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Skript zur Vorlesung Physikalische Chemie I ur Studierende der Biochemie, Biologie und des Lehramts (3. Semester) von PD Dr. Stephan A. B¨ aurle Skript erstellt von M. Bernhardt, M. Hammer, M. Knorn WS 2009/2010

Physikalische Chemie I€¦ · Physikalische Chemie\, Wiley-VCH, ISBN-13:978-3527315468 2.Gerd Wedler, " Lehrbuch der Physikalischen Chemie\, Wiley-VCH, ISBN-13:978-3527310661 3.Wolfgang

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Skript zur Vorlesung

Physikalische Chemie I

fur Studierende der Biochemie, Biologie und des Lehramts(3. Semester)

von

PD Dr. Stephan A. Baurle

Skript erstellt von

M. Bernhardt, M. Hammer, M. Knorn

WS 2009/2010

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“Eine wirklich gute Idee erkennt man daran, dass ihre Verwirklichung von vornehereinausgeschlossen erschien”,

Albert Einstein

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Vorbemerkung

� Dieses Skript ist eine Abschrift des handschriftlichen Manuskripts “AufschriebPC1” der Vorlesung Physikalische Chemie I fur Studierende der Biochemie, Biolo-gie und des Lehramts (3. Semester) von Priv.-Doz. Dr. Stephan A. Baurle unddient als Begleitmaterial zu dieser Vorlesung. Es erhebt keinen Anspruch aufVollstandigkeit und kann Fehler enthalten, welche bei der Ubertragung zustan-de kommen konnen.

� Es soll nicht als Ersatz zum Besuch der Vorlesung sowie der Ubungen dienen.

� Fehler und Anregungen konnen gerne unter folgenden E-mail-Adressen 1 gemeldetwerden.

[email protected], [email protected], [email protected]

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Inhaltsverzeichnis

1 Reaktionskinetik 41.1 Reaktionsgeschwindigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

1.1.1 Konzentrationsabhangigkeit der Reaktionsgeschwindigkeit . . . . 51.1.2 Gesamt-Reaktionsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51.1.3 Umsatzvariable XA(t) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

1.2 Reaktionen 1. Ordnung in Bezug auf ein Edukt . . . . . . . . . . . . . . 61.2.1 Allgemeine Formulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61.2.2 Halbwertszeit t1/2 fur Reaktionen 1. Ordnung: . . . . . . . . . . . 71.2.3 Mittlere Lebensdauer τ eines Edukt-Teilchens . . . . . . . . . . . 8

1.3 Reaktionen 2. Ordnung in Bezug auf ein Edukt . . . . . . . . . . . . . . 81.3.1 Allgemeine Formulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81.3.2 Halbwertszeit t1/2 fur Reaktionen 2. Ordnung in Bezug auf Edukt

A: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91.4 Reaktionen der Gesamtordnung 2, jedoch jeweils 1. Ordnung in Bezug auf

2 Edukte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101.4.1 Allgemeine Formulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101.4.2 Halbwertszeit t1/2 (bezuglich Edukt A) fur ungleiche Anfangskon-

zentrationen: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121.5 Temperaturabhangigkeit der Reaktionsgeschwindigkeitskonstanten . . . . 12

1.5.1 Temperaturverhalten nach Arrhenius . . . . . . . . . . . . . . . . 121.5.2 Moderne Gleichungen zur Beschreibung der Temperaturabhangigkeit

der Geschwindigkeitskonstanten k: . . . . . . . . . . . . . . . . . 151.6 Reaktionsmechanismus und Reaktionsordnung . . . . . . . . . . . . . . . 151.7 Hin- und Ruckreaktionen 1. Ordnung (Gleichgewichtsreaktionen) . . . . . 161.8 Folgereaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181.9 Parallelreaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201.10 Folgereaktionen mit vorgelagertem Gleichgewicht und Quasistationaritat 221.11 Enzymreaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

1.11.1 Michaelis-Menten-Kinetik: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261.11.2 Lineweaver-Burk-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

1.12 Reaktionen an fester Katalysatoroberflache . . . . . . . . . . . . . . . . . 291.12.1 Fall 1: Adsorption/Desorption eines Gases A auf/von einer Kata-

lysatoroberflache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291.12.2 Fall 2: Unimolekulare Reaktion an der Katalysatoroberflache der

adsorbierten Spezies . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

1

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Inhaltsverzeichnis 2

1.12.3 Fall 3: Bimolekulare Reaktion an der Katalyseoberflache zwischenadsorbierten Spezies . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

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Empfohlene Literatur

1. Peter W. Atkins,”Physikalische Chemie“, Wiley-VCH, ISBN-13:978-3527315468

2. Gerd Wedler,”Lehrbuch der Physikalischen Chemie“, Wiley-VCH, ISBN-13:978-

3527310661

3. Wolfgang Bechmann, Joachim Schmidt,”Einstieg in die physikalische Chemie fur

Nebenfachler“, Vieweg+Teubner, ISBN-13:978-3834806079

4. E. Zeidler,”Teubner-Taschenbuch der Mathematik“, Vieweg+Teubner, ISBN-13:978-

3835101234

3

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1 Reaktionskinetik

beschaftigt sich mit der Geschwindigkeit und dem Mechanismus einer Reaktion.Aus kinetischen Messdaten werden phanomenologische Geschwindigkeitsgesetzeaufgestellt.

Chemische Reaktionsgleichung (allg. Form):

νAA+ νBB + ..→ νPP + νQQ+ ..

mit A, B,.. = Ausgangsstoffe (Edukte)

νA, νB..>0 = stochiometrische Koeffizienten der Edukte

P , Q,.. = Endstoffe (Produkte)

νP , νQ..>0 = stochiometrische Koeffizienten der Produkte

1.1 Reaktionsgeschwindigkeit

Mogliche Definition:

v? = − 1

νA· dnA

dt= − 1

νB· dnB

dt= .. =

1

νP· dnP

dt= ..

mit dnA = Anderung der Stoffmenge nA des Edukts A im Zeitintervall dt

(dni mit i=B,..,P,Q,.. entsprechend)

und v? > 0.

Nachteil dieser Definition ist, dass die Reaktionsgeschwindigkeit v? von der Große desbetrachteten Reaktionssystems abhangt.

4

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1.1. REAKTIONSGESCHWINDIGKEIT 5

Bessere Definition: fur viele Anwendungen

ν =ν?

V= − 1

νA·

dnA

V

dt= − 1

νA· dcA

dt= ..

mit V als Volumen des Reaktionssystems.

Vereinbarung: im Folgenden werden alle stochiometrischen Reaktionsgleichungen soformuliert, dass νA = 1, d.h.

v = −dcAdt

1.1.1 Konzentrationsabhangigkeit der Reaktionsgeschwindigkeit

Es gilt der allgemeine Ansatz (hier der Edukte):

v = k · CαA · C

βB · ... · C

σS · ...

mit k = Geschwindigkeitskonstante der betrachteten Reaktion

α = Reaktionsordnung in Bezug auf Reaktionspartner A (entsprechend fur β, σ)

Anmerkung: α = 0 bedeutet, dass v nicht von der Konzentration des Stoffes Aabhangt.

1.1.2 Gesamt-Reaktionsordnung

m = α + β + ...+ σ + ..

bildet sich aus der Summe der Reaktionsordnungen aller Reaktionspartner (Edukte).

1.1.3 Umsatzvariable XA(t)

Definition: Stoffmenge des Edukts A pro Volumen V , die zwischen t = 0 (Beginn derReaktion) und t umgesetzt wird, d.h.:

XA(t) =nA(t = 0)− nA(t)

V= CA(t = 0)− cA(t) (1.1)

mit CA(t = 0) = Anfangskonzentration von A.

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1.2. REAKTIONEN 1. ORDNUNG IN BEZUG AUF EIN EDUKT 6

1.2 Reaktionen 1. Ordnung in Bezug auf ein Edukt

Bei diesem Reaktionstyp ist die Reaktionsgeschwindigkeit zum Zeitpunkt t proportionalzur Konzentration eines Reaktionspartners zum Zeitpunkt t.

Beispiele:

1. radioaktiver Zerfall (→ siehe Ubungen)

2. Zerfall vieler Molekule, die mehr als drei Atome besitzen, wie z.B.:

N2O5 → N2O4 +1

2O2 (1.2)

Geschwindigkeitsgesetz:

v = −dcN2O5

dt= k · cN2O5

1.2.1 Allgemeine Formulierung

fur den Fall, dass ein Stoff A in einer Reaktion 1. Ordnung bezuglich cA verbraucht wird,d.h. entsprechend der Reaktionsgleichung

Ak−→ P

Geschwindigkeitsgesetz:

v = −dcAdt

= k · cA

Integration des obigen Geschwindigkeitsgesetzes:

dcAcA

= d ln cA = −k · dt

∫ ln cA(t)

ln cA(t=0)

d lncA = −k∫ t

t=0

dt

ln cA(t)− ln cA(t = 0) = −k · t

Mit Abkurzung cA(t = 0) = a ergibt sich:

ln cA(t) = ln a− k · t

Graphische Darstellung: ln cA(t) als Funktion von t ergibt eine Gerade mit derSteigung −k und dem Ordinatenabschnitt ln a.

ln

(cA(t)

a

)= −k · t

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1.2. REAKTIONEN 1. ORDNUNG IN BEZUG AUF EIN EDUKT 7

Abb. 1.1: Konzentration des Edukts A als Funktion der Zeit im Falle einer Reaktion 0., 1.und 2. Ordnung

Graphische Darstellung: ln (cA(t)/a) als Funktion von t ergibt eine Gerade mit derSteigung −k und dem Ordinatenabschnitt Null.

Auflosen nach cA(t) liefert:cA(t) = a · exp(−k · t) (1.3)

Das Abklingverhalten der Konzentration von A, ausgehend vom Startwert cA(t = 0) = awird durch die Abklingfunktion f(t) = exp(−k · t) beschrieben, welche allein durch denParameter k bestimmt wird (siehe Abb. 1.1).

Beispiel Reaktionsgleichung (1.2):

cN2O5(t) = cN2O5(t = 0) · exp(−k · t)

1.2.2 Halbwertszeit t1/2 fur Reaktionen 1. Ordnung:

Die Halbwertszeit entspricht dem Zeitintervall t1/2, in dem die Konzentration cA(t) aufden halben Wert abgefallen ist, wie z.B. von cA(t = 0) = a auf cA(t = t1/2) = a

2

Allgemeiner Zusammenhang zwischen cA(t1), cA(t2) und Zeitdifferenz (t2 − t1) fur Re-aktionen 1. Ordnung (Substraktion von integralem Zeitgesetz):

lncA(t1)

cA(t2)= k · (t2 − t1)

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1.3. REAKTIONEN 2. ORDNUNG IN BEZUG AUF EIN EDUKT 8

Einsetzen von cA(t2) = cA(t1)2

und t2 − t1 = t1/2 liefert:

t1/2 =ln 2

k≈ 0.7

k

Hieraus lasst sich ersehen, dass die Halbwertszeit t1/2 bei Reaktionen 1. Ordnung kon-zentrationsunabhangig ist.

1.2.3 Mittlere Lebensdauer τ eines Edukt-Teilchens

Die mittlere Lebensdauer τ eines Edukt-Teilchens ergibt sich aus den individuellen Le-bensdauern der Edukt-Teilchen τ1, τ2, τ3,..., gerechnet ab dem Zeitpunkt t = 0, wiefolgt:

τ =τ1 + τ2 + τ3 + ..

N(t = 0)

wobei N(t=0) der Anzahl der Edukt-Teilchen bei t = 0 entspricht.

Fur Reaktionen 1. Ordnung gilt:

τ =1

k(1.4)

Einsetzen von Gleichung (1.4) in Gleichung (1.3) ergibt, dass zum Zeitpunkt t = τ dieAnzahl bzw. Konzentration der Edukt-Teilchen auf den Bruchteil 1

e≈ 0.37 abgefallen

ist.

1.3 Reaktionen 2. Ordnung in Bezug auf ein Edukt

Beispiel:2NO2 → 2NO +O2

Geschwindigkeitsgesetz:

v = −dcNO2

dt= k · c2NO2

1.3.1 Allgemeine Formulierung

fur den Fall, dass ein Stoff A in einer Reaktion 2. Ordnung bezuglich cA verbraucht wird:

v = −dcAdt

= k · c2A

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1.3. REAKTIONEN 2. ORDNUNG IN BEZUG AUF EIN EDUKT 9

Integration des Geschwindigkeitgesetztes:

−dcAc2A

= −c−2A · dcA = k · dt

−∫ cA(t)

cA(t=0)=a

c−2A · dcA = k ·

∫ t

t=0

dt

1

cA(t)− 1

a= k · t

1

cA(t)=

1

a+ k · t (1.5)

Graphische Darstellung: 1cA(t)

als Funktion von t ergibt eine Gerade mit der Stei-

gung k und dem Ordinatenabschnitt 1a.

Durch Auflosen von Gleichung (1.5) nach cA(t) ergibt sich:

cA(t) = a · 1

1 + k · a · t(1.6)

Das Abklingverhalten der Konzentration von A, ausgehend vom Startwert cA(t = 0) =a, wird durch die Abklingfunktion f(t) = 1

1+k·a·t beschrieben, welche durch k und abestimmt wird (siehe Abb. 1.1) .

1.3.2 Halbwertszeit t1/2 fur Reaktionen 2. Ordnung in Bezug aufEdukt A:

Allgemeiner Zusammenhang zwischen cA(t1), cA(t2) und Zeitdifferenz (t2−t1) ergibt sichdurch Subtraktion von Gleichung (1.5):

1

cA(t2)− 1

cA(t1)= k · (t2 − t1)

Einsetzen von cA(t2) = cA(t1)2

und t2 − t1 = t1/2 liefert:

t1/2 =1

k · a

Hieraus ist ersichtlich, dass die Halbwertszeit t1/2 bei Reaktionen 2. Ordnung abhangigvon der Anfangskonzentration a ist.

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1.4. REAKTIONEN DER GESAMTORDNUNG 2, JEDOCH JEWEILS 1.ORDNUNG IN BEZUG AUF 2 EDUKTE 10

1.4 Reaktionen der Gesamtordnung 2, jedoch jeweils 1.Ordnung in Bezug auf 2 Edukte

Beispiel:H2 + I2 → 2HI

Geschwindigkeitsgesetz:

v = −dcH2

dt= k · cH2 · cI2

1.4.1 Allgemeine Formulierung

fur den Fall, dass ein Stoff A in einer Reaktion 2. Gesamtordnung, jedoch 1. Ordnungin Bezug auf Edukt A und B verbraucht wird, gemaß folgender Reaktionsgleichung:

A+B → P (1.7)

Geschwindigkeitsgesetz:

v = −dcAdt

= k · cA · cB (1.8)

Losung fur gleiche Anfangskonzentrationen:

cA(t = 0) = cB(t = 0)

Mit cA(t = 0) = a und cB(t = 0) = b folgt

a = b (1.9)

Aufgrund der Stochiometrie von Reaktion (1.7) gilt dann zu jedem Zeitpunkt t:

cA(t) = cB(t) (1.10)

Einsetzen in Gleichung (1.8) liefert:

v = −dcAdt

= k · c2A

Durch Integration ergibt sich1:

cA(t) = a · 1

1 + a · k · t

1Vergleich mit Fall Reaktion 2. Ordnung in Bezug auf Edukt A in Gleichung (1.6)

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1.4. REAKTIONEN DER GESAMTORDNUNG 2, JEDOCH JEWEILS 1.ORDNUNG IN BEZUG AUF 2 EDUKTE 11

und wegen Gleichung (1.9) und Gleichung (1.10)

cB(t) = b · 1

1 + b · k · t

Losung fur ungleiche Anfangskonzentrationen

Es gilt:cA(t = 0) 6= cB(t = 0) d.h. a 6= b

Aufgrund der Stochiometrie der Reaktion gilt hier zu jedem Zeitpunkt t:

cB(t) = cA(t) + (b− a)

Einsetzen in Gleichung (1.8) liefert:

−dcAdt

= k · cA · [cA(t) + (b− a)]︸ ︷︷ ︸=cB(t)

Integriertes Geschwindigkeitsgesetz:

lncA(t)

cA(t) + (b− a)= ln

cA(t)

cB(t)= ln

a

b− (b− a) · k · t (1.11)

Durch Auflosen von Gleichung (1.11) nach cA(t) ergibt sich:

cA(t) = a · (b− a)

b · exp((b− a) · k · t)− a= a · f(t)

Das Abklingverhalten der Konzentration von A, ausgehend vom Startwert cA(t = 0) = a,wird durch die Abklingfunktion f(t) beschrieben, welche sowohl durch k als auch durcha und b bestimmt wird (siehe Abb. 1.1).

Naherung fur Fall b� a:

ln cB(t) ≈ ln b und (b− a) ≈ b

Damit ergibt sich aus Gleichung (1.11):

ln cA(t) = ln a− b · k · t

Daraus folgt:cA(t) = a · exp(−b · k · t)

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1.5. TEMPERATURABHANGIGKEIT DERREAKTIONSGESCHWINDIGKEITSKONSTANTEN 12

In diesem Fall ergibt sich naherungsweise eine Reaktion 1. Ordnung, welche als einesogenannte Reaktion pseudo 1. Ordnung bezeichnet wird (Vergleiche mit Reaktion1. Ordnung (Gleichung (1.3))).

1.4.2 Halbwertszeit t1/2 (bezuglich Edukt A) fur ungleicheAnfangskonzentrationen:

Allgemeiner Zusammenhang zwischen cA(t1), cA(t2), cB(t1), cB(t2) und (t2 − t1):

1

b− a· ln cA(t1) · cB(t2)

cA(t2) · cB(t1)= k · (t2 − t1)

Einsetzen von cA(t1) = a, cB(t1) = b, cA(t2) = a2, cB(t2) = b− a

2︸ ︷︷ ︸=cA(t2)︸ ︷︷ ︸

= a2

+(b−a)

und (t2 − t1) =

tA1/2 liefert:

tA1/2 =1

k· 1

b− a· ln(2− a

b)

Hieraus ist erkennbar, dass tA1/2 von beiden Ausgangskonzentrationen a und b abhangigist.

1.5 Temperaturabhangigkeit derReaktionsgeschwindigkeitskonstanten

1.5.1 Temperaturverhalten nach Arrhenius

Temperaturverhalten von k(t) wird in vielen Fallen durch die sogenannte Arrhenius-Gleichung wiedergegeben:

d ln k

dT=

EaR · T 2

(1.12)

wobei Ea der Aktivierungsenergie der betrachteten Reaktion (naherungsweise tempera-turunabhangig) entspricht.

Integration von Gleichung (1.12) liefert:∫ ln k(T )

ln k(T=∞)

d ln k =EaR

∫ T

T=∞

1

T 2dT

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1.5. TEMPERATURABHANGIGKEIT DERREAKTIONSGESCHWINDIGKEITSKONSTANTEN 13

Abb. 1.2: Reaktionsgeschwindigkeitskonstante als Funktion der Temperatur unter der An-nahme, dass die Aktivierungsenergie Ea temperaturunabhangig ist.

ln k = ln k(T =∞)− EaR · T

wobei k(T = ∞) = kmax dem maximalen Wert der Geschwindigkeitskonstanten ent-spricht. Es folgt:

k(T ) = kmax · exp

(− EaR · T

)Anmerkung: Haufig wird kmax auch als praexponentieller Faktor oder als Frequenzfak-tor A bezeichnet.

Division obiger Gleichung durch k(T = 298K) und Logarithmieren liefert die Gera-dengleichung:

ln

(k(T )

k(T = 289K)

)= − Ea

R · T+ ln

(kmax

k(T = 298K)

)Arrhenius-Auftragung:

Auftragung von ln k gegen 1T

zur graphischen Bestimmung der Aktivierungsenergie Ea(siehe Abb. 1.2, 1.3 und 1.4)

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1.5. TEMPERATURABHANGIGKEIT DERREAKTIONSGESCHWINDIGKEITSKONSTANTEN 14

Abb. 1.3: Bestimmung der Aktivierungsenergie Ea mit Hilfe der Arrhenius-Auftragung ln kgegen 1/T .

Abb. 1.4: Bestimmung des praexponentiellen Faktors durch Extrapolation von ln(k(T )/k(T =298K)) auf 1/T=0.

Steigung der Geraden:d ln k

d( 1T

)= −Ea

R

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1.6. REAKTIONSMECHANISMUS UND REAKTIONSORDNUNG 15

Dieses Verfahren wurde von dem schwedi-schen Physikochemiker Svante August Arr-henius (*1837-�1923) entwickelt. Er erhieltden Nobelpreis 1903.

1.5.2 Moderne Gleichungen zur Beschreibung derTemperaturabhangigkeit der Geschwindigkeitskonstanten k:

ln k(T ) = α +β

T+ γ · lnT

mit α, β und γ als Konstanten, oder:

ln k(T ) = a+ b · T c

mit a, b und c als Konstanten.

1.6 Reaktionsmechanismus und Reaktionsordnung

Elementarreaktion: Teilschritt einer Gesamtreaktion, der nicht mehr in weitere Teil-schritte unterteilt werden kann.

Molekularitat: einer chemischen Reaktion beschreibt die Anzahl der Molekule, dieam geschwindigkeitsbestimmenden Schritt der Reaktion beteiligt sind.

An einer Elementarreaktion konnen beteiligt sein:

� Ein Teilchen (Molekul, Ion, Radikal, . . . ) → unimolekulare Reaktion.Bsp.:

(CH2)3︸ ︷︷ ︸Cyclopropan

→ CH3 − CH = CH2︸ ︷︷ ︸Propen

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1.7. HIN- UND RUCKREAKTIONEN 1. ORDNUNG(GLEICHGEWICHTSREAKTIONEN) 16

� Zwei Teilchen (Molekule, Ionen, Radikale, . . . ) → bimolekulare Reaktion.Bsp.: Esterverseifung

CH3COOCH2CH3︸ ︷︷ ︸Essigsaureethylester

+OH− → CH3COO−︸ ︷︷ ︸

Acetation

+CH3CH2OH︸ ︷︷ ︸Ethanol

� Drei Teilchen (Molekule, Ionen, Radikale, . . . ) → trimolekulare Reaktion.Dieser Typ von Elementarreaktionen kommt nur sehr selten vor, da die Wahr-scheinlichkeit fur den Zusammenstoß dreier Teilchen wahrend der Reaktion sehrgering ist.

Anmerkung: Die Molekularitat einer Reaktion kann nur die Werte 1-3 annehmen.Hohere Werte sind nicht bekannt. Besteht die Gesamtreaktion nur aus einem Elemen-tarschritt, so ist die Ordnung der Gesamtreaktion gleich der Molekularitat der Elemen-tarreaktion. Komplexe Reaktionen bestehen aus mehreren Elementarschritten. Sind alleTeilschritte einer komplexen Reaktion bekannt, kann die Gesamtkinetik aus der Kinetikder Elementarreaktionen abgeleitet werden.

1.7 Hin- und Ruckreaktionen 1. Ordnung(Gleichgewichtsreaktionen)

Schema:A

khin−−−→←−−−kruck

P

Fur die Geschwindigkeit der Gesamtreaktion gilt:

−dcAdt︸ ︷︷ ︸

RGGesamt

= khin · cA(t)︸ ︷︷ ︸RGhin

− kruck · cP (t)︸ ︷︷ ︸RGruck

(1.13)

bzw.:RGgesamt = RGhin −RGruck (1.14)

wobei RG = Reaktionsgeschwindigkeit.

Fur die Konzentrationen der Reaktionsteilnehmer gilt:

cP (t) = cP (t = 0) + [cA(t = 0)− cA(t)]︸ ︷︷ ︸Anteil von A, der zu P wegreagiert ist

= p+ [a− cA(t)] (1.15)

mit p = cP (t = 0). Fur die Anfangsbedingung p = 0 ergibt sich aus Gleichung (1.15):

cP (t) = a− cA(t) (1.16)

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1.7. HIN- UND RUCKREAKTIONEN 1. ORDNUNG(GLEICHGEWICHTSREAKTIONEN) 17

Mit Gleichung (1.16) nimmt Gleichung (1.13) folgende Form an:

−dcAdt

= khin · cA(t)− kruck · [a− cA(t)]

= [khin + kruck] · cA(t)− kruck · a(1.17)

Grenzfalle von Gleichung (1.17):

1. Beginn der Reaktion t = 0: cA(t) = a[− dcA

dt

]t=0

= khin · a

Fur diesen Fall ergibt sich ein einfaches Geschwindigkeitsgesetz fur eine Reaktion 1.Ordnung ohne Ruckreaktion.

2. Im chemischen Gleichgewicht gilt:

RGGesamt = 0

Aus Gleichung (1.14) folgt somit:

RGhin = RGruck (1.18)

khin · [cA]Gleichgewicht = kruck · [cP ]Gleichgewicht[cPcA

]Gleichgewicht

=khinkruck

= K (1.19)

wobei K die Gleichgewichtskonstante darstellt.

Aus Gleichung (1.19) erhalten wir durch Logarithmieren und Differentiation:

d lnK = d ln

[khin

kruck

]

Einsetzen der integralen Form der Arrhenius-Gleichung (1.12) fur die Temperaturabhangigkeitvon k:

khin(T ) = kmax · exp

[− Ehin

a

R · T

]kruck(T ) = kmax · exp

[− Eruck

a

R · T

]

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1.8. FOLGEREAKTIONEN 18

liefert:d lnK

d( 1T

)= −E

hina − Eruck

a

R

Diese Gleichung beschreibt die Temperaturabhangigkeit der GleichgewichtskonstantenK.

Auftragung von lnK gegen 1T

liefert die Steigung d lnKd(1/T )

. Hieraus kann man die Dif-

ferenz der Aktivierungsenergien Ehina − Eruck

a der Gleichgewichtsreaktion bestimmen.

Durch Integration von Gleichung (1.17) ergibt sich:

cA(t) = a ·[ =0 fur t→∞︷ ︸︸ ︷

khin

khin + kruck

· exp [−(khin + kruck) · t] +kruck

khin + kruck

]Nach langer Zeit t→∞ wird das chemische Gleichgewicht der Reaktion erreicht und esfolgt aus obiger Gleichung:

[cA]Gleichgewicht = a · kruck

kruck + khin

Mit Gleichung (1.16) ergibt sich:

[cP ]Gleichgewicht = a− [cA]Gleichgewicht = a ·[1− kruck

kruck + khin

]Das Zeitverhalten des Edukts A und Produkts P fur eine Hin- und Ruckreaktion 1.Ordnung ist in Abb. (1.5) aufgetragen. Hieraus ist ersichtlich, dass sich nach langer Re-aktionsdauer ein Gleichgewicht der Konzentrationen der Reaktionsteilnehmer einstellt.Fur den Quotienten der Konzentration von Produkt und Edukt im Gleichgewicht folgtsomit: [

cPcA

]Gleichgewicht

=

a ·[1− kruck

kruck+khin

]a · kruck

kruck+khin

=khin

kruck

= K

Der Quotient der Konzentration im Gleichgewicht ist identisch mit der Gleichgewichts-konstanten bzw. dem Quotienten der Geschwindigkeitskonstanten der Reaktion.

1.8 Folgereaktionen

Schema:A

k1−→ Pk2−→ Q

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1.8. FOLGEREAKTIONEN 19

Abb. 1.5: Konzentration des Edukts A und Produkts P als Funktion der Zeit im Falle einerHin- und Ruckreaktion 1. Ordnung.

Fur den Fall, dass beide Teilschritte unimolekular ablaufen, gilt:

−dcAdt

= k1 · cA

mit der Losung:cA(t) = a · exp (−k1 · t) (1.20)

Fur das Zwischenprodukt P gilt hingegen:

dcPdt

= k1 · cA︸ ︷︷ ︸Bildung aus A

− k2 · cP︸ ︷︷ ︸Reaktion zu Q

Einsetzen von Gleichung (1.20) ergibt:

dcPdt

+ k2 · cP = k1 · a · exp (−k1 · t) (1.21)

inhomogene Differentialgleichung 1. Ordnung

Losen der Differentialgleichung (1.21) fur k1 6= k2 liefert:

cP (t) = a · k1

k2 − k1

·[

exp (−k1 · t)− exp (−k2 · t)]

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1.9. PARALLELREAKTIONEN 20

Abb. 1.6: Konzentration des Edukts A, Zwischenprodukts P und Folgeprodukts Q als Funk-tion der Zeit im Falle einer Folgereaktion 1. Ordnung.

Fur die Konzentration des Endprodukts Q gilt:

cQ(t) = a− [cA(t) + cP (t)]

Eine Auftragung des Zeitverhaltens der Konzentration fur eine Folgereaktion 1. Ordnungin Bezug auf alle Reaktionsteilnehmer ist in Abb. (1.6) dargestellt.

1.9 Parallelreaktionen

Schema:A

k1−→ P

Ak2−→ Q

Fur den Fall, dass beide Elementarreaktionen unimolekular ablaufen, gilt:

dcPdt

= k1 · cA (1.22)

dcQdt

= k2 · cA (1.23)

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1.9. PARALLELREAKTIONEN 21

Abb. 1.7: Konzentration des Edukts A, Produkts P und des parallelentstehenden ProduktsQ als Funktion der Zeit im Falle einer Parallelreaktion 1. Ordnung

sowie:

−dcAdt

=dcPdt

+dcQdt

= (k1 + k2) · cA

Durch Integration ergibt sich die Losung:

cA(t) = a · exp

(− (k1 + k2) · t

)(1.24)

Verknupfung von Gleichung (1.22) und Gleichung (1.23) uber cA(t) liefert:

dcP =k1

k2

· dcQ

Durch Integration erhalten wir:

cP (t) =k1

k2

· cQ(t) (1.25)

Aufgrund der Stochiometrie gilt:

a = cA(t) + cP (t) + cQ(t) (1.26)

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1.10. FOLGEREAKTIONEN MIT VORGELAGERTEMGLEICHGEWICHT UND QUASISTATIONARITAT 22

Aus den Gleichungen (1.24), (1.25) und (1.26) folgt schließlich:

cP (t) =k1

k1 + k2

· a ·[1− exp (−(k1 + k2) · t)

]

cQ(t) =k2

k1 + k2

· a ·[1− exp (−(k1 + k2) · t)

]Eine Auftragung des Zeitverhaltens der Konzentrationen fur eine Parallelreaktion 1.Ordnung ist in Abb. (1.7) dargestellt.

1.10 Folgereaktionen mit vorgelagertem Gleichgewichtund Quasistationaritat

Chemische Reaktionen in der Biologie und Biochemie bestehen in der Regel aus mehrerenTeilreaktionen. Ein typisches Reaktionsschema lautet:

Ak1−−→←−−k−1

Bk2−→ C

Unter der Annahme, dass alle Teilreaktionen Zeitgesetzen 1. Ordnung folgen, ergebensich folgende differentielle Zeitgesetze:

dcAdt

= −k1 · cA + k−1 · cB (1.27)

dcBdt

= k1 · cA − k−1 · cB − k2 · cB

dcCdt

= k2 · cB

Aufgrund der Stoffmengenerhaltung gilt außerdem:

cA + cB + cC = c0A

wobei c0A = cA(t = 0) = a die Anfangskonzentration von A darstellt (Schreibweise in derBiochemie gebrauchlich). Hieraus folgt:

dcA + dcB + dcC = 0

Obiges Gleichungssystem ist mit herkommlichen analytischen Integrationsverfahren furden allgemeinen Fall nicht losbar. Mit Hilfe numerischer Integrationsverfahren konnen je-doch die Konzentrationsverlaufe der Reaktionsteilnehmer ermittelt werden (siehe hierzuAbb. (1.8)).

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1.10. FOLGEREAKTIONEN MIT VORGELAGERTEMGLEICHGEWICHT UND QUASISTATIONARITAT 23

Abb. 1.8: Konzentrationsverlauf des Edukts A, Zwischenprodukts B und des EndproduktsC als Funktion der Zeit bei einer Folgereaktion 1. Ordnung mit vorgelagertem Gleichgewicht(allgemeiner Fall).

Allgemeiner Fall: in Abb. (1.8) beobachtet man, dass cA exponentiell abnimmt undcB ein Maximum durchlauft. Dagegen cC zuerst langsamer als cB und nach dem Wen-depunkt exponentiell bis zum maximalen Wert ansteigt.

Wichtiger Spezialfall: wird in Abb. (1.9) gezeigt. Hier erfolgt Bildung von B ausA langsam. Dies stellt den geschwindigkeitsbestimmenden Schritt der Gesamtreaktiondar. Dann reagiert reaktives Zwischenprodukt B schnell entweder zu A zuruck oder zu Cweiter, d.h. k−1, k2 � k1. Dies hat zur Folge, dass die Konzentration von B auf sehr klei-nem Niveau gegenuber den anderen Konzentrationen bleibt. Hieraus resultiert eine sehrflache Kurve. In diesem Fall kann fur Zwischenprodukt B ein quasistationarer Zustandangenommen werden:

dcBdt

= k1 · cA − k−1 · cB − k2 · cB ≈ 0 (1.28)

Durch Auflosen obiger Gleichung nach cB ergibt sich:

cB = cA ·k1

k−1 + k2

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1.10. FOLGEREAKTIONEN MIT VORGELAGERTEMGLEICHGEWICHT UND QUASISTATIONARITAT 24

Abb. 1.9: Konzentrationsverlauf des Edukts A, Zwischenprodukts B und Endprodukts Cbei einer Folgereaktion 1. Ordnung mit vorgelagertem Gleichgewicht. Spezialfall: Bildung vonB aus A erfolgt langsam und B reagiert schnell entweder zu A zuruck oder zu C weiter.Konzentration von B bleibt sehr klein gegenuber den anderen Konzentrationen. In diesem Fallkann ein quasistationarer Zustand fur Zwischenprodukt B angenommen werden.

Einsetzen in Gleichung (1.27) liefert schließlich:

dcAdt

= −k1 · cA +k1 · k−1

k−1 + k2

· cA = −

=k︷ ︸︸ ︷k1 · k2

k−1 + k2

·cA

dcCdt

=k1 · k2

k−1 + k2︸ ︷︷ ︸=k

·cA

Durch Einfuhrung der Konstanten k = k1·k2k−1+k2

ergibt sich naherungsweise eine Differen-tialgleichung 1. Ordnung fur Edukt A:

dcAdt

= −k · cA

mit integralem Zeitgesetz:

ln

(cAc0A

)= −k · t

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1.11. ENZYMREAKTIONEN 25

Abb. 1.10: Enzym Urease isoliert aus dem Bakterium Klebsellia Aerogenes. Es katalysiert dieHydrolysereaktion von Harnstoff zu Kohlenstoffdioxid und Ammoniak.

Dies entspricht naherungsweise einer Reaktion 1. Ordnung folgenden Typs:

Ak−→ C

Obige Herleitung zeigt, dass eine Folge von Reaktionen, in der nur der langsamste Re-aktionsschritt fur die Gesamtreaktion maßgeblich ist, naherungsweise als eine Reaktion1. Ordnung angesehen werden kann. Die quasi-stationare Naherung kann in der Regelzur Behandlung von Reaktionen mit reaktivem Zwischenprodukt, wie z.B. von Enzym-und Radikalreaktionen, herangezogen werden.

1.11 Enzymreaktionen

Katalysatoren: sind Molekule, die die Geschwindigkeit einer Reaktion erhohen, jedochaus der Reaktion unverandert hervorgehen.Enzyme: sind biologische Katalysatoren auf Basis von Aminosauren (Proteine), welchebei der Steuerung des Stoffwechselgeschehens eine wichtige Rolle spielen.Beispiel: Urease kommt besonders in Pflanzensamen und Bakterien vor (siehe Abb.(1.10)). Sie katalysiert die Hydrolyse-Reaktion von Harnstoff:

H2NCONH2 + 3H2OUrease−−−−→ 2NH+

4 +OH− +HCO−3

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1.11. ENZYMREAKTIONEN 26

1.11.1 Michaelis-Menten-Kinetik:

nach Leonor Michaelis und Maud Menten 1913.

Typisches Reaktionsschema einer Enzymreaktion:

S + Ek1−−→←−−k−1

ESkP−→ P + E

wobei S = Substrat

E = freies Enzym

ES = Enzym-Substrat-Komplex

P = Produkt

Annahme: Hinreaktion sei 2. Gesamtordnung; die Ruckreaktion sowie die Produkt-bildungsreaktion sei 1. Ordnung.

Differentielle Zeitgesetze fur ES und P :

dcESdt

= k+1 · cS · cE︸ ︷︷ ︸T1

−( k−1︸︷︷︸T2

+ kp︸︷︷︸T3

) · cES (1.29)

dcPdt

= kP · cES (1.30)

wobei T1 = Bildung von ES aus E und S

T2 = Ruckbildung von E und S

T3 = Weiterreaktion zu P und E

Fur die Gesamtkonzentration des Enzyms gilt:

c0E = cE + cES (1.31)

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1.11. ENZYMREAKTIONEN 27

Mittels Gleichung (1.31) konnen wir cE aus Gleichung (1.29) eliminieren und wir erhal-ten:

dcESdt

= k+1 · cS · c0E − (k+1 · cS + k−1 + kp) · cES (1.32)

Bei Enzymreaktionen arbeitet man in der Regel mit sehr kleinen Enzymkonzentrationen,d.h. cS � cES, und Substratuberschuß cS ≈ c0s. Fur den Fall, daß der Enzym-Substrat-Komplex als reaktives Zwischenprodukt mit k−1, kP � k+1 angenommen werden kann,kann die quasi-stationare Naherung auf Gleichung (1.32) angewendet werden:

dcESdt≈ 0

Durch Auflosen nach cES ergibt sich:

cES =cS

cS +KM

· c0E (1.33)

wobei

KM =k−1 + kPk+1

(1.34)

die sog. Michaelis-Konstante darstellt. Einsetzen von Gl. (1.33) in Gleichung (1.30)liefert schließlich die Produktbildungsgeschwindigkeit:

vP =dcPdt

= kP · c0E ·cS

cS +KM

Mit Hilfe der Definition fur den Maximalwert von vP :

vmaxP = kP · c0E

welcher an der Substrat-Sattigungsgrenze erreicht wird, ergibt sich schliesslich das soge-nannte Michaelis-Menten-Gesetz:

vP = vmaxP · cScS +KM

(1.35)

wobei cS ≈ c0S. Es stellt eine grundlegende Beziehung der Enzym-Kinetik dar !

Die sogenannte Wechselrate (turn-over-rate) des Enzyms:

kcat =vmaxP

c0E

beschreibt wieviele Substratmolekule von einem substratgesattigten Enzymmolekul proZeit umgesetzt werden.

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1.11. ENZYMREAKTIONEN 28

Abb. 1.11: Graphische Darstellung der Michaelis-Menten-Kinetik, in der die Produktbildungs-geschwindigkeit als Funktion der Gesamtkonzentration des Substrats aufgetragen wird.

Die Produktbildungsgeschwindigkeit vP wird in enzymkinetischen Messungen als Funk-tion von c0S gemessen. Da das exakte cS wahrend der Reaktion nur schwer bestimmbarist, wird cS ≈ c0S angenommen und vP (c0S) aufgetragen (siehe Abb. (1.11)). Aus derAuftragung des Michaelis-Menten-Gesetzes ist erkennbar, dass bei c0S = KM die Pro-duktbildungsgeschwindigkeit vP = vmaxP /2 ist, daher wird die Michaelis-Konstante KM

auch als Halbsattigungskonzentration bezeichnet !

1.11.2 Lineweaver-Burk-Gleichung

Um Meßwerte von vP auf Vertraglichkeit mit der Michaelis-Menten-Kinetik zu prufenund gleichzeitig die Konstanten KM und vmaxP zu bestimmen, formt man das Michaelis-Menten-Gesetz (Gl. 1.35) so um, dass man eine Geradengleichung, die sog. Lineweaver-Burk-Gleichung, erhalt:

1

vP=

KM

vmaxP

· 1

cS+

1

vmaxP

mit cS ≈ c0S. Auftragung von 1/vP gegen 1/c0S liefert eine doppelt-reziproke Auftragung(siehe Abb. (1.12)). Wenn experimentell ermittelte Wertepaare fur v−1

P und (c0S)−1 eineGerade ergeben, dann gehorcht die Enzymreaktion einer Michaelis-Menten-Kinetik. Ausden Achsenabschnitten der Lineweaver-Burk-Auftragung lassen sich die Werte fur dieKonstanten des Michaelis-Menten-Gesetzes KM und vmaxP ablesen.

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1.12. REAKTIONEN AN FESTER KATALYSATOROBERFLACHE 29

Abb. 1.12: Doppelt-reziproke Auftragung nach Lineweaver-Burk zur Bestimmung derMichaelis-Konstanten KM und des Maximalwerts der Produktbildungsgeschwindigkeit vmaxP .

1.12 Reaktionen an fester Katalysatoroberflache

1.12.1 Fall 1: Adsorption/Desorption eines Gases A auf/von einerKatalysatoroberflache

Reaktionsschema:

Adsorption: A(g)+ad-PlatzkAds−−→ A(ad)

Desorption: A(ad)kDes−−→ A(g)+ad-Platz

wobei ad-Platz ein Adsorptionsplatz an der Katalysatoroberflache darstellt.

Annahme: Die Teilreaktion der Adsorption sei bimolekular und die der Desorpti-on unimolekular. Zudem sind alle Adsorptionsplatze gleichwertig und besitzen daher diegleiche Besetzungswahrscheinlichkeit.

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1.12. REAKTIONEN AN FESTER KATALYSATOROBERFLACHE 30

Fur die Geschwindigkeiten der Adsorptions- und Desorptionsteilreaktionen gilt dann:

RGAdsorption =1

AKat·

dnA(ad)

dt= kAds · pA · (1− θ) (1.36)

RGDesorption = − 1

AKat·

dnA(ad)

dt= kDes · θ (1.37)

wobei AKat = Oberflache des KatalysatorsdnA(ad) = Anderung der Stoffmenge von A am Adsorptionsplatz im

Zeitintervall dtpA = Partialdruck von A in der Gasphaseθ = Bedeckungsgrad (Maß fur die Oberflachenkonz. der mit A-Teilchen

besetzten Adsorptionsplatze1− θ = Maß fur die Oberflachenkonz. der unbesetzten Adsorptionsplatze

Definition des Bedeckungsgrades:

θ =Zahl der besetzten Adsorptionsplatze.

Gesamtzahl der Adsorptionsplatze.

Fur das Adsorptions-Desorptionsgleichgewicht gilt:

RGAdsorption = RGDesorption (1.38)

Mit Gleichung (1.36) und Gleichung (1.37) folgt fur obige Gleichung:

kAds · pA · (1− θ) = kDes · θ

welche umgeschrieben werden kann als

θ

1− θ=kAdskDes

· pA = α · pA (1.39)

mit

α =kAdskDes

=1

pA· θ

1− θDie Große α entspricht dem Kehrwert des Partialdruckes p∗A, welcher bei Halbbesetzungder Adsorptionsplatze θ = 1

2im System herrscht, d.h. α = 1

p∗A.

Auflosen von Gleichung (1.39) nach θ liefert die sog. Langmuir-Isotherme:

θ =α · pA

1 + α · pA

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1.12. REAKTIONEN AN FESTER KATALYSATOROBERFLACHE 31

Abb. 1.13: Bedeckungsgrad der Katalysator-Oberflache als Funktion des Partialdrucks einerSubstanz A in der Gasphase wird durch die sog. Langmuir-Isotherme wiedergegeben.

Graphische Auftragung von θ als Funktion von pA wird in Abb. (1.13) gezeigt.

Zwei Grenzfalle:

1. Kleine Partialdrucke pA � p∗A:

θ ≈ α · pA ∝ pA

Bei kleinen Partialdrucken ergibt sich ein lineares Verhalten fur den Bedeckungsgrad(siehe Abb. 1.13) !

2. Große Partialdrucke p∗A � pA:

1− θ ∝ 1

pA

⇒ θpA→∞−→ 1

Bei großen Partialdrucken tendiert der Bedeckungsgrad gegen die Sattigungsgrenze (sie-he Abb.1.13) !

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1.12. REAKTIONEN AN FESTER KATALYSATOROBERFLACHE 32

Beweis:

1− θ = 1− α · pA1 + α · pA

=1

1 + α︸︷︷︸1

p∗A

·pA

=1

1 + pA

p∗A

=p∗A

p∗A + pA

pA�p∗A≈ p∗ApA

⇒ 1− θ ∝ 1

pA⇒ θ

pA→∞−→ 1

1.12.2 Fall 2: Unimolekulare Reaktion an der Katalysatoroberflacheder adsorbierten Spezies

Adsorptions-Desorptionsgleichgewicht:

A(g) + ad− Platz � A(ad)

Folgereaktion:

A(ad)k→ P (g)

Fur die Reaktionsgeschwindigkeit gilt:

1

Akat· dnP

dt= k · θ = k · α · pA

1 + α · pA

Die Geschwindigkeit der Folgereaktion an der Oberflache ist proportional zum Be-deckungsgrad θ.

Zwei Grenzfalle:

1. Schwache Adsorption, d.h. α · pA � 1 bzw. pA � p∗A:

1

Akat· dnP

dt≈ k · α · pA

Bei schwacher Adsorption ergibt sich naherungsweise ein Geschwindigkeitsgesetz 1. Ord-nung bzgl. pA !

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1.12. REAKTIONEN AN FESTER KATALYSATOROBERFLACHE 33

2. Starke Adsorption, d.h. α · pA � 1 bzw. pA � p∗A:

1

Akat· dnP

dt≈ k

Bei starker Adsorption ergibt sich naherungsweise ein Geschwindigkeitsgesetz nullterOrdnung !

1.12.3 Fall 3: Bimolekulare Reaktion an der Katalyseoberflachezwischen adsorbierten Spezies

Adsorption-Desorptionsgleichgewicht von Spezies A und B an der Katalysatoro-berflache:

A(g) + ad-Platz � A(ad)

B(g) + ad-Platz � B(ad)

Folgereaktion:

A(ad) +B(ad)k→ P (g)

Bei vielen Katalysereaktionen beruht der Mechanismus auf Stoßen zwischen adsorbiertenSpezies an der Katalysatoroberflache, wobei die Spezies um die gleichen Adsorptions-platze konkurrieren. Solche Reaktionen bezeichnet man als Langmuir-Hinshelwood-Reaktionen !