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Organische Feldeffekttransistoren mit polarisierbarem Isolator Der Naturwissenschaftlichen Fakult¨ at der Friedrich-Alexander-Universit¨ at Erlangen-N ¨ urnberg zur Erlangung des Doktorgrades Dr. rer. nat. vorgelegt von Katharina Sch¨ atzler aus Mainz

Organische Feldeffekttransistoren mit polarisierbarem Isolator · Organische Feldeffekttransistoren mit polarisierbarem Isolator Der Naturwissenschaftlichen Fakultat¨ der Friedrich-Alexander-Universit¨at

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Organische Feldeffekttransistoren mitpolarisierbarem Isolator

Der Naturwissenschaftlichen Fakultat

der Friedrich-Alexander-Universitat Erlangen-Nurnberg

zur Erlangung des Doktorgrades Dr. rer. nat.

vorgelegt von

Katharina Schatzler

aus Mainz

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Als Dissertation genehmigt

von der Naturwissenschaftlichen Fakultat

der Friedrich-Alexander-Universitat Erlangen-Nurnberg

Tag der mundlichen Prufung: 13. Mai 2011

Vorsitzender der Promotionskommission: Prof. Dr. Rainer Fink

Erstberichterstatter: Prof. Dr. Heiko B. Weber

Zweitberichterstatter: Prof. Dr. Gottfried Dohler

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Inhaltsverzeichnis

1 Einfuhrung 1

2 Grundlagen 5

2.1 Organische Feldeffekttransistoren . . . . . . . . . . . . . . . . 6

2.1.1 Ladungstransport im organischen Halbleiter . . . . . . . 6

2.1.2 Funktionsweise und Charakterisierung . . . . . . . . . . 11

2.1.3 Statische Modellierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

2.2 Dielektrische Eigenschaften von Isolatoren . . . . . . . . . . . 20

2.2.1 Orientierungspolarisation . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

2.2.2 Ionische Leitfahigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

2.3 Grenzflachenphanomene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

3 Simulation der Ionendynamik im Isolator 35

3.1 Transportmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

3.1.1 Drift und Diffusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

3.1.2 Zeitliche und raumliche Entwicklung . . . . . . . . . . 41

3.2 Modell fur OFETs und Kondensatoren . . . . . . . . . . . . . . 44

3.3 Schaltverhalten ionischer OFETs . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

3.3.1 Einschaltvorgang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

3.3.2 Ausschaltvorgang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58

3.3.3 Transistorstrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

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ii Inhaltsverzeichnis

3.4 Einfluss physikalischer Parameter . . . . . . . . . . . . . . . . 68

3.4.1 Halbleiterbeweglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 68

3.4.2 Ionendichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70

3.4.3 Ionenbeweglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71

3.4.4 Variation der Gatespannung . . . . . . . . . . . . . . . 75

3.5 Zusammenfassende Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78

4 Experimentelle Methoden 81

4.1 Materialien und Herstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81

4.1.1 Substrat und Elektroden . . . . . . . . . . . . . . . . . 81

4.1.2 Halbleiter und Isolator . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84

4.1.3 Einflussfaktoren der Herstellung . . . . . . . . . . . . . 86

4.2 Messmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87

5 Ionenangereicherte Transistoren 91

5.1 Variation der Elektrolyte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91

5.1.1 Perchlorate im Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . 95

5.2 Lithiumperchlorattransistoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97

5.2.1 Einfluss der Ionenkonzentration . . . . . . . . . . . . . 102

5.2.2 Grenzflachenphanomene . . . . . . . . . . . . . . . . . 107

5.2.3 Einfluss der Gatespannung . . . . . . . . . . . . . . . . 112

5.2.4 Einfluss der Temperatur . . . . . . . . . . . . . . . . . 114

5.3 Dielektrische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118

5.3.1 Gleichstromleitfahigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 124

5.3.2 Nyquist-Plot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126

5.4 Langzeitmessung an Kondensatoren . . . . . . . . . . . . . . . 129

5.5 Simulierte Transistorstrome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132

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Inhaltsverzeichnis iii

6 Zusammenfassung und Ausblick 139

7 Summary and Outlook 145

Literaturverzeichnis 149

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1 Einfuhrung

Organische Elektronik hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einer wich-tigen Forschungs- und Entwicklungsrichtung entwickelt [1]. Der wirtschaft-liche Durchbruch, der z. B. mit organischen Solarzellen oder RFID (RadioFrequency Identification) Etiketten gelingen konnte, steht jedoch noch be-vor [2]. Die Vorteile dieser Technologie liegen auf der Hand: Die Materiali-en lassen sich aus Losung verarbeiten, so dass aus ihnen aufgebaute Schal-tungen in Druck- oder Beschichtungsverfahren kostengunstig und in sehr ho-hen Stuckzahlen hergestellt werden konnen [3] [4] [5]. Diese Vorteile mussenallerdings den Nachteil der deutlich geringeren Leistungsfahigkeit aufwiegen.Die Hauptursache fur die geringere Leistungsfahigkeit liegt in der niedrigenLadungstragerbeweglichkeit organischer Halbleiter. Im Vergleich zu kristalli-nem Silizium mit einer Ladungstragerbeweglichkeit in der Großenordnung vonµHl ≈ 103 cm2/V s liegt die Ladungstragerbeweglichkeit von Polythiophen, ei-nem typischen organischen Halbleiter, um mehrere Großenordnungen niedrigerbei ungefahr µHl ≈ 10−2 cm2/V s [6].

Aktuell existieren mehrere Strategien, dem Umstand der geringen Lei-stungsfahigkeit zu begegnen. Sie lassen sich am Besten am Beispiel der Funk-tionalitat des Transistors diskutieren, da dieser das Basiselement komplexerelektrischer Schaltungen ist. Eine gewunschte Verbesserung organischer Tran-sistoren setzt an der Abhangigkeit des Transistorstroms IDS an. Dieser hangtnach der Standardtheorie [7] [8] fur Transistoren bei kleinen Drainspannungen(UDS < UGS −Uth) naherungsweise von folgenden physikalischen und geome-trischen Parametern ab:

IDS ∝ε0εInsdIns

W

LµHl(UGS − Uth)UDS (1.1)

Dabei ist UGS die Gatespannung und Uth die Schwellspannung des Transi-stors.W/L sind geometrische Großen, genauer KanalweiteW und -langeL. εIns

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2 KAPITEL 1. EINFUHRUNG

ist die Dielektrizitatskonstante des Isolators und dIns die im Transistor realisier-te Isolatorschichtdicke. µHl ist die Ladungstragerbeweglichkeit des organischenHalbleiters.

An der Gleichung ist zu erkennen, dass zunachst die Moglichkeit besteht,den Transistorstrom durch eine Vergroßerung des Geometrieverhaltnisses W/Lzu erhohen. Dieses Vorgehen wird z. B. in [9] oder [11] demonstriert und sollhier nicht betrachtet werden. Es handelt sich um eine rein geometrische Optimie-rung, die als Grenze die technisch mogliche Strukturauflosung hat. Zu beachtenist dabei, dass eine Vergroßerung der Transistorflache die Defektanfalligkeit desBauteils erhoht. Ebenso soll die Erhohung der Schaltspannungen hier nicht be-trachtet werden, da diese Optimierung durch die Durchbruchfeldstarke in derGroßenordnung von einigen Megavolt pro Zentimeter [10] limitiert wird.

Neben der Geometrie und den Schaltspannungen kann nach Gleichung 1.1die Leistungsfahigkeit des Transistors uber eine Optimierung des Halbleitersbzw. des Isolatormaterials verbessert werden. Das Halbleitermaterial ist fur die-se Arbeit durch das gangige Polythiophen gegeben. Somit kristallisiert sich derIsolator als großer Einflussfaktor auf den Transistorstrom IDS heraus. Sein Ein-fluss zeigt sich im ersten Term in Gleichung 1.1. Eine Verstarkung des Stromesdurch Manipulation des Isolators kann durch zwei verschiedene Strategien ver-folgt werden: Erhohung der Dielektrizitatskonstante εIns des Isolators oder Ver-ringerung der Schichtdicke dIns des Materials. Die Moglichkeit der Verringerungder Schichtdicke ist aufgrund der endlichen Durchbruchfeldstarke organischerIsolatoren begrenzt. Sie fuhrt zu elektrischem Durchschlag des Materials bei Re-duzierung der Dicke. Eine erfolgreiche Umgehung dieser Beschrankung wirdz. B. durch den Einsatz sehr dunner, selbsorganisierender Molekulschichten, sog.SAMs (self assembling monolayers), erreicht. Hier entstehen durch eine sehr ho-he molekulare Packungsdichte wenige Nanometer dicke und defektfreie Schich-ten [12] [13] [14]. Hohe Durchbruchfeldstarken erreichen auch Sirringhaus etal [15] bzw. Facchetti et al [16] durch den Einsatz dunner verlinkender bzw. fo-toverlinkender polymerer Filme.

Als wichtige Einflussgroße bleibt somit die Erhohung der Dielektri-zitatskonstante [10], die durch die Wahl eines stark polarisierenden [17]oder ionenleitenden Materials [18] umgesetzt wird. Im ersten Fall wirddie Dielektrizitatskonstante εIns um den Beitrag der Orientierungspolarisati-on εpol erhoht. Beide Phanomene verursachen die Ausbildung einer Grenz-flachenladung im Isolator, die die kapazitive Wirkung des Materials erhoht. Ha-ben nicht polarisierende organische Isolatoren wie z. B. PMMA eine Dielektri-

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zitatskonstante von ca. 2-4, so zeigt z. B. das haufig verwendete polarisierendePoly(Vinylidenfluorid/Trifluoroethylen), kurz P(VDF-TrFe), einen Wert von ca.11 [19].

Ionenleitende Isolatoren, die eine Raumladungspolarisation der komplettenMaterie aufweisen, versprechen eine noch starkere Erhohung der Dielektri-zitatskonstante. So realisieren Bergreen et al [20] [21] organische Feldeffekttran-sistoren auf Basis eines flussigen Elektrolytisolators. Sogenannte Gel-Elektrolyt-Transistoren werden von Frisbie et al [22] [23] demonstriert. Diese Beispielehaben gemeinsam, dass die Ionenleitung im Isolator die Transistorstrome durchIonenakkumulation an den Grenzflachen erfolgreich erhoht. Die Ionenleitungentspricht einem Transportprozess der Ionen durch die polymere Isolatormatrix,dessen Leitfahigkeit von der Beweglichkeit und der Dichte der Ionen abhangt.Faktoren wie die intermolekulare Wechselwirkung der polymeren Ketten des Iso-latormaterials und die Ionen-Ketten Wechselwirkung spielen dabei eine wichtigeRolle [24] [25].

Fur sich genommen, sind polymere Isolatoren eher schlechte Ionenleiter. Die-se Tatsache hat deutliche Auswirkungen auf die Leistungsfahigkeit der Bautei-le [24]. Die geringe Beweglichkeit der Ionen verursacht z. B. sehr lange Schalt-geschwindigkeiten zwischen dem Ein- und Aus-Zustand in ionenleitenden Tran-sistoren. Ihre Charakteristik wird von einer ausgepragten Zeitabhangigkeit do-miniert. Ein erfolgreicher Einsatz ionenleitender Isolatoren wird daher immerdavon abhangen, die Vorteile der Transistorstromverstarkung mit den Nachtei-len des Verlusts der Schaltgeschwindigkeit der Transistoren abzuwagen. In denoben aufgefuhrten Beispielen konnte die Schaltgeschwindigkeit der Transistorendurch Verwendung einer flussigen bzw. einer gelartigen Isolatormatrix optimiertwerden, die verbesserte Ionenbeweglichkeiten ermoglicht.

Diese Optimierung setzt ein Verstandnis fur den Transportprozess der Ionenin der Isolatormatrix voraus. Said et al [26] entwickelten z. B. ein Modell eineskomplett relaxierten p-e-n Bauteils, das jedoch nur einen stationaren Zustand desSystems beschreibt. Insgesamt hat die Modellierung des vielseitigen Phanomensder Ionenleitung in polymeren Isolatoren bisher kaum stattgefunden [24]. Es-sentiell fur das Verstandnis ist hier vor allem ein dynamisches Modell, das esermoglicht, die zeitabhangige Bauteilcharakteristik zu simulieren.

Die vorliegende Arbeit setzt an dieser Fragestellung an. Sie hat eine Model-lierung der Zeitabhangigkeit ionenleitender Transistoren und dadurch ein besse-res Verstandnis der dynamischen Vorgange zum Ziel. Die ionenleitenden Tran-

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4 KAPITEL 1. EINFUHRUNG

sistoren werden auf der Basis der organischen Elektronik der Firma PolyIC inFurth entwickelt. Zum Verstandnis der in Material und Transistor stattfindendenProzesse wird eine vielseitige Analyse der Transistorcharakteristik durchgefuhrt.Sie fuhrt zu einer Modellbildung der Transportprozesse, die eine qualitative undquantitative Diskussion des zeitabhangigen Transistorverhaltens ermoglicht.

Im Detail erlautert Kapitel 2 zunachst die Grundlagen fur das Verstandnisder Funktionsweise organischer Feldeffekttransistoren. Es gibt zusatzlich einenUberblick uber die dielektrischen Eigenschaften insbesondere ionenleitender Iso-latoren. In Kapitel 3 wird die Simulation fur den Ionentransport in Isolatorenaufbauend auf dem Drift- und Diffusionsmodell detailliert entwickelt. Die Dis-kussion des Modells findet mit Hilfe eines simulierten Schaltexperiments furTransistoren statt. Erlauterung der experimentellen Methoden wie Aufbau undtypische Charakterisierung der Transistoren findet in Kapitel 4 statt. Kapitel 5zeigt zunachst den Vergleich verschiedener mit Salz angereicherter Transisto-ren. Anschließend wird u. a. der Einfluss der Ionenkonzentration und der Mess-temperatur auf die Leistungsfahigkeit der LiClO4 Transistoren untersucht. DieDiskussion der dielektrischen Eigenschaften des modifizierten Isolatormaterialswird mit Hilfe von Impedanzmessungen an Kondensatoren durchgefuhrt. Inten-siv wird das Verstandnis der im Material vorherrschenden Prozesse diskutiert undmit einem Vergleich zwischen Experiment und der Simulation des Drift- und Dif-fusionsmodells abgeschlossen.

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2 Grundlagen

1983 wurde der erste Transistor mit einer organischen halbleitenden Schichtvon Ebisawa et al. [27] prasentiert. Das Grundlagenverstandnis fur halbleitendeMaterialien und fur aus ihnen aufgebaute Bauelemente wurde bis dahin an an-organischen halbleitenden Materialien wie Silizium oder Verbindungshalbleiterwie Gallium-Arsenid entwickelt. Modellvorstellungen der klassischen Halblei-terforschung lassen sich nicht ohne Weiteres auf Materialien und Bauelementeder organischen Klasse zu ubertragen. Der einfache Ubertrag scheitert an dengrundsatzlich anderen Materialeigenschaften wie z. B. dem Ladungstransportme-chanismus. Im Laufe der Jahrzehnte haben viele Wissenschaftler dazu beigetra-gen, Modellvorstellungen fur organische Materialien zu entwickeln. Dabei stehtder Transistor im Mittelpunkt der Anwendungsentwicklung.

Nach einer Einfuhrung in den Ladungstransport organischer Halbleiter wirddie Funktionsweise eines Feldeffekttransistors diskutiert. Zudem wird die Cha-rakterisierung und Modellbildung fur Transistoren erlautert. Anschließend wer-den die Grundlagen zur Analyse dielektrischer Eigenschaften von Isolatoren auf-gefuhrt und im Speziellen der Fall ionenleitender organischer Isolatoren behan-delt. Die beiden aktiven Schichten, Isolator und Halbleiter, grenzen im Bauele-ment aneinander. Diese Grenzflache beeinflusst maßgeblich die Transistoreigen-schaften und wird im abschließenden Kapitel diskutiert.

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6 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN

2.1 Organische Feldeffekttransistoren

Haufig werden schon Bauelemente organisch genannt, die lediglich eine organi-sche halbleitende Schicht besitzen. Im Falle dieser Arbeit bestehen bis auf dieElektroden alle Schichten aus organischen Materialien. Ihre Eigenschaften so-wie die Funktionsweise des organischen Feldeffekttransistors werden im Folgen-den behandelt. Einen guten Uberblick uber das Themengebiet findet sich in denBuchern [14] und [28] oder in den Ubersichtsartikeln [1] [2] [29].

2.1.1 Ladungstransport im organischen Halbleiter

Im Gegensatz zu anorganischen halbleitenden Materialien wie Silizium oder Ger-manium [30] bilden organische Halbleiter wie Polythiophen aufgrund der schwa-chen molekularen Wechselwirkung keine kristalline Struktur aus, es liegt keinelangreichweitige Ordnung vor. Trotz der fehlenden Fernordnung findet Ladungs-transport bei Anlegen eines elektrischen Feldes statt, jedoch mit einer viel gerin-geren Leitfahigkeit als z. B. bei Silizium. Bestimmend und charakteristisch furden Ladungstransport in unterschiedlichen organischen Halbleitern ist ein kon-jugiertes π-Elektronensystem. In ausgedehnten Systemen lasst sich die Konjuga-tion haufig in einer alternierenden Abfolge von Einfach- und Doppelbindungenablesen [31]. Zur Erklarung des Ladungstransports in Polythiophen werden diedie elektronischen Zustande des Monomers Thiophen sowie die intra- und inter-molekularen Wechselwirkungen betrachtet.

S

R

Abbildung 2.1: Das Monomer der Polythiophens.

Das Monomer Thiophen besteht aus einem Ring mit einem Schwefelatomund 4 Kohlenstoffatomen (Abbildung 2.1), wobei die Valenzelektronen beiderAtomarten sp2 hybridisiert sind. Hybridisierung bezeichnet die Ausbildung mo-lekularer Energiezustande der Valenzelektronen mehrerer einzelner Atome aus

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2.1. ORGANISCHE FELDEFFEKTTRANSISTOREN 7

Linearkombinationen der atomaren Energiezustande im Falle von benachbartengleichartigen Atomen. Sie bestimmt die raumliche Verteilung der Aufenthalts-wahrscheinlichkeiten der Elektronen. Im Falle der sp2 Hybridisierung des Koh-lenstoffatoms befinden sich die Aufenthaltswahrscheinlichkeitshaufungen von 3der 4 Valenzelektronen (2s22p2) in einer Ebene mit je 120 Abstandswinkel.Das vierte nicht hybridisierte Valenzelektron, ublicherweise pz-Orbital genannt,steht senkrecht zu dieser Ebene. Der Schwefel mit den Valenzelektronorbitalen3s23p4 ist ebenfalls sp2 hybridisiert und verfugt uber ein doppelt besetztes pz-Orbital. Der Uberlapp der atomaren Energiezustande mit den Energiezustandenbenachbarter Atome fuhrt zu einer Ausbildung von Molekulorbitalen. Im Fal-le des Thiophenrings bilden die uberlappenden pz-Orbitale benachbarter Atomedie π-Orbitale des Molekuls. Die 5 π-Orbitale des Ringmolekuls (je eins proAtom) sind mit 6 Elektronen besetzt und teilen sich auf in drei bindende π- und 2antibindende π∗-Zustande. Im Grundzustand sind die drei energetisch niedrigerliegenden bindenden Zustande des Molekuls mit 6 Elektronen voll besetzt. Dashochste dieser drei Energieniveaus wird mit HOMO (highest occupied molecularorbit), das niedrigste der antibindenden Niveaus mit LUMO (lowest unoccupiedmolecular orbit) bezeichnet.

Transport entlang der Polymerkette

Betrachtet man im Folgenden die Polymerkette der Thiophenmonomere, sowechselwirken nicht nur die Atomorbitale auf einem Ringmolekul sondern auchdie Molekulorbitale benachbarter Ringe untereinander, was zu einer weiterenAufspaltung der Energieniveaus fuhrt. Die Zahl der Niveaus nimmt mit der Zahlder wechselwirkenden Atome zu, so dass sich im Falle des Polythiophens einenaherungsweise kontinuierliche bandartige Verteilung der Energieniveaus ergibt.Zwischen HOMO und LUMO bleibt eine Energielucke, die das Polymer zumHalbleiter macht. Die sich aus den π-Orbitalen ergebende Doppelbindung zwi-schen zwei Atomen ist energetisch gunstiger als die auf ein Atom beschrankteEinfachbindung und verursacht zudem einem kurzeren atomaren Abstand. DiePolymerkette weist eine alternierende Abfolge von Einfach- und Doppelbindun-gen auf. Da der Thiophenring eine ungerade Anzahl an Atomen beinhaltet, lassensich die Monomere in Thiophenringe mit 2 bzw. 3 Doppelbindungen aufteilen,weswegen die Monomere in einen benzoiden bzw. chinoiden Zustand unterschie-den werden (Abbildung 2.2). Aufgrund der energetisch gunstigeren Doppelbin-

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8 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN

dung und des unterschiedlichen atomaren Abstands der Bindungen sind diesebeiden Zustande des Polythiophens energetisch nicht entartet.

Abbildung 2.2: Benzoide und chinoide Konfiguration des Polythiophens. Die bei-den Zustande sind nicht entartet.

Treffen diese beiden Zustande im Molekul aufeinander, so bildet sich eineLadung heraus. Aufgrund des oben genannten unterschiedlichen atomaren Ab-stands geht dieser Ubergang mit einer Verzerrung der Gitterstruktur einher. Dar-aus resultiert, dass die Ladung von einer Gitterverzerrung, einem lokalisiertenPhonon, begleitet wird. Durch das Anlegen eines außeren elektrischen Feldesfindet Ladungstransport innerhalb einer Polymerkette statt. Die Kombination desbewegten Ladungstragers und dem lokalisierten Phonon wird Polaron, dem Qua-siteilchen aus Ladungstrager und Phonon, genannt. Entscheidend fur den La-dungstransport innerhalb einer Polythiophenkette sind also Polaronen, die ent-lang des elektrischen Feldes wandern.

Hopping-Transport und MTR Modell

Die bisherige Betrachtung erklart, wie sich Ladungstrager delokalisiert auf ei-ner Polymerkette bewegen konnen. Allerdings treten in amorphen oder polykri-stallinen Schichten mit einer um ein Vielfaches großeren Ausdehnung als dieeinzelne Kette, viele Grenzen und Inhomogenitaten auf, die eine langreichwei-

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2.1. ORGANISCHE FELDEFFEKTTRANSISTOREN 9

tige Ordnung zerstoren. In Polythiophen verkurzt sich daraus die durchschnittli-che effektive Konjugationslange auf ca. 10 Monomereinheiten. Diese begrenzteReichweite der Wechselwirkung fuhrt zu lokalisierten Zustanden, deren Ener-gieniveaus oberhalb des HOMO und unterhalb des LUMO liegen und das obenerlauterte Energiediagramm der Molekulorbitale erganzen.

Eine prazisere Betrachtung der Energieniveaus in Polythiophen legt die Be-schreibung mit dem Unordnungsmodell [32] nahe, das auf das Konzept der Ener-giebander verzichtet. Vielmehr geht man aufgrund der Unordnung im Festkorpervon einer statistischen Verteilung einzelner lokalisierter Zustande aus, derenEnergieverteilung durch gaußverteilte Zustandsdichten (engl. density of states)beschrieben werden kann. Die Haufung der Zustande lasst sich durch das Bildder Energiebander jedoch weiterhin naherungsweise beschreiben, was in Abbil-dung 2.3 darstellt. Der Formalismus der Energiebander vereinfacht insbesonderedie Bauelementcharakterisierung, da sich die etablierte Sprechweise von anorga-nischen Halbleiterbauelementen ubertragen lasst.

Abbildung 2.3: Darstellung des Energiediagramms und des Hopping-Transportsin Polythiophen. Naherungsweise konnen die Zustande oberhalb des LUMO undunterhalb des HOMO als Energiebander bezeichnet werden. In der Bandlucke be-finden sich lokalisierte Zustande (hier nicht maßstabsgetreu eingezeichnet). La-dungstransport findet als Hopping zwischen lokalisierten Zustanden, lokalisiertemZustand und Energieband oder innerhalb des Bandes statt.

Lokalisierte Ladungstrager konnen ihre Position nicht durch Drift im elek-trischen Feld sondern lediglich durch Hupfen (engl. hopping) wechseln. Dabeiexistieren verschiedene Moglichkeiten der Fortbewegung. Zum einen konnen dieLadungstrager direkt in einen anderen lokalisierten Zustand ubergehen, was alsthermisch aktiviertes Tunneln bezeichnet wird (Abbildung 2.3). Es kann nur auf-

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10 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN

treten, falls die Energiedifferenz zwischen den beiden Zustanden nicht zu großund ein Uberlapp der Wellenfunktionen beider Zustande gegeben ist. Die Entfer-nung der beiden lokalisierten Zustande kann dabei variieren, was von Mott [33]durch das sog. Variable Range Hopping (VRH, zu deutsch: Hupfen mit varia-blem Abstand) beschrieben wird und mit folgende Temperaturabhangigkeit derLeitfahigkeit ergibt:

σV RH ∝ exp(−T0T 1/4

) (2.1)

Der Wert von T0 hangt dabei von der Zustandsdichte der lokalisiertenZustande an der Fermi-Energie ab. Zum anderen konnen die Ladungstrager ther-misch aktiviert in ein energetisch nachstliegendes Band gelangen (Abbildung2.3). In diesem konnen sie sich als delokalisierte Ladungstrager in Form von Po-laronen fortbewegen oder wieder in einen lokalisierten Zustand relaxieren. DieserLeitungsmechanismus wird auch Multiple Trapping and Release Modell (MTR,zu deutsch: wiederholtes einfangen und freigeben) genannt [34]. Die thermischeAktivierung der Ladungstrager spiegelt sich im Ansatz fur die Leitfahigkeit bzw.die Beweglichkeit wieder:

σMTR = σBand exp (−EtkT

) (2.2)

µMTR = µBand a exp (−EtkT

) (2.3)

Dabei ist σBand bzw. µBand die Leitfahigkeit bzw. die Beweglichkeit derLadungstrager im Band und a das Verhaltnis der Zustandsdichte an der Band-kante zur Konzentration der Fallenzustande. Et ist die energetische Tiefe derFallenzustande und kT die thermische Energie des Systems. Eine weitere Kom-plikation, die hier nur erwahnt sei, auf die jedoch hier nicht weiter eingegangenwird, liegt darin, dass die Ladungstrager in Form von Polaronen vorliegen (sieheKapitel 2.1.1).

Zusammenfassend lasst sich sagen, dass eine Kombination aus dem Transportin delokalisierten bandartigen Zustanden und thermisch aktivierten Hopping-Transport zwischen lokalisierten Zustanden stattfindet. Der dominierende Cha-rakter des Ladungstransports in der hier verwendeten Polythiophenschicht ist we-gen der vorhandenen Domanengrenzen der Hopping-Transport , da der Halbleiter

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2.1. ORGANISCHE FELDEFFEKTTRANSISTOREN 11

in einer amorphen Schicht vorliegt und die verwendeten Transistorgeometrienund damit die Transportlangen uber die Konjugationslange der Polymerkettenhinaus gehen.

2.1.2 Funktionsweise und Charakterisierung

Der Feldeffekttransistor, der aus der Source- und Drainelektrode, der Halbleiter-und Isolatorschicht sowie der Gateelektrode besteht, kann im sog. Bottom-Gateoder im sog. Top-Gate Aufbau realisiert werden, je nachdem, ob der Gatekon-takt des Bauelements als unterste oder als oberste Schicht im Paket aufgebrachtwird. Beim Bottom-Gate Aufbau wird zudem noch unterschieden, ob die Source-und Drainelektroden (Top-Contact) oder der Halbleiter (Bottom-Contact) dasSchichtpaket abschließen. In der vorliegenden Arbeit wurden ausschließlich Top-Gate Transistoren (Abbildung 2.4) gebaut, was in der Praxis Auswirkungen aufdie Prozessierung und die Lebensdauer der Bauelemente hat. Da insbesondereder Halbleiter aufgrund seiner organischen Natur nicht chemisch dicht ist, wirktder Isolator mit der Gatelektrode wie eine Verkapselung gegen Umwelteinflussewie Luftfeuchte oder Sauerstoff. Die Bauelemente haben eine langere Lebens-dauer [36].

Abbildung 2.4: Schematische Darstellung des Feldeffekttransistors und seinerelektrischen Anschlusse im Top-Gate Aufbau.

Die Funktion eines Transistors ist die eines elektrischen Schalters. Das Prin-zip des Bauelements wird im Folgenden anhand von Abbildung 2.4 erklart:Wird zwischen den Source- und Drainkontakten eine Spannung UDS ange-legt, so fließt zwischen diesen beiden Kontakten aufgrund der geringen Eigen-

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12 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN

leitfahigkeit des Halbleiters ein nur sehr geringer Strom IDS , der Transistor istim off -Zustand (aus). Wird jedoch gleichzeitig eine Spannung UGS zwischendem Source- und dem Gatekontakt angelegt, so werden durch den FeldeffektLadungstrager im Halbleiter an der Grenzflache zum Isolator angereichert. DerIsolator entspricht dabei dem Dielektrikum eines Plattenkondensators, das einenelektrischen Strom durch die dielektrische Schicht verhindert bei gleichzeitigerfelderzeugter Ansammlung von Plattenladungen zu beiden Seiten der isolieren-den Schicht. Die angereicherten oder auch akkumulierten Ladungstrager bildeneinen leitfahigen Kanal, der jetzt einen viel großeren Strom IDS von Source nachDrain ermoglicht. Der Transistor befindet sich im on-Zustand (an). Zusammen-gefasst wird also mit Hilfe der Gatespannung UGS der Strom IDS gesteuert, derTransistor schaltet von einem off - in einen on-Zustand. Im Falle der hier herge-stellten organischen Feldeffekttransistoren mit Polythiophen als p-Typ Halblei-ter (siehe Kapitel ??), werden durch eine negative Gatespannung positive Ma-joritatsladungstrager des Halbleiters angereichert. Dazu dient der Sourcekontaktals Quelle (engl. source) der Ladungstrager, der Drainkontakt sammelt sie wieein Abfluss (engl. drain) auf. Das Gate, zu deutsch ’Tor’, reguliert die Große desStromes uber den leitfahigen Kanal.

Abbildung 2.5: Energiediagramm zur Veranschaulichung der Kanalbildung imFeldeffekttransistor mit Polythiophen als p-Typ Halbleiter. Negative Gatespan-nung UGS sorgt fur eine Akkumulation von positiven Ladungstragern an derHalbleiter-Isolator Grenzflache und damit zur Bildung eines leitfahigen Kanals.

In Abbildung 2.5 wird die Bildung des leitfahigen Kanals detailliert disku-tiert. Bild (a) zeigt das Energiediagramm des Transistors ohne angelegte Span-

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2.1. ORGANISCHE FELDEFFEKTTRANSISTOREN 13

nung. Dabei meint ΦM bzw. χ die Austrittsarbeiten der Materialien. Bei Anle-gen einer negativen Gatespannung UGS kommt es zu einer Akkumulation vonpositiven Ladungstragern an der Halbleiter-Isolator Grenzflache, was zu einerBandverbiegung im Halbleiter fuhrt (Bild b)). Die akkumulierten positiven La-dungstrager bilden damit den leitfahigen Kanal des Halbleiters. Der Kanal bleibtnaherungsweise auf eine 2-dimensionale Schicht begrenzt. Bei gleichzeitigemAnlegen der Drainspannung UDS findet Ladungstransport entlang dieser Schichtstatt und es fließt ein Strom IDS zwischen dem Source- und Gatekontakt.

Feldeffekttransistoren werden durch die Ausgangskennlinie (IDS vs. UDS)und die Ubertragungskennlinie (IDS vs. UGS) charakterisiert. In Abbildung 2.6sind beide Kennlinien fur typische OFETs dieser Arbeit dargestellt. Die Tatsache,dass Polythiophen ein p-Typ Halbleiter ist, zeigt sich in den negativen Spannun-gen und Stromen. Fur die Ausgangskennlinie wird ublicherweise eine Kurven-schar mit der Gatespannung als Parameter gewahlt. Die Kennlinie lasst sich inverschiedene Bereiche aufteilen, die sich in erster Naherung am Einfachsten mitHilfe des Standardmodells fur Transistoren und den dazugehorigen Gleichun-gen diskutieren lasst. Das Modell, entwickelt in den 60er Jahren zur Beschrei-bung von polykristallinen Transistoren, sei hier nur anschaulich zusammenge-fasst [7] [8] [37].

Der Anstiegsbereich der Ausgangskennlinien ist der sog. Linearbereich. Hiergeht man naherungsweise von einem linearen Anstieg des Drainstroms IDS mitder Gatespannung UGS aus. Der Strom IDS hangt nicht nur von der angeleg-ten Drainspannung ab, sondern auch von der Ladungstragerkonzentration im lei-tenden Kanal. Wie oben erlautert, ergibt sich diese uber die felderzeugte An-reicherung, d. h. uber die kapazitive Wirkung des Isolators in Abhangigkeit vonder Gatespannung UGS . Der Strom hangt daher von der spezifischen KapazitatC = ε0εr/dIns des Isolators (Kapitel 2.2) ab und wird im Bereich unterhalb derSattigung mit folgender Gleichung wiedergegeben:

IDS,lin =CWµ

L((UGS−Uth)UDS−

U2DS

2) fur UDS ≤ UGS−Uth (2.4)

W und L beziehen sich dabei auf die Bauteilgeometrie und bedeuten die Ka-nalweite W , also diejenige Strecke, uber die ein Kanal aufbaut wird, und die Ka-nallange L des Transistors, also der Abstand zwischen dem Source- und Drain-kontakt. µ bezeichnet die Beweglichkeit der Ladungstrager im Feldeffekttransi-stor und Uth die Schwellspannung (engl. threshold voltage) des Transistors.

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14 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN

0 -5 -10 -15 -200.0

-1.0µ

-2.0µ

-3.0µ

-4.0µ

0V-8V-12V

-16V

-20V

Ugs

I DS [A

]

U DS [V]

(a)

0 -5 -10 -15 -200.0

-1.0µ

-2.0µ

-3.0µ

-4.0µU DS = -20V

Ugs

U GS [V]

I DS [A

]

(b)

Abbildung 2.6: (a) Ausgangs- und (b) Ubertragungskennlinien eines organischenFeldeffekttransistors mit P3HT als Halbleiter.

Der rechte Teil der Kurven ist der Sattigungsbereich der Ausgangskennlinie(Bild (a) in Abbildung 2.6). Die Kurve geht in die Sattigung, d. h. eine weitereErhohung der Drainspannung UDS hat bei einer festen Gatespannung UGS keineweitere Erhohung des Drainstroms IDS zur Folge. Charakteristisch ist fur die-

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2.1. ORGANISCHE FELDEFFEKTTRANSISTOREN 15

sen Bereich, dass der Drainstrom IDS quadratisch von der Gatespannung UGSabhangt (siehe Ubertragungskennlinie, Bild (b) in Abbildung 2.6):

IDS,sat =CWµ

L

(UGS − Uth)2

2fur UDS > UGS − Uth (2.5)

On/Off Verhaltnis

Wie oben diskutiert, ist die wichtigste Eigenschaft eines Transistors die Funktiondes Schalters, also der Wechsel zwischen den Zustanden On und Off. Aus die-sem Grund wird der Schaltkontrast im On/Off Verhaltnis sichtbar gemacht. ImRahmen dieser Arbeit ist er definiert uber:

On/Off =IDSOn(UGS = −20V )

IDSOff (UGS = 0V )(2.6)

Die Tatsache, dass fur das On/Off Verhaltnis die Drainstrome beiUGS = −20 V bzw. UGS = 0 V gewahlt werden, hat mit den typischen Ei-genschaften der Transistoren mit dem Halbleiter P3HT zu tun und ist eineFestlegung, die einen Vergleich innerhalb dieser Bauteile zulasst. Das On/OffVerhaltnis variiert leicht, je nachdem ob es aus einer Ausgangskennlinie oder ei-ner Ubertragungskennlinie abgelesen wird. Obwohl nominell der selbe Arbeits-punkt des Transistors gemessen wird, so wird dieser Punkt uber einen anderenMessweg erreicht, was die Performance des Bauteils beeinflusst. Hier wird, fallsnicht anders genannt, das On/Off Verhaltnis aus der Ausgangskennlinie abgele-sen. Fur den Transistor in Abbildung 2.6 ergibt sich ein On/Off Verhaltnis vonca. 590.

Schwellspannung Uth

Der Begriff der Schwellspannung ist aus der klassischen nichtorganischen MOS-FET Technologie entlehnt. Fur organische Transistoren des Anreicherungstypshandelt es sich vereinfacht um diejenige Spannung UGS , ab der Ladungstragerim Kanal angereichert werden und der Transistor ein Schaltverhalten zeigt. Dietatsachlich wirkende Gatespannung ergibt sich dann aus der Differenz der an-gelegten Gatespannung und der Schwellspannung (siehe Gleichung 2.4). Die

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16 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN

Bestimmung von Uth ist auch fur klassische MOSFETs nicht eindeutig. Sofinden sich in [38] von Ortiz-Conde et al. ca. ein Dutzend verschiedene Ver-fahren zur Ermittlung der Schwellspannung. In dieser Arbeit wird, wenn nichtanders angegeben, die Schwellspannung mit Hilfe der Ubertragungskennlinieim Sattigungsbereich (Abbildung 2.7(a)) ermittelt. Aufgrund der quadratischenAbhangigkeit des Drainstroms IDS von der GatespannungUGS (siehe Gleichung2.5), kann die Schwellspannung mittels des Schnittpunkts der linearen Extrapo-lation mit der x-Achse in der Auftragung der Funktion

√IDS abgelesen werden

(Abbildung 2.7(b)).

Fur den hier abgebildeten Transistor ergibt sich eine negative Schwellspan-nung von ca. −3, 5 V. Dies bedeutet, dass erst ab dieser Spannung Ladungs-trager im Kanal angereichert werden. Eine Verschiebung der Schwellspannungungleich Null kann unter anderem mit der Existenz von sog. Fallenzustanden ander Halbleiter-Isolator Grenzflache zusammenhangen, die Ladungstrager einfan-gen und sie an der Teilnahme des Ladungstransports im Halbleiterkanal hindern(siehe Kapitel 2.3).

Ladungstragerbeweglichkeit

Ahnlich der Schwellpsannung ist der Begriff der Beweglichkeit der Ladungs-trager gepragt von einer klassischen, Silizium basierten Transistortechnologie,was im Speziellen einen bandartigen Ladungstransport bedeutet. In diesem Falldriften die Ladungstrager mit der Driftgeschwindigkeit vD im elektrischen FeldE zwischen Source- und Drainkontakt. Die Geschwindigkeit µ entspricht danneiner Materialkonstante, die unabhangig vom elektrischen Feld E zwischenSource- und Drainkontakt ist. Im Falle des bandartigen Transports wird die Be-weglichkeit als unabhangig vom Gatefeld betrachtet, also unabhangig von derAnzahl der Ladungstrager, die sich im Band befinden.

vD = µE [µ] =cm2

V s(2.7)

Im Falle der organischen Halbleiter wie P3HT geht man nur naherungsweisevon einem bandartigen Transport aus. Die Ladungstragerbeweglichkeit lasstsich jedoch aus der jeweiligen Modellvorstellung bestimmen, und wird im Fol-genden aus dem oben erlauterten Transistormodell (Kapitel 2.1.2) abgeleitet.

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2.1. ORGANISCHE FELDEFFEKTTRANSISTOREN 17

5 0 -5 -10 -15 -200.0

-1.0µ

-2.0µ

-3.0µ

-4.0µ IDS @ UDS = -20V

U GS [V]

I DS [A

]

(a)

5 0 -5 -10 -15 -200.0

500.0µ

1.0m

1.5m

2.0m IDS @ UDS = -20V

I I DS

I (1/2

) [A(1

/2) ]

U GS [V]

Uth ca. -3.5V

(b)

Abbildung 2.7: Bestimmung der Schwellspannung eines OFETs. Oben dieUbertragungskennlinie eines OFETs in linearer Darstellung, unten die Auftragungder Funktion

√IDS . Die Schwellspannung ergibt sich als der Schnittpunkt der li-

nearen Extrapolation mit der x-Achse (siehe auch Gleichung 2.5).

Wie schon bei der Schwellspannung erfolgt die Bestimmung der Ladungs-tragerbeweglichkeit uber die Ubertragungskennlinie in der Sattigung (Gleichung2.5) [8] [39]. Leitet man diese Gleichung nach UGS ab und stellt nach µ frei,erhalt man:

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18 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN

µ =∂ IDS,sat∂ UGS

L

CW (UGS − Uth)[µ] =

cm2

V s(2.8)

Aufgrund des Formelzusammenhangs wird klar, dass die Bestimmung von µstark von der Bestimmung der Schwellspannung Uth abhangt und µ fur Werteunterhalb der Schwellspannung nicht belastbar ist (Abbildung 2.7(b)) unterhalbvon Uth = −3, 5 V). Fur den hier diskutierten Transistor ergibt sich eine La-dungstragerbeweglichkeit von ca. 1, 5 · 10−2 cm2

Vs bei einer Gatespannung vonUGS = −20 V.

2.1.3 Statische Modellierung

Fur die in dieser Arbeit hergestellten Transistoren ohne ionische Leitung wird dasoben erlauterte zeitunabhangige Standardmodell verwendet. Zur Diskussion wirdeine Messung einer Ubertragungskennlinie im Sattigungsbereich gewahlt (Abbil-dung 2.8, schwarze Kurve), weswegen Gleichung 2.5 relevant ist. Vor der Mo-dellierung mussen entsprechende Parameter wie die Dielektrizitatskonstante desIsolators εr (siehe Kapitel 2.2), die Feldeffektbeweglichkeit µ und die Schwell-spannungUth wie zuvor diskutiert bestimmt werden. Der hier gezeigte Transistorhat eine Schwellspannung von Uth = −3, 5 V, die Beweglichkeit geht uber dieAbleitung in Gleichung 2.8 ein.

In linearer und insbesondere logarithmischer Darstellung lasst sich eine nurmaßige Ubereinstimmung zwischen experimentellen Daten und der modellier-ten Kurve beobachten (Abbildung 2.8). Die Modellvorstellung, weicht in einigenPunkten von der Realitat der organischen Feldeffekttransistoren des Akkumula-tionstyps ab:

• Unterhalb der Schwellspannung Uth = −3, 5 V in der Ubertragungskenn-linie befindet sich die sog. cut-off region, bei der der Transistor idea-lerweise keinen Strom fuhrt. Bei Betrachtung der experimentellen Kur-ve (schwarze Kurve Abbildung 2.8) fallt jedoch ein nicht unrelevanterStrom von ca. IDS = 47 nA auf. Dies bedeutet, dass ein Stromfluß durchdie Halbleiterschicht auch ohne eingeschaltete Gatespannung moglich ist,da der Halbleiter eine ausreichende Restleitfahigkeit besitzt. Diese Off -Strome fließen durch die gesamte Halbleiterschicht und sind nicht auf die

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2.1. ORGANISCHE FELDEFFEKTTRANSISTOREN 19

5 0 -5 -10 -15 -200.0

-1.0µ

-2.0µ

-3.0µ

-4.0µ IDS experimentell IDS Standard-Modell

U GS [V]

I DS [A

]

(a)

5 0 -5 -10 -15 -201E-9

1E-8

1E-7

1E-6 IDS experimentell IDS Standard-Modell

U GS [V]

II DS I

[A]

(b)

Abbildung 2.8: Ubertragungskennlinie eines typischen in dieser Arbeit verwen-deten OFETs (schwarze Kurve) in (a) normaler und (b) logarithmischer Darstel-lung. Die Parameter fur das Standard-Modell (graue Kurve) sind εr = 3, 4,Uth = −3, 5 V, UDS = −20 V, W/L = 300 und µ ≈ 1, 5 · 10−2 cm2

Vsnach

Gleichung 2.8. Die Kurven zeigen eine maßige Ubereinstimmung.

Halbleiter-Isolator Grenzflache beschrankt. Das Modell gibt diesen Be-reich unterhalb der Schwellspannung nicht wieder, da dort schon die Be-stimmung der Feldeffektbeweglichkeit scheitert. Aus diesem Grund endetder Fit mit dem Modell bei UGS = −4 V (Abbildung 2.8(b).

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20 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN

• Im idealisierten Fall ist der Isolator ein elektrisch dichtes Material, das kei-nen Stromfluß durch die dielektrische Schicht zulasst. Dies hatte zur Folge,dass der Strom IGS zwischen Source- und Drainkontakt auf der einen, undGatekontakt auf der anderen Seite Null betragen musste, wenn am Ga-te eine Spannung gegenuber Source und Drain anliegt. Die Abweichungvon dieser Idealvorstellung lasst sich an den gleichzeitig gemessenen Ga-testromen IGS der Ausgangskennlinie ablesen (nicht eingezeichnet), beider ein Gatestrom von ca. IGS = 0.6 nA bei einer Gatespannung vonUGS = −20 V und einer Drainspanung von UDS = 0 V fließt. Expe-rimentell lasst sich der Tatsache eines realen statt eines idealen Isolatorsmit einer dickeren und starker isolierenden Schicht Rechnung tragen, diejedoch zu Kosten der Ladungstragerkonzentration im Kanal geht.

• Wie in Kapitel 2.2 erarbeitet, ist ein realer Isolator nicht frei vonLadungen, die die verschiedenen Arten von Polarisation verursachenkonnen. Frei bewegliche Ladungen konnen sogar zu Ladungswanderungfuhren. Zusammenfassend wirken sich die unterschiedlichen Effekte ineiner Veranderung der Halbleiter-Isolator Grenzflache aus, die relevanteGroßen wie Ladungstragerkonzentration oder -beweglichkeit beeinflusst.Diese zeitabhangigen Effekte werden durch das Standard-Modell nichtberucksichtigt.

2.2 Dielektrische Eigenschaften von Isolatoren

Ausgangspunkt der Betrachtung der dielektrischen Eigenschaften von Isolato-ren ist die phanomenologische Beschreibung der Reaktion einer Materie auf einaußeres elektrisches Feld E. Elektrisch geladene Teilchen erfahren in ihm eineKraft qE, deren Richtung abhangig von der Ladung ist. Diese geladenen Teil-chen sind wiederum durch atomare Krafte in der Materie gebunden, so dass diesich einstellende Ladungstrennung ein Gleichgewichtszustand zwischen beidenKraften ist. Mikroskopisch betrachtet handelt es sich bei der getrennten Ladungz. B. um induzierte Dipole, deren Ladungen sich im Innern der Materie kompen-sieren. Es resultiert lediglich eine Oberflachenladung der Materie, deren elek-trisches Feld die Antwort der Materie beschreibt und elektrische Polarisation Pgenannt wird. Die Polarisation P schwacht das externe elektrische Feld E ab undin Summe ergibt sich die elektrische Verschiebungsdichte D, die als eine derelektrischen Maxwellgleichungen in Materie wie folgt definiert ist:

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2.2. DIELEKTRISCHE EIGENSCHAFTEN VON ISOLATOREN 21

D(r, t) = ε0E(r, t) + P(r, t) (2.9)

Die makroskopische Polarisation P, also das interne elektrische Feld, kannals Summe der mikroskopischen Dipolmomente in der Materie betrachtet wer-den. Sie ist die Antwort der Materie auf ein externes Feld und damit eindeutiguber das externe Feld E definiert, es besteht ein funktionaler Zusammenhang.Im Falle einer raumlich und zeitlich homogenen Materie im thermodynamischenGleichgewicht kann die Polarisation P als Potenzreihe in E angesetzt werden, dienach dem ersten Term abbricht:

P = ε0χE (2.10)

ε0 ist die Dielektrizitatskonstante des Vakuums und χ die dielektrische Sus-zeptibilitat, die im allgemeinen Fall tensoriellen Charakter hat. Setzt man dieseBeziehung in die Definition der elektrischen Verschiebungsdichte 2.9 unter Ver-wendung von ε = 1 + χ ein, so folgt:

D = ε0εE (2.11)

Die Große ε wird dielektrische Permeabilitat oder dielektrische Funktion ge-nannt. Es handelt sich hierbei um die Materialgroße, die die Reaktion der Materieauf elektrische Felder beschreibt. Diese Reaktion, die auf mikroskopischer Ebeneansetzt, ist ein Resultat der unterschiedlichen Krafte, die auf das Atom oder Mo-lekul wirken und stark von der Frequenz des externen Feldes abhangen. Um dieverschiedenen frequenzabhangigen Mechanismen der Reaktion zu diskutieren,betrachten wir die Dispersionsrelation, also die komplexe dielektrische Funktionin Abhangigkeit von der Frequenz:

ε(ω) = ε1(ω)− iε2(ω) (2.12)

Der Realteil ε1(ω) der komplexen Große ist ein Maß fur die Ladungsverschie-bung. Der Imaginarteil ε2(ω) beschreibt die durch Phasenverschiebung zwischenAnregung und Reaktion entstehenden Energietransformationen, z. B. in Formvon Reibungsverlusten. Abbildung 2.9 aus [40] zeigt die Frequenzabhangigkeitder beiden Großen.

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22 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN

Abbildung 2.9: Frequenzabhangigkeit von ε1 und ε2. Die Graphik ist aus [40]entnommen.

Es wird unterschieden zwischen der Elektronen- und Ionenpolarisation, Ori-entierungspolarisation und Raumladungspolarisation. Die einzelnen Polarisati-onsarten haben jeweils eine typische Grenzfrequenz, oberhalb der die Atomebzw. Molekule der Anregung nicht mehr folgen konnen. Im Folgenden werdendie vier Arten der Polarisation durch mikroskopische Betrachtung erlautert:

• Bei der Elektronenpolarisation werden die Bahnen der Elektronen relativzu den Atomrumpfen verschoben und deformiert, es entsteht ein induzier-ter Dipol. Bei dieser Auslenkung schwingt das Elektron normalerweise inPhase zur anregenden elektromagnetischen Welle. Aufgrund der geringenMasse des Elektrons baut sich dieser Mechanismus sehr schnell auf. Erstoberhalb einer Frequenz von ca. 1015Hz konnen die Elektronen nicht mehrfolgen.

• Ionenpolarisation meint die Auslenkung von Ionen in einem Ionengit-ter relativ zu ihren Nachbarn. Auch hier handelt es sich um ein Reso-nanzphanomen eines induzierten Dipols, bei dem die Ionen unterhalb derResonanzfrequenz in Phase mit dem elektrischen Feld schwingen. Sie en-det typischerweise bei einer Frequenz von ca. 1013Hz.

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2.2. DIELEKTRISCHE EIGENSCHAFTEN VON ISOLATOREN 23

• Orientierungspolarisation ist die Bezeichnung fur die Ausrichtung derDipole eines polaren Materials im elektrischen Feld. Die einzelnen Di-pole relaxieren im externen elektrischen Feld in Feldrichtung, in dem sieeine Rotationsbewegung durchfuhren. Orientierungspolarisation findet ty-pischerweise bis ca. 1010Hz statt. Sie wird in Kapitel 2.2.1 detailliert be-handelt.

• Bei der Raumladungspolarisation handelt es sich um Ladungstrennunginnerhalb von Materiedomanen oder sogar der kompletten Materie. Dabeikonnen Ladungen innerhalb einer Domane im elektrischen Feld relaxie-ren und zu den Domanen- oder Materiegrenzen wandern. Obwohl die La-dungstrager auch hier Ionen sein konnen, ist dieser Vorgang nicht mit demResonanzvorgang der Ionenpolarisation zu verwechseln. Hier resultiert ei-ne Relaxation in der Ansammlung von Ladung an Materiegrenzen und fin-det typischerweise bei Frequenzen statt, die im einige Großenordnungengeringer sind, als die obigen Werte. Die ionische Leitung im Isolator, diein dieser Arbeit analysiert wird, ist damit eine Art der Raumladungspolari-sation und wird in Kapitel 2.2.2 detailliert behandelt. Haufig wird sie auchDiffusionspolarisation genannt.

Besonders im Falle der Raumladungspolarisation ist es moglich, dass auf dasexterne elektrische Feld E ein Stromfluss j in der Materie folgt. Der Zusammen-hang wird wieder uber ein Funktional vermittelt und ist phanomenologisch alsOhmsches Gesetz bekannt:

j = σE (2.13)

σ(ω) ist die spezifische elektrische Leitfahigkeit und wie die dielektrischeFunktion (Gleichung 2.12) eine komplexe Materialgroße fur leitende Materiali-en:

σ(ω) = σ1(ω) + iσ2(ω) (2.14)

In dieser Arbeit werden Materialien untersucht, deren dielektrische Eigen-schaften unbekannt sind. Um Aufschluss zu bekommen, wird Impedanzspektro-skopie betrieben, ein Verfahren, bei dem der komplexe Widerstand (ImpedanzZ) einer Probe in Abhangigkeit von der Frequenz bestimmt wird. Basis ist, dassdas Anlegen einer Wechselspannung u(t) = U sin(ωt) mit der Frequenz f = ω

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24 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN

einen Strom i(t) = I sin(ωt+φ) zur Folge hat. Die Phasendifferenz φ zwischenSpannung und Strom ist nur fur den Fall eines reinen Ohmschen Widerstandesgleich null. Im Falle einer Probe mit induktiven oder kapazitiven Widerstandsan-teilen ist der Widerstand Z = u(t)

i(t) eine komplexe Große und φ 6= 0. Aus demkomplexen Wechselstromwiderstand lasst sich mit folgenden Zusammenhangendie Leitfahigkeit σ(ω) (Gleichung 2.14) bestimmen. Dabei ist d die Dicke der zuvermessenden Probe undA der Querschnitt. Der Index s steht fur eine spezifischeGroße, die Indizes 1 bzw. 2 fur den Real- bzw. Imaginarteil einer Große.

Z = Zsd

A= Z1 + iZ2 (2.15)

σ =1

Zs(2.16)

Im Falle der hier untersuchten ionenleitenden Dielektrika existieren Eigen-schaften, die einer Leitfahigkeit zugeordnet werden konnen, deren isolierenderCharakter aber durch die dielektrische Funktion wiedergegeben wird. Fuhrt mannun die oben aufgefuhrten Theorieansatze fur die elektrische Verschiebungsdich-te und die dielektrische Funktion auf der einen, und der Leitfahigkeit auf der an-deren Seite, zusammen, so lasst sich folgender Zusammenhang zwischen ε(ω)und σ(ω) herleiten [41]:

σ(ω) = iωε0ε(ω) (2.17)

Die Großen ε1 und σ2 bzw. ε2 und σ1 korrespondieren wechselseitig undlassen sich mit Gleichung 2.16 auf die Impedanz zuruckfuhren:

σ1 =Zs,1

Z2s,1 + Z2

s,2

σ2 =Zs,2

Z2s,1 + Z2

s,2

(2.18)

ε1 =1

ε0ωσ2 ε2 =

1

ε0ωσ1 (2.19)

Gleichungen 2.15, 2.18 und 2.19 ermoglichen eine Analyse der dielektrischenEigenschaften und unterschiedlichen Polarisationsmechanismen der verwende-ten Materialien mit Hilfe der Impedanzspektroskopie, die fur den Fall ionenlei-tender Materialien in Kapitel 2.2.2 weiter ausgefuhrt wird.

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2.2. DIELEKTRISCHE EIGENSCHAFTEN VON ISOLATOREN 25

2.2.1 Orientierungspolarisation

Wie bereits oben erwahnt, ist Orientierungspolarisation ein Relaxati-onsphanomen, bei dem sich ein molekularer Dipol in einem elektrischenFeld ausrichtet. Dabei fuhren die Molekule im elektrischen Feld eine Ro-tationsbewegung aus. Die partielle Orientierung der Dipole im Feld erfolgtentgegen der thermischen Bewegung. Der Grad der Ausrichtung, der ein Maßfur die dielektrische Suszeptibilitat χ bzw. die dielektrische Funktion εr despolarisierenden Materials ist, hangt von der Energie der thermischen Bewegungund damit von der Temperatur ab. Bei steigenden Temperaturen kann beipolymeren Materialien zunachst der Beitrag der Orientierungspolarisationsteigen, da mit erhohter Temperatur verfugbarer Raum im Festkorper fur eineAusrichtungsbewegung entsteht. Bei deutlich steigenden Temperaturen jedochsinkt der Beitrag der Orientierungspolarisation (ε ∝ 1

T ).

Voraussetzung fur Orientierungspolarisation ist ein polares Material, das auspermanenten Dipolen besteht, also eine dauerhafte Verschiebung der Ladungs-schwerpunkte zueinander aufweist. Die Ursache hierfur ist auf molekularer Ebe-ne zu finden. Ein typisches Beispiel fur ein Molekul mit einem permanentenDipol ist Wasser (Abbildung 2.10), bei dem aufgrund der Elektronegativitatender Atome die Ladungschwerpunkte nicht mehr aufeinander liegen. Der Schwer-punkt der negativen Ladung ist in Richtung des Sauerstoffatoms verschoben, diepositive Ladung hat ihren Schwerpunkt zwischen den beiden Wasserstoffatomen.Trotz permanent vorhandener Dipole kann die Materie elektrisch neutral vorlie-gen, wenn die Dipole ohne externes elektrisches Feld statistisch verteilt in alleRichtungen zeigen. Das Dipolmoment p des Molekuls ist definiert uber die La-dung q und die Lange der Dipolachse l, dem Abstand der beiden Ladungsschwer-punkte (Abbildung 2.10).

Abbildung 2.10: Das Wassermolekul ist ein permanenter Dipol. Es weist eineTrennung der Ladungsschwerpunkte auf. Das Dipolmoment p = ql ist schema-tisch eingezeichnet.

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26 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN

Im Falle eines angelegten externen elektrischen Feldes E resultiert ein effek-tives Dipolmoment peff , das proportional zum elektrischen Feld E ist.

peff =(ql)2

3kTE (2.20)

Schon in der Einfuhrung zu Kapitel 2.2 uber dielektrische Eigenschaften,wurde erklart, dass die makroskopische Betrachtung des elektrischen Feldes undder Polarisation auf der mikroskopischen Betrachtung basiert. Die elektrischePolarisation P ist als mittlere raumliche Dichte der elektrischen Dipole definiert.Mit dem Dipolmoment p des Molekuls und der Dichte n der Molekule gilt:

P = npeff = ε0χPolE (2.21)

Somit ist εr = 1 +χel +χPol (siehe Abbildung 2.9). Bei genauerer Betrach-tung wird deutlich, dass auf das Molekul im Festkorper nicht das an die Materieextern angelegte elektrische Feld E, sondern das resultierende lokale Feld Elokder umgebenden Dipole benachbarter Molekule im externen Feld wirkt. Das mi-kroskopische Dipolmoment p ebenso wie die makroskopische Polarisation P istdeswegen von Elok abhangig.

Betrachtet wird nun ein Kondensator, der eine Materie mit einer dielektri-schen Funktion εr enthalt, die Orientierungspolarisation aufweist. Liegt keinelektrisches Feld an der Materie an, so liegen die molekularen Dipole statistischverteilt in der Materie vor. Wird nun das elektrische Feld eingeschaltet, richtensich die Dipole im Feld aus. Polarisationsladungen benachbarter Dipole hebensich dann aufgrund der Ausrichtung der gesamten Umgebung auf und es resul-tiert eine Oberflachenladung σPol an den Grenzflachen. Diese Oberflachenladungist gegeben uber die Ladung der Dipole und der Flache A des Kondensators. MitGleichung 2.21 ist sie verknupft mit der Polarisation und dem extern angelegtenelektrischen Feld (Gleichung 2.10).

σPol =QPolA

= P = ε0(εr − 1)E = ε0(χel + χPol)E (2.22)

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2.2. DIELEKTRISCHE EIGENSCHAFTEN VON ISOLATOREN 27

2.2.2 Ionische Leitfahigkeit

Der ionische Ladungstransport in einem Dielektrikum ist eine Variante derRaumladungspolarisation, die in einer Aufladung von Materialdomanen oder derMaterialgrenzschichten resultiert. Fur eine genauere Analyse ionenleitender Di-elektrika, ist es notwendig, sich mit der Leitfahigkeit und der Modellvorstellungfur die Leitungsmechanismen auseinander zu setzten. Die Leitfahigkeit von io-nenleitenden Materialien kann mit folgender Gleichung zusammengefasst wer-den:

σ =∑i

qiniµi (2.23)

Die Summe tragt der Tatsache Rechnung, dass es sich um Ionen mit unter-schiedlicher Ladung q, Beweglichkeit µ und Dichte n (Teilchen pro Volumen)handelt. Eine prazise Beschreibung der Leitungsmechanismen setzt eine mikro-skopische Betrachtung voraus, einhergehend mit einer Erkenntnis der chemi-schen Vorgange des Losungs- und Leitungsvorgangs. Eine Ubersicht findet sichz. B. in [25]. Die auch stark vom Materialsystem abhangenden Modellvorstellun-gen konnen mit der hier zur Verfugung stehenden Analytik nicht diskutiert undgeklart werden und sind nicht Thema dieser Arbeit. Zusammenfassend kann je-doch festgehalten werden, dass es sich beim Leitungsmechanismus der Ionen ineiner polymeren Matrix wie beim organischen Halbleiter P3HT (siehe auch Kapi-tel 2.1.1) um klassischen Hopping Transport im durch Unordnung gestorten Po-tentialgebirge des Matrixmaterials handelt. Die Ionen konnen uber Hupfen (engl.hopping) von einem relativem Potentialminimum zum nachsten gelangen, wo-bei die Hupfrate abhangig von der Hupfdistanz und der Potentialdifferenz zweierPlatze ist.

Aufgrund der polymeren Matrix, in der die Ionen eingebettet sind, kann manvon einer Domanenbildung im Material ausgehen, d. h., dass Leitfahigkeit undBeweglichkeit innerhalb einer Domane und an Domanengrenzen unterschiedlichsind. Makroskopische Messungen einer Probe werden von den langsameren Pro-zessen und Großen dominiert.

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28 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN

Gleichstromleitfahigkeit

Bedingt durch den dominierenden Hopping Transport, besitzen ionenleitende Di-elektrika eine frequenzabhangige Leitfahigkeit. Es existieren verschiedene Mo-dellvorstellungen fur die Erklarung der Frequenzabhangigkeit und das Auftretenverschiedener Bereiche im Frequenspektrum, so z. B. das Sprung-Relaxations-Modell [42] oder die Universal-Dielectric-Response Theorie [43]. Unbestrittenist jedoch das Auftreten eines frequenzunabhangigen Plateauwerts von σ1 furkleine Frequenzen, die sog. Gleichstromleitfahigkeit (Abbildung 2.11 ). Ihr kannmit Gleichung 2.23 eine Beweglichkeit zugeordnet werden. Hier handelt es sichwie oben erlautert, um eine durchschnittliche Große der unterschiedlichen Lei-tungsprozesse.

Abbildung 2.11: Frequenzabhangigkeit der Leitfahigkeit. Der Realteil strebt furniedrige Frequenzen gegen einen Plateauwert, der Gleichstromleitfahigkeit ge-nannt wird. Die Graphik ist [43] entnommen.

Die Gleichstromleitfahigkeit, die uber die Gleichung 2.16 und 2.18 mit derImpedanz verknupft ist, wird mit Hilfe Impedanzspektroskopie gewonnen. VieleGruppen wenden diese Methode zur Charakterisierung der Ionenleitung und derIonenbeweglichkeit an, so z. B. Kohn et al. [44], die ein ionenleitendes polymeresDielektrikum untersuchen.

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2.2. DIELEKTRISCHE EIGENSCHAFTEN VON ISOLATOREN 29

Impedanzspektroskopie

Neben der Leitfahigkeitsanalyse erlaubt die Impedanzspektroskopie noch eineweitere Analysemethode, die Aufschluss uber den Ionentransportprozess vonProben gibt. Dazu werden Impedanzdiagramme, sog. Nyquist Plots, aufgetra-gen, die in Abhangigkeit der Probencharakteristik ein typisches Erscheinungs-bild haben. Diese experimentellen Diagramme werden verglichen mit simulier-ten Diagrammen von Ersatzschaltbildern, bei denen der komplexe Widerstand Zmit Hilfe von Serien- und Parallelschaltung einzelner Bauteile zerlegt wird. DerVergleich lasst dann Ruckschlusse auf die physikalischen Effekte und Vorgangezu und erlaubt sogar eine quantitative Analyse der Großen. Abbildung 2.12 zeigt2 Nyquist Plots als Simulation 2 verschiedener Ersatzschaltbilder. Der negativeImaginarteil der Impedanz wird in Abhangigkeit des Realteils (−ImZ(f) vs.ReZ(f)) aufgetragen. Bei dieser Auftragung geht die Frequenzinformation ver-loren und ist nur noch implizit vorhanden.

(a) (b)

Abbildung 2.12: Nyquist Plots einer Serien- (a) und einer Parallelschaltung (b)aus einem Widerstand R = 1 kΩ und einem Kondensator C = 1nF .

Eine Serienschaltung aus Widerstand und Kondensator (Bild (a)) wird in die-ser Darstellung eine senkrechte Gerade, da sich nur der Imaginarteil dieser Schal-tung (der Kondensator) mit der Frequenz andert. Bei niedrigen Frequenzen liegenhohe Werte des Imaginarteils vor, fur hohe Frequenzen strebt der Imaginarteil ge-gen null, der Realteil bleibt unverandert. Eine Parallelschaltung aus Widerstandund Kondensator (Bild (b)) ergibt einen Halbkreis im Nyquist Plot.

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30 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN

Abbildung 2.13: Nyquist Plot mit Warburgimpedanz zur Simulation eines Ionen-transportprozesses.

Abbildung 2.13 zeigt, wie Ionentransportprozesse in einem Ersatzschaltbildsimuliert werden. Dazu wird eine sog. Warburg-Impedanz eingefuhrt, die einenkomplexen Widerstand beschreibt, in dem ein frequenzabhangiger Ladungs-tragertransport stattfindet. Einzelheiten finden sich in [45] oder [46] und sollenhier nur zusammenfassend prasentiert werden. Die Warburg Impedanz ist wiefolgt definiert:

ReZ(ω) = Aωω−0,5 ImZ(ω) = −Aωω−0,5 (2.24)

Der Koeffizient Aω verknupft die Impedanz mit dem DiffusionskoeffizientenD (siehe Diffusionsmodell Kapitel 3.1.1) der Materie und damit mit der Ionen-beweglichkeit (siehe Gleichung 3.4).

Aω =RT

Z2F 2A√

2(

1√D+C+

+1√

D−C−) (2.25)

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2.2. DIELEKTRISCHE EIGENSCHAFTEN VON ISOLATOREN 31

R = NAk = 8, 31J

molKUniverselle Gaskonstate

F = NAq = 96485C

molFaraday Konstante

NA = 6, 02 · 10231

molAvogadro Konstante

T Absolute TemperaturZ = 1 Ladungszahl der Ionen

A = 7, 3 · 10−6m3 Flache des Bauelements

C+, C− Ionenkonzentration inmol

m3

D+, D− ,D =µkT

qDiffusionskoeffizienten der Ionen

Eine Analyse des Nyquist Plots der Probe mit anschließendem Fit mit ei-ner Schaltungssimulation ermoglicht somit eine Bestimmung der Leitfahigkeit,der Diffusionskonstanten und der Beweglichkeit der Ionen. Voraussetzung ist dieEntwicklung eines Ersatzschaltbildes fur die vorliegende Probe. Dieses wird furionenleitende Kondensatoren z. B. in [45], [47] oder [48] diskutiert. Die Schwie-rigkeit dabei ist, dass verschiedene Ersatzschaltbilder vertreten werden konnenund die Erganzung immer weiterer Elemente eine Fitroutine umso einfacher undbeliebiger macht. Es wurde versucht, dasjenige Ersatzschaltbild zu wahlen, dassublicherweise fur einen solchen Kondensator verwendet wird und nur so vieleElemente wie notig enthalt. Basis ist das Ersatzschaltbild in Abbildung 2.13.

Abbildung 2.14 zeigt das verfeinerte Ersatzschaltbild, das aus einer Kom-bination aus Serien- und Reihenschaltung verschiedener Bauteile besteht. ZurBeschreibung des Ladungstransports im Kondensator wird eine Serienschaltungaus einem Kondensator Cdl (dl fur double layer), dem Elektrolytwiderstand Rct(ct fur charge transfer) und einer Warburg Impedanz W fur den Transportpro-zess gewahlt. Letztere bestimmt das Verhalten bei niedrigen Frequenzen, wennder Ladungstransport im Bauteil von der Diffusion begrenzt wird. Der Konden-sator Cdl beschreibt Schichten aus Ionen je einer Sorte, die sich im Zuge desWanderungsprozesses an den Elektroden ansammeln und den Ladungstransfer

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32 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN

blockieren. Diese blockierenden Schichten werden auch Helmholtzschichten ge-nannt. Parallel zu dieser Serie existiert ein Kondensator CEl (El fur Elektroden),der den Kondensator bei hohen Frequenzen beschreibt. In Serie zu dieser Paral-lelschaltung existiert noch der Kontaktwiderstand Rs der Probe.

Abbildung 2.14: Ersatzschaltbild eines ionenleitenden Kondensators.

2.3 Grenzflachenphanomene

In den Kapiteln 2.1 und 2.2 wurden die Eigenschaften des organischen Halblei-ters sowie des Isolators beleuchtet. Im Feldeffekttransistor bilden diese beidenSchichten eine gemeinsame Grenzschicht, an der sich der leitfahige Kanal imHalbleiter ausbildet und einen On-Strom ermoglicht. Die Bildung des On-Stromswurde bis dahin als Phanomen des organischen Halbleiters P3HT diskutiert, daslediglich ein erhohtes lokales elektrisches Feld benotigt, um eine Menge an La-dungstragern im Kanal zu akkumulieren. Der Isolator hat dabei die Funktion derVermittlung des elektrischen Feldes, erzeugt durch den Felddurchgriff der ange-legten Gatespannung.

Diese Betrachtung vereinfacht zu stark die Gegebenheiten in einem Systemorganischer Materialien. Aufgrund des molekularen Charakters des organischenHalbleiters hangen Dichte und Beweglichkeit der positiven Ladungstrager furden dominierenden Hopping-Transport deutlich von der Wechselwirkung an derGrenzflache mit dem Dielektrikum ab. Seit einigen Jahren werden eine Reihevon Einflussfaktoren diskutiert. Eine gute Ubersicht findet sich in [49], [10], [50]oder [29]. Als naheliegendes Phanomen wird z. B. der Zusammenhang zwischenMorphologie der Grenzflache und der elektrischen Performance diskutiert (z. B.[50]). Die Morphologie hangt u. a. von den verwendeten Festkorpermolekulen,

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2.3. GRENZFLACHENPHANOMENE 33

der Losungsmittel oder der Aufbringungstechnik ab. Unterschiedliche Grenz-flachenrauigkeit wirkt sich direkt auf die Beweglichkeit aus.

Ein weiterer viel diskutierter Punkt der Einflussnahme ist die Wechselwir-kung zwischen den dielektrischen Eigenschaften des Isolators, z. B. Polaritatder Oberflache, und der Zustandsdichte der Ladungstrager im Halbleiter. SchonVeres et al [49] diskutierten den Einfluss der durch Oberflachenbehandlungveranderten Polaritat und der Beweglichkeit und konnten dadurch die Beweg-lichkeit um Großenordnungen verbessern. Trotzdem konnten sie fur einen brei-ten Literaturvergleich der P3HT Transistorergebnisse keine Korrelation zwischengemessenen Beweglichkeiten und der dielektrischen Konstante des Isolators fin-den [49].

Die Erhohung der dielektrischen Konstante des Isolators durch VerwendungDipolpolarisation aufweisender oder ionenleitender Materialien bewirkt unter-schiedliche, moglicherweise gegensatzliche Effekte. Die Motivation, Isolatorenmit einer hohen dielektrischen Konstante zu benutzen, liegt in der Erhohung derKapazitat (C = εrε0A/d) und daraus folgend der Ladungstragerdichte im Kanal,die insbesondere in organischen Halbleitern auch zu einer Erhohung der Beweg-lichkeit fuhrt. Mit diesem Effekt lassen sich Transistoren realisieren, die z. B. miteiner dickeren, robusteren Isolatorschicht aufgebaut werden oder bei niedrige-ren Arbeitsspannungen getrieben werden konnen. De Leeuw et al [51] konntenam Beispiel vom Isolator Poly(vinylidenfluorid/Triflurethylen) (PVDF-TRFE) inP3HT Transistoren eindeutig belegen, dass sich mit einer erhohten Dielektri-zitatskonstante ε nicht nur die Transistorstrome sondern eben auch die Beweg-lichkeit des Halbleiters erhoht hat.

Auf der anderen Seite wurde experimentell eine Abnahme der Beweglich-keit des Halbleiters mit steigender dielektrischer Konstante des Isolators belegt.Unter anderem zeigen das Tan et al am Beispiel eines anorganischen Isolatorsin Kombination mit P3HT [52] und Ono et al am Beispiel von Elektrolyten ineinem sog. Single-Crystal Transistor [53]. In [29] wird ein Erklarungsmodell,erstmals prasentiert von [49], diskutiert. Im Wesentlichen beschreibt es die Ver-breiterung der gaußformigen Zustandsdichte des organischen P3HTs, wenn es anein Material mit einer hohen dielektrischen Konstante grenzt. Diese Verbreite-rung fuhrt zu einem Absinken der Halbleiterbeweglichkeit. Bildlich gesprochenstellt man sich eine starkere Lokalisierung der Ladungstragerzustande vor, wennOberflachenladungen der Polarisation die Ladungstrager anziehen (Abbildung2.15). Aus der Streuung der Ladungstrager an Gegenladungen der Grenzflachefolgt eine schlechtere laterale Beweglichkeit. Dieser energetischen Rauigkeit an

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34 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN

der Grenzflache wird oft mit einer zusatzlichen Zwischenschicht entgegenge-wirkt [51].

Abbildung 2.15: Halbleiter-Isolator Grenzflache bei eingeschalteter Gatespan-nung. Bei einem niedrigen ε ist die Ladungstragerdichte an der Grenzflache gering(linkes Bild). Sie steigt, wenn ein Isolatormaterial mit einem hoheren ε gewahltwird. An besonders ausgezeichneten Stellen kann die Prasenz der Ladungstrageran der Grenzflache zu einer Bildung von Streuzentren fur die positive Gegenla-dung fuhren, was die Beweglichkeit der positiven Ladungstrager verringert.

Auch in dieser Arbeit werden Isolatoren eingesetzt, die durch Erhohung derdielektrischen Konstante eine positive Auswirkung auf die Performance der Tran-sistoren haben sollen. Mit der in diesem Kapitel aufgezeigten Diskussion wirddeutlich, dass man nicht von einer gleichbleibenden Halbleiterbeweglichkeit beiVeranderung des Isolatormaterials ausgehen kann. Vielmehr muss die Halbleiter-beweglichkeit als Parameter angesehen werden, der sich durch die Manipulationdes Dielektrikums ebenso verandern kann.

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3 Simulation der Ionendynamikim Isolator

Transistoren, die einen ionischen Isolator enthalten, weisen ein ausgepragteszeitabhangiges Verhalten auf. Diese Zeitabhangigkeit wird verstandlich, wennman berucksichtigt, dass sich die Ionen unter dem Einfluss des elektrischen Fel-des im Isolator bewegen konnen. Als Resultat dieses Transportprozesses andertsich das elektrische Feld im Isolator an der Grenzflache zum Halbleiter. Daselektrische Feld an dieser Grenzflache beeinflusst maßgeblich die Ladungs-tragerdichte im leitfahigen Kanal des Transistors, so dass der Ionentransportpro-zess die Ursache fur die zeitabhangige Veranderung des Transistorstroms IDS ist.Experimentelle Entsprechung der folgenden theoretischen Analyse ist das Hin-zufugen eines Salzes in einen organischen Isolator (Kapitel 4.1.2 und 5).

Ziel dieses Kapitels ist es, ein Modell fur den Transportprozess zu ent-wickeln, das es ermoglicht, die zeitliche Abhangigkeit der Transistorstrome zusimulieren. Fur die Wechselswirkung einer Elektrodenoberflache mit den Io-nen eines flussigen Elektrolyten finden sich in der Literatur Modelle wie dasHelmholtz-Modell, das Gouy-Chapman-Modell oder das auf beiden aufbauen-de Stern-Modell. Said et al zum Beispiel benutzen diese Herangehensweise, umdas Potentialprofil eines Elektrolyten zwischen zwei unterschiedlichen Halblei-termaterialien als Elektroden auszurechnen [26]. Diesen Modellen ist gemein-sam, dass sie das Potentialprofil, die Ladungstragerverteilung und das elektri-sche Feld nur in der statischen Naherung liefern, so dass sie hier nicht verwendetwerden konnen.

Zunachst soll hier kurz ein stark vereinfachendes analytisches Modell zur Be-schreibung des transienten Verhaltens vorgestellt werden. Im Rahmen dieses Mo-dells wird nur der Transport der positiven Ionen, die auch im spater verwendetenLiClO4 zumindest die hohere Beweglichkeit aufweisen durften, berucksichtigt.Es wird ferner angenommen, dass die mit dem Transport verbundene Verschie-bung mit der Driftgeschwindigkeit ν(t) = µEi(t) an der Grenzflache zum Halb-

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36 KAPITEL 3. SIMULATION DER IONENDYNAMIK IM ISOLATOR

leiter einen entleerten Bereich der Breite ∆z(t) =∫ν(t′)dt′ mit negativer

Raumladung %0 = −enion hinterlasst. Schließlich wird die stark vereinfachendeAnnahme gemacht, dass die sich an der Grenze zum Gate akkumulierende positi-ve Raumladung die gleiche raumliche Verteilung aufweist. Durch diese Raumla-dungen wird das ursprungliche durch Anlegen einer Gatespannung U0 induziertehomogene elektrische FeldE0 = U0/dins (dins ist die Dicke der Isolatorschicht)im Inneren des Isolators mehr und mehr abgeschirmt, wahrend das Feld an denGrenzflachen drastisch ansteigt. Die Implementierung dieses Modells liefert furdas Feld an der Grenzflache

EIns/Hl(t) = E0[1− f2(t)] + Emax(U0)[1− f(t)] (3.1)

Im Einzelnen bedeutet Emax(U0) = (%0U0/ε0εIns)1/2 das asymptotische

Feld, das sich an den Grenzflachen zum Halbleiter und zum Gate aufbaut, wenndas ursprungliche Feld E0 im Inneren des Isolators aufgrund der Abschirmungdurch die Raumladung auf null abgesunken ist. Die Funktion f(t) = (1 −exp(−t/τ))/(1 + exp(−t/τ)) beschreibt den zeitlichen Verlauf, der durch dieZeitkonstante τ(U0) = τd(dIns/2∆z∞(U0)) charakterisiert ist. Diese Zeitkon-stante ist gegenuber der dielektrischen Relaxationszeit τd = ε0εIns/µ%0 um dasVerhaltnis der Isolatordicke dIns zur doppelten asymptotischen Breite der Raum-ladungszonen ∆z∞(U0) = (U0ε0εIns)

1/2 drastisch vergroßert. Fur ein fur die-se Arbeit typisches Zahlenbeispiel strebt das elektrische Feld an der Halbleiter-Isolator Grenzflache von anfangs E0 = 105V/cm mit einer Zeitkonstantenvon 2τ ≈ 3 s dem um mehr als 2 Großenordnungen hoheren SattigungswertEmax(U0) = 1, 63 · 107V/cm zu. Da sich die induzierte Locherdichte im Halb-leiter streng proportional zum zeitlichen Feldanstieg andert, spiegelt dies auchdie Zunahme des Kanalstroms im Transistor wider.

Gemaß diesem Modell erwarten wir, dass der asymptotische Hub des zeitli-chen Anstiegs von der dielektrischen Funktion des Isolators εIns, der Ionenkon-zentration nIon, der GatespannungU0, und der Dicke des Isolators dIns, abhangt,wahrend die zeitliche Dynamik außerdem mit dem Kehrwert der Ionenbeweg-lichkeit skaliert. An dieser Stelle sollte auch darauf hingewiesen werden, dassman fur die asymptotischen Werte der Kanalleitfahigkeit im Rahmen dieses Mo-dells eine wurzelformige Abhangigkeit von der Gatespannung erwartet wird, imKontrast zu der ublichen linearen Abhangigkeit.

Die Einfachheit des vorgestellten analytischen Modells macht die Beziehungzwischen den Parametern und den Ergebnissen transparent. Andererseits weist es

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37

wegen der Vereinfachungen auch drastische Mangel auf, die nachfolgend disku-tiert werden sollen.

Zunachst ist die Annahme einer zur Entleerung an der Halbleiter-IsolatorGrenzflache spiegelbildlichen Ionenakkumulation an der Gate-Isolator Grenz-flache nicht realistisch. Sowohl die zeitliche Dynamik als auch der asymptotischeWert des Feldes an der Grenzflache EIns/HL(t) konnen mehr oder weniger mo-difiziert sein, falls die Ladungsverteilung signifikant von der angenommenen ab-weicht. Ferner haben wir als treibende Kraft fur den Ionentransport ein raumlichhomogenes elektrisches Feld Ei(t) verwendet. Dabei haben wir zum einen ver-nachlassigt, dass das Feld nahe der Grenzflachen zeitlich drastisch ansteigt. Dieshat zwar keine signifikanten Folgen in der ohnehin entleerten Verarmungszo-ne. In der Akkumulationszone hingegen bewirkt der drastische Feldanstieg eineweitere Beschleunigung der Driftstrome. Zum anderen haben wir die aus einerraumlich nicht konstanten Ionendichte folgende Diffusion als treibende Kraft furden Transport nicht berucksichtigt. Tatsachlich ist - wie wir weiter unten sehenwerden - der, dem Feldstrom entgegengerichtete Diffusionsstrom dafur verant-wortlich, dass die Breite der Akkumulationsschicht an der Grenzflache zum Gatetrotz der hohen Felder endlich bleibt.

Besonders gravierend ist die Vernachlassigung einer endlichen Beweglichkeitµ− der negativ geladenen Ionen. Mit Ausnahme des unrealistischen Falls, dassµ− = µ+, der lediglich in einer Halbierung der dielektrischen Relaxationszeitτd und einer Verdoppelung der Raumladungsdichten an den Grenzflachen resul-tieren wurde, wird das Transportverhalten sehr komplex, wie man am Beispielµ+ >> µ− leicht nachvollziehen kann. Zunachst wurde man naiv erwarten, dasssich auf der Zeitskala von einigen τ+ ein (pseudo)-stationarer Zustand einstel-len sollte, ahnlich demjenigen fur µ− = 0. Die starke Feldzunahme nahe denGrenzflachen, fuhrt jedoch dazu, dass in diesen Bereichen die Driftgeschwin-digkeit der negativen Ionen trotz deren geringerer Beweglichkeit relativ hochwird. Dies wird z. B. in der halbleiterseitigen Randschicht zu einer Drift inner-halb der Raumladungszone fuhren, die aber in dem bereits feldfreien Bereich imInneren des Isolators aufhort. Dies kann zu lang andauernden komplexen Drift-Diffusionsprozessen im Transport fuhren, bevor sich der stationare Zustand ein-stellt. Eine Erweiterung des analytischen Modells zur Beschreibung dieser kom-plexen Sachverhalte durfte schwerlich moglich sein.

Zur Berechnung dieser transienten Transportprozesse bietet sich vielmehr ei-ne numerische Simulation an, in der Drift und Diffusion und Raumladungsfel-der beider Ionensorten im Rahmen eines Kontinuummodells exakt berucksichtigt

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38 KAPITEL 3. SIMULATION DER IONENDYNAMIK IM ISOLATOR

werden. Auch hier ist es sinnvoll, vereinfachende Annahmen, wie etwa homo-gene Ionenverteilung und feldunabhangige Beweglichkeiten anzunehmen. EinVergleich zwischen den Ergebnissen des analytischen Modells und den entspre-chenden Resultaten im Rahmen des numerischen Modells ergeben Aufschlussuber die Signifikanz der gemachten Vereinfachungen (spiegelbildliche Raum-ladungen und Vernachlassigung der Diffusion) fur den Fall vernachlassigbarerAnionenbeweglichkeit. Von besonderem Interesse sind naturlich die Auswirkun-gen von endlicher Beweglichkeit fur beide Ionensorten. Schließlich sollte einVergleich der numerisch simulierten mit den gemessenen Ergebnissen eine ge-nerelle Uberprufung der Modellannahmen und eine Bestimmung der relevantenMaterialparameter erlauben.

Ausgangspunkt fur die Simulation ist die Herleitung der zeitlich und raumlichaufgelosten Ionenstromdichte j(z, t) und Ionendichten %+(z, t) und %−(z, t) imIsolator in Kapitel 3.1. Kapitel 3.2 liefert die Verknupfung des Transportprozes-ses mit der Ladungstragerdichte im Kanal und damit den Transistorstrom IDS(t).Nachfolgend wird das Schaltverhalten solcher Transistoren simuliert (Kapitel3.3). Die durch das simulierte Transportmodell bestehenden Einflusse physikali-scher Parameter werden im Detail in Kapitel 3.4 diskutiert.

3.1 Transportmodell

Fur die Herleitung des Ionentransports betrachtet man das Isolatorvolumen V ,das entlang der z Achse in zi Elemente unterteilt wird (Abbildung 3.1). Die nunfolgende Analyse des Ionentransports im Isolatormaterial wird unter der Vor-aussetzung gemacht, dass das Problem auf ein eindimensionales reduziert wer-den kann. Dies korrespondiert mit der Annahme, dass sich das System bezuglichder x- und y-Richtung im stationaren Zustand befindet. Diese Voraussetzung isterfullt, wenn das Potential im Kanal naherungsweise konstant ist, was durch ei-ne kleine Source-Drain Spannung UDS im Vergleich zur Source-Gate SpannungUGS sichergestellt wird (experimentell wird das Verhaltnis UGS ≈ 10 · UDSgewahlt). Andernfalls wurden Ionen im Isolator naher an Source ein anderes Po-tentialgefalle spuren als Ionen naher an Drain (Abbildung 3.1).

In dem auf eine Dimension reduzierten Fall erstreckt sich der Isolator von z =0 bis z = dINS , diskretisiert mit der Schrittweite ∆z. Jedem zi wird zu jedem

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3.1. TRANSPORTMODELL 39

Abbildung 3.1: Die Schichtdickenachse der Isolatorschicht ist die z Achse. Auf-grund der gewahlten Spannungen kann der Spannungsverlauf im Kanal als kon-stant und gleich null genahert werden UGS ≈ 10 ·UDS . Das Problem wird auf eineindimensionales Problem der z Achse reduziert.

Zeitpunkt tj eine ionische Ladungsdichte (nachfolgend Ionendichte1 genannt) furpositive und negative Ionen, %+(zi, tj) und %−(zi, tj) und eine Ionenstromdichtefur positive und negative Ionen, j+(zi, tj) und j−(zi, tj), zugeordnet (Abbildung3.2). Auf die zunachst homogen verteilten positiven und negativen Ionen wirktbei einer angelegten Gatespannung UGS(zi, tj) das elektrische Feld E(zi, tj).

Abbildung 3.2: Der Isolator erstreckt sich von z = 0 bis z = dINS . Jedem ziwird eine Ionendichte %(zi, tj) und eine Stromdichte j(zi, tj) fur die positive bzw.negative Ionenverteilung sowie ein elektrisches Feld E(zi, tj) zugeordnet.

1Die Ionendichte % hat hier die Einheit C/m3 und ist das Produkt aus Teilchendichte n ([1/m3])und der Ladung q: % = n · q.

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40 KAPITEL 3. SIMULATION DER IONENDYNAMIK IM ISOLATOR

3.1.1 Drift und Diffusion

Den Zusammenhang zwischen dem externen elektrischen Feld und den Strom-dichten geladener Teilchen liefert das schon in Gleichung 2.13 zitierte OhmscheGesetz. In Verbindung mit dem Ausdruck fur die Leitfahigkeit von Gleichung2.23 ergibt sich fur die Driftstromdichte geladener Teilchen im elektrische FeldE:

jDrift(zi, tj) = eµ+n+(zi, tj)E(zi, tj) + eµ−n−(zi, tj)E(zi, tj) (3.2)

Die beiden Ionensorten konnen unterschiedliche Driftbeweglichkeiten in derPolymermatrix aufweisen. Ihrer entgegengesetzten Ladung wird durch das unter-schiedliche Vorzeichen der Stromichten deutlich. Der Driftbewegung des Ionen-stroms wirkt eine Diffusionsbewegung entgegen. Sie hat ihre Ursache im Kon-zentrationsgefalle der jeweiligen Teilchen, das sich im Laufe der Zeit zwischenden verschiedenen zi einstellt.

Die Diffusionsstromdichte beweglicher Teilchen wird durch das Erste Fick-sche Gesetz beschrieben, welches besagt, dass die Diffusionsstromdichte propor-tional zum Gradienten der Teilchendichte ist und entgegengesetztes Vorzeichenhat. (Die Große jTeilchen,Diff (zi, tji) ist dabei eine Teilchenstromdichte.)

jTeilchen,Diff (zi, tj) = −D∂ n(zi, tj)

∂ z(3.3)

Fur geladene Teilchen ist die Diffusionskonstante uber die Nernst-Einstein-Beziehung mit der Beweglichkeit verknupft:

D =µkT

q(3.4)

k ist die Boltzmann-Konstante und T die absolute Temperatur des Systems.Aus den beiden vorangegangenen Gleichungen ergibt sich fur den speziellen Falleinfach geladener Ionen folgende Diffusionstromdichte:

jDiffusion(zi, tj) = −µ+kT∂ n+(zi, tj)

∂ z+ µ−kT

∂ n−(zi, tj)

∂ z(3.5)

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3.1. TRANSPORTMODELL 41

Zusammenfassend wird der Ionentransport durch die Summe aus Driftstrom-dichte der beweglichen Teilchen im elektrischen Feld sowie der Diffusionstrom-dichte entlang des Konzentrationsgefalles beschrieben (Gleichung 3.6) und imFolgenden fur die jeweilige Ionensorte dargestellt:

j(zi, tj) = jDrift(zi, tj) + jDiffusion(zi, tj) (3.6)

j+(zi, tj) = eµ+n+(zi, tj)E(zi, tj)− µ+kT∂ n+(zi, tj)

∂ z(3.7)

j−(zi, tj) = eµ−n−(zi, tj)E(zi, tj) + µ−kT∂ n−(zi, tj)

∂ z(3.8)

3.1.2 Zeitliche und raumliche Entwicklung

Die zeitliche Entwicklung zwischen Ladungstragerdichte und Stromdichte istuber die Kontinuitatsgleichung gegeben, die ihren Ursprung in der Teilchenzah-lerhaltung hat. Sie besagt, dass die Summe aus der zeitlichen Anderung einer La-dungstragerdichte und der raumlichen Anderung der Ladungstragerstromdichtegleich null ist:

∂%(z, t)

∂t+∂j(z, t)

∂z= 0 (3.9)

j(z, t) entspricht hier der Gesamtstromdichte aus Gleichung 3.6. Fur die loka-le Betrachtung bedeutet das, dass die Ladungstragerdichte zum Zeitpunkt t+ ∆tdurch die Stromdichten zweier benachbarter Volumenelemente gegeben ist (sieheAbbildung 3.2):

%(zi, tj+1) = %(zi, tj) +∆t

∆z(j(zi+1, tj)− j(zi, tj)) (3.10)

Ladungstragerdichten sind Quellen elektrischer Felder, was durch die dyna-mische Maxwellgleichung oder Poissongleichung ausgedruckt wird und im ein-dimensionalen Fall wie folgt aussieht:

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42 KAPITEL 3. SIMULATION DER IONENDYNAMIK IM ISOLATOR

∂E(z, t)

∂z=%(z, t)

ε0ε(3.11)

ε0 ist die Dielektrizitatskonstante und ε die dielektrische Funktion des Materi-als, in dem die Ladungstragerdichte auftritt. Bei der Ladungstragerdichte %(z, t)handelt es sich um die Summe positiver und negativer Ladungstragerdichten. MitHilfe der diskreten Schreibweise wird die Propagation des lokalen elektrischenFeldes durch die lokale Ladungstragerdifferenz deutlich:

E(zi+1, tj) = E(zi, tj) +∆z

ε0ε(%+(zi, tj) + %−(zi, tj)) (3.12)

Der Zusammenhang zwischen dem elektrischen Feld E(z, t) und dem Poten-tial Φ(z, t) lautet:

E(z, t) = −∂Φ(z, t)

∂z(3.13)

In der lokalen diskretisierten Schreibweise wird die Propagation des Potenti-als deutlich:

Φ(zi+1, tj) = Φ(zi, tj)− E(zi, tj)∆z (3.14)

Mit den Gleichungen aus den Kapiteln 3.1.1 und 3.1.2 liegen die notwendigenZusammenhange vor, um Ladungstrager- und Stromdichten der beiden Ionensor-ten, das elektrische Feld sowie das Potential fur jedes zi des Isolators zu jedemZeitpunkt tj zu bestimmen. Mit Festlegung der Anfangs- und Randbedingungenlassen sich mittels Iteration alle Großen berechnen.

Anfangs- und Randbedingungen

Die Anfangsbedingungen des Problems zur Berechnung der Ionenstrome im Iso-lator sind durch das Experiment gegeben. Es liegt ein Transistor vor, der zuvornoch nicht geschaltet wurde, dessen positive und negative Ionen also noch homo-gen verteilt in der Polymermatrix des Isolators vorliegen. Folglich sind auch dieIonenstrome zum Zeitpunkt t < 0 s gleich null (Abbildung 3.3). Zum Zeitpunkt

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3.1. TRANSPORTMODELL 43

t = 0 s wird eine Gatespannung U0,GS = −5V eingeschaltet, die gleichbedeu-tend mit einem homogenen elektrischen Feld E0(z, t = 0) = U0,GS/zmax ist(zmax = dINS ist die Gesamtschichtdicke des Isolators). Dieses Feld hat furt = 0 s einen konstanten Ionenstrom j zur Folge, der die Ladungstragerdichten %fur t > 0 s bestimmt. Die Abbildung 3.3 zeigt die Großen ubersichtlich.

Abbildung 3.3: Anfangs- und Randbedingungen. Fur t < 0 s sind die Ladungs-tragerdichten homogen verteilt, die Stromdichten sind null. Die Gatespannungwird bei t = 0 s eingeschaltet und fuhrt zu konstanten Stromdichten. Fur t > 0 sresultieren veranderte, nicht mehr homogene Ladungstragerdichten.

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44 KAPITEL 3. SIMULATION DER IONENDYNAMIK IM ISOLATOR

Aus Abbildung 3.3 konnen die Randbedingungen des Problems abgelesenwerden. Es wird angenommen, dass es sich um ein geschlossenes System han-delt, d. h. dass weder Ionen noch Ladung in den Isolator eintreten noch ausdem Isolator entweichen (keine Erzeugung oder Vernichtung von Ladung an denGrenzflachen), mussen die Ladungstrager- und Stromdichten fur die außersten zi(z0 = 0nm und zmax = 500nm) gleich null sein. Die Annahme des geschlos-senen Systems ist nicht ohne Weiteres einsehbar, weswegen sie in Kapitel 5.2.2experimentell untersucht und kritisch hinterfragt wird. Dort wird die Schlussfol-gerung gezogen, dass die Ionen auf das Isolatorvolumen beschrankt bleiben. Ineinem realen Experiment ist eine Erzeugung oder Vernichtung von Ladung oderIonen vorstellbar, indem z. B. Ladung oder Ionen durch die Halbleiter-IsolatorGrenzflache treten und im Halbleiter weiter fließt. Die Ergebnisse verschiede-ner Experimente dieser Arbeit sprechen deutlich fur die Erfullung der Annahmeeines geschlossenen Systems (Kapitel 5.2.2). Dementsprechend wird diese An-nahme in die Simulation eingebaut.

Die Spannung UGS und damit die Randwerte sind eindeutig festgelegt uberdie angelegte Gatespannung. Im Halbleiter werden durch Anlegen einer Gate-spannung Ladungstrager angereichert. Der mit Ladungstragern angereicherte Ka-nal an der Halbleiter-Isolator Grenzflache ist die Gegenelektrode zum Gate. Auf-grund der oben bereits erwahnten Naherung fur kleine Source-Drain Spannungenwird diese Gegenelektrode in der x − y Ebene als homogen geladen betrachtet(Abbildung 3.1). Fur das elektrische Feld E gilt E(z = 0, tj) = E(z = zmax, tj).

3.2 Modell fur OFETs und Kondensatoren

In einem Transistor grenzt der Halbleiter und der Isolator aneinander.Anderungen des elektrischen Feldes an der Grenzflache im Isolator resultieren inAnderungen des Grenzflachenfeldes im Halbleiter. Die elektrischen Felder sinddurch die Stetigkeitsbedingung2 miteinander verknupft. Sie besagt, dass die Nor-malkomponenten der dielektrischen Verschiebungsdichte zu beiden Seiten derGrenzflache gleich sind.

2Diese Formulierung der Stetigkeitsbedingung gilt fur den Fall, dass keine singulare, nicht stetigeGrenzflachenladung σ auftritt. Dies ist im gegebenem Experiment naherungsweise erfullt.

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3.2. MODELL FUR OFETS UND KONDENSATOREN 45

En,InsεIns = En,HlεHl (3.15)

n steht fur die Normalkomponente, die bei eindimensionaler Betrachtung inz gleich dem berechneten EIns ist. ε ist die dielektrische Funktion des Halb-leiters εHl bzw. des Isolators εIns. Diese Bedingung ist in Abbildung 3.4 skiz-ziert. Hier sind die zum elektrischen Feld proportionalen Ladungstragerdichtenan den Grenzflachen gezeigt. Die uberschussige Ladungstragerdichte aus nega-tiven Ionen an der Grenzflache %− wird im Halbleiter durch eine positive La-dungstragerdichte aus akkumulierten Lochern %HL,Komp kompensiert. Diese La-dungstragerdichte %HL,Komp addiert sich mit der Ladungstragerdichte im Halb-leiter fur den nicht ionischen Referenzfall %HL,0 zur Gesamtladungstragerdichte%HL,ges = %HL,Komp + %HL,0.

Abbildung 3.4: Ladungstragerakkumulation an den Grenzflachen des Isolators.Durch Anlegen einer negativen Gatespannung wandern positive Ionen zum Gateund negative zur entgegengesetzten Grenzflache. Die resultierende negative La-dung an der Halbleiter-Isolator Grenzflache verursacht wegen der Stetigskeitsbe-dingung eine proportionale Gegenladung im Kanal %Hl,Komp.

Das Transportmodell fur die Ionen im Isolator (Kapitel 3.1) liefertEIns(z = zmax, t) und ergibt eingesetzt in den Ausdruck 2.4 fur den Transistor-strom IDS :

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46 KAPITEL 3. SIMULATION DER IONENDYNAMIK IM ISOLATOR

IDS(tj) = −ε0εInsWL

µHlEIns(zmax, tj)UDS (3.16)

Diese Gleichung gilt fur die Naherung, dass UDS klein gegenuber UGSist und daher der Term U2

DS in Gleichung 2.4 vernachlassigt werden kann.Zusatzlich wird die Schwellspannung Uth mit null genahert. (Diese Naherungwird mit dem experimentellen Ergebnis der nichtionischen Vergleichstransisto-ren begrundet, die nur eine geringe Schwellspannung aufweisen (Kapitel 5).) IDSwird somit durch das lokale interne elektrische Feld im Isolator an der Grenz-flache zum Halbleiter (z = zmax) bestimmt, das durch die Wanderung der Io-nen stark vergroßert ist. Der Transistorstrom ist proportional zur dielektrischenFunktion des Isolators. Hier ist zu beachten, dass der Anteil der Raumladungspo-larisation (Ionenwanderung siehe Kapitel 2.2.2) von den ubrigen Anteilen sepa-riert wird und nicht in der dielektrischen Funktion εIns aus Gleichung 3.16 ent-halten ist, um die zeitliche Anderung berucksichtigen zu konnen (siehe hierfurGrundlagenkapitel 2.2 sowie die experimentelle Bestimmung der dielektrischenFunktion Kapitel 5.3). Es kame zu einer doppelten Berucksichtigung des Effek-tes der Ionenwanderung, wenn die Ionenwanderung sowohl in der dielektrischenFunktion εIns als auch durch das Transportmodell und folglich EIns(zmax, t)berucksichtigt wurde. Die dielektrische Funktion εIns aus Gleichung 3.16 bein-haltet folglich alle ubrigen schnellen Polarisationsvorgange außer den ionischenAnteilen. Uber den in dieser Arbeit experimentell zuganglichen Frequenzbe-reich kann εIns als konstant angenommen werden. Mit C(f) Messungen (sie-he Kapitel 5.3) wurde hierfur der Wert εIns = 4 bestimmt. Der ionische An-teil wird nur durch den zeitlich und raumlich aufgeschlusselten Transportprozessberucksichtigt.

Fur die Betrachtung eines Kondensators mit ionenleitendem Isolator kanndie Betrachtung vereinfacht werden, da das Bauelement lediglich aus 2 Elektro-den und der eingebetteten Isolatorschicht besteht (Abbildung 3.5).

Der Kondensatorstrom ist gegeben durch die sich mit der Zeit veranderndeOberflachenladung auf den Kondensatorplatten mit der Flache A:

IKond(t) = A∂σ(zmax, t)

∂t(3.17)

Die Oberflachenladung lasst sich mit Gleichung 2.9 durch das elektrischeFeld bei z = zmax ausdrucken und so erhalt man fur den Kondensatorstrom:

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3.3. SCHALTVERHALTEN IONISCHER OFETS 47

Abbildung 3.5: Aufbau eines Kondensators. Zwischen unterer und oberer Elek-trode mit der Flache A befindet sich der ionenleitende Isolator.

IKond(t) = Aε0εIns∂E(zmax, t)

∂t(3.18)

Zusammenfassend stehen nun alle Gleichungen zur Verfugung, um dieIonenstrom- und Ladungstragerdichten, das interne elektrische Feld und das Po-tential sowie die resultierenden Strome fur die Bauelemente Feldeffekttransistorund Kondensator zu simulieren. In einem iterativen Verfahren werden die Großennacheinander ermittelt. Durch die Anfangsbedingungen ist das elektrische Feldzum Zeitpunkt t = 0 s gegeben. Aus diesem lassen sich die Ionenstromdichtenerrechnen. Zusammen ergeben beide Großen die Ladungstragerdichten der bei-den Ionensorten fur t > 0 s. Aus den Ladungstragerdichten folgt nun das elek-trische Feld fur den Zeitpunkt t > 0 s und daraus die neuen Ionenstromdichten.Wie im vorangegangenen Kapitel erlautert, folgt dann aus dem elektrischen Feldan der Halbleiter-Isolator Grenzflache der Transistorstrom (Gleichung 3.16). Dasfolgende Kapitel zeigt die Anwendung der hier hergeleiteten Gleichungen unddiskutiert die Wirkung des Drift- und Diffusionsmodels fur den Ionentransportauf die Bauelemente.

3.3 Schaltverhalten ionischer OFETs

Im Folgenden wird die Simulation der Transistorstrome vorgestellt. Fur die Si-mulation ist eine Festlegung der beeinflussenden Simulationsparameter wie Io-nendichte, Ionenbeweglichkeit oder Halbleiterbeweglichkeit notig. Die hier vor-gestellten Rechnungen sind reprasentativ fur das Experiment mit ionischen Tran-

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48 KAPITEL 3. SIMULATION DER IONENDYNAMIK IM ISOLATOR

sistoren (Kapitel 5) und beschranken sich deswegen auf die im Experiment auf-tretenden Werte der Simulationsparameter. Fur das Experiment wurde das SalzLiClO4 in den Isolator hinzugefugt. Die daraus abgeleiteten Werte werden imFolgenden diskutiert.

Wahl der Parameter

• Im Experiment (Kapitel 5) wurden Ionendichten von e · 5 · 1025 1m3 ≤ % ≤

e · 5 · 1027 1m3 realisiert. Fur die Simulation wurde deswegen eine fur das

Experiment mittlere Ionendichte von % = e · 1 · 1026 1m3 gewahlt. Diese

Ionendichte entspricht einer Konzentration von c ≈ 1, 54 % ausgedrucktin Gewichtsprozent. Die Dichte wird als Ladung pro Volumen angegebenund enthalt deshalb den Faktor e = 1, 6 ·10−19 C fur die Elementarladung.Der entgegengesetzten Ladung wird durch ein unterschiedliches Vorzei-chen der Ionendichten % Rechnung getragen. Skizze 3.6 veranschaulichtdie Ionendichte in Großenordungen des Isolators. Eine Variation der Io-nendichte und Diskussion des Einflusses dieses Parameters findet sich inKapitel 3.4.2.

Abbildung 3.6: Dichte der Ionen. Die Li+ und die ClO−4 Ionen haben eine La-

dungstragerdichte % = e · 1 · 1026 1m3 . Das entspricht je einem Li+ und einem

ClO−4 Ion in einem Volumen von ca. (2, 15nm)3. Mit e multipliziert ergibt das

den Wert von % = 1, 6 · 107 Cm3 .

• Fur Li+ und ClO−4 Ionen wurden unterschiedliche Ionenbeweglichkei-ten µ+ bzw. µ− gewahlt (Gleichung 3.7 und 3.8). Aufgrund der ca. 14 Malgroßeren Masse desClO−4 Ions im Vergleich zumLi+ Ion (MLi ≈ 7u undMClO4 ≈ 100u), geht man davon aus, dass Li+ Ionen eine hohere Drift-und Diffusionsbeweglichkeit zeigen. Fur die hier vorgestellte Simulationwurde µ+ = 1 · 10−16 m

2

V s und µ− = 1 · 10−17 m2

V s gewahlt. Diese Werte

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3.3. SCHALTVERHALTEN IONISCHER OFETS 49

entsprechen einer einfachen Abschatzung der Beweglichkeiten aus experi-mentellen Daten (siehe Kapitel 5.2.1). Der Unterschied von Faktor 10 inden Beweglichkeiten resultiert aus dem Vergleich mit dem Experiment unddeckt sich gut mit den Analysen in der Literatur [25]. Die Diskussion zurVariation dieser beiden Parameter findet sich in Kapitel 3.4.3.

• Die Halbleiterbeweglichkeit wurde an einem hier ver-wendeten organischen Transistor experimentell ermittelt:µHl = 5 · 10−8 m

2

V s = 5 · 10−4 cm2

V s . Die Diskussion zum Einflussdieses Parameters findet sich in Kapitel 3.4.1.

• Die Gesamtschichtdicke des Isolators betragt dIns = zmax = 500nm.Der Isolator ist in 500 Elemente diskretisiert mit einer Schrittweite von∆z = 1nm.

• Das Experiment und entsprechend die Simulation lauft tges = 60 s mit∆t = 0, 01 s und wird unterteilt in 2 Phasen:

– Einschaltvorgang: 0 s− 30 s: UDS = −0, 5V und UGS = −5V

– Ausschaltvorgang: 30 s− 60 s: UDS = −0, 5V und UGS = 0V

3.3.1 Einschaltvorgang

Mit Abbildung 3.4 wurde bereits verdeutlicht, dass bei Anlegen einer Gatespan-nung eine Ladungstrennung und Verschiebung der Ladungstragerdichten der be-weglichen Ionen auftritt. Im Folgenden wird mit Hilfe der Simulation des Drift-und Diffusionsvorgangs fur den Ionentransport (Kapitel 3.1.1) ein praziseres Bildentwickelt. Vor dem Start der Simulation (t < 0s) ist der Transistor ausgeschaltet(UGS = 0V ). Die Probe befindet sich im Gleichgeweicht und die Li+ sowie dieClO−4 Ionen liegen homogen verteilt in der Isolatormatrix vor. Die Ionenstromeim Isolator sind gleich null. Mit dem Start bei t = 0s wird die Gatespannung an-gelegt und die Ionen erfahren eine Kraft im elektrischen Feld der Gatespannung(Kapitel 3.1.1). Sie beginnen im elektrischen Feld zu driften und die Ionenstrom-dichten verandern sich. Abbildung 3.7 zeigt die Ionenstromdichten innerhalb derersten 5 Sekunden im Isolator, aufgeschlusselt in die Drift- und Diffusionsionen-stromdichte der Li+ Ionen (oben) sowie der ClO−4 Ionen (unten). Abbildung 3.8zeigt zusammengefasst die Ionenstromdichten der beiden Ionensorten sowie dieeffektive Gesamtionenstromdichte (unten). Man beachte, dass die Randzonen desIsolators in der Abbildung uberproportional vergroßert (z-Achse) werden und der

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50 KAPITEL 3. SIMULATION DER IONENDYNAMIK IM ISOLATOR

mittlere Bereich von z = 20nm bis z = 480nm ausgespart ist, um die in denRandzonen stattfindende Veranderung der Stromdichten besser visualisieren zukonnen.

Parallel dazu werden die simulierten Ladungstragerdichten der beiden Ionen-sorten im Isolator (Abbildung 3.9, a1) und a2)) betrachtet. Sie sind ebenso furdie ersten 5 Sekunden mit vergroßerten Randzonen darggestellt. Der obere Graphzeigt die jeweiligen Dichten von Li+ (a1)) und ClO−4 (a2)). Der untere Graphzeigt die Summe der beiden Ionendichten (b)).

Die unterschiedlich gewahlten Beweglichkeiten der Ionen beeinflussen maß-geblich das Verhalten der Ionenstromdichten sowie der Ladungstragerdichten.So ist schon unmittelbar nach dem Einschalten der Gatespannung bei t = 0 szu beobachten, dass die Li+ Ionen getrieben vom elektrischen Feld eine nichtzu vernachlassigbare Stromdichte aufweisen (jLi+ ≈ 0, 015Am ) (Abbildung 3.8,schwarze Kurve). Dieser setzt sich im Wesentlichen aus einem Driftstrom zu-sammen (Abbildung 3.7, oberer Graph). Die Driftbewegung der langsamerenClO−4 Ionen erzeugt im selben Betrachtungszeitraum einen viel geringeren Bei-trag (Abbildung 3.7, unterer Graph). Dementsprechend ist die Ionenstromdichteder ClO−4 ca. um den Faktor 10 kleiner als die der Li+ Ionen (Abbildung 3.8).Fur beide Ionensorten gilt, dass die Stromdichten aufgrund der Bedingung desgeschlossenen Isolatorsystems (Kapitel 3.1.2) an den Randern gleich null sind, dakeine Ionen aus dem Isolator bzw. in den Isolator fließen. Die dominierende Drift-bewegung der Ionen zieht z. B. die Li+ Ionen von der Halbleiter-Isolator Grenz-flache zuruck, was als Resultat in der nachfolgenden Ladungstragerverteilungbei t = 1 s beobachtet werden kann (Abbildung 3.9, rote Kurve a1), hohe zi).Von ursprunglich % = 1, 6 · 107 C

m3 reduziert sich die Ladungstragerdichte beiz = 499nm auf ca. 30% davon3. Mit den nachfolgenden Zeiten tj verstarkt sichdas Zuruckziehen, wobei durch das starke Absinken der Li+ Ionendichte in derRandzone von ca. 497nm bis 499nm auch dort der Li+ Ionenstrom nahezu aufnull sinkt, wohingegen er im Volumen langsamer fallt.

3Um die Bedingung einfließen lassen zu konnen, dass keine Ladung den Isolator verlasst oderdurch die Grenzflachen eintritt (siehe Kapitel 3.1.2) muss % gleich null an den Randern desIsolators gewahlt werden. Bedingt durch die Diskretisierung (siehe Abbildung 3.2) werden beiz = 500nm die Werte der Großen fur das Volumen von z = 500nm bis z = 501nm an-gezeigt, also schon fur das erste dz im Halbleiter. Insbesondere fur die Ionendichten ergabe sichdurch die Darstellung eine falsche Vorstellung, weswegen fur die Ionendichten auf die Anzeigedes letzten Wertes fur z = 500nm verzichtet wurde (siehe Abbildung 3.9).

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3.3. SCHALTVERHALTEN IONISCHER OFETS 51

-0.1

0.0

0.1

0.0 5.0n 490.0n 495.0n 500.0n

-0.01

0.00

0.01

jLi, Diffusion

jLi, Drift

j [A

/m]

jClO4, Diffusion

jClO4, Drift

j [A

/m]

t=0s t=1s t=2s t=3s t=4s t=5s

z [m]

Abbildung 3.7: Ionenstromdichten in den ersten 5 Sekunden nach Anlegen derGatespannung. Im oberen Bild wird die Ionenstromdichte der Li+ Ionen diffe-renziert in den Drift- und Diffusionsanteil, im unteren Bild entsprechend fur dieClO−

4 Ionen. Man beachte die y-Achse, die fur die Li+ Ionen um den Faktor 10großer ist.

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52 KAPITEL 3. SIMULATION DER IONENDYNAMIK IM ISOLATOR

-0.02

-0.01

0.00

0.0 5.0n 490.0n 495.0n 500.0n-0.02

-0.01

0.00

jClO4

t=0s t=1s t=2s t=3s t=4s t=5s

j [

A/m

]

jLi

z [m]

jges= jLi+ jClO4

j ges [A

/m]

Abbildung 3.8: Gesamtionenstromdichte in den ersten 5 Sekunden nach Anlegender Gatespannung. Das obere Bild zeigt jeweils die Ionenstromdichte fur die Li+

und die ClO−4 Ionen, das untere zeigt die Gesamtstromdichte.

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3.3. SCHALTVERHALTEN IONISCHER OFETS 53

-4.0x107

0.0

4.0x107

0.0 5.0n 490.0n 495.0n 500.0n

-4.0x107

0.0

4.0x107

ClO4

[C/m

3 ]

z [m]

[C

/m3 ]

t=0s t=1s t=2s t=3s t=4s t=5s

Li

a1)

b)

a2)

Li + ClO4

Abbildung 3.9: Ladungstragerdichten der Ionen fur die ersten 5 Sekunden nachAnlegen der Gatespannung. Der obere Graph zeigt die Dichte der Li+ Ionen (a1),positive Werte) und die Dichte der ClO−

4 Ionen (a2), negative Werte). Bei t = 0shaben die homogen verteilten Ionen eine Dichte von % = 1, 6 · 107 C

m3 (schwarzeLinien). Graph (b) zeigt ∆%, die Summe der beiden Dichteverteilungen.

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54 KAPITEL 3. SIMULATION DER IONENDYNAMIK IM ISOLATOR

Das Absinken der Li+ Ionendichte an der rechten Grenzflache geht einhermit einer Anreicherung von Li+ Ionen an der linken Grenzflache. Ein Absinkenunter null ist nicht moglich. Innerhalb von 5 s erhoht sich die Dichte um mehrals das Vierfache. Hier lasst sich eine Asymmetrie in der Breite der Randzo-nen beobachten, in denen Ionen verarmt bzw. angereichert werden. Die Ursachehierfur liegt in der Tatsache, dass rechts eine Population ausgeraumt wird, alsomit der Zeit immer mehr zi betroffen sind, und links eine Anhaufung stattfindet.Die Anhaufung wirkt entgegen der gegenseitigen Coulombschen Abstoßung derIonen einer Sorte, die durch die Diffusionskraft im Modell berucksichtigt wird.Die aus beiden Kraften resultierende Ionenverteilung ist die zeitlich und raumlichlokale Verteilung der Gesamtionen und zeigt eine starke zeitliche Veranderunglediglich in den ersten 2 Nanometern der Isolatorschicht. Wegen der Erhohungder Ionendichte wurde eine Einfuhrung einer maximalen Grenzionendichte einerSorte in einem Volumenelement diskutiert. In Anbetracht der hier verwendetenIonendichten (siehe Skizze 3.6) und ihrer erhohten Werte im typischen Experi-ment scheint das jedoch nicht notwendig. Eine Uberprufung durch Integrierenbelegt, dass fur einen festen Zeitpunkt tj die Summe der angereicherten Ionengleich der Summe der verarmten Ionen ist. Das darf jedoch nicht davon ausge-hen, dass Li+ Ionen vom rechten Randgebiet durch den gesamten Isolator zumlinken Randgebiet gewandert sind. Es hat lediglich eine Verschiebung und Ver-formung der Gesamtpopulation stattgefunden.

Die ClO−4 Ionen, die langsamer als die Li+ Ionen sind, finden schon eineLadungsverschiebung der Li+ Ionen vor, wenn sie beginnen sich zu bewegen.Sie reagieren deshalb nicht nur auf das externe elektrische Feld, sondern auchauf die sich bereits eingestellte Dichteverteilung der Li+ Ionen. Anschaulich ge-sprochen fuhrt das dazu, dass z. B. ClO−4 Ionen an der linken Grenzflache nichtnur abgestoßen werden, sondern auch aufgrund der ionischen Anziehung durchdie angehauften Li+ Ionen verstarkt gebunden werden. Das in der Situation re-sultierende Potential (Abbildung 3.10 und Abbildung 3.11 unten) erklart, warumes zu einer ClO−4 Ionendichteverteilung kommen kann, die z. B. in der Randzo-ne fur hohe zi (Abbildung 3.9, (a2), rechts) erst eine Verringerung und fur dieletzten ∆z eine Erhohung der Ionenzahl aufweist.

Die Verschiebung der Li+ Ionen hat ein inhomogenes Potential zur Folge,das in den Randzonen stark abfallt bzw. ansteigt und nach wenigen Nanometernim Volumen ein im Vergleich zu t = 0 s geringeres Gefalle (Abbildung 3.10 und3.11 unten) aufweist. ClO−4 Ionen am rechten Rand werden deswegen mit ver-schiedenen Kraften angezogen, so dass sie schneller an die Grenzflache gezogen

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3.3. SCHALTVERHALTEN IONISCHER OFETS 55

0.0 100.0n 200.0n 300.0n 400.0n 500.0n0

1

2

3

4

5

[eV]

t=0s t=1s t=2s t=3s t=4s t=5s

z [m]

Abbildung 3.10: Das auf die Ionen wirkende Potential fur die ersten 5 s. Φ = e·U([eV ]) erfahrt mit Anreicherung bzw. Verarmung der Ionen in den Randzonen desIsolators einen starken Abfall bzw. Anstieg, was im Isolatorvolumen ein geringe-res Potentialgefalle zur Folge hat. Die Asymmetrie des Schnittpunkts der Kurvenspiegelt die Asymmetrie der Randzonen wider.

werden als aus dem Volumen Ionen nachwandern (Abbildung 3.9). Die Folgeist eine Delle in der ClO−4 Ionendichte. Sichtbar wird das geringere Potential-gefalle auch in den Stromdichten. Die ClO−4 Stromdichte nimmt ebenso wie dieLi+ Stromdichte im Volumen des Isolators im Vergleich zum Wert bei t = 0 sab (Abbildung 3.8, oberer Graph).

Die Abnahme der Ionenstromdichte im Volumen des Isolators, bedingt durchdas geringere Potentialgefalle, kann als eine Abnahme des Driftstroms interpre-tiert werden (Abbildung 3.7). Die Werte des Driftstroms im Volumen sinken mitder Zeit und haben jeweils ein Maximum in den Randzonen. Mit der Zeit steigen-de Werte des Driftstroms an der Gate-Isolator Grenzflache (niedrige zi) lassenden effektiven Zufluss von positiver Ladung in diese Randzone durch Driftbe-wegung erkennen. Dabei driften die Li+ Ionen nach links und die ClO−4 Ionennach rechts. Steigende Werte des Driftstroms an der Halbleiter-Isolator Grenz-flache (hohe zi) weisen auf den effektiven Abfluss positiver oder Akkumulation

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56 KAPITEL 3. SIMULATION DER IONENDYNAMIK IM ISOLATOR

0.0 5.0n 490.0n 495.0n 500.0n0

1

2

3

4

50.00

1.50x109

107

108

109

t=0s t=1s t=2s t=3s t=4s t=5s

z [m]

[eV

]E

[V/m

]lo

g(E

) [V

/m]

Abbildung 3.11: Elektrisches Feld und Potential im Isolator fur die ersten 5 Se-kunden. Das elektrische Feld (Mitte) steigt in den Randzonen an und sinkt im Vo-lumen des Isolators (oben, logarithmische Darstellung) ab. Das Potential (unten)ist uber die Poissongleichung mit dem elektrischen Feld verknupft .

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3.3. SCHALTVERHALTEN IONISCHER OFETS 57

negativer Ladung hin, also auf den umgekehrten Vorgang. Der Diffusionstrom(Abbildung 3.7) hingegen hat außerhalb der Randzonen den Wert null. Das be-deutet, dass die Ionendichten von Volumenelement zu Volumenelement konstantsind und kein Konzentrationsgefalle auftritt. Die Randzonen jedoch, in denen diejeweiligen Ionen stark angehauft oder verarmt sind, weisen starke Konzentrati-onsgefalle auf und der Diffusionstrom steigt stark an. Der Diffusionstrom der je-weiligen Ionensorten wirkt dem Driftstrom entgegen (umgekehrtes Vorzeichen).An dieser Tatsache kann die entgegengesetzte Wirkung der Krafte abgelesen wer-den. Auf der einen Seite bewirkt die elektrische Kraft des außeren elektrischenFeldes eine Driftbewegung der Li+ Ionen zum Gate hin, auf der anderen Seitebewirkt die Akkumulation ein Konzentrationsgefalle und daraus eine Diffusions-bewegung, die die Li+ Ionen zuruckdrangt (siehe auch Kapitel 3.1.1).

Abbildung 3.9(b) zeigt die Summe der beiden Ionendichten. Bei t = 0 s undhomogener Verteilung der Ionen ist ∆% gleich null. Die Verschiebung der Ionen-dichten durch Anlegen einer negativen Gatespannung fuhrt an der Halbleiter-Isolator Grenzflache zu einer negativen Gesamtionendichte und an der Gate-Isolator Grenzflache zu einer positiven Gesamtionendichte, wie auch schon inAbbildung 3.4 dargestellt. ∆% ist letztlich die relevante Dichte zur Berechnungdes resultierenden elektrischen Feldes sowie des Potentials (siehe Gleichung3.12).

Ergebnis ist ein elektrisches Feld (Abbildung 3.11), dessen Wert in den Rand-zonen des Isolators deutlich den Anfangswert bei t = 0 s von E = 1 · 107 Vmubersteigt. Durch die Ionenakkumulation an den Grenzflachen ist das Feld nach5 Sekunden um mehr als den Faktor 100 angewachsen und fallt innerhalb we-niger ∆z auf einen niedrigen Wert zuruck. Auch wenn in den beiden Rand-zonen unterschiedliche Dichten der jeweiligen Ionensorten vorliegen, so istE(0, t) = E(zmax, t) (siehe Diskussion der Anfangs- und Randbedingungen imKapitel 3.1.2). Die Steilheit des Ruckgangs sowie auch die Breite der Randzoneunterscheidet sich fur die beiden Randzonen. Die Ursache fur diese Asymmetrieliegt letztlich in den unterschiedlichen Beweglichkeiten fur die beiden Ionensor-ten (siehe Diskussion zu Beginn dieses Kapitels) und den daraus resultierendenIonendichten in den Randzonen. Daraus resultiert auch ein geringerer Sprung inder Anderung des Potentials (Abbildung 3.10) und die auffallige Verschiebungdes Schnittpunktes der zeitabhangigen Potentialkurven aus der Mitte.

Die Ladung an den Randzonen schirmt das außere elektrische Feld ab. DasResultat ist ein unter den Anfangswert sinkendes elektrisches Feld im Volumendes Isolators. Die logarithmische Darstellung (Abbildung 3.11, oben) des elek-

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58 KAPITEL 3. SIMULATION DER IONENDYNAMIK IM ISOLATOR

trischen Feldes zeigt, dass sich der Wert nach 5 Sekunden ungefahr halbiert hat,woraus die Verminderung der Ionenstromdichten (Abbildung 3.8) wie auch dieReduzierung des Potentialgefalles (Abbildung 3.10) folgt.

Der bisher beschriebene Prozess setzt sich in den folgenden Sekunden biszum Ausschalten des Transistors fort, verlangsamt sich jedoch immer mehr, dadas interne elektrische Feld immer starker abgeschirmt wird. Das Anwachsendes resultierenden elektrischen Feldes an den Grenzflachen des Isolators hat nachGleichung 3.16 das Anwachsen des Transistorstroms zur Folge und wird zusam-menfassend in Kapitel 3.3.3 betrachtet.

3.3.2 Ausschaltvorgang

Beim Ausschalten des Transistors wird die Gatespannung bei t = 30 s gleichnull gesetzt. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Isolator instantan feldfrei ist.Uber das Verschieben ionischer Ladung hat sich, wie im vorherigen Kapitel be-schrieben, ein internes elektrisches Feld aufgebaut, das auch fur t > 30 s eininhomogenes Potential ungleich null zur Folge hat.

Am Potential kann der Ausschaltvorgang anschaulich diskutiert werden (Ab-bildung 3.12). Ausgangspunkt ist das Potential bei t = 30 s (schwarze Kur-ve), das im Volumen des Isolators nur noch ein geringes Gefalle aufweist undin beiden Randzonen sprunghaft ansteigt bzw. abfallt. Wird nun das Gate vonUGS = −5V auf UGS = 0V geschaltet, so fallt das Potential bei z = 0nmauf null (schwarze Kurve, Abbildung 3.12). Das Ausschalten ist die Vermin-derung des gesamten elektrischen Feldes (Summe aus externem und internemFeld) um den konstanten Wert des externen Feldes E = 5V

500nm = 1 · 107 Vm .Da das gesamte elektrische Feld wahrend des Einschaltvorgangs in 30 Sekundenum 2 Großenordnungen gestiegen ist, verbleibt ein relevantes internes elektri-sches Feld. Das sich unmittelbar einstellende Potential zeigt nun im Volumen einstarkes Gefalle (Abbildung 3.12 rote Kurve) und weist in den Randzonen (ver-großernde Zusatzgraphen) eine sprunghafte Anderung auf. Das Potential wirktsich auf die folgenden Ionenstromdichten und Ionendichteverteilungen aus.

Abbildung 3.13 zeigt die Ionendichte der Li+ (a) und der ClO−4 (b) Ionenam Beispiel der Halbleiter-Isolator Randzone des Isolators. Fur den Zeitpunktt = 30 s (schwarze Kurven) geht die Li+ Dichte ρp in dieser Randzone furdie letzten Nanometern auf null, die ClO−4 Ionen (ρn) weisen eine sehr starke

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3.3. SCHALTVERHALTEN IONISCHER OFETS 59

0.0 100.0n 200.0n 300.0n 400.0n 500.0n-2.5

0.0

2.5

5.0

490.0n 495.0n 500.0n1.5

2.0

2.5

0.0 5.0n 10.0n

-2.1

-1.8

t=30,0s t=30,2s t=30,4s t=30,6s t=30,8s t=31s

[eV]

z [m]

Abbildung 3.12: Potentialanderung in der ersten Sekunde nach dem Ausschaltender Gatespannung. Das linke Ende der schwarzen Kurve (t = 30 s) wird bei t >30 s auf null gezogen.

Anhaufung auf. Der negative Ladungsuberschuss verursacht ein lokales elektri-sches Feld, das fur t > 30 s die schnellen Li+ Ionen zur Halbleiter-IsolatorGrenzflache driften lasst. Die Driftbewegung der positiven Ionen lasst sich auchmit Hilfe des Potentialgefalles belegen, das durch seine Krummung nach oben(Abbildung 3.12 rote Kurve) positive Ionen nach rechts zieht. Gleichzeitig exi-stiert ein Konzentrationsgefalle an Li+ Ionen, das eine Diffusionsbewegung derLi+ Ionen zur Halbleiter-Isolator Grenzflache auslost. Drift und Diffusion wir-ken jetzt in die selbe Richtung, ganz im Gegensatz zum Einschaltvorgang. Folg-lich steigt die Dichte der Li+ Ionen an der Halbleiter-Isolator Grenzflache anund die Verarmung wird abgebaut (Abbildung 3.13(a)). Analog driften und dif-fundieren die langsameren ClO−4 Ionen aus der Halbleiter-Isolator Randzone indas Volumen des Isolators. Das Maximum und das darauf folgende Minimum inder Dichteverteilung %n der ClO−4 Ionen werden abgebaut (Abbildung 3.13(b)).Insgesamt wird der Ladungsuberschuss an den Grenzflachen abgebaut.

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60 KAPITEL 3. SIMULATION DER IONENDYNAMIK IM ISOLATOR

0

1x107

2x107

480.0n 490.0n 500.0n-2x107

-1x107

0

t=30,0s t=30,2s t=30,4s t=30,6s t=30,8s t=31s

p [C/m

3 ]

b)

a)

n [C/m

3 ]

z [m]

Abbildung 3.13: Dichten der Li+ (a)) und der ClO−4 (b)) Ionen in der ersten

Sekunde nach dem Ausschalten. Drift- und Diffusionsbewegung der Li+ wirkenin die selbe Richtung und sorgen fur einen Anstieg der Li+ Dichte an der Grenz-flache.

Zu Beginn des Ausschaltvorgangs werden die Ionen an den Grenzflachen ge-halten. Die Drift- und Diffusionsbewegungen insbesondere der schnelleren Li+

Ionen sorgen jedoch mit der Zeit fur eine Kompensation der ClO−4 Ionen, wasnachfolgend zur Reduktion der Felder fuhrt. Die sprunghafte Veranderung deselektrischen Feldes und des Potentials in den Randzonen sowie das interne Feld

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3.3. SCHALTVERHALTEN IONISCHER OFETS 61

und das Potentialgefalle im Volumen werden abgebaut. Abbildung 3.14 zeigt dieAnderung in den ersten 5 Sekunden nach dem Ausschalten.

0.00 250.00n 500.00n0.0

2.0x109

4.0x109

490.0n 495.0n 500.0n

-5.0x107

0.0

5.0x107

-4

-2

0

2

4

490.0n 495.0n 500.0n

1

2

E [V

/m]

z [m]

t=30s t=31s t=32s t=33s t=34s t=35s

[e

V]

Abbildung 3.14: Potential (oben) und elektrisches Feld (unten) in den ersten 5Sekunden nach dem Ausschalten. Der Wert des Potentials wird fur t > 30 s aufNull gesetzt und zeigt in der rechten Randzone eine Feinstruktur (Zusatzgraph).Das elektrische Feld wird fur t > 30 s um E = 5V

500nm= 1 · 107 V

mvermindert

und baut sich mit der Zeit ab.

Abbildung 3.15 belegt noch einmal eindrucksvoll die Dominanz der schnel-leren Li+ Ionen fur das gesamte Ausschaltverhalten. (Man beachte, dass fur die

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62 KAPITEL 3. SIMULATION DER IONENDYNAMIK IM ISOLATOR

bessere Sichtbarkeit, die positive und die negative Achse unterschiedlich ver-großert sind). Der fur die erste Sekunde des Ausschaltens beobachtete Prozesssetzt sich in den folgenden 30 Sekunden fort. Die Li+ Ionen driften und dif-fundieren zum Maximum der negativen Ladungstrageruberschusses direkt an derHalbleiter-Isolator Grenzflache und gleichen diesen partiell aus. Es kommt mitder Zeit sogar zu einer Uberhohung der Li+ Ionendichte im Vergleich zur Vo-lumendichte (Ausbildung eines Maximum fur %p). Die Akkumulation der positi-ven Ionen sorgt fur eine Kompensation der elektrischen Felder, was zum schonerwahnten Abbau der Ladungsuberschusse an der Grenzflache fuhrt. Die Dau-er der Reduktion des elektrischen Feldes wird damit durch die Beweglichkeitder schnelleren Ionensorte bestimmt. Mit der Zeit sinken die Ionendichten, wasbei Li+ zu einem auffalligen Absinken unter das Maximum der Verteilung beiz = 498nm und t = 45s fuhrt.

Abbildungen 3.16 und 3.17 vervollstandigen das Bild fur die ersten 5 Sekun-den nach dem Ausschalten der Gatespannung fur die Stromdichten. Die Gesamt-stromdichte zeigt im Volumen des Isolators ein umgekehrtes Vorzeichen zu derGesamtstromdichte des Einschaltvorgangs (Abbildung 3.8), verursacht durch dasbeim Ausschalten umgekehrte Potentialgefalle. Der Diffusionsstrom der positi-ven und negativen Ionen ist im Volumen des Isolators aufgrund der Gleichver-teilung der Ionen gleich null (Abbildung 3.16). Der Driftstrom im Volumen desIsolators wird in den ersten 5 Sekunden dominiert vom Driftstrom der Li+ Ionen(Abbildung 3.16). Seine Richtung gibt damit die Richtung des Gesamtstroms imVolumen vor. Die Randzonen zeigen ein zu den oben diskutierten Ionendichtenanaloges Bild. Fur z. B. die Gate-Isolator Randzone gilt, dass zunachst Diffusi-onstrom und Driftstrom das selbe Vorzeichen aufweisen. Die Gleichrichtung derbeiden Krafte tritt nur beim Ausschaltvorgang auf. Fur die unmittelbar ersten Na-nometer andert sich das Vorzeichen des Driftstroms. Diese Umkehr fur die ersten2 Nanometer hangt mit der Umkehr des Potentialgefalles (Abbildung 3.14 oben)beim Ausschalten in den ersten 2 Nanometern zusammen.

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3.3. SCHALTVERHALTEN IONISCHER OFETS 63

0

1x107

2x107

480.0n 490.0n 500.0n

-1.0x108

-5.0x107

0.0

p [C/m

3 ]

t=30s t=31s t=32s t=33s t=34s t=35s t=40s t=45s t=50s t=55s t=60s

n [C

/m3 ]

z [m]

Abbildung 3.15: Ladungstragerdichten der Ionen im gesamten Ausschaltzeitraumvon t = 30 s (schwarz) bis t = 60 s (grau). Die schnelleren Li+ Ionen driftenunmittelbar zur Grenzflache und gleichen partiell den Ladungstrageruberschussder ClO−

4 Ionen aus. Mit der Zeit sinkt die Li+ Ionenanhaufung wieder.

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64 KAPITEL 3. SIMULATION DER IONENDYNAMIK IM ISOLATOR

-0.3

-0.2

-0.1

0.0

0.1

0.2

0.3

0.0 5.0n 490.0n 495.0n 500.0n

-0.01

0.00

0.01

jLi, Diffusion

jLi, Drift

j [A

/m]

jClO4, Diffusion

jClO4, Drift

j [A

/m]

t=0s t=1s t=2s t=3s t=4s t=5s

z [m]

Abbildung 3.16: Ionenstromdichten fur die ersten 5 Sekunden nach dem Aus-schalten. Der obere Graph zeigt die Drift- und Diffusionsstromdichte der Li+

Ionen, der untere die jeweiligen Stromdichten der ClO−4 Ionen.

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3.3. SCHALTVERHALTEN IONISCHER OFETS 65

0.0 5.0n 490.0n 495.0n 500.0n

0.00

0.01

0.00

0.01

jges= jLi+ jClO4

z [m]

j ges [A

/m]

t=30s t=31s t=32s t=33s t=34s t=35s

jClO4

jLi

j [A

/m]

Abbildung 3.17: Gesamtionenstromdichte in den ersten Sekunden nach dem Aus-schalten. Die Abbildung zeigt die Ionenstromdichte der Li+ und der ClO−

4 Ionenim oberen Graph und die effektive Gesamtionenstromdichte im unteren Graph.

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66 KAPITEL 3. SIMULATION DER IONENDYNAMIK IM ISOLATOR

3.3.3 Transistorstrom

Bisher wurde die Entwicklung des elektrischen Feldes im gesamten Isolatorma-terial betrachtet, die eine Berechnung der Ladungstragerdichten und der Strom-dichten der Ionen voraussetzt. In Kapitel 3.2 wurde der Zusammenhang zwischendem gesamten elektrischen Feld im Isolator und dem Transistorstrom IDS herge-leitet. Dabei konnte die Anderung der Ladungstragerdichte der Locher im Halb-leiter auf die Anderung des elektrischen Feldes im Isolator an der Grenzflachezuruckgefuhrt werden (Gleichung 3.18). Letztlich ist die Dynamik des Transi-storstroms mit der zeitabhangigen Ionenakkumulation verknupft. Abbildung 3.18zeigt das Ergebnis der vorangegangenen Simulation fur den Ein- und Ausschalt-vorgang bei gleicher Parameterwahl.

Fur die Ermittlung des Transistorstroms wird das elektrische Feld an der Stel-le zmax betrachtet. Im Einschaltvorgang steigt es zunachst schnell an. Mit derZeit verlangsamt sich die Erhohung des maximalen Feldes bis sie fast zu stagnie-ren scheint. Dieser Verlauf war schon in Abbildung 3.11 zu sehen. Ursache ist dieVerschiebung der Ladungstrager, die zunachst sehr schnell und mit großer Wir-kung stattfindet. Mit der Zeit sinkt die Geschwindigkeit, da durch das verstarkteAbschirmen des externen Feldes der Anteil des Driftstroms sinkt und der An-teil des Diffusionsstroms durch ein verstarktes Konzentrationsgefalle ansteigt. Indem hier simulierten Fall kommt es nicht zu einem Gleichgewicht innerhalb der30 Sekunden des Einschaltvorgangs, was mit der Wahl der Parameter zusam-menhangt. In den folgenden Kapiteln werden Simulationsbeispiele gezeigt, beidenen die Ionen wahrend der simulierten Zeit in eine Gleichgewichtslage kom-men und das elektrische Feld bis in die Sattigung bringt. Durch das Ausschaltender Gatespannung fur t > 30s sinkt das elektrische Feld (Abbildung 3.18 oben).Die Differenz der ionischen Ladungstragerdichten im Isolator an der Halbleiter-Isolator Grenzflache wird abgebaut, dominiert durch die Bewegung der Li+ Io-nen. Innerhalb der hier simulierten 60 Sekunden findet kein vollstandiger Abbaudes elektrischen Feldes statt.

Wie einleitend erwahnt beschreibt Gleichung 3.18 die Proportionalitat zwi-schen dem elektrischen FeldEzmax und dem Transistorstrom IDS . Entsprechendfolgt der Transistorstrom (Abbildung 3.18 unten) komplett dem Verlauf des elek-trischen Feldes. Bedingt durch das starke Ansteigen des elektrischen Feldes um 2Großenordnungen, steigt auch der Transistorstrom auf den Wert IDS ≈ 900nA.Zum Vergleich: Im Falle eines Transistors mit nicht-ionischem Isolator identi-scher Ausfuhrung lasst sich bei gleicher Parameterwahl ein Transistorstrom von

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3.3. SCHALTVERHALTEN IONISCHER OFETS 67

ca. IDS ≈ 3nA erzielen. Die Simulation zeigt deutlich die durch die Ionenwan-derung verursachte starke Zeitabhangigkeit des Transistorstroms.

0.0

2.0x109

4.0x109

0 30 60

-800.0n

-400.0n

0.0

E(z

max

,t) [V

/m]

Einschalten Ausschalten

I DS(t)

[A]

t [s]

Abbildung 3.18: Elektrisches Feld an der Halbleiter-Isolator Grenzflache Ezmax

(oben) und Transistorstrom IDS (unten) in Abhangigkeit von t beim Ein- undAusschaltvorgang.

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68 KAPITEL 3. SIMULATION DER IONENDYNAMIK IM ISOLATOR

3.4 Einfluss physikalischer Parameter

Die Auswirkung der einzelnen physikalischen Parameter auf den Transistorstromkann im Experiment an der Anderung der Dynamik oder der Hohe des Stromsbeobachtet werden. Um die Zusammenhange separiert voneinander betrachtenzu konnen, wird im Folgenden der Einfluss der jeweiligen Große durch separateSimulationen analysiert. Dabei ist die eben diskutierte Versuchs- bzw. Simula-tionsabfolge (Kapitel 3.3) mit ihrer Parameterwahl Ausgangspunkt zur Analysedes Einflusses der Halbleiter- und der Ionenbeweglichkeit, der Ionendichte undder Gatespannung. Die jeweils anderen Parameter bleiben unverandert.

3.4.1 Halbleiterbeweglichkeit

Zur Diskussion des Einflusses der Halbleiterbeweglichkeit wird an dieser StelleGleichung 3.16 zitiert:

IDS(t) ∝ µHlEIns(zmax, t)UDS (3.19)

Der Beitrag des elektrischen Feldes EIns im Isolators ist unabhangig vonder Halbleiterbeweglichkeit. Das Drift- und Dissusionsmodell fur den Isolatorin Kombination mit dem Standardmodell fur den Transistor, ergibt eine linea-re Abhangigkeit des Transistorstroms IDS von µHl. Abbildung 3.19(a) zeigtdie Simulation fur drei verschiedene Beweglichkeiten, wobei die mittlere dun-kelblaue Kurve mit dem Parametersatz aus Kapitel 3.3 gerechnet wurde. Die li-neare Abhangigkeit zwischen Transistorstrom und Halbleiterbeweglichkeit fuhrtz. B. zu einer Verdopplung des Stromes bei Verdopplung von µHl (orangene Kur-ve). Dieser Zusammenhang stellt einen starken Hebel der Einflussnahme auf denTransistorstrom dar. Die Dynamik, also der Verlauf der Kurven innerhalb derSchaltzeiten von jeweils 30 Sekunden, andert sich jedoch nicht, was mit demVergleich der normierten Kurven belegt werden kann (Abbildung 3.19 (b)). Siehaben einen identischen Verlauf. Wie erwartet, beeinflusst µHl nur die Amplitu-de, nicht aber die zeitliche Entwicklung von IDS .

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3.4. EINFLUSS PHYSIKALISCHER PARAMETER 69

0 30 60-2.0µ

-1.0µ

0.0

jeweils auf 1 normiert µHl=5*10-4cm2/Vs

µHl=1*10-3cm2/Vs

µHl=1*10-4cm2/Vs

I DS [A

]

t [s]

(a)

0 30 60-1.0

-0.5

0.0

I DS [a

.u.]

t [s]

(b)

Abbildung 3.19: Transistorstrom in Abhangigkeit von der Halbleiterbeweglich-keit. (a) Die dunkelblaue Kurve mit µHL = 5 · 10−4 cm2

V sentspricht der Simulati-

on der vorangegangenen Kapitel. Die hellblaue Kurve wurde mit einer niedrigerenHalbleiterbeweglichkeit (µHL = 1 · 10−4 cm2

V s) gerechnet, die orangene mit einer

hoheren (µHL = 1 · 10−3 cm2

V s). (b) Die auf −1 normierten Kurven zeigen einen

identischen Verlauf.

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70 KAPITEL 3. SIMULATION DER IONENDYNAMIK IM ISOLATOR

3.4.2 Ionendichte

Abbildung 3.20 macht den Einfluss der Ionendichte % auf den Transistor-strom IDS(t) bzw. das elektrische Feld an der Halbleiter-Isolator GrenzflacheEIns(zmax, t) deutlich. Die Dichte %0 = e · 1 · 1026 1

m3 wurde dabei mit fol-gendem Faktor variiert: 0, 2, 0, 4, 0, 6, 0, 8, 4. %0 und die Dichtevariation ent-sprechen gewahlten Dichten des Experiments. Mit steigender Dichte erhoht sichder Transistorstrom und dazu analog EIns(zmax, t), das sich nach 30 SekundenEinschaltvorgang einstellt. Es lasst sich erkennen, dass es sich bei der Ionendich-te nicht um einen Skalierungsfaktor handelt wie im vorangegangenen Kapitelbei der Halbleiterbeweglichkeit. Die Kurven haben jeweils eine unterschiedlicheDynamik, was die unterschiedliche Krummung der Kurven zeigt.

0 30 60-1.2µ

-800.0n

-400.0n

0.0

=0.2* =0.4* =0.6* =0.8* =4*

I DS [A

]

t [s]

Abbildung 3.20: Variation der Ionendichte von %1 = e · 0, 2 · 1026 1m3 bis

%5 = e · 4 · 1026 1m3 . %0 = e · 1 · 1026 1

m3 entspricht der vorangegangenen Ba-sisrechnung. Mit steigender Ionendichte andert sich die Dynamik innerhalb dersimulierten Schaltzeiten drastisch.

Die Ursache fur die unterschiedliche Dynamik hat ihren Ursprung in Glei-chung 3.2 fur die Driftstromdichte: jDrift ∝ µ · %Ion · E. Die Driftstromdichteerhoht sich mit wachsender Ionendichte %. Daraus folgt, dass sich schon zu einemfruheren Zeitpunkt eine gewisse Ionendichtedifferenz ∆% einstellt und der Stromschneller anwachst. Mit unterschiedlicher Dichte und zeitlicher Entwicklung re-

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3.4. EINFLUSS PHYSIKALISCHER PARAMETER 71

sultiert ein jeweils anderes Profil der Ionendichtedifferenz. Die Ionendichtediffe-renz ubertragt sich auf das elektrische Feld an der Halbleiter-Isolator GrenzflacheEIns(zmax, t) und damit auf den Transistorstrom IDS(t). (Das elektrische Feldan der Grenzflache und der Transistorstrom IDS(t) haben einen analogen Kur-venverlauf.) Die Unterschiedlichkeit der Dynamik der Kurven lasst sich auf eineeinfache Art belegen. Die simulierten Kurven aus Abbildung 3.20 lassen sichnicht fur unterschiedliche Ionendichten mit Hilfe einer Zeitdehnung ineinanderuberfuhren. Es handelt sich also nicht lediglich um eine Stauchung oder Dehnungder Kurven proportional zum Ionendichteverhaltnis sondern um eine Anderungder Dynamik.

Die Rechnung mit der Ionendichte %5 = 4 · %0 (orangefarbene Kurve Ab-bildung 3.20) ist ein Beispiel fur Simulationsparameter, die nahezu zu einerSattigung der Transistorstromkurve innerhalb des Einschaltvorgangs fuhren. Istdie Ionendichte jedoch nur 1/10 so groß gewahlt (rote Kurve Abbildung 3.20),so zeigt der Transistorstrom trotz gleicher Ionen- oder Halbleiterbeweglichkeiteine deutlich andere Dynamik des Systems auf. Wie bereits besprochen, werdenhier bei einer geringeren Dichte in gleicher Zeiteinheit weniger Ionen transpor-tiert und damit auch die dynamischen Prozesse langsamer vonstatten gehen. DieDichte der Ionen beeinflusst maßgeblich die Dynamik und damit das Schaltver-halten des Transistors.

3.4.3 Ionenbeweglichkeit

Um den Einfluss der Ionenbeweglichkeit auf den Transistorstrom zu studieren,wird in einem ersten Schritt die Wechselwirkung der beiden beweglichen Ionen-sorten aufeinander analysiert. Abbildung 3.21 zeigt den Transistorstrom fur fol-gende Falle:

• Beide Ionensorten bewegen sich: dunkelblauµ+ = 1 · 10−16 m

2

V s und µ− = 1 · 10−17 m2

V s

• Nur die positiven, schnelleren Ionen bewegen sich: rotµ+ = 1 · 10−16 m

2

V s und µ− = 0 m2

V s

• Nur die negativen, langsameren Ionen bewegen sich: grunµ+ = 0 m2

V s und µ− = 1 · 10−17 m2

V s

• Summe der roten und der grunen Kurve: braun

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72 KAPITEL 3. SIMULATION DER IONENDYNAMIK IM ISOLATOR

0 30 60

-800.0n

-400.0n

0.0

I SD [A

]

t [s]

µ [m2/Vs] µ+=10-16 µ-=10-17

µ+=10-16 µ-=0 µ+=0 µ-=10-17

(rot + grün)

Abbildung 3.21: Wechselwirkung der Ionensorten aufeinander. Dunkelblau zeigtden Transistorstrom fur den Fall, dass beide Ionensorten wandern konnen. Bei rotwandern nur die schnelleren Ionen, bei grun nur die langsameren. Braun ist dieSumme der Transisotrstrome der roten und grunen Kurve.

Der Vergleich der beiden Falle mit nur einer wandernden Ionensorte (1-Ionenprozess, rot und grun) zeigt, dass die Dynamik der Kurve wesentlich vonder Geschwindigkeit dieses Prozesses abhangt. Im Falle der Ionenbeweglichkeitvon µ+ = 1 · 10−16 m

2

V s (rot) ist nach ca. 15 Sekunden der dominierende Drift-prozess der Ionen beendet, die interne Ladungsverschiebung schirmt das externeFeld im Innern des Isolators ab. Es stellt sich ein maximaler Transistorstrom vonca. 400nA ein. Im Falle der langsameren Ionen mit µ− = 1 · 10−17 m

2

V s (grun)reichen 30 Sekunden nicht aus, um den Hauptbeitrag des Driftprozesses zu been-den, das externe elektrische Feld ist zum Ende des Einschaltvorgangs noch nichtvollstandig abgeschirmt. Falls nur eine Ionensorte wandert, ist es moglich, dieSimulationen der Transistorstrome mit unterschiedlichen Ionenbeweglichkeitendurch Zeitdehnung ineinander zu uberfuhren. Durch Multiplikation der Zeitach-se der roten Kurve mit dem Faktor 10 erlangt man die grune Kurve, die mit einer10 mal langsameren Ionenbeweglichkeit gerechnet wurde. Grun sattigt also nachca. 150 Sekunden auf den Transistorstrom von ca. 400nA. Der Sattigungswertdes Transistorstroms ist dabei unabhangig von der Ionenbeweglichkeit des 1-Ionenprozesses.

Die braune Kurve in Abbildung 3.21 zeigt die Summe der roten und grunenKurve. Deutlich ist der unterschiedliche Verlauf der braunen und der dunkelblau-

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3.4. EINFLUSS PHYSIKALISCHER PARAMETER 73

en Kurve. Das bedeutet, dass es einen Unterschied macht, ob die Summe zwei-er 1-Ionenprozesse gebildet wird oder ein 2-Ionenprozess stattfindet. An die-sem Unterschied kann die Wechselwirkung der Wanderungsprozesse der beidenIonenpopulationen abgelesen werden (siehe auch Diskussion des Einschaltvor-gangs Kapitel 3.3.1). Da es sich bei den beiden Populationen um geladene Teil-chen umgekehrter Ladung handelt, wirken Coulomb-Anziehungskrafte zwischenihnen und sie wechselwirken. Die Geschwindigkeit, mit der der 2-Ionenprozessablauft und fur die die Krummung der Kurve ein Maß ist, lasst sich nicht aus deneinzelnen 1-Ionenprozessen ableiten. Es handelt sich um einen neuen gemein-samen Prozess. Auch der sich einstellende Sattigungstrom nach 30 Sekundendes externen elektrischen Feldes ist großer als die Summe der Sattigungsstromeder 1-Ionenprozesse. Es stellt sich ein mehr als doppelt so großes ∆% an derHalbleiter-Isolator Grenzflache ein. Aus diesem großeren ∆% folgt das entspre-chende EIns(zmax, t) und daraus der im Vergleich zum I-Ionenprozess großereTransistorstrom ISD (Abbildung 3.21, dunkelblaue Kurve).

Abbildung 3.22 zeigt einen Vergleich der Variation der schnelleren Ionen-beweglichkeit µ+ bei gleichbleibender langsamerer Ionenbeweglichkeit µ−. Dieunterschiedliche Dynamik wird in den auf −1 normierten Kurven besonders gutsichtbar (Abbildung 3.22). Im Falle der identischen Ionenbeweglichkeiten (blaueKurve) ist die Dynamik des 2-Ionenprozesses identisch zur Dynamik des 1-Ionenprozesses (siehe Abbildung 3.21 grun). Lediglich die Amplitude der Stromewird verdoppelt. Bei der sukzessiven Erhohung von µ+ lasst sich eine immerdeutlicher stattfindende Separation der simulierten Transistorstrome in zwei Be-reiche, den der beiden Driftbewegungen, feststellen. Je starker die beiden Be-weglichkeiten auseinanderliegen, desto klarer ist der Driftprozess der ersten Po-pulation beendet, bevor der Driftprozess der zweiten Population beginnt. Fur diegrune Kurve in Abbildung 3.22, deren Beweglichkeiten um den Faktor 15 ausein-ander liegen, bedeutet das, dass der Transistorstrom im Einschaltvorgang schnellansteigt und dann in einen langeren, langsameren Prozess ubergeht.

Besonders im Ausschaltvorgang verursacht die schnellere µ+ Beweglichkeitein weiteres, interessantes Detail. Fur den Ausschaltvorgang gilt, dass das externeelektrische Feld gleich null ist und nun das innere elektrische Feld die treiben-de Kraft der Driftbewegung wird (siehe Abbildung 3.12 in Kapitel 3.3.2). Ander Halbleiter-Isolator Grenzflache wurden wahrend der 30 Sekunden des Ein-schaltvorgangs die schnelleren Li+ Ionen stark verarmt und auch die langsame-ren ClO−4 Ionen schon stark angereichert. Wird nun das außere elektrische Feldausgeschaltet, so zieht das interne elektrische Feld die Li+ Ionen zuruck an die

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74 KAPITEL 3. SIMULATION DER IONENDYNAMIK IM ISOLATOR

Grenzflache (siehe auch Abbildung 3.15 und Diskussion zum Ende des Kapitels3.3.2). Der Ruckfluss der schnelleren Ionen bedeutet einen schnellen Abbau derhohen Ladungstragerdifferenz an der Grenzflache und damit ein Absinken desTransistorstroms. Die Dynamik des Ausschaltvorgangs ist dominiert von der Be-weglichkeit der schnelleren Li+ Ionen. Diese Tatsache lasst sich im Vergleichder Kurven aus Abbildung 3.22 im Ausschaltvorgang gut beobachten. Dort zeigtdie Kurve mit der großten µ+ Beweglichkeit die schnellste Ausschaltdynamik.

0 30 60

-800.0n

-400.0n

0.0

µ-=10-17m2/Vs fest µ+=10-17m2/Vs µ+=5*10-17m2/Vs µ+=10-16m2/Vs µ+=5*10-16m2/Vs

I SD [A

]

t [s]

(a)

0 30 60-1.0

-0.5

0.0

I SD [A

]

t [s]

(b)

Abbildung 3.22: Variation der Beweglichkeit der schnelleren Ionen. (a) µ+ vari-iert: 5 · 10−16 m2

V sgrun, 1 · 10−16 m2

V sdunkelblau, 5 · 10−17 m2

V srot, 1 · 10−17 m2

V s

blau. (b) Die Variation der Ionenbeweglichkeit wurde fur t = 30 s auf -1 normiert.

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3.4. EINFLUSS PHYSIKALISCHER PARAMETER 75

3.4.4 Variation der Gatespannung

Die folgende Analyse untersucht den Einfluss der Gatespannung auf den Transi-storstrom. Abbildung 3.23 zeigt IDS(t) in Abhangigkeit von der GatespannungUGS in einer Variation von−2, 5V,−5V,−7, 5V und−10V . Es ist deutlich zuerkennen, dass der Transistorstrom im Einschaltvorgang und dementsprechenddas elektrische Feld an der Halbleiter-Isolator Grenzflache EIns(zmax, t) bei ei-ner hoheren Gatespannung hohere Werte einnimmt. Eine Betrachtung der fur daselektrische Feld verantwortlichen Ionendichtedifferenz %(zmax, t) belegt, dassdiese auch abhangig von der Gatespannung steigt. Bei einer hoheren Gatespan-nung akkumulieren im selben Zeitraum großere Mengen an ionischen Ladungs-tragern an den Grenzflachen, obwohl die Menge der vorhandenen Ladungstragerkonstant geblieben ist.

0 30 60

-1.5µ

-1.0µ

-500.0n

0.0

I DS [A

]

UG=-2.5V UG=-5V UG=-7.5V UG=-10V

t [s]

Abbildung 3.23: Analyse der Gatespannungsabhangigkeit. UGS hat die Werte−2, 5V (hellblau), −5V (blau), −7, 5V (grun) und −10V (rot).

Die Erklarung fur dieses Verhalten findet sich mit einem Blick auf die domi-nierende treibende Kraft des Vorgangs, der Driftbewegung. Die Driftgeschwin-digkeit vDrift = µIonen · E der Ionen erhoht sich mit einem großeren homo-genen elektrischen Feld, das zum Zeitpunkt t = 0 s an das Gate angelegt wird,wobei die Ionenbeweglichkeit µIonen gleich bleibt. Es folgen mit Gleichung 3.2hohere Driftionenstromdichten, was wiederum hohere Ionendichten zur Folge hat

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76 KAPITEL 3. SIMULATION DER IONENDYNAMIK IM ISOLATOR

(Gleichung 3.10). Das Anlegen eines hoheren elektrischen Feldes lasst großereMengen an Ladungstragern wandern.

Eine Erhohung der Gatespannung hat also zwei Folgen: Zum einen erhohtsich die Geschwindigkeit mit der der Prozess der Ionenakkumulation stattfindetund es werden mehr Ionen in der selben Zeiteinheit transportiert. Zum ande-ren wird zur Abschirmung des nun gewachsenen außeren elektrischen Feldes ei-ne großere Menge akkumulierter Ladung an der Grenzflache benotigt. Letztereskann mit der Betrachtung des aus dem elektrischen Feld folgenden Potentials imInnern des Isolators belegt werden. Abbildung 3.24 (b) zeigt, dass mit steigen-der Gatespannung (rote Kurve im Vergleich zur schwarzen Kurve) ein großeresinternes Potential notwendig ist (orangene Kurve im Vergleich zur dunkelblauenKurve), um das großere externe Potential abzuschirmen.

In dem hier gerechneten Beispiel gleichen sich beide Effekte aus und dieDynamik des Transistorstroms ist nahezu gatespannungsunabhangig. Abbildung3.24(a) zeigt die Kurven des Vergleichs aus Abbildung 3.23 normiert auf −1an der Stelle t = 30 s. Bis auf kleine Abweichungen (Detailgraph) liegen dieKurven aufeinander, sie weisen wahrend des Einschalt- und Ausschaltvorgangseine ahnliche Dynamik auf. Die Abschirmung des Feldes findet also nicht mitsteigender Gatespannung schneller statt.

Mit veranderter Ionendichte, die der Berechnung zugrunde liegt, wird sich dasResultat dieser Analyse andern, was sich wie folgt erklaren lasst: Die Dynamikdes Transistorstroms hangt von EIns(zmax, t) und damit vom Ionendichteprofilan der Halbleiter-Isolator Grenzflache ab. Dieses wiederum wird von der Ge-samtdichte der Ionen beeinflusst. Aufgrund der Abstoßung der Ionen einer Sorte,die in die Diffusionsbewegung eingeht, lassen sich die Ionen nur endlich dichtpacken. Mit steigender angelegter Gatespannung, also steigendem externen elek-trischen Feld, lasst somit nicht erwarten, dass das Ionendichteprofil und damitEIns(zmax, t) stetig mitwachst. Fur hohe Gatespannungen oder hohe Ionendich-ten wird also erwartet, dass sich die Dynamik andert.

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3.4. EINFLUSS PHYSIKALISCHER PARAMETER 77

0 30 60-1.0

-0.5

0.0

auf -1 normiert UG=-2.5V UG=-5V UG=-7.5V UG=-10V

I DS [a

.u.]

t [s]

(a)

0.00 250.00n 500.00n0.0

2.5

5.0

7.5

10.0

z [nm]

UG=-10V t=0s UG=-10V t=30s UG=-5V t=0s UG=-5V t=30s

[eV]

(b)

Abbildung 3.24: Analyse der Gatespannungsabhangigkeit. (a) zeigt die normier-ten Kurven aus Abbildung 3.23. (b) zeigt einen Vergleich des internen Potentialsfur −5V (blau bzw. hellblau) bei t = 0 s bzw. t = 30 s und bei −10V (rot bzw.orange). Die Dynamik ist unabhangig von der Gatespannung.

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78 KAPITEL 3. SIMULATION DER IONENDYNAMIK IM ISOLATOR

3.5 Zusammenfassende Diskussion

Das vorangegangene Kapitel zeigt, dass sowohl Halbleiterbeweglichkeit, Ionen-beweglichkeiten und Ionendichte deutliche Auswirkungen auf den Verlauf desTransistorstroms IDS(t) wahrend des Ein- und Ausschaltvorgangs haben. DieHalbleiterbeweglichkeit kann dabei von der Ionendichte und der Ionenbeweg-lichkeit separiert betrachtet werden, da sie im Gegensatz zu diesen nur ein Kur-venskalierungsfaktor ist, also ein Parameter, zu dem sich jeder Wert des Transi-storstroms zu jedem Zeitpunkt tj linear verhalt. Durch diese Abhangigkeit stelltsie zwar einen sehr starken Hebel der Einflussnahme auf den absoluten Wert desTransistorstroms dar, verandert jedoch nicht die Dynamik der Kurven wahrenddes typischen Schaltexperiments. Ionendichte und Ionenbeweglichkeiten wirkensich dagegen gleichzeitig auf die absolute Hohe des Transistorstroms und die Dy-namik der Kurven aus. Besonders die Ionenbeweglichkeiten beeinflussen starkden Kurvenverlauf des Transistorstroms. Nur im Falle der 1-Ionenprozesse findetmit unterschiedlichen Beweglichkeiten eine eindeutige zeitliche Skalierung statt,was durch eine Uberfuhrung der unterschiedlichen Kurven durch Zeitachsendeh-nung oder -streckung belegt wurde. Im wahrscheinlicheren Falle, dass beide Io-nensorten in der Polymermatrix, an die ein außeres elektrisches Feld angelegtwird, wandern, wechselwirken beide Populationen. Die Analyse zeigt, dass dieDynamik in diesem 2-Ionenprozess von den Betragen der einzelnen Ionenbeweg-lichkeiten und dem Verhaltnis der beiden Beweglichkeiten abhangt.

Die Tatsache, dass sowohl Ionenbeweglichkeiten als auch Ionendichte denTransistorstrom beeinflussen, fuhrt zu Mehrdeutigkeiten in der Interpretation derTransistorstromkurven. Das heißt, dass durch die Wahl unterschiedlicher Para-meter die Simulation ahnliche Kurven ergeben kann. Folgende vergleichendeRechnungen demonstrieren diesen Sachverhalt. Die schwarze Kurve in Abbil-dung 3.25 zeigt das berechnete Schaltverhalten eines Transistors mit ionischemIsolator mit einer Ionendichte von %0 = e · 1 · 1025 1

m3 . Die Halbleiterbeweg-lichkeit von µHl = 5 · 10−8 m

2

V s bleibt wahrend der folgenden Diskussion kon-stant. Das Schaltverhalten wurde mit einem 30 Sekunden dauernden Einschalt-vorgang bei einer Gatespannung von −5V und mit einem ebensolangem Aus-schaltvorgang vonUGS = 0V simuliert bei gleichbleibender Drainspannung von−0, 5V . Die Ionenbeweglichkeiten sind µ+ = 1 · 10−16 m

2

V s fur die Li+ Ionenund µ− = 1 · 10−17 m

2

V s fur die ClO−4 Ionen, also um den Faktor 10 geringer.

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3.5. ZUSAMMENFASSENDE DISKUSSION 79

0 30 60

-200.0n

-100.0n

0.0

2-Ionenpr. 1-Ionenpr. a) 1-Ionenpr. b)

I DS [

A]

t [s]

Abbildung 3.25: Die schwarze und die rote Kurve belegen die Mehrdeutigkeitder Simulation. Es resultiert ein ahnlicher Transistorstrom bei unterschiedlichenParametersatzen (2-Ionenprozess vs. 1-Ionenprozess (b)). Die grune Kurve erganztdie Diskussion (1-Ionenprozess (a), siehe Text).

Dieser 2-Ionenprozess lasst sich vergleichen mit der Rechnung eines 1-Ionenprozesses (a)), bei der die schnelleren Li+ Ionen nicht beweglich sind(µ+ = 0 m2

V s , µ− = 1 · 10−17 m2

V s , grune Kurve). Erwartungsgemaß steigt derTransistorstrom wahrend der 30 Sekunden des Einschaltvorgangs nun viel gerin-ger an, die schwarze und die grune Kurve unterscheiden sich deutlich. Fur dieBerechnung der roten Kurve in Abbildung 3.25 wurde nun der 1-Ionenprozessverandert, in dem eine um den Faktor 10 großere Ionendichte4 fur die Simulationgewahlt wurde: %rot = e · 1 · 1026 1

m3 und µ+ = 0 m2

V s , µ− = 1 · 10−17 m2

V s . Indiesem Falle ist das Ergebnis der Simulation fur den Transistorstrom ahnlich derursprunglichen, schwarzen Kurve. Das heißt, dass sich das Ergebnis der Simu-lation eines 1-Ionenprozesses im Drift- und Diffusionsmodell unter Umstandennicht oder zumindest schlecht von dem Ergebnis eines 2-Ionenprozesses unter-

4Die Variation der Ionendichte um einen Faktor 10 bzw. ihre Reduktion auf 10% des Anfangswer-tes lasst sich experimentell begrunden: Kohn et al [44] fanden heraus, dass bei Salzen gelost inpolymeren Materialien nur ein Bruchteil von ca. 10% der ursprunglich gelosten Ionenmenge amWanderungsprozess teilnimmt. Als Ursache wird die unterschiedliche chemische Bindung desSalzes in der polymeren Kette diskutiert.

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80 KAPITEL 3. SIMULATION DER IONENDYNAMIK IM ISOLATOR

schieden lasst, falls sich mehrere Parameter, wie hier die Ionendichte zusatzlichzur Ionenbeweglichkeit, andern konnen.

Diese Beobachtung hat maßgebliche Folgen fur den Vergleich der simulier-ten mit den gemessenen Kurven. Die ursprungliche Zielsetzung war es, aus demVergleich der experimentell bestimmten Transistorstrome mit den Simulationendes Drift- und Diffusionsmodells Aufschluss uber die Wirkungsmechanismeneines in einem Transistor eingebauten ionenleitenden Isolators zu bekommen.Die Mehrdeutigkeit der simulierten Ergebnisse zeigt, dass dies nicht eindeutigmoglich sein wird. Es bleibt unerlasslich, grundsatzliche Fragen uber weitereExperimente zu beantworten. Fur einen eindeutigen Fit der gerechneten Kurvean das Experiment waren folgende Fragen zu klaren:

• Handelt es sich um einen 1- oder einen 2-Ionenprozess?

• Welche Beweglichkeiten haben die einzelnen Ionenpopulationen?

• Nehmen die gesamten Ionenpopulationen an der Drift- und Diffusionsbe-wegung teil oder reduziert sich die Ionendichte auf einen Bruchteil be-weglicher Ionen? Letzteres ware denkbar, wenn eine endliche Menge desSalzes nicht als getrennte Ionen vorliegt.

• Wie groß ist die Halbleiterbeweglichkeit im P3HT unter Einfluss des ioni-schen Isolators?

Aber nicht nur der experimentelle Zugang zur Beantwortung obiger Fragen ist li-mitiert, sondern auch der Simulation sind Grenzen gesetzt. So ware es z. B. sehrwichtig, zeitlich sehr lange Schaltvorgange zu simulieren, um den Sattigungswertdes Transistorstroms bestimmen zu konnen. Leider stoßt dabei die Simulationmit dem hier gewahlten Programm5 an ihre Grenzen, da bei notwendiger kleinerSchrittweite in Raum und Zeit (∆z und ∆t) softwarebegrenzt nur eine endlicheGesamtdauer gewahlt werden kann. Genauso ist es nicht moglich, die Ionenbe-weglichkeiten beliebig groß zu wahlen, da aus numerischen Grunden ∆t nichtbeliebig klein gewahlt werden kann.

Aufgrund dieser Einschrankungen bei Experiment und Simulation wird oftstatt eines quantitativen nur ein qualitativer Vergleich moglich sein. Die weitereDiskussion dieser Fragen findet explizit in Kapitel 5 statt.

5Es wurde in der Programmiersprache ”Visual Basic for Application“ und dem Programm Excelvon Microsoft gearbeitet.

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4 Experimentelle Methoden

Das folgende Kapitel behandelt die experimentellen Methoden. Es beginnt mit ei-ner Vorstellung der verwendeten Materialien sowie der Prozesse zur Herstellungder Bauelemente. Es folgt eine Ubersicht der Messmethoden zur Charakterisie-rung der Bauelemente, die Voraussetzung zur Diskussion der Materialreaktionsind.

4.1 Materialien und Herstellung

Der Vorteil der in dieser Arbeit verwendeten organischen Materialien liegt zumeinen in der Loslichkeit der Polymere in organischen Losemitteln und damit derEinsetzbarkeit dieser Losungen als Tinten in einem Druckprozess. Zum anderenermoglichen sie den Einsatz eines flexiblen Substrats als Basis fur einen konti-nuierlichen Rolle-zu-Rolle Herstellungsprozess auf Druckmaschinen. Die Bau-elemente werden ausschließlich in einem Reinraum hergestellt. Die nachfolgen-den Ergebnisse konnen jedoch auf Elektronik ubertragen werden, die in einemDruckprozess hergestellt wird. Exemplarisch fur die Herstellung wird ein sog.Referenztransistor gewahlt, der die Grundlage spaterer Materialvariationen undAnalysen ist. Die Materialien werden in der Reihenfolge des Herstellungspro-zesses vorgestellt, wobei die Bauelemente in einem top-gate Aufbau umgesetztwerden, d. h. dass die den Transistor abschließende, oben aufliegende Elektrodedie Gatelektrode ist.

4.1.1 Substrat und Elektroden

Substrat

Um auf einer Folie Elektronik aufbauen zu konnen, muss diese verschiedene An-forderungen erfullen. Voraussetzung ist eine Unempfindlichkeit gegenuber her-

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82 KAPITEL 4. EXPERIMENTELLE METHODEN

stellungsbedingter Temperaturen und eine gute Resistenz gegenuber verwende-ter Losemittel. Das Substrat hat keine elektrische Funktionalitat und dient alsneutrales Tragermaterial. Eine geringe Oberflachenrauigkeit verhindert erhohteLeckstrome oder gar Kurzschlusse durch das horizontal aufgebaute Bauelement.Das hier eingesetzte Substrat besteht aus einer 50 µm dicken Folie aus Polyethy-lenterephtalat (PET) und erfullt die vorangegangenen Bedingungen. Die flexibleFolie wird fur den Herstellungsprozess in 5·5 cm2 große Stucke geschnitten undfur eine einfachere Handhabung auf ebenso große Glassubstrate aufgebracht. Vorder Herstellung der Probe wird die Folie mit Aceton gereinigt.

Elektroden

Im Bereich der organischen Elektronik werden sowohl leitfahige Polymere, wiez.B. Polyanilin (PANI) oder Polyethylendioxythiophen (PEDOT), als auch Me-talle als Elektrodenmaterial verwendet, wobei in dieser Arbeit ausschließlich Me-talle Anwendung finden. Die Herausforderung liegt darin, das geeignete Metallzum Halbleitermaterial zu wahlen, so dass eine moglichst gute Injektion von La-dungstragern gewahrleistet ist. Die in der Literatur angegebene Austrittsarbeit ei-nes bestimmten Metalls in Vakuum ist dabei nur ein Anhaltspunkt [54]. Abhangigvom Herstellungsverfahren fur die Elektroden sowie der damit einhergehendenOberflachenbehandlung variiert die Austrittsarbeit der Metalle, was u. a. mit demGrad der Kristallinitat der Schicht oder zusatzlichen dunnen Adsorbatschichtenaus der Umgebung zusammenhangt. Die empirische Suche brachte in Kombina-tion mit dem verwendeten Halbleiter Poly-3-hexylthiophen (P3HT) gute Ergeb-nisse fur sowohl Silber- als auch Goldkontakte als Source- und Drainelektroden.

Die Metallschichten werden mit Hilfe der Kathodenzerstaubung (engl. sput-tern) bei einem Druck von 10−3mbar hergestellt und anschließend mittels einesLithographie-Atz-Prozesses strukturiert (Abbildung 4.1). Dabei wird zunachstdie PET Folie vollflachig in einer Dicke von ca. 30nm bis 60nm metallisiertund anschließend mit einem Photolack mittels Drehschleudern (engl. spin coa-ting) beschichtet. Durch eine partielle UV-Belichtung und damit einhergehenderPhotoreaktion im Lack wird das Layout der Elektroden von einer Schattenmaskeauf den Photolack ubertragen. Nach anschließender Entwicklung und Entfernungdes nicht entwickelten Lacks, wird die Struktur in die vollflachige Metallober-flache geatzt. Ein anschließendes Entfernen des uberschussigen Lacks hinterlasstauf der PET Folie die strukturierte untere Kontaktebene, die im Transistor dieFunktion der Source- und Drainelektroden einnimmt.

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4.1. MATERIALIEN UND HERSTELLUNG 83

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

Reinigen der PET Folie

Aufsputtern des Metalls

Aufbringen des Photolacks

Strukturieren der Source-und Drainelektroden:Mit einer Schattenmaskewird der Photolack partiellentwickelt und entfernt.

Wegätzen des unge-schützten Metalls

Entfernen des überschüs-sigen Photolacks

Aufbringen des Halbleiters

Aufbringen des Isolators

Aufbringen und Struktu-rieren der Gatelektrode

Abbildung 4.1: Herstellung eines Transistors.

Die Fertigung der oberen Kontaktebene, in dem hier verwendeten top-gateAufbau handelt es sich dabei um die Gatelektrode des Transistors, erfolgt nachden weiter unten ausgefuhrten Schritten der Halbleiter- und Isolatoraufbringung.Dafur werden die Schritte zur Aufbringung und Strukturierung analog zu dem

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84 KAPITEL 4. EXPERIMENTELLE METHODEN

Verfahren fur die untere Kontaktebene durchgefuhrt. In dieser Arbeit werden so-wohl Gold als auch Kupfer als Gatekontaktmaterial verwendet.

4.1.2 Halbleiter und Isolator

Halbleiter

Um Vergleichbarkeit der Ergebnisse der Isolatoruntersuchungen zugewahrleisten, wird in dieser Arbeit immer ein und derselbe HalbleiterPoly-3-hexylthiophen, kurz P3HT, verwendet. Das Poly-3-hexylthiophen bestehtaus einer polymeren Kette aus Thiophen Ringen als Monomereinheit mit einemSchwefel-Atom anstelle eines C-Atoms (Abbildung 4.2 (a)). Gleichzeitig wirdan der dritten Stelle im Thiophen Ring ein H-Atom durch eine Alkylkettesubstituiert, die die Loslichkeit des Polymers in organischen Losemittelngewahrleistet. Hier handelt es sich um regioregulares Poly-3-hexylthiophen.Der Begriff ”regioregular“ bezieht sich auf die raumlich alternierende Positiondes Monomers und damit der Alkylkette in Bezug auf die Achse der Poly-merkette (engl: head-to-tail orientation). P3HT lasst sich gut in organischenLosemitteln, z.B. in Chloroform, losen und ergibt eine hellrote semitransparenteLosung. An der Farbe der Losung wird die optische Absorption im grunenWellenlangenbereich des Lichts ersichtlich, verursacht durch eine energetischeBandlucke zwischen HOMO (highest occupied molecular orbit) und LUMO(lowest unoccupied molecular orbit) von ca. 2 eV (Abbildung 4.2 (b)).

Die vollstandig geloste P3HT-Losung wird mit Hilfe des Drehschleuderns(engl. spin coating) auf die vorbereitete untere Elektrodenebene aufgebracht (Ab-bildung 4.1), wobei durch Wahlen der Beschleunigung, der Drehgeschwindig-keit und der Drehdauer die Schichtdicke eingestellt wird. So kann mit einer 2%Losung (Gewichtsprozent) eine Schichtdicke von ca. 10nm bis 150nm gewahltwerden. Die optische Absorption des Halbleitermaterials macht es nach vorange-gangener Kalibration moglich, die Schichtdicke des Halbleiters mit einer Trans-missionsmessung bei einer Wellenlange von λ = 530nm zu ermitteln. Fur denReferenztransistor dieser Arbeit wird eine ca. 40nm dicke Schicht aufgebracht.

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4.1. MATERIALIEN UND HERSTELLUNG 85

SS

C H6 13

( )n

C H6 13

(a) (b)

Abbildung 4.2: (a) Doppelte Monomereinheit des regio-regularen Poly-3-hexylthiophens. Die benachbarten Monomere haben eine alternierende raumlicheLage des Monomers und damit des Hexyls. (b) Vereinfachtes Banderschema desPoly-3-hexylthiophens.

Isolator

Ausgangspunkt fur die Untersuchungen an Isolatoren ist ein Isolatorgemisch, dasaus mehreren organischen Isolatoren besteht und schon erfolgreich verwendetwurde [11] [35]. Das im Transistor eingesetzte Material zeigt wie gewunschtneutrale und isolierende Eigenschaften, die Dielektrizitatskonstante ε hat bei ei-ner Frequenz von 100 kHz einen Wert von 3,4. Der Festkorper lasst sich in or-ganischen Losemitteln losen, wobei bei der Wahl des Losemittels auf Kompati-bilitat im Herstellungsprozess, d. h. auf nicht-anlosen der unterliegenden Halb-leiterschicht, zu achten ist. Ausschlaggebend fur die Wahl der Schichtdicke isteine ausreichende Durchschlagsfestigkeit, d. h. dass die Leckstrome, die durchdie Schicht bei Anlegen einer elektrischen Spannung fließen, moglichst geringsind. Dies ist bei dem gewahlten Isolator schon ab Schichten mit einer Dicke vonca. 300nm gegeben. Der Referenztransistor dieser Arbeit wird mit dem Isolatorund einer Schichtdicke von 500nm realisiert. Nach dem Aufbringen der Schichtmittels Drehschleudern (engl. spin coating) wird die Schicht 5 Minuten bei 60Cgetrocknet (Abbildung 4.1).

Schichtdicken des Isolators werden mit Hilfe eines Profilometers eingestellt.Dabei wird eine Nadel mit einer Auflagekraft von ca. 1mN mechanisch uberdie Oberflache des Festkorpers gefuhrt. Wurde vorher lokal Material z. B. miteinem Skalpell entfernt, lasst sich das Stufenprofil mit der Dektaknadel ermit-

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86 KAPITEL 4. EXPERIMENTELLE METHODEN

teln. Variation der Drehschleuderparameter fuhren dann zu einer Variation derSchichtdicke.

Elektrolyt Isolatoren

Die in dieser Arbeit verwendeten ionenleitenden Elektrolyt Isolatoren basierenauf der beschriebenen Referenzlosung fur den Isolator. Dazu werden Salze indie vorbereitete Isolatorlosung hinzugefugt und unter standigem Ruhren auf-gelost. Abhangig von der prinzipiellen Loslichkeit eines bestimmten Salzes in derLosung, der Losungstemperatur und der Dauer des Losens bis zur Verwendung,liegen die ionischen Salze teils als getrennte Ionen und teils als Salz Festkorperin der Losung vor. Einige der experimentell untersuchten Salze konnen gar nichtin der vorhandenen Losung gelost werden und bilden mit dem Isolator eineSuspension. Falls nicht genauer ausgefuhrt, werden die mit Salz angereichertenLosungen fur die Herstellung des Bauelementes genauso behandelt wie die Re-ferenzlosung. Im Laufe der Arbeit werden verschiedene Salze zur Anreicherungdes Isolators verwendet, die Auflistung und Umsetzung der Experimente findetsich in Kapitel 5.1.

Die Menge des hinzugefugten Salzes zu dem Referenzisolator wird entwe-der in Gewichtsprozent oder in einer Ionendichte angegeben. Eine Angabe inGewichtsprozent c meint das Verhaltnis des Gewichts des hinzugefugten Sal-zes zum Gewicht des Festkorperanteils des Referenzisolator. Aus dem Gewichtdes Salzes lasst sich eine Ionendichte im festen Isolator in der Probe ausrechnen(% = e · n). Eine Salzkonzentration von c = 1 % ergibt eine Ionendichte von% = e · 6, 4 · 1025/m3.

4.1.3 Einflussfaktoren der Herstellung

Alle in dieser Arbeit hergestellten Bauelemente unterliegen herstellungsbeding-ten Parametern, die in diesem Kapitel durch Abbildung 4.3 ubersichtlich zusam-mengefasst werden. Diese Parameter haben starken Einfluss auf die Performan-ce des Bauteils. Wie z. B. aus Gleichung 2.4 fur den Transisotrstrom IDS er-sichtlich wird, hangt er unmittelbar von der Schichtdicke des Isolators ab. Aberauch ”weiche“ Faktoren wie die Wahl des Losemittels oder der Drehschleuder-geschwindigkeit beeinflussen den Transistor, da sie z.B. die Eigenschaften der

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4.2. MESSMETHODEN 87

Halbleiter-Isolator Grenzflache bestimmen. Ein Vorteil der organischen Bauele-mente im Vergleich zu Bauelementen der klassischen Silizium Technologie ist,dass sie sich bereits in einigen Stunden herstellen lassen, was eine große Va-riation von Parametern zulasst. Alle hier vorgestellten Proben wurden in einemReinraum gefertigt, jedoch unter Normalbedingungen was Umgebungsluft, Luft-feuchte, Temperatur und Druck betrifft.

Flexibles Susbtrat:

- Oberflächenrauigkeit- Reinheit- Haftung

Elektroden:

- Material- Schichtdicke- Strukturierung

Halbleiter und Isolator:

- Material- Lösemittel- Aufbringung- Trockenschritt- Schichtdicke

Gate

Source DrainHalbleiter

Isolator

Abbildung 4.3: Einflussfaktoren der Herstellung.

4.2 Messmethoden

Charakterisierung mit dem Spitzenmessplatz

Der Spitzenmessplatz dient zur elektrischen Charakterisierung von Bauelemen-ten und bietet verschiedene Messmoglichkeiten. Im einfachsten Fall werden Mes-sungen an Kondensatoren bzw. Transistoren mit Hilfe von 2 bzw. 3 die Elektro-den kontaktierenden Messspitzen PH100 der Firma Karl Suss MicroTec durch-gefuhrt. Fur eine einfachere Justage befindet sich die Probe auf einem computer-

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88 KAPITEL 4. EXPERIMENTELLE METHODEN

gesteuerten Probenhalter, uber dem ein Mikroskop angebracht ist, so dass auchkleine Strukturen gut erkennbar und kontaktierbar sind. Als Spannungs- bzw.Stromquelle werden 2 Source-Measure-Units (SMU) 236 und 238 der FirmaKeithley verwendet. Sie sind uber einen PC mittels LabView automatisiert steu-erbar und dienen so der Aufnahme von Strom-Spannungs-Kennlinien.

Temperaturabhangige Transistorcharakterisierung

Zur Untersuchung des Einflusses der Temperatur auf die Performance des Bau-teils wird das zu vermessende Bauteil wahrend der Charakterisierung mit demSpitzenmessplatz auf einer Heizplatte positioniert. Durch den Kontakt der Pro-be mit der Heizplatte ubertragt sich die Temperatur auf die zu vermessendenBauteile. Es ist aufgrund von Warmeverlusten davon auszugehen, dass die amTransistor tatsachlich herrschende Temperatur leicht unterhalb der Einstellungder Heizplatte liegt, was jedoch die Charakteristik der Untersuchung nicht be-einflusst. Experimentell wurde mit dieser Methode ein Temperaturbereich vonRaumtemperatur bis T ≈ 80C untersucht.

Transistorcharakterisierung mit Wechselfeld

Fragestellungen nach der Frequenzabhangigkeit der Reaktion des manipuliertenTransistors machen es notwendig, eine Wechselfeldspannung an die Gateelektro-de anzulegen. Experimentell wird dafur die Spannungsquelle fur die Gate-SourceSpannung durch den Funktionsgenerator 8116A (Pulse/Function Generator) derFirma hp ausgetauscht (Abbildung 4.4 grun). Die Ubertragungskennlinie, alsoder Transistorstrom IDS (Abbildung 4.4 violett) in Abhangigkeit von der Gate-spannung UGS , wird dann mit Hilfe eines Oszilloskops (Tektronix TDS 3014B)dargestellt.

Kapazitive Charakterisierung

Kapazitive Messungen werden mit dem Impedance Analyzer WK 6540A der Fir-ma Wayne Kerr durchgefuhrt. Mit zwei dunnen Nadeln werden die Elektrodendes Kondensators kontaktiert. Diese besonders geschirmten Nadeln messen nachdem Prinzip der 4-Punkt-Messung, um parasitare Effekte bei Messungen mit ho-hen Frequenzen so gering wie moglich zu halten. Fur die Charakterisierung eines

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4.2. MESSMETHODEN 89

Abbildung 4.4: Transistorcharakterisierung mit einer Wechselspannung als Gate-spannung UGS (grun). Die Darstellung der resultierenden UbertragungskennlinieIDS(UGS) geschieht am Oszilloskop.

Kondensators wird ublicherweise die frequenz- oder spannungsabhangige Impe-danz (komplexer Widerstand) des Bauelements bestimmt. Ist es moglich, das zuvermessende Bauelement mit einem einfachen Ersatzschaltbild, z. B. aus einerseriellen oder parallelen Anordnung eines Kondensators und eines Widerstan-des, wiederzugegeben, so kann der Impedance Analyzer berechnete Werte derentsprechenden Großen liefern.

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5 IonenangereicherteTransistoren

Das folgende Kapitel fasst die experimentellen Ergebnisse und Analysen vonTransistoren mit ionischer Leitung zusammen. Es beginnt mit der Suche nacheinem geeigneten Salz, das den gewunschten Ionentransport im Isolator zeigt,bei der LiClO4 als vielversprechend identifiziert werden konnte. Wird der Iso-lator eines Transistors mit LiClO4 Salz angereichert, so fuhrt der Ionentransportzu deutlich erhohten und zeitabhangigen Transistorstromen. Um das Verstandnisfur diesen ionenleitenden Prozess zu vertiefen, werden zeitabhangige Transi-entenmessungen an Transistoren durchgefuhrt, bei denen die Salzkonzentrati-on, die Gatespannung und die Messtemperatur variiert wird. Mit dem Kapi-tel Grenzflachenphanomene wird zusatzlich das Geschehen an der Halbleiter-Isolator Grenzflache diskutiert, welches das Verhalten des Bauelementes maß-geblich beeinflusst. Zusatzlich zu den Experimenten an Transistoren werdenKondensatoren mit LiClO4 Salz angereichert. Ohne den Einfluss des Halblei-ters ist es moglich aus der Impedanzanalyse die dielektrischen Eigenschaften desmodifizierten Isolators zu beschreiben. Mit dieser umfassenden experimentellenBauelemente- und Materialanalyse soll die Frage beantwortet werden, ob derTransportvorgang im ionenleitenden Isolator mit dem in Kapitel 3 entwickel-ten Drift- und Diffusionsmodell qualitativ wiedergegeben werden kann. Das ab-schließende Kapitel 5.5 beschaftigt sich intensiv mit den Moglichkeiten und Be-schrankungen der begleitenden Simualtion, die zu einer quantitativen Auswer-tung des Ionentransportprozesses fuhren kann.

5.1 Variation der Elektrolyte

Zu Beginn der experimentellen Umsetzung galt es, ein geeignetes ionisches Salzzu finden, das im Referenzisolator gelost werden kann (siehe Kapitel 4.1.2). Da-

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92 KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN

bei ist die Verwendung der identischen Isolatorbasislosung, also auch des sel-ben organischen Losemittels Voraussetzung fur die Weiterentwicklung. Ziel derEntwicklung sind Transistoren mit einem im Vergleich zum Referenztransistorerhohten Transistorstrom, dem eine Erhohung der Dielektrizitatskonstante desisolierenden Materials zugrunde liegt. Mit der oben genannten Festlegung aufdie Isolatorbasislosung wurden experimentell verschiedene Materialien, die imFolgenden vorgestellt werden, auf diese Zielsetzung hin untersucht. Als vielver-sprechend werden Lithiumverbindungen eingestuft, da Li+ Ionen bedingt durchihre sehr geringe Große und Masse in vielen Matrixmaterialien eine hohe Be-weglichkeit aufweisen [22] [55].

Abbildung 5.1 gibt eine Ubersicht der in einer ersten Reihe verwende-ten Salze. Dabei finden sich vergleichsweise kleine Lithiumverbindungen wieLithiumperchlorat oder Lithiumhexafluorophosphat, aber auch großere Mo-lekulkomplexe wie Lithiumdodecylsulfonat und Luzifergelb-CH-Dilithiumsalzmit 2 Lithiumatomen. Als Verbindung ohne Lithium wurde noch das 1-Butyl-1-methylimidazoliumhexafluorophosphat (kurz [BMIM][PF6]) aufgrund seinerzu erwartenden starken Elektronegativitat durch die Fluoratome ausgewahlt, dasbei Raumtemperatur als ionische Flussigkeit vorliegt. Alle Materialien werdenmit 1% relativ zur Masse des Festkorpers des Basisisolators zur Isolatorlosunghinzugefugt. Allerdings stellte sich nur bei Lithiumperchlorat und [BMIM][PF6]eine ruckstandsfreie Losung ein. Anscheinend trennen nur dort die polaren Par-tialladungen des organischen Losemittels des Isolators die ionischen Partnervollstandig. Alle anderen Gemische konnten nicht vollstandig gelost werden, esblieben deutlich erkennbar Festkorperruckstande in der Losung.

Die Wirkung der zum Isolator hinzugefugten Salze lasst sich anhand derTransistorstromkurven in Abhangigkeit von der Zeit sehr gut vergleichen. Anden Transistor wird dabei fur 120 Sekunden eine Drain-Source Spannung vonUDS = −0, 5V angelegt. Die Gatespannung von UGS = −5V wird vont = 16 s bis t = 40 s angelegt (Einschaltvorgang), ansonsten ist sie null (Aus-schaltvorgang). Aufgetragen wird der Transistorstrom IDS in Abhangigkeit derZeit (Abbildung 5.2). Als Referenz dient eine Transistorstromkurve eines Refe-renztransistors, dem keine zusatzlichen Ionen in den polymeren Isolator hinzu-gefugt wurden (schwarze Kurve, Aufbau der Transistoren siehe Kapitel 4). Durchdas Anlegen der oben genannten Spannungen schaltet dieser Transistor von ca.−10nA auf ca. −40nA und zuruck.

Das LiClO4 Salz zeigt im Vergleich zu den ubrigen Zusatzen die starkstegewunschte Verbesserung des Bauelementes in Form einer starken Erhohung des

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5.1. VARIATION DER ELEKTROLYTE 93

Abbildung 5.1: Verschiedene Salze als Zusatz zum Basisisolator.

Transistorstroms1 (rote Kurve, Abbildung 5.2). Zwar weisen auch Transistorenmit LiPF6 oder [BMIM][PF6] eine Erhohung des On-Stroms um ca. den Faktor2 auf (On bezieht sich hier auf den Zustand der eingeschalteten Gatespannung,Off auf den Bereich mit UGS = 0V ). Da jedoch gleichzeitig der Off -Stromca. um den Faktor 4 steigt, resultiert keine Verbesserung des Schaltverhaltensdieser Transistoren. Schon eine Verschiebung der Schwellspannung der Transi-storen kann eine Erhohung des Off -Strom verursachen. Da bei beiden Verbin-dungen Hexafluorophosphat-Molekule in die Matrix eingebaut wurden, konntedie starke Elektronegativitat dieses Molekuls fur den gemeinsamen Offset der

1Zu beachten ist die messtechnisch verursachte kurzere Dauer des Einschaltvorgangs fur die Gate-spannung bei der roten Kurve in Abbildung 5.2. Sie hat keine physikalische Bedeutung und dergrundsatzliche Vergleich der Materialien lasst sich trotzdem ziehen.

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94 KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN

0 40 80 120

-400.0n

-200.0n

0.0

I DS [A

]

t [s]

ohne Salzzugabe 1% [BMIM][PF6] 1% LiPF6 1% LiClO4 1% Luzifergelb CH Dilithiumsalz 1% Lithiumdodecylsulfonat

Abbildung 5.2: Vergleich der Wirkung verschiedener Lithiumsalze im Transi-stor. Als Referenz dient die schwarze Transistorstromkurve ohne Zugabe einesSalzes in den Isolator. Die immergleiche polymere Matrix des Isolators enthaltjeweils 1 % von [BMIM][PF6] (grun), LiPF6 (blau), LiClO4 (rot), Luzifergelb-CH-Dilithiumsalz (pink) und Lithiumdodecylsulfonat (hellblau).

Kurven verantwortlich sein. Die geringfugig vorhandene Transiente im Falle des[BMIM][PF6] (grune Kurve) lasst vermuten, dass dort ionischer Transport auf-tritt, was durch das gute Loseverhalten dieses Materials naheliegt. Vergleicht mannun noch LiClO4 und LiPF6 miteinander, so kommt man in Anbetracht des un-terschiedlichen Loseverhaltens der Molekule zu dem Schluss, dass bei ersteremein ionischer Transport vorliegen kann, bei zweiterem jedoch eher von einer ge-ringen Verbesserung der Polarisation des Isolators durch die Existenz des LiPF6

ausgegangen werden muss. Im Falle des Luzifergelb-CH-Dilithiumsalzes unddes Lithiumdodecylsulfonats zeigt sich keine Wirkung der hinzugefugten Verbin-dungen. Da noch Reste des Festkorpers in der Losung vorhanden waren, ist davonausgehen, dass sich die ionischen Partner nicht im Losemittel des Isolators tren-nen. Es kommt weder zu einem ionischen Transport noch zu einer Verstarkungder Polarisation.

Im Detail kann bei der Kurve fur die LiClO4 Probe ein Ansteigen des Tran-sistorstroms IDS auf uber −400nA innerhalb von ca. 20 Sekunden eingeschal-teter Gatespannung beobachtet werden, was ungefahr dem 100-fachen Wert desReferenztransistors entspricht. Wie aufgrund der Ionendrift im elektrischen Feld

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5.1. VARIATION DER ELEKTROLYTE 95

der Gatespannung zu erwarten (siehe Kapitel 3), wird eine deutliche zeitlicheVeranderung des Transistors bzw. des isolierenden Materials wahrend des Ein-schaltvorgangs durch den dauerhaften Anstieg des Drain-Source Stroms sichtbar.Die erzielte Uberhohung des Stroms wird im Ausschaltvorgang abgebaut bis sichnach ca. 120 Sekunden wieder der ursprungliche Off -Strom des Transistors ein-gestellt. Der Vergleich der Materialien zeichnet damit LiClO4 Salz als Zusatzzur polymeren Isolatormatrix als sehr vielversprechend aus.

5.1.1 Perchlorate im Vergleich

In einer zweiten Vergleichsreihe wurden verschiedene Perchlorate miteinanderverglichen. Lithium-, Natrium- und Kaliumperchlorat unterscheiden sich nur inGroße und Gewicht des Kations, also des positiv geladenen Ionenpartners. Umdie Kationen miteinander zu vergleichen, werden die Daten der dazugehorigenAtome herangezogen. Lithium hat ungefahr eine Atommasse von 6, 94u undeinen Atomradius von 152 · 10−12m, Natrium ist mit ca. 23u dreimal so schwer(Atomradius ca. 180 · 10−12m) und Kalium mit 39, 09u mehr als funfmal soschwer (Atomradius ca. 220 · 10−12m). Demgegenuber hat das Anion ClO−4ungefahr ein Gewicht von 100u, ca. 14 mal schwerer als Lithium. Alle drei Sal-ze sind in der Isolatorbasislosung mit 1 Gew.% relativ zur Masse des Isolator-festkorpers gelost. Im Falle des Kaliumperchlorats wurde beobachtet, dass sichdas Salz nicht ruckstandsfrei gelost hat. Abbildung 5.3 zeigt die Transistorstrom-kurven der drei Transistoren mit Perchloratisolatoren. Als Referenz dient wiederein Referenztransistor ohne ionischen Zusatz (schwarz). Zur besseren Vergleich-barkeit wurden die Kurven in der y-Achse auf die Basis von IDS = 0A beit = 0 s gezogen.

Es lasst sich beobachten, dass auch in dieser Vergleichsreihe dasLiClO4 Salz(rote Kurve) als Zusatz zum polymeren Isolator die starkste Erhohung des Tran-sistorstroms innerhalb der Messdauer aufweist. KClO4 (grune Kurve) zeigt dengeringsten Anstieg des On-Stroms, der im Vergleich zum nicht-ionischen Transi-storstrom (schwarze Kurve) ungefahr verdoppelt wurde und sich innerhalb der 26Sekunden des Angeschaltetseins kaum andert. Der Transistor mit NaClO4 Salz(blaue Kurve) zeigt ein ahnliches nur schwacher ausgepragtes Verhalten wie derLiClO4 Transistor (rote Kurve).

Da das Anion in allen 3 Fallen gleich ist, macht es der Vergleich der Tran-sistorstromkurven moglich, erste Ruckschlusse auf den ionischen Transport im

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96 KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN

0 40 80 120-600.0n

-400.0n

-200.0n

0.0

I DS [A

]

t [s]

ohne Salzzugabe 1% KClO4 1% NaClO4 1% LiClO4

Abbildung 5.3: Vergleich der Wirkung verschiedener Perchloratsalze. Als Refe-renz dient die schwarze Transistorstromkurve ohne Zugabe eines Salzes in denIsolator. Die polymere Matrix enthalt jeweils 1 % Kaliumperchlorat (KClO4,grun), Natriumperchlorat (NaClO4, blau) und Lithiumperchlorat (LiClO4, rot).In Falle des Kaliumperchlorats kann man nicht von einer kompletten Losung desSalzes in der Isolatorlosung ausgehen. Die Kurven wurden zur besseren Vergleich-barkeit auf die selbe Basis gezogen.

Isolator wahrend des Schaltvorgangs zu ziehen. In Abbildung 5.3 lassen sichin der Zeitspanne der eingeschalteten Gatespannung 2 Prozesse unterscheiden,namlich einen ersten, der ein auf dieser Zeitskala instantanes Ansteigen des Tran-sistorstroms bewirkt und einen weiteren Prozess, der erst auf der Skala von eini-gen Sekunden den Transistorstrom weiter erhoht. Der erste quasinaherungsweiseinstantane Prozess findet bei allen drei Perchloraten statt, wenn auch bei Ka-liumperchlorat sehr gering. Natrium- und Lithiumperchlorat zeigen einen ver-gleichbaren ersten Sprung des Transistorstroms. Der zweite Prozess ist im Falledes Kaliumperchlorats weitgehend unterdruckt. Beim Natriumperchlorat zeigt ersich schwacher, jedoch mit ahnlicher Tendenz wie beim Lithiumperchlorat.

Zu beachten ist, dass sich zum einen der kationische Partner der drei Per-chlorate in Gewicht und Volumen unterscheidet, zum anderen aber auch dieLoslichkeit, also die Fahigkeit uberhaupt in Anion und Kation in der polyme-

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5.2. LITHIUMPERCHLORATTRANSISTOREN 97

ren Matrix aufzuspalten. Die Tatsache, dass die Zugabe von Kaliumperchlorateher eine Suspension als eine Losung ergab, ist ein klares Indiz fur das Nichtauf-spalten des Salzes in Ionen. Aus beiden Aspekten zusammen ergeben sich un-terschiedliche Leitfahigkeiten, dem Produkt aus Ladung, Ionendichte und Ionen-beweglichkeit (siehe Gleichung 2.23 in Kapitel 2.2.2), der ionischen Isolatoren.Diese sind moglicherweise die Ursache der unterschiedlichen Auspragung desnaherungsweise instantanen und insbesondere des langsameren Prozesses derTransistorstromkurven in Abbildung 5.3. Demnach wurden die Lithiumionen mitder hochsten Leitfahigkeit auch den hochsten Anstieg in der IDS(t) Kurve her-vorrufen. Natriumionen, mit einer aufgrund der Ionengroße vermuteten geringe-ren Beweglichkeit, zeigen innerhalb der gemessenen 26 Sekunden einen geringe-ren Anstieg, und Kaliumionen, die moglicherweise gar nicht gelost oder immobilvorliegen, verursachen keinen Anstieg der Kurven.

Zusammenfassend kann man jedoch schließen, dass im Isolator inAbhangigkeit von der Ionenspezies ein Ionentransport stattfindet, der die di-elektrischen Eigenschaften des Isolators und damit den Transistorstrom zeit-lich andert. Ob auch weitere Effekte, wie z. B. eine durch die Zugabe der Sal-ze veranderte Orientierungspolariation (siehe Kapitel 2.2.1) eine Rolle spielenkonnten, ist zu diesem Zeitpunkt nicht zu differenzieren. Erst weitere Untersu-chungen (Kapitel 5.2.1) ermoglichen eine genauere qualitative und anschließendequantitative Analyse.

5.2 Lithiumperchlorattransistoren

Die Charakterisierung der Lithiumperchlorattransistoren geschieht in einem er-sten Schritt analog zur Charakterisierung der Referenztransistoren, die keinenionischen Isolator enthalten (siehe auch Kapitel 2.1.2). An den Ausgangs- undUbertragungskennlinien lassen sich die typischen Unterschiede erkennen unddiskutieren. Zur Verdeutlichung wird deswegen zunachst die Ausgangskennli-nien eines Referenztransistors (Abbildung 5.4) gezeigt, der wie in Kapitel 4 be-schrieben hergestellt wurde. Dieser und alle folgenden Transistoren haben diegleichen Schichtdicken (dHl = 40nm und dIns = 500nm) und dieselbe Geo-metrie (W/L = 1500µm/5µm). Ihr Unterschied besteht lediglich in der Zu-sammensetzung der Isolatorschicht.

Bei den hier relativ klein gewahlten Drain- und Gatespannungen zeigtder Transistor die charakteristischen Merkmale wie Linearbereich und

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98 KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN

0 -2 -440.0n

0.0

-40.0n

-80.0n UGS= 0V UGS= -1V UGS= -2V UGS= -3V UGS= -4V UGS= -5V

I DS [A

]

U DS [V]

Abbildung 5.4: Ausgangskennlinien eines Referenztransistors. der Transistorzeigt die erwartete Charakteristik. Bei einer Gatespannung von UGS = −5Vund einer Drainspannung von UDS = −5V lasst sich ein Transistorstrom von ca.IDS = 66nA erreichen.

Sattigungsbereich, die Transistorstrome steigen jedoch nur gering an. So erreichtder Transistorstrom einen Wert von ca. IDS = 66nA bei einer Drainspannungvon UDS = −5V und einer Gatespannung von UGS = −5V . Jede einzelneKurve wurde in Hin- und Ruckrichtung gemessen und zeigt kein hysteretischesVerhalten. Wie zu erwarten, hat die Messdauer oder die Anzahl der Messpunktekeinen Einfluss auf das Ergebnis des Kennlinienfeldes.

Im Gegensatz dazu weist der Transistor, dessen Isolator mit 6, 6% LiClO4

Salz angereichert wurde, bei den gleichen Spannungen um das Hundertfachegroßere Transistorstrome auf (Abbildung 5.5). Die Form der Ausgangskennlinienhangt dabei stark von der Messdauer und Messhistorie der Kurven ab. Die Kur-ven wurden in Hin- und Ruckrichtung gemessen mit einer Schrittweite von 0, 5Vund einer Messdauer von 500ms pro Messpunkt. Auf diese Weise gemessen,zeigt nur die Kurve fur UGS = −5V ein geringes hysteretisches Aufspalten derKurven der Hin- und Ruckrichtung. Bei der Wahl z. B. einer kurzeren Messdaueroder einer großeren Schrittweite tritt starker ausgepragt hysteretisches Verhaltenauf.

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5.2. LITHIUMPERCHLORATTRANSISTOREN 99

0 -2 -4

0.0

-4.0µ

-8.0µ

I DS [A

]

U DS [V]

UGS= 0V UGS= -1V UGS= -2V UGS= -3V UGS= -4V UGS= -5V

Abbildung 5.5: Ausgangskennlinien eines Transistors, dessen Isolator mit 6, 6%LiClO4 angereichert wurde. Im Vergleich zum Referenztransistor (Abbildung5.4) steigen die Transistorstrome bei gleichen Drain- und Gatespannnungen aufungefahr das Hundertfache an.

Die um das Hundertfache angestiegenen Strome lassen darauf schließen,dass das elektrische Feld an der Halbleiter-Isolator Grenzflache angestiegen ist.Der Vergleich der Ubertragungskennlinien bestatigt diese Schlussfolgerung. Ab-bildungen 5.6 und 5.7 zeigen die Ubertragungskennlinien des Referenztransi-stors und des Transistors mit einem Zusatz von 6, 6% LiClO4 Salz fur nied-rige Drainspannungen in einem Gatespannungebereich von ±5V . Wie erwar-tet, zeigt der Referenztransistor kleine Drain-Source Strome und entsprechendin dem gemessenen Spannungsbereich ein ebenso kleines On/Off -Verhaltnisvon ca. 16 fur UDS = −1V . Fur den Fall des ionischen Transistors lasstsich auch in der Ubertragunskennlinie das Ansteigen der Drain-Source Stromeauf das Hundertfache erkennen. In der logarithmischen Darstellung von Ab-bildung 5.7 zeigt sich ein On/Off -Verhaltnis von ca. 1260. Die hundertfacheErhohung des Verhaltnisses ist dabei nur auf den Zusatz des Salzes in den Isola-tor zuruckzufuhren. In dieser Messanordnung macht sich eine Hysterese in denStrom-Spannungskurven bemerkbar.

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100 KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN

5.0 2.5 0.0 -2.5 -5.0100p

1n

10n

100n

1µII D

S I [A

]

UDS= -1,0V

U GS [V]

Abbildung 5.6: Ubertragungskennlinien des Referenztransistors. Bei einer Drain-spannung von UDS = −1V zeigt sich zwischen UGS = −5V undUGS = 0V ein On/Off -Verhaltnis von ca. 16. Gemessen wurde in Schritten von∆UGS = −0, 5V bei einer Messdauer von 250ms pro Messpunkt.

Die Erhohung der On-Strome des salzangereicherten Transistors bedeutet ei-ne Erhohung der dielektrischen Funktion des Isolatormaterials. Dieses Phanomenkann sowohl verstarkte Raumladungspolarisation (also Ionenwanderung) alsauch Orientierungspolarisation zur Ursache haben (siehe Kapitel 2.2). Ein wei-teres Indiz zur Entscheidung dieser Frage liegt in der Betrachtung der beobach-teten Hysterese, da ein Unterschied der beiden Polarisationsphanomene in dertypischen Zeitskala liegt, auf der sie ublicherweise stattfinden. In der Ausgangs-und Ubertragungskennlinie wurde hysteretisches Verhalten in Abhangigkeit vonder Anzahl der Messpunkte und der Messdauer festgestellt. Erst die Wahl rela-tiv langer Zeiten fur die Messdauer (> 500ms) und vieler Messpunkte sorgtefur eine hysteresefreie Messung der Kennlinien. Die Notwendigkeit der Wahllanger Zeiten spricht fur einen Ionentransportprozess und gegen den schnellerenProzess der Orientierungspolarisation. Diese Frage wird erneut in Kapitel 5.2.1aufgegriffen.

Gleichzeitig mit der Strom-Spannungscharakteristik der Ausgangskennlini-en wird der Gate-Leckstrom, also der Strom, der wahrend der Messung von

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5.2. LITHIUMPERCHLORATTRANSISTOREN 101

5.0 2.5 0.0 -2.5 -5.0100p

1n

10n

100n

1µII D

S I [A

]

U GS [V]

UDS= -1,0V

Abbildung 5.7: Ubertragungskennlinien des mit 6, 6% LiClO4 angereichertemIsolators. Das On/Off -Verhaltnis betragt hier ca. 1230. Die Kurven weisen inAbhangigkeit von der Messdauer hysteretisches Verhalten auf.

der Source- und Drainelektrode zur Gateelektrode fließt, gemessen. Er ist einIndiz dafur, ob die isolierende Wirkung des Dielektrikums wahrend des Schal-tens des Transistors intakt bleibt oder moglicherweise durch die Ionenwanderungbegunstigt Stromleckpfade durch das Material entstehen. Letzteres konnte dazufuhren, dass gemessene Drain-Source Strome tatsachlich Strome zwischen denunteren Elektroden und der Gatelektrode sind, was den Transistor in seiner prin-zipiellen Wirkung zerstoren wurde. Eine Uberprufung parallel zur Aufnahme deroben prasentierten Ausgangskennlinien widerlegt diese Annahme. Dabei lagendie Gate-Source Strome immer um 2 Großenordnungen unter den Drain-SourceStromen. Damit kann ausgeschlossen werden, dass Gateleckstrome das Gesche-hen im salzangereicherten Transistor dominieren.

Neben der eben diskutierten Annahme, dass Ionen Stromleckpfade durchden Isolator verursachen, besteht die Moglichkeit, dass das Salz bzw. seine io-nischen Bestandteile durch alle Grenzflachen hinweg durch das Bauteil diffun-dieren und seine Eigenschaften zerstoren. Konnten Ionen, getrieben durch dasKonzentrationsgefalle zwischen den angrenzenden Schichten Isolator und Halb-leiter, in den Halbleiter hineindiffundieren, wurden sie diesen dotieren, also

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102 KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN

die Eigenleitfahigkeit des Halbleiters stark erhohen (vergleiche Kapitel 5.2.2).Die in diesem Kapitel gezeigten Kennlinien geben ein deutliches Indiz dafur,dass diese Annahme nicht zutrifft. Sowohl in der Ausgangs- als auch in derUbertragungskennlinie zeigt sich, dass die Off -Strome des salzangereichertenBauteils niedrig bleiben. Dies ist jedoch nur moglich, wenn der Halbleiter nichtdotiert wurde und keine Ionen in das Material hineindiffundieren. Abschlie-ßend und detailliert wird diese Fragestellung im Kapitel 5.2.2 uber die Grenz-flachphanomene der Halbleiter-Isolator Grenzflache diskutiert.

Sowohl fur den Gate-Leckstrom als auch fur den Off -Strom konnte das in denletzten beiden Abschnitten beschriebene Verhalten auch fur Wiederholungsmes-sungen, die im Zeitraum von 1,5 Jahren an der selben Probe stattgefunden haben,bestatigt werden. (Ausgenommen werden hier die Proben mit den hochsten Io-nenkonzentrationen.) Dies zeigt zum einen die enorme zeitliche Stabilitat des mitLiClO4 Salz angereicherten Isolators, der nicht zur Ausbildung von Stromleck-pfaden neigt. Zum anderen belegt es die Stabilitat der Halbleiter-Isolator Grenz-schicht, die auch uber einen langen Zeitraum hinweg keine konzentrationsbe-dingte Diffusion von Salzmolekulen vom Isolator in den Halbleiter zulasst unddamit die Dotierung des Halbleiters verhindert.

5.2.1 Einfluss der Ionenkonzentration

Im vorangegangenen Kapitel wurde deutlich, dass die zeitliche Auflosung derCharakterisierung der Salz angereicherten Transistoren eine wichtige Rollespielt. Um die Zeitabhangigkeit der Kurven sichtbar zu machen, wurden furdie folgenden Charakterisierungen Transientenmessungen gewahlt, also die Mes-sung und Darstellung der zeitlichen Abhangigkeit des Transistorstroms. Die vor-angegangenen Kennlinien lassen vermuten, dass die zum Isolator hinzugefugteSalzkonzentration einen starken Einfluss auf die Eigenschaften der Transistorenhat, was im Folgenden anhand einer Serie von Transistoren, die sich im LiClO4

Gehalt unterschieden, vertieft untersucht wird. Abbildung 5.8 zeigt die Transi-enten des Transistorstroms IDS . Bei einer dauerhaft angelegten Drain-SourceSpannung von UDS = −0, 5V wird fur 30 Sekunden eine Gatespannung vonUGS = −5V angelegt (im oberen Teil der Abbildung 5.8 dargestellt). Die Salz-konzentration variiert von 0% LiClO4 (schwarze Kurve) bis zu 9% LiClO4

(violette Kurve). Eine Salzkonzentration von c = 1 % entspricht dabei einer Io-nendichte von % = e · 6, 4 · 1025/m3 bei vollstandiger Dispersion.

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5.2. LITHIUMPERCHLORATTRANSISTOREN 103

0 60 120

-2.0µ

-1.0µ

0.0

0 60 120

0.00% 0.33% 0.50% 0.72% 0.87% 0.97% 1.17% 2.06% 4.00% 5.90% 9.00%

I DS [A

]

t [s]

UDS= - 0.5V

U [V

]

UGS= - 5V

Abbildung 5.8: Der obere Graph zeigt die wahrend des Experiments angeleg-ten Spannungen. Der untere Graph zeigt die Transienten des Transistorstroms inAbhangigkeit von der Konzentration des LiClO4 Salzes. Der Referenztransistormit 0% LiClO4 schaltet von IDS ≈ 1, 4nA auf IDS ≈ 18nA, was aufgrunddes Maßstabs in der Graphik nicht zu erkennen ist.

Wie aufgrund der Kennliniencharakteristik zu erwarten, ubertreffen alle IDSStrome der mit Lithiumperchlorat angereicherten Transistoren den Strom desReferenztransistors um ein Vielfaches. Es wird deutlich, dass der vergroßerteTransistorstrom eine starke Abhangigkeit von der Ionenkonzentration aufweist.Zeigt z. B. die Probe mit einer 0, 97% LiClO4 Konzentration (pinkfarbeneKurve) nach 30 Sekunden angelegter Gatespannung einen Transistorstrom vonIDS ≈ 540nA, so zeigt die Probe mit 4% LiClO4 (dunkelblaue Kurve) einenTransistorstrom von IDS ≈ 1, 6µA. Die beiden Proben weisen jedoch nichtnur einen anderen absoluten Wert des Transistorstroms auf, der nach 30 Sekun-

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104 KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN

den angelegter Gatespannung erreicht wird, sondern sie andern ihre kompletteKurvendynamik sowohl im Einschalt- als auch im Ausschaltvorgang abhangigvon der Ionenkonzentration. Dies kann z. B. am ersten IDS(t1) direkt nach demEinschalten und an der Kurvenform wahrend der 30 Sekunden des Einschaltvor-gangs abgelesen werden. Kann der Kurvenverlauf der roten Kurve c = 0, 33%noch mit einer Geraden genahert werden, so zeigt die gelbe Kurve c = 1, 17%zwei ineinander ubergehende Abschnitte mit ganz unterschiedlicher Steigung.

Qualitativ lasst sich die Kurvendynamik mit einem zweiteiligen Prozess be-schreiben, der in Abhangigkeit von der Ionenkonzentration immer fruher inner-halb des Einschaltvorgangs stattfindet. Zu Beginn fuhrt er zu einem raschen undstarken Anstieg des Stroms. Diesem Anstieg folgt eine Verringerung der Stei-gung und eine Verlangsamung der Stromanderung bis es zu einer Sattigung desAnstiegs kommt. Bei hohen LiClO4 Konzentrationen kehrt sich diese Sattigungerneut in einen Anstieg um. Haufig konnten irreversible Prozesse des Stromsan-stiegs bei hohen Konzentrationen beobachtet werden, so wie es auch die violetteKurve fur 9% LiClO4 zeigt. Der Beschreibung folgen nun zwei Interpretations-ansatze, die die Ursache der zweiteiligen Einflussnahme eingrenzen.

Orientierungspolarisation

Als Ursache fur die Erhohung des Transistorstroms kommt neben dem Einflussder Raumladungspolarisation die Orientierungspolarisation in Betracht (sieheauch Kapitel 2.2), also die Ausrichtung der ortsfesten polaren Molekule der Ma-terie in einem externen elektrischen Feld. Besonders die zu beobachtende zwei-teilige Dynamik der Transienten aus Abbildung 5.8 lasst die Vermutung zu, dasssich der Einschaltvorgang aufteilt in einen ersten zeitlichen Abschnitt, bei derdie Stromerhohung durch die schnelle Ausrichtung der Molekule geschieht undeinen zweiten Abschnitt, bei dem der oben beschriebene langsamere Ionentrans-port fur eine Ionensorte oder sogar fur zwei Ionensorten auftritt. Die gemesse-nen Stromtransienten im Vegleich mit dem theoretischen Ansatz fur die Orien-tierungspolarisation erlauben es, eine erste Abschatzung zu machen, ob und inwelchem Maße die Orientierungspolarisation fur die Transistorstromerhohungeine Rolle spielen kann.

Ausgangspunkt der Betrachtung ist die Vorstellung eines polaren Molekuls,das sich im externen elektrischen Feld ausrichtet (siehe auch Kapitel 2.2.1). Trittdieser Vorgang in einem ganzen Materiestuck auf, so resultiert an den Grenz-

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5.2. LITHIUMPERCHLORATTRANSISTOREN 105

flachen der Materie eine Polarisationsladung σPol, die von der Dichte n der pola-risierbaren Molekule, ihrer Ladung q = e und der Lange ihrer Dipolachse dDipolabhangt (Gleichung 2.22). Aus dieser Oberflachenladung lasst sich der Beitragder Polarisation zur dielektrischen Suszeptibilitat berechnen.

σPol = n · (e · dDipol)2

3kTE0 = ε0χdipolE0 (5.1)

Schatzt man die Dipolachsenlange mit ca. dDipol = 1A ab und nimmt einemittlere Ionendichte von n = 1 · 1026/m3 an, so lasst sich folgender Beitrag zurdielektrischen Funktion des Isolators bestimmen:

ε = 1 + χel + χdipol = 3, 4 + 0, 24 (5.2)

Die Abschatzung belegt, dass der mogliche Einfluss der Orientierungspola-risation gering ist. Die daraus folgende Anderung des elektrischen Feldes wirdin der Großenordnung des extern angelegten elektrischen Feldes bleiben. Somitkann die Orientierungspolarisation nicht die Ursache fur das sofortige und mas-sive Ansteigen der Stromtransienten um mehrere Großenordnungen sein wie inAbbildung 5.8 beobachtet.

Raumladungspolarisation

Die Vergleiche verschiedener Verbindungen als Zusatz fur den Isolator (Kapi-tel 5.1) und die Diskussion der Ausgangs- und Ubertragungskennlinien (Kapi-tel 5.2) der LiClO4 Transistoren haben Belege geliefert, den fur die Transistor-stromerhohung verantwortlichen Prozess in der Erhohung der Raumladungspo-larisation zu suchen. Im Folgenden werden die Ergebnisse der Stromtransientenaus Abbildung 5.8 im Rahmen der Raumladungspolarisation interpretiert und aufPlausibilitat gepruft.

Die Raumladungspolarisation beschreibt das Phanomen, bei dem Ladungs-trager aufgrund einer Relaxation in einem externen elektrischen Feld durch Wan-derungsprozesse an die Materialgrenzen gelangen konnen (Kapitel 2.2). Die-se Wanderungsprozesse wurden in Kapitel 3.1.1 mit Hilfe eines Drift- undDiffusionsmodells beschrieben. Aus diesem Modell ergeben sich verschiede-ne Moglichkeiten der Einflussnahme der Ionenkonzentration auf den Transistor.

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106 KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN

Zum einen nimmt die Ionenkonzentration, die sich in eine Ladungstragerdichteder Ionen % = e ·n umrechnen lasst, im durchgefuhrten Experiment direkten Ein-fluss auf die Absolutwerte und die Kurvendynamik des Transistorstroms (Kapitel3.4.2). Zum anderen ist es denkbar, dass sich mit der Ionendichte auch die Ionen-beweglichkeit andert, die unmittelbar die Kurvendynamik beeinflusst (Kapitel3.4.3). Mit der Vorstellung des Hopping-Transports als dominierenden Charakterdes Ionentransports in der polymeren Matrix erhoht sich mit steigender Ionen-dichte die Ubergangswahrscheinlichkeit zwischen lokalisierten Zustanden unddamit die effektive Beweglichkeit der Ionen (Kapitel 2.2.2 und Kapitel 3.4.3).

Aus den Stromtransienten in Abbildung 5.8 lasst sich nun mit Hilfe desDriftmodells fur den Ionentransport eine erste Abschatzung der Ionenbeweglich-keit sowohl der Li+ als auch der ClO−4 Ionen durchfuhren. Sie beruht auf derUberlegung, dass sich die Ionen im elektrischen Feld der externen Gatespannungmit einer gleichmaßigen Driftgeschwindigkeit vD an den Grenzflachen des Isola-tors ansammeln (Kapitel 3.1.1 und folgende), also eine Verschiebung der Ionen-population stattfindet. Die zeitliche Anderung des Stroms in Abbildung 5.8 istwegen der Grenzflachenbedingung elektrischer Felder (Kapitel 3.2) ein Maß furdie Anderung der akkumulierten Ionendichte an der Grenzflache. Die Ionenbe-weglichkeit lasst sich deshalb mit der zeitlichen Ableitung der Stromtransientenabschatzen:

µIon =∆IDSA∆t

L2dInsµHlUDSUGS%Ion

(5.3)

A ist die geschatzte Querschnittsflache des leitfahigen Kanals im Halbleiter(A = 3nm·W ) mit einer geschatzten Kanalbreite von 3nm, dIns = 500nm dieDicke des Isolators und %Ion die Ionendichte. Wahlt man z. B. die gelbe Kurveaus Abbildung 5.8 mit einer Ionenkonzentration von 1, 17% (das entspricht einerIonendichte von %Ion = e · 7, 6 · 1025 1

m3 ) so entspricht der schnelle, sofortigeAnstieg einer Ionenbeweglichkeit von µIon1 ≈ 8 · 10−15m

2

V s und der langsa-mere Abfall einer Beweglichkeit von µIon2 ≈ 3 · 10−16m

2

V s . Das Ergebnis derAbschatzung liefert plausible Ergebnisse fur die Beweglichkeiten der beiden Io-nensorten. Die Transistorstromerhohung lasst sich also im Rahmen des Drift-und Diffusionsmodells fur die Raumladungspolarisation sinnvoll erklaren. Sieentsteht in diesem Bild durch den gekoppelten Ionentransportprozess zweier Io-nensorten, deren Beweglichkeit sich in etwa um den Faktor 10-100 unterschie-den.

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5.2. LITHIUMPERCHLORATTRANSISTOREN 107

Aus der vorangegangenen Diskussion der Wirkung der Raumladungs- und derOrientierungspolarisation folgt, dass die hier dominierende Ursache der Transi-storstromerhohung der Ionentransportprozess und nicht die Molekulorientierungist. Die Untersuchung der Temperaturabhangigkeit (Kapitel 5.2.4) und die Dis-kussion der dielektrischen Eigenschaften des Isolators, die in Kapitel 5.3 folgt,bestatigen diese Betrachtung.

5.2.2 Grenzflachenphanomene

Die Diskussion der Grenzflachenphanomene soll Antwort darauf geben, ob undin welchem Maße der Salz angereicherte Isolator Einfluss auf das angrenzen-de Halbleitermaterial hat (siehe auch Diskussion in Kapitel 2.3). Falls z. B. dieIonen in den Halbleiter hineindiffundieren, wird dadurch die gewunschte Wir-kung der Ionen im Isolator des Transistors durch eine Halbleiterdotierung zu-nichte gemacht. In diesem Falle konnte jedoch das Drift- und Diffusionsmodellfur den Ionentransport nicht angewendet werden, da nicht durchlassige Isolator-Grenzschichten die Voraussetzung fur das Modell sind. Dies wird mit einem wei-teren Experiment in folgenden Kapitel untersucht. Die Diskussion der Grenz-flachenphanomene wird mit der Untersuchung des Einflusses der Ionen im Isola-tor auf die Ladungstragerbeweglichkeit des Halbleiters abgeschlossen.

Elektrolyt im Halbleiter

Ein Nachweis, fur die Frage, ob LiClO4 Ionen durch die Halbleiter-IsolatorGrenzflache hindurch in den Halbleiter eintreten konnen und dort die Eigen-schaften des Transistors verandern, lasst sich mit einem Gegenexperiment er-bringen: Wie sind die Eigenschaften eines Transistors, dessen Halbleiter mitdem LiClO4 Salz dotiert wird? Zur Durchfuhrung dieser Analyse wurde eineHalbleiter-Losung hergestellt, die bezogen auf den Festkorpergehalt des Poly-thiophens ca. 10% LiClO4 enthalt. Der Transistor wird analog zur ublichen Her-stellung (Kapitel 4.1) mit dem Referenzisolatormaterial ohne Salzzugabe fertiggestellt. Abbildung 5.9 zeigt die Kennlinien dieses Transistors.

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108 KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN

0 -5 -10 -15 -20

0.0

-4.0µ

-8.0µ

-12.0µ

I SD [A

]

U SD [V]

UGS= 0V UGS= -5V UGS= -10V UGS= -15V UGS= -20V

(a)

0 -5 -10 -15 -201µ

10µ

UDS=-20V

I SD [A

]

U GS [V]

(b)

Abbildung 5.9: Strom- Spannungscharakteristik eines Transistors, dessen Halb-leiter mit ca. 10% LiClO4 angereichert wurde. Die Ausgangs- (a)) und dieUbertragunskennlinie (b)) zeigen, dass sich der Transistor nicht mehr ausschal-ten lasst.

Das Auffallige an den Kennlinien (Abbildung 5.9) des Gegenexperimentsist, dass der Transistor nicht mehr ausschaltet. Der Off -Strom, z. B. zu erken-

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5.2. LITHIUMPERCHLORATTRANSISTOREN 109

nen in der Ubertragungskennlinie (b) bei UGS = 0V und UDS = −20V , falltnicht mehr unter einen Wert von 2µA, unabhangig von der gewahlten Messdau-er. Werden Transistoren beim selben Arbeitspunkt verglichen (UGS = 0V undUDS = −1V ), so zeigt sich bei einem Transistor, bei dem der Isolator angerei-chert wurde (Abbildung 5.7), ein Strom IDS < −10nA und beim Transistor desGegenexperiments ein Strom IDS ≈ −200nA. Dieses Ergebnis steht im Ge-gensatz zu dem bisher diskutierten Verhalten der ionischen Transistoren, derenIsolator mit LiClO4 angereichert wurde und die einen niedrigen Off -Strom ha-ben. Die Charakteristik der Gegenexperimenttransistoren findet keine Parallelenin den Charakteristiken der mit LiClO4 Isolator hergestellten Transistoren, wasdarauf schließen lasst, dass bei den letzteren kein Transfer der Ionen durch dieHalbleiter-Isolator Grenzflache in den Halbleiter hinein stattfindet.

Dieses Ergebnis bestatigt die Beobachtungen der Kennlinieneigenschaftender Lithiumperchlorattransistoren (siehe Kapitel 5.2). Die Strom-Spannungs-Charakteristiken der ionenleitenden Transistoren zeigen selbst bei alten und er-neut vermessenen Transistoren keine irreversiblen Veranderungen wie z. B. eineVergroßerung des Off -Stroms, die im Falle einer Dotierung des P3HT durch Io-nen belegt wurden. Es lasst sich festhalten, dass eine Penetration der Ionen durchdie Halbleiter-Isolator Grenzflache, wie z. B. von Frisbie et al. diskutiert [22],hier nicht stattfindet. Die Voraussetzung fur das Drift- und Diffusionsmodell sindsomit gegeben.

Halbleiterbeweglichkeit

Ein direktes Maß, um einen Einfluss der in den Isolator hinzugefugten Ionen aufden Halbleiter festzustellen, ist die Halbleiterbeweglichkeit, die im Transistor ge-messen werden kann. Dabei interessiert die Frage, ob allein schon die im Isolatorhomogen verteilten Ionen die Ladungstragerbeweglichkeit im P3HT verandern.Die Schwierigkeit besteht darin, die Beweglichkeit zu bestimmen ohne jedocheine lange zeitabhangige Messung durchzufuhren, die die Ionen an den Grenz-flachen deutlich akkumuliert. Zu diesem Zweck wurde eine frequenzabhangigeMessung gewahlt, bei der die Gatespannung als Wechselfeld mit einer Frequenzf angelegt wird (Aufbau siehe Kapitel 4.2). Das Ergebnis der Messung ist jeweilseine Ubertragungskennlinie, aus deren Steigung die Ladungstragerbeweglichkeitder Locher im Transistor bestimmt werden kann. Ein Beispiel zeigt Abbildung5.10.

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110 KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN

6 3 0 -3 -60.0

-20.0n

-40.0n

-60.0n

I DS [A

]

U GS [V]

UDS=-0,5Vc=0.7% LiClO4

Abbildung 5.10: Die Ubertragungskennlinie wird mit einer Wechselfeldspannung(f = 0, 5 Hz) als Gatespannung aufgenommen. Die Messmethode wird in Kapitel4.2 mit Abbildung 4.4 vorgestellt. Aus der Steigung der Ubertragungskennliniewird die Halbleiterbeweglichkeit analysiert.

Die Wechselspannungsmessung des Transistors zeigt eine Hysterese.Die Ursache fur die Hysterese ist eine Schwellspannungsverschiebung derUbertragungskennlinie, die sich durch die Akkumulation von Ionen ergibt. Dajedoch beide Aste der Kurve parallel laufen, lasst sich trotz Hysterese eine Halb-leiterbeweglichkeit aus der Steigung bestimmen. Abbildung 5.11 zeigt die Aus-wertung der Ladungstragerbeweglichkeit in Abhagigkeit von der Konzentrati-on des LiClO4 in der Transistorprobe fur die gesamte Probenreihe. Der graueStern markiert dabei den Wert fur die Referenzprobe ohne Salz angereichertenIsolator. Aufgrund des Alters der Proben zur Zeit der Messung (ca. 1,5 Jah-re), liegt dieser Referenzwert auf einem erwartungsgemaß niedrigen Niveau beiµHl ≈ 1, 2 · 10−7m

2

V s = 1, 2 · 10−3 cm2

V s (vgl. mit Kapitel 2.1.2).

Die Werte der anderen Proben werden mit diesem verglichen. Es fallt auf,dass die Ladungstragerbeweglichkeit fur Proben mit einer geringen Salzkonzen-tration leicht großer als die der Referenzprobe ist. Mit steigender Konzentrationsinkt die Beweglichkeit ab, um sich dann auf einem Niveau vergleichbar zumReferenzwert einzupendeln. Die sich zeigende Abhangigkeit von der Ionenkon-

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5.2. LITHIUMPERCHLORATTRANSISTOREN 111

0 5 10 15 200.0

2.0x10-7

4.0x10-7

6.0x10-7

µ H

l [m2 /V

s]

Hl bei fUGate= 0,5 Hz

c [%]

Referenz

Abbildung 5.11: Halbleiterbeweglichkeit im Transistor mit ionenleitendem Isola-tor in Abhangigkeit von der Salzkonzentration. Die Gatespannung wurde mit einerFrequenz von f = 0, 5 Hz getrieben. Der graue Stern verdeutlicht den Wert furden Referenztransistor.

zentration hangt vermutlicherweise mit der Wahl der Frequenz der Gatespannungvon f = 0, 5 Hz zusammen. Bei dieser Frequenz ist es moglich, dass bei hohenKonzentrationen schon Ionenakkumulation stattfindet und nicht wie gewunschtdie Ionen noch nicht akkumulieren. Eine Erhohung der Versuchsfrequenz wirktdieser Tendenz entgegen, was messbedingt nur bis f = 5 Hz moglich war. Indiesem Bereich zeigte die Auswertung dieselbe Charakteristik wie Abbildung5.11.

Insgesamt handelt es sich eine leichte Beeinflussung der Halbleiterbeweg-lichkeit im Vergleich zur Referenz durch die Anwesenheit des mit Salz angerei-cherten Isolators. Dabei bleibt verwunderlich, dass die Anwesenheit von Ionendie Halbleiterbeweglichkeit leicht positiv beeinflusst. Diese Beobachtung konnteauch mit einer unterschiedlichen Alterung der Proben mit und ohne Ionen imIsolator zusammen hangen. Die Proben waren bei dieser Messung alter als zweiJahre. Es lasst sich zumindest schließen, dass keine zusatzliche Locher-Ionen-Streuung wie in Kapitel 2.3 diskutiert stattfindet. Die reine Prasenz der Ionen ander Halbleiter-Isolator Grenzschicht beeinflusst die Ladungstrager im Halbleiternicht negativ.

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112 KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN

5.2.3 Einfluss der Gatespannung

Die an den Isolator angelegte Gatespannung ist Ursache des externen elektri-schen Feldes, das im Bild der Raumladungspolarisation eine Kraft auf die Ionenausubt und diese auslenkt. Als Beitrag zur Diskussion des Modells wird daherder Einfluss der Gatespannung auf die mit Salz angereicherten Transistoren un-tersucht. Abbildung 5.12 (a) zeigt die Transistorstromtransiente fur einen ioni-schen Transistor mit 0.89% LiClO4 fur verschiedene Werte der Gatespannung(UGS = −2, 5V bis UGS = −10V ), die fur ca. 30 Sekunden angelegt wird.Um neben dem Vergleich der Absolutwerte auch die Dynamik diskutieren zukonnen, wurde die Auswertung mit den auf −1 normierten Transienten erganzt(Abbildung (b)).

Zunachst fallt auf, dass der absolute Anstieg des Transistorstroms IDS vonder Gatespannung abhangt und mit ihr anwachst. Vergleicht man den Absolut-wert bei t = 60 s, stellt man einen nahezu linearen Zusammenhang zwischenIDS und der Gatespannung fest, wie es auch im linearen Bereich der Transistor-kennlinien durch Gleichung 2.4 zu erwarten ist. Die normierten Kurven zeigenvor allem im Einschaltvorgang eine unterschiedliche Dynamik. Dabei weisen dieKurven mit einer hoheren Gatespannung einen schnelleren Anstieg auf als Kur-ven niedriger Gatespannung. Fur den Ausschaltvorgang liegen die Kurven fastaufeinander.

In der Diskussion des Drift- und Diffusionsmodells verursacht eine großereGatespannung auf der einen Seite eine hohere Driftgeschwindigkeit, mit der sichdie Ionen im externen elektrischen Feld bewegen. Auf der anderen Seite mussaber eine großere Menge an ionischen Ladungstragern an den Grenzflachen ak-kumuliert werden, um das nun großere externe Feld abzuschirmen bis der Pro-zess zum Erliegen kommt. Diese beiden Aspekte, die von der Gatespannungabhangen, halten sich in der Simulation des berechneten Beispiels aus Kapitel3.4.4 die Waage, so dass dort die Dynamik der Transistorstrome gatespannungs-unabhangig ist. Das Experiment zeigt in Bezug auf die Dynamik ein vom berech-neten Beispiel unterschiedliches Verhalten.

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5.2. LITHIUMPERCHLORATTRANSISTOREN 113

0 100 200-900.0n

-600.0n

-300.0n

0.0

UGS = - 2,5 V UGS = - 5,0 V UGS = - 7,5 V UGS = - 10,0 V

I DS [

A]

t [s]

(a)

0 100 200-1.0

-0.5

0.0

I DS [

a.u.

]

UGS = - 2,5 V UGS = - 5,0 V UGS = - 7,5 V UGS = - 10,0 V

t [s]

(b)

Abbildung 5.12: Variation der Gatespannung bei einem Transistor mit 0.89%LiClO4 im Isolator. (a) zeigt die Transisotrstromstransienten bei Gatespannun-gen von UGS = −2, 5V bis UGS = −10V , (b) zeigt die auf −1 normiertenKurven.

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114 KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN

5.2.4 Einfluss der Temperatur

Zur weiteren Charakterisierung der mit LiClO4 Salz angereicherten Transisto-ren werden die Proben wahrend des Messvorgangs dem Einfluss der Tempera-tur ausgesetzt (Aufbau siehe Kapitel 4.2). Neben des Einflusses der Temperaturwird die Probe bedingt durch die sich nur langsam aufwarmende Heizplatte inder Versuchsanordnung einer sich wiederholenden Messung in einem langerenZeitraum ausgesetzt. Um die Ergebnisse der Temperaturvariation einordnen zukonnen, wurden deswegen zwei Kontrollversuche durchgefuhrt.

Zum einen stellt sich die Frage, welche Temperaturstabilitat eine Referenz-probe aufweist. Zur Beantwortung dieser Frage wurde eine identische Pro-be ohne angereicherten Isolator der identischen Messung ausgesetzt. Der Ein-fluss der Temperatur lasst sich mit einem Vergleich der Ubertragunskennliniender niedrigsten und der hochsten gewahlten Temperaturmessung zusammenfas-sen (Abbildung 5.13(a)). Fur einen genaueren Einblick wurde eine Hin- undRuckmessung gewahlt, so dass eventuell auftretendes hysteretisches Verhaltendetektiert werden konnte. Insgesamt zeigt sich eine leichte Erhohung aller Tran-sistorstrome mit der Temperatur, also der On- sowie der Off -Strome, so dass dasVerhaltnis beider ungefahr gleich bleibt. Zwar weist die Ubertragunskennlinieder hohen Temperatur starkere Schwankungen auf, die durch das mehrmaligeHin- und Ruckmessen deutlich werden, es tritt jedoch kein hysteretisches Verhal-ten auf. An der Ahnlichkeit der Steigungen der schwarzen und der roten Kurvekann die Stabilitat der Material- und Transistoreigenschaften, wie z. B. der Halb-leiterbeweglichkeit oder der Isolatorcharakteristik, in diesem Temperaturbereichabgelesen werden. Eine starkere Veranderung der Materialeigenschaften wurdefur hohere Temperaturen erwartet und deswegen hier bewusst vermieden.

Zum anderen stellt sich die Frage, wie eine Probe mit ionischem Isolator aufdie Dauer und Wiederholung des Versuchs reagiert, auch wenn die Tempera-tur nicht erhoht wird. Der Versuch wurde an einer entsprechenden Probe mitder Messung des zeitabhangigen Transistorstroms IDS(t) in 14 Wiederholungenuber insgesamt ca. 2 Stunden Messzeit durchgefuhrt (Abbildung 5.13(b)). DieIDS(t) Kurven zeigen eine erstaunliche Messstabilitat. Bis auf gewisse Schwan-kungen bleibt die Charakteristik der Stromtransienten gleich. Das bedeutet, dassinnerhalb eines Messzyklusses (Ein- und Ausschaltvorgang) von insgesamt 300Sekunden (in der Abbildung wird zur besseren Ubersicht nur ein Ausschnitt von200 Sekunden gezeigt) die Proben wieder reversibel in ihren ursprunglichen Zu-

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5.2. LITHIUMPERCHLORATTRANSISTOREN 115

stand gelangen. Die Belastung durch die Messung kann also bei den nachfolgen-den Experimenten vernachlassigt werden.

5 0 -5 -10 -15 -201n

10n

100n

10µ

RT T=80°C

I DS [A

]

U GS [V]

(a)

0 100 200-300.0n

-200.0n

-100.0n

0.0

I D

S [A]

t [s]

(b)

Abbildung 5.13: Kontrollmessungen zur Untersuchung des Temperatureinflusses.(a) zeigt die Ubertragungskennlinen eines nicht-ionischen Transistors bei Raum-temperatur (ca. T ≈ 23C) und bei T ≈ 80C. (b) zeigt das Verhalten einesionischen Transistors unter Belastung durch Messung jedoch ohne Temperaturva-riation.

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116 KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN

Fur die Untersuchung des Temperatureinflusses wird nun eine Probe mit einerrelativ niedrigen Ionenkonzentration von ca. 1, 2% LiClO4 wie oben beschrie-ben vermessen. Die Temperatur steigt dabei von Raumtemperatur (T ≈ 23C)auf T ≈ 80C, wobei ca. alle ∆T ≈ 5C eine neue Messung aufgenommenwird. Zur Darstellung wird die Transientenmessung gewahlt, um die verschiede-nen Effekte voneinander separieren zu konnen. Dafur wird fur 30 Sekunden eineGatespannung von UGS = −5V gewahlt bei einer dauerhaft angelegten Drain-Source Spannung von UGS = −0, 5V (siehe auch Kapitel 5.2.1). Das Ergebnisfindet sich in Abbildung 5.14. Zur besseren Ubersicht wird der Temperaturbe-reich in 2 Teilbilder untergliedert, wobei die beiden Pfeile in der Graphik denVerlauf der Veranderung aufzeigen.

0 100 200-1.2µ

-800.0n

-400.0n

0.0

0 100 200-1.2µ

-800.0n

-400.0n

0.0

T=51°C T=56°C T=61°C T=66°C T=71°C T=76°C T=81°C

t [s]

I DS [A

]

RT T=27°C T=31°C T=37°C T=41°C T=46°C T=51°C

t [s]

Abbildung 5.14: Einfluss der Temperatur auf einen ionenleitenden Transistor.Wahrend der Stromtransientenmessung eines mit ca. 1, 2% LiClO4 angereicher-ten Transistors wurde die Temperatur der Probenunterlage von Raumtemperaturauf 81C erhoht. Die beiden Pfeile in der Graphik verdeutlichen den Verlauf derVeranderung des stark temperaturabhangigen Transistorstroms.

Die Aufgliederung in 2 Teilbilder entspricht dem Aufspalten des Verhaltensbei Temperaturvariation in 2 Teilgruppen. Basis ist die schwarze Kurve in Abbil-

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5.2. LITHIUMPERCHLORATTRANSISTOREN 117

dung 5.14 (linkes Bild). Wahrend des ca. 30 Sekunden dauernden Einschaltvor-gangs wachst bei dieser Probe der Transistorstrom von 50nA auf 350nA nahezulinear (siehe auch Abbildung 5.8). Mit Erhohung der Probentemperatur um nurwenige C verandert sich der Kurvenverlauf drastisch. Nicht nur die Absolutwer-te der Strome steigen, sondern auch die Dynamik wahrend des Einschaltvorgangswerden beeinflusst. Die Kurvenform wandelt sich von einer Kurve mit geringemanfanglichen Sprung gefolgt von einem langsameren linearen Anstieg (schwarzeKurve) zu einer Kurve mit sprunghaftem schnellen Anstieg (z. B. grune Kurve bei31C) mit geringerem nachfolgenden Prozess. Mit steigender Temperatur kannman die Tendenz beobachten, dass der gekrummte Ubergang zwischen den bei-den Bereichen des Einschaltvorgangs immer fruher und schneller stattfindet. Beider olivfarbenen Kurve fur 51C wirkt der Kurvenverlauf sehr eckig, was einemfast instantanem Ansteigen des Transistorstroms entspricht. Der schnellere so-fortige Anstieg des Stroms wird begleitet von einem ebenso schneller werdendenAbfall des Transistorstroms im Ausschaltvorgang.

Mit Erhohung der Temperatur wird die Zunahme der Transistorstrome im-mer geringer. Sie scheint bei der Messung bei 51C ihren Maximalwert erreichtzu haben. Eine weitere Erhohung der Temperatur um 5C auf 56C (orangeneKurve rechtes Bild) verandert die Kurvenform nicht wesentlich. Bei der Tempe-ratur von 51C scheint ein Wendepunkt der Einflussnahme der Temperatur zuliegen. Eine weitere Erhohung der Temperatur fuhrt nun zu einer Verringerungder Transistorstrome (rechtes Bild). Im Gegensatz zum bisherigen Verlauf, bleibtnun jedoch der Kurvenverlauf ahnlich dem der Messung bei 51C. Die ecki-ge Form wird beibehalten, lediglich die Werte werden geringer. Im Bereich von51C bis 81C verringert sich der Transistorstrom auf ca. 60%. Nach Abschlussder Hochtemperaturmessungen wurde die Probe wiederum bei Raumtemperaturgemessen. Es ergab sich keine wesentliche Anderung.

Die Erhohung der Temperatur bedeutet eine Zunahme der Energie im System.Mit der Vorstellung des Hopping-Transports als Grundlage fur den Ionentrans-portprozess in der polymeren Matrix lasst sich mit Gleichung 2.1 belegen, dassdie Beweglichkeit mit der Temperatur steigt. Dies steht im Kontrast zum Prozessder Orientierungspolarisation, der als alternative Ursache fur die Wirkung desangereicherten Isolators diskutiert wird. Im Falle der Orientierungspolarisationkann eine Zunahme der Energie im System zunachst dafur sorgen, dass es durcheine Erhohung der Viskositat des polymeren Materials zu einer Verbesserungder Ionenbeweglichkeit in der Matrix kommt. Wird jedoch die Temperatur wei-ter erhoht, so steht den einzelnen Molekulen eine hohere Energie zur Verfugung

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118 KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN

und sie werden eine starkere Eigenbewegung aufweisen. Die zusatzliche Energie,die sich in Form von Schwingungs- und Rotationsenergie ausdruckt, wirkt danneiner Ausrichtung von Molekulen entgegen. Das Maß der Orientierungspolari-sation nimmt also mit stark erhohter Temperatur ab. Ein mit der Temperatur ab-nehmender Effekt widerspricht jedoch den Beobachtungen aus Abbildung 5.14.Auch die Analyse der Temperaturabhangigkeit bestatigt, dass das Phanomen derOrientierungspolarisation bei den mitLiClO4 Salz angereichertem Isolatormate-rial keine Rolle spielt. Das Verhalten der Transistoren mit steigender Temperaturbestatigt das Bild des Ionentransportprozesses im Isolator.

Vergleicht man die Veranderung der Kurvendynamik im ersten Temperatur-bereich mit den bisher diskutierten Fragestellungen dieser Arbeit, so lasst sichschließen, dass eine solche Anderung der Stromtransienten sowohl durch einegestiegene, dem Ionentransportprozess zur Verfugung stehende Ionendichte alsauch durch eine Erhohung der Ionenbeweglichkeiten entstehen kann. Beide Fak-toren sorgen fur einen schnelleren Anstieg der Kurven im Einschaltvorgang wieauch fur einen schnelleren Abfall der Kurven auf den ursprunglichen Wert sowiefur einen Anstieg des Absolutbetrages der Strome. Die Beibehaltung der Kur-venform fur Temperaturen uber 51C entspricht einer Beibehaltung der Dyna-mik des Systems. Die gleichzeitig beobachtete Abnahme des Absolutwertes desTransistorstroms kann nicht abschließend geklart werden. Als Ursache hierfurwurde z. B. die Temperaturaufweichung der Ionendichteprofile diskutiert. Dochauch diese kann eine Verminderung des Absolutwertes um 60% nicht erklaren.An dieser Stelle waren vertiefende Wiederholungsmessungen auch mit anderenProben notwendig gewesen.

5.3 Dielektrische Eigenschaften

Die Analyse der dielektrischen Eigenschaften liefert direkten Aufschluss uber dieMaterialeigenschaften des mit Lithiumperchlorat angereicherten Isolators. Sie er-schließt sich uber eine Messung der Kapazitat eines aus diesem Isolator aufge-bauten Kondensators. Aufgrund der Transportphanomene im Dielektrikum wirdeine starke Frequenzabhangigkeit erwartet. In Abbildung 5.15 wird die Messungder Kapazitat in einem Frequenzbereich von 20 Hz bis 120 MHz prasentiert. Da-bei hat der Kondensator eine Elektrodenflache von A = 7, 3mm2 und eine Iso-latorschichtdicke von dIns = 500nm. Der Einfluss der Ionenleitung lasst sichdurch eine breite Variation des hinzugefugten Lithiumperchlorats von 0% bis

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5.3. DIELEKTRISCHE EIGENSCHAFTEN 119

18% sichtbar machen. Im gemessenen Frequenzbereich haben die hinzugefugtenIonen einen so starken Einfluss auf die Kapazitat des Kondensators, dass diesebei kleinen Frequenzen um mehrere Großenordnungen ansteigt. Deshalb wird dieAbbildung um die logarithmische Darstellung (b) erganzt.

Fur hohe Frequenzen strebt die Kapazitat aller Proben gegen einen Basis-wert von ca. 500 pF , dessen untere Grenze durch die Probe mit 0% LiClO4

(schwarze Kurve) gegeben ist. Dabei zeigt die Kapazitat der 0% Probe bis zu ei-ner Frequenz von ca. 1 MHz keine Frequenzabhangigkeit. Oberhalb von 1 MHzweisen alle Kurven einen starken Einbruch der Kapazitat auf. Dieser Einbruch istbedingt durch Messaufbau und Probengeometrie. Die Tatsache, dass ein relativgroßer Kondensator mit einer Flache von A = 7, 3mm2 gewahlt wurde, fuhrtauf der einen Seite zu deutlich messbaren Signalen, auf der anderen Seite aber zueiner großeren Wahrscheinlichkeit, dass Punktdefekte auf der Kondensatorflacheauftreten und damit das kapazitive Verhalten einbricht. Gleichzeitig wird es beihoheren Frequenzen immer schwieriger, storendes Verhalten des Messaufbausabzuschirmen. Somit wird fur die folgende Analyse der dielektrischen Eigen-schaften der Messbereich oberhalb von 1 MHz ausgespart.

Insbesondere bei den Kondensatoren mit einer hohen Ionenkonzentration(z. B. grune Kurve mit 18% LiClO4) kann man fur kleiner werdende Frequen-zen einen Anstieg der Kapazitat erkennen. Fur niedrigere Salzkonzentrationenbeginnt dieser Anstieg bei immer kleineren Frequenzen und kann fur Proben mitc < 4% wegen der Beschranktheit des Frequenzmessbereiches nicht mehr detek-tiert werden. Dieser ionenkonzentrationsabhangige Anstieg bedeutet, dass z. B.die Probe mit einem Salzanteil von 9% LiClO4 (orangene Kurve) bei einer Fre-quenz von 20 Hz eine um den Faktor 400 angestiegene Kapazitat hat als die Probeohne Ionenzusatz. Die Diskussion der Materialeigenschaften des angereichertenIsolators wird mit Hilfe der frequenzabhangigen dielektrischen Funktion gefuhrt.Dafur werden die Impedanzmesswerte, die der Kapazitatsmessung zugrunde lie-gen, mit den Gleichungen 2.18 und 2.19 aus Kapitel 2.2 in die komplexe dielek-trische Funktion umgerechnet. Abbildung 5.16 zeigt in linearer Auftragung denReal- (a) und Imaginarteil (b) von ε in Abhangigkeit von der Frequenz.

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120 KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN

100 1k 10k 100k 1M 10M 100M0.00

25.00n

50.00n

75.00n 0% 0.33% 0.5% 0.72% 0.87% 0.97% 1.17% 2.06% 4.0% 5.9% 9.0% 12.9% 18%

C [F

]

f [Hz]

(a)

100 1k 10k 100k 1M 10M 100M100p

1n

10n

100n

C [F

]

f [Hz]

(b)

Abbildung 5.15: Frequenzabhangige Kapazitat der ionenleitenden Kondensato-ren in (a) normaler und (b) logarithmischer Darstellung. Zur Analyse des Salzein-flusses wurde die Konzentration des LiClO4 von 0% bis 18% variiert. Die Ka-pazitat steigt deutlich in Abhangigkeit der Ionenkonzentration an, so z. B. ummehr als 2 Großenordnungen bei der 18% Probe (grun) bei 20 Hz. Der Konden-sator hat eine Elektrodenflache von A = 7, 3mm2 und eine Schichtdicke vondIns = 500nm.

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5.3. DIELEKTRISCHE EIGENSCHAFTEN 121

100 1k 10k 100k 1M0

250

500 0% 0.33% 0.5% 0.72% 0.87% 0.97% 1.17% 2.06% 4.0% 5.9% 9.0% 12.9% 18%

Re

f [Hz]

(a)

100 1k 10k 100k 1M0

50

100

150

Im

f [Hz]

(b)

Abbildung 5.16: Real- und Imaginarteil der dielektrischen Funktion des mitLiClO4 angereicherten Isolatormaterials mit Variation der Ionenkonzentrationvon 0% bis 18% in einem Frequenzbereich von 20 Hz bis 1 MHz.

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122 KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN

Der bisher beobachtete Anstieg der Kapazitat des Bauteils spiegelt sich imAnstieg des Realteils der dielektrischen Funktion wider. Der gleichzeitige io-nenkonzentrationsabhangige Anstieg des Imaginarteils bei niedrigen Frequenzenmacht mit Blick auf die Theorie aus Kapitel 2.2 klar, dass hier ein Relaxations-prozess stattfindet und kein rein isolierendes Material vorliegt. In Anbetracht desFrequenzbereichs und der schon eingegrenzten Moglichkeiten dieses polymerenmit Salz angereicherten Materials lasst sich schließen, dass sich hier bei niedrigenFrequenzen der Ionentransportprozess zeigt. Vermehrte Ansammlung akkumu-lierter resultierender Ladung an den Grenzflachen des Isolatormaterials erhohenden Wert des Realteils. Durch den Wanderungsprozess bedingte Verlustprozesseim Material sorgen dafur, dass auch der Wert des Imaginarteils steigt. In Summewird der Beitrag der Raumladungspolarisation zur dielektrischen Funktion beiniedrigen Frequenzen deutlich sichtbar.

Deutlich wird jedoch auch, dass in dem hier vermessenen Frequenzbereichder Ionentransport nur bei den Proben mit einer Ionenkonzentrationen c > 4%gut sichtbar wird. Aus der Analogie des Verhaltens der Probenreihe lasst sichschließen, dass Proben mit einer Salzkonzentration unter 4% dasselbe Verhaltenbei Frequenzen unterhalb von 20 Hz zeigen wurden, eine quantitative Analyseist nicht moglich. Gleichzeitig sind die Proben mit hoher Ionenkonzentration ge-nau jene, die sich nur schwer durch die in dieser Arbeit verwendete Methodeder Transistorstrommessung IDS(t) (Kapitel 5.2.1) charakterisieren ließen, dasie durch die Messung innerhalb von 30 Sekunden haufig irreversibel zerstortwurden. Die quantitative Analyse der Transientenmessung mit Hilfe der hier un-tersuchten dielektrischen Eigenschaften lasst sich anhand des Realteils der di-elektrischen Funktion (Abbildung 5.17) in der logarithmischen Darstellung ver-suchen.

In dieser Abbildung ist es moglich, den bei 20 Hz noch gering ausgepragtenAnstieg des Realteils fur Proben geringer Ionenkonzentration relativ zum Wertdes Realteils des Referenzmaterials ohne Ionen (ca. ε ≈ 4) aufzulosen. Es zeigtsich, dass Proben mit einer Ionenkonzentration unter 2% einen Realteil von ε < 7haben. Die Proben mit einer hohen Ionenkonzentration zeigen die bereits disku-tierte starke Erhohung des Realteils um bis zu zwei Großenordnungen. Die ge-ringste Frequenz, bei der die dielektrische Funktion in dieser Arbeit charakteri-siert werden konnte, liegt bei 20 Hz. Damit ist noch nicht die zeitliche Auflosungder Transientenmessung aus Kapitel 5.2.1 erreicht. Die messtechnisch beding-te minimale zeitliche Auflosung lag bei ca. 500ms, was einer Frequenz von

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5.3. DIELEKTRISCHE EIGENSCHAFTEN 123

2 Hz entspricht. Die beiden Analysen lassen sich nicht zu einer quantitativenAbschatzung zusammenbringen.

100 1k 10k 100k 1M1

10

100

1000 0% 0.33% 0.5% 0.72% 0.87% 0.97% 1.17% 2.06% 4.0% 5.9% 9.0% 12.9% 18%

Re

f [Hz]

(a)

100 1k 10k 100k 1M0.1

1

10

100

1000

Im

f [Hz]

(b)

Abbildung 5.17: Real- und Imaginarteil der dielektrischen Funktion des mitLiClO4 angereicherten Isolatormaterials mit Variation der Ionenkonzentrationvon 0% bis 18% in einem Frequenzbereich von 20 Hz bis 1 MHz in logarithmi-scher Darstellung.

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124 KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN

Zusammenfassend bestatigt die Analyse der dielektrischen Funktion die In-terpretation, dass in dem mit Salz angereicherten Isolator Ionen in Abhangigkeitvon der Konzentration und der anregenden Frequenz des angelegten elektrischenFeldes driften. Dieser Ionentransportprozess ist Ursache fur die Erhohung derdielektrischen Funktion sowie des Transistorstroms. Beide Großen wachsen umeinige Großenordnungen an. Nach der Analyse der Polarisationsmechanismen inKapitel 5.2.1 gehen wir davon aus, dass neben der eben beschriebenen Raumla-dungspolarisation auch die Orientierungspolarisation einen geringen Beitrag zurdielektrischen Funktion bildet. Der Beitrag lasst sich jedoch in der Abbildung5.17 nicht vom Beitrag durch den Ionentransportprozess trennen und somit nichtquantitativ analysieren. Modellhaft konnen wir uns die Orientierungspolarisati-on des mit LiClO4 angereicherten Isolators wie folgt vorstellen: Das Lithiuma-tom hat im LiClO4 Molekul die Moglichkeit, 4 energetisch gleichberechtigtePlatze zu besetzen. Im Falle eines extern anliegenden elektrischen Feldes ergibtsich eine Vorzugsrichtung fur die Anlagerung des Lithiumatoms in Feldrichtung.Ein Beitrag zur Orientierungspolarisation kann also daher ruhren, dass sich nichtgeloste LiClO4 Molekule im elektrischen Feld ausrichten.

Der hier gemessene erhohte Wert der dielektrischen Funktion wird in die-ser Arbeit nicht als Ausgangspunkt zur quantitativen Berechnung der Erhohungdes Transistorstroms verwendet. Vielmehr soll uber Beschreibung des dominie-renden Ionentransportprozesses mit dem Drift- und Diffusionsmodell (Kapitel3.1.1) die zeitliche Entwicklung der Großen simuliert werden (siehe auch dieDiskussion in Kapitel 3.2).

5.3.1 Gleichstromleitfahigkeit

Im Folgenden wird der Versuch prasentiert, aus den eben diskutierten Ergebnis-sen fur die dielektrische Funktion Aufschluss uber die Gleichstromleitfahigkeitdes ionenleitenden Materials zu bekommen. Dazu werden die Impedanzmessun-gen mit Hilfe von Gleichung 2.18 aus Kapitel 2.2 in die Leitfahigkeit umgerech-net. Abbildung 5.18 prasentiert den Realteil der Leitfahigkeit in Abhangigkeitvon der Frequenz in einem Messbereich von 20 Hz bis 1 MHz mit einer Variationder Ionenkonzentration.

Die Analyse zeigt, dass die Leitfahigkeit frequenzabhangig ist. Dabei istihr Verlauf zusatzlich stark von der Konzentration des hinzugefugten Salzesabhangig. Bei den niedrigen Konzentrationen bildet sich in dieser Darstellung

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5.3. DIELEKTRISCHE EIGENSCHAFTEN 125

100 1k 10k 100k 1M1E-10

1E-9

1E-8

1E-7

1E-6

1E-5

1E-4

1E-3 0% 0.33% 0.5% 0.72% 0.87% 0.97% 1.17% 2.06% 4.0% 5.9% 9.0% 12.9% 18%

Re

[1/

m]

f [Hz]

Abbildung 5.18: Logarithmische Darstellung der Leitfahigkeit in einem Fre-quenzbereich von 20 Hz bis 1 MHz mit einer Variation der Ionenkonzentration.Bei den Proben mit einer hohen Ionenkonzentration bildet sich ein Plateauwert imLeitfahigkeitsspektrum aus, dessen Lage von der Ionenkonzentration abhangt.

ein linearer Abfall heraus. Proben mit einer hohen Ionenkonzentration jedochweisen einen Plateauwert im Leitfahigkeitsspektum aus. Die Erfahrung mit derAnalyse der konzentrationsabhangigen dielektrischen Funktion wiederholt sichhier, denn auch hier ist dieses Plateau erst ab einer Konzentration von 5, 9% er-kennbar. Seine Lage im Spektrum hangt ebenso von der Ionenkonzentration ab.So lasst sich fur die 12, 9% Probe (graue Kurve) ein Plateauwert im Realteil derLeitfahigkeit von σ ≈ 5, 8 · 10−6 /Ωm grob abschatzen. Bei der Probe mit 9%LiClO4 (orangene Kurve) liegt dieser Wert nur noch bei ca. σ ≈ 1 · 10−6 /Ωm.

Analog zur Theorie der Gleichstromleitfahigkeit aus Kapitel 2.2.2 und Glei-chung 2.23 wird nun diesem Plateauwert mit der bekannten Ionendichte eine Be-weglichkeit der driftenden Ionenspezies zugeordnet. Unter der Annahme, dasshier der Transportprozess der schnelleren Spezies detektiert wird, kann z. B.der Leitfahigkeit der 9% Probe (orangene Kurve) eine Li+ Beweglichkeit vonµ+ ≈ 1 · 10−14m

2

V s zugeordnet werden. Mit Blick auf Gleichung 2.23 zeigt sichjedoch auch die Schwierigkeit mit dieser Interpretation. Die Beweglichkeit istumgekehrt proportional zur Ionendichte. Die zuvor ausgerechnete Beweglichkeit

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126 KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN

wurde unter der Voraussetzung bestimmt, dass alle der polymeren Isolatorlosunghinzugefugten Ionen am Transportprozess teilnehmen. Das widerspricht Erfah-rungen mit Festkorperelektrolyten, die sich in der Literatur finden lassen. [44]haben z. B. herausgefunden, dass in ihrer Anwendung nur einige Prozent deshinzugefugten Salzes an der Ionenwanderung teilnehmen. Dieser Aspekt konn-te jedoch in dieser Arbeit nicht abschließend geklart werden (siehe Diskussionin den Kapiteln 2.2.2 und 3.4.2). Durch die Analyse der dielektrischen Eigen-schaften kann diese Frage nicht beantwortet werden. Der Einfluss dieser Frageist jedoch erheblich. Die Annahme, dass z. B. nur 10% hinzugefugten Ionen inder festen Polymermatrix des Isolators am Transportprozess teilnehmen, erhohtdie abgeschatzte Beweglichkeit um eine Großenordnung.

Es bleibt offen, ob der nicht sehr deutlich ausgepragte Plateauwert bei re-lativ hohen Frequenzen tatsachlich der Gleichstromleitfahigkeit aus der Theo-riebetrachtung zugeordnet werden kann. Die Tatsache, dass zu niedrigen Fre-quenzen hin der Plateauwert von einer weiteren Abhnahme der Leitfahigkeituberlagert wird (siehe Abbildung 5.18 z. B. graue Kurve unterhalb von 1 kHz),deutet auf die Ausbildung blockierender Elektroden (siehe Kapitel 2.2.2 [42])hin. Es muss vermutet werden, dass der extrahierte Plateauwert nicht der Gleich-stromleitfahigkeit entspricht, sondern diese tatsachlich geringer ausfallen wurde.Somit liefert die hier vorgefuhrte Diskussion nur einen Anhaltspunkt fur diequantitative Abschatzung der Ionenbeweglichkeit.

5.3.2 Nyquist-Plot

Die Impedanzspektroskopie liefert noch eine weitere Methode, die Daten derKondensatormessung auszuwerten. Dazu werden die experimentellen Impedanz-werte in der Nyquistdarstellung mit einem Fit der Impedanz eines Ersatzschalt-bildes des zu analysierenden Bauelements verglichen und diskutiert. Die typi-schen Erscheinungsformen von Nyquistdiagrammen wurden in Kapitel 2.2.2 vor-gestellt. Der Imaginarteil der Impedanz wird dabei in Abhangigkeit vom Realteilder Impedanz aufgetragen, die Frequenzinformation geht in dieser Darstellungverloren. Abbildung 5.19 zeigt die Nyquistdiagramme der bisher diskutierten Da-ten fur Proben mit einer hohen Ionenkonzentration.

In den Proben mit hoher Ionenkonzentration, die schon in den bisherigen Aus-wertungen den Ionentransport gezeigt haben, deutet sich der charakteristischeHalbkreis, gefolgt von einer Geraden an (siehe Abbildung 2.14). Diese Form des

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5.3. DIELEKTRISCHE EIGENSCHAFTEN 127

0.0 300.0k 600.0k0.0

-200.0k

-400.0k

-600.0k

ImZ

[]

ReZ [ ]

4,0% 5,9% 9,0% 12,9% 18,0%

Abbildung 5.19: Nyquistdiagramme fur Proben mit einer hohen Ionenkonzen-tration. In dieser Darstellung deutet ein Halbkreis gefolgt von einer Geraden aufeinen Transportprozess hin (Kapitel 2.2.2).

Nyquistdiagramms lasst darauf schließen, dass sich das vermessene Bauteil imWesentlichen aus einer Parallelschaltung des Transportprozesses und dem Kon-densator der blockierenden Helmholtzschichten an den Elektroden zusammen-setzt. Je niedriger die Konzentration, desto weniger wird der Beitrag des Trans-portprozesses sichtbar. Schon die Probe mit einer Konzentration von 5, 9% (lila-farbene Kurve, Abbildung 5.19) zeigt kaum noch das charakteristische Erschei-nungsbild mit dem linearen Anstieg, die Probe mit 4, 0% (dunkelblaue Kurve)zeigt es gar nicht mehr. Damit wird deutlich, dass die Proben im gemessenenFrequenzbereich in Abhangigkeit von ihrer Konzentration unterschiedlich inter-pretiert und mit einem Ersatzschaltbild wiedergegeben werden mussen.

Der Versuch, die Daten des Nyquistdiagramms durch ein Ersatzschaltbild zufitten, um auch eine quantitative Auswertung vollziehen zu konnen, stellt sich alsschwierig heraus, da zunachst keine quantitativen Anhaltspunkte bekannt sind.Je komplexer das Ersatzschaltbild gewahlt wird, desto mehr freie Parameter exi-stieren fur den Fitvorgang, was das Ergebnis der Fitroutine weniger belastbarmacht. An einem Beispiel wird trotzdem die Vorgehensweise prasentiert. Furdie experimentellen Daten wurde die Probe mit einer 9% LiClO4 Konzentrati-

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128 KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN

on (Abbildung 5.20, graue Kurve) gewahlt. Die Basis des Ersatzschaltbildes desBauelements ist nach Diskussion in Kapitel 2.2.2 durch Abbildung 2.14 gegeben.Folgende Parameter existieren: die Kapazitat der Elektroden CEl, der Elektrolyt-widerstand Rct, die Warburg Impedanz W fur den Ionentransportprozess, derKontaktwiderstand Rs und die Kapazitat der blockierenden Helmholtzschich-ten Cdl. Das nichtideale Verhalten der letztgenannten blockierenden Helmhotz-schichten wurde durch ein sog. ”constant phase element“ (CPE) wiedergegeben.(Die Ursache hierfur ist in der Frquenzabhangigkeit solcher Schichten zu su-chen.) Zur Durchfuhrung des Fitvorganges wurde die Software ”EIS SpectrumAnalyser“ 2 verwendet [56]. Das Ergebnis zeigt die schwarze Kurve in Abbildung5.20. Sie gibt grundsatzlich die Charakteristik des Nyquistdiagramms bestehendaus einem Halbkreis gefolgt von einer Geraden wieder. Im Bereich des domi-nierenden Transportprozesses (linearer Anstieg fur niedrige Frequenzen) tretenAbweichungen zwischen den experimentellen Daten und dem Fitergebnis auf.

Die quantitative Auswertung des Transportprozesses ist uber den Wert fur dieWarburg Impedanz moglich, der durch die Fitroutine ermittelt wird. Mit Blick aufdie zu verwendende Gleichung 2.25 fur dieses Bauelement wird deutlich, dass siesowohl die Beweglichkeit der Li+ als auch die der ClO−4 Ionen enthalt. Da diesejedoch im Nenner auftreten, wird eine ca. 10 bis 100 Mal langsamere Beweglich-keit der ClO−4 Ionen diesen Ausdruck dominieren. Der ermittelte KoeffizientAω ≈ 1, 8 · 106 Ω/s0,5 lasst sich in eine Beweglichkeit von µ− = 1 · 10−20m

2

V sumrechnen. Fur die schnelleren Li+ Ionen ergibt das eine Beweglichkeit von ca.µ+ = 1 · 10−18m

2

V s . Verglichen mit bisherigen Abschatzungen ist dies ein nied-riger Wert. Die Einschatzung hangt von einigen Annahmen ab, die hier getroffenwurden:

1. Das Verhaltnis der beiden Beweglichkeiten liegt im Bereich eines Faktors10 bis 100.

2. Die gesamte, dem Isolator hinzugefugte Ionenmenge, kann am Transport-prozess teil.

Wie auch in der Betrachtung fur die Leitfahigkeit, ist gerade der letztePunkt ein großer Einflussfaktor, der die abgeschatzte Beweglichkeit um einigeGroßenordnungen verandern kann. Unsere Analyse der Kondensatoren mit Hilfe

2Diese Software wurde fur Fitroutinen und Simulationen von Nyqistdiagrammen aus Ersatzschalt-bildern entworfen mit der Spezialisierung auf Bauelemente mit Transportprozessen.

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5.4. LANGZEITMESSUNG AN KONDENSATOREN 129

0 100k 200k0

-100k

-200k

-300k

-400k

ImZ

[]

ReZ [ ]

exp. Daten Probe 9% gefittete Daten Probe 9%

Abbildung 5.20: Vergleich des Nyquistdiagramms der experimentellen und dergefitteten Daten der Probe mit einer Anreicherung mit 9% LiClO4. Die gute Wie-dergabe der Kurvencharakteristik bestatigt die Annahme des ionischen Transport-prozesses fur das Bauelement.

der Impedanzspektroskopie lasst keine Bestimmung dieses Aspektes zu. Damitkann auch die Auswertung des Nyquistdiagramms mit Hilfe der Diskussion ei-nes Ersatzschaltbildes quantitativ nur grobe Abschatzungen zur Einordnung desGeschehens im Bauteil geben. Die qualitative Wiedergabe der Kurvencharak-teristik bestatigt jedoch die Annahme des ionischen Transportprozesses fur dasBauelement und das Phanomen der Raumladungspolarisation fur das mit Salzangereicherte Isolatormaterial.

5.4 Langzeitmessung an Kondensatoren

Die bisherigen Untersuchungen, insbesondere in Kapitel 5.2.2, bestatigen die An-nahme, dass es sich beim ionenangereicherten Isolator im Transistorbauelementum ein geschlossenes Material handelt, das keine Ionen oder Ladung aufnimmtoder abgibt. Diese Tatsache macht eine Ubertragung der Analyse des Geschehensim Isolator der beiden Bauelemente Kondensatoren und Transistoren moglich.

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130 KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN

Dabei haben Untersuchungen an den LiClO4 angereicherten Kondensatoren wieim vorangegangenen Kapitel den großen Vorteil, dass ihre Reaktion auf externeelektrische Felder frei von einer Uberlagerung des zusatzlichen Einflusses desHalbleiters sind. Dieser Vorteil wird auch bei den folgenden Langzeitmessun-gen an Kondensatoren ausgenutzt. Langzeitmessungen geben die Moglichkeit,die Relaxation der Materie im Ganzen zu verfolgen, bis sie sich in einem neu-en Gleichgewichtszustand befindet. Damit unterscheiden sie sich von den bis-her vorgestellten Transientenmessungen an Transistoren, bei denen die Materiedurch die Wahl der Dauer des Einschaltvorgangs von ublicherweise ca. 30 Se-kunden nicht in einem Gleichgewichtszustand gelangen kann.

Fur die Untersuchung wird an einen Kondensator aus zwei metallischen Elek-troden und eines mit Salz angereicherten Isolators eine Spannung U0 angelegtund der Strom I0 in Abhangigkeit von der Zeit gemessen (Abbildung 5.21). Auf-grund des Ionentransportprozesses findet im Kondensator mit der Zeit eine La-dungsverschiebung zu den Elektroden hin statt. Die sich an den Grenzflachenakkumulierende Ionenladung wird durch eine auf die Kondensatorplatten hinzu-fließende Ladung Q kompensiert, die als Integration des Stromsignals I0 gemes-sen werden kann. Die messbare Ladungsmenge Q ist damit ein direktes Maß furdie akkumulierte Ladungsmenge der Ionen. Das Antwortsignal des Stromes zeigtublicherweise ein stark uberhohtes Anfangssignal, gefolgt von einem allmahlichabfallenden Anteil. Um die vollstandige Relaxation der Materie beobachten zukonnen, muss uber einen sehr langen Zeitraum gemessen werden. Fur die Ana-lyse wurden Kondensatoren mit einer Isolatorschichtdicke von 500nm gewahlt.

Die Ursache fur die abfallende Charakteristik des Kondensatorstroms liegt imIonentransportprozess. Dieser findet solange statt, bis die akkumulierte Ladungein internes elektrisches Feld erzeugt, das das extern angelegte elektrische Feldabschirmt. Mit der Abschirmung kommt der Ionentransportprozess zum Erliegenund das Material hat einen neuen Gleichgewichtszustand erreicht. Es stellt sichnun die Frage, ob es sich bei dem mit der Zeit abfallenden Stromsignal um eineneinfachen exponentiellen Zusammenhang handelt, dem eine einzelne Zeitkon-stante zugeordnet werden kann. Dieser ware zu erwarten, wenn es sich um denTransportprozess einer einzelnen Ionensorte mit nur einer Driftgeschwindigkeithandeln wurde. Die Analyse ergibt, dass es hier nicht der Fall ist und bestatigtdamit die Diskussion und Herangehensweise der theoretischen Betrachtung desIonentransportprozesses (siehe Diskussion in zu Beginn des Kapitels 3).

In einem weiteren Schritt stellt sich die Frage nach der Abhangigkeit der aufdie Platten fließenden Ladungsmenge Q von der an den Kondensator angelegte

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5.4. LANGZEITMESSUNG AN KONDENSATOREN 131

Abbildung 5.21: Langzeitmessung an Kondensatoren. An einen Kondensatorwird eine Spannung U0 angelegt und der Strom I0 in Abhangigkeit von der Zeitgemessen. Um die vollstandige Relaxation der Materie beobachten zu konnen,muss uber einen sehr langen Zeitraum gemessen werden. Die Integration uber dasStromsignal ergibt die auf die Platten geflossene Ladung Q.

SpannungU0. Setzt man die LadungQ in Relation zu der durch Anreicherung desIsolators maximal moglich fließenden Ionenladung (Qmax ∝ % ∝ c), beobach-ten [44] ein Sattigungsverhalten mit steigender Spannung U0. Erklart wird dieseSattigung damit, dass eine weitere Erhohung der Spannung keine weitere Mobili-sierung der Ionen zur Folge hat, sondern die Menge an beweglicher Ionenladungbedingt durch die molekulare Bindung in der polymeren Isolatormatrix begrenztist. Abbildung 5.22 zeigt das Ergebnis der entsprechenden Untersuchung dieserArbeit, bei der ein mit LiClO4 angereicherter Kondensator mit der Ionenkon-zentration c = 0, 3% gewahlt wurde.

Im Spannungsbereich von U0 = 20V bis U0 = 120V steigt dasVerhaltnis Q/Qmax mit steigender angelegter Spannung U0 an. Dabei variiertdas Verhaltnis Q/Qmax im untersuchten Bereich von ca. 1% bis ca. 30% undliegt damit quantitativ in der selben Großenordnung wie [44]. Wird z. B. eineSpannung von U0 = 80V angelegt, so akkumulieren ca. 10% der in den Isola-tor hinzugefugten Ionen (dunkelblauer Datenpunkt). Die Ursache fur den Anstieg

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132 KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN

0 20 40 60 80 100 120 1400.0

0.1

0.2

0.3

Q

/Qm

ax [a

.u.]

U0 [V]

Abbildung 5.22: Spannungsahangigkeit der Kondensatorplattenladung. Fur einenKondensator mit der Ionenkonzentration c = 0, 3% steigt das Verhaltnis vonQ zuQmax nahezu linear mit der angelegten Spannung U0 an.

der Ladungsmenge mit der Spannung U0 liegt im Anstieg des internen Feldes derAkkumulationsladung, das benotigt wird, um das externe Feld abzuschirmen. ImGegensatz zu den Untersuchungen in [44] zeigt die Abhangigkeit hier jedochkeine Sattigung. Allerdings war der Bereich von U0 > 120V experimentellnicht zuganglich. DieLiClO4 Kondensatoren dieser Arbeit halten einer großerenSpannung uber einen Zeitraum von t > 1000 s nicht stand. Die Bildung hoherinterner elektrischer Felder aufgrund der Ionenakkumulation fuhrte wiederholtzur Zerstorung der Proben. Es war nicht moglich, die gesamte dem Ionenwan-derungsprozess zur Verfugung stehende Ionenmenge, die nur ein Bruchteil derhinzugefugten Ionenmenge sein kann, durch diese Analyse zu bestimmen.

5.5 Simulierte Transistorstrome

Die bisher diskutierten Experimente und Analysen des Kapitels 5 bestatigen, dassin dem mit LiClO4 Salz angereicherten Isolator ein Transportprozess stattfindet,wenn ein elektrisches Feld angelegt wird. Der Transportprozess bleibt auf denIsolator beschrankt, da die Ionen bei maßiger Ionenanreicherung und moderaten

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5.5. SIMULIERTE TRANSISTORSTROME 133

Spannungen nicht in die angrenzenden Materialien hineindiffundieren konnen.Diese Geschlossenheit des Isolators hat zur Folge, dass die Ionen an den Isolator-grenzflachen akkumulieren. Die akkumulierte Grenzflachenladung der Raumla-dungspolarisation verandert damit das interne elektrische Feld und Potential imIsolator. Durch Abschirmung des extern angelegten elektrischen Feldes verrin-gert der Transportprozess den Motor der Ionenbewegung. Qualitativ zeigen ersteVergleiche, dass das Drift- und Diffusionsmodell fur den Transportprozess, das inKapitel 3 ausfuhrlich entwickelt und diskutiert wurde, die richtigen Charakteri-stiken zeigt und angewendet werden kann. Im Folgenden wird untersucht, inwie-weit sich der quantitative Vergleich der Ergebnisse der LiClO4 angereichertenTransistoren mit den Simulationen des Drift- und Diffusionsmodells ziehen lasst.

Voraussetzung fur einen Vergleich von Simulation und Experiment ist dieWahl der selben Parameter, was der folgenden Detailbetrachtung bedarf. Das Ex-periment besteht aus den in Kapitel 5.2 vorgestellten Transientenmessungen anTransistoren mit einer Variation der Ionenkonzentration. Aus dem Experimentergeben sich die Parameter fur die Spannungen, die an das Bauelement angelegtwerden, und die Lange des Einschalt- und Ausschaltvorgangs:

• Einschaltvorgang: ca. 10 s− 60 s: UDS = −0, 5V und UGS = −5V

• Ausschaltvorgang: ca. 60 s− 180 s: UDS = −0, 5V und UGS = 0V

Die Transistoren werden durch die Wahl der Schichtdicken (dIns = 500nm unddHl = 40nm) sowie der Strukturauflosung (W/L = 1500µm/5µm = 300)festgelegt. Mit Blick auf die Parametervorstellung des Modells in Kapitel 3.3und der Diskussion ihres Einflusses in Kapitel 3.4 bleiben nun drei wichtige Si-mulationsparameter: Halbleiterbeweglichkeit, Ionendichte und die jeweilige Io-nenbeweglichkeit. Die bisherigen Erkenntnisse uber diese Parameter werden imFolgenden zusammengefasst.

In Kapitel 3.4 ist herausgearbeitet worden, dass die Halbleiterbeweglichkeitaufgrund eines linearen Zusammenhangs einen starken Hebel fur den absolutenWert des Transistorstroms IDS darstellt, jedoch nicht in die Dynamik desselbeneingeht. Das Ziel, diesen wichtigen Parameter experimentell zu bestimmen, wur-de in Kapitel 5.2.2 mit Anlegen einer Wechselfeldgatespannung verfolgt und istnur teilweise gelungen. Dabei treten zwei gegensatzliche Aspekte auf: Entwe-der werden hohe Frequenzen gewahlt, die die Ionenakkumulation an den Grenz-flachen des Halbleiters vermeiden. In einem solchen Regime kann die Halblei-terbeweglichkeit bestimmt werden, was im Experiment (Kapitel 5.2.2) auf dieProben mit niedriger Ionenkonzentration zutrifft. Diese Halbleiterbeweglichkeit

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134 KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN

kann sich jedoch von jener unterscheiden, die im oben genannten Transienten-experiment uber einen Zeitraum von t ≈ 30 s herrscht. Oder aber man lasst Io-nenwanderung wahrend des Experiments zu, was dazu fuhrt, dass bei den darausgewonnenen Kennlinien keine Bestimmung der Halbleiterbeweglichkeit durch-gefuhrt werden kann. Der Parameter entzieht sich somit einer experimentellenBestimmung. Zudem besteht das Problem, dass die Halbleiterbeweglichkeit imBauelement keine Materialkonstante sondern ein gatespannungsabhangiger Pa-rameter ist (siehe Kapitel uber Halbleiterbeweglichkeit in Transistoren 2.1.2). Esist also wahrscheinlich, dass sich die Ladungstragerbeweglichkeit im Laufe derzeitabhangigen Messung andert, da sich auch das interne elektrische Feld mit derIonenwanderung andert. Fur die im Folgenden prasentierten Simulationen wurdeeine Ladungstragerbeweglichkeit in der Großenordnung des Referenztransistorsgewahlt, da im Experiment (Kapitel 5.2.2) die Proben mit einer hohen Ionen-konzentration vergleichbare Werte aufwiesen (siehe Abbildung 5.11). Mit dieserVorgehensweise setzt man einen vernachlassigbaren Einfluss des Elektrolytisola-tors auf die Halbleiterbeweglichkeit voraus.

Bei der Ionendichte handelt es sich zunachst um die in den Isolator hin-zugefugte Dichte des LiClO4 Salzes. Wie bereits zitiert finden sich in der Li-teratur Belege, dass nicht die gesamte dem Isolator hinzugefugte Menge einesleitfahigen Salzes am Ionentransport teilnehmen konnen, da die Ionen in unter-schiedlicher Weise an das Matrixmaterial gebunden sind [44]. Der experimen-telle Versuch, den Anteil η der beweglichen Ionen an der Gesamtdichte % zuermitteln, wurde mit den Langzeitmessungen von Kondensatoren durchgefuhrt(Kapitel 5.4). Er schlug fehl, da sich selbst bei einer deutlichen Erhohung der anden Kondensator angelegten Spannung kein Sattigungsverhalten fur die akkumu-lierte Ladung zeigte. Nur das Auftreten eines Sattigungswertes fur den Fall, dassdas externe Feld noch nicht komplett abgeschirmt wird, ware ein Beleg fur dieBegrenzung des Anteils der beweglichen Ionen gewesen. Die Ionendichte beein-flusst Dynamik und Absolutwerte des Transistorstroms IDS (Kapitel 3.4.2). Dakeine Belege fur die Große des Faktors η vorliegen, werden bei der Simulationverschiedene Herangehensweisen prasentiert.

Wie die Ionendichte spielt die Ionenbeweglichkeit sowohl fur die Dynamikder Transientenkurven als auch fur die Absolutwerte des Transistorstroms einewichtige Rolle (Kapitel 3.4.3). Da Li+ und ClO−4 Ionen im elektrischen Felddriften, werden ihnen entsprechend die Beweglichkeiten µLi+ und µClO−

4zuge-

ordnet. Die Detailanalysen des Simulationsmodells zeigen, dass nicht nur dieGroße der einzelnen Beweglichkeit, sondern auch die relative Große der bei-

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5.5. SIMULIERTE TRANSISTORSTROME 135

den Beweglichkeiten zueinander von Bedeutung ist. Die Ursache dafur liegt inder Kopplung der Bewegung der beiden Ionensorten, die aufgrund ihrer ge-gensatzlichen Ladung eine anziehende Kraft aufeinander ausuben. Die expe-rimentellen Bestimmungen der beiden Ionenbeweglichkeiten wurde vor allemdurch Auswertung der dielektrischen Eigenschaften des Isolatormaterials (Kapi-tel 5.3) durchgefuhrt. Die mit zwei verschiedenen Analyseansatzen gefuhrte Dis-kussion kam nicht zu einer einheitlichen und klaren Vorstellung fur die Große derBeweglichkeiten. Vor allem die Verkettung mit der Frage nach dem Anteilsfaktorη (siehe oben, Ionendichte) lasst die experimentelle Bestimmung der Ionenbe-weglichkeit offen.

Betrachtet man die Ionenbeweglichkeiten als Parameter, die aus dem Ver-gleich zwischen Simulation und Experiment bestimmt werden sollen, so erge-ben sich aus dem eben erlauterten Unsicherheiten bezuglich der Parameterbe-stimmung noch drei Hauptfragen: Erstens die Frage nach dem Skalierungsfak-tor µHl, zweitens die Frage nach dem Anteilsfaktor η fur die beweglichen Ionenund drittens noch die grundsatzliche Frage danach, ob die Transientenmessungentatsachlich von der Bewegung beider Ionensorten charakterisiert werden, oder obnicht sogar die Bewegung einer den Prozess dominierenden Ionensorte ausreicht.Diese Fragen sind im Grunde identisch mit den Fragestellungen an die Analysedes Drift- und Diffusionsmodells in Kapitel 3.5. Sie konnten durch die experi-mentelle Analyse nicht hinreichend geklart werden. Die folgenden Beispiele furSimulationen zu experimentellen Kurven belegen das Problem des quantitativenVergleichs zwischen Simulation und Experiment anschaulich.

Abbildung 5.23 zeigt eine Reihe von Transientenmessungen (Kurven dunk-ler Farbe) fur Proben mit niedriger Ionenkonzentration. Die Abbildung wurdeerganzt durch die Ergebnisse der verschiedenen Simulationen (korrespondieren-de helle Farbe), bei der die Ionenbeweglichkeiten und die Halbleiterbeweglich-keit als Fitparameter verwendet wurden und von Kurve zu Kurve unterschied-lich sind. Der Simulation zugrunde liegt jeweils ein 2-Ionenprozess, bei derdie Dichte der beweglichen Ionen deutlich um den Faktor η verringert wur-de. Fur die grune Kurve mit einer Ionenkonzentration von c = 1% und einemη = 10−4 ergeben sich folgende Ionenbeweglichkeiten: µLi+ = 4 · 10−14 m

2

V s

und µClO−4

= 5 · 10−16 m2

V s . Bei dieser Simulation wurde eine Halbleiterbeweg-

lichkeit von µHl = 4, 3 ·10−7 m2

V s gewahlt. Der Einschaltvorgang der experimen-tellen Kurven wird gut durch diesen Prozess wiedergegeben. Die schnellen Li+

machen den Sprung in der Transienten der allerersten Sekunden des Vorgangs

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136 KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN

0 30 60-60.0n

-40.0n

-20.0n

0.0

0.9%0.7%

1.0%

c=0%

I SD [A

]

t [s]

0.3%

dunkle Farbe: experimentelle Datenhelle Farbe: Simulation

Abbildung 5.23: Vergleich zwischen simulierten (helle Farben) und experimen-tellen (korrespondierende dunkle Farbe) Transienten. Beide Ionensorten nehmenam Transportprozess teil. Der Anteil η der beweglichen Ionen liegt konzentrati-onsabhangig bei η < 10−3 (grune c = 1% Kurve η = 10−4). Besonders imAusschaltvorgang ergeben sich deutliche Abweichungen.

aus. Dahingegen wird die Dynamik beim Ausschaltvorgang nicht wiedergege-ben. Abbildung 5.24 demonstriert, wie die grune experimentelle Kurve mit derSimulation eines 1-Ionenprozesses genahert werden kann.

Der Faktor η wurde fur diese Simulation halbiert (η = 5 · 10−4), die Ionen-beweglichkeit liegt bei (µIon = 1 · 10−15 m

2

V s ) und die Halbleiterbeweglichkeitwurde erhoht (µHl = 8 · 10−7 m

2

V s ), wodurch der instantane Sprung auf einenTransistorstrom von ca. IDS ≈ 37nA ermoglicht wird. Auch hier wird die Dyna-mik wahrend des 30 Sekunden dauernden Einschaltvorgangs gut wiedergegeben.Besonders fur den Ausschaltvorgang zeigt die simulierte Kurve nun wesentlichgeringere Abweichung, die Charakteristik ist gut getroffen.

Abbildung 5.25 erganzt die Diskussion noch um ein Beispiel fur eine hohereKonzentration, die ebenfalls mit einem 1-Ionenprozess simuliert wurde. Bei die-ser Simulation war jedoch die Voraussetzung, dass alle in den Isolator hinzu-gefugten Ionen wandern konnen (η = 1). Bis auf Abweichungen beim Aus-

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5.5. SIMULIERTE TRANSISTORSTROME 137

0 30 60-60.0n

-40.0n

-20.0n

0.0

dunkle Farbe: experimentelle Datenhelle Farbe: Simulation

c=1.0%

I DS [A

]

t [s]

Abbildung 5.24: Vergleich zwischen experimenteller Transienten und der Simu-lation eines 1-Ionenprozesses fur die grune c = 1% Kurve. Der Anteil η derbeweglichen Ionen liegt η = 10−4.

schaltvorgang wird auch hier die Dynamik der experimentellen Kurve gut wie-dergegeben.

Die Simulationsbeispiele zeigen deutlich, dass aufgrund der nicht geklartenFragestellungen bezuglich der physikalisch relevanten Parameter Halbleiterbe-weglichkeit, Ionendichte und Ionenbeweglichkeit, eine quantitativ belastbare Si-mulation nicht moglich ist. Wie schon in Kapitel 3.5 des Drift- und Diffusions-modells festgehalten, macht dies das Ergebnis beliebig. Eine quantitative Aus-wertung der experimentellen Ergebnisse der LiClO4 Transistoren, wie z. B. dieErmittlung der Ionenbeweglichkeiten, ist mit Hilfe der Simulation des Drift- undDiffusionsmodells nicht moglich. Es bleibt die Bestatigung des im Isolator statt-findenden Ionentransportprozesses, der mit Hilfe des Drift- und Diffusionsmo-dells qualitativ charakterisiert werden kann.

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138 KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN

0 50 100 150

-800.0n

-400.0n

0.0

c=4.0%

dunkle Farbe: Experimenthelle Farbe: Simulation

I DS [A

]

t [s]

Abbildung 5.25: Vergleich zwischen Experiment und Simulation mit einem 1-Ionenprozess bei einer Probe mit einer Ionenkonzentration von c = 4% und η =

1. Die Ionenbeweglichkeit liegt bei µIon = 1, 2 · 10−17 m2

V s.

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6 Zusammenfassung undAusblick

Das Thema dieser Arbeit gliedert sich in die gezielte Verbesserung organi-scher Transistoren mit Hilfe ionenleitender Isolatoren und die Modellanaly-se des Ionentransportprozesses. Das Ergebnis sind Transistoren, die durch dieAnreicherung des Isolatormaterials mit LiClO4 Salz eine deutliche Erhohungder Transistorstrome aufweisen. Die durch die Ionenleitung bedingte ausge-pragte Zeitabhangigkeit pragt das Schaltverhalten der Transistoren. Fur dasVerstandnis der Transistorcharakteristik wurde ein Drift- und Diffusionsmodelldes Ionentransportprozesses entwickelt, das eine Simulation der Transistorstromeermoglicht.

Ausgangspunkt sind Transistoren, die bis auf die Elektroden aus organischemMaterial bestehen. Die auf flexiblem PET Substrat aufgebauten p-Typ Transisto-ren mit Polythiophen als Halbleiter erreichen eine reproduzierbare Charakteri-stik unter Verwendung des polymeren Isolatorgemischs. Entwicklungsstand zuBeginn dieser Arbeit waren Transistoren, bei denen sich durch Schaltung derGatespannung von UGS = 0V auf UGS = −20V typischerweise Transistor-strome von IDS = 10nA auf IDS = 4µA erzielen lassen. Durch Anreiche-rung des Isolatormaterials mit LiClO4 Salz wurden in dieser Arbeit Transistorenentwickelt, die ein um den Faktor 100 verbessertes Schaltverhalten zeigen. Diedamit verbundene Erhohung der Transistorstrome fuhrt erfolgreich zu einer Re-duktion der Schaltspannungen. Zur Referenz baugleiche Transistoren konnen mitniedrigeren Spannungen (UGS = −5V und UDS = −5V ) bei gleichbleibendenTransistorstromen (IDS = 6µA) betrieben werden. Eine Beibehaltung der rest-lichen Materialien und Prozessparameter gewahrleistet eine einfache Integrationdes modifizierten Isolators in das bestehende Transistorbauelement.

Die Transistorstrome IDS der mit LiClO4 Salz angereicherten Transistorenweisen neben der Erhohung ein ausgepragtes zeitabhangiges Verhalten auf. DieUntersuchungen beweisen, dass die Ursache fur dieses Zeitverhalten in dem im

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140 KAPITEL 6. ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK

Isolator stattfindenden Ionentransportprozess der positiven Li+ Ionen und dernegativenClO−4 Ionen liegt. Zum Einen weisen die transienten Transistorcharak-terisierungen eine fur einen Ionentransportprozess typische Zeitdauer von meh-reren Sekunden fur die Anderung des Stromes IDS auf. Bei Variation der Io-nenkonzentration zeigt sich zudem eine Veranderung der Kurvendynamik mitgleichzeitiger Erhohung des Transistorstroms. Abschatzungen belegen, dass die-se starke Einflussnahme im Wesentlichen nicht von einer Verstarkung der Orien-tierungspolarisation, sondern der Raumladungspolarisation herruhrt, die mit demTransportvorgang verbunden ist. Desweiteren zeigt die Analyse der Temperatu-rabhangigkeit der LiClO4 Transistoren mit steigender Temperatur eine schnel-lere Dynamik und ein Ansteigen der Strome. Diese Tatsache lasst sich nur imBild des Ionentransportprozesses erklaren, dem ein Hopping-Prozess der Ionen-bewegung zugeordnet wird. Die fur den Hopping-Prozess charakteristische Be-weglichkeit steigt mit der Temperatur an und erzeugt dadurch eine schnellereDynamik der Transienten. Erganzend macht ein Vergleich von Transistoren, diemit den drei verschiedenen Perchloraten LiClO4, NaClO4 und KClO4 ange-reichert wurden, einen entscheidenden Einfluss der jeweiligen Kationen (z. B.Li+) sichtbar, dem ein separater Beitrag der Anionen ClO−4 uberlagert ist. Bei-de Ionensorten haben eine unterschiedliche Masse und Große. Zusammen mitder Beobachtung der Zweiteiligkeit der Dynamik der Transientenkurven bei Va-riation der Ionenkonzentration wird die Schlussfolgerung gezogen, dass beideIonensorten einem Transportprozess mit unterschiedlichen Beweglichkeiten (µ+

und µ−) unterliegen.

Die LiClO4 Transistoren weisen eine gute, zeitliche Stabilitat auf, denn siezeigen weder eine Erhohung der Off -Strome noch der durch den Isolator flie-ßenden Gatestrome IG. Die Erhohung der Off -Strome wurde auf die Dotierungdes Halbleiters durch ursprunglich dem Isolator hinzugefugte Ionen schließenlassen. Dass eine solche Dotierung nicht stattfindet, belegen die niedrigen Off -Strome der Transistoren sowie das Gegenexperiment, bei dem der Halbleitermit LiClO4 Salz angereichert ist. In diesem Falle steigen die Off -Strome we-gen der stattgefundenen Halbleiterdotierung stark an, was kontrar zum Ergebnisdes Transistorverhaltens des Ursprungsexperiments mit angereichertem Isolatorist. Niedrige Gatestrome IG schließen die Bildung von Stromleckpfaden durchden Isolator hindurch aus. Der Isolator gibt keine Ionen ab. Die Analyse der La-dungstragerbeweglichkeit unter Einfluss eines mit Ionen angereicherten Isolatorsbestatigt zudem, dass die Locher im Kanal nicht wesentlich durch die Prasenz derIonen beeinflusst werden. Es findet soweit feststellbar keine relevante Streuung

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141

oder gar Ladungsvernichtung zwischen negativen Ionen im Isolator und positi-ven Lochern im Kanal statt. Mit dieser Analyse ist die Betrachtung des Isolatorsals geschlossenes System gerechtfertigt, was eine wesentliche Voraussetzung furdie Modellbildung des Transportvorgangs darstellt.

Die aus der Impedanzspektroskopie gewonnenen dielektrischen Eigenschaf-ten des mit Ionen angereicherten Isolators zeigen den Anstieg des Beitragsder Raumladungspolarisation. Sowohl Real- als auch Imaginarteil der frequenz-abhangigen dielektrischen Funktion steigen in Abhangigkeit der Ionenkonzentra-tion fur niedrige Frequenzen charakteristisch an. Die Analyse der Leitfahigkeitsowie die Nyquistdarstellung der Impedanzwerte mit Ersatzschaltbildanalyse er-geben keine quantitativ ubereinstimmende Analyse der Ionenbeweglichkeiten.Zur kunftigen Durchfuhrung der quantitativen Analyse der dielektrischen Spek-troskopie ist eine Messerweiterung hin zu niedrigeren Frequenzen unter 20 Hzunerlasslich. In diesem Frequenzbereich ist es moglich, den Ionentransportpro-zess auch fur Proben mit niedriger Ionenkonzentration auszuwerten. Durch ge-lungene Anwendung vor allem der Nyquistdarstellung konnte qualitativ der Io-nentransportprozess im Isolator mit Ausbildung der blockierenden Helmholtz-schichten an den Grenzschichten bestatigt werden.

Die Ionen beider Sorten unterliegen in einem externen elektrischen Feld (z. B.dem der Gatespannung) einem Driftprozess, der zeitliche Entwicklungen der Io-nendichten % und Ionenstromdichte j zur Folge hat. Aus einer raumlich nichtkonstanten Ionendichte folgt zusatzlich ein Diffusionsprozess als treibende Kraftfur den Transport, der dem Driftprozess entgegen wirkt. Die Tatsache, dass sichdie Ionen der beiden Sorten aufgrund ihrer entgegengesetzten Ladung anziehen,fuhrt zudem zu einer gekoppelten Bewegung. In Folge des Ionentransportprozes-ses und des als geschlossen betrachteten Isolators akkumulieren sich die Ionenan den Grenzflachen des Isolators. Bedingt durch die unterschiedlichen Ionenbe-weglichkeiten findet die Akkumulation mit einer deutlichen Asymmetrie an denbeiden Grenzflachen statt. Zur Berechnung dieser transienten Transportprozessewurde in dieser Arbeit eine numerische Simulation entwickelt, in der Drift, Dif-fusion und Raumladungsfelder beider Ionensorten im Rahmen eines Kontinuum-modells berucksichtigt und berechnet werden. Zeitabhangig liefert sie das resul-tierende Potential und das elektrische Feld uber die gesamte Breite des Isolators.Das elektrische Feld im Isolator an der Grenzflache zum Halbleiter beeinflusstmaßgeblich die Ladungstragerdichte im leitfahigen Kanal des Transistors. AlsResultat der Simulation der Ionentransportprozesse kann damit die zeitabhangigeVeranderung des Transistorstroms IDS simuliert werden.

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142 KAPITEL 6. ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK

Mit Hilfe der Simulation wurde der Einfluss verschiedener physikalischer Pa-rameter auf den Transistorstrom IDS untersucht. Als Basis fur die Simulationdient dabei ein Schaltexperiment, welches das Ein- und Ausschalten einer Gate-spannung von UGS = −5V uber jeweils mindestens 30 Sekunden nachbildet.Es zeigt sich, dass die Halbleiterbeweglichkeit lediglich ein Skalierungsfaktorder gesamten Transistorstromkurve ist. Dahingegen ist belegt, dass sich die Io-nendichte und die Ionenbeweglichkeiten sowohl auf die Dynamik der Transienteals auch auf die absolute Hohe des Transistorstromes auswirken. Im Falle derIonenbeweglichkeiten ist nicht nur die Große der einzelnen Beweglichkeiten (µ+

und µ−) relevant, sondern aufgrund der gekoppelten Bewegung beider Ionensor-ten auch das Großenverhaltnis der beiden Beweglichkeiten zueinander.

Der Ansatz, die Simulation zur quantitativen Auswertung der experimentel-len Transienten zu nutzen, um insbesondere die Ionenbeweglichkeiten ermittelnzu konnen, schlug fehl. Messtechnische Unzulanglichkeiten und die Menge zubestimmender Konstanten wie der Halbleiterbeweglichkeit oder der fur den Io-nentransport relevanten Ionendichte sorgen dafur, dass die Simulation unterbe-stimmt bleibt, was zu einer Mehrdeutigkeit bezuglich des Ergebnisses fur dieParameter fuhrt. Um kunftig den quantitativen Vergleich zwischen Simulationund Experiment durchfuhren zu konnen, ist es notwendig, die Parameter experi-mentell zu bestimmen. Der Anteil der am Transportprozess teilnehmenden Ionenlasst sich uber Kondensatormessungen z. B. mit Bauteilen mit sehr viel dickererIsolatorschicht bestimmen. Fur die Ermittlung der Halbleiterbeweglichkeit ist esnotwendig, die Messfrequenzen der Wechselfeldspannung zu erweitern und einefeldabhangige Beweglichkeit uber eine breite Feldvariation zu bestimmen. Diesist aus messtechnischen Grunden hier nicht durchgefuhrt worden.

Die Simulation gibt qualitativ das Ergebnis des Experiments gut wieder. Siebestatigt damit die Modellvorstellung uber den Ionentransportprozess innerhalbdes Isolators. In den mit LiClO4 Salz angereicherten Transistoren findet einDrift- und Diffusionsprozess zweier Ionensorten statt. Die daraus resultieren-de Ionenakkumulation an den Grenzflachen des Isolators verursacht ein interneselektrisches Feld, das seinerseits das externe, die Ionen treibende Feld schwacht,bis der Transportprozess komplett zum Erliegen kommt. Die starke Uberhohungdes Feldes an den Grenzflachen des Isolators bewirkt eine analoge Uberhohungder Ladungstragerdichte im leitfahigen Kanal des Halbleiters und damit des Tran-sistorstroms. Die Zeitabhangigkeit des Prozesses hat seine Ursache im Transport,genauer in Ionendichte und Ionenbeweglichkeiten. Im Experiment mit der jeweils30 Sekunden dauernden Ein- und Ausschaltphase sorgt die schnellere der beiden

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Ionenbeweglichkeiten fur einen gewunschten, schnellen Anstieg des Transistor-stroms. Die langsamere Ionenbeweglichkeit verursacht eine zusatzliche langfri-stige Stromanderung und beeinflusst insbesondere den Ausschaltvorgang. Auf-grund der Wechselwirkungen ist eine getrennte Betrachtung der beiden Schalt-phasen nicht moglich.

Als Gesamtergebnis kann geschlossen werden, dass die Entwicklung vonLiClO4 Transistoren insgesamt zur Reduktion der Schaltspannungen bei gleich-bleibenden Transistorstromen fuhrt. Die Etablierung eines Modells des Ionen-transportprozesses ermoglicht die Simulation des Transistorverhaltens.

Der erfolgreiche Einsatz solcher Transistoren in Schaltungen hangt wesent-lich von der verwendeten Schaltung ab. Ziel eines kunftigen Einsatzes muss essein, den Vorteil der erhohten Strome zu nutzen, ohne den Nachteil der lang-fristigen Zeitabhangigkeit zu spuren. Um einen zeitlich irreversiblen Ionendriftzu vermeiden, mussen z. B. Wechselschaltungen symmetrisch um UGS = 0Vgeschaltet werden. Die Wahl entsprechender Schaltfrequenzen ermoglicht eineAusnutzung der hohen Strome ohne langfristige Stromanderung. Dabei hangt dieWahl der Schaltfrequenz von der Ionenkonzentration ab. Bei einer Probe dieserArbeit mit einer Ionenkonzentration von c = 2% wurde eine Schaltfrequenz von1Hz passend sein. Statt Ionendrift der langsameren Ionensorte zu unterdrucken,bietet sich alternativ die Entwicklung ionenleitender Transistoren an, bei de-nen Ionen an der Grenzflache chemisch eingefangen und immobilisiert werden.Ein Einfangen und Freigeben der Ionen z. B. bei bestimmten Gatespannungenermoglicht bistabiles Transistorschaltverhalten und damit den Einsatz des ionen-leitenden Transistors als Speicher.

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7 Summary and Outlook

This work falls into two categories: on the one hand the improvement of organicfield effect transistors using ion conducting insulators and on the other hand themodel based analysis of the ionic transport process. The results are transistors thatshow a strong increase of their currents due to the enrichment of the insulatorwith LiClO4 salt. The switching behaviour of the transistors is dominated bythe strong time dependence of the ionic conduction. In order to understand thetransistor characteristic a drift and diffusion model was developed of the ionictransport process that allows a simulation of transistor currents.

The improvement is based on transistors containing of organic material besi-des the electrodes. The p-type transistors with Polythiophene as semiconductormaterial are based on a flexible PET substrate. Using a typical organic insulatormix they reach a reproducible characteristic. At the beginning of this work it waspossible to rise the transistor current IDS from IDS = 10nA up to IDS = 4µAby switching the gate voltage from UGS = 0V to UGS = −20V . By enrich-ment of the insulator with LiClO4 salt it was possible to develop transistors witha 100 times better switching behaviour. The combined rise of transistor currentssuccessfully leads to a reduction of gate voltages. Parallel built-up transistors cannow be run with lower voltages (UGS = −5V und UDS = −5V ) but same tran-sistor currents (IDS = 6µA). Using the same set-up and materials guarantees asimple integration of the modified insulator in the existing process.

Besides the increase, the currents IDS of the LiClO4 salt enriched transistorsshow strong time dependence. The analysis proves that the cause of the time de-pendence is the ionic transport process of the positive Li+ ions and the negativeClO−4 ions. On the one hand the transient transistor characteristics show a typicaltime constant of several seconds for the rising of IDS . Varying the ion concen-tration is followed by a change of dynamic behaviour of the curve together withan increase of transistor current. Calculations prove that the strong influence cannot mainly be due to an increase of orientation polarisation but to space chargepolarisation as a result of the ionic transport process. Furthermore the analysis

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146 KAPITEL 7. SUMMARY AND OUTLOOK

of the temperature dependence of the LiClO4 transistors shows a faster dynamicand an increase of the currents for rising temperature. This fact can only be ex-plained in the picture of an ionic transport process based on a hopping process forthe ion movement. The mobility which is typical of a hopping process rises withtemperature and therefore results in a faster dynamic of the transients. In additiona comparison of transistors enriched with three different perchlorates, LiClO4,NaClO4 and KClO4, shows the dominating influence of the cation (e.g. Li+).This influence is overlapped by the influence of the anion ClO−4 . Both ions aredifferent in mass and volume. Together with the separation of the dynamic in tworegimes the conclusion is drawn that both ions undergo a transport process withdifferent mobilities (µ+ and µ−).

The LiClO4 transistors show reasonable time stability. Neither do they showan increase of the Off -currents nor leakage currents IG through the transistor. Anincrease of the Off -currents would show a donation of the semiconductor withions initially added to the insulator. That this does not happen can be proved withthe very low Off-currents as well as a counter experiment. In this counter expe-riment the semiconductor is initially enriched with LiClO4 salt. In this case theOff -currents increase strongly due to the semiconductor donation which is con-trary to the above mentioned results. Low gate currents IG exclude the possibilityof leakage currents through the insulator; the insulator does not lose any ions. Theanalysis of the hole mobility of the semiconductor under the influence of the io-nic enriched insulator proves that the holes are not substantially influenced byionic presence. Neither a relevant scattering nor elimination of electrical chargebetween negative ions of the insulator and holes of the channel region is ascer-tainable. Thus the idea of the insulator as a closed system is proved which is oneof the main prerequisites for the model of transport process.

Dielectric characteristics of the enriched insulator measured with impedancespectroscopy show the increase of space charge polarisation. The real part aswell as the imaginary part of the dielectric function rise for low frequency rangesdependent on the ion concentration. The analysis of conductivity and the impe-dance analysis with Nyquist plots and equivalent circuit diagrams do not offera quantitatively matching analysis for the ion mobilities. For further quantitativedielectric spectroscopy measurements below a frequency of 20 Hz are inevitable.In this frequency range it is possible to discuss probes of low ion concentration.Eventually by a successful application of Nyquist plots the ion transport processin the insulator was qualitatively confirmed together with the formation of theblocking Helmholtz layers at the material boundary layers.

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The ions of both kinds underlie a drift process driven by an external electricalfield (e.g. the external field of the applied gate voltage) which provokes a timedependent development of ion density % and ion current density j. Because of thespatially non constant ion density there exists a diffusion process as driving forcefor the ion transport, which operates opposite to the drift process. The fact thations of opposite charges attract each other results in a coupled movement. As aconsequence of the ion transport process and the insulator as a closed system, theions accumulate at the boundary layers of the material. Caused by the differentmobility of the ion species the accumulation takes place asymmetrically at theboundaries. In order to calculate the transient transport processes a numerical si-mulation was developed in this work. With the help of a continuum model drift,diffusion and space charge fields of both ion species are considered and calcula-ted. The potential and the electrical field are calculated time dependent along thewhole insulator material. The electrical field in the insulator material in the boun-dary region next to the semiconductor mainly influences the carrier density in thechannel region of the semiconductor. As a result of the ion transport process, thetime dependent change of the transistor current IDS can be simulated.

With the help of the simulation the influence of different physical parameterson the transistor current IDS is examined. Basis for the simulation is a switchingexperiment that initiates the On and Off status of the gate voltage with UGS =−5V of about 30s. It is shown that the semiconductor mobility is simply a scalingfactor of the curve of the transistor current. Otherwise it could be proven that iondensity and ion mobility have an influence on both the dynamic of the transientand the absolute value of the transistor current. In case of ion mobilities not onlythe quantity of the singular ion mobilities (µ+ and µ−) is relevant but also therelative relation of the values due to the coupled movement of both ion species.

The attempt of using the simulation for a quantitative analysis of the expe-rimental transients failed. Technical deficiencies and the amount of constants tobe determined like semiconductor mobility or relevant ion mobility lead to anunderdetermined system, which ends up in ambiguity with respect to the resultsfor the parameters. For a quantitative comparison between simulation and expe-riment it is necessary to determine the parameters experimentally. The amountof the ions taking part in the ion movement can be determined through capacityexperiments, e.g. with probes of a much thicker insulator layer. In order to deter-mine the semiconductor mobility it is necessary to expand the frequency rangeof the ac voltage and to determine a field dependent mobility on a broad fieldvariation. This could not be done in this work due to technical limitations.

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148 KAPITEL 7. SUMMARY AND OUTLOOK

The simulation is able to qualitatively render the experimental result well. Itconfirms the model of the ion transport process within the insulator material. Adrift and diffusion process of both ion species in the LiClO4 enriched transistorscan be seen. Subsequently the resulting ion accumulation at the boundary layersof the insulator provokes an inner electrical field, which consequently diminishesthe outer electrical initially driving field until the ion transport process is finallyeliminated. The strong augmentation of the electrical field in the boundary layersof the insulator provokes a parallel augmentation of hole density in the channelregion of the semiconductor as well as the transistor current. The time depen-dence of the process has its origin in the transport, namely in ion density and ionmobility. The faster of both ion species leads to the desired fast rise of the tran-sistor current in the switching experiment with a switching time of 30 seconds.The slower ion mobility additionally leads to a current change in longer termsand therefore influences the switching off period more heavily. Because of theinteraction a separate examination of both periods is not possible.

The final conclusion can be drawn that the development of the LiClO4 tran-sistors leads to a reduction of the switching voltage with constant transistor cur-rents. The creation of a model of the ion transport process makes a simulation ofthe transistor behaviour possible.

The successful use of those transistors in circuits strongly depends on the spe-cific circuit. The aim is to use the advantages of the augmented currents withouthaving the disadvantages of the time dependence in longer terms. In order toavoid a non reversible ion drift, the ac switching has to be symmetrically aroundUGS = 0V . The choice of a specific switching frequency makes it possible tomake use of the high currents without current changes in longer terms. There-by the choice of the switching frequency depends on the ion concentration. Afrequency of 1Hz would be suitable for a typical probe of this work with anion concentration of c = 2%. Instead of suppressing the ion drift of the slowerion species, one can alternatively develop ion enriched transistors, in which theions can chemically be trapped in the boundary layer and therefore immobilized.Trapping and releasing the ions e.g. dependent on defined gate voltages makes abistable transistor switching possible and thus the use of ion enriched transistorsas storage.

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Danksagung

An dieser Stelle mochte ich mich bei allen bedanken, die zum Gelingen dieserArbeit beigetragen haben.

In erster Linie danke ich Prof. Dr. Heiko Weber fur die Betreuung meiner Ar-beit und die stete Unterstutzung durch anregende Diskussionsbeitrage. Bei Prof.Dr. Gottfried Dohler bedanke ich mich fur die Erstellung des Zweitgutachtens.Er verstand es zusammen mit Dr. Klaus Schmidt die Physik der Materie leben-dig werden zu lassen. Unvergessen sind die gemeinsamen, sehr lebendigen undfruchtbaren Diskussionen.

Mein Dank gilt der Firma PolyIC und insbesondere Dr. Walter Fix, die esmir ermoglichten, im Entwicklungsalltag der organischen Elektronik diese Arbeitdurchzufuhren und mich dabei immer wohlwollend unterstutzten. Daruberhinausmochte ich mich bei allen Kollegen bedanken, die durch ein offenes Ohr und An-regungen diese Arbeit vorangebracht haben, vor allem bei Dr. Robert Blache, Dr.Henning Rost, Dr. Andreas Ullmann, Dr. Jurgen Krumm sowie dem Reinraum-team um Dorothea Mergner.

Durch das tolle Arbeitsklima, zu dem sehr viele Personen beigetragen haben,hat diese wissenschaftliche Arbeit sehr viel Freude bereitet. Besonders meineZimmerkollegen Bettina Bergbauer, Klaus Ludwig und Johannes Schad verstan-den es immer wieder, mich auf die Erde zuruck zu holen.

Schließlich danke ich meiner Familie, meinen Freunden und meinem FreundJurgen Ficker, die immer großen Anteil an meiner Arbeit genommen und michunterstutzt und ermutigt haben.