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1 C2.2.2.2 LD Handblätter Chemie Organische Chemie Reaktionen in der organischen Chemie Oxidationsreaktionen Der automatisierte Blue-Bottle-Versuch: eine reversible Redoxreaktion SW-2014-04 Grundlagen Der Blue-Bottle-Versuch ist ein beliebtes Schauexperiment in Experimentalvorträgen. In der klassischen Variante schüttelt der Experimentator eine mit einer klaren Flüssig- keit gefüllte Flasche, die sich daraufhin blau färbt. Nach einer Weile entfärbt sich die Flüssigkeit und schlägt durch Schütteln erneut zu blau um. Der Versuch beruht auf dem Redox-Indikator Methylenblau. Methylenblau ist in der oxidierten Form blau und in der reduzierten Form, dem sogenannten Leuko-Methylenblau, farblos (siehe Abb. 2). Der Farbumschlag ist ein reversibler Prozess. Durch Reduktionsmittel wird Methylenblau zu Leuko-Methylenblau reduziert. Durch Oxidationsmittel ge- schieht die Rückreaktion: Leuko-Methylenblau wird oxidiert und wieder farbig. Im Blue-Bottle-Versuch dient der reduzierende Zucker Glu- cose als Reduktionsmittel. Er reduziert Methylenblau zu Leuko-Methylenblau. Durch Schütteln diffundiert Sauerstoff in die Lösung und reoxidiert Leuko-Methylenblau zu Methy- lenblau. Dieses kann dann erneut von Glucose reduziert werden. Die Reaktion läuft ab, bis kein Luftsauerstoff mehr zur Verfügung steht oder die Glucose als Reduktionsmittel aufgebraucht ist. In diesem Versuch wird der klassische Blue Bottle-Versuch abgewandelt. Statt zu schütteln wird Luft durch die Reakti- onslösung gepumpt. Dies geschieht automatisch, sobald die Lösung farblos geworden ist. Die Luft wird so lange hindurchgepumpt, bis die Lösung wieder tiefblau gefärbt ist. Dann schaltet sich die Pumpe automatisch aus. Die Lösung verliert langsam ihre Farbe und der Prozess beginnt erneut. Versuchsziele Organische Redoxreaktion und der Redox-Indikator Methylenblau kennenlernen. Den Blue-Bottle-Versuch in einer neuen, automatisierten Variante durchführen. Aufbau und Anwendung einer Zweipunkt-Regelung Photometrie mit einem Eintauchphotometer Kohlenhydrate wie Glucose als Reduktionsmittel verwenden. Abb. 1: Versuchsaufbau.

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C2.2.2.2

LD

Handblätter

Chemie

Organische Chemie Reaktionen in der organischen Chemie Oxidationsreaktionen

Der automatisierte Blue-Bottle-Versuch: eine reversible Redoxreaktion

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Grundlagen

Der Blue-Bottle-Versuch ist ein beliebtes Schauexperiment in Experimentalvorträgen. In der klassischen Variante schüttelt der Experimentator eine mit einer klaren Flüssig-keit gefüllte Flasche, die sich daraufhin blau färbt. Nach einer Weile entfärbt sich die Flüssigkeit und schlägt durch Schütteln erneut zu blau um.

Der Versuch beruht auf dem Redox-Indikator Methylenblau. Methylenblau ist in der oxidierten Form blau und in der reduzierten Form, dem sogenannten Leuko-Methylenblau, farblos (siehe Abb. 2). Der Farbumschlag ist ein reversibler Prozess. Durch Reduktionsmittel wird Methylenblau zu Leuko-Methylenblau reduziert. Durch Oxidationsmittel ge-schieht die Rückreaktion: Leuko-Methylenblau wird oxidiert und wieder farbig.

Im Blue-Bottle-Versuch dient der reduzierende Zucker Glu-cose als Reduktionsmittel. Er reduziert Methylenblau zu Leuko-Methylenblau. Durch Schütteln diffundiert Sauerstoff in die Lösung und reoxidiert Leuko-Methylenblau zu Methy-lenblau. Dieses kann dann erneut von Glucose reduziert werden. Die Reaktion läuft ab, bis kein Luftsauerstoff mehr zur Verfügung steht oder die Glucose als Reduktionsmittel aufgebraucht ist.

In diesem Versuch wird der klassische Blue Bottle-Versuch abgewandelt. Statt zu schütteln wird Luft durch die Reakti-onslösung gepumpt. Dies geschieht automatisch, sobald die Lösung farblos geworden ist. Die Luft wird so lange hindurchgepumpt, bis die Lösung wieder tiefblau gefärbt ist. Dann schaltet sich die Pumpe automatisch aus. Die Lösung verliert langsam ihre Farbe und der Prozess beginnt erneut.

Versuchsziele

Organische Redoxreaktion und der Redox-Indikator Methylenblau kennenlernen.

Den Blue-Bottle-Versuch in einer neuen, automatisierten Variante durchführen.

Aufbau und Anwendung einer Zweipunkt-Regelung

Photometrie mit einem Eintauchphotometer

Kohlenhydrate wie Glucose als Reduktionsmittel verwenden.

Abb. 1: Versuchsaufbau.

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Bei dieser automatisierten Variante des Blue-Bottle-Versuchs wird eine sogenannte „Zwei-Punkt-Regelung“ angewandt. Hier sind zwei Zustände definiert, an denen das System automatisch eine Änderung vornimmt. Zustand 1 ist dabei die entfärbte Lösung, bei dessen Eintreten die Pumpe angeschaltet wird, um der Lösung Sauerstoff zuzuführen. Zustand 2 ist die deutlich gefärbte Lösung. Sobald dieser Zustand eingetreten ist, hört die Pumpe auf, zu arbeiten.

Die Färbung der Lösung und damit auch das Erreichen der beiden Zustände wird mit einem Eintauchphotometer ge-messen. Es misst die Durchlässigkeit, also den Transmissi-onsgrad T der Lösung. Damit wird die eingestrahlte Intensi-tät I0 einer definierten Wellenlänge (hier 612 nm) mit der Intensität I des Lichts hinter dem Hindernis (der Lösung) nach folgender Formel verglichen:

Die Blue-Bottle-Lösung transmittiert auch im vollständig gefärbten Zustand noch Licht. Daher wird Punkt 1 der Zwei-Punkt-Regelung auf ca. 35 % gesetzt. Auch ist die Lösung im entfärbten Zustand nicht vollständig klar, so dass Punkt 2 auf ca. 85 % gesetzt wird.

Gefährdungsbeurteilung

Natriumhydroxid verursacht schwere Verätzungen der Haut und der Augen.

Natriumhydroxid, Plätzchen

Signalwort: Gefahr

Gefahrenhinweise

H314 Verursacht schwere Verätzun-gen der Haut und schwere Augen-schäden. H290 Kann gegenüber Metallen kor-rosiv sein. Sicherheitshinweise

P280 Schutzhandschuhe / Schutz-kleidung / Augenschutz / Gesichts-schutz tragen. P301+P330+P331 BEI VERSCHLU-CKEN: Mund ausspülen. KEIN Erbre-chen herbeiführen. P309+P310 BEI Exposition oder Unwohlsein: Sofort GIFTINFORMA-TIONSZENTRUM oder Arzt anrufen. P305+P351+P338 BEI KONTAKT MIT DEN AUGEN: Einige Minuten lang behutsam mit Wasser spülen. Vorhandene Kontaktlinsen nach Mög-lichkeit entfernen. Weiter spülen.

Geräte und Chemikalien

1 Sensor-CASSY 2 ........................................... 524 013 1 CASSY Lab 2 ................................................ 524 220 1 Eintauchphotometer S ................................... 524 069 1 Profilrahmen C50, zweizeilig, für CPS ........... 666 425 1 Woulff'sche Flasche mit Manometer, CPS .... 666 438 1 Schraubkappe, GL 45, mB ............................ 667 3095 1 Silikondichtung, GL 45/26, Satz 10................ 667 3107 1 Belüftungspumpe, steuerbar, CPS ................ 666 482 1 Experimentierkabel 19 A, 25 cm, rot/blau ...... 501 44 1 Kompaktwaage 200 g : 0,01 g ....................... 667 7977 2 Uhrglas 125 mm Ø ........................................ 664 157 2 Löffelspatel PP, 180 mm ............................... 666 966 1 Laborflasche nach DIN, 500 ml, GL 45 .......... 602 347 1 Pipettierball (Peleusball) ................................ 666 003 1 Messpipette 5 ml ........................................... 665 996 1 Messzylinder 500 ml, Kunststofffuß ............... 665 756 1 PVC-Schlauch 7 mm Ø, 1 m ......................... 604 501 1 Schlauchschelle 8...12 mm ............................ 604 460 1 Methylenblaulösung nach Löffler, 100 ml ...... 673 2920 1 Natriumhydroxid, Plätzchen, 100 g ................ 673 6800 1 D(+)-Glucose, 100 g ...................................... 672 1100 1 Wasser, rein, 1 l............................................. 675 3400 Zusätzlich erforderlich: 1 PC mit Windows XP/Vista/7/8

Versuchsaufbau und -vorbereitung

Ansetzen der Lösungen

1. 3 g Natriumhydroxid-Plätzchen in 300 ml Wasser in der Laborflasche durch Schütteln lösen.

2. Die Lösung mit 4 ml Methylenblau-Lösung versetzen.

3. 20 g Glucose hinzugeben und schütteln, bis sich alles gelöst hat.

Aufbau der Apparatur

1. Die CPS-Apparatur wie in Abb. 1 aufbauen.

2. Bei der Woulff’schen Flasche statt des Manometers die Schraubkappe mit der Dichtung aufschrauben und in das Loch das Eintauchphotometer S einführen.

Hinweis: Das Eintauchphotometer lässt sich gut bewegen, wenn die Schraubkappe noch locker geschraubt ist. Sobald sie festgeschraubt ist, ist es in dieser Position fixiert.

3. Die Woulff’sche Flasche so in die CPS-Halterung einset-zen, dass steuerbare Pumpe und langes Glasrohr auf einer Seite (links) sind.

4. Die steuerbare Pumpe über den PVC-Schlauch mit dem langen Glasrohr der Woulff’schen Flasche verbinden. Den Schlauch an der Pumpe mit einer Schlauchklemme fixieren.

5. Das Eintauchphotometer an den Eingang A1 des Sen-sor-CASSYs anschließen.

6. Die steuerbare Pumpe mit den Experimentierkabeln an die Spannungsversorgung am Sensor-CASSY anschließen. Die Steuerung der Pumpe auf „externe Steuerung“ schal-ten. Beide Geräte mit Strom versorgen (siehe Abb. 1).

Abb. 2: Reaktionsgleichung der reversiblen Reaktion von Methylenblau (blau) zu Leuko-Methylenblau (farblos).

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Hinweis: Die Pumpenleistung kann über den kleinen Knopf in der Mitte der Spannungsversorgung am Sensor-CASSYs manuell eingestellt werden.

7. Das Sensor-CASSY über ein USB-Kabel mit dem Com-puter verbinden.

Einstellung in CASSY Lab

Einstellungen in CASSY-Lab laden.

Oder

1. Transmission des Eintauchphotometers auf 612 nm stellen.

2. In die Spannungsquelle die folgende Formel eingeben und „Umschalten bei automatischer Aufnahme“ aktivieren:

TA1 > T2 or (TA1 > T1 and S).

3. Die Parameter T1 und T2 definieren. T1 ist dabei die untere, und T2 die obere Transmissionsgrenze. Für beide

Parameter gilt:

Name: Transmission 1 bzw. Transmission 2

Symbol: T_1 bzw. T_2

Einheit: %

Von 0 bis 100

Dezimalen: 1

Wert T1: 35%, Wert T2: 90 %

Typ: Konstant (ohne Tabellenspalte)

Hinweis: Die Werte für T1 und T2 müssen evtl. an die tat-sächlichen Bedingungen angepasst werden. Besonders T2 sollte im Laufe des Versuchs nach unten korrigiert werden, da die Lösung durch Nebenreaktionen trüber wird.

4. Folgende Messbedingungen einstellen:

Aufnahme: automatisch

Messzeit: freilassen

Intervall: 1 s

Versuchsdurchführung

1. Die Woulff’sche Flasche aus der Halterung nehmen und über die große Öffnung mit der Lösung befüllen.

2. Das Eintauchphotometer so weit, dass es gerade nicht den Boden berührt, in die Lösung tauchen (siehe Abb. 1).

3. Die Woulff’sche Flasche in ihre Halterung klemmen und mit den Spannfedern fixieren.

4. Warten, bis die Lösung farblos ist. Bei komplett entfärb-ter Lösung das Eintauchphotometer mit einem Klick auf die Schaltfläche „100 %“ kalibrieren.

5. Die steuerbare Belüftungspumpe einschalten.

6. In CASSY Lab 2 die Messung und damit den Versuch starten.

Beobachtung

Die farblose Natriumhydroxid-Lösung färbt sich bei der Zugabe der Methylenblau-Lösung tiefblau. Nach Zugabe der Glucose entfärbt sich die Lösung langsam. Jede Bewe-gung der Lösung führt zu einer erneuten Blaufärbung, die jedoch schnell wieder verschwindet.

Nach dem Starten der Messung wird Luft in die anfangs farblose Lösung geblasen. Sobald die Reaktionslösung dann tiefblau gefärbt ist, schaltet sich automatisch die Pumpe aus. Die Lösung kann sich wieder entfärben. Diesen Vorgang beliebig oft wiederholen.

Mit der Zeit wird die Lösung im farblosen Zustand trüber. Es wird daher immer länger brauchen, bis die Transmission von 90 % erreicht ist. Dies ist wahrscheinlich darin begrün-det, dass mit der Luft auch CO2 in die Lösung gepumpt wird, das sich in der basischen Lösung niederschlägt. Um den Versuch weiter laufen zu lassen, empfiehlt es sich dann, die Transmission auf 85 % herunterzusetzen.

Lässt man die Lösung sehr lange stehen (z.B. über Nacht), so färbt sie sich gelb. Hierbei handelt es sich um Abbau-produkte der Glucose.

Auswertung

Sobald die Messung startet, läuft der Versuch beliebig lan-ge weiter. Ein typischer Kurvenverlauf ist in Abb. 3 darge-stellt.

Abb. 4.: Der Blue-Bottle-Versuch in CASSY Lab. Schwarz: Trans-missionsgrad gemessen mit dem Eintauchphotometer, rot: Schalt-zustand der Spannungsquelle (1: Pumpe an, 0: Pumpe aus).

Zu Beginn der Messung wird durch die Kalibrierung eine Transmission von 100 % erreicht (schwarze Linie in Abb. 3). Bei diesem Wert ist die Pumpe eingeschaltet (rote Linie in Abb. 3) und in die Lösung wird Luft gepumpt. Die Lösung

Abb. 3: Gesamtreaktion beim Blue-Bottle-Versuch. Glucose reduziert Methylenblau zur Leuko-Methylenblau und wird dabei zu Gluconsäu-re oxidiert. Leuko-Methylenblau wird durch Sauerstoff wieder zu Methylenblau oxidiert.

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verdunkelt sich dadurch mit der Zeit. Ist der Schaltpunkt von 35 % Transmission erreicht, so schaltet die Pumpe aus. In der Lösung reduziert der Zucker nun den Farbstoff Methyl-enblau und die Lösung wird klar. Bei einer Transmission von 90 % wird die Pumpe wieder angeschaltet. Dies kann für mehrere Stunden weiter laufen.

Ergebnis

In diesem Versuch wird der automatisierte Blue-Bottle-Versuch aufgebaut und präsentiert. Dabei wird der reversib-le Prozess der Reduktion und Oxidation von Methylenblau ausgenutzt. Methylenblau ist im reduzierten Zustand farblos (Leuko-Methylenblau) und im oxidierten Zustand tief blau gefärbt. In einer basischen Lösung mit Glucose entfärbt sich Methylenblau aufgrund der reduzierenden Eigenschaf-

ten der Glucose. Diese selbst wird dabei zu Gluconsäure oxidiert (siehe Abb. 4).

Diese Entfärbung wird mit dem Eintauchphotometer ge-messen. Ist sie vollständig, so wird automatisiert die Pumpe angeschaltet, die Luft in die Lösung bläst. Der in der Luft enthaltene Sauerstoff oxidiert nun Methylenblau, das dadurch wieder seine tiefblaue Farbe erhält (siehe Abb. 4). Dies registriert wiederum das Eintauchphotometer, worauf-hin durch CASSY gesteuert die Pumpe wieder ausgeschal-tet wird. Dieser Vorgang kann sich wiederholen, bis die Glucose in der Lösung verbraucht ist.

Entsorgung

Die Lösungen können im Abwasser entsorgt werden. Mit viel Wasser nachspülen.