Phenprocoumon vollständig reversibel war. Diagnostisch konnten phenprocoumonunabhängige Ursachen ausge-schlossen werden. Nach einer erneuten Thrombose wurde 2003 wieder Phen-procoumon verordnet. Dies führte erneut zu einem Transaminasenanstieg, schließlich zu einer cholestatischen Hepatitis und einem fulminanten Leber-versagen. Es wurde eine Transplantation durchgeführt mit anschließend guter Leberfunktion unter immunsuppressiver Therapie. Aufgrund einer zweifachen tiefen Beinvenenthrombose sowie intermittierenden Vorhofflimmerns war eine Antikoagulation auch über die peripoperative Phase hinaus indiziert. Dafür wurde Enoxaparin als niedermolekulares Heparin gewählt.

Schlussfolgerung: Ein niedermolekulares Heparin erscheint nach Nut-zen-, Risiko- und Kostenaspekten trotz der erforderlichen subkutanen Ga-be am besten geeignet, um in dieser Situation auch ambulant die gerinnungs-hemmende Behandlung sicherzustellen. Das nicht auszuschließende Risiko einer extrahepatischen, immunologisch vermittelten Kreuzsensitivität spricht gegen Cumarine. Mit Ximelagatran steht seit kurzem ein Wirkstoff zur oralen Antikoagulation in fixer Dosierung mit dokumentierter Wirksamkeit zur Verfügung. Die mögliche Lebertoxizität insbesondere bei Langzeitan-wendung spricht allerdings gegen seine Anwendung bei diesem Patienten. Für Heparinoide, Hirudine und andere Gerinnungsinhibitoren wie insbe-sondere Thrombozytenaggregationshemmer existieren keine ausreichenden Wirksamkeitsbelege. Die Kriterien des Bundessozialgerichts für eine Erstat-tungsfähigkeit der „off-label“-Therapie eines niedermolekularen Heparins sind in diesem Fall erfüllt.

Schlüsselwörter: Phenprocoumon · Leberschädigung · Lebertransplanta-tion · Antikoagulanzien · Off-Label-Verordnung Med Klin 2005;100:820–4.

DOI 10.1007/s00063-005-1106-1

Off-Label-Use in der Langzeitantikoagulation nach Lebertransplantation wegen phenprocoumoninduzierten LeberversagensThilo Bertsche1, Reiner Fritz2, Peter Sauer2, Jens Encke2, Walter Emil Haefeli1, Ingeborg Walter-Sack1

1 Abteilung Innere Medizin VI, Klinische Pharmakologie und Pharmakoepidemiologie, Medizinische Klinik (Krehl-Klinik), Universitätsklinikum Heidelberg,

2 Abteilung Innere Medizin IV, Gastroenterologie, Infektionskrankheiten, Vergiftungen, Medizinische Klinik (Krehl-Klinik), Universitätsklinikum Heidelberg.

Eingang des Manuskripts: 18. 3. 2005.Annahme des überarbeiteten Manuskripts: 30. 6. 2005.

2005;100:820–4 (Nr. 12), © Urban & Vogel, München820

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einer Virushepatitis und einer autoim-munen Genese zeigte sich eine hetero-zygote H63D-Mutation in Leukozyten bei massiv erhöhten Ferritinwerten. Die Transferrinsättigung und Histologie er-härteten jedoch nicht die Diagnose einer Hämochromatose. Eine positive Alko-holanamnese oder familiäre Disposition lag nicht vor. Im August 2003 trat nach bisheriger Beschwerdefreiheit erneut eine Dreietagenthrombose auf. Ana-mnestisch lag außerdem ein intermittie-rendes Vorhofflimmern vor, weshalb eine erneute Behandlung mit Phenpro-coumon eingeleitet wurde. Daraufhin kam es zunächst zu einem Transamina-senanstieg, gefolgt von einer cholestati-schen Hepatitis und schließlich einem

fulminanten Leberversagen, weshalb eine orthotope Lebertransplantation durchgeführt wurde. Die anschließende Leberfunktion war gut. Postoperativ wurde eine Antikoagulation mit Enoxa-parin in einer Dosierung von 6 000 IE zweimal täglich eingeleitet und nach Stabilisierung der Transplantatleber und umfangreichen differentialtherapeuti-schen Erwägungen beibehalten.

Während bei der ersten Manifesta-tion der phenprocoumoninduzierten Leberschädigung die hepatozelluläre Schädigung im Vordergrund stand (ho-he Transaminasen), trat beim Rezidiv zusätzlich eine cholestatische Kompo-nente auf. Möglicherweise lag eine Vor-schädigung der Leber nach jahrelanger

beruflicher Exposition mit verschiede-nen Lösungsmitteln vor, die nach er-neuter Phenprocoumonbehandlung zur rezidivierenden Exazerbation beigetra-gen haben könnte. Zwar wurde nicht über Fieber oder andere Entzündungs-zeichen berichtet, die Normalisierung der erhöhten Transaminasen nach Ab-setzen von Phenprocoumon und der erneute Anstieg mit fulminantem Ver-lauf nach Reexposition 4 Jahre später können allerdings für eine nicht auf die Leber beschränkte immunologische Komponente sprechen.

Histologie der Explantatleber: Die histologische Begutachtung an der Ex-plantatleber ergab eine schwergradige Leberschädigung vom hepatitischen Typ im Sinne einer akuten Leberdystrophie mit ausgedehnten, abgeräumten, in Or-ganisation befindlichen Brückennekro-sen und auch einigen panlobulären Ne-krosen. Des Weiteren war eine Chole-stase zu diagnostizieren. Regenerations-zeichen waren nur in geringem Ausmaß sichtbar.

DISKUSSION

Möglichkeiten der Antikoagulation

Phenprocoumon, Warfarin und AcenocoumarolHepatotoxizität ist eine sehr seltene Komplikation einer Cumarintherapie, von der bereits in den 60er und 70er Jahren berichtet wurde [15–17]. Be-schrieben wird eine Lebertoxizität so-wohl für Warfarin [3] als auch für Phen-procoumon [1–11] und nicht zuletzt für Acenocoumarol [2]. Die cumarinindu-zierte Leberschädigung ähnelt häu-fig dem klinischen Bild einer Hepatitis viraler Genese [3, 18, 19] und präsentiert sich beispielsweise mit Cholestase [1, 20] oder wie eine chronisch aggressive He-patitis [6]. Differentialdiagnostische Überlegungen zu autoimmun bedingten Hepatitiden wurden beschrieben [21]. Auch das histologische Bild kann dem einer viralen Hepatitis ähneln. Von sub-akuten Entzündungen mit Zerstörung des Parenchyms, von zirrhotischem Um-bau oder von zytolytischen [2] sowie nekrotisierenden Reaktionen wurde be-richtet [7, 22, 23]. Nach Absetzen der Medikation bessern sich die hepatotoxi-schen Indikatoren meist wieder [6]. In Explantaten zeigten sich allerdings sub-

ABSTRACT

Off-Label Use in Long-Term Anticoagulation after Liver Transplantation Due to Phenprocoumon-Induced Hepatic Failure

Background: Drug therapy should be individualized according to criteria of efficacy, adverse effects, and treatment adherence. This is particularly im-portant at the interface of inpatient and ambulatory care. Aspects of drug approval (labeling) and individual refunding by health care insurances should also be taken into account.

Case Report: A patient (male, 61 years, painter) showed elevated trans-aminases after treatment with phenprocoumon because of a deep vein throm-bosis in 1999. Transaminases normalized completely after discontinuation of phenprocoumon. Other reasons for the elevated transaminases could be ex-cluded. After a recurrent thrombosis in 2003 phenprocoumon was prescribed again followed by recurrent elevation of transaminases and subsequent chole-static hepatitis progressing to fulminant hepatic failure that required liver transplantation. After transplantation the patient’s general state of health was good and liver function nearly normal. Anticoagulation was indicated beyond the postoperative phase because of recurrent deep vein thrombosis and atrial fibrillation. A low-molecular-weight heparin was chosen for long-term treat-ment.

Conclusion: A low-molecular-weight heparin appears to be the most ap-propriate way to maintain effective and safe anticoagulation in this patient. Coumarins carry a residual risk of an extrahepatic, immunologically mediated cross-sensitization. Long-term use of ximelagatran may also cause liver damage. For heparinoids, hirudines, and other drugs affecting coagulation like platelet aggregation inhibitors, therapeutic evidence is not sufficient. Though subcu-taneous application of heparin is a disadvantage for the patient, therapeutic alternatives do not have better documented efficacy or less hepatotoxic po-tential. The low-molecular-weight heparin fulfills the criteria for refunding set by federal jurisdiction.

Key Words: Hepatic failure · Liver transplantation · Anticoagulants · Off-label use

Med Klin 2005;100:820–4.DOI 10.1007/s00063-005-1106-1

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massive Leberzellnekrosen oder komplet-te, feinknotige Leberzirrhosen mit aus-geprägter Cholestase und diffuser Peri-cholangitis [12]. Eine cumarininduzierte Hepatotoxizität auf der Basis einer Vor-schädigung der Leber, beispielsweise durch Amoxicillin/Clavulansäure, ist ebenfalls dokumentiert [2].

In einer systematischen Auswertung wurden unter zehn Fällen einer cuma-rininduzierten hepatotoxischen Reaktion bei vier Patienten pathologische Trans-aminasenwerte 2–7 Tage nach Beginn der Therapie beobachtet. Bei den ande-ren sechs Patienten hingegen war eine stationäre Behandlung erforderlich. Die Latenz war bei diesen Patienten sehr un-terschiedlich und bewegte sich in einem Bereich von 10 Tagen über 10 Wochen bis hin zu 6 Jahren [2]. Schimanski et al. berichten von acht Patienten mit phen-procoumoninduzierter Leberinsuffizienz, darunter drei mit (sub)akutem Leberver-sagen. Die verbleibenden fünf erholten sich nach Umstellung auf ein anderes Cumarin bzw. Heparin gut [24]. Einen differentialdiagnostisch besonders schwie-rigen Fall beschreiben Hinrichsen et al. [21], die aufgrund positiver antinukleärer Antikörper und solcher gegen glatte Muskelzellen die initiale Diagnose einer akuten autoimmunogenen Hepatitis mit Leberversagen stellten. Diese bestätigte sich jedoch durch das Fehlen einer Hy-pergammaglobulinämie und das schnelle Wiederauftreten der Hepatitis nach Re-exposition von Phenprocoumon nicht. Hohler et al. berichten über eine 56-jäh-rige Frau mit Mitralklappenersatz, die nach 8-monatiger Therapie mit Phen-procoumon eine hepatotoxische Reak-tion in Form einer Hepatitis entwickelte. Absetzen des Cumarins führte zur Bes-serung der Symptomatik. Ein dann durchgeführter Therapieversuch mit Warfarin löste innerhalb weniger Tage einen Anstieg der alkalischen Phospha-tase und γ-Glutamyltransferase (GGT) aus. Deswegen wurden ein niedermole-kulares Heparin zur Antikoagulation und zusätzlich niedrigdosierte Acetylsalicyl-säure (ASS) zur Thrombozytenaggrega-tionshemmung angesetzt [4]. Phenpro-coumon führte bei dieser Patientin nicht nur selbst zu einer Hepatotoxizität, son-dern könnte auch für eine arzneimittelin-duzierte Hepatitis unter einer konseku-tiven Warfarintherapie kreuzsensibilisie-rend gewirkt haben, worauf die deutlich kürzere Latenzzeit nach Cumarinreex-

position hinweist. In der Literatur wird beschrieben, dass eine cumarininduzier-te Hepatotoxizität nach Reexposition in immer kürzeren Zeitabständen auftritt [3]. Dies schließt als Mechanismus der Cumarintoxizität die Möglichkeit einer extrahepatischen immunologisch vermit-telten Sensibilisierung ein. Auch Kreuz-sensibilisierungen zwischen Phenprocou-mon und Acenocoumarol sind denkbar, wenn auch in einem Einzelfall nach phenprocoumoninduzierter nekrotisie-render Hepatitis erfolgreich mit Aceno-coumarol weiterbehandelt werden konn-te [11]. Der Wechsel auf ein anderes Cumarin kann bei unserem Patienten nicht zuletzt aufgrund des Zustands nach Transplantation nicht vertreten werden. Zudem wäre das bekannt hohe Interak-tionspotential der Cumarine gerade bei einer umfangreichen Begleitmedikation zu berücksichtigen.

Direkte ThrombininhibitorenXimelagatran ist als α-Thrombininhibitor seit kurzem zur Prophylaxe venöser thromboembolischer Ereignisse bei Pa-tienten zugelassen, die sich einer elekti-ven Hüft- oder Kniegelenkersatzopera-tion unterziehen. Die empfohlene Be-handlungsdauer in dieser Indikation beträgt 8–11 Tage (Fachinformationen Exanta® Filmtabletten, www.fachinfo.de, Stand 15. 6. 2005). Bei der kurzfristigen Anwendung von Ximelagatran in Zulas-sungsstudien wurden keine unerwünsch-ten hepatischen Wirkungen beobachtet. In zwei amerikanischen Studien (EX-ULT A und B, [25]) jedoch, in denen Ximelagatran mit Warfarin verglichen wurde, wurde eine Erhöhung der Ala-ninaminotransferase (ALAT) im Serum in Abschlussuntersuchungen 4–6 Wo-chen nach Beendigung der Therapie häufiger in der Ximelagatran- als in der Warfaringruppe beobachtet. Allerdings traten diese bei Patienten auf, die mit einer höheren als der aktuell zugelassenen Ximelagatrandosierung (zweimal täglich 36 mg) behandelt worden waren. Einen weiteren Hinweis auf eine potentiell he-patotoxische Wirkung gaben Langzeit-studien an nichtchirurgischen Patienten [26]. Orales Ximelagatran war in fixer Dosierung ohne Gerinnungsmonitoring in der Behandlung akuter tiefer Venen-thrombosen bei einer mittleren Beob-achtungsdauer von 20 Monaten gleich wirksam wie eine Sequenztherapie aus Enoxaparin und Warfarin. Transamina-

senerhöhungen waren unter Ximelaga-tran allerdings häufiger, wenn auch trotz fortgesetzter Therapie wieder abfallend. Jedoch wurden auch ein Fall einer töd-lichen Leberschädigung durch Ximela-gatran und ein weiterer Verdachtsfall dokumentiert [27]. Bei Patienten mit Vorhofflimmern war die Wirksamkeit von Warfarin und Ximelagatran (Letz-teres in einer hohen Dosierung von 36 mg zweimal täglich) über 6 Monate ver-gleichbar. Die Transaminasen waren allerdings bei 9,6% der Patienten unter Ximelagatran über das Dreifache der Norm erhöht, während dies unter Enoxaparin/Warfarin nur bei 2,0% der Fall war [28]. Die im Vergleich mit an-deren Antikoagulanzien erst kurze Er-fahrung und die häufigen hepatotoxi-schen Ereignisse insbesondere bei länger-fristiger Anwendung sprechen nicht für Ximelagatran als therapeutische Alterna-tive bei unserem Patienten, auch wenn die Veränderungen oft nur transient sind und möglicherweise ein anderer patho-physiologischer Mechanismus zugrunde liegt. Interaktionen mit anderen Arznei-stoffen sind zwar nicht über Cytochrome oder die Proteinbindung, wohl aber über P-Glykoprotein möglich (Fachinfor-mationen Exanta® Filmtabletten, www.fachinfo.de, Stand 15. 6. 2005).

Mit Dabigatran (BIBR 1048) befin-det sich ein weiterer direkter Thrombin-inhibitor in der klinischen Entwicklung [29]. Wenn sich für die genannte oder andere Substanzen aus dieser neuen Wirkstoffklasse eine geringere Hepato-toxizität ergibt als für Ximelagatran, könnten sie eine therapeutische Alterna-tive zu Cumarinen darstellen.

HeparineHeparine stehen nur als parenterale Ap-plikationsform zur Verfügung. Häufig wird sowohl für unfraktionierte als auch niedermolekulare Heparine wie Enoxa-parin ein Anstieg der Serumtransamina-sen (ASAT [Aspartataminotransferase], ALAT), der GGT sowie der Lactatdehy-drogenase (LDH) und der Lipase be-schrieben, der allerdings meist klinisch irrelevant und nach Absetzen der Hepa-rinbehandlung reversibel ist (Fachinfor-mationen Calciparin®, www.fachinfo.de, Stand 15. 6. 2005; Fachinformationen Clexane®, www.fachinfo.de, Stand 15. 6. 2005). Obwohl sich Hinweise auf eine heparininduzierte Hepatotoxizität finden [30], scheint die klinische Mani-

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festation jedoch eher selten zu sein [31]. Die Umstellung auf Heparin nach cu-marininduzierter Lebertoxizität führt zu einer Verbesserung des Allgemeinzu-stands der Patienten und der Leberfunk-tionsparameter [3, 4, 24]. Gegenüber niedermolekularen Heparinen bietet unfraktioniertes Heparin bezüglich Bio-verfügbarkeit, Halbwertszeit, Dosis-Wirkungs-Beziehung und daraus resul-tierender mehrmals täglicher Applika-tion (Compliance, Gerinnungsmonito-ring) keine befriedigende Alternative. Da es keine Belege für die klinische Überlegenheit bestimmter niedermole-kularer Heparine gegenüber anderen gibt, sollte die Therapie mit dem peri-operativ eingestellten niedermolekularen Heparin Enoxaparin fortgesetzt werden. Außerdem ist kein klinisch relevantes Interaktionspotential von Heparinen mit der hier angesetzten Immunsuppression zu befürchten.

Für die Indikationen unseres Patien-ten, eine Sekundärprophylaxe rezidivie-render tiefer Venenthrombosen bei gleichzeitigem Vorhofflimmern mit dem Risiko arterieller Embolien und vor dem Hintergrund einer Phenprocoumon-Kontraindikation, existiert derzeit keine ausdrückliche Zulassung. Die Langzeit-prophylaxe thromboembolischer Ereig-nisse bei gleichzeitig bestehenden Kon-traindikationen gegen eine orale Anti-koagulation ist jedoch ein durch be-grenzte Studiendaten und klinische Erfahrung etabliertes Anwendungsgebiet [32, 33]. Bei unserem Patienten wurde Enoxaparin (Clexane®) in einer Dosie-rung von 6 000 IE zweimal täglich ein-gesetzt. Diese Dosierung bewegt sich in einem Bereich, der auch zur Therapie tiefer Venenthrombosen zugelassen ist. Geringere, in der Prophylaxe zugelasse-ne Dosierungen von 2 000–4 000 IE Enoxaparin pro Tag wurden als nicht ausreichend wirksam angesehen und höhere als die zur Therapie tiefer Ve-nenthrombosen zugelassenen Dosierun-gen unter Risikogesichtspunkten nicht für vertretbar gehalten.

HeparinanalogaFondaparinux hemmt als minimalisierte pharmakophore Struktursequenz des Heparins spezifisch den Faktor Xa der Blutgerinnungskaskade. Während die (niedermolekularen) Heparine in breiten Indikationsgebieten erfolgreich einge-setzt werden, ist Fondaparinux derzeit

nur bei bestimmten Hochrisikopatienten zugelassen (Fachinformationen Arixtra Injektionslösung, Fertigspritze, www.fachinfo.de, Stand 15. 6. 2005). Fondapa-rinux zeigt insbesondere in diesen or-thopädischen Indikationen eine signifi-kant bessere Wirksamkeit als niedermo-lekulare Heparine [34, 35]. Allerdings war das Blutungsrisiko in Studien häufig zumindest tendenziell erhöht. Da derzeit nicht geklärt ist, ob im Vergleich zu He-parinen ein relevant erhöhtes Blutungs-risiko besteht, und nicht zuletzt auch die Therapiekosten vergleichsweise hoch sind, kann Fondaparinux gerade in der für unseren Patienten vorgesehenen Off-Label-Indikation nicht als Mittel der ersten Wahl empfohlen werden. Die lange Halbwertszeit von Fondaparinux würde allerdings den Vorteil einer nur einmal täglichen Applikation mit sich bringen. Ein weiterer Vorteil im Ver-gleich zu Heparinen könnte ein mögli-cherweise geringeres Osteoporoserisiko unter Fondaparinux sein [36], das aber noch einer Bestätigung in klinischen Studien bedarf. Mit Fondaparinux ver-wandte Derivate wie Idraparinux wer-den derzeit (beispielsweise in der AMA-DEUS-Studie) untersucht [37].

Heparinoide/HirudineHeparinoide oder Hirudine bieten sich derzeit vor allem für spezielle therapeu-tische Situationen wie die heparinindu-zierte Thrombozytopenie vom immu-nologischen Typ (HIT-II) an [38–40]. Zwar existieren vergleichende Studien beispielsweise mit Warfarin [41], doch sind die klinischen Erfahrungen, insbe-sondere in der Langzeitanwendung, sehr begrenzt. Heparinoide oder Hirudine sind außerdem wie Heparine nur paren-teral applizierbar.

Andere GerinnungsinhibitorenWeitere Antikoagulanzien stehen für die routinemäßige Anwendung derzeit nicht zur Verfügung. Thrombozytenag-gregationshemmer wie ASS oder Clo-pidogrel sind aufgrund der gerin-geren Wirksamkeit bei der hier vorlie-genden Komorbidität von rezidi-vierenden ausgedehnten venösen Thrombosen und intermittierendem Vorhofflimmern nach derzeitigem Kenntnisstand nicht als Monotherapie geeignet [42]. Mit Abschluss der AC-TIVE-Studie, die derzeit eine Kombina-tion aus ASS und Clopidogrel untersucht,

könnten jedoch neue Erkenntnisse zu-mindest für die Behandlung von Patien-ten mit Vorhofflimmern vorliegen [37].

Erstattung durch die Kostenträger

Eine Kostenerstattung durch die gesetz-liche Krankenversicherung ist im Ein-zelfall auch außerhalb zugelassener Indi-kationen möglich, wenn nach einem Urteil des Bundessozialgerichtes folgen-de Kriterien erfüllt werden (Bundes-sozialgerichtsurteil B1 KR 37/00 R vom 19. 3. 2002; www.bundessozialgericht.de, Stand 1. 8. 2005) [14]: Es muss sich 1. um eine lebensbedrohliche oder die Le-bensqualität auf Dauer nachhaltig beein-trächtigende Erkrankung handeln; au-ßerdem muss 2. eine Zulassung entweder in der entsprechenden Indikation abseh-bar sein, die Behandlung in weiten Tei-len der Fachkreise unstrittig oder die Wirksamkeit zumindest in der entspre-chenden Indikation wissenschaftlich nachvollziehbar dargelegt sein, und zu-sätzlich dürfen 3. keine zugelassenen Therapiealternativen zur Verfügung ste-hen. Schließlich muss 4. auch noch die begründete Aussicht bestehen, dass ein Behandlungserfolg im individuellen Fall zu erzielen ist.

Die poststationäre Behandlung mit einem niedermolekularen Heparin nach cumarininduziertem akutem Leberver-sagen erfüllt bei unserem Patienten klar die Kriterien des Bundessozialgerichts für eine Erstattungsfähigkeit einer „off-label“-Therapie: 1. Eine gerinnungs-hemmende Behandlung ist unabdingbar, um Lungen- und arterielle Embolien zu verhindern, die lebensbedrohlich sein können oder jedenfalls mit einer erheb-lichen Einschränkung der Lebensqualität verbunden wären. 2. Niedermolekulare Heparine sind klinisch gut dokumentiert wirksam in der Verhinderung thrombo-embolischer Ereignisse. Fallberichte zahlreicher Experten belegen, dass nie-dermolekulare Heparine eine risikoarme Antikoagulation nach cumarininduzier-ter Lebertoxizität sicherstellen, die durch andere Antikoagulanzien, insbesondere andere Cumarinderivate, nicht geleistet werden kann. 3. Daten aus der Literatur belegen, dass selbst bei Einsatz eines an-deren Cumarinderivats als Phenprocou-mon ein Risiko für eine erneute cuma-rininduzierte Hepatotoxizität besteht, die vor allem bei einem Transplantat nach fulminantem cumarininduziertem Le-

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SCHLUSSFOLGERUNG

Warfarin oder andere Cumarine sind keine risikoarme therapeutische Alter-native nach phenprocoumoninduzier-tem Leberversagen mit konsekutiver Lebertransplantation, da eine erneute – systemisch vermittelte – Leberschädi-gung zu befürchten ist. Das oral appli-zierbare Ximelagatran ist bisher nur für eine Kurzzeittherapie zugelassen. Bei längerfristiger und höherdosierter An-wendung ist eine im Vergleich zu War-farin deutlich höhere Rate an uner-wünschten hepatischen Wirkungen beschrieben. Die nur parenteral appli-zierbaren Heparinoide oder Hirudine sollten derzeit wegen der vergleichswei-se noch geringen Erfahrung speziellen therapeutischen Situationen wie der HIT-II vorbehalten bleiben. Unfrakti-onierte Heparine sind unter Compli-ancegesichtspunkten nicht für die am-bulante Behandlung geeignet. Unter Nutzen-Risiko-Gesichtspunkten er-scheint es daher angemessen, die gerin-nungshemmende Therapie mit einem niedermolekularen Heparin durchzu-führen. Am ehesten bietet sich die Fort-führung des bereits zur perioperativen Antikoagulation eingesetzten Enoxapa-rins an. Therapeutische Alternativen zeigen, zusammenfassend bewertet, kei-ne besser dokumentierte Wirksam-keit oder geringere Hepatotoxizität, auch wenn die fehlende Möglichkeit zur peroralen Applikation der Heparine Nachteile für die Compliance aufweisen kann. Die Kriterien des Bundessozial-gerichts für eine Erstattungsfähigkeit dieser als „off-label use“ zu bezeichnen-den Therapie sind unserer Ansicht nach klar erfüllt.

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KorrespondenzanschriftProf. Dr. Ingeborg Walter-SackAbteilung Innere Medizin VI, Klinische Pharmakologie und PharmakoepidemiologieMedizinische Klinik (Krehl-Klinik)Universitätsklinikum HeidelbergIm Neuenheimer Feld 41069120 HeidelbergTelefon (+49/6221) 56-8740Fax -4642E-Mail: [email protected]

Bertsche T, et al.Off-Label-Use in der Langzeitantikoagulation

Med Klin 2005;100:820–4 (Nr. 12)