44
Praktikerseminar zum Arbeitsrecht und Sozialrecht http://praktikerseminar.uni-graz.at/ Arbeitszeitflexibi lisierung

Praktikerseminar zum Arbeitsrecht und Sozialrecht Arbeitszeitflexibilisierung

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Praktikerseminar zum Arbeitsrecht und Sozialrecht  Arbeitszeitflexibilisierung

Praktikerseminarzum Arbeitsrecht und Sozialrechthttp://praktikerseminar.uni-graz.at/

Arbeitszeitflexibilisierung

Page 2: Praktikerseminar zum Arbeitsrecht und Sozialrecht  Arbeitszeitflexibilisierung

„Flexible (arbeitgeberorientierte)Arbeitszeitgestaltung“

Praktikerseminar Institut für Arbeits- und SozialrechtKarl-Franzens-Universität Graz 29.01.2015Mag. Karl Schneeberger

Page 3: Praktikerseminar zum Arbeitsrecht und Sozialrecht  Arbeitszeitflexibilisierung

3Prak

tiker

sem

inar

Inst

itut f

ür A

rbei

ts- u

nd S

ozia

lrech

tK

arl-F

ranz

ens-

Uni

vers

ität G

raz

Mag

. Kar

l Sch

neeb

erge

r„Flexible (arbeitgeberorientiere) Arbeitszeitgestaltung“

Inhalt

1. Strukturfragen

2. Verteilungsfragen

3. Folgerechtsfragen

4. Zusammenfassung

Page 4: Praktikerseminar zum Arbeitsrecht und Sozialrecht  Arbeitszeitflexibilisierung

4

o Grundsätzlich zwei Arten flexibler Systeme Überstunden Variable Normalarbeitszeit

o Kontinuierliche Erweiterung der Gestaltungsspielräume Überstunden

» Betriebsebene

Variable Normalarbeitszeit» Grundsätzlich KV-Ebene

1. StrukturfragenPr

aktik

erse

min

ar In

stitu

t für

Arb

eits

- und

Soz

ialre

cht

Kar

l-Fra

nzen

s-U

nive

rsitä

t Gra

zM

ag. K

arl S

chne

eber

ger

Page 5: Praktikerseminar zum Arbeitsrecht und Sozialrecht  Arbeitszeitflexibilisierung

Veränderung Krankenstandstage 1994 zu 2010:(gerundet auf Tausend)

Krankheits-gruppen 1994 2010 Veränderung

absolutVeränderung in %

insgesamt 40.211.000 38.700.000 - 1.511.000 - 3,8

Arbeitsunfälle (ohne Wegunfälle) 3.585.000 2.374.000 - 1.211.000 - 33,8

Psychiatrische Krankheiten 1.063.000 2.658.000 + 1.595.000 + 150,0

Quelle: Hauptverband

55

o Überstundenkontingent gem § 7 Abs 4 AZG Maximal 24 Wochen im Kalenderjahr

(a 60 Std/Woche)

o Nur begrenzt nutzbar Quantitative Begrenzung (EU-Recht) Qualitative Begrenzung

» Insb unverhältnismäßiger wirtschaftlicher Nachteil

o Eingeschränkte Überprüfbarkeit Insb Übermittlungspflicht nach hA keine

Wirksamkeitsvoraussetzung

1. Strukturfragen1. Strukturfragen

Prak

tiker

sem

inar

Inst

itut f

ür A

rbei

ts- u

nd S

ozia

lrech

tK

arl-F

ranz

ens-

Uni

vers

ität G

raz

Mag

. Kar

l Sch

neeb

erge

r

Page 6: Praktikerseminar zum Arbeitsrecht und Sozialrecht  Arbeitszeitflexibilisierung

6

o Überstunden gem § 7 Abs 4 AZG

Keine Blankoermächtigung

Idealfall: „ad hoc“ Betriebsvereinbarung

Anknüpfungspunkt für den 24 Wochenzeitraum» Betrieb oder Arbeitnehmer?

(Mittellösung)

1. StrukturfragenPr

aktik

erse

min

ar In

stitu

t für

Arb

eits

- und

Soz

ialre

cht

Kar

l-Fra

nzen

s-U

nive

rsitä

t Gra

zM

ag. K

arl S

chne

eber

ger

Page 7: Praktikerseminar zum Arbeitsrecht und Sozialrecht  Arbeitszeitflexibilisierung

7

o Überstunden gem § 7 Abs 4a AZGEinzelvertrag (seit 2008)

Anlassfall bezogen Arbeitsmedizinische Unbedenklichkeit

(beschränkte Wirkung) Ablehnungsrecht

(bezogen auf die notwendige Einzelvereinbarung)

Benachteiligungsverbot

1. StrukturfragenPr

aktik

erse

min

ar In

stitu

t für

Arb

eits

- und

Soz

ialre

cht

Kar

l-Fra

nzen

s-U

nive

rsitä

t Gra

zM

ag. K

arl S

chne

eber

ger

Page 8: Praktikerseminar zum Arbeitsrecht und Sozialrecht  Arbeitszeitflexibilisierung

o Erweiterte Flexibilität durch Zeitausgleich für Überstunden

Durch KV, BV oder AV (Einzelvereinbarungsvorrang)

Gestaltungsrechte gem § 19 f Abs 2 AZG

Krankheit unterbricht Zeitausgleich nicht OGH 29.05.2013, 9 ObA 11/13bKritikwürdige Entscheidung

8

1. Strukturfragen1. StrukturfragenPr

aktik

erse

min

ar In

stitu

t für

Arb

eits

- und

Soz

ialre

cht

Kar

l-Fra

nzen

s-U

nive

rsitä

t Gra

zM

ag. K

arl S

chne

eber

ger

Page 9: Praktikerseminar zum Arbeitsrecht und Sozialrecht  Arbeitszeitflexibilisierung

99

o Flexibilität durch andere Verteilung der Normalarbeitszeit

Konsequenz > Lohnminderung

Daher strenge (fast ausnahmslose) KV-Bindung

Unmittelbare BV-Kompetenz nur bei fehlender Kollektivvertragskörperschaft(Mitgliedschaft ist nach hA nicht notwendig)

Weitere Verlagerung auf Betriebsebene problematisch

1. StrukturfragenPr

aktik

erse

min

ar In

stitu

t für

Arb

eits

- und

Soz

ialre

cht

Kar

l-Fra

nzen

s-U

nive

rsitä

t Gra

zM

ag. K

arl S

chne

eber

ger

Page 10: Praktikerseminar zum Arbeitsrecht und Sozialrecht  Arbeitszeitflexibilisierung

101010

o Delegationsmöglichkeit an die BV gem § 1a AZG (Novelle 2007)(„Stärkung der betrieblichen Ebene“)

o KV kann zusätzliche Bedingungen für rechtswirk-same Betriebsvereinbarungen normieren (hA) Beispiel KV Metallindustrie

(Abschluss einer Betriebsvereinbarung über Leiharbeitskräfte ist notwendig) aA Schrank „unzulässige und unwirksame Betriebsverfassungsnorm“

1. StrukturfragenPr

aktik

erse

min

ar In

stitu

t für

Arb

eits

- und

Soz

ialre

cht

Kar

l-Fra

nzen

s-U

nive

rsitä

t Gra

zM

ag. K

arl S

chne

eber

ger

Page 11: Praktikerseminar zum Arbeitsrecht und Sozialrecht  Arbeitszeitflexibilisierung

11111111

o Inhaltsnorm statt Zulassungsnorm?

o Rechtscharakter der ermächtigten BV: Fakultativ oder Notwendig?

o Fristlose Kündbarkeit ausgeschlossen?

1. StrukturfragenPr

aktik

erse

min

ar In

stitu

t für

Arb

eits

- und

Soz

ialre

cht

Kar

l-Fra

nzen

s-U

nive

rsitä

t Gra

zM

ag. K

arl S

chne

eber

ger

Page 12: Praktikerseminar zum Arbeitsrecht und Sozialrecht  Arbeitszeitflexibilisierung

12121212

o Nachwirkung von gekündigten BV?

hA: keine Nachwirkung (Normzweck der Nachwirkung entscheidend)

Abänderung des Gesetzes nur solange „entsprechende Willensübereinstimmung zwischen den Parteien … vorliegt“ (Jabornegg)

» (auch bei Selbstregelung durch KV-InhaltsnormaA Kietaibl/Rebhahn)

» Sonstige Pro-Argumente:Flexible Arbeitszeit bringt auch Vorteile für ANBR könnte auch befristete BV abschließen

1. StrukturfragenPr

aktik

erse

min

ar In

stitu

t für

Arb

eits

- und

Soz

ialre

cht

Kar

l-Fra

nzen

s-U

nive

rsitä

t Gra

zM

ag. K

arl S

chne

eber

ger

Page 13: Praktikerseminar zum Arbeitsrecht und Sozialrecht  Arbeitszeitflexibilisierung

1313131313

o Flexible Normalarbeitszeitsysteme überwiegend durch Kollektivverträge zugelassen (kaum Ausnahmen)

o Große Bandbreiten bei der Umsetzung(Höchstgrenzen, kompensatorische Zeitzuschläge, sonstige Bedingungen - Leiharbeiter etc)

o Tendenziell große Gestaltungsspielräume bei der Arbeitszeitplanung

2. VerteilungsfragenPr

aktik

erse

min

ar In

stitu

t für

Arb

eits

- und

Soz

ialre

cht

Kar

l-Fra

nzen

s-U

nive

rsitä

t Gra

zM

ag. K

arl S

chne

eber

ger

Page 14: Praktikerseminar zum Arbeitsrecht und Sozialrecht  Arbeitszeitflexibilisierung

1414141414

o Planungsgebot gem § 19c AZG (Kompensation für flexible Arbeitszeitgestaltung)

Zielsetzung nur bedingt erreicht

Geänderte Risikoverteilung

Auch längere Durchrechnungszeiträume verpflichten nicht zur Verteilung der wöchentlichen Durchschnittsarbeitszeit

Prak

tiker

sem

inar

Inst

itut f

ür A

rbei

ts- u

nd S

ozia

lrech

tK

arl-F

ranz

ens-

Uni

vers

ität G

raz

Mag

. Kar

l Sch

neeb

erge

r2. Verteilungsfragen

Page 15: Praktikerseminar zum Arbeitsrecht und Sozialrecht  Arbeitszeitflexibilisierung

151515151515

o Einseitige Gestaltungsrechte weitgehend realisiert (Vertragspraxis)

o Vorläufige Rahmenarbeitszeitpläne(KV-Bedingung) („Unvollkommene Einteilungsbetriebsvereinbarungen“)

o Vereinbarungspflicht Faktisches Ergebnis:

Vorankündigung der Arbeitszeitlage für relativ kurze Zeiträume

Prak

tiker

sem

inar

Inst

itut f

ür A

rbei

ts- u

nd S

ozia

lrech

tK

arl-F

ranz

ens-

Uni

vers

ität G

raz

Mag

. Kar

l Sch

neeb

erge

r2. Verteilungsfragen

Page 16: Praktikerseminar zum Arbeitsrecht und Sozialrecht  Arbeitszeitflexibilisierung

16161616161616

o Konkrete Arbeitszeitpläne (Auswahlmöglichkeit)

Normalarbeitszeit A Montag bis Freitag 06:00 – 14:00 Uhr

Verlängerte NormalarbeitszeitB Montag bis Freitag 06:00 – 16:00 Uhr (KV Ermächtigung notwendig)

Verkürzte NormalarbeitszeitC Montag bis Donnerstag 06:00 – 14:00 Uhr

Prak

tiker

sem

inar

Inst

itut f

ür A

rbei

ts- u

nd S

ozia

lrech

tK

arl-F

ranz

ens-

Uni

vers

ität G

raz

Mag

. Kar

l Sch

neeb

erge

r2. Verteilungsfragen

Page 17: Praktikerseminar zum Arbeitsrecht und Sozialrecht  Arbeitszeitflexibilisierung

17171717171717

o Vorrang der kollektiven Rechtsgestaltungdurch § 19c AZG?

o Zustimmungserfordernis der einzelnen Arbeitnehmerinnen bei Durchrechnungsmodellen?

Objektive Ungünstigkeit?

Betriebliche Regelungen (BV)

» In der Regel Einbeziehung der Belegschaft –

Verhandlungslösung

Prak

tiker

sem

inar

Inst

itut f

ür A

rbei

ts- u

nd S

ozia

lrech

tK

arl-F

ranz

ens-

Uni

vers

ität G

raz

Mag

. Kar

l Sch

neeb

erge

r2. Verteilungsfragen

Page 18: Praktikerseminar zum Arbeitsrecht und Sozialrecht  Arbeitszeitflexibilisierung

1818181818181818

o Abbau von Zeitguthaben gem § 19f Abs 1 AZG

Regelungsmöglichkeiten nach Ablauf des halbenØ Zeitraumes (jedenfalls nach 26 Wochen)

Prak

tiker

sem

inar

Inst

itut f

ür A

rbei

ts- u

nd S

ozia

lrech

tK

arl-F

ranz

ens-

Uni

vers

ität G

raz

Mag

. Kar

l Sch

neeb

erge

r2. Verteilungsfragen

nach 26 Wochen 20 Std. Zeitguthaben

binnen 4 Wochen Festsetzung

oder

binnen 13 Wochen Verbrauch

52 Wochen Ø Zeitraum

Page 19: Praktikerseminar zum Arbeitsrecht und Sozialrecht  Arbeitszeitflexibilisierung

191919191919191919

o Wenn nicht:

Einseitige Verbrauchsmöglichkeit mit 4-wöchiger Vorankündigungsfrist (Abwägungsproblem)» Daher keine praktische Bedeutung

oder Abgeltung in Geld

» Zuschlagspflicht?

(Abweichende Regelungen durch KV oder BV möglich)

Prak

tiker

sem

inar

Inst

itut f

ür A

rbei

ts- u

nd S

ozia

lrech

tK

arl-F

ranz

ens-

Uni

vers

ität G

raz

Mag

. Kar

l Sch

neeb

erge

r2. Verteilungsfragen

Page 20: Praktikerseminar zum Arbeitsrecht und Sozialrecht  Arbeitszeitflexibilisierung

2020202020202020

o Abgrenzung zur Schichtarbeit

o Entkoppelung von Arbeitszeit und Entgelt Bewertung der Zeitkonten bei Dienstverhinderung

» Unterscheidung ob konkreter Dienstplan vorliegt oder nicht

» Zeitausgleichskonsum im Krankenstand!

o Zeitkonten bei Beendigung des Durchrechnungszeitraumes § 4 Abs 7 AZG auf Zeitschulden nicht analogiefähig

Prak

tiker

sem

inar

Inst

itut f

ür A

rbei

ts- u

nd S

ozia

lrech

tK

arl-F

ranz

ens-

Uni

vers

ität G

raz

Mag

. Kar

l Sch

neeb

erge

r3. Folgerechtsfragen

Page 21: Praktikerseminar zum Arbeitsrecht und Sozialrecht  Arbeitszeitflexibilisierung

2121212121212121

3. FolgerechtsfragenPr

aktik

erse

min

ar In

stitu

t für

Arb

eits

- und

Soz

ialre

cht

Kar

l-Fra

nzen

s-U

nive

rsitä

t Gra

zM

ag. K

arl S

chne

eber

ger

o Zeitkonten bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Zeitguthaben -> Zuschlagspflicht gem § 19e AZG(auch für Teilzeitbeschäftigte)

Zeitschulden» Von der Arbeitgeberin verursacht (Sphärentheorie)

grundsätzlich keine Rückverrechnung» Jedoch Schadenersatzanspruch denkbar (z.B.

unbegründeter vorzeitiger Austritt) Anwendbarkeit des § 5 Abs 2 ARG

auf flexible NAZ-Verteilung?

Page 22: Praktikerseminar zum Arbeitsrecht und Sozialrecht  Arbeitszeitflexibilisierung

2222222222222222

4. Zusammenfassung

o Auch Durchrechnungsmodelle erfordern ausreichende Personalbesetzung

o Planbarkeit von Arbeitszeit und Freizeit durch Betriebsvereinbarung sicherstellen

Prak

tiker

sem

inar

Inst

itut f

ür A

rbei

ts- u

nd S

ozia

lrech

tK

arl-F

ranz

ens-

Uni

vers

ität G

raz

Mag

. Kar

l Sch

neeb

erge

r

Page 23: Praktikerseminar zum Arbeitsrecht und Sozialrecht  Arbeitszeitflexibilisierung

232323232323232323

4. Zusammenfassung

o Bedingte Zulassung durch KV ist möglich

o Zwischen Schichtarbeit (Schichtplan) und Durchrechnungsmodellen ist zu unterscheiden

o Durchrechnungszeitraum heißt Abrechnungs-zeitraum

Prak

tiker

sem

inar

Inst

itut f

ür A

rbei

ts- u

nd S

ozia

lrech

tK

arl-F

ranz

ens-

Uni

vers

ität G

raz

Mag

. Kar

l Sch

neeb

erge

r

Page 24: Praktikerseminar zum Arbeitsrecht und Sozialrecht  Arbeitszeitflexibilisierung

242424242424242424

4. ZusammenfassungPr

aktik

erse

min

ar In

stitu

t für

Arb

eits

- und

Soz

ialre

cht

Kar

l-Fra

nzen

s-U

nive

rsitä

t Gra

zM

ag. K

arl S

chne

eber

ger

o § 19c AZG berührt mE das Günstigkeitsprinzip zwischen BV und EV nicht

o Große Spielräume für die Verkürzung der Vorankündigungszeit durch Betriebsvereinbarung

o Keine allgemeine Zuschlagsfreiheitbei Auszahlung von Gutstunden während des Durchrechnungszeitraumes

Page 25: Praktikerseminar zum Arbeitsrecht und Sozialrecht  Arbeitszeitflexibilisierung

25252525252525252525

4. Zusammenfassung

o Dienstverhinderungen: Ausfallprinzip oder

Durchschnittsprinzip maßgebend

o Keine Rückverrechenbarkeit von Zeitschulden bei rechtmäßiger Beendigung des Arbeits-verhältnisses

o Gesetzliche Regelungen über Vereinbarungs-pflicht hinsichtlich der Lage der Normalarbeitszeit sind anpassungsbedürftig

Prak

tiker

sem

inar

Inst

itut f

ür A

rbei

ts- u

nd S

ozia

lrech

tK

arl-F

ranz

ens-

Uni

vers

ität G

raz

Mag

. Kar

l Sch

neeb

erge

r

Page 26: Praktikerseminar zum Arbeitsrecht und Sozialrecht  Arbeitszeitflexibilisierung

Vielen Dank für Ihre

Aufmerksamkeit!

26Prak

tiker

sem

inar

Inst

itut f

ür A

rbei

ts- u

nd S

ozia

lrech

tK

arl-F

ranz

ens-

Uni

vers

ität G

raz

Mag

. Kar

l Sch

neeb

erge

r

Page 27: Praktikerseminar zum Arbeitsrecht und Sozialrecht  Arbeitszeitflexibilisierung

Gleitzeit und „all-in-Vereinbarungen“

Dr. Andreas Jöst

ArbeitszeitflexibilisierungPraktikerseminar, Uni Graz, 29.1.2015

Page 28: Praktikerseminar zum Arbeitsrecht und Sozialrecht  Arbeitszeitflexibilisierung

„Arbeitszeittrends“

28

Page 29: Praktikerseminar zum Arbeitsrecht und Sozialrecht  Arbeitszeitflexibilisierung

29

Deloitte Studie „Flexible Working 2012“

x) Quelle: Deloitte 2012

Mobile Working, Desk Sharing, Vertrauensarbeitszeit, virtuelle Teams, Work- Life Balance, flexible Karrieren – all das sind Schlagworte und vielzitierte Konzepte, die flexibles Arbeiten in den neuen Arbeitswelten ermöglichen sollen.

Arbeitszeitgestaltung ist der zentrale Hebel für „Flexible Working“ – insgesamt sehen 77% der Befragten Arbeitszeit als den wichtigsten Aspekt von flexibler Arbeitsgestaltung. Aber auch eine flexiblere Handhabung des Arbeitsortes wird immer wichtiger. Angebote wie Home Office oder Mobile Working sehen bereits 52% der Befragten als wesentliche Eckpfeiler einer flexibleren Arbeitspraxis.

Bei den Arbeitszeitmodellen ist die „Gleitzeit mit Kernzeit“ weiterhin Nummer 1. Modelle ohne Kernzeit spielen nach wie vor eine geringere Bedeutung.

Page 30: Praktikerseminar zum Arbeitsrecht und Sozialrecht  Arbeitszeitflexibilisierung

30

Deloitte Studie „Flexible Working 2012“

x) Quelle: Deloitte 2012

Auch der von 40% genannte unpassende Umgang mit neuen Arbeitsweisen und Arbeitsmitteln ist ein zentrales Thema. Neue Technologien und Applikationen finden immer mehr Eingang in den betrieblichen Alltag: über Smartphone & Co ist man rund um die Uhr erreichbar, leistungsstarke Verbindungen ermöglichen ortsungebundenes Arbeiten.

Das alles bietet zahlreiche neue Möglichkeiten, führt aber auch zu Unklarheit und Unsicherheit. Wann ist eine E-Mail sinnvoll, wann eine Instant Message oder eine SMS? Wofür nutze ich Social Networks am besten? Wann ist ein Face-to-Face Meeting notwendig, wann reicht auch eine Video-Konferenz?

Ein weiterer Trend der letzten Jahre ist die Vertrauensarbeitszeit. Laut über 40% der Befragten spielt dieses flexible Arbeitszeitmodell eine sehr große bzw. große Rolle in Unternehmen.

Page 31: Praktikerseminar zum Arbeitsrecht und Sozialrecht  Arbeitszeitflexibilisierung

31

Mediale Schlagzeilen

(c) Dr. Andreas Jöst

„Home Office in Tech Unternehmen vor dem Aus: Immer mehr Tech-Unternehmen verzichten auf flexible Arbeitsbedingungen und beordern ihre Mitarbeiter ins Haus“ | derstandard.at, 26.2.2013

„Yahoo Orders Home Workers back to the Office“ | The New York Times, 25.2.2013

derstandard.at 6.1.2012: „Generation Z Willkommen in der Arbeitswelt: Nach den Generationen X und Y sind wir jetzt bei der Generation Z angekommen“

„Was Mitarbeitern heute wichtig ist. Wer flexibles Arbeiten nicht anbietet, ist als Arbeitgeber wenig attraktiv“ | derstandard.at 2.3.2014„Daimler Mitarbeiter können im Urlaub E-Mails löschen lassen“ | news.orf.at 13.8.2014„Geschwindigkeit trifft Information. Kommunikation in Echtzeit nimmt zu: Ist E-Mail jetzt out?“ | derstandard.at 10.4.2014Volkswagen: Keine E-Mails mehr nach Feierabend | Handelsblatt, 23.12.2011

Page 32: Praktikerseminar zum Arbeitsrecht und Sozialrecht  Arbeitszeitflexibilisierung

Gleitzeit

32

Page 33: Praktikerseminar zum Arbeitsrecht und Sozialrecht  Arbeitszeitflexibilisierung

33

Fixzeitmodell - Gleitzeitmodell

Wic

htig:

Ein

haltu

ng d

er G

esam

tarb

eits

zeitg

renz

en

Grundmodell Fixzeit: Jede Woche und jeder Wochentag haben die gleiche Normalarbeitszeit

Gleitzeitmodell: Der Arbeitnehmer bestimmt innerhalb eines vereinbarten zeitlichen Rahmens Beginn und Ende seiner Tages-Normalarbeitszeit selbst

10

8

laut

AZG

max

zuge

lass

ene

Tage

s-N

orm

alar

beits

zeit

40

50

laut

AZG

max

zuge

lass

ene

Woc

hen-

Nor

mal

arbe

itsze

it

Page 34: Praktikerseminar zum Arbeitsrecht und Sozialrecht  Arbeitszeitflexibilisierung

34

mit KernzeitBsp 4 Std pro Tag ohne Kernzeit

großes Modell

kleines ModellBsp 9 /50

kleines ModellBsp 9 / 45

4-10 20-50 0-10 0-50

4-9 20-5010. 0-9 0-5010.

4-9 20-4510. ab 46. 0-9 0-4510. ab 46.

Die sechs Grundmodelle

(c) 2015 - Dr. Andreas Jöst

## … Überstunden

Page 35: Praktikerseminar zum Arbeitsrecht und Sozialrecht  Arbeitszeitflexibilisierung

10-128-10 14-1612-14 18-2016-18 22-2420-226-84-62-40-2

35

Fiktive NAZ

Kernzeit

Gleitzeitrahmen

Funktionszeit

Wichtige Parameter

(c) 2015 - Dr. Andreas Jöst

Weiters: Festlegung der Gleitzeitperiode

Page 36: Praktikerseminar zum Arbeitsrecht und Sozialrecht  Arbeitszeitflexibilisierung

36

Die Gleitzeitvereinbarung hat eine NAZ von 9 Std pro Tag und 45 Std pro Woche zugelassen und damit ein „kleines“ Gleitzeitmodell vorgesehen. Der Arbeitnehmer arbeitet am Montag auf Anordnung seines Vorgesetzten bis 18.30, inklusive einer Ruhepause von einer halben Std; gekommen ist er um 8.00 Uhr. Die fiktive NAZ dauert an diesem Tag 8 Std, und zwar von 8.00 bis 16.30, einschließlich der Ruhepause von 12.00 bis 12.30. Eigentlich wollte der Arbeitnehmer nach dem Ende der Kernzeit, die an diesem Tag von 9.00 bis 14.00 Uhr dauert, gehen.

Beispiel

„Darf AZ“ = 9 Std (ohne RP) = „kleines“ GleitzeitmodellSoll AZ = 8.00 - 16.30 = 8 Std (ohne RP)Kernzeit = 9.00 -14.00 = 5 Std (ohne RP)„Gewollte AZ“ = 8.00 -14.00 = 6 Std (ohne RP)

36

Die sog „ad-hoc“ Überstunde

(c) 2015- Dr. Andreas Jöst

Page 37: Praktikerseminar zum Arbeitsrecht und Sozialrecht  Arbeitszeitflexibilisierung

37

Abendveranstaltungen

(c) Dr. Andreas Jöst

- Die Überstunden des Arbeitnehmers stammen fast ausschließlich von Außenterminen und Veranstaltungen, wobei dem Arbeitgeber der Umfang der Arbeitszeit des Arbeitnehmers stets bekannt war.

- Seitens des Arbeitgebers bestand die Erwartungshaltung, dass der Arbeitnehmer auch die von ihm wahrgenommenen Abend- und Wochenendveranstaltungen besuchte, wobei der Arbeitnehmer formal frei entscheiden konnte, welche Veranstaltungen er besuchte.

- ASG Wien ARD 5727/6/2006

Sachverhalt

Page 38: Praktikerseminar zum Arbeitsrecht und Sozialrecht  Arbeitszeitflexibilisierung

38

Überstunden ohne Anordnung

(c) Dr. Andreas Jöst

- Liegt keine Überstundenanordnung vor, muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die Überstundennotwendigkeit bekannt geben, um sich einen Anspruch auf Überstundenvergütung zu sichern.

- Auf die Bekanntgabe kommt es nicht an, wenn der Arbeitgeber die Arbeitsleistungen entgegennahm, obgleich er wusste oder wenigstens wissen musste, dass sie Überstunden erforderlich machen.

- Welchen Wortlauts sich der Arbeitnehmer dabei bedient, bleibt ihm überlassen. Entscheidend ist, dass der Arbeitgeber daraus erkennen kann, dass die Arbeit auch bei richtiger Einteilung nicht in der normalen Arbeitszeit erledigt werden kann.

- Gerade im vorliegenden Fall hat der Arbeitnehmer im Rahmen seines alle 14 Tage stattfindenden Jour-Fixe wiederholt Gelegenheit zu einer derartigen Anzeige gehabt. Feststeht aber, dass er dabei nicht darauf hinwies, dass er überlastet sei bzw Überstunden in erheblichem Ausmaß leiste. OGH 9 Ob A 67/11k

Judikat

Page 39: Praktikerseminar zum Arbeitsrecht und Sozialrecht  Arbeitszeitflexibilisierung

Kombination „all-in-Vereinbarung“ und Gleitzeit?

39

Page 40: Praktikerseminar zum Arbeitsrecht und Sozialrecht  Arbeitszeitflexibilisierung

40

„all-in-Vereinbarungen“

(c) Dr. Andreas Jöst

- Die Pauschalierung von Entgeltbestandteilen oder die Vereinbarung eines Gesamtgehaltes ist in der Judikatur und Literatur prinzipiell anerkannt.

- Sogenannte „all-in-Vereinbarungen“ werden in der Regel auf die

Tarifierung aller Arbeitsleistungen bezogen, konkret auf Mehrarbeits- und Überstunden, aber auch auf Reise- und Bereitschaftszeiten.

- Auch die Einbeziehung der laut Kollektivvertrag zustehenden aliquoten Sonderzahlungsanteile in das einzelvertraglich vereinbarte laufende Entgelt wird anerkannt.

- Die Abgeltung eines offenen Urlaubsanspruches bzw die Einbeziehung des Urlaubsentgeltes in das laufende Entgelt ist allerdings rechtswidrig. Gleiches gilt für die Einbeziehung der Urlaubsersatzleistung in eine „all-in-Vereinbarung“.

- OGH 8 Ob A 32/13h

Judikat

Page 41: Praktikerseminar zum Arbeitsrecht und Sozialrecht  Arbeitszeitflexibilisierung

41

„all-in-Vereinbarung“ und Deckungsrechnung

- Eine all-in Vereinbarung enthebt den Arbeitgeber von der Bezahlung von Überstunden innerhalb eines durchrechenbaren Zeitraumes. Dieser ist im Zweifel mit einem Jahr festzusetzen.

- Nach dem Ende des durchrechenbaren Zeitraumes, in der Regel also mit Jahresende, besteht die Pflicht des Arbeitgebers, von sich aus eine Abrechnung durchzuführen.

- Dies soll in der Weise geschehen, dass ein Vergleich zwischen den geleisteten Arbeitsstunden auf Basis des Kollektivvertrages und den erhaltenen Entgelten erfolgt.

- Vor diesem Zeitpunkt kann kein Verfall eintreten, eine allenfalls zustehende Abgeltung gilt bis zum Vorliegen der Abrechnung als gestundet.

- OLG Wien 8 Ra 20/04a

Judikat

(c) Dr. Andreas Jöst

Page 42: Praktikerseminar zum Arbeitsrecht und Sozialrecht  Arbeitszeitflexibilisierung

Arbeitszeitaufzeichnungen

42

Page 43: Praktikerseminar zum Arbeitsrecht und Sozialrecht  Arbeitszeitflexibilisierung

43

Für Arbeitnehmer, die die Lage ihrer Arbeitszeit und ihren Arbeitsort weitgehend selbst bestimmen oder ihre Arbeit überwiegend in der Wohnung ausüben, sind sog „Saldenaufzeichnungen“, bei denen nur die Dauer der Arbeitszeit angegeben wird, zugelassen.

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, „tagfertige“ Arbeitszeitaufzeichnungen zu führen.

Arbeitszeitaufzeichnungen

Für Arbeitnehmern mit einer schriftlich festgehaltenen fixen Arbeitszeiteinteilung hat die letzte AZG Novelle (BGBl I 94/2014) zugelassen, dass der Arbeitgeber hier lediglich deren Einhaltung zumindest am Ende jeder Entgeltzahlungsperiode sowie auf Verlangen des Arbeitsinspektorates zu bescheinigen und nur Abweichungen von dieser Einteilung laufend aufzuzeichnen hat.

Page 44: Praktikerseminar zum Arbeitsrecht und Sozialrecht  Arbeitszeitflexibilisierung

44

Arbeitnehmer haben 1x monatlich Anspruch auf kostenfreie Übermittlung ihrer Arbeitszeitaufzeichnungen, wenn sie nachweislich verlangt werden (AZG Novelle BGBl I 94/2014)

Arbeitszeitaufzeichnungen

Ist vereinbart, dass die Arbeitszeitaufzeichnungen vom Arbeitnehmer zu führen sind, hat der Arbeitgeber laufende Anleitungs- und Kontrollpflichten. Eine generelle Übertragung der Aufzeichnungsverantwortung an den Arbeitnehmer ist nicht zugelassen.