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Oranienburg im Wandel Stadtsanierung 1991 - 2010 Oranienburg

Oranienburg im Wandel (Broschüre)

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Broschüre zur Stadtsanierung 1991 bis 2010

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Page 1: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

Danksagung

Wir danken allen, die an der Ent-

stehung dieses Buches mitgewirkt

haben, sei es durch Textbeiträge,

durch Bereitstellung von Fotos und

Plänen, durch Anregungen oder

konstruktive Kritik.

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im

Wan

del

1991 -

2010

Oranienburg im Wandel

Stadtsanierung 1991 - 2010

Oranienburg

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Oranienburg im Wandel

Stadtsanierung 1991 - 2010

Oranienburg

Page 4: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

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Vorwort

Hans-Joachim Laesicke

In der wechselvollen, fast 800-jährigen Geschichte Orani-

enburgs, erfuhr unsere Stadt unterschiedlichste Einflüsse

von außen, die unsere Entwicklung beflügelten, aber

auch solche, die verhängnisvoll waren. Insbesondere dem

Stadtzentrum waren bis in die jüngste Zeit die Folgen der

Bombardierungen während des 2. Weltkrieges und Bausün-

den, wie die während der DDR-Epoche errichtete ehemalige

Staatsbank, deutlich anzusehen. Eine Situation, die mir,

wie vielen anderen Oranienburgern auch, überhaupt nicht

gefallen hat.

Deshalb habe ich gemeinsam mit unserem Baustadtrat

Frank Oltersdorf überlegt, wie die Attraktivität der Orani-

enburger Mitte verbessert werden könnte. Gemeinsam mit

Stadtplanern, Oranienburger Geschäftsleuten, Kommunal-

politikern, Wohnungsbauunternehmen, Denkmalpflegern,

Naturschützern und anderen diskutierten wir leiden-

schaftlich, um schließlich einen Gestaltungsplan für das

Zentrum in den Hände halten zu können. Damit hatten wir

gemeinsam eine gute Grundlage erarbeitet, die, aufbauend

auf den städtebaulichen Überlegungen aus der Zeit unserer

Namenspatronin Louise Henriette von Oranien unser künfti-

ges Handeln bestimmen sollte.

Mit der Errichtung des Oranienburger Schlosses vor über 350

Jahren stand dieses im Mittelpunkt der Stadtentwicklung.

Alle Straßen, Wohnhäuser, gemeindlichen Einrichtungen

und wirtschaftlichen Unternehmen wurden danach ausge-

richtet. Als das Schloss seine Bedeutung verloren hatte und

für unterschiedlichste Nutzungen missbraucht wurde, so als

chemische Fabrik oder als Kaserne, gerieten die ursprüngli-

chen Überlegungen in Vergessenheit. Mit dem Verlust seiner

zentralen Rolle in Oranienburg verschwand das Schloss auch

zunehmend aus dem öffentlichen Bewusstsein.

Viele Oranienburger hatten erst nach dem Auszug der

DDR-Grenztruppen, die das Schloss bis zum Sommer 1990

militärisch nutzten, die Möglichkeit, dieses riesige, mitten in

der Stadt gelegene Kasernengelände zu entdecken.

Als die Stadt Oranienburg im Juni 1996 endlich Eigentüme-

rin des Schlosses wurde, war der Weg für die Beantragung

von Fördermitteln zur Sanierung des arg ramponierten

ältesten Barockschlosses der Mark Brandenburg, von dem

bereits Theodor Fontane in seinen Wanderungen schwärm-

te, geebnet.

Am 14. August 1999, als die niederländische Königin

Beatrix und unser damaliger Bundespräsident Johannes

Rau gemeinsam die international viel beachtete Ausstellung

„Onder den Oranjeboom“ im frisch sanierten Schloss eröff-

nete, begann ein neues Kapitel seiner Geschichte. Oranien-

burg hatte seine alte Mitte wiedergefunden, wie es unser

ehemaliger Ministerpräsident Manfred Stolpe formulierte.

Allerdings wirkte das trostlose und verwahrloste Umfeld ne-

ben dem wieder erstrahlten Schloss nun noch verheerender.

Um unsere städtebaulichen Pläne umsetzen zu können

bemühten wir uns erfolgreich um den Ankauf der neben

dem Schloss gelegenen Militärbrache, wie auch der früheren

Staatsbank, der Kaufhalle in der Breiten Straße oder des

Amtshauptmannshauses und weiterer Ruinengrundstü-

cke im Stadtzentrum. Gleichzeitig wussten wir aber auch,

dass die Umgestaltung der Militärbrachen zur öffentlichen

Parkanlage, der Abriss von Ruinen, die Erlebbarmachung

des Havelufers, die Sanierung wertvoller Bausubstanz, der

Ausbau von Geh- und Radwegen sowie die Gestaltung des

Schlossplatzes mehr Geld kosten würde, als wir zur Verfü-

gung hätten.

Daraus wurde die Idee geboren, dass sich unsere Stadt mit

dem Konzept zur Umgestaltung des Stadtzentrums um die

Ausrichtung der Landesgartenschau 2009 bewerben sollte.

Mit unserer Bewerbung konnten wir die Jury der Landesre-

gierung überzeugen und uns gegen zwölf brandenburgische

Städte durchsetzen.

Weit über 20 Millionen Euro, von denen der Löwenanteil

aus unterschiedlichsten Fördertöpfen nach Oranienburg ge-

holt werden konnte, wurden seitdem in die Neugestaltung

unseres Stadtzentrums investiert.

Viele der ursprünglichen Überlegungen sind bereits Realität

geworden. Gerade von Gästen der Stadt, die längere Zeit

nicht hier waren, wird ebenso überrascht wie erfreut festge-

stellt, dass sich unser beherztes Vorgehen bei der Festset-

zung der Oranienburger Innenstadt als Sanierungsgebiet

und das städtebauliche Bekenntnis, der Entwicklung des

Stadtzentrums gegenüber der Errichtung von Satellitensied-

lungen am Stadtrand den Vorzug zu geben, augenfällig als

richtig erwiesen hat.

Hans-Joachim Laesicke

Bürgermeister der Stadt Oranienburg

Page 5: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

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Vorwort

Jürgen Schweinberger

Seit 1991 engagiert sich die Stadt Oranienburg für

die Erneuerung und Entwicklung ihrer Innenstadt

und wird dabei von EU, Bund und Land Brandenburg

im Rahmen der Städtebauförderung unterstützt.

Das Bund-Länder-Programm „Städtebauliche Sa-

nierungsmaßnahmen“ hat sich dabei als zentrale

Stütze der kommunalen Investitionspolitik erwiesen.

In Oranienburg wurde es flankiert vom Einsatz der

Programme „Zukunft im Stadtteil“ und dem „Brach-

flächenprogramm“, die auch in den innenstadtna-

hen Bereichen Wirkungen gezeigt haben und viel zur

Aufwertung der öffentlichen Bereiche beigetragen

haben, ohne die eine Landesgartenschau in der

Oranienburger Innenstadt nicht denkbar wäre.

Heute bestimmen die sanierten Innenstadtbereiche

das Image der Stadt in positiver Weise. Dies gilt zu-

vorderst für die Wiederherstellung der historischen

Plätze, Straßen und Stadträume, die eine Stadt

unverwechselbar machen. In Oranienburg hat sich

die Städtebauförderung außerdem als Instrument

zur Stärkung der Wohnfunktion als der tragenden

Nutzung in der Mehrzahl der Stadtkerne bewährt.

Genauso wichtig ist die Stärkung der Innenstadt als

zentraler Versorgungsbereich und damit als belebte

Stadtmitte für alle Bürger. Vorbildlich ist die Ent-

wicklung im Bereich Bernauer Straße. Mit öffentli-

chen Planungen und Investitionen in Stadtbild und

Infrastruktur ist Oranienburg auch für andere, noch

nicht entwickelte Bereiche auf einem guten Weg und

konnte inzwischen wesentliche Vorleistungen für die

notwendigen privaten Investitionen erbringen.

Staatliche Fördermittel allein reichen nicht aus, um

einen Erfolg der Innenstadtsanierung zu sichern. Ob

und wie erfolgreich die Stadterneuerung ist, hängt

erfahrungsgemäß auch von den personell-organi-

satorischen, den demographischen, wirtschaftlichen

und fiskalischen Rahmenbedingungen in der jewei-

ligen Stadt ab. Erfolge der Stadtsanierung, wie sie in

Oranienburg offenkundig sind, sind daher gleichzei-

tig immer als Erfolge kommunaler Städtebaupolitik

zu werten: Ohne engagierte und funktionierende

Kommunen wäre ein solches Programm undenkbar.

Der bis heute in Oranienburg erreichte Sanierungs-

stand ist ein überaus zufrieden stellendes Ergebnis,

wenn auch einige schwierige Restaufgaben der

Stadterneuerung noch unerledigt sind. Die Städ-

tebauförderung ist von der Stadtpolitik und ihrer

Verwaltung als Chance erkannt worden, und diese

Chance wurde ergriffen. Bei den anstehenden Zu-

kunftsaufgaben der Stadtentwicklung wird das Land

Brandenburg die Stadt im Rahmen der Städtebauför-

derung weiter nach Kräften unterstützen.

Jürgen Schweinberger

Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft

des Landes Brandenburg

Leiter der Abteilung Stadtentwicklung und

Wohnungswesen

Page 6: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

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Page 7: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

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Inhaltsverzeichnis

Schmutztitel

Vorwort

Hans-Joachim Laesicke

Vorwort

Jürgen Schweinberger

Luftbild 2000

Luftbild 2009

Stadterneuerung 1991 - 2010

aus Sicht des Sanierungsträgers

Klaus-Dieter Steuer

Ein Rundgang durch das Sanierungsgebiet

im Jahr 2009

Gundula Schweizer

Der Bauausschuss – ein aktiver Partner im

Stadterneuerungsprozess

Burkhard Wilde

Stadt und BIG-STÄDTEBAU – seit 10 Jahren

ein bewährtes Team

Frank Oltersdorf, Klaus-Dieter Steuer

Integrierte Stadtentwicklung in Oranien-

burg - ein erfolgreiches Verfahren nicht

erst seit Einführung des INSEK

Christian Kielczynski

Oranienburger Stadtarchiv im Boden -

Archäologische Untersuchungen zwischen

Schloss und Nikolai-Kirche

Thomas Hauptmann, Philine Bach

Straßenplanung einmal anders – das

„Bernauer - Straße – Verfahren“

Gabriele Perlick

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Der Bahnhof – ein wichtiges Tor

Oranienburgs zur Welt

Stephan Bernard

Das Oranienburger Schloss - das alte Herz

der Stadt in neuem Glanz

Marianne Krodecki

Oranienburgs historischer Stadtkern –

Gegenstand eines besonderen

Planungsverfahrens

Rose Fisch

Ein Stadtquartier verändert sein Gesicht

Dr. Steffen Ott, Bettina Krause

Die Landesgartenschau 2009

Oranienburg – ein Meilenstein nicht nur

für Gartenfreunde

Matthias Franke

Der Schlossplatz -

Oranienburgs wiederentdeckte Mitte

Siegfried Reibetanz

Die Schlossbrücke Oranienburg –

ein städtebauliches Schlüsselprojekt

Robert Geyer

Ein wichtiger Partner im

Stadtumbauprozess - Die Oranienburger

Wohnungsbaugenossenschaft eG

Lutz Lachmann, Bernd Küken

Perlen wieder aufpoliert -

Die WOBA auf Sanierungskurs

Bernd Jarczewski

Die „Havelpassage“ Bernauer Straße 18

Wolf-Dieter Wolf

Ärztehaus Breite Straße 7

Angela Petzi

Das Carollis – privates Engagement

für ein altes Haus

Carlos Aydin

„Lebenshilfe“ in der Lehnitzstraße

Bolko Prußok

Neues Leben in einer alten Fabrik

Jörn Weimer

Das Amtshauptmannshaus -

ein besonderes Juwel am Schlossplatz

Ralf Kretzschmar

Wasser – ein besonderes Potenzial

für Oranienburg

Christian Kielczynski

Erfolgreiche Stadtsanierung braucht

kluge Grundstückspolitik

Heidrun Gassan

Öffentlichkeitsarbeit - Stadtsanierung

braucht Kommunikation

Gundula Schweizer

Meinungen zur Stadtsanierung

Heike Bergt, Michael Hohenhaus

19 Jahre Stadtsanierung - eine Erfolgs-

geschichte Ausblick auf die Aufgaben der

zukünftigen Stadtentwicklung

Frank Oltersdorf

Die BIG-STÄDTEBAU-GmbH –

vor Ort in Brandenburg

Frank Hultsch, Ursula Langhans,

Klaus-Dieter Steuer

Impressum

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2000

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2009

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Stadterneuerung 1991-2010 aus Sicht des Sanierungsträgers

Klaus-Dieter Steuer

Verwendung der Städtebauförderungsmittel

Vorbereitungsmaßnahmen: 10 %

Modernisierungs-

maßnahmen: 11 %

Gemeinbedarfs- und

Folgeeinrichtungen: 11 %

Sonstiges: 8 %

Ordnungsmaßnahmen: 4 %

Erschließungsmaßnahmen: 56 %

Bewilligte Städtebauförderungsmittel 1991 bis 2009 Summe: 22.992.000 Euro

0 Eu

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Euro

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Euro

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780.

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Euro

592.

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Euro

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1.21

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884.

000

Euro

1.88

0.00

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1.06

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4,0 in Mio. Euro

Das heutige Sanierungsgebiet „Oranienburg Innen-

stadt“ wurde 1991 in das Städtebauförderungspro-

gramm des Landes Brandenburg aufgenommen, da

bereits sehr frühzeitig erkannt wurde, dass die umfas-

sende Entwicklung des Oranienburger Stadtzentrums

nicht allein mit Hilfe kommunaler und privater Mittel

erfolgen konnte.

Nachdem vorbereitende Untersuchungen eine Vielzahl

städtebaulicher Missstände offen legten und deutlich

wurde, dass diese nur in einem größeren städtebau-

lichen Kontext beseitigt werden können, wurde mit

Beschluss vom 19. September 1994 (Rechtskraft der

Satzung seit 6. Januar 1995) die Innenstadt als Sanie-

rungsgebiet förmlich festgelegt. Es besaß zunächst eine

Größe von 44 ha und umfasste die westlich der Havel

gelegene ehemalige barocke Altstadt sowie die im 18.

und 19. Jahrhundert zwischen Havel und Bahnlinie

entstandene Mittelstadt, die heute das Stadtzentrum

darstellt.

Die Aufgabe der militärischen Nutzung des Schlossa-

reals und die Sanierung dieses wertvollen barocken

Baudenkmals im Jahr 1999 eröffneten neue Perspek-

tiven für die alte Mitte der Stadt. Um die notwendi-

gen Konversionsmaßnahmen und die gestalterische

Neuordnung dieses wichtigen Bereiches zügig vor-

antreiben zu können, wurde das Sanierungsgebiet

mit Beschluss vom 18. Dezember 2006 (Rechtskraft

der Satzung seit 6. Juli 2007) um das nordwestlich

des Schlosses gelegene, ehemalige Kasernengelände

erweitert, so dass es heute eine Größe von rd. 73 ha

besitzt. Ein wesentlicher Entwicklungsimpuls für das

Herzstück des Sanierungsgebietes - das Ensemble

Schloss – Schlossvorplatz – Schlosspark – ging von der

Ausrichtung der Landesgartenschau 2009 aus, die den

alten Schlosspark umfasst, aber auch den Schlossplatz

und das ehemalige Kasernengelände nordwestlich des

Schlosses zum Gegenstand hat.

Stadtsanierung in Oranienburg ist wegen der kom-

plexen städtebaulichen Problemlagen und des hohen

baulichen Sanierungs- und Neuordnungsbedarfes eine

schwierige Aufgabe, die durch den Einsatz von Städte-

bauförderungsmitteln ermöglicht bzw. wesentlich

unterstützt wurde und weiterhin wird. Die Handlungs-

felder sind vielfältig und reichen von der Sanierung

Page 11: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

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einzelner Gebäude, der Neu- und Umgestaltung

ganzer Blockbereiche, bodenordnenden Maßnahmen,

der Erneuerung von Straßen und Plätzen bis hin zur

geordneten Neubauung von zahlreichen Brachfl ächen

und Baulücken.

Nach Jahren der intensiven planerischen Vorbereitung

und der Diskussion über die Ziele der städtebauli-

chen Entwicklung begann Ende der 1990er Jahre die

Umsetzung erster investiver Maßnahmen. Wichtiger

Meilenstein für die Entwicklung des Stadtzentrums war

neben dem städtebaulichen Rahmenplan ein im Jahr

2003 durchgeführtes diskursives Planverfahren, das

die Grundlagen für die Wiederherstellung des barocken

Stadtgrundrisses westlich der Havel legte.

Neben der Gebäudesanierung wurde von Anfang an

großes Augenmerk auf die Neugestaltung der öffentli-

chen Wege und Plätze als Voraussetzung für eine funk-

tionierende Infrastruktur und die Verbesserung des

Ortsbildes gelegt. Dafür konnten sowohl die örtlichen

Versorgungsunternehmen als zuverlässige Partner für

die notwendige Erneuerung der technischen Infra-

struktur gewonnen werden, als auch in Zusammen-

arbeit mit dem Landesbetrieb für Straßenwesen eine

Erneuerung der im Sanierungsgebiet gelegenen zwei

Bundesstraßen erfolgen.

Neben Städtebauförderungsmitteln konnten weitere

Fördermittel, wie z. B. aus den Programmen Zukunft

im Stadtteil (ZIS), Mittel des Bundes für den Ausbau

von Bundesstraßen nach dem Verkehrswegegesetz und

Mittel der Europäischen Union für das Sanierungsgebiet

akquiriert und effektiv gebündelt werden.

Bis 2008 sind allein rd. 20 Mio. Euro aus Städtebauför-

derungsmitteln in das Sanierungsgebiet gefl ossen.

Verteilung und Verwendung dieser Mittel sind in den

untenstehenden Abbildungen dargestellt. Nach ge-

genwärtigem Planungsstand soll die Sanierungsmaß-

nahme im Jahr 2014 abgeschlossen werden. Der dafür

noch erforderliche Bedarf an Finanzhilfen wird mit rd.

7,1 Mio. Euro beziffert.

Die Liste der aus Städtebauförderungsmitteln bezu-

schussten Einzelmaßnahme ist lang, exemplarisch

sollen hier nur einige Maßnahmen genannt werden:

Erschließungsmaßnahmen:

- Umgestaltung der Bernauer Straße und Anlage des

Boulevards

- Neugestaltung der Breiten Straße

- Umgestaltung Schlossplatz

- Neuanlage der 3. barocken Straßenachse / Neringstraße

- Wohnumfeldverbesserung Liebigstraße/Rungestraße

Gemeinbedarfseinrichtungen:

- Schloss

- Amtshauptmannshaus Breite Straße 1

- Königliches Forsthaus Bernauer Straße 18 A

- Seniorenbegegnungsstätte Sachsenhausener Straße 1

Private Modernisierungsmaßnahmen:

- Adolf-Dechert-Straße 1

- Bernauer Straße 2, 4, 14 und 56

- Mittelstraße 11

- Rungestraße 31-33 und 39-45

- Schlossplatz 5

- Willy-Brandt-Straße 18

Die erreichten Ergebnisse waren nur möglich, weil

einerseits die notwendigen Finanzhilfen durch Bund

und Land kontinuierlich und auf hohem Niveau be-

reitgestellt wurden und anderseits dem Thema Stadt-

sanierung durch die politischen Gremien sowie die

Verwaltung der Stadt Oranienburg eine hohe Priorität

eingeräumt wurde.

Klaus Dieter Steuer

BIG-STÄDTEBAU GmbH

Leiter des Regionalbüros Perleberg

Page 12: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

10

Das Schloss mit dem im Jahr 2009 neu gestalteten Schlossplatz

Das Portal zum denkmalgerecht rekonstruierten Schlosspark

Der neu angelegte Parkplatz an der Fischerstraße

Wer lange nicht in Oranienburg war, wird sich

verwundert die Augen reiben, wenn er von Süden

auf das barocke Schloss zufährt. War das Schloss

nicht immer für Besucher verschlossen, durchschnit-

ten nicht die Bundesstraßen B 96 und B 273 den

Schlossplatz, stand da nicht ein unansehnlicher

Kasten gegenüber dem Schloss und wo kommen die

schmucken barocken Gebäude am westlichen Rand

des Schlossplatzes her?

Was heute so selbstverständlich dasteht, ist das

Ergebnis einer kühnen städtebaulichen Idee und

einer großen Anstrengung aller an der Sanierung

Beteiligten.

Alles begann, wie schon im 17. Jahrhundert, als

Louise Henriette von Oranien-Nassau nach Orani-

enburg kam, mit dem Schloss. Das nur bis 1802

als Residenz, danach als Fabrik und danach lange

militärisch genutzte barocke Kleinod stand seit 1990

leer. Die Stadt erwarb es mutig, sanierte es, unter

anderem unter Einsatz von Städtebauförderungs-

mitteln und Mitteln aus dem Kulturinvestitions-

programm für die Fassade, und nutzt es seither für

Ihre Verwaltung. Daneben haben hier seit 1999 das

zur Stiftung Preußischer Schlösser und gehörende

Schlossmuseum und das Kreismuseum Oberhavel ih-

ren Sitz. Schnell aber wurde klar, dass die Sanierung

des Schlosses allein die historische Ortsmitte nicht

nachhaltig verbessern kann.

Um sich über die weiteren städtebauliche Ziele

für die Stadtmitte und möglicher Wege zu deren

Erreichung klar zu werden, wurde 2003/2004 ein

diskursives Planverfahren durchgeführt, in dessen

Ergebnis ein Bekenntnis zur Reparatur des baro-

cken Stadtgrundrisses stand. Voraussetzung dafür

war der Bau einer Ortsumgehungsstraße, die damit

einhergehenden Verkehrsentlastung der Innenstadt

und die Verlegung der Schlossbrücke nach Süden,

um den Schlossplatz in seinen historischen Maßen

wiederherstellen zu können.

Ein Rundgang durch das Sanierungsgebiet

im Jahr 2009

Gundula Schweizer

Page 13: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

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Alt und Neu einträchtig nebeneinander – Das barocke Schloss mit der neuen Schlossbrücke

Die Schlossbrücke vor der Zerstörung – ein Ingenieurbauwerk mit hohem gestalterischem Anspruch

Ein Provisorium, das lange hielt - die 1947 aus der Havel geho-bene und bis 2008 ihren Dienst erfüllende alte Schlossbrücke

Die alte Schlossbrücke stammte aus dem Jahr

1935, war 1945 gesprengt, 1947 aus der Havel

gehoben und anschließend wieder aufgebaut wor-

den. Sie beeinträchtigte den Schlosshof erheblich,

besaß ein unzureichendes Lichtraumprofi l für den

Schiffsverkehr und war Anfang der 2000er Jahre

umfassend sanierungsbedürftig.

In einem von allen Seiten konstruktiv geführten

Abstimmungsprozess konnte erreicht werden, dass

durch den Landesbetrieb Straßenwesen Bran-

denburg ein Ersatzneubau errichtet wurde, der in

seiner Lage etwa 50 m nach Süden verschoben ist.

Nach nur 1 ½ Jahren Bauzeit fügt sich das zu-

rückhaltende und alle technischen Anforderungen

erfüllende Bauwerk nicht nur gut in seine Umge-

bung ein, das Schloss hat jetzt auch wieder einen

repräsentativen und anspruchsvoll gestalteten

Schloss(vor)platz, der zum Flanieren einlädt und

unter anderem für zahlreiche Veranstaltun-

gen genutzt werden kann. Während die neue

Schlossbrücke überwiegend vom Landesbetrieb

für Straßenwesen fi nanziert wurde, ist die gelun-

gene Neugestaltung des Schlossplatzes vor allem

dem Einsatz von Städtebauförderungsmitteln zu

verdanken.

Page 14: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

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Das barocke Blumenthalsche Haus im sanierten Zustand – ein wichtiger Baustein des wiederhergestellten Schlossareals

Das Blumenthalsche Haus vor der Sanierung

Das sanierte Amtshauptmannshaus in der Breiten Straße – eines der ältesten Gebäude der Stadt

Detail Portal Schloßpark

Das neu gestaltete Schlossareal wird abgerundet von

zwei sanierten Gebäuden, die dem Besucher sofort

ins Auge fallen.

Das Amtshauptmannshaus in der Breiten Straße 1

gilt als das älteste erhaltene Gebäude Oranienburgs

und wurde im Jahr 1657 erbaut. Das heute unter

Denkmalschutz stehende frühbarocke Haus wurde

um 1700 umgebaut und erweitert und ist in dieser

Form weitgehend erhalten geblieben. Bis 2001

beherbergte es das Kreismuseum Oberhavel, seit der

umfassenden denkmalgerechten Sanierung hat die

Landesgartenschau Oranienburg 2009 GmbH ihren

Sitz im Amtshauptmannshaus. Auch nach Abschluss

der Landesgartenschau im Oktober 2009 wird das

Gebäude voraussichtlich eine öffentliche Nutzung

behalten.

Das benachbarte Blumenthalsches Haus am Schloss-

platz 5 wurde um 1800 erbaut und diente zunächst

den jeweiligen Hofgärtnern als Wohnhaus. In den

1850er Jahren erwarb es die jüdische Familie Blu-

menthal, die hier im Jahr 1852 die erste Privatbank

der Stadt Oranienburg gründete.

Heute gehört das Gebäude der Wohnungsbaugesell-

schaft mbH Oranienburg, die es 2007/2008 um-

fassend modernisierte und instand setzte. Seither

befi nden sich hier ein beliebtes Restaurant und im

Obergeschoss Büroräume.

Der weitere Rundgang führt uns in die Bernauer

Straße, die Teil der die Stadt durchquerenden Bun-

desstraße B 273 ist. Wer Oranienburg aus früheren

Jahren als Durchreisender kennt, hat ein Stadtzent-

rum in Erinnerung, das durch Staus, unansehnliche

Straßenräume und eine geringe Aufenthaltsqualität

der öffentlichen Räume geprägt war. Wie anders

stellt sich die Ortsdurchfahrt heute dar.

Page 15: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

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Die Bernauer Straße heute – eine lebendige Geschäftsstraße in einem innenstadtadäquaten Ausbaustandard

Sanierte Wohn- und Geschäftshäuser runden das positive Bild der Bernauer Straße ab

Modernes Stadtmobiliar sorgt für ein zeitgemäßes Erscheinungsbild

Die Bernauer Straße war und ist durch ein hohes

Verkehrsaufkommen belastet. Bis 2001 waren die

gestalterische Qualität sowie der technische Zustand

des Straßenraumes aber so desolat, dass die Einzel-

händler dieser Hauptgeschäftsstraße ernsthaft um

ihre Existenz fürchten mussten. Die Verhältnisse für

Fußgänger und Radfahrer waren zutiefst inakzepta-

bel.

Nach sorgfältiger planerischer Vorbereitung und

intensiver Beteiligung der Anlieger und der Öffent-

lichkeit begannen 2000 die Straßenbauarbeiten, die

Ende 2004 abgeschlossen werden konnten. Schma-

lere Fahrspuren, Verkehrsinseln und ein gepfl asterter

Mittelstreifen führten zu einer deutlichen Verkehrs-

beruhigung und einer erheblichen gestalterischen

Aufwertung des Straßenraumes. Die neue Straßen-

beleuchtung, ein Boulevard auf einer zahlreichen

Läden vorgelagerten Fläche sowie eine moderne

Möblierung runden das Bild ab, so dass die Bernauer

Straße heute eine lebendige, einladende und trotz

des hohen Verkehrsaufkommens gut frequentierte

Geschäftsstraße ist.

Der Rundgang durch das Sanierungsgebiet führt uns

nun nach Norden, wo drei mit Hilfe von Städte-

bauförderungsmitteln sanierte Gebäude, zwei davon

in besonders exponierter städtebaulicher Lage,

besichtigt werden sollen.

Der Boulevard vor der Umgestaltung

Der Boulevard ist heute ein beliebter Aufenthaltsort

Page 16: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

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Zunächst erreichen wir das eingeschossige Gebäu-

de Sachsenhausener Straße 1. Es wurde um 1872

errichtet und befi ndet sich heute im Eigentum der

Stadt Oranienburg. Es bildet zusammen mit dem

benachbarten ehemaligen königlichen Forsthaus

und dem Gebäude Sachsenhausener Straße 2 ein

städtebauliches Ensemble, welches die historische

Bebauung an der Sachsenhausener Straße noch

erahnen lässt.

Im Dezember 2000 wurde durch die Stadtverord-

neten beschlossen, das Gebäude Sachsenhausener

Straße 1 als offene Seniorenbegegnungsstätte für

die Stadt Oranienburg herzurichten und mindestens

25 Jahre lang öffentlich zu nutzen. Während die

Herrichtung der Gebäudehülle aus Städtebauförde-

rungsmitteln bezuschusst wurde, erfolgte der In-

nenausbau mit Hilfe von Mitteln der Bundesanstalt

für Arbeit und aus Eigenmitteln der Stadt.

Das unsanierte Gebäude Sachsenhausener Straße 1 – ein Schandfl eck in prominenter Lage

Die Seniorenbegegnungsstätte Sachsenhausener Straße 1

Die Gebäude Rungestraße 31 und 33 gehörten zu

der ehemaligen „Chemischen Produkten-Fabrik“

Oranienburg und entstanden in den Jahren 1824

bis 1844. Sie wurden später durch einen Zwischen-

bau verbunden, der in den 30iger Jahren des 20.

Jahrhunderts aufgestockt wurde. Von 1945 bis 1970

wurde hier noch produziert, später diente das Ob-

jekt Wohnzwecken. Nachdem das denkmalgeschütz-

te Gebäudeensemble nach längerem Leerstand

an das gemeinnützige Christliche Jugendzentrum

Oranienburg e.V. übertragen wurde, erfolgte eine

umfassende Modernisierung und Instandsetzung,

die 2007 abgeschlossen wurde.

Heute werden die Gebäude als Kinder- und Jugend-

haus genutzt, in dem jungen Menschen in persön-

lichen und sozialen Krisensituationen Unterkunft,

soziale Betreuung und Therapie in betreuten Wohn-

gruppen angeboten werden.

Auch das benachbarte Gebäude Rungestraße 39-45

gehörte zu der ehemaligen „Chemischen Produkten-

Fabrik“ Oranienburg und entstand im Jahr 1824.

Hier befand sich zunächst die frühere Palmwachs-

fabrik. Die Produktion wurde auch hier in den

1970er Jahren eingestellt und eine Umnutzung zu

Wohnzwecken vorgenommen. Dazu wurden die

alten Fensteröffnungen teilweise geschlossen bzw.

verkleinert und Zwischenwände eingefügt, so dass

ein „Reihenhauscharakter“ entstand. Die umgangs-

sprachliche Bezeichnung „Schnitterkaserne“ ließ auf

einen sehr einfachen Wohnstandard schließen.

Das ebenfalls denkmalgeschützte Gebäude befi ndet

sich heute im Eigentum der Wohnungsbaugesell-

schaft mbH Oranienburg, die es 2006/2007 um-

fassend instand setzte und modernisierte. Da die

Wohnnutzung beibehalten werden sollte, erfolgte

kein Rückbau der Öffnungen und Einbauten, statt

dessen aber in Übereinstimmung mit den denkmal-

pfl egerischen Zielsetzungen ein Ausbau in einem

zeitgemäßen Standard.

Von der Fabrik zum Wohnhaus – die Gebäude Rungestraße 39, 41, 43, 45

Page 17: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

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Auf dem Weg zurück zur Bernauer Straße werfen wir

einen Blick auf die Rückseite der mehrgeschossigen

Gebäude an ihrer Nordseite. Hier wachsen Bäume,

blühen Blumen, spielen Kinder und parken Autos in

einem ansprechend gestalteten Wohnumfeld. In ei-

ner gemeinsamen Aktion von Stadt und Wohnungs-

unternehmen konnten nach einer Grundstücks-

neuordnung und einer grundstücksübergreifenden

Neugestaltung der Freianlagen attraktive Lebensbe-

dingungen geschaffen werden, die die Gebäude zu

einer gefragten Wohnlage im Zentrum Oranienburgs

machen. Gleiches ist für die Mittelstraße vorgese-

hen, wo mit Wohnumfeldverbesserungsmaßnahmen

bereits begonnen wurde.

Gebäude nicht nur einen wichtigen Blickpunkt in der

Bernauer Straße dar, es besitzt wegen seiner weit-

gehend original erhaltenen Fassade auch besondere

stadtgeschichtliche, baugeschichtliche und städte-

bauliche Bedeutung.

Weiter geht es durch die Mittelstraße, wo uns das sa-

nierte Gebäude Mittelstraße 11 erwartet. Das zwei-

geschossige Wohnhaus ist eines der letzten Zeugnisse

der historischen Bebauung in der Mittelstraße, nach-

dem zahlreiche große Neubauten den Maßstab der

straßenbegleitenden Bebauung und die historische

Parzellenstruktur empfi ndlich gestört haben.

In den Jahren 2000 /2001 sanierte der Eigentümer

das Objekt umfassend. Neben der Modernisierung

der sechs Wohnungen war vor allem die Wiederher-

stellung einer ansprechenden Fassade ein wesentli-

ches Sanierungsziel.

Vorbei an den sanierten Einzelgebäuden Willy-

Brandt-Straße 18 und Adolf-Dechert-Straße 5 geht

es zum Bötzower Stadtgraben.

Der alte Bötzower Stadtgraben, zwischen Kremme-

ner und Berliner Straße gelegen, diente bis zum

Ende des 19. Jh. als Abwassergraben, war aber nie

Bestandteil des historischen Stadtgrabens.

2005/2006 erfolgte der Ausbau der südlichen An-

bindung des Bötzower Stadtgrabens als verkehrsbe-

ruhigter Bereich. Heute können sich hier Fußgänger

und Radfahrer in einem ansprechend gestalteten

Umfeld sicher bewegen.Wieder in der Bernauer Straße angekommen tref-

fen wir auf das denkmalgeschützte und 2003/2004

umfassend sanierte Gebäude Bernauer Straße 56,

das sich bis Mitte der 1970er Jahre in Familien-

besitz befand und inzwischen ebenfalls der Woh-

nungsbaugesellschaft mbH Oranienburg gehört. Das

durch seinen Dachausbau viergeschossig wirkende,

tatsächlich aber nur dreigeschossige Gebäude gehört

zu den repräsentativsten Zeugnissen einer Phase der

Stadtentwicklung, in der sich die Bernauer Straße

im Bereich zwischen Bahn- und Schlossbrücke als

Hauptgeschäftszentrum der Stadt Oranienburg eta-

blieren konnte. Aufgrund seiner stattlichen Größe,

seiner abwechslungsreichen Fassade und vor allem

wegen seines Fachwerk-Zwerchhauses stellt das

Ein Stück Natur in der Innenstadt in einem umgestalteten Wohnhof nördlich der Bernauer Straße

Das sanierte Gebäude Mittelstraße 11

Fassadendetail Bernauer Straße 56

Das Wohnhaus Willy-Brandt-Straße 18 nach der Sanierung Der neu gestaltete Bötzower Stadtgraben

Page 18: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

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archäologischer Fund entdeckt, der vor Ort doku-

mentiert und anschließend ausgebaut wurde. Mit

dem Umbau ist die Breite Straße zu einem würdi-

gen Entreè für das Schlossareal, die Innenstadt und

das Landesgartenschaugelände geworden.

Die Neringstraße hingegen ist eine völlig neu an-

gelegte Straße und ergänzt den barocken Stadt-

grundriss um eine dritte Achse. Wo vor Beginn der

Baumaßnahme ein großer Parkplatz, ein Bootsclub

sowie wild entstandene Gehölzfl ächen diesem

innerstädtischen Areal einen Stadtrandcharakter

verliehen und das Havelufer abriegelten, ist eine

Wir beenden unseren Rundgang an seinem Beginn

- dem Schlossplatz, indem wir die Breite Straße

entlang gehen und einen Blick in die Neringstraße

werfen.

Die Breite Straße ist eine der früheren barocken

Straßenachsen der Oranienburger Altstadt und

gehört heute zum innerstädtischen Abschnitt der

B 273. Sie ist stark befahren und glich in ihrem

Ausbauzustand vor Beginn der Sanierungsarbei-

ten eher einer Stadtautobahn als einer barocken

Straßenachse. Ein breiter Mittelstreifen, riesige

Lichtmasten und beiderseitige Parkstreifen waren

wenig einladend. Ihr zunehmend schlechter Zu-

stand führte nicht nur zu einer negativen gestalte-

rischen Wirkung dieses wichtigen Stadteingangs, er

erschwerte auch die Existenzbedingungen für die

anliegenden Läden und Dienstleistungsbetriebe.

Nach einer grundlegenden Erneuerung des Lei-

tungsbestandes wurde der Fahrbahnquerschnitt auf

das verkehrstechnisch notwendige Maß reduziert

und die Straße umfassend neu gestaltet. Während

der Baumaßnahmen wurde mit einem stellenwei-

se bis zu siebenlagigen hölzernen Knüppeldamm

aus dem 13. bis 15. Jahrhundert ein interessanter

Die Breite Straße als eine der drei barocken Straßenachsen nach der Umgestaltung

Wo 2007 noch Baustelle war entstand eine neu, die dritte baro-cke Straßenachse

Neben der Stadtsanierung wurde ein weiteres Großprojekt reali-siert – die Landesgartenschau 2009

Straße entstanden, die Schloss und Landratsamt

miteinander verbindet und wertvolle innerstädti-

sche Baufelder am jetzt über eine Promenade frei

zugänglichen Havelufer erschließt.

Dieser virtuelle Rundgang durch das Sanierungs-

gebiet kann nur Schlaglichter auf das bisher

Erreichte werfen. Näheres zu einigen der hier nur

kurz gestreiften Maßnahmen und Ausführliches zu

weiteren Vorhaben, wie zum Beispiel die Neuge-

staltung der Havelufer und die Landesgartenschau

2009 sind in dieser Broschüre an anderer Stelle zu

fi nden.

Die Sanierung in der Oranienburger Innenstadt ist

aber auch nach 19 Jahren noch nicht abgeschlos-

sen. Einige Straßen und Plätze sowie verschiedene

Einzelgebäude bedürfen noch einer Erneuerung,

darüber hinaus ist die Neugestaltung der Ortsmitte

zwar bereits deutlich sichtbar, aber noch längst

nicht abgeschlossen. Es wird künftig darauf an-

kommen, Brachfl ächen wieder nutzbar zu machen,

die Nutzungsdichte in der Innenstadt zu erhöhen,

das Stadtbild weiter zu entwickeln und die Stadt so

noch attraktiver für ihre Bewohner und Besucher zu

machen.

Gundula Schweizer

BIG-STÄDTEBAU GmbH

Page 19: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

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Der Bauausschuss – ein aktiver Partner im

Stadterneuerungsprozess

Burkhard Wilde

Die Stadt Oranienburg ist eine der Städte im Land

Brandenburg, die einen besonders komplizierten

Stadterneuerungsprozess durchlebt hat und noch

durchlebt.

So ist in unserer Stadt auch 20 Jahre nach der poli-

tischen Wende von 1989/1990 die Beseitigung von

Altlasten noch immer ein aktuelles Problem. Dazu

gehören die noch zum Alltag gehörende Entschär-

fung von Fliegerbomben aus dem 2. Weltkrieg, die

Sanierung und Wiedernutzbarmachung ehemaliger

Militärareale von Roter Armee und NVA und die Sa-

nierung von Flächen, die früher durch die chemische

Industrie genutzt wurden, wie z.B. das frühere Ruß-

werk. Darüber hinaus musste die Stadt vom Schwer-

lastverkehr der sie kreuzenden Bundesstraßen

entlastet werden. Letzteres ist uns durch den Ausbau

und die Verlegung der B 96 aus dem Stadtzentrum

heraus bereits sehr gut gelungen.

Aufgabe des Bauausschusses ist es, entscheidend

an der Steigerung der Lebensqualität in Oranien-

burg und seinen Ortsteilen mitzuwirken. Natürlich

ist es nicht immer einfach, einen Konsens zwischen

Art und Umfang von wünschenswerten Bauvorha-

ben und deren Finanzierbarkeit herzustellen. Mich

persönlich freut es aber, dass die fachliche Ausein-

andersetzung zwischen den Mitgliedern des Bau-

ausschusses und der städtischen Verwaltung stets

mit hohem Sach- und Fachverstand, sachlich und

konstruktiv geführt wird.

Die Entwicklung der Oranienburger Innenstadt

erwies sich bislang als großer Erfolg. Die Landesgar-

tenschau 2009 gab hierfür einen wichtigen Impuls:

Schlossensemble, Schlossplatz und Schlosspark

bilden heute wieder eine harmonische Einheit.

Durch die Verlegung der Schlossbrücke konnte auf

eindrucksvolle Weise der Charakter des Stadtzent-

rums neu gestaltet werden. Dabei wurde Wertvolles

erhalten und die Lage der Stadt an der Havel völlig

neu entdeckt und herausgestellt.

Vorbildlich sanierte Wohn- und Geschäftshäuser Bernauer Straße 2 und 4

Archäologen waren und sind ständige Begleiter der Stadterneuerung

Ein anspruchsvoll gestaltetes Wohnumfeld als wichtiger Beitrag für die Attraktivität des Wohnstandorts Innenstadt

Historische Bauakten bieten wertvolle Hilfe bei der Gebäudesanierung

Ein besonderes Anliegen des Bauausschusses ist

die Belebung des Stadtzentrums durch die gezielte

Ansiedlung und Förderung von attraktiven Handels-

einrichtungen und Kleingewerbe. Hierdurch wird die

Attraktivität der Stadt nicht nur für ihre Bürgerinnen

und Bürger gesteigert, auch für Touristen und Durch-

reisende wird sie interessanter. Die geografi sche

Lage unserer Stadt in der Nähe Berlins und als Tor

zur Seenlandschaft im nördlichen Brandenburg und

zur Ostsee verspricht nach wie vor große und positi-

ve Entwicklungspotenziale.

Städtebauförderung ist aus Sicht des Bauausschus-

ses mehr als ein Bauprogramm. Es sichert auch

Beschäftigung und Leben in unserer Stadt, weshalb

wir der Stadtsanierung und Stadterneuerung höchste

Priorität einräumen. Dabei hoffen wir natürlich

darauf, dass sowohl das Land Brandenburg als auch

die Bunderregierung unsere Ziele auch künftig in

bewährter und partnerschaftlicher Zusammenarbeit

unterstützen werden.

Die richtigen Antworten auf die Fragen der Zeit zu

fi nden soll auch in Zukunft die Arbeit des Bauaus-

schusses bestimmen.

Burkhard Wilde

Vorsitzender des Bauausschusses

Page 20: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

18

Stadt und BIG-STÄDTEBAU – seit 10 Jahren ein bewährtes Team

Frank Oltersdorf, Klaus-Dieter Steuer

Übergabe des Schlossplatzes im April 2009 – auch das Ministerium für Infrastruktur und Raumordnung legt Hand an

Stadtsanierung und Landesgartenschau 2009 – ein Gemeinschafts-werk von Stadt und BIG, nicht nur auf dem Bauschild

Feierliche Namensgebung des August-Wilhelm-Stegs am 12. Juni 2008

Der rekonstruierte Schlosspark - ein beliebtes Fotomotiv, nicht nur während der Landesgartenschau 2009

Seitdem die BIG-STÄDTEBAU in BRANDENBURG im

Jahr 1999 mit der Sanierungsträgerschaft in Orani-

enburg beauftragt ist, entwickelte sich eine lang-

jährige, intensive, vertrauensvolle und erfolgreiche

Zusammenarbeit. Deshalb ist die BIG-STÄDTEBAU in

Oranienburg auch nicht nur als treuhänderischer

Sanierungsträger, sondern im Zusammenhang mit

der Landesgartenschau 2009 auch als Projektsteu-

erer für die Realisierung aller baulich-investiven

Maßnahmen dieser Großveranstaltung tätig.

Gemeinsam entwickelte besondere Planungs- und

Steuerungsinstrumente wie das im Jahr 2003/2004

durchgeführte diskursive Planverfahren haben in

Oranienburg nicht nur zu einer neuen Planungs-

und Beteiligungskultur geführt, sie haben auch die

Landesgartenschau 2009 in die Stadt geholt und in

spektakulär kurzer Zeit ein gewaltiges Stück Stadt-

entwicklung bewirken können.

Die BIG-STÄDTEBAU hat im Zusammenhang mit der

Stadtsanierung sämtliche Arbeitsschritte von der

Begleitung erster Planungen über die Vorbereitung

und Betreuung von Einzelmaßnahmen bis hin zu

einem effektiven Finanzmanagement, intensiver

Öffentlichkeitsarbeit und abschließenden Doku-

mentationen betreut. Eine starke örtliche Präsenz,

seit 2006 mit einem fast durchgängig besetzten

Büro, sicherte eine regelmäßige und intensive

Zusammenarbeit mit der Stadt und eine einfache

Erreichbarkeit für Sanierungswillige und andere

Sanierungsbeteiligte.

Mit der Landesgartenschau 2009 liegt ein beson-

deres und gewaltiges Stück gemeinsamer Arbeit

hinter uns. Als Anfang 2005 der Zuschlag für die

Gartenschau erteilt wurde, war der geplante Eröff-

nungstermin im April 2009 angesichts des Zustands

des 30 ha großen Geländes eine besondere Her-

ausforderung. Für die Vielzahl an städtebaulichen,

wasserbaulichen, landschaftsgärtnerischen und

sonstigen Vorhaben mussten unterschiedliche

Förderprogramme akquiriert und sinnvoll verknüpft

werden. Als besondere Schwierigkeit stellten sich

dabei das Ende einer alten und der Beginn einer

neuen EU-Förderperiode heraus. Auch dieses Pro-

blem konnten wir professionell lösen. Nur in enger

Abstimmung zwischen Stadt und BIG-STÄDTEBAU

konnte nicht nur der geplanten Fertigstellungster-

min gewährleistet werden, die Landesgartenschau

konnte auch in einer Qualität ausgerichtet werden,

die ein Erreichen der erwarteten Besucherzahlen

übertraf.

Bis zum voraussichtlichen Abschluss der Sanierung

in der Innenstadt im Jahr 2014 wird Bewährtes

fortgeführt, daneben aber bereits der Fokus auf die

planmäßige, professionelle und fi nanztechnisch

einwandfreie Beendigung der Sanierungsmaßnah-

me gelegt. Auch dieser Aufgabe werden sich Stadt

und BIG-STÄDTEBAU gemeinsam und mit hoher

Professionalität stellen.

Der formale Abschluss der Sanierung in der Innen-

stadt bedeutet aber nicht, dass es darüber hinaus

nicht weiteren Stadtentwicklungsbedarf gibt, vor

allem in den Stadtteilen, die außerhalb des Sanie-

rungsgebietes liegen. So wird auch der Stadtumbau

für Oranienburg ein Thema werden, dem sich die

Stadt zukünftig stellen wird.

Frank Oltersdorf Klaus-Dieter Steuer

Baudezernent Leiter des Regionalbüros

Perleberg, Prokurist

Page 21: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

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Integrierte Stadtentwicklung in Oranienburg -

ein erfolgreiches Verfahren nicht erst seit Einführung des INSEK

Christian Kielczynski

Die Oranienburger Innenstadt ist der Stadtraum mit

der höchsten Bedeutung für die Stabilisierung der

Gesamtstadt und ihrer regionalen Funktion. Dem ist

sich die Stadt bereits seit langem bewusst. Sie hat

daher schon frühzeitig die Innenstadt als Sanierungs-

gebiet förmlich festgesetzt, Mittel aus dem Programm

ZIS für Maßnahmen in der Stadtmitte eingeworben

und die Wohnungsunternehmen ermutigt, Mittel aus

den Programmen zur Wohnraumförderung auch und

gerade in der Innenstadt einzusetzen. Mit Erarbeitung

des INSEK musste daher nicht die gesamte Stadtent-

wicklung neu erfunden werden, statt dessen konnte

dieses Instrument genutzt werden, um den integra-

tiven Planungsansatz weiterzuführen, inhaltlich zu

qualifizieren und öffentlich zu kommunizieren sowie

die aktuellen wirtschaftlichen und demografischen

Rahmenbedingungen in dieses Planwerk zu integrie-

ren.

Die Innenstadt ist das zentrale Handlungsfeld der

Stadtentwicklung. Dem trägt auch das Oranienburger

INSEK Rechnung, indem es eindeutige Prioritäten für

die Stadtentwicklung der nächsten Jahre zugunsten

der Innenstadt setzt. Die von der Stadt verfolgten

und geplanten Maßnahmen der Zentrenentwicklung

haben Vorrang vor anderen Maßnahmen. Damit folgt

das INSEK dem im Januar 2006 vom Brandenburger

Kabinett beschlossenen Masterplan „Starke Städte –

Stadtumbau“.

In der Innenstadt stehen Maßnahmen zur Stadt-

erneuerung, zur Stärkung der Wohnfunktion, zur

Sicherung und zum Ausbau öffentlicher Versorgungs-

funktionen, von Kultur und Bildung, zur Unterstüt-

zung einer vielfältigen Einzelhandels- und Dienst-

leistungsstruktur sowie sonstiger unternehmerischer

Aktivitäten, zur Reaktivierung von Brachflächen und

zur Verbesserung der Umwelt, zur Verbesserung der

Verkehrsanbindung sowie zur allgemeinen Belebung

im Vordergrund des Handelns der Stadt. Hieraus

werden besonders günstige Voraussetzungen für die

Mobilisierung von Wachstumskräften erwartet. Ein Ef-

fekt, der sich bereits nach der umfassenden Wieder-

herstellung der Straße, Wege und Plätze im barocken

Stadtgrundriss Oranienburgs erkennbar abzeichnet.

Da alle Handlungsfelder der Stadtentwicklung

jedoch auch in unmittelbarem Zusammenhang zur

Rolle und Funktion der Stadt und zu den demografi-

schen Entwicklungen stehen, gehören zum Betrach-

tungsraum des INSEK auch weitere Handlungsfelder.

Im INSEK Oranienburg sind die Handlungsfelder mit

ihren jeweiligen Handlungserfordernissen heraus-

gestellt worden und in Teilkonzepten berücksichtigt.

Diese Teilkonzepte umfassen das „Mittelzentrum

Oranienburg“ mit seinen zentralen Funktionen im

Stadtzentrum und deren Erhalt, Ausbau und Bün-

delung. Eng hieran angebunden ist das Teilkonzept

„Innenstadt / Historische Mitte Oranienburg“ mit

dem Schwerpunkt der nutzungsstrukturellen und

gestalterischen Aufwertung und Qualifizierung in

diesem Stadtbereich. Auch für die Stärkung und Sta-

bilisierung der Wohnfunktion und der sozialen Inf-

rastruktur in der erweiterten Innenstadt durch neue

Angebote und Diversifizierung wurde ein Teilkonzept

erarbeitet. Die Ansiedlung wissensbasierter Unter-

nehmen und der Ausbau vorhandener Potenziale ist

ein weiteres Teilkonzept, in dem Handlungserforder-

nisse erkannt wurden.

Zu guter letzt sollen durch das Teilkonzept für den

Landschaftsraum entlang der Oranienburger Havel

und am Lehnitzsee und der hier beabsichtigten

Entwicklung neuer Qualitäten zur Sicherung, zum

Ausbau und zur Stärkung der städtischen Identität

die Entwicklung der Stadt als Ganzes gefördert und

unterstützt werden. Dieses Ziel verfolgt auch das

Teilkonzept zur Vernetzung und Verzahnung der

Kernstadt mit den Ortsteilen. Obwohl die beiden

letztgenannten Teilkonzepte einen Handlungsraum

außerhalb des Innenstadtbereiches haben, erwar-

tet die Stadt Oranienburg von der Entwicklung der

dortigen Potenziale Synergien vor allem auch für die

Entwicklung der Kernstadt und des Stadtzentrums.

Die Erarbeitung des integrierten Stadtentwicklungskonzeptes erforderte ressortübergreifende Kommunikation

Page 22: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

20

Workshopatmosphäre half bei der Verständigung über Planungs-ziele und mögliche Wege zu ihrer Umsetzung

Aus den wichtigsten Teilprojekten, Maßnahmen und

Projekten hat die Stadt räumlich und thematisch ge-

bündelte Schlüsselmaßnahmen zusammengefasst.

Diese Schlüsselmaßnahmen für eine integrierte und

nachhaltige Stadtentwicklung in Oranienburg sind die

folgenden Vorhaben - in dieser Reihenfolge prioritär:

Wiedergewinnung der Historischen Mitte•Qualifi zierung des Bahnhofs und des Bahnhof-•sumfeldes zur

Verbesserung der Standortbedingungen und •zur Erhöhung der Attraktivität als Wirtschafts-

standort

Jugend – Bildung – Freizeit in Oranienburg•Entwicklung freizeitorientierter und touristischer •Qualitäten an der Oranienburger Havel / Lehnitz-

see

Wohnen in der Innenstadt•

Aus der im INSEK erfolgten Darstellung und Bewer-

tung der bisherigen Programme und Maßnahmen zur

Stärkung der Stadt- und Wirtschaftentwicklung wird

deutlich, dass die Stadt Oranienburg die Schwer-

punkte bereits zielführend im Bereich der Innenstadt

bzw. in den angrenzenden Bereichen eingesetzt hat.

Insofern ist festzuhalten, dass das INSEK an sich keine

grundsätzlich neue Planung darstellt. Es bündelt

im Sinne der Anforderungen des MIL vorhandene

Planungen und Konzepte, wie z.B. im Kontext mit der

Stadterneuerungsmaßnahme oder dem neuen EU-

fi nanzierten Programm „Nachhaltige Stadtentwick-

lung“ und versieht sie mit einem deutlichen Fokus

zugunsten der Innenstadtentwicklung.

Folgerichtig wurde im INSEK auch eine innenstad-

torientierte Entwicklung des Wohnens festgelegt.

Neben einem „Vorranggebiet Wohnen“, in dem die

Förderung von selbst genutztem Wohneigentum in

Innenstädten gemäß der WohneigentumInnenstadtR,

die generationsgerechte Anpassung von Mietwohn-

gebäuden durch Modernisierung und Instandsetzung

gemäß der GenerationsgerechtModInstR sowie der

nachträgliche Ein- oder Anbau von Aufzügen gemäß

der Aufzugsrichtlinie (AufzugsR) möglich ist, wurde

im Hinblick auf die beiden letztgenannten Förder-

programme ein innenstadtnahes Neubaugebiet

als „Konsolidiertes Gebiet“ bestimmt. Hier ist die

generationsgerechte Anpassung von Mietwohnungen

einschließlich Aufzugsnachrüstung förderfähig. Ein

entsprechendes Vorhaben wird durch die Wohnungs-

baugesellschaft mbH Oranienburg (WOBA) umgesetzt.

Die Beteiligten versprechen sich durch die Schaffung

eines barrierefreien Zugangs zu Mietwohngebäuden

und -wohnungen die dauerhafte Verbesserung der

allgemeinen Wohnverhältnisse sowohl für junge

Familien wie auch Senioren.

Aus Sicht der Stadt Oranienburg ist neben den „Vor-

ranggebieten Wohnen“ und den „Konsolidierten

Gebieten“ auch für weitere Wohnstandorte Hand-

lungsbedarf gegeben. Diese sind im INSEK dargestellt

und umfassen insbesondere die gründerzeitliche

Wohnbebauung der Neustadt in attraktiver Lage, die

ehemalige Heinkel-Werksiedlung „Weiße Stadt“, die

durch industriellen Wohnungsbau geprägte Altstadt

sowie Gebiete im Bereich des Havelufers. Von der

Unterstützung dieser Gebiete erwartet sich die Stadt

die Stabilisierung innenstadtnaher Quartiere und der

dortigen Wohnbevölkerung im Gebiet der Kernstadt

Oranienburg. Eine besondere Förderkulisse existiert

hier jedoch nicht.

Die Beteiligung der Bürger an der Erarbeitung des

INSEK erfolgte erstmalig mit einer Auftaktveran-

staltung am 26.04.2007, die weitere Einbeziehung

der Öffentlichkeit wird kontinuierlich im Zuge von

Informations- und Diskussionsveranstaltungen im

Rahmen des „Stadtmanagements Oranienburg 2020“

gesichert. Gerade die „Gespräche am Dienstag“, in

denen mit den Bürgern jeweils in themenorientierten

Veranstaltungen diskutiert wird, haben sich zu einer

überaus erfolgreichen Institution zur Partizipation

entwickelt. Die rege Teilnahme zeugt vom großen

Interesse der Oranienburger an diesen Themen, vor

allem aber auch an einer integrierten, komplexen

Stadtentwicklung in Oranienburg.

Christian Kielczynski

Leiter Stadtplanungsamt

Page 23: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

21

Oranienburger Stadtarchiv im Boden - Archäologische

Untersuchungen zwischen Schloss und Nikolai-Kirche

Thomas Hauptmann, Philine Bach

Seit dem Herbst 2004 erfolgen umfangreiche Arbei-

ten im Bereich des Schlossplatzes und des Stadt-

zentrums, deren archäologische Begleitung und

Dokumentation außergewöhnliche Einblicke in die

Stadtgeschichte gaben (Abb. 1).

Die frühesten Siedlungsspuren im Bereich des 1216

erstmals urkundlich als Bothzowe genannten Ortes

stammen bereits aus den ersten nachchristlichen

Jahrhunderten. Unterhalb der mittelalterlichen

Sedimente haben sich an vielen Stellen Reste einer

Siedlung der römischen Kaiserzeit und der zuge-

hörigen Ackerfluren erhalten. Südöstlich dieser

Feldflur, die deutliche Spuren des kreuzweise

eingesetzten Hakenpfluges erkennen ließ und sich

im Areal Breite Straße und Havelstraße erstreckte,

befand sich im Bereich der heutigen Kirche die da-

zugehörige Siedlung, von der zahlreiche Siedlungs-

und Abfallgruben untersucht werden konnten (Abb.

2).

Mit der um 1200 von den askanischen Markgrafen

errichteten Wasserburg entstand eine Ansiedlung,

deren gesamte Ortslage aus der heutigen Breiten

Straße und der Kirche an deren südlichen Ende

bestand. Heute befindet sich dort die 1864 auf

Betreiben des preußischen Königs Friedrich Wil-

helm IV. errichtete Stadtkirche St. Nikolai. Während

der Baumaßnahmen wurden in der heute dicht

nördlich der Kirche verlaufenden Havelstraße zahl-

reiche Bestattungen des 13.-17.Jh. freigelegt und

geborgen. Unter den Verstorbenen waren sowohl

Erwachsene, Jugendliche als auch Kinder. Teilweise

konnten Reste kostbarer Brokatgewänder doku-

mentiert werden.

Mit der Eingliederung der östlich angrenzenden

Gebiete in die Markgrafschaft Brandenburg verlor

die Burg an strategischer Bedeutung. Um 1550

ließ Kurfürst Joachim II. die alte Burg Bötzow

abreißen, um an gleicher Stelle ein Jagdschloss zu

errichten. Nach dem 30-jährigen Krieg schenkte

Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg seiner

Gemahlin, geborene Prinzessin Louise-Henriette

von Oranien-Nassau, Bötzow mit allen zugehö-

rigen Dörfern. Anstelle eines alten kurfürstlichen

Jagdschlosses ließ sie einen Schlossneubau im

holländischen Stil errichten, der 1652 den Namen

„Oranienburg“ bekam. Mitte des 17. Jh. wurde der

Schlossplatz umgestaltet und das Jagdzeughaus

errichtet. Das Gebäude, das seit 1711 als Rathaus

und ab 1817 als Hotel genutzt wurde, blieb im

Zweiten Weltkrieg fast unversehrt, wurde 1959

restauriert und als Kulturhaus der Stadt wieder-

eröffnet. 1963 erfolgte der grundlose Abriss des

völlig intakten Hauses und einige Jahre später die

Errichtung der Filiale der Staatsbank der DDR. Die

archäologische Begleitung der Fundamentent-

fernung des Gebäudes lieferte weitere Baudetails

dieses wichtigen Barockgebäudes.

Nachdem der Sohn der mittlerweile verstorbenen

Kurfürstin Louise-Henriette, Friedrich III., seit 1701

auch König Friedrich I., Ende des 17. Jh. Orani-

enburg als seinen Amtssitz wählte, fanden auch

bauliche Veränderungen statt. Von 1688 bis 1709

ließ er das Schloss seiner Mutter umgestalten.

Die von Süden auf das Schloss zulaufende Berliner

Straße wurde 1696 angelegt. Ein massiver Block-

brunnen mit doppeltem Kasten, der um 1700 an

der neuen Straße errichtet worden ist, wurde 2004

in einem Leitungsgraben freigelegt und dokumen-

tiert.

Außerdem wurde das Amtshauptmannshaus,

dessen ursprüngliche Erbauung aus dem Jah-

Reste der ältesten Bötzower Häuser, die unter den Straßenschichten am Südende der Breiten Straße freigelegt wurden

Durch Verfasser 2005-2007 archöalogisch begleitete Baumaßnah-

men der Stadtsanierung im historischen Stadtkern von Bötzow/

Oranienburg: 1 Breite Straße, 2 Staatsbank, 3 Kaufhalle, 4 Amts-

hauptmannshaus, 5 Blumenthalsches Haus, 6 Berliner Straße, 7

Havelstraße, gestrichelte Linie: mittelalterlicher/frühneuzeitlicher

Ortskern Bötzow

5

4

2

3

6

7

1

Page 24: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

22

re 1657 überliefert ist, erneuert. In den Gräben

zur Fundamentsanierung konnten nun die Fun-

damente von mindestens zwei Vorgängerbauten

dokumentiert werden. Zur Errichtung des heute

bestehenden Gebäudes wurde ein vorhandener

Vorgängerbau ähnlicher Größe und Form bis auf

die Fundamentbankette abgetragen. Dieser direkte

Vorgänger wies eine leicht veränderte Gebäude-

achse auf und könnte dem historisch überlieferten

Neubau des Jahres 1657 angehören. Er ersetzte ein

Gebäude, dessen massive Fundamente im Außen-

bereich teilweise aufgedeckt wurden. Dieses älteste

Ziegelgebäude setzte die Baufl ucht der südlich

angrenzenden Gebäude fort. Zu diesem Gebäu-

de gehört wahrscheinlich der an der Nordfassade

teilweise freigelegte Keller. Die bei den Schacht-

arbeiten verschiedentlich gefundenen Form- und

Dachziegel deuten hier auf einen repräsentativen

Bau des 16. Jh. Mehrere Dendroproben aus dem

Dachstuhl des Gebäudes belegen zweifelsfrei seine

Errichtung im Jahre 1692. Die Untersuchung zweier

Grundstücke westlich und östlich der Breiten

Straße erlauben den Einblick in das städtebürger-

liche Leben des 16.-17. Jh. Auf dem Grundstück

Breite Straße Nr. 7 wurden unter den Fußböden

des ehemaligen Lokals „Oranienburger Wappen“

aus der Zeit um 1900, dessen Gasträume in den

1970er abgerissen und das bis vor einigen Jah-

ren als Kaufhalle genutzt wurde, schon in gerin-

ger Tiefe Fundamente und Keller älterer Häuser

freigelegt. Einen tonnengewölbten Keller, der zu

einem Fachwerkgebäude gehörte, welches im 16.

Jh. durch einen Brand zerstört wurde, nutzte noch

der Wirt des erwähnten Lokals. Die großfl ächig

vorhandenen Brandschuttablagerungen rührten

von mehreren Hausbränden des 15.-18. Jh. her,

bei denen die ebenerdige Lehmfachwerkbebau-

ung über den Fußbodenhorizonten verstürzte und

dort verblieb. In den überdeckten Fußbodenho-

rizonten ließen sich partiell die Raumstrukturen

der Gebäude nachweisen. In den rückwärtigen

Räumen fanden sich die Reste von mindestens vier

Ofenanlagen, davon zwei rundovale Backöfen. Im

Brandschutt, der über den verkohlten Dielenresten

lag, befanden sich zahlreiche Gegenstände des

Hausrates. Neben Gefäßen des Hausgebrauchs wie

Tassen, Schalen und bronzenen Kesseln fanden sich

unter anderem mehrere Zimmermannswerkzeuge

und einige Schmuckstücke, darunter ein silberner

und ein goldener Fingerring. Letzterer besitzt einen

gefassten, achteckigen Amethyst. Das Grundstück

wurde bis in eine Tiefe von 80 cm unter Gelän-

deoberkante untersucht, einige kleinere Sondagen

ergaben Hinweise auf mittelalterliche Bebauungs-

reste wie Holzkeller bis in eine Tiefe von 2 m unter

Geländeoberkante. Eine ähnliche Situation zeigte

sich im Bereich der LKW-Zufahrt des Gebäudes der

ehemaligen Staatsbank der DDR. Direkt unter der

Betondecke konnten ebenfalls Stampfl ehmböden

von ebenerdigen Fachwerkhäusern des 16.-17.

Jh. freigelegt werden, die massiv von Brandschutt

überlagert waren. Auch hier fanden sich Reste

eines Lehmkuppelofens, in dessen Inneren ein

eisernes Schwert deponiert wurde. In den genann-

ten Flächen fanden sich unter und zwischen dem

Brandschutt größere Mengen verkohltes Getreide,

das im Bereich des Staatsbankgebäudes bereits als

Gerste identifi ziert werden konnte.

Den Schwerpunkt der archäologischen Arbeiten

bildeten Untersuchung der Fahrbahn der Berliner

Straße, der Breiten Straße und der Havelstraße. Zur

Tragfähigkeitsverbesserung musste in der Breiten

Straße die anthropogene Stratigraphie von bis zu

1,5 m Dicke abgetragen werden. Dabei handelte

es sich überwiegend um hölzerne Knüppeldämme.

Vermutlich durch Mühlenstau und Klimaverände-

rungen kam es im 14. Jh. zu einer Vernässung der

Ortslage und zur zunehmenden Bildung organischer

Sedimente, die mit der Verlegung der Knüppel-

dämme ausgeglichen werden sollte. Bis zu sechs,

übereinander liegende Holzlagen wurden nachein-

ander freigelegt und dokumentiert. Dabei änderte

sich der Verlauf der Straße im Vergleich zum heu-

tigen mehrfach, wenn auch nur geringfügig. Der

vielbefahrene Einmündungsbereich zur Blutgasse

wurde fl ächig mit Holz befestigt. Hier befand sich

im 17. Jh. auch ein Brunnen, dessen Wasser in

einer hölzernen Wasserleitung nach Norden Rich-

tung Schloss geleitet wurde.

Unterhalb der ältesten Knüppeldamme des

14./15. Jh. befi nden sich in ca. 1,2-1,5 m Tiefe

die Oberfl ächen der Stadtgründungszeit des

Kastenbrunnen in der Berliner Straße, um 1700

Schmuckstück aus einem Haus des 16. Jh. (Breite

Straße 7), Goldring mit achteckigem Amethyst,

Silberring

Spielfi guren des 13./14.Jh. aus bleigefüllten Tierknochen

Page 25: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

23

Die Funde aus den Schichten des 13. bis 16. Jh. in der Breiten Straße wiederspiegeln alle Bereiche

des städischen Lebens der frühen Stadtgeschichte: 1: Webgewicht, 2: Spinnwirtel, 3: Gürtelschnalle,

4: Schuhschnalle, 5: gedrechselter Beinknopf, 6: Netzsenker, 7: Truhenschlüssel, 8: Topf und Kanne,

9: Schalen zur Butter- oder Quarkbereitung, 10: Gießlöffel, 11: Hammer, 12: Vorschlaghammer,

13: kleiner Amboß, 14: Eiskrebs (Schuhbeschlag), 15: Griffknauf eines Schwertes, 16 -17: Reiterspo-

ren, 18 -19: Pfeilspitzen, 20: Armbrustbolzen, 21 - 22: Teile von Faßhähnen, 23: Musketengabel,

24: Tafelmesser, 25: Hufeisen

Wilsnacker Pilgerzeichen aus Zinn, Ende

14.- Mitte 16. Jh.

In der Breiten Straße freigelegter sechs-

lagiger Knüppeldamm

Dies belegen verschiedene, Ost-West-verlaufende

Parzellengrenzen in Form von Gräbchen oder Pfos-

tenreihen, die das Areal in langschmale Grund-

stücke teilten. Die Breite der Parzellen lag bei un-

gefähr 5,5 m. Neben in Kadavergruben entsorgten

Pferden wurden sechs Brunnen auf den bäuerli-

chen Grundstücken dokumentiert. Der die Stadt

im Süden umgebende, ca. 15 m breite und sehr

fl ache Stadtgraben nutzte vermutlich eine natürli-

che Senke zwischen Havelstraße und Am Bötzower

Stadtgraben und existierte bis ins 15. Jh. Um 1700

wurde hier das Berliner Tor errichtet, dessen Reste

während der Bauarbeiten zu Tage kamen.

Während der Dokumentation wurden unzählige

Gegenstände freigelegt, die nahezu alle Bereiche

des städtischen Lebens widerspiegeln. Neben vie-

len Geräten, Werkzeugen, Waffen, Spielzeug und

anderen Gegenständen ist ein besonders heraus-

ragender Fund zu nennen: ein kleines Pilgerzei-

chen aus Zinn zeigt die drei heiligen Hostien von

Wilsnack, die vom Ende des 14. bis Mitte des 16.

Jh. verehrt wurden und jährlich hunderttausende

Pilger anzogen. Viele von ihnen erwarben in

Wilsnack ein Pilgerzeichen zum Beweis der

Pilgerfahrt. Diese Zeichen wurden später fast

ausnahmslos eingeschmolzen. Nur sehr wenige

Wilsnacker Zeichen haben überdauert, kaum eines

so vollständig wie das Stück aus Oranienburg.

Philine Bach Thomas Hauptmann

13. Jh. An vielen Stellen

konnten Straßengräben

untersucht werden. Sie

zeigen, dass bereits im

13. Jh. die Straßen etwa

in den noch heute beste-

henden Verläufen ange-

legt wurden. Diese Stra-

ßengräben wurden jedoch

erst einige Zeit nach der

Gründung des Ortes ange-

legt und nur kurz genutzt.

Im untersuchten Bereich

der Straßen befanden sich

außerdem sehr zahlreiche

Befunde der frühen mit-

telalterlichen Siedlungs-

tätigkeit. Pfosteneingra-

bungen, Gruben, Gräben

und andere Eingrabungen

wie z. B. Kadavergruben

von Haustieren könnten

ein Hinweis darauf sein,

dass die Straßen mit den

begleitenden Gräben erst

in der zweiten Phase des

Ortes, jedoch sicher noch

im 13. Jh. im heutigen

Verlauf angelegt wurden.

Der Bereich der heutigen

Berliner Straße, zwischen

Havelstraße und Burg,

wurde im Mittelalter

als Gartenland genutzt.

Page 26: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

24

Straßenplanung einmal anders – das

„Bernauer - Straße – Verfahren“

Gabriele Perlick

Die Bernauer Straße heute – die zentrale Einkaufsstraße Oranienburgs

Der Boulevard - ein beliebter Treffpunkt für Jung und Alt

Die Baustelle Bernauer Straße war eine Herausforderung für Anlieger, Durchrei-sende und die beteiligten Firmen

Oranienburger und Einzelhändler haben von ihrer neuen Straße Besitz ergriffen

Die Straße vor der Umgestaltung, kein Ort zum Wohlfühlen und ein schwieriges Pfl aster für Besucher und Einzelhändler

Die Bernauer Straße war und ist die zentrale Wohn-

und Geschäftsstraße Oranienburgs und des Sanie-

rungsgebietes „Oranienburg Innenstadt“. Zu Beginn

der Sanierung litt sie besonders unter der Belastung

des Durchgangsverkehrs der zwei Bundesstraßen B 96

und B 273. Das Erscheinungsbild des Straßenraumes

war unattraktiv und bot kaum Aufenthaltsqualität.

Die Gehwege, die Parkzonen und die Fahrradwege

bedurften der vorrangigen Erneuerung. Die Mehrzahl

der Straßenfassaden war grau und unfreundlich. Die

vorhandenen Plattenbauten fügten sich nicht in das

Straßenbild ein, es gab viele leer stehende Läden.

Vor diesem Hintergrund wurde 1996 das interdiszipli-

näre „Bernauer – Straße - Verfahren“ in Gang gesetzt,

in dem die von der Sanierung betroffenen Mieter,

Eigentümer und Gewerbetreibenden im Einzugsbe-

reich der Bernauer Straße im Rahmen von Haushalts-,

Image- und Betriebsbefragungen sowie Bürgerver-

sammlungen frühzeitig informiert, gehört und in die

Diskussion der Straßenplanung einbezogen wurden.

Ziel war es, die Aufwertung des Straßenraumes mit

einer sozialverträglichen Entwicklung im Wohnbereich

und der Entwicklung des Einzelhandels und Gewerbes

in der Bernauer Straße, zu verbinden.

Die Ergebnisse lagen der Stadt Oranienburg Anfang

1997 in Form einer Sozialstudie, eines Branchenkon-

zeptes und eines Gestaltungskonzeptes vor.

Die Sozialstudie machte deutlich, dass es für die

Anwohner wichtig war, dass sich die Attraktivität der

Wohngegend erhöhen muss, wozu auch eine Einkaufs-

straße gehört, die den Bedürfnissen der Anwohner

gerecht wird.

Im Rahmen des Branchenkonzeptes wurden Empfeh-

lungen für den Branchenbesatz der Bernauer Stra-

ße erarbeitet. Daneben wurde eine kontinuierliche

Beratung der Einzelhändler im Rahmen von Workshops

durchgeführt. Darin erfuhren die Betroffenen aus

fachkundigem Munde, welche Kriterien zu berücksich-

tigen sind um marktfähig zu bleiben, zu werden, oder

die Marktfähigkeit zu erhöhen. Aus der einjährigen

Zusammenarbeit ging die heute noch existierende City

Gemeinschaft Oranienburg e.V. hervor, ein Zusammen-

schluss der ansässigen Einzelhändler.

Im Gestaltungskonzept wurden Ansätze erarbeitet, die

als Grundlage für die Umgestaltung des Straßenraumes

und der Fassaden in der Bernauer Straße dienten und

dienen.

Von entscheidender Bedeutung für die Umgestaltung

der Bernauer Straße war der Bau der Umgehungsstraße

B 96. Die daraus resultierende geringere Verkehrsbe-

lastung ermöglichte folgende gestalterische Lösungen:

einen Mittelstreifen im Straßenraum •

eine Gliederung unterschiedlicher Verkehrsfl ächen durch •

den Einbau verschiedener, aufeinander abgestimmter

Materialien

die Ergänzung des vorhandenen Großgrüns insbesonde-•

re auf dem Boulevard

den Einbau einer attraktiven Straßenmöblierung und •

einer neuen Straßenbeleuchtung

die Ausweisung von Parktaschen längs der Fahrbahn•

Der Aus und Umbau der Bernauer Straße erfolgte in 3

Bauabschnitten von 2000 bis 2004.

Heute ist die Bernauer Straße ein lebendiger und

attraktiver Ort des zentralen städtischen Lebens, wo

man unter Platanen verweilen und an den Ausla-

gen der Händler vorbeibummeln kann, wo man im

Sommer vor den Lokalen die Sonne und die Bewirtung

genießen kann, während Fußgänger und Radfahrer

ungestört ihrer Wege ziehen.

Gabriele Perlick

Stadtplanungsamt

Page 27: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

25

Der Bahnhof – ein wichtiges Tor Oranienburgs zur Welt

Stephan Bernard

Der Bahnhofsvorplatz vor seiner Umgestaltung

Der Bahnhof Oranienburg - seit der Sanierung ein komfortabler Knotenpunkt von Bus und Bahn

Die Entwicklung Oranienburgs ist eng mit der Lage der

Stadt an einer wichtigen Nord-Süd-Bahnverbindung

verknüpft. Der Bahnhof war und ist ein wichtiges Tor,

wenn auch nicht zur ganzen Welt, so doch aber zu

seiner näheren und weiteren Umgebung und dem

überregionalen Schienennetz Europas.

Nachdem sich Ende des 19. Jahrhunderts Handel,

Verkehr und Industrie im Berliner Norden sehr posi-

tiv entwickelt hatten, wurden Straßen, Wasserwege

und Eisenbahnstrecken besonders wichtig. Am 10.

Juli 1877 lief dann auch der erste fahrplanmäßige Zug

der Nordbahn Berlin - Stralsund in den Bahnhof von

Oranienburg ein. Der Anschluss an das Berliner Eisen-

bahnnetz war damit hergestellt. Von großer Bedeutung

war in diesem Zusammenhang auch die Einführung des

Vorortverkehrs Berlin-Oranienburg im Jahre 1891. Damit

waren die Weichen für ein Voranschreiten der Indust-

rialisierung ebenso gestellt wie die direkte Anbindung

Oranienburgs an die Metropole Berlin.

Der Bahnhof ist heute Endhaltepunkt der Berliner

S-Bahnlinie S 1 und gleichzeitig Umsteigebahnhof

zum Regional- und Fernverkehr der Deutschen Bahn

AG. Der unmittelbar am Bahnhof haltende öffentliche

Personennahverkehr mit Bussen macht den Bahnhof

zu einem wichtigen Start-, Ziel- und Umsteigepunkt

für zahlreiche Berufspendler, Schüler und Besucher der

Stadt.

Die Stadt Oranienburg hat mit vielen Maßnahmen die

Attraktivität des Bahnhofs und seines Umfeldes verbes-

sert und versucht diese auch noch weiter zu erhöhen.

Im Jahr 1993 wurde als erster Schritt zunächst eine

dekorative Straßenbeleuchtung installiert.

1995 begann die bauliche Umgestaltung des gesamten

Bahnhofsplatzes, die aus Mitteln des Programms „Um-

weltfreundlicher Verkehr“ und mit Mitteln aus dem Ge-

meindeverkehrsfi nanzierungsgesetz fi nanziert werden

konnte. Den ersten Spatenstich zu diesem für die Stadt

so wichtigen Projekt setzten der damalige Brandenbur-

gische Umweltminister und heutige Ministerpräsident

Matthias Platzeck, der damalige Verkehrsminister Hart-

mut Meyer sowie der Bürgermeister der Stadt Oranien-

burg Hans-Joachim-Laesicke. Nach einem Jahr Bauzeit

wurde die Baumaßnahme 1996 fertig gestellt.

Es haben sich damit nicht nur die Umsteigebeziehungen

zwischen Bus und Bahn wesentlich verbessert.

Zeitgleich mit der Umgestaltung des Bahnhofsvorplatzes

wurden auch die Gebäude in diesem Bereich saniert

und ein öffentliches WC errichtet. In den Folgejahren

wurde durch die OVG eine elektronische Fahrgastanzeige

auf dem Bahnhofsplatz errichtet.

Die Stadt zog mit zahlreichen städtebaulichen Maß-

nahmen nach. Zunächst wurden in der ehemaligen

Bahnhofstraße und jetzigen Willy-Brandt-Straße die

baulichen Voraussetzungen für die Anlage eines Rad-

weges entgegen der Einbahnstraße hergestellt. 2007

wurden schließlich die Planungen für die Rekonstruk-

tion der Stralsunder Straße durchgeführt und öffentlich

diskutiert. Im Ergebnis konnten im Jahr 2008 Stellplätze

für ca. 22 Fahrzeuge zwischen der Stralsunder Straße

und der Bahntrasse errichtet werden. Ende 2008 kam

eine neue Fahrradabstellanlage für 120 Fahrräder hin-

zu. Der abschließende Ausbau der Stralsunder Straße ist

für 2010 vorgesehen.

Damit sind die Maßnahmen rund um den Bahnhof

aber noch nicht abgeschlossen. Im Bereich des alten

Busbahnhofes, südlich des Bahnhofsplatzes an der

Stralsunder Straße, laufen derzeit die Vorbereitungen für

die Errichtung eines P & R Stellplatzes für ca. 360 PKW.

Bei Bestätigung der entsprechenden Förderung und

Abschluss der Planungen kann mit dieser Maßnahme in

Kürze begonnen werden. Zur Verknüpfung dieser neuen

Stellplatzanlage mit den Anlagen der Deutschen Bahn

AG bemüht sich die Stadt Oranienburg um die Schaffung

eines sogenannten südlichen Bahnhofsabganges. Mit

dieser gemeinsam mit der DB AG geplanten Maßnahme

wäre dann ein weiterer Schritt zur Verbesserung der

Umsteigebeziehung vom motorisierten Individualver-

kehr zum öffentlichen Personennahverkehr geschaffen.

Dies wird die zahlreichen Oranienburger Bahn- und

Busreisenden ebenso freuen wie die Besucher der Stadt,

die hoffentlich nicht nur zum Umsteigen nach Oranien-

burg kommen.

Stephan Bernard

Tiefbauamt Oranienburg

Page 28: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

26

Das Oranienburger Schloss -

das alte Herz der Stadt in neuem Glanz

Marianne Kordecki

Das Oranienburger Schloss steht nicht nur seit mehr

als 350 Jahren im Zentrum der Stadt, es ist nach vie-

len Jahrzehnten, in denen es die unterschiedlichsten

Nutzungen erfuhr, seit nunmehr 10 Jahren endlich

öffentlich zugänglich und ein Anziehungspunkt für

die Oranienburger und ihre Gäste.

Wo heute einer der schönsten Barockbauten Bran-

denburgs steht, befand sich seit dem 12. Jahrhun-

dert eine Wasserburg, die im 16. Jahrhundert zum

Jagdschloss umgenutzt worden war. Zu dieser Zeit

lag südwestlich dieses Schlosses die Siedlung Bötzow.

Anlässlich eines Jagdausfluges kam Louise Henriette

von Oranien-Nassau, die Gattin des Großen Kurfürs-

ten, Mitte des 17. Jahrhunderts in den Oranienbur-

ger Forst und fand Gefallen an dieser Gegend, da

das flache Land und die zahlreichen Gewässer an

ihre niederländische Heimat erinnerten. Der Große

Kurfürst schenkte ihr daraufhin das Gut Bötzow. Dies

war die Geburtsstunde der heutigen Stadt Orani-

enburg, da Louise Henriette sich hier wenig später

niederließ.

Im Jahr 1651 begann unter Leitung der Architek-

ten Johann Gregor Memhardt und Michael Matthias

Smidts der Neubau eines frühbarocken Schlosses,

des heutigen Mittelbaus des Schlosses Oranienburg.

1655 konnte Louise Henriette ihr Schloss beziehen,

die Bautätigkeit endete zunächst mit ihrem frühen

Tod im Jahr 1667. Ihr Sohn Kurfürst Friedrich III., seit

1701 König in Preußen, erfüllte jedoch ihr Testament

und ließ das Schloss durch den späteren „Churfürst-

lich Brandenburgischen Oberbaudirektor“ Johann

Arnold Nering und den Architekten Martin Grünberg

zu einer H-förmigen Anlage erweitern. Aus dieser Zeit

stammen unter anderem die bis heute erhaltenen

Fassaden und die Bauinschriften am ältesten Teil des

Hauses. Es folgte ein Jahrhundert, in dem die Schloss-

kapelle errichtet, die Nordpavillons mit Türmen be-

krönt, verschiedene Schlossgemächer neu eingerichtet

und die Orangerie im Schlosspark erbaut wurden.

Später schenkte König Friedrich Wilhelm II. das Schloss

seiner Schwiegertochter Kronprinzessin Luise, die hier

bis 1795 tageweise Aufenthalt nahm. 1802 wurde es

schließlich ganz geräumt und 1803 an den Fabrikan-

ten Hempel verkauft, der hier eine Baumwollfabrik

einrichtete. 1841 eröffnete der Fabrikant Runge eine

Schwefelsäurefabrik, die 1842 den Ostflügel in Brand

setzte, der daraufhin abgebrochen werden musste.

1851 wurde das Schloss an den Intendanten der

Königlichen Schlösser und Gärten übergeben, 1920

erfolgte die endgültige Eigentumsübertragung auf

den preußischen Staat, nachdem das Gebäude zuvor

teilweise als Lehrerseminar genutzt worden war. 1933

begann der Umbau des Schlosses zur SS-Kaserne, aus

dieser Zeit stammt auch der Ergänzungsbau auf der

Nordseite des Schlosshofes. Die militärische Nutzung

großer Teile des Schlosses, zuletzt durch die Kaser-

nierte Volkspolizei der DDR, endete erst 1990.

Nach jahrelangem Leerstand entschloss sich die Stadt,

das Schloss zu erwerben. Eine gleichermaßen mutige

wie richtige Entscheidung. Die Bestandsaufnahme des

baulichen Zustandes fiel jedoch zunächst ernüchternd

aus. Während der Ergänzungsbau aus den Jahren

1938/39 in einem guten Zustand war und hier sehr

schnell die städtische Verwaltung einziehen konnte,

befand sich das barocke Schloss in einem desolaten

Zustand.

Die sanierte Südfassade mit dem Haupteingang

Der Zustand des Schlosses vor der Sanierung

Page 29: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

27

Historische Schlossansicht aus dem frühen 18. Jahrhundert

Die restaurierten Attikafi guren über dem Hauteingang

Voraussetzung für die denkmalgerechte Sanierung war eine sorgfältige restauratorische Bestandsuntersuchung

Detailzeichnung aus den restauratorischen Untersuchungen

Gut sichtbar waren zunächst die Schäden an den

Fassaden. Putz, Fenster, Türen und Sandsteinele-

mente waren umfassend erneuerungsbedürftig.

Schnell zeigte sich jedoch, dass auch die Tragstruk-

tur, insbesondere Wand- und Deckenkonstruktio-

nen durchgreifend sanierungsbedürftig waren. Dass

die gesamte technische Infrastruktur des Schlosses

auf einen zeitgemäßen Standard gebracht werden

musste, verstand sich ohnehin von selbst.

Wichtiger Partner bei der Vorbereitung und Durch-

führung der Sanierung waren die zuständigen

Denkmalbehörden. Schnell bestand Konsens dar-

über, dass bauliche Eingriffe nur dort stattfi nden

durften, wo die originale Substanz bereits stark

gestört war. Im Wesentlichen wurde der Bauzu-

stand von 1750 als Maßstab für die Sanierung des

Gebäudes festgelegt, wobei verloren gegangene

Raumsequenzen wiederhergestellt wurden, ohne

sie in Ausstattung und Baudetails nachzubilden.

Notwendige Einbauten, die sich aus der beabsich-

tigten musealen Nutzung ergaben, wurden nicht

mit dem Gebäude verbunden, sondern sind als

moderne, eigenständige Ausbauelemente sichtbar

geblieben.

Wer glaubt, dass unsensible Umbauten und Ein-

griffe in historische Bausubstanz eine Erfi ndung

der jüngeren Vergangenheit sei, irrt. Im Mittelbau

des Schlosses, dem sog. Corps des logis, wurden

zum Beispiel durch Umbauten des 17. Jahrhun-

derts die ursprünglichen Fenster ersetzt. Die

damals eingebauten Schiebefenster veränderten

nicht nur Fensterformate und –gliederung, es

wurde auch erheblich in das statische Gefüge des

Gebäudes eingegriffen - und das nicht unbedingt

zu dessen Vorteil. Auch Farbfassungen der Fassade,

Fassadendekorationen und die Innenausstattung

waren starken Veränderungen unterworfen und

sind durch die zahlreichen Um- und Anbauten

sowie die zum Teil industriellen Nutzungen des Ge-

bäudes in weiten Teilen nicht mehr nachweisbar.

Umso spannender war die Aufgabe für Denkmal-

pfl eger und Restauratoren, möglichst viele Details

aus den unterschiedlichen Bauphasen zu fi nden,

zuzuordnen, zu sichern und teilweise wiederher-

zustellen.

Rd. 9 Mio. Euro fl ossen in die Sanierung des

wichtigsten Gebäudes der Stadt, rd. 1,2 Mio. Euro

davon aus Städtebauförderungsmitteln für die Wie-

derherstellung der baulichen Hülle.

Westfl ügel und Corps de logis des Schlosses werden

heute durch die Stiftung Preußische Schlösser und

Gärten genutzt, die das Schloss im Jahr 1999 mit

einer überregional stark beachteten und von Köni-

gin Beatrix der Niederlande sowie dem damaligen

Bundespräsidenten Johannes Rau eröffneten Aus-

stellung über das Haus Oranien der Öffentlichkeit

übergaben. Seit 2001 betreibt die Schlösserstiftung

das Schlossmuseum, dessen Schwerpunkte die

Darstellung der engen künstlerischen Beziehungen

Preußens zu den Niederlanden bilden. Als weite-

rer Nutzer zog das Kreismuseum Oberhavel in das

Gebäude ein und rundet so den „Kulturstandort“

Schloss Oranienburg ab.

Da die Stadt Oranienburg bis heute kein eigenstän-

diges Rathaus besitzt, hat auch der Bürgermeister

hier seinen repräsentativen Amtssitz, während die

städtische Verwaltung weiterhin im Ergänzungsbau

nördlich des Schlosses untergebracht ist. So ist das

Schloss heute nicht nur Museum. Es wird hier auch

regiert, wenn auch nicht mehr im Stil der preußi-

schen Könige.

Marianne Kordecki

Hochbauamt

Page 30: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

28

Oranienburgs historischer Stadtkern - Gegenstand eines

besonderen Planungsverfahrens

Rose Fisch

einzige Verbindung von Altstadt und östlichem

Stadtteil, verdeckte mit ihren Rampen das Schloss

und durchschnitt den Schlossplatz. Aufgrund dieser

konfliktreichen Situation fasste die Stadt Oranienburg

gemeinsam mit dem Sanierungsträger und dem Bau-

ministerium des Landes den Entschluss, ein mode-

riertes diskursives Planungsverfahren zur Entwicklung

der Ortsmitte durchzuführen.

Das diskursive Verfahren

Diskursive und moderierte Planungsverfahren dienen

dazu, bestehende Planungskonflikte unter Einbezie-

hung der Planungs- und Entscheidungsträger sowie

Vertretern der politischen Gremien mit den beauf-

tragten Gutachtern zu diskutieren und tragfähige

Lösungen anzustreben. In einem solchen offenen

Verfahren sollen Leitlinien und Konzepte für Teil-

bereiche oder sektorale Inhalte gemeinsam in der

Diskussion erarbeitet werden, um hieraus eine kon-

sensfähige Planung durch die Gutachter erarbeiten zu

lassen, um diese dann erneut abzustimmen.

In einem diskursiven Verfahren wurde für Oranien-

burg die Chance gesehen, zu umsetzbaren Ergebnis-

sen zu kommen und nicht wie bisher, jede Planung

im Konflikt enden zu lassen.

Als Vorbereitung des Verfahrens gab es für die städ-

tischen Verfahrensbeteiligten eine Einführung durch

gebietskundige Sach- und Fachexperten zur Bauge-

schichte, zum Städtebau, zu Verkehr und Freianlagen,

um alle Beteiligte auf einen einheitlichen Sachstand

zur Gesamtproblematik zu bringen. Es wurden in

dieser Phase erste Vorgaben und Entwicklungsszena-

rien für das Gebiet formuliert.

Die Vergabe der komplexen gutachterlichen Leistun-

gen im diskursiven Verfahren erfolgte im Rahmen

eines VOF-Verfahrens an eine Arbeitsgemeinschaft

aus Stadt-, Verkehrs- und Landschaftsplanern, die

Federführung lag bei den beteiligten Stadtplanern.

Erster Schritt in dem Verfahren war die Entwicklung

eines Leitbildes anhand von Thesen, die Gutachter

und Moderator vorbereitetet hatten und das zur Ei-

nigung auf ein von den Gutachtern entwickeltes Logo

führte (1. Workshop). In diesem Zusammenhang

wurden die Bedeutung des historischen Erbes der

Nach Abschluss der Sanierung des Schlosses, der

Erneuerung der Orangerie im Schlosspark und der

Verlagerung der B 96 und damit eines Großteils des

Durchgangsverkehrs (2003) waren die planerischen

Voraussetzungen für eine Entwicklung der barocken

Stadtquartiere am Schloss Oranienburg geschaffen

worden.

Trotz verschiedener bauhistorischer und städtebau-

licher Gutachten und Planungen war es bis dahin

nicht gelungen, diesen Quartieren entscheidende

Entwicklungsimpulse zu geben. Bisherige Planungen

fanden keine gegenseitige Akzeptanz bei den ver-

schiedenen Vorhabensträgern, es kam zur Stagnation,

oft führten sie zu Konflikten, häufig auch mit den

zuständigen Denkmalbehörden, da die Denkmal-

schutzwürdigkeit im stark kriegszerstörten ehema-

ligen Stadtkern manchmal nur schwer zu vermitteln

waren.

Das Zentrum war fast frei von Bebauung, vis-a-vis

des Schlosses stand ein maßstabsloser Gebäu-

dekörper (Staatsbank), die Straßenräume ließen

Historisches vermissen. Die Brücke über die Havel,

Beteiligte Büros und Gutachter:

Vorbereitungsphase:

Koordination und Freiraum: Rose Fisch Land-

schaftsarchitektur

Baugeschichte und Städtebau: Eichstädt/Emge

Verkehrsplanung: Prof. Staadt

Diskursives Verfahren:

Koordination: Rose Fisch Landschaftsarchitektur

Gutachter: Gutachtergemeinschaft Gruppe

Planwerk, Städtebau und Federführung der

Gutachtergruppe

bgmr, Freiraumplanung

Hoffmann +Leichter, Verkehrsplanung

Prof. Obermeyer, Wasserbau

Moderation, Prof. Dittmar Machule

Bewerbung Landesgartenschau Rose Fisch

Landschaftsarchitektur

Oranienburg im Jahr 2000

Page 31: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

29

Stadt diskutiert und auch die Licht- und Schattensei-

ten, die das Leben der Stadt prägen. Es ging darum,

aus der Geschichte neue Kraft und Impulse für die Er-

neuerung des alten Stadtkerns zu schöpfen. Die Stadt

erwartete ein Aufzeigen von Mitteln und Wegen, wie

die Ortsmitte städtebaulich so qualifiziert werden

kann, dass sich ihr Erscheinungsbild den historischen

Wurzeln würdig zeigt und die Bauflächen vor dem

Schloss für Investitionen attraktiv werden. Die Stadt

war bereit, hierzu entsprechende Vorleistungen im

öffentlichen Raum zu erbringen und zu finanzieren.

An diesem Prozess waren die städtischen Ämter, die

Kreisverwaltung, Vertreter der verschiedenen Ministe-

rien des Landes und Landesämter, Beigeordnete der

Stadt, die Stiftung der Gedenkstätten in Brandenburg

und andere Träger des öffentlichen Lebens beteiligt.

Als gemeinsames Ziel wurden folgende Grundsätze

formuliert:

- Stärkung der Einheit von Schloss, Schlossplatz

und Park unter Umgestaltung der nördlich an den

Schlosspark angrenzenden Flächen, die bis 1989 von

den Grenztruppen der DDR genutzt wurden,

- Verbindung der Stadt mit der Havel, um dem Stadt-

bild eine repräsentativere Flusslandschaft wiederzu-

geben,

- Betonung der Formsprache des Barocks im Stadt-

grundriss und deren Erfüllung mit neuen Leben, um

daraus Anforderungen an eine künftige Bebauung

der Quartiere ableiten zu können.

In einer weiteren Planungsphase und dem zweiten

Workshop stellten die Gutachter die Umsetzung die-

ser Ziele und Grundsätze in Form von Szenarien vor.

Wesentliche Kernpunkte der neuen städtebaulichen

Konzeptionen waren:

- Die Einfügung einer 3. Straßenachse zwischen

Havel und Berliner Straße zur Wiederannäherung an

den historischen Stadtgrundriss,

- Der Neubau und die Absenkung der Schlossbrücke

mit einer veränderten Verkehrsführung als Voraus-

setzung für die Wiederherstellung des historischen

Schlossplatzniveaus und eines räumlichen Platzzu-

sammenhangs,

- Die Gestaltung der Uferzonen an der Havel mit

einem Schiffsanleger,

- Die denkmalgerechte Wiederherstellung des

Schlossparks unter Einbindung der nördlich angren-

zenden Flächen und unter Wahrung der barocken

Parkelemente im Schlosspark,

- Die Aufwertung des Straßenraumes und Freima-

chung der Baublöcke südlich des Schlosses, ggf. für

Interimslösungen.

- Studien für eine bauliche Entwicklung der o. a.

Quartiere, die sich im Volumen, Höhenentwicklung

und Maßstäblichkeit an der historischen Bebauung

orientieren und sich auf das Schloss beziehen sollen,

aber eine neue Architektursprache zeigen können.

Die Vorschläge wurden von den Teilnehmern in

einem breiten Diskurs erörtert und fanden, bis auf

die Bedenken der Denkmalbehörde zum Umgang mit

den barocken Parkelementen im Schlosspark, eine

breite Zustimmung.

Für den 3. Workshop wurden die Ergebnisse des 2.

Workshops in einem Gesamtkonzept (Entwicklungs-

konzept) einschließlich Vorschlägen zum Verfahren,

zur Durchführung und zur Finanzierung zusammen-

geführt, mit den Beteiligten erörtert und von diesen

abschließend bestätigt.

Innerhalb des Sanierungsgebiets konnten die im

Konsens entwickelten Projekte im Rahmen des

Städtebauförderungsprogramms finanziert werden,

für den Umbau der Berliner Straße und den Neubau

der Schlossbrücke übernahm der Landesbetrieb für

Straßenwesen die Verantwortung. Hinsichtlich des

Sanierungsbedarfs im Havelbereich und der Zustän-

digkeit gab es jedoch weiteren Abstimmungsbedarf

zwischen der Stadt, dem Wasserstraßenschifffahrt-

samt und dem Landesstraßenbauamt.

Das Ergebnis des Gutachterverfahrens – die historische Mitte zeigt neue Konturen

Page 32: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

30

Das Modell der Schlossbrücke an neuem Standort zeigt die Chancen für den Schlossplatz

Die Neringstraße als neu geschaffene barocke Straßenachse

Durch die erklärte Gesprächsbereitschaft der in

diesem Fall beteiligten Ämter zeigten sich jedoch am

Horizont Lösungen des Problems. Auch die tech-

nische Machbarkeit der Straßenverlegung und des

Brückenneubaus musste weiter untersucht werden.

Für die Entwicklung und Erneuerung der Land-

schafts- und Freiräume, für touristische Angebote

und Ausstattungen wurde ein geeignetes Instrument

der Finanzierung gesucht und in der Durchführung

einer Landesgartenschau gefunden, für die zeit-

gleich das Bewerbungsverfahren für die Landes-

gartenschau 2009 im Land Brandenburg in Angriff

genommen wurde.

Bewerbung Landesgartenschau 2009

Die Rahmenbedingungen für eine Bewerbung

Oranienburgs waren hinsichtlich der erforderlichen

Synergieeffekte zwischen Städtebau – Tourismus –

Freiraum-/ Landschaftsentwicklung in besonderer

Weise gegeben und in dem Verfahren heraus-gear-

beitet worden. Darüber hinaus verfügt Oranienburg

über eine gartenkulturelle Bindung, welche über die

Stadt hinaus für die Region und für das Land Bran-

denburg von herausragender Bedeutung ist. Durch

eine Vertiefung der historischen Recherche wurde

die Rolle der Stadtgründerin Louise-Henriette von

Oranien Nassau, die Gemahlin des großen Kurfürsten

Friedrich Wilhelm für den Gartenbau in Brandenburg

deutlich. Sie liebte den Ort, der damals noch Bötzow

hieß, wegen seiner weitläufi ge Wiesen und dem

Wasserreichtum - eine Landschaft, die sie an ihre

holländische Heimat erinnerte. Von ihrem Gemahl

bekam sie den Ort als Geschenk und aus Bötzow

wurde Oranienburg.

Neben ihren bau- und gartenkünstlerischen Ambiti-

onen, welche sie bei der Errichtung von Schloss und

Park zeigte, setzte sie fortschrittliche holländische

Techniken des Land- und Wasserbaus ein, Techni-

ken, die noch heute das Bild der Kulturlandschaft

im Land der Oberhavel prägen. Mit einer aus Holland

importierten Wasserbautechnik, mit der Anlage

von Windschutzhecken und Alleen gestaltete sie das

Bild der Kulturlandschaft. Auf Musterhöfen wurden

holländische Anbaumethoden und Viehwirtschaft

praktiziert, die zu einem gewissen Wohlstand nach

dem 30 jährigen Krieg führten. Als Erste führte sie

Kartoffeln, Spargel und Ananas in Brandenburg

ein. Peter J. Lenne’ nahm diesen ganzheitlichen

Grundgedanken in seinem Verschönerungsplan für

Potsdam und nicht nur dort wieder auf. Oranienburg

wurde zur Wiege der modernen Landwirtschaft und

des Gartenbaus in Brandenburg und Preußen.

Mit diesem Bild des gartenkünstlerischen und

gartenkulturellen Erbes und mit einer zeitgemäßen

Interpretation für die zukünftige Entwicklung der

Gartenkunst und Gartenkultur bewarb sich Oranien-

burg um die Landesgartenschau 2009.

Damit wollte Oranienburg auch der Region garten-

kulturelle Impulse geben und ein Forum für vielfäl-

tige Initiativen im ländlichen Raum sein.

Die Gestaltung des neuen Parks nahm diese Grund-

idee auf, die Fläche erfuhr eine Gliederung mit

einem System aus Gräben, auf den dazwischen

liegenden Feldern stellten sich wie „Flüchtlinge“ aus

dem historischen Schlosspark Gartenzimmer ein, die

in ihrer Geschlossenheit besonderen Gartenthemen

vorbehalten blieben. Zu diesen gehört das aktuelle

Spektrum des gartenarchitektonischen Diskurses und

den Herausforderungen an eine neue Garten- und

Landschaftskultur. Mit diesem Konzept, erhielt die

Stadt Oranienburg im Jahr 2005 den Zuschlag für die

Landesgartenschau 2009,die inzwischen Realität ist

und der Stadt ein neues Gesicht gab.

„Was Louise Henriette schuf, es hat das Kleid ge-

wechselt, aber die Dinge bleiben und der Segen lebt

fort“ (Theodor Fontane).

Rose Fisch

Landschaftsarchitektur

Page 33: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

31

Ein Stadtquartier verändert sein Gesicht

Dr. Steffen Ott, Bettina Krause

Städtebauliche Missstände gab es zahlreiche zu

Beginn der Sanierungsmaßnahme „Innenstadt“ Ora-

nienburg. Ein besonders markanter war der Zustand

des Quartiers zwischen Breite Straße, Havelstraße,

Bötzower Platz und Kanalstraße. An einer wichtigen

Zufahrt zum Stadtzentrum und in Blickweite zum

Schloss gelegen waren wie an vielen anderen Orten

der Stadt die historische Bausubstanz durch Kriegs-

zerstörungen nur noch rudimentär erhalten und die

verbliebenen Gebäude durch Leerstand und einen

schlechten Erhaltungszustand stark in Mitleiden-

schaft gezogen. Gewerblich genutzte Brachfl ächen,

eine leer stehende Kaufhalle und die ausschließlich

autogerecht gestaltete Breite Straße waren nicht nur

den Oranienburgern ein Ärgernis, auch Besucher

fühlten sich nicht positiv angesprochen. Lediglich

die Ostseite des Bötzower Platzes war durch eine ge-

schlossene Blockrandebauung neu gefasst worden,

wodurch zumindest hier wieder eine innenstadta-

däquate Raumstruktur hervorgebracht hatte.

Diese komplexe städtebauliche Problemlage führte

dazu, dass im Jahr 2006 ein Blockkonzept beauftragt

und bearbeitet wurde, um die Entwicklungspoten-

tiale dieses innerstädtischen Areals zu untersuchen

und nutzbar zu machen.

Das städtebauliche Entwicklungskonzept

Blick von der Breiten Straße vor der Neuordnung

Visualisierung der geplanten Bebauung

Fassadenabwicklung Breite Straße mit geschlossener Straßenfront

Folgende Planungsziele wurden im Konsens mit allen

Beteiligten entwickelt und werden seitdem Schritt für

Schritt umgesetzt:

Erstellung eines städtebaulichen Gesamtkonzeptes •für die Integration von hochwertigem innerstädti-

schem Wohnungsbau, teilweise auch mit gewerb-

licher Funktionsunterlagerung im Erdgeschoss;

Wiederherstellung wesentlicher Merkmale des •denkmalgeschützten Stadtgrundrisses; denk-

malgerechte, ortsbildtypische und zeitgemäße

Schließung der Blockränder, teilweiser Rückbau

leer stehender Gebäude, überwiegend im Blo-

ckinnenbereich;

Aufzeigen von Entwicklungsmöglichkeiten für die •vorhandenen gewerblichen Nutzer unter Be-

achtung der Immissionsschutzproblematik und

Erarbeitung von alternativen Lösungsmöglichkei-

ten in Abhängigkeit vom künftigen Bestand der

gewerblichen Nutzungen;

Optimierung der inneren und äußeren Erschlie-•ßung des Blockes und Unterbringung von aus-

reichenden Flächen für den ruhenden Verkehr

einschließlich deren Gestaltung;

Festlegung von wesentlichen Anforderungen an •die Baukörpergliederung sowie die Gestaltung der

Dächer und Fassaden; Visualisierung.

In den seit Erstellung des Blockkonzeptes vergange-

nen drei Jahren konnte die Breite Straße neu gestaltet

werden, einzelne Gebäude saniert und das Grundstück

der früheren Kaufhalle neu bebaut werden. Weitere

Ordnungsmaßnahmen werden folgen und auch die

Schließung der Blockränder ist ein Ziel, das noch seiner

Umsetzung harrt.

Dr. Steffen Ott Bettina Krause

SPOK - Stadt Planer Ott & Krause

Page 34: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

32

Die Landesgartenschau 2009 Oranienburg –

ein Meilenstein nicht nur für Gartenfreunde

Matthias Franke

Nachdem 2005 die Entscheidung gefallen war, den

Zuschlag für die brandenburgische Landesgarten-

schau 2009 der Stadt Oranienburg zu erteilen, war

zunächst die Freude groß, aber wenig Zeit zum

feiern. Schließlich sollten nur knapp vier Jahre

später der alte Schlosspark rekonstruiert und ein

neuer Park angelegt sein, ehemalige Panzerhallen

umgebaut und zwei Hafenbecken geschaffen wer-

den und nicht zuletzt viele Bäume wachsen und

Pflanzen blühen.

Das maßgeblich von der Landschaftsarchitektin

Rose Fisch entwickelte Grundkonzept der Landes-

gartenschau sah von Beginn an drei wesentliche

Parkbereiche vor, den alten Schlosspark, den

Neuen Park auf ehemaligen Militärflächen und den

Hafen zwischen Havel und früheren Panzerhallen.

Der in einem diskursiven Planverfahren entwickel-

ten gestalterischen Grundidee stand Prinzessin

Louise Henriette von Oranien-Nassau Pate, die

im 17. Jahrhundert aus Holland nach Oranienburg

kam und sich Landwirtschaft, Gartenbau und Gar-

tenkunst in besonderem Maße verpflichtet fühlte.

Die Gestaltung des Neuen Parks erinnert daher

auch an eine holländische Polderlandschaft, in

der Gräben das dominierende Gliederungselement

sind. Sie werden von Eschen sowie Hasel- und

Zierapfelspalieren gesäumt, die die vertikale Glie-

derung des Raumes bilden. 14 an die Niederlande

erinnernde, geschwungene Parkbrücken verbinden

die orthogonalen Wege, die 16 jeweils 1.000 qm

großen Gartenzimmer erschließen.

Dienten Gräben, wie sie Louise Henriette einst

anlegen ließ, der Entwässerung der Landschaft,

so stellen die heutigen Gräben, die zum Teil an

historisch nachweisbarer Stelle wiedererrichtet

wurden, die Speisungen des neuen, ausgefeilten

Bewässerungssystems für das Parkgeländes sicher.

Zu diesem System, das sich im Wesentlichen aus

dem Oranienburger Kanal speist, zählt auch der

Schlossteich mit seiner Fontäne, die nicht nur

optisch sehr reizvoll ist, sondern vor allem das

System mit Sauerstoff versorgt.

Alle Gräben sind durch ein Schieber- Rohrsystem

miteinander verbunden, so werden alle Gräben

stetig durchströmt. Herzstück der Anlage ist ein

Teichgarten. Hier wird das zirkulierende Wasser

über einen mit Schilf bestandenen Bodenfilter

dem Beregnungssystem zugeführt. Ein Pumpen-

system wälzt das Wasser um und speist das aktive

Bewässerungssystem mit mehr als rund 400 Ein-

zelregnern.

Die 16 Gartenzimmer liegen überwiegend leicht

erhöht über dem übrigen Gelände und sind jeweils

einer Facette des Lebens der Louise Henriette bzw.

ihrer Zeit gewidmet. Nach außen, durch verschie-

dene Heckenstrukturen abgeschirmt, stellen die

Gartenzimmer intime Räume dar, in denen diese

unterschiedlichen Themen Platz finden ohne die

klare Grundstruktur des Entwurfes zu überformen.

Die quadratische Grundform der Gartenzimmer

geht direkt auf historische „Bosketts“ (Wäldchen)

zurück und schlägt so den Bogen von der aktu-

ellen Garten- und Landschaftsarchitektur zurück

zu den gartenkünstlerischen Ambitionen Louise

Henriettes.

Einer der zahlreichen Gräben, die holländisches Flair im Neuen Park erzeugen

Einer der vielen Blühaspekte im Sommer 2009

Der neu geschaffene Schlosshafen mit Wasserwanderstützpunkt – eine der Attraktionen der Landesgartenschau

Page 35: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

33

Landesgartenschau 2009 Oranienburg - Schauplan

Landesgartenschau Oranienburg 2009 - Schauplan

Layout: Seebauer, Wefers und Partner GbR | Stand: 19.03.2009

Traumlandschaften in Bosketten

Vergänglichkeit

Zwiegespräch

Krieg & Frieden

Geheimnis

Toleranz

Leichtigkeit

Traumlandschaften in Gartenzimmern Legende

1

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2

1

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3

4

4

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2

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3

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6

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7

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8

9 9

9

10 10

10

Eifer Schloss

Tempora Zugang

Traum Besucherzentrum

Einsamkeit Orangerie

Liebe Bühnen

Glaube Marktmeile

Luxus Heckentheater

Zuversicht Mustergräber

Freude Puppenbühne

Familie Spiellandschaft

Zukunft Blumenhalle11 11

11

Hafen12 12

12

12

Imker13 13

13

13

14

14

15

15

16

16

Herkunft

Illusion

Lust

Geschick

Entspannung

Hoffnung17

17

1

2

3

4

5

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7

8

9

10

11

Page 36: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

34

Gräben, Baumreihen, Wegeachsen und Gartenzim-

mer werden akzentuiert durch Staudenbänder und

abgesenkte Wiesenflächen, die neben einer Vielzahl

von Wechselpflanzungen auch Raum bieten für Kin-

derspiel und Kontemplation. Säuleneichen markieren

dem Besucher Auftakt und Ende des Neuen Parks.

Folgt man dem Weg entlang des Hauptgrabens,

erhält der Betrachter Sicht auf die Blumenhalle im

Norden des Neuen Parks. Den Mittelpunkt dieser

Achse markiert die moderne Skulptur Louise Henri-

ettes. Durch ihre abstrakte Formgebung bietet sie

ausreichend Platz für individuelle Interpretationen.

Größe und Ausrichtung erzielen eine besondere

Fernwirkung, die schon vom Eingangsbereich her

zu erahnen ist. Für die Landesgartenschau bildet

die Skulptur den Mittelpunkt der Inszenierung der

„Traumlandschaften einer Kurfürstin“, die sich in der

thematischer Ausgestaltung der einzelner Gartenzim-

mer präsentiert.

Wesentlicher, aber erheblich zurückhaltender ge-

stalteter Teil des Landesgartenschaugeländes ist der

denkmalgeschützte historische Schlosspark. Seine

Grundstruktur geht zurück auf eine barocke Anla-

ge, die im Laufe der Jahrhunderte jedoch mehrfach

überformt und mangels denkmalgerechter Pflege

nur noch schwer zu erkennen war. Heute reicht eine

Sichtachse vom barocken Portal bis zum westlichen

Ende des Parks. Sechs Boskette mit unterschied-

lichen Unterpflanzungen spiegeln ebenso wie die

Gartenzimmer verschiedene Bilder wie „Vergänglich-

keit“, „Toleranz“, „Geheimnis“ und andere wider.

Daneben wurden der Schlossteich erneuert und der

Eingangsbereich rekonstruiert. Üppige Gehölz- und

Staudenpflanzungen sowie eine Streuobstwiese und

ein Küchengarten am Rande des Parks runden das

Bild ab.

Dritter Teil des Landesgartenschaugeländes ist

der Wasserwanderstützpunkt am Hafen. Dort wo

während der Landesgartenschau eine nachgebaute

niederländische Staatsyacht im Wasser lag, befanden

sich vor mehreren Jahren noch Beton, Schutt und

Fahrzeugrampen. Heute gibt es hier einen Liege- und

einen Servicehafen und zwei umgebaute Panzerhal-

len, von denen während der Schau eine als Blumen-

halle und die andere als Ausstellungshalle genutzt

wurde. Der dazwischen liegende Hof strahlt eine

mediterrane Atmosphäre aus und ist ein Anziehungs-

punkt für jung und alt. Nach der Landesgartenschau

können hier Wasserwanderer rasten, duschen,

kochen und zelten und in der Blumenhalle Kaffee

und Kuchen unter Palmen und anderen Pflanzen

genießen.

Was heute so selbstverständlich von Oranienburgern

und den zahlreichen Besuchern besichtigt wird, war

in der Umsetzung der Idee zur Landesgartenschau ein

hartes Stück Arbeit.

Der erste Spatenstich durch den Schirmherrn, den

Ministerpräsident Matthias Platzeck im November

2006 gab den Startschuss für die ersten baulichen

Maßnahmen zur Errichtung des Neuen Parks. Sie

begannen im Dezember 2006 mit dem Bau des Filter-

und des zentralen Hochgrabens an der Nahtstelle

zwischen historischer und neuer Anlage.

Das gesamte Areal in einer Größe von 7 ha wur-

de bis zu 1,50 m tief abgetragen, gesiebt und auf

verschiedene Haufwerke verbracht. Nach Analyse

der von Kriegslasten und den Resten der ehemaligen

militärischen Nutzung befreiten Böden konnte mit

der Neuprofilierung der rund 150.000 cbm begonnen

werden. Bereits im März 2007 gelangten die ers-

ten 100 neuen Bäume der gliedernden Baumreihen

auf das Gelände. Zeitgleich wurde der markante

Großbonsai auf der kleinen Anhöhe gepflanzt und

charakterisiert gemeinsam mit Säuleneichen und

Himalayabirken das Gelände.

Das barocke Parktheater verzauberte die Gäste der Landesgartenschau

Blütenpracht im Frühjahr 2009

Im Gartenzimmer „Traum“ lässt es sich komfortabel entspannen

Page 37: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

35

Der neue Park mit großzügigen Perspektiven Der Familiengarten – nicht nur ein Teich, sondern auch Herzstück der Bewässerungsanlage

Der rekonstruierte alte Schlosspark

Die schon vor der Gartenschau sanierte Orangerie, ein attraktiver Ort für kulturelle Veranstaltungen

Im Anschluss erhielten die Gartenzimmer ihre

endgültige Plateauhöhe von 30 cm über dem

übrigen Gelände sowie unterschiedlichen He-

cken aus vorgeformten Heckenelementen unter-

schiedlicher Arten. So wechseln sich immergrüne

Hecken aus Eibe und Liguster mit Laub abwer-

fenden Hecken wie Hahnenfußdorn und Zierapfel

ab. Diese zeichnen sich besonders durch ihren

Blühaspekt im Frühjahr und den Farbaspekt im

Herbst aus. Das Frühjahr 2007 mit seiner extrem

heißen und trockenen Witterung überstanden die

Pfl anzen Dank der Hilfe der Oranienburger Feuer-

wehr unbeschadet.

Auch in Zukunft soll der gesamte Schlosspark auf

einem hohen gestalterischen und fl oristischen

Niveau bewirtschaft werden. Eine mutige Entschei-

dung der Stadt, die besondere Hochachtung ver-

dient, denn wie hoch aktuell ist auch heute noch

der bekannte Satz des großen Gartenarchitekten

Peter Josef Lenné (1789 – 1866):

„Nichts gedeiht ohne Pfl ege und selbst die vor-

treffl ichsten Dinge verlieren durch unzweckmäßige

Behandlung ihren Wert“.

Matthias Franke

Seebauer, Wefers und Partner GbR

Die Querung der Gräben mit geschwungenen Brü-

cken aus Stahlbeton erfolgte nach gemeinsamer

Festlegung der Wellenamplitude mit dem Behin-

dertenverband Oranienburg ab November 2007.

3.300 qm Staudenfl ächen in 57.000 qm Rasenfl ä-

chen bilden seit Frühjahr 2008 den blühenden Rah-

men für die Integration des „Schönen und Nützli-

chen“ in die Landesgartenschau unter dem Motto

„Traumlandschaften einer Kurfürstin“, welche die

Gartenzimmer auf Ihre eigene, besondere Art fl oral

ausgestaltet und künstlerisch interpretiert.

Exotische Pfl anzen sind im Park ebenso zu fi nden

wie in Vergessenheit geratene Kulturpfl anzen. Dazu

gehören feurig blühende ebenso wie zurückhalten-

de, deren Schmuck ein schön gezeichnetes Blatt ist.

Page 38: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

36

Der Schlossplatz - Oranienburgs wiederentdeckte Mitte

Siegfried Reibetanz

und später Lehrerseminar verlor der Ort seine feudal-

repräsentative Bedeutung. Durch die Umgestaltung

des Platzes Mitte des 19.Jahrhunderts zu einem

Schmuckplatz mit Grünflächen und Bäumen, später

auch baulich abgesetzten Straßenführungen ging der

platzräumliche Zusammenhang immer mehr verloren.

Es entstanden viele kleinere Teilflächen. Besonders

beeinträchtigend waren die Folgen des Brücken-

neubaus Anfang der 1930er Jahre. Die Schlossbrücke

wurde zugunsten der Schiffbarkeit der Havel ange-

hoben, die daraus folgenden Rampen zerschnitten

seitdem den Platz. Außerdem wurde die Brückenlage

nach Norden dicht an das Schloss verschoben. Damit

entstand mitten auf dem Platz und vor dem Schloss

eine dominante Verkehrsanlage, die die Nutzbarkeit

des Platzes stark eingeschränkte. Kriegs- und Nach-

kriegszerstörungen verstümmelten den Platz weiter:

Mit dem Verlust großer Teile der barocken Innenstadt

Oranienburgs und der Platzrandbebauung verlor der

Schlossplatz sein städtisches Gepräge, das Havelufer

wuchs zu. Besucher, die nach 1990 - meistens auf

der Durchreise von und nach Norden - über den

Schlossplatz Oranienburg fuhren, hatten kaum einen

Grund anzuhalten und zu verweilen.

Nach der Wende gab es viele Vorschläge für die

Aufwertung des Schlossumfeldes und der Barocken

Innenstadt – aber auch viele Widerstände. Die Stadt

Oranienburg, die Denkmalbehörden, der Landesbe-

trieb Straßenwesen (zuständig für die Bundesstraßen

96 und 273 im Platzbereich) und das Wasser- und

Schifffahrtsamt (zuständig für die Havel als Bundes-

wasserstraße) konnten sich in vielen Dingen zunächst

nicht einigen. Erst 2003 gelang es im Rahmen des

Diskursiven Planungsverfahrens eine breit getrage-

ne Lösung zu entwickeln und abzustimmen. Eine

Gutachtergruppe, der die GRUPPE PLANWERK sowie die

Planungsbüros bgmr, HOFFMANN LEICHTER Ingenie-

urgesellschaft mbH und Prof. Obermeyer angehörten

entwickelte ein Konzept, um das barocke Ensemble

aus Schloss, Schlosspark und Schlossplatz wieder zu

einer Impuls gebenden, attraktiven Stadtmitte aufzu-

werten. Im Mittelpunkt stand dabei die Neuordnung

und Neugestaltung des Schlossplatzes zu einer der

ersten Adressen Oranienburgs. Die wichtigen Entwick-

lungsziele dafür waren:

Die Neuordnung der Fahrverkehrsflächen zu-•gunsten von mehr nutzbarer Platzfläche und

Aufenthaltsqualität,

Der Neubau der Schlossbrücke in Verbindung mit •einer Absenkung der Brückenrampen und die

Verlegung der Brücke weg vom Schloss, um einen

räumlichen und höhenmäßigen Platzzusammen-

hang wiederherzustellen,

eine (weitgehend) einheitliche Befestigung mit •Natursteinpflaster, um einen einheitlichen Platz-

charakter zu erreichen,

die Freilegung und sichtbar Machung der Havel •im Platzbereich mit „harter“ Uferkante und Ge-

länder i. V. mit der Neuanlage eines attraktiven,

durchgängigen Uferwegs und

die Beseitigung der Baumgruppe vor dem •Schloss, um diesem wieder im Stadtraum Geltung

zu verschaffen und wichtige Sichtachsen freizu-

legen,

die Neuanlage der 3. Straßenachse als räumliche •und erschließungstechnische Verbindung zwi-

schen Schlossplatz und Kreisverwaltung.

Die Kosten für diese Maßnahmen wurden auf rund

7 – 8 Millionen Euro geschätzt.

Die städtebauliche Entwicklung Oranienburgs war

von Anfang an eng mit der Entwicklung von Schloss,

Schlosspark und Schlossplatz verbunden. Stadtgrund-

riss und Straßen der barocken Stadtanlage waren

planmäßig auf den Haupteingang des Schlosses

ausgerichtet, der Schlossplatz Teil des städtischen

Raumgefüges. Das Schloss war nicht nur zur Zeit sei-

ner feudalen Nutzung das kulturelle und gesellschaft-

liche Herz der Stadt. Der Schlossplatz im Schnittpunkt

von Breiter Straße, Berliner Straße und Havelübergang

hatte die Funktion eines wichtigen Verkehrskno-

tens, war die lebendige Mitte der Stadt und ein Ort

von merkantiler Bedeutung - lange Zeit trug er den

Namen Marktplatz. Prägend für die barocke Anlage

war auch der direkte Bezug zur Havel – entlang des

Schlosses hatte die Havel eine harte Kante, an der

man flanieren konnte. Alte Pläne und Stiche zeigen

den Schlossplatz als einen ungegliederten, großzügi-

gen Raum, der im Norden vom Schloss und im Süden

an den Ecken der Breiten Straße und Berliner Straße

durch öffentliche Gebäude (Schule, Rathaus - später

Hotel Eilers, Amthauptmannsgebäude) gefasst wurde.

Wesentliche städtebauliche Veränderungen dieser

Situation begannen Anfang des 19. Jahrhunderts.

Mit dem Verkauf des Schlosses und seiner Umnutzung

zur Baumwollspinnerei, dann Schwefelsäurefabrik

Der Schlossplatz nach der Neugestaltung im Mai 2009

Page 39: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

37

Für die Umsetzung der geplanten Entwicklung war die

Entscheidung zur Ausrichtung der Landesgartenschau

(Laga) 2009 in Oranienburg ein Glücksfall. Ohne die

damit verbundene politische und fi nanzielle Unter-

stützung hätte die Stadt dieses komplexe Planungs-

vorhaben nicht oder nur über einen sehr langen

Zeitraum und mit vielen Kompromissen realisieren

können.

Nach der Laga -Entscheidung 2005 begannen die

Vorbereitungen für die Umsetzung des Konzeptes.

Dazu mussten zwischen den drei unterschiedli-

chen Eigentümern für Schlossplatz, Bundesstraße

mit Brücke und Wasserstraße Havel grundsätzliches

Einvernehmen hergestellt und die Schnittstellen und

Zuständigkeiten geklärt werden. Die ernsthafteren

Probleme begannen damit, dass die alte Schlossbrü-

cke nicht, wie von allen Beteiligten angenommen,

Eigentum des Baulastträgers Bundesstraße sondern

des Wasser- und Schifffahrtsamtes (WSA) war. Glückli-

cherweise konnte dieses Problem relativ schnell durch

eine Eigentumsübertragung auf den Landesbetrieb

Straßenwesen gelöst werden.

Nach den ersten Abstimmungen wurde schnell

klar, dass ein Brückenneubau im Bereich der alten

Schlossbrücke aufgrund von technischen Forderungen

des WSA (z.B. Anforderungen an Durchfahrtshöhen für

die Schifffahrt) nicht die gewünschten Verbesserun-

gen für die Platzgestaltung bringen würde. Deshalb

wurden von Prof. Obermeyer zusammen mit GRUPPE

PLANWERK weitere Machbarkeitsuntersuchungen zur

Lage und Höhe der Brücke sowie der Straßenführung

beidseits der Havel durchgeführt. Als Ergebnis dieser

Untersuchungen wurde eine neue Straßen- und

Brückentrasse auf der Südseite des Schlossplatzes mit

einer diagonalen Straßenverbindung über den Be-

reich des ehemaligen Fischerparkplatzes zur Bernau-

er Straße festgelegt. Diese Lösung eröffnete völlig

neue Gestaltungs- und Nutzungsspielräume für den

Schlossplatz.

Vor dem Schloss entstand eine große, fahrverkehrs-

freie Platzfl äche, die offen ist für vielfältige Nutzun-

gen.

Das Platzniveau konnte nun ohne Einschränkungen

durch Rampen auf das historische Höhenniveau

(südlicher Schloss-Innenhof) abgesenkt werden,

durch eine Unterführung unter der neuen Schloss-

brücke wurde eine attraktive, sichere und durch-

gängige Fahrrad- und Fußgängerverbindung entlang

der Havel ohne störendes Queren der Bundesstraße

hergestellt.

Um Baurecht für die Verlegung und den Neubau von

Brücke und Straße zu erlangen wurde von der Stadt

Oranienburg in kürzester Zeit ein Bebauungsplan

nach § 17 Fernstraßengesetz aufgestellt. Nach kom-

plizierten Abstimmungen über die Bedeutung und

Auswirkungen der geplanten Maßnahmen - vor allem

hinsichtlich des Eingriffs am Havelufer - konnte ein

Planfeststellungsverfahren vermieden werden. Dies

hätte die rechtzeitige Fertigstellung der Maßnahmen

zur Laga gefährden können. Vor allem das WSA und

Landesumweltamt zeigten sich in diesen Verhandlun-

gen sehr kompromissbereit.

Der Schlossplatz im alten Gewand – mehr Grünfl äche als Stadtplatz

Die Baumterrassen laden zum Verweilen ein

Die geplante Fällung des Altbaumbestandes vor dem

Schloss wurde von den Politikern der Stadt Orani-

enburg und vielen Bürgern mehrheitlich abgelehnt.

Daraus hätte sich die Notwendigkeit einer Umplanung

ergeben, da die Absenkung des Schlossplatzniveaus

mit den Bestandshöhen der Bäume nicht vereinbar

war. Aber Not macht erfi nderisch: Um die Höhen-

unterschied der Platzfl äche auszugleichen, wurden

hölzerne „Baumterrassen“ entwickelt, die nach der

Fertigstellung ein belebendes Element des neu ge-

stalteten Platzes wurden.

Diskussionen gab es auch um die Position des Mahn-

mals „Die Anklagende“, das ebenfalls an die neue

Platzgestaltung angepasst werden musste. Nur unter

Mitwirkung des mittlerweile über 80jährigen Prof.

Matthes, der bereits vor rd. 50 Jahren das Ensemble

des Mahnmals geplant hatte, konnte mit der zustän-

digen Denkmalbehörden und dem Landeskonservator

ein würdiger und urheberrechtlich gesicherter neuer

Standort gefunden werden.

Trotz des engen Planungs- und Ausführungszeitrau-

mes wurden bis zur Eröffnung der Laga Schlossbrücke,

Schlossplatz und Havelufer fristgerecht und in hoher

Qualität fertig gestellt.

Durch die Neuordnung und Neugestaltung des

Schlossplatzes und seines Umfeldes hat die Stadt

Oranienburg ihre historische Mitte als lebendiges Zen-

trum wieder gewonnen.

Zwischen den Wohngebieten im Westen und der In-

nenstadt um die Bernauer Straße bildet der Schloss-

platz mit seinen neuen Nutzungsmöglichkeiten für

Aufenthalt, Wochenmarkt und sonstige Veranstaltun-

gen heute wieder den attraktiven, öffentlichen Mit-

telpunkt der Stadt und ist so Impuls gebend für die

Entwicklung und Aufwertung der gesamten barocken

Innenstadt.

Siegfried Reibetanz

GRUPPE PLANWERK

Page 40: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

38

Die Schlossbrücke Oranienburg –

ein städtebauliches Schlüsselprojekt

Robert Geyer

Nähert man sich von Westen her auf Landstraßen

der Stadt Oranienburg, so geschieht dies zumeist

über die Bundesstraße B 273. Verbleibt man auf

dieser in Richtung Stadtzentrum, erreicht man über

die Breite Straße das schon von weitem sichtba-

re Schloss Oranienburg mit dem neu gestalteten,

davor liegenden Schlossplatz. Dort wechselt abrupt

die Richtung der B 273 und man fährt nach einer

scharfen Rechtskurve an der Südseite entlang auf

die neue Schlossbrücke zu, solange man nicht an

der roten Ampel des ebenfalls neu gestalteten Kno-

tenpunktes mit der Berliner Straße warten muss.

Die neue Schlossbrücke schwingt sich in einem ele-

ganten Bogen über die Havel. An Ihrem Hochpunkt

hat man einen sehr schönen Blick auf das links lie-

gende Schloss. Hat man die Havel überquert, führt

die B 273 nun als Bernauer Straße weiter durch die

östliche Innenstadt Oranienburgs.

Der Standort der neuen Brücke ist im Zuge der

umfangreichen Planung und Bauvorbereitung so

gewählt worden, dass er einerseits ein Neubau der

Brücke unter Aufrechterhaltung des Verkehrs über

die Vorgängerbrücke ermöglichte, und anderer-

seits der Gestaltung des Schlossplatzensembles den

größtmöglichen Raum ließ und den Eingriff in Natur

und Landschaft so klein wie möglich hielt. Des

Weiteren ist durch den günstigeren Kreuzungswin-

kel mit der Havel gegenüber der Vorgängerbrücke

die Spannweite etwas geringer, was natürlich auf

die Herstellungskosten und auch auf die zukünftige

Unterhaltung des Bauwerks entscheidenden Einfluss

hat. Dieses Kriterium war auch das ausschlagge-

bende bei der Entscheidung des Unterhaltungs-

pflichtigen und Straßenbaulastträgers, der Bun-

desrepublik Deutschland, vertreten durch das Land

Brandenburg, handelnd durch den Landesbetrieb

Straßenwesen, die seit über 70 Jahren bestehende

Vorgängerbrücke durch einen Neubau zu ersetzen.

Die erste für Oranienburg dokumentierte Brücke

existierte schon um 1200 im Zusammenhang mit

der ersten von den Askaniern hier an der Havel

errichteten Burg. Um 1550 wurde diese Burg durch

ein wasserumgebenes Jagdschloss von Kurfürst

Joachim den II., genannt „Hektor“, ersetzt und die

Brücke als Holzklappbrücke neu errichtet. 1901

wurde dann erstmalig eine das gesamte Flussbett

überspannende Brücke mit Fachwerkbögen aus

Stahl fertiggestellt. Mit der Zunahme des Fahrzeug-

verkehrs Anfang des 20. Jahrhunderts genügte die-

se Brücke den Ansprüchen dann schon nicht mehr.

1934 wurde daraufhin die bis 2008 bestehende

Stahltrogbrücke unmittelbar am Schloss eingeweiht.

1945 wurde die Brücke dann durch ein Sprengkom-

mando der SS in der Mitte auseinandergesprengt.

Beide Hälften des Stahltroges versanken in der

Havel. Mit einer spektakulären Hubaktion wurden

die Brückenhälften 1947 wieder gehoben und in

der Mitte durch große Stahllaschen und Verstärkun-

gen aus Stahl erneut zu einem Bauwerk verbunden.

Dieses Provisorium bedurfte natürlich einer stän-

digen Unterhaltung. Viele Instandsetzungen und

Reparaturen im Laufe der letzten 40 Jahre sorgten

aber dafür, dass die wichtigste Verbindung der

durch die Havel geteilten Oranienburger Innenstadt,

immer funktionstüchtig war. 1996 wurde dann mit

einer nochmaligen Verstärkung der Hauptträger-

verbindungen und Erneuerung der Fahrbahn- und

Seit September 2008 rollt der Verkehr über die neue Schlossbrücke

1947 wurde die gesprengte alte Brücke aus der Havel gehoben und wieder instandgesetzt

Page 41: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

39

1

2

3

4

1: Konstruktionszeichnung der historischen Holzbrücke

2: Archäologen begleiteten den Brückenbau von Beginn an

3: Der Brückenschlag im April 2008

4: Alte und neue Brücke nebeneinander, für kurze Zeit gab es zwei Schlossbrücken in Oranienburg

Gehbahnbeläge der endgültige Countdown zur

Erneuerung des Bauwerkes innerhalb der folgenden

10 Jahre gestartet.

Die Planung für den Ersatzneubau begann im Jahr

2006. Nach intensiven Variantenuntersuchungen

zum Standort, der Bauweise und dem statischen

System war der detaillierte Entwurf Anfang Mai

2007, nach einer für heutige Bedingungen ver-

hältnismäßig kurzen Planungszeit von 14 Monaten,

fertiggestellt. Danach konnte der Neubau öffentlich

ausgeschrieben werden. Die Bauleistungen wurden

im August 2007 für ca. 3,1 Millionen Euro vergeben.

Diese Summe trugen auf Grundlage einer Verein-

barung zu ca. 2/3 die Bundesrepublik Deutschland

und zu ca. 1/3 die Stadt Oranienburg, welche Ihren

Anteil zu einem großen Teil aus Fördermitteln er-

brachte.

Nach Wochen der Bauvorbereitung, in denen unter

anderem das gesamte Baufeld durch die Archäo-

logen auf der Suche nach Oranienburgs Geschichte

bis in 2,70 m Tiefe umgegraben wurde, konnte

der Bau noch immer nicht beginnen. Der Kampf-

mittelbeseitigungsdienst suchte erst noch nach

unliebsamen Überbleibseln der jüngeren Geschich-

te, fand aber zur großen Erleichterung Aller nichts

dergleichen. Am 2. Oktober 2007 wurde dann

symbolisch der „Erste Spatenstich“ als Start für den

Ersatzneubau der Schlossbrücke durchgeführt.

Der Bau begann zunächst mit der Herstellung einer

befestigten Uferkante aus Stahlspundbohlen und

dem Einbringen von insgesamt zehn Stahlbeton-

bohrpfählen mit einem Durchmesser von 1,20

m als Bauwerksgründung. Darauf wuchsen dann

recht schnell die Stahlbetonwiderlager, auf welche

dann am 29.04.2008 fünf Stahlhohlkastenträger

verankert wurden. Der „Brückenschlag“ war getan.

Nach dem Aufbetonieren der Fahrbahnplatte, der

Komplettierung der Brücke und der Herstellung

der Straßenanschlüsse konnte am 1. September

2008, nach nur 12-Monatiger Bauzeit, die neue

Schlossbrücke für den Verkehr freigegeben werden.

Diesem Anlass wohnten ca. 2.000 Oranienburger

und Gäste bei.

Während der gesamten Bauzeit gab es immer sehr

viele „örtliche Bauüberwacher“ aus der Bevölke-

rung, die mit viel Interesse, Tipps und Ratschlä-

gen, aber auch mit sehr viel Verständnis für die

Bedingungen des Bauablaufs das Geschehen vor

ihrer Haustür beobachteten. Ein paar Wochen lang

konnten viele historische Fotos von zwei nebenei-

nander liegenden Brücken geschossen werden, bis

dann der endgültige Rückbau der „alten“ Schloss-

brücke am 24. September 2008 mit der Heraus-

nahme der Haupträger besiegelt war. Im Anschluss

liefen dann bis zum Jahresende 2008 noch eine

Vielzahl von Arbeiten um das neue Bauwerk herum,

da auch der Bereich der Havel dort neu gestaltet

wurde und die Anpassung an die neugestalteten

Flächen des Schlossplatzes, der Neringstraße und

der Fischerstraße erfolgen musste.

Mit der Ausbaggerung des neuen Havelprofi ls im

März 2009 wurden dann die letzten Arbeiten für

die neue Schlossbrücke abgeschlossen und dem

Besucher offenbart sich heute ein neues, aber im

historischen Sinne gestaltetes Innenstadtensemb-

le, in dem das Schloss nunmehr die zentrale Rolle

spielt und durch die Schlossbrücke nicht mehr wie

viele Jahre zuvor „verdeckt“, sondern bedeutungs-

voll umrahmt wird. Bei einigen „Durchfahrern“ gibt

es vielleicht hier und da ein Kopfschütteln oder

Stirnrunzeln, wenn er die Geschwindigkeit ob der

neuen Straßenführung drosseln muss und ein paar

Kurven mehr zu fahren hat, aber dafür eröffnet sich

ihm jetzt ein neuer Blick auf das Zentrum Oranien-

burgs, der wohl immer in angenehmer Erinnerung

bleiben wird.

Robert Geyer

Landesbetrieb Straßenwesen Brandenburg

Niederlassung Ost

seit 2009

Ingenieurgemeinschaft Setzpfandt GmbH & Co. KG

NL Eberswalde

Page 42: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

40

Ein wichtiger Partner im Stadtumbauprozess -

Die Oranienburger Wohnungsbaugenossenschaft eG

Lutz Lachmann, Bernd Küken

Vor der Umgestaltung waren Straßenräume und Freiflächen trist und grau

Die Innenhöfe heute – grüne Oasen mit vielfältigen Pflanzungen

Neu geschaffene Sitzplätze sind Treffpunkte für Jung und Alt

Am Anfang war nur „Wüste“

Es war ein ehrgeiziges Projekt, welches in nur sieb-

zehn Monaten Planung und Bauzeit erfolgreich um-

gesetzt wurde, ein von Grund auf neues, attraktives

Wohnumfeld im Wohngebiet Mittelstadt zwischen

Liebig-, Runge-, Bernauer und Sachsenhausener

Straße zu gestalten. Die Planung begann bereits

2003 und war anfangs noch mit allerlei Problemen

belastet, ehe ab Frühjahr 2004 sämtliche Arbeiten

zielstrebig

und planmäßig mit den vielen beteiligten Partnern

durchgeführt werden konnten.

Wie es drumherum aussieht geht jeden was an

Entsprechend der Unternehmensphilosophie der

OWG gehört zu einem komplett sanierten genossen-

schaftlichen Wohnungsbestand auch ein ästhetisch

gestaltetes und gepflegtes Umfeld. Bei diesem in

unserer Stadt bisher einmaligen Städtebau-Projekt

entstand ohne Berücksichtigung der Grundstücks-

grenzen in diesem wichtigen Innenstadtbereich ein

neues Wohnumfeld mit Außenanlagen, Freianlagen,

Parkplätzen, Gehwegen, Straßen, Begegnungs- und

Kommunikationsstätten.

Ein Gemeinschaftswerk für alle Bürger

Den Anfang der Umgestaltung machten Stadtwerke

und Entwässerungsbetrieb Oranienburg, die alle

Grundleitungen neu verlegten und die Fernwärme-

leitungen sanierten. Der Rückbau eines Fernwär-

meschachtes in der Liebigstraße schaffte Raum für

einen zusätzlichen PKW-Parkplatz.

Ein weiteres wichtiges Anliegen der OWG wurde in

diesem Areal als Pilotprojekt umgesetzt - Ein eigenes

Regenentwässerungssystem. Das Regenwasser der

versiegelten Flächen wird jetzt ökologisch vorbildlich

für die Bewässerung der Pflanzen und Anlagen ge-

nutzt, was wertvolles Trinkwasser und nicht zuletzt

Betriebskosten spart. Auch die Entwässerungspro-

bleme in der Liebigstraße mit ständiger lästiger

Pfützenbildung gehören seither der Vergangenheit

an.

Park-Anlagen für’s Auge und das Gefährt

Alle Vorgärten der 310 Genossenschaftswohnungen

wurden neu gestaltet, im gesamten Wohngebiet vie-

le Bäume, tausende Pflanzen, Sträucher und Gehölze

gepflanzt. Dabei wurde der bisherige Baumbestand

weitgehend erhalten. Mit

neu angelegten Wegen sowie den umfangreichen

Grün- und Erholungsflächen entstanden zusätzliche

Begegnungs- und

Kommunikationsstätten für die Mieter des Wohnge-

bietes.

Auch hinsichtlich der Parkmöglichkeiten wurden

Lösungen gefunden und wesentliche Verbesserun-

gen erreicht. Der „wilde Parkplatz“ im Innenhof der

Sachsenhausener Straße wich einer Erholungsfläche

für die Bewohner. Die entfallenen Parkmöglichkei-

ten wurden durch die Gestaltung des Innenhofes

Rungestraße mehr als ausgeglichen. Hier konnte ein

harmonisches Ensemble aus ruhendem Verkehr und

Grünanlagen geschaffen werden. Mit dem Umbau

der Liebigstraße inklusive der Anlage neuer Fußwege

wurde die Möglichkeit des Querparkens geschaffen.

Auch das Müll-Problem gelöst

Eine wichtige Aufgabe war die Beseitigung der bei-

den Müllplätze in der Rungestraße - deren Kapazität

sollte aber im Wohngebiet erhalten werden. Ein

neues Müllkonzept musste also her! Mit den neuen

Page 43: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

41

Die neuen Spielplätze werden gern angenommen

Müllstandsflächen in der Liebigstraße wurde auch

dieses Problem gelöst. Zusätzlich wurden durch ein

individuelles Abrechnungssystem und ein optimier-

tes Betriebskostenmanagement die Grundlagen für

transparente Nebenkostenabrechnungen und damit

Einsparmöglichkeiten für den Einzelnen geschaffen.

Die Stadt ins Boot geholt

Die Beteiligung der Stadt Oranienburg an diesem Ge-

meinschaftsprojekt war eine wichtige Voraussetzung

dafür, dass das Wohnen hier nicht nur optisch auf-

gewertet, sondern durch den entfallenden öffentli-

chen Verkehr auch wesentlich ruhiger wurde.

Fazit

Die vielen beteiligten Firmen und Partner an diesem

bisher einmaligen Gemeinschaftswerk haben kon-

struktiv, partnerschaftlich und zügig zusammenge-

arbeitet. Im Endeffekt entstand ein Projekt, welches

der Einzelne weder hätte planen noch realisieren

können. Profitiert haben vor allem die Mieter des

Wohngebietes, aber auch die gesamte Stadt, die so

ein attraktives Fleckchen zum schönen Wohnen und

Leben dazubekommen hat. Weitere solche Vorhaben

sind also bei der OWG stets willkommen!

Lutz Lachmann und Bernd Küken

Oranienburger Wohnungsgenossenschaft eG

Page 44: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

42

Perlen wieder aufpoliert - Die WOBA auf Sanierungskurs

Bernd Jarczewski

„Es sind im Laufe der Jahrhunderte viele Wunden

ins Herz der Stadt geschlagen worden. Insofern

haben wir nur wenige Perlen hier um das Schloss“,

sagt Hans Joachim Laesicke, Bürgermeister der Stadt

Oranienburg.

„Es ist wichtig, dass diese Perlen wieder aufpoliert,

wieder von Patina befreit werden.“

Zu diesen Perlen gehören das Blumenthalsche Haus

am Schlossplatz, die so genannte Schnitterkaserne

an der Rungestraße oder auch die Häuser in der

Bernauer Straße mit den Nummern 2, 56 und 61.

Allen diesen Häusern ist gemein, dass sie unter

Denkmalschutz stehen, im Eigentum der Wohnungs-

baugesellschaft Oranienburg mbH (WOBA) sind und

fachgerecht saniert wurden.

Dabei ist es der WOBA gelungen, nicht nur His-

torisches zu bewahren und wieder herzustellen,

sondern die Objekte mit modernem Standard auszu-

rüsten, um den verschiedensten Nutzungen gerecht

zu werden: Wohnungen, Geschäfte, Arztpraxen,

Gastronomie.

Doch die WOBA kümmert sich nicht nur um ihre

denkmalgeschützten Perlen. Im Rahmen der Sa-

nierungsmaßnahmen konnte sie viele ihrer Objekte

modern und bedarfsgerecht umgestalten. Ein ge-

lungenes Ensemble ist der Oranienburger Boulevard,

der an der Bernauer Straße zum Bummeln einlädt

und im Innenhof mit einer grünen Oase die Mieter

verwöhnt.

Repräsentative Adresse im Herzen der Stadt: Das über 100 Jahre alte und liebevoll sanierte Haus Bernauer Straße 2

Eine der aufpolierten Perlen: Das Haus in der Bernauer Straße 56

Modernes Wohnen und Denkmalschutz:Gelungen in der Bernauer Straße 61

Jede dieser Sanierungsmaßnahmen steht im Ein-

klang mit dem wohnungswirtschaftlichen Konzept

der Stadt Oranienburg, ist doch die WOBA der maß-

gebliche Initiator zur Erstellung dieses Konzeptes.

Als Auftraggeber legt die WOBA großen Wert darauf,

dass die Ausführung der Sanierungsarbeiten durch

Oranienburger Firmen und regionale Unternehmen

erfolgt.

Page 45: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

43

Wohnungsbaugesellschaft mbH Oranienburg Seit 1990 ein zuverlässiger Partner, wenn es um Sanierung geht

WOHNUNGSBAUGESELLSCHAFT mbHORANIENBURG

Kleines Haus am Schlossplatz

Hinter der Adresse Schlossplatz Nr. 5 verbirgt sich

ein Bürgerhaus, erbaut im 18. Jahrhundert. Dieses

schlichte Haus neben dem prächtigen Schloss wurde

ursprünglich als Hofgärtnerhaus genutzt.

1852 erwarb Louis Blumenthal das Haus

und gründete hier sein Bankgeschäft.

Das Blumenthalsche Haus hat in den zwei Jahrhun-

derten immer wieder kleine Veränderungen erfah-

ren, aber alle Vorfahren haben sich bemüht, den

Charakter des Hauses zu erhalten.

In diesem Sinne hat auch die WOBA die Sanierung

vorgenommen. In den Jahren 2007 und 2008 wurde

das gesamte Objekt denkmalgerecht umgebaut und

erstrahlt in neuem Glanz und neuem Leben.

Ehemalige Stearin-Licht-Fabrik

Das im Oranienburger Sprachgebrauch als Schnitterkaser-

ne bezeichnete Gebäude in der Rungestraße, ursprüng-

lich als Stearin-Licht-Fabrik Mitte des 19. Jahrhunderts

erbaut, dient seit mehr als 100 Jahren als Wohnhaus.

Das Blumenthalsche Haus im Ensemble mit Schloss und Schlossplatz

Das sanierte Blumenthalsche Haus beherbergt heute ein beliebtes Restaurant

Die umgenutzte Fabrik ermöglicht komfortables Wohnen in attraktiver Lage

Als Bestandteil der damaligen Chemische Produkte

Fabrik Oranienburg hat sich mit diesem Haus ein

Zeugnis aus der Frühphase der Industrialisierung

Brandenburgs erhalten.

Als Wirkungsstätte des Chemikers Friedlieb Ferdinand

Runge bleibt dieser Ort immer mit der Entdeckung

bedeutender Stoffe wie Koffein, Stearin oder Anilin

verbunden.

Die Fassadengestaltung weist auf die ursprüngliche

Planung nach dem Vorbild von Friedrich Karl Schin-

kel hin. Detailgetreu ließ die WOBA diese Fassade

restaurieren und schuf dahinter für ihre Mieter

moderne Wohnungen.

Bernd Jarczewski

Wohnungsbaugesellschaft mbH Oranienburg

Page 46: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

44

„Havelpassage“ – Bernauer Straße 18

Wolf-Dieter Wolf

Der Entwurf des Siegers im Investorenwettbewerb – Architektur-büro Giese + Giese

Das Grundstück vor der Neubebauung – ein städtebaulicher Missstand

Die Havelpassage – beliebtes Einkaufszentrum im Herzen Oranienburgs

Hier kauft es sich gut ein, das wissen die Orani-

enburger seit Eröffnung der „Havelpassage“ 1998.

Ob Schuhe, Bettzeug oder tausend kleine Dinge,

ob Bäcker oder Bank – das Angebot auf den über

5.000 Quadratmetern des größten innerstädtischen

Einkaufszentrums ist vielfältig. Zudem verfügt die

„Havelpassage“ über Bürofl ächen – unter anderem

für das Finanzamt. Ebenso hat die Stadtbibliothek mit

über 73.000 Medien – vom Buch bis zur DVD – hier

ihr Domizil.

Mit der „Havelpassage“ wurde eine innerstädtische

Lücke geschlossen, die lange Zeit als die „schreck-

lichste Ecke von Oranienburg“ galt. Dabei ist diese

Ecke Bernauer Straße/Sachsenhausener Straße durch-

aus attraktiv: Sie befi ndet sich nahe dem Schloss und

der Havel in der Oranienburger City. Allerdings prä-

sentierte sich diese attraktive Ecke Anfang der 1990er

Jahre Einheimischen und Besuchern als verwahrlostes

Areal.

Aber: „Dieser innerstädtische Bereich prägt in be-

sonderem Maße das Erscheinungsbild Oranienburgs“,

schrieb die Stadt Oranienburg 1992, als sie einen

Investorenwettbewerb auslobte, um Investoren für

ein Versorgungs- und Dienstleistungszentrum an die-

ser Stelle zu gewinnen. Der Wettbewerb war mit der

Hoffnung verbunden, nicht nur einen qualifi zierten

Kapitalanleger zu fi nden, sondern auch dieses Areal

in kurzer Zeit neu gestalten zu können.

Unter den fünf Teilnehmern des Wettbewerbs war der

Investor mit der Berliner Grundkonzept GmbH schnell

gefunden. Indes musste noch einige Zeit vergehen,

bis Bürgermeister und Investor bei strahlendem Son-

nenschein am 26. September 1997 den Grundstein

für die Havelpassage legen konnten.

Denn Hindernisse waren reichlich aus dem Weg zu

räumen, bevor die Bagger anrücken konnten: Die

Genehmigungen weiterer großfl ächigen Einzelhan-

delsfl ächen erforderten eine Korrektur des wirt-

schaftlichen Konzeptes, die Klärung der komplizierten

Eigentumsverhältnisse an den Grundstücken brauchte

drei Jahre Zeit, schließlich war Baurecht zu schaffen.

Einzig mit einem der Oranienburger Probleme hatte

die Grundkonzept GmbH keine Schwierigkeiten:

Weltkriegsbomben wurden auf dem Baugelände der

Havelpassage keine gefunden.

Gemeinsam mit der Stadt und dem Sanierungsträger

wurden letztendlich die Hindernisse aus dem Weg

geräumt. Zum Weihnachtsgeschäft 1998 konnten

die Läden in der Havelpassage öffnen. Ein attraktives

innerstädtisches Einkaufszentrum, komplett fi nanziert

mit privatem Kapital, war entstanden.

Inzwischen ist das von den Architekten Dieter und

Rainer Giese, Bremen, entworfene, zweigeschossige

Gebäude ein prägender Teil der Oranienburger In-

nenstadt und fügt sich hier, unweit des Schlosses und

vis-a-vis des alten, denkmalgeschützten Forsthauses

hervorragend in das Stadtbild ein. Inzwischen ent-

stand auf dem benachbarten Grundstück, Bernauer

Straße 16, ein weiteres Büro- und Geschäftshaus des

Investors Grundkonzept. Oranienburgs Innenstadt ist

attraktiv.

Wolf-Dieter Wolf

GRUNDKONZEPT Berlin GmbH

Page 47: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

45

Das Ärztehaus Breite Straße 7

Angela Petzi

Die moderne Straßenfassade schafft einen neuen Akzent in der Breiten Straße

Die Apotheke in zeitgemäßem Design

Freundliche Möblierung schafft Wohlbefi nden bei Personal und Patienten

Wo noch vor einigen Jahren eine leer stehende

Kaufhalle das Stadtbild nicht gerade schmückte,

steht heute ein anspruchsvoller Neubau. Der in der

Nähe des Schlosses gelegene Bau beherbergt ein

medizinisches Zentrum mit Arztpraxen, Apotheke,

Optiker und einem Bistro und schließt so nicht nur

eine Baulücke, sondern stärkt auch die medizinische

Infrastruktur in der Innenstadt.

Das Grundstück befi ndet sich in einem Stadtquartier,

für das eine grundlegende städtebauliche Neuord-

nung vorgesehen ist.

In unmittelbarer Nähe des Grundstücks stehen

verschiedene Baudenkmale, wie das ehemalige Wai-

senhaus in der Havelstraße 29 und das Amthaupt-

mannshaus in der Breiten Straße 1. Da das Grund-

stück darüber hinaus im Denkmalbereich „Barocker

Stadtgrundriss und allgemeine Aufrissproportionen

der Altstadt in seinen wesentlichen Platz- und

Straßenräumen“ liegt, wurde besonderes Augen-

merk auf seine Baugestaltung gelegt. Die Lage des

Grundstücks im Bereich des Bodendenkmals „Mit-

telalterlicher / frühneuzeitlicher Ortskern Bötzow“

war eine weitere Herausforderung für Planung und

Baudurchführung

Für die Errichtung des dreigeschossigen Gebäu-

des wurde die Baufl uchtlinie entlang der Breiten

Straße wieder aufgegriffen. Auf eine Unterkellerung

wurde wegen des Bodendenkmals und des Erhalts

der archäologischen Funde verzichtet. Das Gebäu-

de erstreckt sich als Grenzbebauung zwischen den

Flurstücksgrenzen mit den Abmessungen von ca. 29

m Länge und ca. 14 m Breite.

Das Gebäude wurde in seiner äußeren Erschei-

nungsform durch zwei Fassadenfarben optisch

geteilt. Dadurch wird die kleinteilige Struktur der

überkommenen Parzellen der historischen Altstadt

erkennbar.

Die architektonische Gestaltung des dreigeschossigen

Gebäudes ist klar strukturiert. Hier dominieren die

stehenden Formate der Fenster, die sich bis in die

Dachfl äche im Bereich der Gaupen erstrecken.

Das 2. Obergeschoss wurde als Dachgeschoss ausge-

bildet. Glatt geputzte Fassaden und glatte Faserze-

ment-Dachplatten prägen das äußere Erscheinungs-

bild des Gebäudes. Bezeichnend für die gewählte

architektonische Formensprache ist die Reduzierung

auf das Notwendigste. Eine Historisierung ist nicht

gewollt, die moderne Architektur steht im Vorder-

grund und bildet einen Kontrast zur angrenzenden

historischen Bebauung.

Die Konsequenz der Fassadengestaltung setzt sich

auch im Inneren fort. Zielsetzung war es, ein Haus

zu schaffen, in dem nicht nur ein hohes Maß an

medizinischer Qualität geboten, sondern auch eine

positiv empfundene Umgebung geschaffen wird.

Farben, Materialien, Innenraumgestaltung, Lichtfüh-

rung und optimale Grundrisslösungen unterstützen

die therapeutische Wirkung. Ärztliche Behandlung

und ambulantes Operieren im Bereich der Augenme-

dizin sind der wesentliche Inhalt des Bauwerkes am

Schloss. Ein Optiker unterstützt das Angebot der Au-

genarztpraxis mit den entsprechenden Sortimenten

und Serviceleistungen. Ein Bistro mit Angeboten der

gesunden Ernährung sowie eine Apotheke runden

die Palette der Gesundheitseinrichtungen ab.

Das 2. Obergeschoss ist für eine weitere gewerbliche

Nutzung oder eine zusätzliche Arztpraxis konzipiert.

Die behindertengerechte Erschließung des Gebäudes

erfolgt über einen Aufzug, der auch für Kranken-

transporte geeignet ist.

Transparenz, Ein- und Ausblicke sind gewollte Effek-

te der architektonischen Gestaltung, die sich auch in

der Fassadengestaltung widerspiegeln. Die Schlicht-

heit des Neubaus mit modernen Wandfl ächen und

großzügigen Fensterbändern schafft Akzente, drängt

sich aber nicht auf. Die Kontrastwirkung der moder-

nen Architektursprache zur angrenzenden histori-

schen Bebauung setzt neue Maßstäbe im Stadtbild.

Angela Petzi

petzithoss architektur

Page 48: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

46

Das Carollis – privates Engagement für ein altes Haus

Carlos Aydin

Das Carollis heute - eine gepfl egte gastronomische Einrichtung in attraktiver Hülle

Die Breite Straße 6 vor der Sanierung - ein unansehnlicher Bau mit abweisender Erdgeschosszone

Neben einem Imbiss beherbergt das Haus ein Restaurant mit mediterraner Küche und Räume für vielfältige Veranstaltungen

Viele Jahre konnten die Brüder Aydin das ehemalige

Hotelgebäude Breite Str. 6 in Oranienburg beob-

achten, hatten sie doch ihren Imbisswagen direkt

gegenüber aufgestellt. Da das Gebäude ungenutzt

leer stand und der Imbisswagen keine Dauerlösung

war, kauften die Brüder das Objekt und planten mu-

tig dessen Sanierung, natürlich mit dem Ziel einen

„richtigen“ Imbiss und eine gepfl egte Gastronomie

darin unterzubringen. Die Vorbereitung und Finan-

zierung dieses ehrgeizigen Vorhabens nahm einige

Zeit in Anspruch, im Jahre 2005 endlich konnte mit

den Umbau- und Sanierungsarbeiten begonnen

werden.

Am 27. September 2006 wurde das „Carollis“ feier-

lich eröffnet und so nicht nur ein neuer gastronomi-

scher Akzent im Stadtzentrum gesetzt, sondern auch

ein Schandfl eck in der Breiten Straße beseitigt.

Im Erdgeschoss befi nden sich seitdem ein Restaurant

und ein Außer-Haus-Verkauf, im Obergeschoss ist

viel Platz zum Feiern oder für vielfältige Veranstal-

tungen.

Der Slogan „Hier ist die Mitte von Oranienburg“

ist mehr als nur Programm, denn die Eigentümer

wollen bewusst die Geschichte des alten Gebäudes

zwischen Schloss, Waisenhaus und St. Nicolai-Kirche

weiter führen.

So wird nicht nur ständig das kulinarische Angebot

verfeinert, sondern auch die Räumlichkeiten im

Obergeschoss für kulturelle Veranstaltungen genutzt.

Bereits zwei Silvesterveranstaltungen mit internatio-

nal bekannten Künstlern fanden dort statt.

Das Carollis versteht sich aber nicht nur als gast-

ronomische Einrichtung im Herzen der Stadt. Die

Inhaber nehmen aktiv am gesellschaftlichen Leben

Oranienburgs teil und unterstützen neben der Lan-

desgartenschau 2009 auch den lokalen Jugendsport

als aktiver Sponsor.

Neben traditionellen Snacks im Außer-Haus-Verkauf

bietet das neue Küchenteam des Carollis abwechs-

lungsreiche internationale Küche und ursprüngliche,

bodenständige Gerichte an. Es will so die kulinari-

sche Nummer Eins in Oranienburg werden. Dies alles

lässt sich im Sommer am besten auf der großen Hof-

terrasse, die natürlich ebenfalls vorbildlich saniert

wurde, genießen.

Carlos Aydin

Restaurant Carollis

Page 49: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

47

„Lebenshilfe“ in der Lehnitzstraße

Bolko Prußok

Das Gebäude vor der Sanierung – innen und außen verschlissen

Freundlich gestaltete Aufenthaltsräume schaffen eine angenehme Atmosphäre

Nach der Sanierung strahlt nicht nur die Fassade im neuem Glanz

Das Gebäude Lehnitzstraße 26 ist eines der wenigen,

das den ursprünglichen Charakter dieser Straße noch

widerspiegelt. Es wurde 1903/1904 als zweigeschos-

siges Wohnhaus im Landhausstil errichtet, heute steht

es in einem geschlossen bebauten Straßenzug.

Im Jahr 1997 kaufte der Verein „Lebenshilfe e. V.“

das Gebäude der Wohnungsbaugesellschaft mbH Ora-

nienburg ab, nachdem er es zuvor schon als Mieter

genutzt hatte. Der Kaufentscheidung vorausgegangen

war der Gedanke, dieses Wohnhaus für Wohngruppen

behinderter Menschen umzubauen und die Ge-

schäftsstelle des Vereins hier anzusiedeln.

Der bauliche Zustand des Hauses einschließlich der

Remise war zum Zeitpunkt des Erwerbs sehr schlecht,

die haustechnischen Anlagen waren veraltet und

verschlissen. Das Gebäude musste daher von Grund

auf modernisiert und instand gesetzt werden. Vom

Ausbau des Dachbodens über die einzelnen Etagen

bis hin zum Keller wurden Baupläne erarbeitet und

Finanzierungskonzepte aufgestellt.

1997 bis 1999 erfolgte der Um- und Ausbau von

Hauptgebäude und Remise, der mit Städtebauförde-

rungsmitteln in Höhe von 70.000 € für Dach, Fenster

und Fassade unterstützt wurde. Dieser Zuschuss half

dem Verein sehr bei der Finanzierung des Projektes.

Nach der Fertigstellung ist in der Lehnitzstraße ein

attraktives, schönes Haus wiedererstanden. Durch die

Wiederherstellung seiner interessanten Fassade, den

Ausbau des Daches und den Aufbau eines Wintergar-

tens ist eine Aufwertung dieses Straßenabschnittes

erreicht worden.

Die Remise, einst ein Pferdestall, ist jetzt eine funk-

tionsfähige Geschäftsstelle des Vereins. Im Wohnhaus

sind Wohngemeinschaften entstanden und im Keller-

bereich eine Begegnungsstätte für Menschen mit und

ohne Behinderung. In diesem „Treffpunkt Lebenshil-

fe“ fi ndet heute gelebte Integration statt.

Wir danken der Stadt Oranienburg nicht nur für die

fi nanzielle Unterstützung, sondern auch für den Er-

halt einer Urkunde als Anerkennung für den gelunge-

nen Umbau des Wohnhauses Lehnitzstraße 26.

Bei aller Freude gab und gibt es aber auch Schatten-

seiten. Ein Jahr nach dem Umbau entstand ein Brand

auf einer Etage des Gebäudes, bei dem glücklicher-

weise kein Mensch zu Schaden kam, wohl aber das

Gebäude. Die Sanierung im Inneren musste noch

einmal beginnen.

Unschön waren auch zahlreiche Grafi tti an der Stra-

ßenfassade, deren Beseitigung nur durch Spenden-

gelder möglich wurde.

Nichtsdestotrotz schauen wir nach vorn und freuen

uns, ein so schönes Objekt für die Arbeit unseres Ver-

eins zur Verfügung zu haben und gleichzeitig einen

Beitrag zur Stadtsanierung geleistet zu haben.

Bolko Prußok

Lebenshilfe e.V.

Page 50: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

48

Neues Leben in der alten Fabrik

Jörn Weimer

Das Gebäude vor der Sanierung – innen und außen verschlissen

Heute ist das Haus wieder mit Leben erfüllt und eine Bereiche-rung des Stadtbildesbedürftig

Eine Augenweide war die Wirkungsstätte des

Chemikers Dr. Friedlieb-Ferdinand-Runge schon

lange nicht mehr, als das Christliche Jugendzent-

rum Oranienburg e.V. nach neuem Wohnraum für

ein Betreuungsprojekt für Jugendliche suchte. Der

leerstehende, denkmalgeschütze Bau an einer

Straßenkreuzung direkt an der B96 und in unmit-

telbarer Nähe zum Stadtzentrum bot jedoch nahezu

ideale Voraussetzungen für das Projekt „Trainings-

wohnen“, so dass sich der Verein zur Sanierung des

Gebäudes entschloss.

Nach Absprachen mit der unteren Denkmalbehörde

sollte das Haus nicht nur sechs Wohnungen und

ein Beratungsbüro beherbergen, sondern auch das

Stadtbild positiv beeinfl ussen. Historische Elemente

und typische Merkmale des Hauses sollten erhalten

bleiben.

Die Sanierung wurde in zwei Phasen durchgeführt.

Zunächst wurde die bauliche Hülle instand gesetzt.

In einem zweiten Bauabschnitt folgte der Innen-

ausbau. Schon bald zeichnete sich ab, dass die

Schäden in der Dachkonstruktion größer waren als

angenommen, so dass sich der Verein auf Anraten

der beteiligten Firmen und der Denkmalbehörde

für einen kompletten Neubau des Daches inklusive

der Giebelwände entschied. Dank der Unterstüt-

zung von ehrenamtlichen Mitarbeitern wurde in

kürzester Zeit das alte Dach abgerissen. Fachfi rmen

begannen dann mit dem Neuaufbau der Giebel-

wände und der Decke, bevor die neue Dachkon-

struktion aufgestellt wurde. Zeitgleich wurde die

Innensanierung begonnen. Hier musste wegen

statischer Mängel die gesamte Zwischendecke der

zweiten Etage entfernt und neu eingesetzt wer-

den. Um den Befall der Wände mit Hausschwamm

zu bekämpfen, wurde von allen Wänden der Putz

entfernt, so dass sich zwischenzeitlich der Anblick

eines Rohbaus bot. Im Zuge der Sanierung des

Innenbereichs sollte das Treppenhaus mit seinen

Stufen aus gebrannten Ziegeln erhalten bleiben.

Darum wurden diese aufwändig abgeschliffen und

versiegelt. Die Wände des Treppenhauses wurden

nach den Vorgaben der Denkmalbehörde in weiß

und einem dunkleren Cremé sowie braunroten

Applikationen gestaltet.

Mit der hell geputzten Fassade, der grauen Ein-

gangstür und den nach Originalvorlagen gefertig-

ten Fenstern zeigt sich das Gebäude seit 2007 den

Bewohnern und Besuchern Oranienburgs in einer

Weise, die nicht nur den historischen Ansprüchen

genügt, sondern sich vor allem hervorragend in das

Stadtbild einfügt. Ende des Jahres 2007 konnten

die ersten Bewohner des Hauses einziehen, mittler-

weile ist das Projekt „Trainingswohnen“ vollständig

angelaufen und das einst so unansehnliche Haus

mit Leben erfüllt.

Ermutigend für die Mitglieder des Vereins waren die

zahlreichen anerkennenden Rückmeldungen von

Nachbarn, Stadtverwaltung und Gewerbetreibenden

aus der Umgebung, die sich sehr positiv zur neuen

Gestaltung des Hauses äußerten.

Die Finanzierung der baulichen Hülle konnte dan-

kenswerterweise aus Städtebauförderungsmitteln

unterstützt werden.

Jörn Weimer

Christliches Jugendzentrum Oranienburg e.V.

Page 51: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

49

Das Amtshauptmannshaus -

ein besonderes Juwel am Schlossplatz

Ralf Kretzschmar

Jahrelanger Leerstand und mangelnde Instandhaltung hatten sichtbare Spuren hinterlassen

Schwere Schäden durch Brand und Löschwasser

Der noch erhaltene Tresorraum

Das Denkmal heute – ein repräsentatives Bürogebäude in bester Lage

Das Amtshauptmannshaus gilt als das älteste

erhaltene Gebäude Oranienburgs und wurde etwa

zeitgleich mit dem Schloss im Jahr 1657 erbaut. Im

Auftrag der Kurfürstin Louise Henriette errichtet und

zunächst als Kavaliershaus bezeichnet, wurde es

durch den jeweiligen Amtshauptmann als Wohnhaus

genutzt, wobei dieser nicht nur Leiter der kurfürstli-

chen Verwaltung war, sondern auch oberster Richter

und Feldherr des Amtsbezirkes.

Das heute unter Denkmalschutz stehende frühbaro-

cke Gebäude ist um 1700 umgebaut und erweitert

worden und in dieser Form bis heute weitgehend

erhalten geblieben. Der zweigeschossige Putzbau

mit Mittelrisalit prägt besonders seit der Sanierung

das Erscheinungsbild der alten barocken Straßen-

achse zwischen Schloss und Waisenhaus (die heutige

Breite Straße) ganz entscheidend. Eine Besonderheit

des Gebäudes stellt die Orientierung der Schauseite

dar. Sie ist nicht zum Straßenraum, sondern viel-

mehr auf die Garten- bzw. Parkseite gerichtet.

Das Gebäude wurde seit seiner Errichtung in un-

terschiedlichster Weise genutzt. So diente es von

1851 bis 1923 zunächst als Rathaus, später zog

die örtliche Sparkasse in das Gebäude ein. Ab 1935

folgten museale Nutzungen, bis 1957 durch das

Heimat- und Binnenschifffahrtmuseum und danach

bis 2001 durch das Kreismuseum Oberhavel. Im

Jahr 2006 erwarb die Stadt das Gebäude. Seit der

umfassenden denkmalgerechten Sanierung hat die

Landesgartenschau Oranienburg 2009 GmbH ihren

Sitz im Amtshauptmannshaus. Auch nach Abschluss

der Landesgartenschau im Oktober 2009 wird das

Gebäude voraussichtlich eine öffentliche Nutzung

behalten.

Das ca. 350 Jahre alte Haus befand sich vor der

Sanierung in einem desolaten Zustand. Die Dach-

eindeckung und Regenentwässerung waren zwar

Anfang der 1990er Jahre erneuert worden, wiesen

aber bereits wieder Schäden auf. Trotz erfolgter

Schwammsanierung und Teilerneuerung der Dach-

konstruktion waren erhebliche Schäden an der

Dachkonstruktion durch Holz zerstörende Insekten

und sonstigen Schädlingsbefall vorhanden und eini-

ge Balkenköpfe stark beschädigt.

Die Elektroinstallation war veraltet, teilweise waren

noch Nachtspeicheröfen aus den 1970er Jahren in

Betrieb. Fenster und Türen waren ebenso zu erneu-

ern bzw. aufzuarbeiten wie die gesamte Fassade

zu sanieren. Aufgrund der fehlenden Bauwerksab-

dichtung war das Mauerwerk im Erdgeschoss und

im Keller durchfeuchtet. Anobienbefall der Treppe

und ein Brandschaden im mittleren Teil des Hauses

rundeten das umfangreiche Schadensbild ab.

Die Sanierung erfolgte unter der Prämisse, möglichst

viele historische Bauteile zu erhalten und gleichzei-

tig ein Bürogebäude zu schaffen, das allen zeitge-

mäßen technischen Anforderungen genügt. Bauteile,

die nicht restauriert werden konnten wurden durch

gleichwertige Nachbauten ersetzt. Daher waren

während der Sanierungsarbeiten kontinuierliche Ab-

stimmungen mit der Unteren Denkmalschutzbehör-

de sowie eine restauratorische und archäologische

Begleitung notwendig.

Die durch den Abriss der benachbarten alten

Feuerwehr entstandene Baulücke zwischen dem

Amtshauptmannshaus und dem benachbarten

„Blumenthalschen Haus“ wurde durch eine Grund-

stücksmauer zur Breiten Straße geschlossen, so dass

das Amtshauptmannshaus nun wieder über ein

geschlossenes Grundstück verfügt.

Nach seiner Sanierung strahlt das barocke Kleinod

heute wieder in altem Glanz. Der Gartensaal im

Erdgeschoss gehört zu den schönsten Räumen des

Hauses. Die Wirkung des ovalen Saals wird durch

eine reich gegliederte Stuckdecke mit Perlstab- und

Blattornamenten sowie einer barocken Farbgebung

noch unterstrichen. Der darüber im Obergeschoss

liegende ovale Festsaal des Hauses besitzt ebenfalls

eine reich gegliederte Stuckdecke. Von hier aus bie-

tet sich ein wunderschöner Blick über den Schloss-

park zur Orangerie. Das Amtshauptmannshaus ist

heute wohl zweifellos das schönste Bürogebäude

Oranienburgs.

Ralf Kretzschmar

Architekt

Page 52: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

50

Wasser – ein besonderes Potenzial für Oranienburg

Christian Kielczynski

Brandenburg und Berlin, Provinz und Metropole -

Gegensätze, die auf den ersten Blick kaum größer sein

können. In nur wenigen europäischen Großräumen

ist der Übergang zwischen Metropole und umgeben-

der Provinz so kontrastreich wie zwischen Berlin und

Brandenburg. Bereits wenig außerhalb der Stadtgren-

ze Berlins ist häufig nichts mehr von der Nähe der

Großstadt zu erahnen. Eine Reise durch endlose und

gesichtslose Vorstädte bleibt einem auf dem Weg in

das Umland erspart. Stellen Metropole und Provinz

deswegen unvereinbare Gegensätze dar? Oder liegt

in diesem Spannungsfeld nicht eine Chance, ein

Potenzial für die Region? Die Vielfalt und Schönheit

Brandenburgs gehört wohl zu den großen Vorteilen,

mit der die Metropole Berlin für sich werben kann,

dagegen kann man in Brandenburg auf nahezu

unendliches und vielfältiges Potenzial an Kultur,

Freizeit- und Einkaufserlebnis der nahen Großstadt

zurückgreifen.

Berlin und Brandenburg sind durch eine Vielzahl von

Wegen untereinander verflochten. Die Stadt Orani-

enburg ist diesbezüglich in einer komfortablen Lage.

Obwohl sie am äußeren Rand des Verflechtungsrau-

mes liegt, ist sie sowohl über die Straße als auch auf

dem Schienenweg von der Hauptstadt schnell und

bequem zu erreichen. Auch komfortable Radwege

wie der Radfernweg Berlin-Kopenhagen verknüp-

fen Berlin und Oranienburg nicht nur untereinan-

der. Oranienburg ist Provinz und dennoch schneller

erreichbar als mancher Stadtteil der Metropole Berlin.

Ein Standortvorteil, der auch der Stadt Oranienburg

nicht entgangen ist und der das Bewusstsein, zur

Hauptstadtregion zu gehören, in den letzten Jahren

befördert hat.

Doch während auf den Straßen und Schienenwegen

das Reisen zwischen Berlin und dem Umland meist

nur ein häufig hastiges Dahineilen von Ort zu Ort ist,

bieten andere Wege eine völlig andere, bisher wenig

wahrgenommene Qualität, die Metropole und Provinz

einander näher bringen.

Berlin und sein Umland sind durch eine Vielzahl

größerer und kleinere Wasserwege bis tief in die na-

turnahen und abgeschiedenen Gebiete Brandenburgs

vernetzt. Viele dieser Gewässer haben ihre ursprüng-

liche Funktion als vorrangig gewerblich genutzte

Lebensadern von Stadt und Land verloren. Auf diesen

Wegen ist heute der Weg das Ziel. Bei einer Bootsfahrt

über Brandenburger Gewässer ebenso wie durch die

Stadtlandschaft Berlins eröffnen sich dem Betrachter

nie gesehene und unerwartete Perspektiven. Nicht

ohne Grund ist das Wasser daher in das Blickfeld der

Stadtentwicklung geraten. Die Hinwendung zum Was-

ser als Element moderner Stadtentwicklung und einer

neuen Planungs- und Baukultur ist für viele Städte

und Gemeinden zu einer Herausforderung geworden.

Dies hat auch die Stadt Oranienburg erkannt. Bereits

Anfang der 1990iger Jahre wurden erste Ideenskizzen

zur Neugestaltung der Havelufer deren Einbindung

in den städtischen Kontext in den Gremien der Stadt

diskutiert. Angesichts der damaligen Unfassbarkeit

dieser dem Grunde nach einfachen Ziele und der Di-

mension der Aufgabe wurde deren Umsetzung jedoch

vorerst wieder verworfen.

Eine bedeutsame Erkenntnis hat hier jedoch ihren

Ursprung: Die Feststellung, dass Oranienburg nicht

nur am Wasser liegt, sondern in seiner Mitte maß-

geblich vom Wasser - der Havel – geprägt wird. Der

Flusslauf wurde fortan nicht mehr nur als Hindernis

angesehen, welches es zu überwinden galt. Von nun

an galt es, Qualitäten, die hier im Verborgenen lagen,

herauszuarbeiten und in sinnvolle und realisierbare

Konzepte umzusetzen. Die Stadt wendet sich dem

Wasser zu. Viele Projekte mit Bezug zum Wasser sind

in Oranienburg realisiert worden. Anfangs von vielen

Bürgern misstrauisch beobachtet, werden sie jetzt mit

zunehmendem Enthusiasmus in das städtische Leben

integriert.

Es war eine Politik der kleinen Schritte, die mit der

vorerst provisorischen Herstellung der öffentlichen

Zugänglichkeit eines ehemaligen Bollwerks und der

Eröffnung einer im Rahmen der Maßnahme „Zukunft

im Stadtteil - ZiS 2000“ geförderten Anlegestelle für

die Personenschifffahrt am 19. November 2002 be-

gann. Diese Maßnahme und die nachfolgende Neuge-

staltung des Bollwerks waren wesentliche Beiträge zur

Aufwertung des zentralen Havelbereiches in Oranien-

burg und zur Verbesserung der Lebensverhältnisse in

der Innenstadt. Eine Stufenanlage ermöglicht es jetzt,

bis an das Wasser heranzutreten und den Ort, das

Wasser und die Landschaft auf sich wirken zu lassen.

Die attraktive Lage des Bollwerks zwischen einem in

industrieller Bauweise errichteten Wohngebiet und

dem Stadtzentrum wird durch die Verknüpfung von

Stadt und Wasser in einer Art erlebbar, wie sie zuvor

nicht möglich war. Das Bollwerk ist inzwischen nicht

nur ein ausgesprochener Lieblingsort für Angler, es

ist auch ein beliebter Kommunikations- und Aufent-

haltsort für die Stadtteilbewohner und ein attraktiver

Treff- und Ausgangspunkt für Wassersportler und

Touristen. Die „ADACmotorwelt“ vom Juli 2007 hat

Oranienburgs Bollwerk als Station einer „maritimen

Deutschlandreise“ von Heilbronn bis in die branden-

burgische Provinz lobend erwähnt. Das Wasser trägt

den guten Ruf Oranienburgs in die Welt.

Der neu entstandene Wasserwanderstützpunkt mit Service- und Liegehafen, eine Attraktion für Wassertouristen

Die neu gestalteten Uferpromenaden holen das Wasser bis ans Schloss

Page 53: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

51

Idyllische Flusslandschaft mitten in der Stadt

Ausfl ugsschiffe können an der neuen Anlegestelle mitten im Zentrum halten

Eine neue Fußgängerbrücke, der August-Wilhelm-Steg, schafft kurze Wege zwischen Hafen, Landesgartenschaugelände und Innenstadt

Die beschriebenen Maßnahmen können als ein

Durchbruch in der Oranienburger Stadtentwicklung

betrachtet werden. Was zuvor unmöglich erschien, ist

Realität geworden, der Wunsch nach weiterer Hin-

wendung zum Wasser ist nunmehr schier unaufhalt-

sam. Es erfolgte die weitere Neugestaltung uferbe-

gleitender Fuß- und Radwege entlang der Havel. Eine

neue Verbindung wurde in südlicher Richtung bis zur

Brücke „Blaues Wunder“ ebenso hergestellt wie die

die Uferpromenade zum Schloss Oranienburg.

Ein bis vor wenigen Jahren vor dem Oranienburger

Schloss gelegenes, undurchdringliches urwaldähnli-

ches Dickicht am Havelufer ist einer anspruchsvoll ge-

stalteten Uferpromenade gewichen, die nicht nur ein

Flanieren an der Havel ermöglicht, auch das direkte

Herantreten an das Wasser wird nunmehr über einen

neu erbauten Steg ermöglicht. Diese, im wesentlichen

aus der Städtebauförderung fi nanzierte grundsätzli-

che Neugestaltung der Uferbereiche, die einherging

mit der Verlegung und dem Neubau der Schlossbrü-

cke, integriert die Havel eindrucksvoll in die Stadt.

Nach alldem war es konsequent, das Thema „Wasser“

auch bei der Gestaltung des Geländes der Landes-

gartenschau 2009 Oranienburg zu berücksichtigen.

Das Gartenschaugelände wird von einem Grabensys-

tem durchzogen, das wiederhergestellte historische

Gräben im alten Schlosspark ebenso umfasst, wie neu

angelegte Kanäle und Gräben im Neuen Park. Wasser

und Landschaft gehen so eine enge Beziehung ein.

Uneingeschränkter Höhepunkt dieser Wiederent-

deckung des Wassers ist jedoch die Neuanlage des

„Schlosshafens“. Dieser aus dem „Liegehafen“ und

dem „Servicehafen“ bestehende Wasserwanderstütz-

punkt bietet Bootstouristen mitten im Herzen der

Stadt die Möglichkeit eines angenehmen Aufenthalts.

Mit hohem städtebaulichen Anspruch gestaltete

Anlagen und Gebäude bieten Service rund ums Boot

und seine Passagiere, die städtebaulich integrierte

Lage des Schlosshafens bietet aber noch wesent-

lich mehr. Von hier ist über den neu errichteten

„August-Wilhem-Steg“ in nur wenigen Gehminuten

die Oranienburger Innenstadt mit ihren vielfältigen

Angeboten ebenso wie das Schloss und die Orangerie

im Schlosspark mit anspruchsvollem kulturellen Pro-

gramm erreichbar. Und wen es in die Metropole zieht,

der kann diese ganz bequem nach nur 15 Minuten

Fußweg durch die Innenstadt vom Bahnhof Oranien-

burg mit S- oder Regionalbahn erreichen.

Die Oranienburger Gewässer sind gleichzeitig aber

mehr als nur ein aufwertendes Element der Stadt-

gestaltung. Das Bereisen der Gewässer in und um

Oranienburg mit dem Boot ist zwar bereits heutzutage

in vielen Teilen möglich, nicht jedoch so komforta-

bel, wie es von Touristen erwartet werden darf. Eine

durchgehende Vernetzung der Ruppiner Gewässer,

der oberen Havel-Wasserstraße, der Rheinsberger

Gewässer, dem Finowkanal und dem Werbelinsee

besteht derzeit nicht bzw. nur eingeschränkt. Die

Wiederschiffbarmachung der Oranienburger Gewäs-

ser und die Anbindung an die Ruppiner Gewässer ist

daher eines der vier Teilprojekte der „Wassertouris-

mus Initiative Nordbrandenburg - WIN“ und harrt

noch seiner Umsetzung. Erst wenn drei Schleusen und

eine Brücke in Oranienburg saniert bzw. neugebaut

und die Gewässer im notwendigen Maß ausgebaut

sind, können die genannten Wassertourismusreviere

durchgängig auf einer Länge von insgesamt 345 km

befahren werden.

Metropole und Provinz - trotz der Gegensätze beste-

hen Gemeinsamkeiten und gemeinsame Interessen,

die es sinnvoll zu verknüpfen gilt. Die Wiederentde-

ckung des Wassers als Bestandteil der Lebensumwelt

des Menschen jenseits der reinen Funktionalität ist

ein Potenzial, das Oranienburg erkannt hat und weiter

entwickeln wird.

Christian Kielczynski

Stadtplanungsamt Oranienburg

Page 54: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

52

Erfolgreiche Stadtsanierung braucht kluge Grundstückspolitik

Heidrun Gassan

Bereits 1996 hat die Stadt Oranienburg in einem

sogenannten „Schmuddelkataster“ ihre Leerstands-

und Brachfl ächen in der Innenstadt erfasst und

deren Beseitigung als komplexe Aufgabe des kom-

munalen Flächenmanagements betrachtet.

Hierbei stand neben der detaillierten Erfassung und

Bewertung der Brach- und Leerstandsfl ächen die

Ermittlung der Eigentümerdaten, die Veranlassung

der vorrangigen Bearbeitung von vermögensrechtli-

chen Ansprüchen, die Abstimmung der städtebau-

lichen Ziele mit Eigentümern und Investoren sowie

der strategische Grunderwerb durch die Stadt in

Verbindung mit Ordnungsmaßnahmen im Focus der

Tätigkeit des Amtes für Grundstücks- und Gebäude-

wirtschaft. Der faire Interessensausgleich zwischen

den Zielen der Stadt und den Zielen der Eigentümer

im Sinne einer nachhaltigen Innenstadtentwick-

lung war dabei stets Grundlage des Handelns der

Beteiligten.

So wurden für die Daseinsvorsorge der Stadt be-

deutsame innerstädtische Flächen, wie das ca. 10

ha große, ehemals militärisch genutzte Areal hinter

dem Schoss, wo der zur Landesgartenschau 2009

gehörende Neue Park entstanden ist, erworben.

Aber auch historische Gebäude wie das Schloss, die

Orangerie und das Amtshauptmannshaus wurden

in das Eigentum der Stadt erworben und für die

kulturell-museale und kommunale Nutzungen u.

a. auch mit Mitteln aus der Stadtsanierung liebevoll

saniert.

Den Anwohnern und Gästen unserer Stadt war sie

lange ein Dorn im Auge, die heruntergekommene

und seit Jahren leer stehende Kaufhalle Breite Str. 7.

Die Stadt hat diese Immobilie gekauft, das Gebäude

abgebrochen und so im Rahmen von Ordnungsmaß-

nahmen das Grundstück für Investoren vorbereitet.

Jetzt steht auf diesem Grundstück ein hochmoder-

nes Ärztehaus. Dieses Vorhaben war der Beginn der

Umsetzung des Blockkonzeptes Oranienburg Altstadt.

Weitere Grundstücke und Teilfl ächen wurden in

den letzten Monaten aus Privatbesitz hinzu erwor-

ben. So u. a. die Grundstücke Breite Str. 5 und 5a

welche der Stadt in Verbindung mit dem Grundstück

Kanalstr.71 nunmehr die Weiterführung der Ord-

nungsmaßnahmen ermöglicht, um dort Baufl ächen

für den kleinteiligen Wohnungsbau und Kleinge-

werbe herzurichten und Investoren zur Verfügung zu

stellen.

Zur weiteren Umsetzung der städtebaulichen Ziele

im Bereich der barocken Altstadt von Oranienburg

und die damit verbundene Neuordnung und Gestal-

tung des Schlossplatzes wurde der in den neun-

zehnhundertsiebziger Jahren in der Berliner Str.1-3

als DDR Staatsbankfi liale errichtete Gebäudekomplex

durch die Stadt gekauft und durch Abbruch für In-

vestoren als Baufl ächen hergerichtet. Heute befi ndet

sich auf der Fläche als Zwischennutzung eine PKW-

Stellplatzanlage. Geplant ist hier eine attraktive in-

nerstädtische Bebauung mit vielfältigen Nutzungen

als würdiges Pendant zum Schloss.

Für die leer stehenden Wohnhäuser im Fischerweg

11 und 12 wurden die Grundstückskaufverhandlun-

gen mit den Eigentümern durch die Stadt erfolgreich

abgeschlossen, so dass auch diese ruinöse Bausub-

stanz rechtzeitig vor Beginn der Landesgartenschau

2009 in Oranienburg beseitigt werden konnte.

Vorausschauende Grundstückspolitik ist in Orani-

enburg als wichtiger Schlüssel für eine erfolgreiche

Umsetzung der ehrgeizigen städtebaulichen Ent-

wicklungsziele erkannt worden und besitzt daher

hohe Priorität in Politik und Verwaltungshandeln.

Heidrun Gassan

Amt für Grundstücks- und Gebäudewirtschaft

Page 55: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

53

Öffentlichkeitsarbeit – Stadtsanierung braucht Kommunikation

Gundula Schweizer

Tue Gutes und rede darüber – dieser Grundsatz gilt

auch für die städtebauliche Sanierung, nicht nur

in Oranienburg. Schließlich ist Stadtsanierung kein

Selbstzweck, keine Angelegenheit ausschließlich für

Politiker und Verwaltungen oder Planer, sondern wird

in erster Linie für die Bürger der Stadt gemacht.

Daher wurden die Sanierungsmaßnahmen in der

Innenstadt Oranienburgs seit 1991 stets von inten-

siver Öffentlichkeitsarbeit begleitet um nicht nur zu

informieren, sondern vor allem um Meinungen

zu erfahren, Diskussionen anzustoßen und

Mitwirkung zu ermöglichen.

Wichtigster Partner für die Öffentlichkeitsarbeit

war und ist dabei die lokale Tagespresse, die

über den Umsetzungsstand aktueller Baumaß-

nahmen, wichtige geplante Vorhaben und die

Diskussion von Stadtentwicklungsprojekten in

den politischen Gremien regelmäßig und zeitnah

berichtet. Für größere Vorhaben interessieren sich

aber natürlich auch die regionalen Rundfunk- und

Fernsehsender, die vor allem in den Jahren 2005 bis

2009 im Zusammenhang mit der Landesgartenschau

Oranienburg regelmäßig und ausführlich aus der Stadt

berichtet haben.

Darüber hinaus werden auch die modernen Medien

mehr und mehr für die Öffentlichkeitsarbeit genutzt.

So wurde Anfang 2009 das Thema „Stadtsanierung“

auf der Internetseite der Stadt Oranienburg umfas-

send dargestellt und ist sowohl über die Adresse

www.oranienburg.de als auch über den direkten Link

www.oranienburg-ist-anders.de jederzeit und an

jedem Ort abrufbar.

Auch besondere Druckerzeugnisse wie diese Broschü-

re, Veröffentlichungen von Ministerien oder Artikel in

der Fachpresse sind ein wirksames Mittel, um Ziele

und Ergebnisse der städtebaulichen Erneuerung Ora-

nienburgs zu präsentieren.

Öffentlichkeitsarbeit heißt auch, überregionale

Aufmerksamkeit für die Stadt zu erzeugen. Dazu

geben besondere Veranstaltungen wie die Landes-

gartenschau 2009 Anlass, aber auch Ausstellungen,

Tagungen und andere Veranstaltungen, die einem

breiten Fachpublikum und der interessierten Öffent-

lichkeit Einblick in die Entwicklung der Stadt bieten.

Ein solches Podium war zum Beispiel die bundesweit

gezeigte Ausstellung „Zurück in die Stadt“ aus dem

Jahr 2004, in der Oranienburg mit einem eigenstän-

digen Beitrag vertreten war.

Auch in Zukunft wird über die großen und kleinen

Vorhaben der städtebaulichen Erneuerung regelmäßig

berichtet werden, in erster Linie natürlich auf lokaler

Ebene. Schließlich geht es stets um den unmittel-

baren Lebensraum der Oranienburger, den sie sehr

genau wahrnehmen und aktiv mitgestalten wollen.

Gundula Schweizer

BIG-STÄDTEBAU GmbH

Page 56: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

54

Meinungen zur Stadtsanierung

Heike Bergt, Heiko Hohenhaus

1

2

3

Beeindruckender Wandel

Umfrage Oranienburger loben die Veränderung der

Stadt und haben trotzdem Wünsche

Die Landesgartenschau sorgte für einen starken

städtebaulichen Impuls. An mancher Ecke ist Orani-

enburg kaum wiederzuerkennen. Was die Menschen

besonders schätzen und wo es mit der Stadtsanie-

rung aus ihrer Sicht nun weiter vorangehen sollte,

dazu befragten sie die MAZ-Redakteure Heike Bergt

und Heiko Hohenhaus.

Seit 40 Jahren ist Brigitte Eichler (2) mittlerweile in

Oranienburg zu Hause. „Die Laga war einfach toll.

Der Schlossplatz ist größer und attraktiver geworden.

Mir gefällt Oranienburg jetzt auf jeden Fall besser“,

so die Bürokauffrau und Rentnerin. „Doch wenn

wir etwas brauchen, fahren wir nach Berlin. Es fehlt

einfach ein Kaufhaus. Irgendetwas, wo man unter

einem Dach alles bekommt. Das sagen alle in mei-

nem Freundeskreis. Auch ein Parkhaus wäre nicht

schlecht, um die Situation in der Stadt zu entspan-

nen. Wir fahren schließlich alle Auto.“

Relindis Richert (3), Verwaltungsmitarbeiterin

der AOK, findet, dass die anfängliche Skepsis, die

Schlossbrücke umzuverlegen, unbegründet war:

„Viele Bekannte, die mich besuchen, sind beein-

druckt über die Veränderungen“, so die Fried-

richsthalerin. „Als aktive Radfahrerin finde ich

natürlich die neuen Radwege an der Havel sehr gut.

Auch die Verbindung bis Liebenwalde. In der City

wurde viel getan, nun haben die Ortsteile Bedarf.

Manche Hauptstraßen bekamen Asphalt, aber die

Seitenstraßen sind zum Beispiel liegengeblieben.

Hier sollten Prioritäten gesetzt werden.“

Optikermeister Andreas Wiersma (1) ist der Meinung,

dass in Oranienburg „genau definiert werden sollte,

was das Zentrum ist. Für mich ist es der historische

Teil rund ums Schloss.“

Page 57: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

55

4

5

6

Dort sollten auch dem Charakter entsprechend

Häuser gebaut und gediegenes Gewerbe angesie-

delt werden. Entlang der Bernauer Straße, zwischen

Rungestraße und Liebigstraße sieht er den Platz für

die Geschäfte mit Dingen des täglichen Bedarf. „Hier

sollten die Stadtväter Geld in die Hand nehmen, das

alte Bus-Gelände sanieren, damit Investoren dort

zugreifen. Eine kleines Kaufhaus würde die Innen-

stadt beleben. Diese Qualitätsstufe fehlt noch.“

„Der Schlossplatz ist einmalig und die Landes-

gartenschau war es auch“, so Hildegard Erdmann

(4) Sie hat den Vergleich, ist absoluter Garten-

schauprofi. „Der Zustand der Stralsunder Straße ist

ein Problem. Auch der der Lehnitzstraße“, findet

die Oranienburgerin. „Aber beide werden ja jetzt

in Angriff genommen.“ Die Seniorin wartet nun

sehnlichst auf den Wochenmarkt auf dem neuen

Schlossplatz.

Familienvater Stefan Wolff (5) mit Lion-Chris und

Shawn ist vor sieben Jahren nach Oranienburg gezo-

gen und „fühlt sich hier richtig wohl. Ich hoffe, dass

sich die Entwicklung fortsetzt.“ Vor allem wünsche

er sich so etwas wie ein Spieleparadies für die Kin-

der wie bei seiner Schwester in Dresden. „Da sehe

ich in Oranienburg Nachholebedarf.“

Einen regelmäßigen Blick von außen auf die

Stadtentwicklung wirft der Rheinländer Peter Vier

(6). Seine Frau arbeitet in Oranienburg, er in Köln.

„Optisch ist die Stadt sehr gefällig und hat eine sehr

positive Entwicklung genommen. Rund ums Schloss,

das macht alles mehr her“, so der Mann, der 300

Tage im Jahr mit einem Reisebus quer durch Europa

rollt. Die Einkaufssituation findet er zufriedenstel-

lend. Ein Kaufhaus würde sich hier kaum halten,

glaubt er. Die Stadtentwicklung „muss von innen

nach außen in die Randbereich getragen wer-

den. Das ist in Leipzig und Köln nicht anders als in

Oranienburg. Wenn es hier so weitergeht, sehe ich

Oranienburg weiter guten Zeiten entgegengehen.“

Page 58: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

56

19 Jahre Stadtsanierung - eine Erfolgsgeschichte

Ausblick auf die Aufgaben der zukünftigen Stadtentwicklung

Frank Oltersdorf

Integriertes Stadtentwicklungskonzept Oranienburg

Wie viele Oranienburger mit großem Stolz feststel-

len, Gäste der Stadt anerkennen und die vorange-

gangenen Seiten dieser Broschüre deutlich zeigen,

wurde in 19 Jahren intensiver Stadtsanierung in

der Innenstadt Oranienburgs vieles erreicht. Die

schwerwiegendsten städtebaulichen Missstände

sind hier beseitigt, das Areal rund um das Schloss

ist zum attraktiven Herz der Stadt geworden, der

Grundstein für die Erneuerung des barocken Stadt-

grundrisses wurde gelegt, und zahlreiche Gebäude,

Straßen, Plätze und Grünfl ächen sind saniert bzw.

neu gestaltet worden. Dieses dank des intensi-

ven Einsatzes von Städtebauförderungsmitteln,

kommunaler Mittel und des großen Engagements

privater Eigentümer erreichte Ergebnis darf man zu

Recht als großen Erfolg bezeichnen. Bedeutet das

nun, das Oranienburg jetzt „fertig“ ist, nichts mehr

zu tun wäre und Bürger wie Politiker sich befriedigt

zurücklehnen dürfen? Wer diesen Eindruck beim

Gang durch die Innenstadt haben sollte, möge

seine Schritte in die peripheren Teile der Kern-

stadt Oranienburg lenken, hinter die Fassaden der

Gebäude schauen und einen Blick in die nähere

Zukunft wagen.

Und selbst in der Innenstadt ist noch einiges zu

tun, was fi nanzieller Unterstützung und intensiver

Begleitung bedarf.

Die Aufgaben für die Stadtentwicklung der kom-

menden Jahre werden deutlich sichtbar, wenn man

zunächst die demografi schen und wirtschaftlichen

Rahmenbedingungen betrachtet.

Oranienburg sieht trotz seiner Lage im Speckgürtel

Berlins einer Bevölkerungsentwicklung entgegen,

die bis 2020 zu einem Wohnungsübergang von

rd. 1.700 Wohnungen führen wird, sofern nicht

frühzeitig und präventiv an einer Stadtumbaustra-

tegie gearbeitet wird, die eine deutliche Stärkung

der Kernstadt, d.h. des ursprüngliches Stadtgebietes

ohne die eingemeindeten Ortsteile, zum Ziel hat.

Diese Erkenntnis gründet sich auf die Beobachtung,

dass die Bevölkerung der Stadt in den vergangenen

Jahren durch Zuzüge aus Berlin und dem Umland

zwar stetig leicht gewachsen ist, die Kernstadt

Oranienburgs aber davon nicht profi tieren konnte,

da sich der Zuzug im Wesentlichen auf die Einfami-

lienhausgebiete und die eingemeindeten Ortsteile

beschränkte.

Hinzu kommt, dass die natürliche Bevölkerungs-

entwicklung aufgrund der Altersstruktur in der Stadt

seit Jahren negativ ausfällt und sich dieser Trend in

Zukunft eher noch verstärken wird. Die im Vergleich

zu anderen Städten heute noch nicht dramatische

Situation heißt aber nicht, dass es nicht schon aktu-

ellen Handlungsbedarf und Stadtteile gibt, in denen

insbesondere soziale Probleme nicht nur zu einem

negativen Gebietsimage, sondern auch zu ernsthaften

Auswirkungen auf den Wohnungsbestand und damit

zu einer Beeinträchtigung einer stabilen und aus-

gewogenen gesamtstädtischen Entwicklung geführt

haben.

Vor dem Hintergrund aktueller demografi scher

Prognosen und den Grundsätzen einer geordneten

städtebaulichen Entwicklung hat die Stadt erkannt,

dass ein Rückbau im Kerngebiet bei gleichzeitigem

Zulassen eines weiteren Wachstums an den Rändern

und in den Ortsteilen das falsche Signal wäre. Darauf

hat sie in Bezug auf den Flächennutzungs- und

zahlreiche Bebauungspläne bereits reagiert und diese

entsprechend angepasst. Die nachhaltige Entwicklung

der Stadt bedarf darüber hinaus aber einer komple-

xen Stadtumbaustrategie, um die sich heute schon

abzeichnenden Probleme zu identifi zieren, Lösungs-

ansätze zu fi nden und entsprechende Entwicklungs-

impulse zu setzen.

Beginnen wir unseren Ausblick auf die Aufgaben von

morgen aber zunächst noch einmal in der Innen-

stadt. Das Schloss im Rücken schauen wir zuerst nach

Süden. Was sich heute als große freie Fläche zwischen

Havel und Breiter Straße darstellt ist ein Areal, das für

eine Wiederbebauung vorgesehen ist, nachdem es

großfl ächigen Kriegszerstörungen zum Opfer gefallen

und nach 1945 nur teilweise und ohne Beachtung

der historischen Strukturen bebaut worden war. Hier

sollen lebendige Quartiere zum Wohnen, Arbeiten

und Einkaufen entstehen. Auch wenn dafür in erster

Linie privates Kapital und das Engagement der großen

städtischen Wohnungsunternehmen gefragt ist,

werden begleitende bzw. ergänzende Maßnahmen

im öffentlichen Raum der fi nanziellen Unterstützung

bedürfen. Auch einige Gebäudeabbrüche und Grund-

stücksneuordnungen stehen hier noch an, um eine

innenstadtadäquate Neubebauung zu ermöglichen.

Page 59: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

57

Unsanierte Mehrfamilienhäuser im Wohngebiet Mittelstadt

Spielmöglichkeiten für Kinder und Jugend-liche in der Mittelstadt erfreuen sich großer Nachfrage

Kleinteilige Wohnbebauung in der Neustadt

Wenn wir uns vom Schlossplatz in Richtung Osten

bewegen begegnen uns in der Fischerstraße und

der Bernauer Straße noch verschiedene Gebäude,

die dringend saniert werden müssen. Auch zahl-

reiche Straßen warten noch auf ihre Erneuerung,

beispielhaft seien hier die Willy-Brandt-Straße, die

Lehnitzstraße, die Krebststraße und die Stralsunder

Straße genannt.

Ein größeres Problem stellt darüber hinaus das

Areal rund um den Speicher am Louise-Henrietten-

Steg dar. Für den zum Teil bauhistorisch wertvollen

und erhaltenswerten Gebäudebestand muss eine

neue Nutzung gefunden werden und die Gebäu-

de müssten schnellstmöglich saniert werden. Hier

erschweren bestehende Eigentumsverhältnisse eine

zeitnahe und komplexe Entwicklung, eine an-

spruchsvolle Aufgabe für die zukünftige Stadtent-

wicklung, die hier in diesem wichtigen städtischen

Raum noch zu lösen ist.

Bis 2014 stehen für das Sanierungsgebiet „Innen-

stadt“ zur Mitfinanzierung der o. a. Aufgaben noch

Städtebauförderungsmittel zur Verfügung.

Die Kernstadt Oranienburg ist aber deutlich grö-

ßer als die Innenstadt und hat auch in anderen

Teilbereichen städtebaulichen Entwicklungs- und

strukturellen Umbaubedarf, damit die in der In-

nenstadt erzielten Erfolge nicht durch Defizite in

der gesamtstädtischen Entwicklung wieder zunichte

gemacht werden.

Wir setzen unseren virtuellen Rundgang daher

fort und erreichen als nächstes die Mittelstadt,

die südlich an die Innenstadt anschließt und bis

zur Walter-Bothe-Straße reicht. Dieser Stadtteil ist

wesentlich durch mehrgeschossigen, in industri-

eller Bauweise errichteten Geschosswohnungsbau

geprägt. 21% der Oranienburger Bevölkerung sind

hier zu Hause.

Trotz finanzieller Hilfen aus dem Programm „Zu-

kunft im Stadtteil (ZiS) in den Jahren 2001 bis 2007

und großen Engagements der Wohnungseigentümer

weist dieser Stadtteil immer noch sowohl bauliche

als auch soziale Defizite auf. Während der Miet-

wohnungsbestand weitgehend saniert ist, konnte

das Wohnumfeld sowohl auf öffentlichen als auch

auf privaten Grundstücken bisher nur unzureichend

aufgewertet werden, nicht zuletzt deshalb, weil die

Mittel aus dem ZiS-Programm nicht in dem bean-

tragten Umfang gewährt wurden. Hinzu kommt,

dass die soziale Infrastruktur noch immer Defizite

in Bezug auf die Bedürfnisse einzelner Bewohner-

gruppen aufweist.

Aufgrund der hier vorhandenen Wohnungsgrößen

und des Mietniveaus konzentrieren sich vorran-

gig in den mehrgeschossigen Wohnblöcken sozial

schwache Bevölkerungsgruppen, was zu einer

zunehmenden Unausgewogenheit der Sozialstruk-

tur im Gebiet geführt hat. 50% aller Oranienburger,

die staatliche Transferleistungen beziehen, leben

hier.

Die Wohnungsleerstandsquote konnte zwar in

den zurückliegenden Jahren durch Rückbau- und

Sanierungsmaßnahmen bereits reduziert werden,

liegt aber mit rd. 10% immer noch deutlich über

dem gesamtstädtischen Niveau. In Verbindung mit

einem hohen Anteil von Einwohnern, die älter

als 65 Jahre sind, deutet sich in diesem Stadtteil

bereits heute eine Problemlage an, die präventives

Handeln, eine kluge Stadtumbaupolitik, gemeinsa-

mes Handeln der Stadt und der großen Wohnungs-

unternehmen sowie Finanzhilfen aus geeigneten

Förderprogrammen erfordert. Hier wird eine wich-

tige Aufgabe für die nächsten 10 bis 15 Jahre lie-

gen, um diesen Stadtteil nicht nur stabil zu halten

sondern auch schrittweise weiterzuentwickeln, da

er grundsätzlich eine hohe Lagegunst in Bezug auf

das Stadtzentrum und die naturräumliche Situation

entlang der Havel aufweist.

Wir setzen unseren Weg nach Osten fort, über-

queren die Havel und erreichen die östliche der

Bahnlinie gelegene Neustadt. Beim ersten Hinse-

hen fallen zunächst zum Teil hochwertige gründer-

zeitliche Bauten, eine kleinteilige Einfamilienhaus-

bebauung nördlich der Bernauer Straße und eine

eher gemischte Bebauung im südlichen Teil dieses

Stadtgebietes auf. Bei einer näheren Betrachtung

fallen jedoch die nahezu flächendeckenden Defizite

im öffentlichen Raum, aber auch die in stadtbild-

relevantem Umfang sanierungsbedürftige Bausub-

stanz auf.

Page 60: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

58

Stadtumbaustrategie Oranienburg - Schwerpunkte des Stadtumbaus

Die für Besucher der Stadt und deren Image au-

ßerordentlich wichtige Verbindung zwischen dem

Stadtzentrum und der KZ-Gedenkstätte Sachsenhau-

sen ist nicht nur städtebaulich teilweise ungeordnet,

sondern auch von einem unattraktiven Zustand des

öffentlichen Raumes geprägt. Hier besteht dringen-

der Handlungsbedarf, schließlich ist die Gedenk-

stätte nicht nur ein wichtiges Zeugnis der jüngeren,

wenn auch unrühmlichen, deutschen Geschichte,

sie zieht auch viele Besucher in die Stadt, die nicht

nur die Gedenkstätte besuchen und sofort wieder

abreisen, sondern auch den Weg in die Innenstadt

und diese attraktiv fi nden sollen. Ein weiteres Defi zit

der Neustadt liegt darin, dass ihre Lage am Nordufer

des Lehnitzsees weder städtebaulich präsent noch

funktionell oder gestalterisch ansprechend gelöst ist.

Die Neustadt besitzt aber insgesamt ein großes

Potential, zu einem hochwertigen, zentrumsnahen

Wohnstandort zu werden. Wachsende Überalterung

der Einwohner, steigende Wohnungsleerstandszah-

len, auch im bisher selbst genutzten Wohneigentum,

und große Sanierungsrückstände auf öffentlichen

und privaten Grundstücken müssen dieses Gebiet

jedoch dringend in den Fokus des Stadtumbaus bzw.

einer künftigen städtebaulichen Sanierungsmaß-

nahme rücken.

Neben den vorstehend beschriebenen Aufgaben

gibt es in der Kernstadt aber noch einige weite-

re Bereiche, in denen in den kommenden Jahren

Handlungsbedarf besteht. So werden Rückbau- und

nachfolgende Aufwertungsmaßnahmen im Wohnge-

biet westlich des Bötzwer Platzes unumgänglich sein

und weiterhin Aufwertungsmaßnahmen in kleineren

Teilbereichen der nördlichen Innenstadt anstehen.

19 Jahre Stadtsanierung in der Innenstadt sind da-

her kein Schlusspunkt, sondern lediglich ein wich-

tiger Meilenstein der Entwicklung der Stadt Orani-

enburg zur einem funktionsfähigen und attraktiven

Lebensraum für ihre Bürger. Die in den kommenden

Jahren anstehenden Aufgaben des vorausschauen-

den und nachhaltigen Stadtumbaus sind mindestens

ebenso anspruchsvoll und in gewisser Weise viel

schwieriger als die der Sanierung der Innenstadt.

Gilt es doch in Zukunft, auf die sich verändernden

wirtschaftlichen und demografi schen Rahmenbe-

dingungen zu reagieren, zum Teil entgegengesetzte

Interessen der zahlreichen Akteure im Stadtumbau-

prozess zu berücksichtigen, die knapper werdenden

öffentlichen Mitteln intelligent mit privaten und

sonstigen Investitionen zu bündeln, die Stadt fi t

für die Zukunft zu machen und weiterhin konkur-

renzfähig im Vergleich zu den Nachbargemeinden zu

bleiben.

Wir freuen uns auf diese spannende Aufgabe und

hoffen dafür auch weiterhin sehr auf die Unterstüt-

zung des Landes Brandenburg und der Bundesregie-

rung.

Frank Oltersdorf

Baudezernent

Page 61: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

59

Die BIG-STÄDTEBAU-GmbH vor Ort in Brandenburg

Frank Hultsch, Ursula Langhans, Klaus-Dieter Steuer

Die BIG-STÄDTEBAU-GRUPPE führt seit 40 Jahren als

Dienstleister für Kommunen Vorhaben der Stadter-

neuerung und Stadtentwicklung durch. Seitdem sind

wir als Treuhänder für 150 kommunale Auftraggeber

in 200 städtebaulichen Gesamtmaßnahmen tätig

geworden. Die im Unternehmen umgesetzten Förder-

mittel haben ein Volumen von zwei Milliarden Euro

überschritten und gleichzeitig Projektförderungen und

private Mittel in ca. doppelter Höhe aktiviert.

Das Regionalbüro Perleberg

Die Firmenzentrale in Kiel-Kronshaugen

Unser Leistungsbild umfasst das gesamte Spektrum der

Vorbereitung und Durchführung von Maßnahmen im

Rahmen nationaler und europäischer Förderprogram-

me. Um die komplexen Aufgaben der Stadtentwicklung

zu bewältigen, ist ein interdisziplinär zusammenge-

setztes Team aus Experten verschiedenster Berufsspar-

ten unerlässlich. Daher verfügen wir im operativen

Bereich über einen festen Stab von 110 qualifi zierten

und erfahrenen Mitarbeitern, bestehend aus Stadt-

planern, Architekten, Bauingenieuren, Volks- und Be-

triebswirten, Kaufl euten, Juristen und Fachleuten der

Projektentwicklung, der Immobilien- und Wohnungs-

wirtschaft sowie der Öffentlichkeitsarbeit. Darüber hin-

aus können wir auf eine Anzahl sehr qualifi zierter und

fl exibel einsetzbarer freier Mitarbeiter zurückgreifen.

Seit jeher besitzen wir einen hohen Qualitätsanspruch

an unsere Produkte, Arbeitsweise und Mitarbeiterori-

entierung. Dieser wurde im Laufe unserer langjährigen

Tätigkeit zu unserem Markenzeichen und begründet

unseren Erfolg. Dies spiegelt sich auch in unserem

Zertifi kat „Qualitätsmanagement“ nach DIN EN ISO

9001:2000 wider.

Die BIG-STÄDTEBAU GmbH betreut in Brandenburg von

den Bürostandorten Perleberg, Potsdam und Orani-

enburg aus insgesamt 14 städtebauliche Gesamtmaß-

nahmen, unter anderem in Oranienburg, Senftenberg,

Wittenberge, Luckenwalde, Perleberg, Putlitz und

Lenzen.

Dabei werden Städtebauförderungsmittel aus dem

Bereich der allgemeinen Städtebauförderung, des

städtebaulichen Denkmalschutzes und des Stadtum-

baus ebenso verwaltet wie Mittel der Europäischen

Kommission aus den Programmen „Europäischer

Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und Europäi-

scher Sozialfonds (ESF).

Das Team der insgesamt 10 in Brandenburg tätigen,

engagierten und kompetenten Mitarbeiterinnen und

Mitarbeiter der BIG-STÄDTEBAU GmbH verfügt über

langjährige Berufserfahrung auf den Gebieten städte-

baulicher Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen,

Wohnumfeldverbesserungsmaßnahmen sowie der

Projektsteuerung und des Projektmanagements.

Neben der Beantragung, Verwaltung und Abrechnung

der für die Durchführung der städtebaulichen Sanie-

rungs- und Entwicklungsmaßnahmen einzusetzenden

Finanzierungsmittel gehören eine umfassende Bera-

tung und Betreuung unserer kommunalen Auftragge-

ber, sanierungswilliger Bürger und der Kontakt zu den

zuständigen Ministerien und Verwaltungsbehörden

zu unserem täglichen Geschäft. Dabei ist es für uns

selbstverständlich, dass sowohl Planungs- als auch

Bauaufträge möglichst in der Region vergeben werden,

um neben der städtebaulichen, architektonischen und

denkmalpfl egerischen Erneuerung auch die heimische

Wirtschaft zu stärken.

Hohe Fachkompetenz, dienstleistungsorientiertes

Auftreten, Teamgeist, interdisziplinäres Denken und

fl exibles Reagieren auf die sich ständig wandelnde

Förderlandschaft sehen wir als ebenso selbstverständ-

lich an wie das Zurückgreifen auf unser Netzwerk von

Experten für Spezialaufgaben.

Frank Hultsch Ursula Langhans

Geschäftsführer Geschäftsführerin

Klaus-Dieter Steuer

Leiter des Regionalbüros Perleberg

Prokurist

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Impressum

Herausgeber

BIG-STÄDTEBAU GmbH

Wollweberstraße 20, 19348 Perleberg

Treuhänderischer Sanierungsträger der

Stadt Oranienburg

Die Wiedergabe von Texten, Fotos und Abbildungen

in gedruckter und/oder elektronischer Form ist nur

mit Einwilligung des Herausgebers gestattet.

Februar 2010

Mitarbeit

Carlos Aydin

Philine Bach

Heike Bergt

Stephan Bernard

Rose Fisch

Matthias Franke

Heidrun Gassan

Robert Geyer

Thomas Hauptmann

Heiko Hohenhaus

Bernd Jarczewski

Christian Kielczynski

Marianne Kordecki

Bettina Krause

Rolf Kretzschmar

Bernd Küken

Lutz Lachmann

Frank Oltersdorf

Dr. Steffen Ott

Gabriele Perlick

Angela Petzi

Bolko Prußok

Siegfried Reibetanz

Jörn Weimer

Burkhard Wilde

Wolf-Dieter Wolf

Redaktion

Gundula Schweizer

Klaus-Dieter Steuer

Satz / Layout / Titelfoto

FINISH Werbeagentur

Druck

Druckerei & Werbeagentur Scherwinski

Auflage

1.000 Stück

Fotos

Archiv der BIG-STÄDTEBAU GmbH

Archiv der Stadt Oranienburg

Archiv der jeweiligen Autoren

complan Kommunalberatung

FINISH Werbeagentur

Hansa Luftbild

Frieder Blickle

Gottfried Grafe

Jürgen Jancke

Ralf Meyer

Thomas Metzkow

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Page 64: Oranienburg im Wandel (Broschüre)

Danksagung

Wir danken allen, die an der Ent-

stehung dieses Buches mitgewirkt

haben, sei es durch Textbeiträge,

durch Bereitstellung von Fotos und

Plänen, durch Anregungen oder

konstruktive Kritik.

Ora

nie

nburg

im

Wan

del

1991 -

2010

Oranienburg im Wandel

Stadtsanierung 1991 - 2010

Oranienburg