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Folien für die Experimentalvorlesung Organische Chemie I SS 2003 Paul Rademacher (Stand 21.10.2003)

Organische Chemie Uniskript 1

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Page 1: Organische Chemie Uniskript 1

Folien für die

Experimentalvorlesung Organische Chemie I

SS 2003

Paul Rademacher

(Stand 21.10.2003)

Page 2: Organische Chemie Uniskript 1

2

Inhaltsverzeichnis Stoffplan (SS 2003) ............................................................................................................................4 Inhalt der Vorlesung ...........................................................................................................................5 Geschichte der Organischen Chemie..................................................................................................7 Entwicklungsstufen der Organischen Chemie....................................................................................8 Probleme (mit) der Organischen Chemie ...........................................................................................9 Beispiele für die Verwendung verschiedener Strukturformeln und Verbindungsnamen.................10 Ein Beispiel für die Notwendigkeit von Trivialnamen.....................................................................11 Lehrbücher der Organischen Chemie...............................................................................................12 Sonderstellung des Elements C ........................................................................................................13 Eigenschaften organischer Verbindungen........................................................................................13

Elektronegativität nach Pauling....................................................................................................14 Bindungsenergien (kJ mol-1) ........................................................................................................14

Vorkommen und Verteilung des Elements Kohlenstoff...................................................................15 Verbindungen, die nur aus Kohlenstoff bestehen.............................................................................16 Valenzelektronen und Wertigkeit wichtiger Atome.........................................................................17

Beispiele für Valenzstrichformeln einfacher Moleküle ...............................................................17 Lewis-Valenzstrich-Strukturformeln................................................................................................18 Elektronenkonfiguration von Atomen..............................................................................................19 s und p-Atomorbitale ........................................................................................................................20 Orbital-Energieschema .....................................................................................................................21 Molekülorbitale von Wasserstoff H2 ................................................................................................22 Molekülorbitale (MOs) von Methan CH4.........................................................................................23 Elektronenkonfiguration von Methan CH4.......................................................................................24 Elektronenkonfiguration und Bindung in homoatomaren zweiatomigen Molekülen ......................25 Elektronenkonfiguration und sp3-Hybridisierung des C-Atoms ......................................................26 sp3-Hybridisierung und Tetraederstruktur von Methan CH4............................................................27 Spektren von Propionamid ...............................................................................................................27 Spektren von Propionamid ...............................................................................................................28 n-Alkane CnH2n+2 H-(CH2)n-H .....................................................................................................29 Schmelz- und Siedepunkte von n-Alkanen ......................................................................................30 Stab-, Kugel-Stab- und Kalottenmodell von Methan .......................................................................31 Beispiel für ein verzweigtes Alkan...................................................................................................32 Nomenklatur höherer verzweigter Alkane OC1-13 .........................................................................33 Literatur zum Thema Kohlenwasserstoffe .......................................................................................34 Literatur zum Thema Isomerie .........................................................................................................34 Konformationsverhalten von Ethan..................................................................................................35 Konformationsverhalten von Propan................................................................................................36 Konformationsverhalten von Butan .................................................................................................37 Konformationsnomenklatur..............................................................................................................38 Ringinversion von Cyclohexan ........................................................................................................39 Konformationen von Cycloalkanen..................................................................................................40 Energiediagramm für eine bimolekulare Reaktion...........................................................................42 Energiediagramm für die Radikalische Substitution SR...................................................................43 Literatur zum Thema Reaktionsmechanismen .................................................................................44 Chiralität und Stereoisomerie ...........................................................................................................45 Asymmetrisches C-Atom .................................................................................................................49 Contergan .........................................................................................................................................50 Polarimeter .......................................................................................................................................51 Konfigurations-Nomenklatur ...........................................................................................................52 Halogenkohlenwasserstoffe und andere Halogenverbindungen ......................................................53 Nucleophile Substitution von Halogenalkanen R-X ........................................................................55 Nucleophile Substitution ..................................................................................................................56 Lösungsmittel ...................................................................................................................................57 Phasentransferkatalyse .....................................................................................................................58 Einfluss des Lösungsmittels auf die Reaktivität der nucleophilen Substitution ..............................59 Alkene...............................................................................................................................................60 Konfigurationsisomerie von Alkenen...............................................................................................61 Diels-Alder-Reaktion .......................................................................................................................62

Page 3: Organische Chemie Uniskript 1

3

Polymere...........................................................................................................................................63 Polymerisationverfahren...................................................................................................................64 Hydrierwärme und Mesomerieenergie von Benzen .........................................................................65 Benzen: Trennung von σ- und π-Elektronenenergie........................................................................66 Wichtige Benzenderivate..................................................................................................................67 π-MOs von Cyclobutadien, Benzen und Cyclooctatetraen ..............................................................68 π-MOs und Molekülstruktur von Cyclobutadien, Benzen und Cycloctatetraen ..............................69 π-MO-Energieniveaus und Elektronenkonfiguration bei cyclisch konjugierten Polyenen und Polyen-Ionen.....................................................................................................................................70 Energieprofil und Zwischenstufen der elektrophilen Substitution von Benzen...............................70 Energieprofil und Zwischenstufen der elektrophilen Substitution von Benzen...............................71 Zusammenfassung: Organische Chemie I (Kohlenwasserstoffe).....................................................72

Page 4: Organische Chemie Uniskript 1

4

O R G A N I S C H E C H E M I E I OC1-0 Prof. Dr. P. Rademacher Experimentalvorlesung Organische Chemie I Stoffplan (SS 2003)

1.) Was ist Organische Chemie?

2.) Elektronenstruktur und chemische Bindung

3.) Elementaranalyse, Bruttoformel, Struktur, Konstitution

4.) Kohlenwasserstoffe

5.) Konformationsanalyse von Alkanen

6.) Cycloalkane

7.) Reaktionen der Alkane

8.) Radikalische Substitution

9.) Halogenalkane

10.) Stereoisomerie

11.) Nucleophile Substitution

12.) Eliminierung

13.) Alkene

14.) Additionsreaktionen

15.) 1,3-Diene

16.) Alkine

17.) Aromatische Kohlenwasserstoffe

18.) Elektrophile aromatische Substitution und Addition

Page 5: Organische Chemie Uniskript 1

5

O R G A N I S C H E C H E M I E I OC1-0 Prof. Dr. P. Rademacher Inhalt der Vorlesung 1) Organische Chemie

Definition, Charakterisierung, Geschichte, Lehrbücher, Modellbaukästen Das Element Kohlenstoff, Stellung im PSE, Elektronegativität, Bindungsbildung

2) Elektronenstruktur und chemische Bindung

Oktettregel, Valenzstrichformeln, Mesomerie, Molekülorbitale, LCAO-Verfahren Hybridisierung, Hybridorbitale σ- und π-Bindungen Standardbindungslängen und -winkel

3) Elementaranalyse, Bruttoformel, Struktur, Konstitution 4) Kohlenwasserstoffe

n-Alkane: Nomenklatur, Eigenschaften (Schmelz- und Siedepunkte, Verbrennungswärmen) Isoalkane Konstitutionsisomerie Nomenklatur höherer verzweigter Alkane

5) Konformationsanalyse von Alkanen

Newman-Projektion, Stereoformeln, innere Rotation um Einfachbindungen, Konformationsnomenklatur

6) Cycloalkane

Ringspannung, Konformationseigenschaften, Ringinversion, cis/trans-Isomerie von disubstituierten Cycloalkanen

7) Reaktionen der Alkane

Verbrennung, Cracken, Halogenierung, Sulfochlorierung 8) Radikalische Substitution

Energiediagramm Struktur und Stabilität von Radikalen

9) Halogenalkane

Eigenschaften und Verwendung Polarität der C-Hal-Bindung, induktiver Effekt

10) Stereoisomerie

Chiralität, Spiegelbildisomerie, Enantiomere Optische Aktivität, Racemat Konfigurationsnomenklatur, R/S-System, Sequenzregeln

11) Nucleophile Substitution

SN1, SN2, Stereochemie Nucleophilie und Basizität

12) Eliminierung

E1, E2, E1cb, Stereochemie, Regiochemie Konkurrenz von Substitution und Eliminierung

13) Alkene

Konfigurationsisomerie, E/Z

Page 6: Organische Chemie Uniskript 1

6

14) Additionsreaktionen Hydrierung, Halogenierung, Hydrohalogenierung (AE, AR), Hydroborierung, Hydroxylierung, cis- und trans-Diole, Ozonolyse Polymerisation

15) 1,3-Diene

π-MOs von Butadien Elektronische Struktur und Lichtabsorption von Polyenen 1,2- und 1,4-Addition Diels-Alder-Reaktion

16) Alkine

Darstellung und Verwendung von Acetylen, 2-Butin Cycloalkine Hydrierung von Alkinen

17) Aromatische Kohlenwasserstoffe

Struktur des Benzols Aromatizität, Hückel-Regel, Mesomerie π-MOs von Cyclobutadien, Benzol und Cyclooctatetraen Aromatische und heteroaromatische Verbindungen

18) Elektrophile aromatische Substitution und Addition

Protonierung, Nitrierung, Sulfonierung, Halogenierung, Alkylierung, Acylierung Substituenteneffekte bei der Zweitsubstitution

Page 7: Organische Chemie Uniskript 1

7

O R G A N I S C H E C H E M I E I OC1-4 P. Rademacher Geschichte der Organischen Chemie Die Organische Chemie ist als eine Teildisziplin der Chemie im frühen 19. Jahr-hundert entstanden. Der schwedische Chemiker Berzelius (1779 - 1848) ge-brauchte im Jahre 1808 erstmals den Ausdruck "organische Chemie" und veröf-fentlichte in seinem Lehrbuch von 1827 die erste eigenständige Abhandlung über Organische Verbindungen. AC: Chemie der Gesteine, Mineralien, Gläser, .... OC: Chemie des Pflanzen- und Tierreichs (heute: Biochemie) Von den Verbindungen, die man heute als organisch bezeichnet, haben schon viele existiert, bevor das Leben auf der Erde begann. Die Untersuchung der or-gan. Verbindungen hinkte weit hinter derjenigen der anorganischen her, weil die natürlich vorkommenden organ. Verbindungen viel komplizierter aufgebaut sind, ihre Reaktionen daher viel schwerer zu verstehen waren und weil sie gewöhnlich nicht in reiner Form, sondern in komplexen Gemischen vorliegen, die nicht so leicht zu trennen sind wie anorgan. Gemische. Z.B. Holz und Gummi wurden früher als typische organische Verbindungen angesehen. Vitalistische Theorie bis Mitte des 19. Jahrhunderts, "Lebenskraft" in organischen Verbindungen, nur die Natur kann sie synthetisieren. 1828: NH4+OCN- O=C(NH2)2 Harnstoff erste Laborsynthese einer organ. Verbindung (F. Wöhler) 1848: organ. Verbindungen enthalten stets Kohlenstoff (L. Gmelin) OC: Lehre von der Chemie der Kohlenstoffverbindungen

Page 8: Organische Chemie Uniskript 1

8

O R G A N I S C H E C H E M I E I OC1-5 P. Rademacher Entwicklungsstufen der Organischen Chemie 1.) Existenz organischer Verbindungen

schon vor Beginn des Lebens auf der Erde. Verwendung bestimmter organischer Verbindungen seit dem Altertum (Wein, Essig, Farbstoffe)

2.) Isolierung (Reindarstellung) organischer Verbindungen

um 300: Rohrzucker (in Indien) 16. Jahrh.: Benzoesäure, Bernsteinsäure 17. Jahrh.: Methanol, Traubenzucker, Milchsäure 18. Jahrh.: Ether, Essigsäure, Oxalsäure, Weinsäure, Harnsäure, Harnstoff, Zitronensäure, Äpfelsäure, Acetaldehyd, Glycerin, ..... In der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts setzte ein allgem. Aufschwung in der Chemie ein.

3.) Synthese (gezielte Darstellung) organischer Verbindungen

1828: Harnstoff (F. Wöhler) Viele wichtige Synthesemethoden wurden in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelt.

4.) Struktur Strukturanalyse organischer Verbindungen

1858-1865: Kekulés Strukturtheorie ermöglicht die Aufstellung der (noch heute üblichen) Strukturformeln. 1874: van't Hoff und LeBel entwickeln das Tetraedermodell des vierbindigen Kohlenstoffatoms. Dies ermöglicht Stereoformeln (räumliche Gestalt von Molekülen) 20. Jahrh.: physikalische Methoden zur Strukturanalyse Deutung der Chemischen Bindung auf quanten- mechanischer Grundlage

5.) Reaktionen Aufklärung des Verlaufs organischer Reaktionen

Reaktionsmechanismen seit ca. 1930: C.K. Ingold (SN1, SN2, E1, E2, AE...)

6.) Theorie Anwendung der Quantenchemie auf Probleme der

Organischen Chemie

seit ca. 1930: E. Hückel, L. Pauling u.a.

Page 9: Organische Chemie Uniskript 1

9

O R G A N I S C H E C H E M I E I OC1-2 Prof. Dr. P. Rademacher Probleme (mit) der Organischen Chemie 1) Stoffvielfalt

ca. 20 Millionen bekannte organische Verbindungen. 2) Komplizierte Strukturen

Zum Verständnis der Eigenschaften einer Verbindung ist die genaue Kenntnis der Molekülstruktur (räumliche Gestalt) erforderlich. Isomerien. Große Moleküle.

3) Komplizierte Reaktionen

(Für Anfänger) häufig schwer verständlich. 4) Nomenklatur-Probleme

Es gibt kein einheitliches Nomenklatursystem für alle Verbindungen. (Verschiedene) systematische Namen. Trivialnamen.

5) Theorienbildung noch unvollkommen.

Zahlreiche qualitative Modelle mit begrenzter Gültigkeit. Einzelfakten müssen gelernt werden. Bedeutung des Experimentes. "Synthesekunst".

Page 10: Organische Chemie Uniskript 1

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O R G A N I S C H E C H E M I E I OC1-3 P. Rademacher Beispiele für die Verwendung verschiedener Strukturformeln und Verbindungsnamen

C7H14O2 Heptansäure (systematischer Name)

Önanthsäure (Trivialname)

HO

H

H3C C 3

CH3

H

H3C

HHH3C

H25

64

19

1117

8

14

2018

19

21

C27H46O sehr komplizierter systematische Name

5-Cholesten-3β-ol (halbsystematischer Name) Cholesterin oder Cholesterol (Trivialnamen)

Page 11: Organische Chemie Uniskript 1

11

O R G A N I S C H E C H E M I E I OC1-9 Prof. Dr. P. Rademacher

Ein Beispiel für die Notwendigkeit von Trivialnamen

Page 12: Organische Chemie Uniskript 1

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O R G A N I S C H E C H E M I E I OC1-1 Prof. Dr. P. Rademacher Lehrbücher der Organischen Chemie K.P.C. Vollhardt, N.T. Schore Organische Chemie 3. Aufl., Wiley-VCH, Weinheim, 2000, € 79,- < 1445 Seiten > 4. Aufl., Organic Chemistry, Freeman, New York, 2003, $ 147,- A. Streitwieser, C. H. Heathcock, E. M. Kosower Organische Chemie 2. Aufl., Wiley-VCH, Weinheim, 1994, € 85,- Arbeitsbuch, € 32,90 < 1374 Seiten > H. Hart Organische Chemie Ein kurzes Lehrbuch 2. Auflage, Wiley-VCH, Weinheim, 2002, € 49,90 < 600 Seiten > H. Beyer, W. Walter, W. Francke Lehrbuch der Organischen Chemie 23. Auflage, S. Hirzel Verlag, Stuttgart, 1998, € 25,- < ca. 1176 Seiten > E. Breitmaier, G. Jung Organische Chemie 4. Auflage, Thieme, Stuttgart, 2001, € 49,95 < 986 Seiten >

Page 13: Organische Chemie Uniskript 1

13

O R G A N I S C H E C H E M I E I OC1-8 Prof. Dr. P. Rademacher Sonderstellung des Elements C

• steht in der Mitte der 2. Periode des PSE • besitzt die geringste Tendenz zur Bildung von Ionen • besitzt die größte Tendenz zur Ausbildung kovalenter Bindungen • ist vierbindig (maximale Wertigkeit), kann mit 4 anderen Atomen kovalente

Bindungen ausbilden bevorzugte Bindungspartner sind: C: Ketten, Ringe, Netze, Gitter, ... H: die übrigen Valenzen werden abgesättigt(Kohlenwasserstoffe)

• bildet Einfach-, Doppel- und Dreifachbindungen C-C, C-H, C-N, C-O, C-F, C-S, ... C=C, C=N, C=O, C=S, ... C≡C, C≡N, …

Eigenschaften organischer Verbindungen

• Große Strukturvielfalt • Stabilität

C-C- und C-H- sowie die meisten C-X-Bindungen sind stabil (hohe Bindungsenergien)

• sind zumeist reaktionsträge und oxidationsbeständig (kinetisch stabil) Valenzelektronen besetzen energetisch niedrige Molekülorbitale hohes Oxidationspotential

Page 14: Organische Chemie Uniskript 1

14

Elektronegativität nach Pauling

H 2.2

He

Li 1.0

Be 1.6

B 2.0

C 2.5

N 3.0

O 3.4

F 4.0

Ne

∆ = 1.5 ∆ = 1.5 Bindungsenergien (kJ mol-1) H–H 435 C-H 413 C-C 348 C-N 292 C-O 351 C-F 441 C=C 595 C≡C 780 N-N 161 O-O 139 F-F 153 Si-Si 340 Si-O 451

Page 15: Organische Chemie Uniskript 1

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O R G A N I S C H E C H E M I E I OC1-8a P. Rademacher Vorkommen und Verteilung des Elements Kohlenstoff

Erdrinde

Organische Verbindungen0.03 %

>99 %

fossile Brennstoffe(Kohle, Erdöl, Erdgas)

ca. 0.01 % des Kohlenstoffs befindensich in der Biosphäre

0.1 %

2/3 1/3

Anorganische Verbindungen(CaCO3 , ....)

Organismen(Biosphäre)

Page 16: Organische Chemie Uniskript 1

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Verbindungen, die nur aus Kohlenstoff bestehen

GraphitHärte = 1

DiamantHärte = 10

C60 C70 C76

Fullerene

C20

Verbindungen, die nur aus Kohlenstoff Verbindungen, die nur aus Kohlenstoff bestehenbestehen

Fullerene: R. Buckminster Fuller, amerikanischer Architekt Nobelpreis für Fullerene 1996: H. Kroto, R. Smalley, R. Curl

Page 17: Organische Chemie Uniskript 1

17

O R G A N I S C H E C H E M I E I OC1-12 Prof. Dr. P. Rademacher Valenzelektronen und Wertigkeit wichtiger Atome

Wertigkeit: 1 2 3 4 3 (5) 2 (6) 1 (7) 0 (8) Beispiele für Valenzstrichformeln einfacher Moleküle

F H F H

H HH

H HH

H

H H H H

..

..:

..

..

..

+ ..:..

~ F-H

O + 2 ..O..

~ H-O-H

N 3+ N H ~ H-N-H

4 HH

H H~ H-C-H H

+

+ ~ H-H ~ He (united atom)

...

. . ..

. .

. .. .. ...H

C.. .. . C

H......

::

..

. . ..

..

Page 18: Organische Chemie Uniskript 1

18

O R G A N I S C H E C H E M I E I OC1-7

Prof. Dr. P. Rademacher Lewis-Valenzstrich-Strukturformeln Vorteil:

die Methode ist einfach.

Mängel:

1) keine Aussage über die zwei- und die dreidimensionale Struktur.

2) Was ist der Unterschied zwischen Einfach-, Doppel- und

Dreifachbindung?

Warum gibt es keine Vierfachbindung?

3) bestimmte Moleküle lassen sich nicht mit einer einzigen Struktur

beschreiben.

4) in einigen Fällen versagt die Methode.

Page 19: Organische Chemie Uniskript 1

19

O R G A N I S C H E C H E M I E I OC1-11

Prof. Dr. P. Rademacher

Elektronenkonfiguration von Atomen

Page 20: Organische Chemie Uniskript 1

20

O R G A N I S C H E C H E M I E I OC1-14

Prof. Dr. P. Rademacher s und p-Atomorbitale

Page 21: Organische Chemie Uniskript 1

21

F.G.KlärnerOCI_folie7.doc

Orbital-Energieschema (Aufbauprinzip)

E

1 s

2 s

3 s

4 s3 d

2 p

3 p

4 p

Page 22: Organische Chemie Uniskript 1

22

O R G A N I S C H E C H E M I E I OC1-18

Prof. Dr. P. Rademacher Molekülorbitale von Wasserstoff H2

Im elektronischen Grundzustand ist das bindende σ-MO mit zwei Elektronen besetzt.

Im ersten angeregten Zustand befinde sich in beiden MOs jeweils ein Elektron.

Dieser Zustand ist wesentlich weniger stabil als der Grundzustand.

Auch das H2--Ion weist mit drei Elektronen eine schwache H-H-Bindung auf.

Im He2 Molekül müßten beide MOs doppelt besetzt sein. Das Molekül ist instabil.

Page 23: Organische Chemie Uniskript 1

23

CH4 MOS

H H

H H

H H

H H

H H

H H

H H

H H

H H

H H

H H

H H

H H

H H

H H

H H

H H

H H

z

x

y

C 2s + 4 x H 1s

Symmetrische AntisymmetrischeKombination

C 2px + 2 x H 1s

C 2py + 2 x H 1s

C 2pz + 4 x H 1s

σ σ∗

π π∗

π π∗

π π∗

Molekülorbitale (MOs) von Methan CH4

Page 24: Organische Chemie Uniskript 1

24

CH4 MOs2

Elektronenkonfiguration von Methan CH4

E

σ

π

π∗

σ∗

Wegen der hohen Symmetrie des CH4 sind die π und π* jeweils energiegleich (entartet).

Damit ergibt sich folgende Sequenz: σ < π < π* < σ*.

Die vier bindenden MOs (ein σ und drei π MOs) werden mit jeweils zwei Elektronen mit

antiparallelem Spin besetzt. Dies entspricht den vier "klassischen" C-H-Bindungen. Alle vier H-

Atome werden in gleicher Weise mit dem C-Atom gebunden. Die vier C-H-Bindungen sind also

äquivalent (gleich lang, stark, polar, ...)

Die vier antibindenden MOs (ein σ* und drei π*) bleiben im elektronischen Grundzustand

unbesetzt. Es handelt sich um die energetisch günstigste Struktur von CH4. Bei einer quadratisch-planaren

Struktur würde ein C-2p AO nicht zur Bindung beitragen.

Page 25: Organische Chemie Uniskript 1

25

diatomics

Elektronenkonfiguration und Bindung in homoatomaren zweiatomigen Molekülen

E

Aus: P.W. Atkins, Physical Chemistry, 2. Aufl., Oxford University Press, Oxford, 1983.

Beispiele Ne2: 1sσ2 1sσ*2 2sσ2 2σs*2 2pπ4 2pσ2 2pπ∗4 2pσ*2

10 Elektronen in bindenden MOs, 10 Elektronen in antibindenden MOs keine Bindung

F2: 1sσ2 1sσ*2 2sσ2 2σs*2 2pπ4 2pσ2 2pπ∗4

10 Elektronen in bindenden MOs, 8 Elektronen in antibindenden MOs Einfachbindung

O2: 1sσ2 1sσ*2 2sσ2 2σs*2 2pπ4 2pσ2 2pπ∗2

10 Elektronen in bindenden MOs, 6 Elektronen in antibindenden MOs Doppelbindung

Einfachbesetzung der beiden 2pπ∗-MOs Triplett-Grundzustand (Hundsche Regel)

N2: 1sσ2 1sσ*2 2sσ2 2σs*2 2pπ4 2pσ2

10 Elektronen in bindenden MOs, 4 Elektronen in antibindenden MOs Dreifachbindung

C2: 1sσ2 1sσ*2 2sσ2 2σs*2 2pπ4 8 Elektronen in bindenden MOs, 4 Elektronen in antibindenden MOs Doppelbindung

Page 26: Organische Chemie Uniskript 1

26

Elektronenkonfiguration und sp3-Hybridisierung des C-Atoms

Grundzustand

1s2 2s2 2p2

angeregter Zustand

1s2 2s1 2p3

sp3-Hybridzustand

1s2 (sp3)4

E

Page 27: Organische Chemie Uniskript 1

27

sp3-Hybridisierung und Tetraederstruktur von Methan CH4

Page 28: Organische Chemie Uniskript 1

28

Spektren von Propionamid

CH3-CH2-CO-NH2 Infrarot-Spektrum

13C-NMR-Spektrum

Massenspektrum 1H-NMR-Spektrum

Page 29: Organische Chemie Uniskript 1

29

O R G A N I S C H E C H E M I E I OC1-10 P. Rademacher n-Alkane CnH2n+2 H-(CH2)n-H n Formel Name Isomerenzahl Sdp./°C Schmp./°C

1 CH4 Methan 1 -162 -182

2 C2H6 Ethan* 1 -89 -183

3 C3H8 Propan 1 -42 -190

4 C4H10 Butan 2 0 -138

5 C5H12 Pentan 3 36 -130

6 C6H14 Hexan 5 69 -95

7 C7H16 Heptan 9 98 -91

8 C8H18 Octan 18 126 -57

9 C9H20 Nonan 35 151 -54

10 C10H22 Decan 75 174 -30

11 C11H24 Undecan 159 196 -26

12 C12H26 Dodecan 355 216 -10

13 C13H28 Tridecan 802 235 -6

14 C14H30 Tetradecan 1 858 254 6

15 C15H32 Pentadecan 4 347 271 10

16 C16H34 Hexadecan 10 359 287 18

17 C17H36 Heptadecan 24 894 303 22

18 C18H38 Octadecan 60 523 317 28

19 C19H40 Nonadecan 148 284 330 32

20 C20H42 Icosan 366 319 343 37

30 C30H62 Triacontan 4 111 846 763 461 66

* Bis 1975 deutsch Äthan

Page 30: Organische Chemie Uniskript 1

30

O R G A N I S C H E C H E M I E I OC1-Alkane P. Rademacher Schmelz- und Siedepunkte von n-Alkanen

-200

-100

0

100

200

300

400

500

0 5 10 15 20 25 30

n-Alkane CnH2n+2

Sdp.

Schmp.

° C

nalkane.plt

Page 31: Organische Chemie Uniskript 1

31

CH4-Modelle

Stab-, Kugel-Stab- und Kalottenmodell von Methan

Übliche Formelschreibweise

H

H

H

H

H

H

H

HCH4

Page 32: Organische Chemie Uniskript 1

32

Beispiel für ein verzweigtes Alkan

C34H70 4,7-Diethyl-3,5,9,13-tetramethyl-6-(2-methyl-butyl)-12-propyl-octadecan

Page 33: Organische Chemie Uniskript 1

33

Nomenklatur höherer verzweigter Alkane OC1-13

IUPAC-Regeln (seit 1892, Genfer Nomenklatur)

1) Die längste Kette bestimmt den Namen.

2) Die C-Atome der Kette werden nummeriert.

Dabei erhalten die substituierten Atome möglichst kleine Ziffern.

3) Die Substituenten werden mit ihrer Platzziffer in alphabetischer Reihenfolge

dem Namen vorangestellt.

4) Die Namen der Substituenten leiten sich vom Stamm-Kohlenwasserstoff ab

und enden auf -yl.

5) Die Anzahl gleicher Substituenten wird mit

di-, tri-, tetra-, penta-, hexa-, hepta-, usw.

bzw. bei substituierten Substituenten mit

bis-, tris-, tetrakis-, pentakis-, hexakis- usw.

bezeichnet.

Diese Präfixe bleiben bei der Festlegung der alphabetischen Reihenfolge der

Substituenten außer Betracht.

Page 34: Organische Chemie Uniskript 1

34

Literatur zum Thema Kohlenwasserstoffe Hopf, H. Classics in Hydrocarbon Chemistry; Wiley-VCH: Weinheim, 2000. € 79,-

Literatur zum Thema Isomerie

N. Trinajstic, Chemical graph theory; CRC Press, Boca Raton, Florida, 1983. UB: 31 UNRA 152

C. Y. Yeh, Isomer enumeration of alkenes and aliphatic cyclopropane derivatives, J. Chem. Inf.

Comput. Sci. 1996, 36, 854-856.

A simple algorithm for counting constitutional isomers of alkanes, single C-atom isotopically

labeled alkanes, and monosubstituted alkanes is reported.

(Turbo Pascal Programm zur Berechnung der Isomerenanzahl von Alkanen)

Page 35: Organische Chemie Uniskript 1

35

Konformationsverhalten von Ethan

H

H H

H

H HH

H H

HH

H

H

HH

H H

HH

HH

HH

Heklipt. K. (I) gestaffelte K. (II)

ekliptische Konformation I gestaffelte Konformation II

Sägebock-Formeln und Newman-Projektionen Römpp Lexikon der Chemie

P. Rademacher, Strukturen organischer Moleküle, Verlag Chemie, Weinheim 1987.

Page 36: Organische Chemie Uniskript 1

36

Konformationsverhalten von Propan

P. Rademacher, Strukturen organischer Moleküle, Verlag Chemie, Weinheim 1987.

P. Rademacher, Strukturen organischer Moleküle, Verlag Chemie, Weinheim 1987.

Page 37: Organische Chemie Uniskript 1

37

Konformationsverhalten von Butan P. Rademacher, Strukturen organischer Moleküle, Verlag Chemie, Weinheim 1987.

Page 38: Organische Chemie Uniskript 1

38

Konformationsnomenklatur

P. Rademacher, Strukturen organischer Moleküle, Verlag Chemie, Weinheim 1987.

Page 39: Organische Chemie Uniskript 1

39

Ringinversion von Cyclohexan

Page 40: Organische Chemie Uniskript 1

40

Cyclobutan

Konformationen von Cycloalkanen

Cyclopentan

Page 41: Organische Chemie Uniskript 1

41

Cyclohexan, Sesselform

Adamantan Twistan

Page 42: Organische Chemie Uniskript 1

42

Energiediagramm für eine bimolekulare Reaktion

Page 43: Organische Chemie Uniskript 1

43

Energiediagramm für die Radikalische Substitution SR

Edukte / Produkte

Zwischenprodukte

Ea = 4 kJ/mol

Ea = 17 kJ/mol

Übergangszustände

Reaktionskoordinate Energiediagramm für die Chlorierung eines Alkans (Kettenreaktion)

Page 44: Organische Chemie Uniskript 1

44

Literatur zum Thema Reaktionsmechanismen

P. Sykes, Wie funktionieren organische

Reaktionen? Reaktionsmechanismen für

Einsteiger, 2. Aufl., Wiley-VCH, Weinheim.

27,90 €

P. Sykes, Reaktionsmechanismen der Organischen Chemie. Eine

Einführung, 9. Aufl., Wiley-VCH, Weinheim, 1988.

34,00 €

Page 45: Organische Chemie Uniskript 1

45

Chiralität und Stereoisomerie

Weinbergschnecke (helix pomatia)

P-[13]-Helicen M-[6]-Helicen

Makroskopische und molekulare Chiralität

Wiley-VCH, Weinheim, 1999.

Natürliche Vorbilder. Chirale Objekte. Analogien fördern das Verständnis.

Page 46: Organische Chemie Uniskript 1

46

mit 2 rechten Händen mit 2 linken Händen

Die Spiegelung eines chiralen Objektes ergibt ein nicht-deckungs-gleiches neues Objekt. Chiralität bedeutet Händigkeit.

Nefertari, Gemahlin Ramses II.

Nefertari war die Lieblingsgemahlin von Ramses II. Sie ist auf vielen seiner Statuen - zumeist wesentlich kleiner als der grosse R. - dargestellt. Chiralität bedeutet Händigkeit. Die Händigkeit der Moleküle.

Page 47: Organische Chemie Uniskript 1

47

Konfigurationsisomerie

Konfigurationsisomere besitzen die gleiche Konstitution,aber eine unterschiedliche räumliche Gestalt.

J.L. Gay-Lussac entdeckte 1826 die Isomerie von Weinsäure und Traubensäure.L. Pasteur gelang 1853 die Trennung der Isomeren.

H OHOH H

CO2H

CO2H

OH HH OH

CO2H

CO2H

H OHH OH

CO2H

CO2H

(+)-Weinsäure (-)-Weinsäure

racemische Weinsäure = Traubensäure

meso-Weinsäure

L. Pasteur (1822-1895)

C4H6O6

J.L. Gay-Lussac (1778-1850) entdeckte 1826 die Isomerie von Weinsäure und Traubensäure. L. Pasteur gelang 1853 die Trennung der Isomeren. Die Erklärung dieser Form der Isomerie war erst später möglich. Die obigen Formeln stammen von E. Fischer (1852-1919). (+) und (-) bedeutet, dass die Verbindungen linear polarisiertes Licht im Uhrzeigersinn oder gegen den Uhrzeigersinn (nach rechts oder links) drehen.

Page 48: Organische Chemie Uniskript 1

48

Grundlagen der Stereochemie:die dreidimensionale Gestalt der Moleküle

Erklärung der durch die Annahme asymmetrischer Kohlenstoff-Atome (1874).

Van‘t Hoffs dreidimensionale Modelle(Rijksmuseum voor de Geschiedenisder Natuurwetenschapen, Leiden)

Jacobus Henricusvan‘t Hoff (1852-1911)

Joseph Achille le Bel (1847–1930)

Konfigurationsisomerie

Beide Wissenschaftler waren zu diesem Zeitpunkt noch sehr jung. Van‘t Hoff war stellungsloser Junglehrer. Erster Nobelpreis für Chemie. The Nobel Prize in Chemistry 1901: Jacobus Henricus van‘t Hoff (1852-1911), Prof. für Physikal. Chemie, Univ. Amsterdam u. Berlin. "in recognition of the extraordinary services he has rendered by the discovery of the laws of chemical dynamics and osmotic pressure in solutions“ Joseph Achille le Bel (1847–1930), Privatgelehrter in Paris. Arbeitsgebiete: Erklärung der optischen Aktivität organischer Verbindungen durch die Annahme asymmetrischer Kohlenstoff-Atome (1874, gleichzeitig mit, aber unabhängig von van't Hoff).

Page 49: Organische Chemie Uniskript 1

49

Asymmetrisches C-Atom

570 (31 %)*)475 (26 %)805 (43 %)1850

chiral, reinchiral, racemischnicht-chiralGesamtzahl

O

OHC

I

I

I

I

*) 2000: 40 %

Arzneimittel - Wirkstoffe (1993)

AsymmetrischesC-Atom

NH2

CO2H

H

Chemical & Engineering News, 1.10.2001: Im Jahre 2000 wurden weltweit enantiomerenreine Pharmaka im Wert von US$ 133 Milliarden verkauft. 40 % aller Pharmaka enthalten nur ein Enantiomer.

Page 50: Organische Chemie Uniskript 1

50

Contergan

(±)-N-(2,6-Dioxo-3-piperidyl)-phthalimid, C13H10N2O4

Schlafmittel und Sedativum, im Handel 1958-1961, teratogene Wirkung.Beide Enantiomere weisen gleiche sedative Wirkung auf, nur das (S)-(–)-Isomer ist bei Mäusen teratogen.Noch in Gebrauch zur Behandlung entzündlicher Prozesse bei Lepra.(Römmp, Lexikon der Chemie)

Die Lage eines H-Atoms kann die Eigenschaften entscheidend verändern. Es handelt sich um Konfigurationsisomere.

CNH

O

O

O

O

CNH O

O

O

OR(+)-Isomer S(-)-Isomer

Thalidomid (Contergan®):ein janusköpfiges Medikament

( )

NH

NH

Die beiden Isomeren sind Konfigurationsisomere. Sie unterscheiden sind nicht in ihrer Konstitution sondern in ihrer räumlichen Gestalt. Die Moleküle lassen sich durch Spiegelung in einander überführen. Contergan, das den Wirkstoff Thalidomid enthielt, war Ende der 1950er Jahre in Deutschland als Schlaf- und Beruhigungsmittel gebräuchlich und galt seinerzeit im Hinblick auf Nebenwirkungen als besonders sicher. Wurde am 21.11.1961 vom Markt genommen. Durch die Anwendung von Contergan in einem frühen Stadium der Schwangerschaft kam es jedoch zu schweren Missbildungen der ungeborenen Kinder. In den Jahren 1958 bis 1961 wurden weltweit etwa 10 000 Kinder mit Missbildungen der Gliedmaßen geboren. Davon allein in Deutschland, wo das Arzneimittel stark verbreitet war, ca. 4000 behinderte Kinder. Besonders tragisch ist der Umstand, dass es mehrere Jahre dauerte, in denen missgebildete Kindern geboren wurden, bis endlich die Zusammenhänge mit der Einnahme von Contergan erkannt und vor allem anerkannt wurden und notwendige Schritte eingeleitet wurden. Contergan ist bis heute, rund vierzig Jahre nach der Katastrophe, ein Mahnmal, für die Bedeutung von Qualität und vor allem Sicherheit von Arzneimitteln. Ferner soll Contergan als Symbol für die Dringlichkeit stehen, das ungeborene Leben bei medizinischen Behandlungen und Untersuchungen optimal zu schützen. 1954 synthetisiert, wirksames Schlafmittel und Sedativum, im Handel 1958-1961, teratogene Wirkung. Racemattrennung: beide Enantiomere weisen gleiche sedative Wirkung auf, nur das (S)-(–)-Isomere ist bei Mäusen teratogen. Noch in Gebrauch zur Behandlung entzündlicher Prozesse bei Lepra.

Page 51: Organische Chemie Uniskript 1

51

Polarimeter

Page 52: Organische Chemie Uniskript 1

52

Konfigurations-Nomenklatur

R,S-System nach Cahn, Ingold, Prelog (CIP)

1) Die vier Substituenten am Asymmetriezentrum werden gemäß den Sequenzregeln nach ihrem Rang geordnet.

a > b > c > d 2) Das Molekül wird von der Seite aus betrachtet, die dem Substituenten mit dem

niedrigsten Rang (d) abgewendet ist. 3) Entspricht die Reihenfolge der Substituenten a,b,c einer

Rechtsdrehung (Uhrzeigersinn), so erhält das Zentrum das Symbol R, Linksdrehung (Gegenuhrzeigersinn), so erhält es das Symbol S.

R von lat. rectus = rechts S von lat. sinister = links

a

b c

d a

bc

d

S R

Page 53: Organische Chemie Uniskript 1

53

Halogenkohlenwasserstoffe und andere Halogenverbindungen

DDT = Dichlor-Diphenyl-Trichlorethan, Insektizid IUPAC-Name: 1,1,1-Trichlor-2,2-bis(4-chlorphenyl)ethan

CCl3

CH

Cl Cl

H H

C l

C l

C l C l H

C l

H

C l

H H

H ClCl

HCl

HHCl

Cl

H

H

Cl

γ-HCH, Insektizid 1,2,3,4,5,6-HexaChlorcycloHexan, γ-Isomer (eee aaa)

O

OCl

Cl Cl

Cl TCDD, "Sevesogift" 2,3,7,8-TetraChlor-Dibenzo-1,4-Dioxin

ClCl

O

NO2

Nitrofen 1,3-Dichloro-2-(4-nitro-phenoxy)-benzen oder 2,4-Dichlorophenyl-p-nitrophenylether

Page 54: Organische Chemie Uniskript 1

54

PCB, globale Umweltgifte

PolyChlorBiphenyle (schwer trennbares Gemisch)

X

X X

XX X X

X

XX

X = H oder Cl C12H10-nCln

O

Cl

CN, Tränenreizstoff ("Tränengas", chemische Keule)

ChloracetophenoN Inhalations-Anästhetika

H C O C C H

F

F

F

F

F

Cl

H C O C C H

H

H

F

F

Cl

Cl Enfluran Methoxyfluran (2-Chlor-1,1,2-trifluorethyl)- (2,2-Dichlor-1,1-difluorethyl)- difluormethyl-ether methylether

F C C Br

F

F

Cl

H

Halothan 1-Brom-1-chlor-2,2,2-trifluorethan

Page 55: Organische Chemie Uniskript 1

55

Nucleophile Substitution von Halogenalkanen R-X

Page 56: Organische Chemie Uniskript 1

56

Nucleophile Substitution

Energiediagramm Sn2 SN1 Sterischer Verlauf der Sn2-Reaktion: Inversion Sterischer Verlauf der SN1-Reaktion: Racemisierung

Page 57: Organische Chemie Uniskript 1

57

Lösungsmittel Unpolare Lösungsmittel

niedrige Dielektrizitätskonstante (ε<15), niedriges Dipolmomente (µ<2,5 D)

Polare Lösungsmittel

hohe Dielektrizitätskonstante (ε>15), hohes Dipolmomente (µ>2,5 D

Aprotische Lösungsmittel

sind keine (bzw. sehr schwache) Brönsted-Säuren

Protische Lösungsmittel

sind (zumeist schwache) Brönsted-Säuren

Beispiele: 1. Unpolare Lösungsmittel

Kohlenwasserstoffe (Petrolether, Pentan, Hexan, Cyclohexan, Benzen, Toluen, ...),

Schwefelkohlenstoff (CS2), Tetrachlormethan (CCl4)

2. Polare protische Lösungsmittel

Wasser, Alkohole, Carbonsäuren

3. Polare aprotische Lösungsmittel

Chloroform (CHCl3), Aceton, Nitromethan, Dimethylsulfoxid, N,N-Dimethylformamid, Ether

Literatur C. Reichardt, Solvents and Solvent Effects in Organic Chemistry, 2. Aufl., VCH Verlagsges. ,

Weinheim 1988. <31 URD1116(2)>

Page 58: Organische Chemie Uniskript 1

58

Phasentransferkatalyse

N+

N+

Cl-Cl-

Phasengrenze

Wäßrige Phase

R4N+CN- + R'Cl R4N+Cl- + R'CN

R4N+CN- + Na+Cl- R4N+Cl- + Na+CN-

CH3(CH2)7Cl + Na+CN- CH3(CH2)7CN + Na+Cl- PTC

1-Chloroctan Nonanitril

100 %

ohne PTC keine Reaktion

Organische Phase Typische Phasentransferkatalysatoren R4N+Cl- = Benzyltrimethyl- Benzyltriethyl ammoniumchlorid Adogen 464 (Aliquat 336) = Methyltrioctylammoniumchlorid

N+

Cl-

Page 59: Organische Chemie Uniskript 1

59

Einfluss des Lösungsmittels auf die Reaktivität der nucleophilen Substitution Günstig sind polare, aprotische Lösungsmittel hohe Dielektrizitätskonstante, gute Solvatation von Ionen und polaren Molekülen, auch von Übergangszuständen Beispiel: C4H9-Br + N3

- C4H9-N3 + Br- Lösungsmittel Relative Reaktionsgeschwindigkeit

CH3OH (Methanol) 1

(CH3)2SO (DMSO) 1300

CH3CN (Acetonitril) 5000

[(CH3)2N]3PO (HMPT) 200000

Die Solvatation kann die Reaktivität stark beeinflussen. Protische Lösungsmittel solvatisieren Anionen schwacher Säuren. Z.B. F- ist in H2O ein schlechtes Nucleophil, in HMPT ein gutes Kleine Ionen werden von (kleinen) Solvensmolekülen besser solvatisiert als große. Das führt zu einer höheren Aktivierungsenergie. Beispiel: CH3-I + :Nu- CH3-Nu + I- Freie Aktivierungsenergie ∆G* [kJ mol-1] :Nu- HCO-N(CH3)2 (DMF) <groß> CH3OH (Methanol) <klein> Cl- <klein> 16.9 25.0 Br- <mittel> 17.3 23.0 I- <groß> 20.9 18.0

Page 60: Organische Chemie Uniskript 1

60

Alkene

Alken Name Schmp.°C

Sdp. °C

H2C=CH2 Ethen, Ethylen -169 -104

CH3-CH=CH2 Propen, Propylen -185 -47

C2H5-CH=CH2 1-Buten -185 -6

C CH2

CH3

CH3

Isobuten,

2-Methylpropen

-141 7

CH3-CH=CH-CH3 2-Buten

C CCH3 CH3

H H

cis-2-Buten,

(Z)-2-Buten

-139 4

C CCH3 H

H CH3

trans-2-Buten,

(E)-2-Buten

-106 1

(unbeständig) Cyclopropen -36 ?

Cyclopenten -135 44

Cyclohexen -104 83

Page 61: Organische Chemie Uniskript 1

61

Konfigurationsisomerie von Alkenen cis/trans-Isomerie, E/Z-Isomerie Ethen Struktur π-MO H H

XX

H X

HX

(Z)- oder cis- (E)- oder trans-

Z = zusammen E = entgegen

Energiebarrieren der Konfigurationsisomeren der Konformeren des Butans des 2-Butens

Page 62: Organische Chemie Uniskript 1

62

Diels-Alder-Reaktion

CN

CNNC

NCCN

CNNCNC

O

O

O

O

HH

O

O

O

O

O

OO

OHH

Anthracen"Dien"

Tetracyanoethen"Dienophil"

"Cycloaddukt"

9,10-Dihydro-9,10-ethano-anthracen-11,11,12,12-tetracarbonitril

farblos farblos gelb

Die Edukte bilden einen dunkelgrünenChargetransfer-Komplex, dessen Farbebei der Reaktion verschwindet.

+

+

+

exo-Addukt(stabiler)

endo-Addukt(weniger stabil)

Es entsteht nur das endo-Addukt(kinetische Reaktionskontrolle)

Cyclopentadien Maleinsäure-anhydrid

Page 63: Organische Chemie Uniskript 1

63

OC1-27

Polymere

CH2 CH CO2H Polyacrylsäure Poly-Na-Salz: Superabsorber

Page 64: Organische Chemie Uniskript 1

64

Polymerisationverfahren R

A K

adikal. P.: R 1 R2

C C

Initiation

R 2-

-

C C

-

C C

C C

M

B

+

+

+

+

nion. P.: MA

ation. P.: HB

oordinative P.: LnMR

+

+

+

+

C C

C C

C C

C C

Propagation

R1 C C

C C

C C

C C R

A

H

LnM

C C C C1R

A C C C C

C C C C

MnL C C C C

H-

-

+

-

+

+

R

K (P. = Polymerisation, M = Metall(ion), A = Anion, HB = Säure, L = Ligand)

Page 65: Organische Chemie Uniskript 1

65

Hydrierwärme und Mesomerieenergie von Benzen

H. Quast, Würzburg

Die Mesomeriestabilisierungsenergie des Benzens beträgt 151 kJ mol-1.

Page 66: Organische Chemie Uniskript 1

66

C6H6Stab

Benzen: Trennung von σ- und π-Elektronenenergie

H. Quast, Würzburg Weiterführende Literatur Siehe z.B.: [1] K. Jug, P. Hiberty, S. Shaik, σ-π energy separation in modern electronic theory for ground

states of conjugated systems, Chem. Rev. 2001, 101, 1477-1500. [2] S. Shaik, A. Shurki, D. Danovich, P. Hiberty, A different story of π-delocalization - The

distortivity of π-electrons and its chemical manifestations, Chem. Rev. 2001, 101, 1501-1539.

Page 67: Organische Chemie Uniskript 1

67

Wichtige Benzenderivate CH3 CO2H OH NH2

Cl CH2Cl CHO NO2

C2H5

Toluen(Toluol)

Benzoesäure Phenol Anilin

Chlorbenzen Benzylchlorid Benzaldehyd Nitrobenzen

Ethylbenzen Cumen(Cumol)

Styren(Styrol)

C6H5PhenylrestPh

Page 68: Organische Chemie Uniskript 1

68

π-MOs von Cyclobutadien, Benzen und Cyclooctatetraen

Cyclobutadien: 4 π-Elektronen, Hückel-antiaromatisch

Knotenebenen: 0 2 2 4

Benzen: 6 π-Elektronen, Hückel-aromatisch

Knotenebenen:

0 2 2 4 4 6

Cyclooctatetraen: 8 π-Elektronen, Hückel-antiaromatisch

Knotenebenen: 0 2 2 4 4 6 6 8

Page 69: Organische Chemie Uniskript 1

69

π-MOs und Molekülstruktur von Cyclobutadien, Benzen und Cycloctatetraen

Page 70: Organische Chemie Uniskript 1

70

π-MO-Energieniveaus und Elektronenkonfiguration bei cyclisch konjugierten Polyenen und Polyen-Ionen

Page 71: Organische Chemie Uniskript 1

71

Energieprofil und Zwischenstufen der elektrophilen Substitution von Benzen

Page 72: Organische Chemie Uniskript 1

72

OC1-32

Zusammenfassung: Organische Chemie I (Kohlenwasserstoffe) Verbindungen funktionelle Gruppe Alkane keine Halogenalkane Hal Alkene C=C Alkine C≡C Aromatische KW z. B.

Reaktion Mechanismus Substitution SR, SN1, SN2, SNi, SE Addition AR, AE, Cycloaddition Eliminierung E1, E2, E1cb Molekülstruktur Chemische Bindung Konstitution Hybridisierung Konformation σ-Bindung Konfiguration π-Bindung polare Bindung Isomerieformen induktiver Effekt mesomerer Effekt hyperkonjugativer Effekt sterischer Effekt

Aromatizität

π-Elektronendelokalisierung Reagenzien Nucleophile Elektrophile Radikale