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Praktikum Nichtmetallische Werkstoffe Keramische Brennstoffzellen und Sauerstoffsensoren

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Praktikum

Nichtmetallische Werkstoffe

Keramische Brennstoffzellen und Sauerstoffsensoren

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Brennstoffzellen und Sauerstoffsensoren 1

Keramische Brennstoffzellen und Sauerstoffsensoren

1. Zielsetzung

Das Ziel des vorliegenden Versuchs ist es, einfache Vorgänge in Systemen der

Hochtemperatur-Elektrochemie zu verstehen und Techniken zur Ermittlung elektrischer

Kenngrössen dieser Systeme zu erlernen.

Zu diesem Zweck betrachten wir in diesem Versuch zwei im Prinzip sehr ähnliche Systeme

• die keramische Festelektrolyt-Brennstoffzelle (Solid Oxide Fuel Cell, SOFC)

• potentiometrische Sauerstoffsensoren mit einem keramischen Festelektrolyten

2. Einführung

Elektrochemische Systeme mit keramischen Festelektrolyten, die bei hohen Temperaturen

eingesetzt werden können, nehmen im Bereich der Umwelttechnik und der

umweltfreundlichen Energieumwandlung eine immer wichtigere Stellung ein.

Keramische Sauerstoffsensoren zum Nachweis von Sauerstoff in Gasgemischen werden heute

in grossem Umfang in der Automobiltechnik (Lambda-Sonde) und der Prozessüberwachung

z.B. in Kehrichtverbrennungsanlagen eingesetzt.

Keramische Festelektrolyt-Brennstoffzellen (SOFC) sind Geräte mit denen die chemische

Energie eines Brenngases (z.B. Erdgas oder Wasserstoff) direkt über einen elektrochemischen

Prozess in elektrische Energie umgewandelt werden kann. SOFC arbeiten üblicherweise in

einem Temperaturbereich von 800 bis 1000°C, durch Optimierung der Materialien und der

Geometrie ist es jedoch möglich auch bei Temperaturen von 600 bis 800°C zu arbeiten. Die

bei konventionellen thermischen Kraftwerken auftretende Limitierung durch den Carnot-

Zyklus kann bei Brennstoffzellen vermieden werden, wodurch viel höhere Wirkungsgrade

erreicht werden können.

Beide Systeme, sowohl der potentiometrische Sensor als auch die Brennstoffzelle sind relativ

komplexe Materialsysteme, bestehend aus einer Kathode, einem ionenleitenden

Festelektrolyten und einer Anode. Zum Verständnis ihrer Eigenschaften sind Kenntnisse

bezüglich der elektrischen Eigenschaften der einzelnen Komponenten und ihrer Grenzflächen

zu den anderen Materialien und der umgebenden Atmosphäre notwendig. Im vorliegenden

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Brennstoffzellen und Sauerstoffsensoren 2

Versuch soll versucht werden die Eigenschaften von Sauerstoffsensoren und Brennstoffzellen

mittels elektrochemischer Messungen zu ermitteln bzw. zu verstehen wie diese Systeme

funktionieren.

3. Elektromotorische Kraft

Wenn es möglich ist, eine chemische Reaktion in zwei räumlich getrennte Teilreaktionen zu

trennen, von denen eine die Oxidation und die andere die Reduktion ist, können wir sie in

Form einer elektrochemischen Reaktion in einer galvanischen Zelle durchführen.

Die elektrische Spannung zwischen den beiden Elektroden einer galvanischen Zelle

(elektromotorische Kraft, EMK) kann beschrieben werden mit

∆G = −zFE (1)

In Gl. (1) bedeuten ∆G die Freie Enthalpie der betrachteten chemischen Reaktion, z die

Anzahl der transportierten elektrischen Ladungen pro Formelumsatz, F die Faraday-Konstante

und E die elektromotorische Kraft der Zelle bei offenem Stromkreis.

Betrachten wir z.B. die Umsetzung von Wasserstoff und Sauerstoff in einer galvanischen

Zelle nach der Gesamtreaktion

1/ 2O2 + H2 ↔ H 2O (2)

so erhalten wir für die Freie Enthalpie ∆G

∆G = ∆G0 + RT lna(H2O)

a(H 2 ) ⋅ a(O2 )0.5 (3)

Hierbei bedeuten ∆G0 die Freien Enthalpie im Standardzustand, R ist die universelle

Gaskonstante und T die Temperatur in Kelvin. Die Aktivitäten a(i) der Reaktanden und

Produkte können für Gase durch die Partialdrücke p(i) ersetzt werden.

Für die elektromotorische Kraft erhält man mit Gl. (1) bis (3)

E = E 0 −RTzF

lnp(H2O)

p(H2 ) ⋅ p(O2 ) (4)

mit E0, der Standard-EMK bezogen auf ∆G0 der Reaktion.

Für oxidische Festelektrolyte, die Sauerstoffionen transportieren, kann die EMK auch durch

die partielle molare Enthalpie, das sog. chemische Potential des Sauerstoffs µ(O2) ausgedrückt

werden. In einer Konzentrationszelle, wie sie durch einen potentiometrischen Sensor oder eine

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Brennstoffzellen und Sauerstoffsensoren 3

Brennstoffzelle gebildet wird ( Fig. 1a und b) erhält man für die Differenz des chemischen

Potentials von O2 zwischen beiden Seiten der Zelle

∆µ(O2 ) = RT lnp(O2 )I

p(O2 ) II (5)

Aus Gl. (5) ergibt sich die EMK einer Sauerstoffkonzentrationszelle einfach als

E =RT4F

lnp(O2 ) II

p(O2 ) I (6)

Der p(O2) auf Anodenseite wird in der Regel durch Gasgleichgewichte bestimmt wie z.B. in

Gl. (2).

Referenzgas

EMK

Festelektrolyt

Elektroden

Messgas

O2-O2-

O2

H2 H2O

Kathode

Anode

Elektrolyt

Fig. 1a und 1b Funktionsprinzip des potentiometrischen Sauerstoffsensors (links) und

der Festelektrolyt-Brennstoffzelle (rechts).

4. Potentiometrische Sauerstoffsensoren

Potentiometrische Sauerstoffsensoren werden zur Prozessüberwachung und zur Bestimmung

von Sauerstoffpartialdrücken benutzt. Hierzu wird auf der einen Seite des Sensors ein

Referenzgas mit einem genau definierten p(O2) angelegt, auf der anderen Seite das zu

überwachende Gas mit unbekanntem p(O2).

Die für die Gemischregelung in Verbrennungsmotoren benutzte λ-Sonde funktioniert nach

dem gleichen Prinzip. Man nutzt bei der Gemischregelung den Effekt, dass sich der

Sauerstoffpartialdruck im Abgas in der stöchiometrischen Luft/Kohlenwasserstoff-Mischung

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Brennstoffzellen und Sauerstoffsensoren 4

(λ=1) um Grössenordnungen ändert. Diese ruft eine grosse Änderung in der EMK der λ-

Sonde hervor und kann deshalb sehr gut zur Regelung des Gemischs verwendet werden.

5. Festelektrolyt-Brennstoffzellen

Brennstoffzellen werden zur elektrochemischen Umsetzung der chemischen Energie eines

Brenngases mit Luft in elektrische Energie und Wärme verwendet. Sie weisen einen höheren

Wirkungsgrad als konventionelle Wärme-Kraft-Kopplungs Kraftwerke auf, da sie nicht an

den Carnot-Zyklus gebunden sind. Im Gegensatz zu diesem sind sie nicht auf eine möglichst

grosse Temperaturdifferenz zwischen der Betriebstemperatur des Kraftwerks mit der

Umgebungsluft angewiesen. Ihr Wirkungsgrad, η, ist nur limitiert durch die Differenz der

Enthalpie, ∆H, die den Energieinhalt der chemischen Reaktion bestimmt und die Freie

Enthalpie, ∆G, die die maximal zu gewinnende elektrische Energie definiert:

η =∆G∆H

(7)

Ein Vergleich des Verlaufs des Wirkungsgrades mit der Temperatur wird in Fig. 2

wiedergegeben.

0

20

40

60

80

100

0 500 1000 1500T [K]

Carnot-Zyklus

SOFC (Verbrennung von Methan)

Fig. 2 Theoretischer maximaler Wirkungsgrad für eine Festelektrolyt-Brennstoffzelle bei der

vollständigen Verbrennung von Methan zu Kohlendioxid und für den Carnot-Zyklus

mit einem unterem Termperaturreservoir von 300 K.

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Brennstoffzellen und Sauerstoffsensoren 5

Festelektrolyt-Brennstoffzellen sind in Bezug auf die Wahl der Brennstoffe flexibler als die

anderen Typen von Brennstoffzellen wie z.B. Polymer- oder Phosphorsäure-Brennstoffzellen.

Wegen des relativ hohen elektrischen Innenwiderstandes keramischer Festelektrolyte bei

tiefen Temperaturen liegt ihre Betriebstemperatur jedoch bei >600°C.

Wird eine H2-O2 Brennstoffzelle bei offenem äusserem Stromkreis betrieben, liegt ihre

Zellspannung bei der EMK gegeben durch Gl. (4). Schliesst man jedoch diesen Stromkreis

(z.B. Glühbirne als äussere Last), so fliesst im äusseren Stromkreis ein Elektronenstrom und

durch den Festelektrolyten ein O2--Ionenstrom. Um die Strom-Spannungs-Charakteristik einer

Brennstoffzelle zu verstehen ist es nötig zuerst die Triebkräfte für die Bewegung von

Elektronen und Ionen im gesamten System zu betrachten.

6. Treibende Kräfte für den Transport von Ionen und Elektronen

Betrachten wir zunächst die Bewegung von Sauerstoffionen im Festelektrolyten. Aufgrund der

Natur von Sauerstoffionen als chemische Spezies und als Ladungsträger werden

Sauerstoffionen sowohl durch ein chemisches als auch durch ein elektrisches Feld getrieben.

Wir führen daher den Begriff des elektrochemischen Potentials , ˜ µ , ein.

Das chemische Potential ist mit dem elektrochemischen Potential und dem elektrischen

Potential, ϕ, wie folgt verknüpft:

˜ µ (O 2− ) = µ(O2− ) − 2Fϕ (8a)

respektive

∆ ˜ µ (O 2− ) = ∆µ(O 2− ) − 2F∆ϕ (8b)

Der Gradient des elektrochemischen Potentials zwischen Anode und Kathode ist die treibende

Kraft für den Transport des ionischen Stroms:

j i = −σ i

2F∇ ˜ µ (O2− ) (9)

Aus Gl. (9) ist ersichtlich, dass der ionische Strom proportional zur ionischen Leitfähigkeit ist

und genau dann verschwindet, sobald die Differenz des elektrochemischen Potentials und

damit auch der Gradient null ist. Es gilt dann (Gl. (8b)) dass ∆µ(O2-) = 2F∆ϕ .

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Brennstoffzellen und Sauerstoffsensoren 6

7. Festelektrolyte

Sauerstoffsensoren und Festelektrolyt-Brennstoffzellen benötigen keramische Festelektrolyte

mit möglichst hoher ionischer Leitfähigkeit. Zusätzlich müssen diese Materialien eine hohe

Beständigkeit sowohl an Luft als auch unter stark reduzierenden Bedingungen aufweisen.

7.1 Materialien

Es gibt nur wenige Materialien, die diese Bedingungen erfüllen. Die am meisten eingesetzten

sind tetragonal oder kubisch stabilisiertes Zirkonoxid (3, resp. >8 mol% Y2O3 stabilisiertes

ZrO2). Obwohl es Materialien mit noch höherer Leitfähigkeit gibt, werden diese bisher noch

kaum eingesetzt, da ihre Stabilität in reduzierender Umgebung so gering ist, dass sie

zusätzlich zu ionischer auch elektronische Leitfähigkeit entwickeln (z.B. dotiertes CeO2). Wir

beschränken uns daher im Folgenden auf Zirkonoxidelektrolyte.

Die Dicke des Elektrolyten beträgt bei Brennstoffzellen üblicherweise ca. 200 µm, wobei auch

Systeme mit Elektrolytdicken von 5 bis 30 µm in Entwicklung sind. Bei Sauerstoffsensoren

beträgt die Dicke der Elektrolytschicht meist 1 bis 2 mm, da der Spannungsabfall am

Elektrolyten die Ansprechzeit des Sensors kaum beeinflusst.

Elektrische Leitfähigkeit

Die elektrische Leitfähigkeit von kubischem ZrO2 als Funktion von 1/T ist in Fig. 3

dargestellt. Die ionische Leitfähigkeit des Materials beruht auf Sauerstoffleerstellen, die durch

Substitution von Zr4+ durch Y3+ hervorgerufen werden. Diese bewegen sich nach einem

Hopping-Mechanismus. In der Kröger-Vink Notation schreibt man

2Y 3+ + 3O 2− ZrO2 → 2YZr' + VO

•• + 3Oox (10)

Die ionische Leitfähigkeit des Materials ist abhängig von der Konzentration und der

Beweglichkeit der Sauerstoffleerstellen nach der Gleichung

σ i = 2q VO••[ ]ν (11)

wobei die Beweglichkeit , ν, der Sauerstoffleerstellen thermisch aktiviert ist nach

ν =ν 0

Texp −

EA

RT

(12)

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Brennstoffzellen und Sauerstoffsensoren 7

wobei EA die Aktivierungsenergie für den Platzwechsel der Sauerstoffleerstellen ist.

-0.4

-0.2

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

0.75 0.8 0.85 0.9 0.95 1 1.05 1.1 1.151000/T [1/K]

Fig. 3 Ionische Leitfähigkeit von kubischem Zirkonoxid (8 mol% Y2O3-ZrO2, YSZ) versus

reziproke Temperatur.

Die Leitfähigkeit wird meist mit 4-Punkt-Messung ermittelt (Fig. 4. Siehe auch Anhang 1.).

Fliesst ein Strom durch eine Brennstoffzelle, so führt der Widerstand des Elektrolyten zu

einem Spannungsabfall, der dem Strom proportional ist (ohmscher Widerstand).

Fig. 4 4-Punkt-Messung eines elektrischen Widerstandes.

7.2 Kathode

Die Kathode ist in elektrochemischen Systemen diejenige Elektrode an der die Reduktion

(Ox + e- → Red) stattfindet. Im Fall von p(O2)-Sensoren und SOFC ist die Elektrode mit dem

höheren Sauerstoffpartialdruck die Kathode.

Die Kathode muss eine hohe elektrische Leitfähigkeit bei hohen Temperaturen und einen

niedrigen Widerstand für die Reduktion von Sauerstoff besitzen.

V

Probe

I

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Brennstoffzellen und Sauerstoffsensoren 8

Die kathodische Reaktion ist

1/2O2 + 2e − → O 2− (13)

Im allgemeinen besteht die Reaktion aus einer komplexen Abfolge von Adsorptions-,

Ladungstransfer- und Diffusionsschritten. Diese hängen zudem vom verwendeten

Kathodenmaterial und von p(O2), Temperatur und von der Stromdichte ab. Wir diskutieren sie

im Folgenden nicht eingehender, mögliche Reaktionssequenzen sind aber in Fig. 5

wiedergegeben. O2

Oad Oad OadO-

O-

O=O=

O=O=

O=

2e-

e-

2e-2e-

electrolyte

cathodecathodecathode

a

c1 c2

c3

c4

db

b’b"c3’

Fig. 5 Mögliche Reaktionsmechanismen an der Kathode.

Materialien für die Kathode sind gute elektronische Leiter, sie weisen i.a. eine Porosität von 40 bis 60% auf, besitzen eine Korngrösse von 0.3 bis 2 µm und eine Schichtdicke von 5 bis 50 µm.

Die verwendeten Materialien hängen stark vom Einsatzzweck ab. Bei Sauerstoffsensoren wird

häufig Platin verwendet, da dieses Material eine ausreichende elektrochemische Aktivität

besitzt und sowohl unter stark oxidierenden als auch unter stark reduzierenden Atmosphären

stabil ist. Für Brennstoffzellen werden meist Perowskite (ABO3) verwendet, die allerdings nur

unter oxidierenden Bedingungen stabil sind, dafür aber eine hohe Aktivität für die

Sauerstoffreduktion besitzen, es sind meist feste Lösungen mit einer Mischung von La3+ und

Sr2+ auf dem A- und einem Übergangsmetall auf dem B-Platz des Gitters. Am häufigsten

verwendet man La1-xSrxMnO3 (sog. LSM), wobei x zwischen 0.2 bis 0.4 variiert wird. Das

Bild einer LSM-Elektrode im Rasterelektronenmikroskop zeigt Fig. 6.

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Brennstoffzellen und Sauerstoffsensoren 9

Fig. 6 Mikrostruktur (REM) einer La0.8Sr0.2MnO3-Kathode (gesintert bei 1100°C/2h).

7.3 Anode

Die Anode ist die Elektrode an der die Oxidation stattfindet (Red → Ox + e-). Für die Anode

gelten ähnliche Bedingungen wie für die Kathode. Sie muss eine hohe Aktivität für die

elektrochemische Umsetzung des Brenngases besitzen.

Der Reaktionsmechanismus an der Anode hängt zusätzlich zu den schon für die Kathode

geltenden Bedingungen noch von der Natur des Brenngases und vom Ab- resp. Zu-Transport

von Reaktanden und Produkten ab. Materialien, die als Anode verwendet werden sind Pt für

Sauerstoffsensoren (aufgrund der universellen Einsetzbarkeit) und sogenannte Cermets,

Mischungen aus Metallen und Oxiden, für SOFC-Anoden. Es sind dies meist Mischungen aus

ca. 50% Ni und 50% Zirkonoxid.

Die elektrochemische Bruttoreaktion bei Brennstoffzellen, im Betrieb mit Wasserstoff ist

O 2- + H 2 → H 2 O + 2e- (14)

Bei Sauerstoffsensoren kommt der katalytischen Aktivität der Anode noch eine andere

Bedeutung zu. Betrachten wir ein zu messendes Gasgemisch aus einem Kohlenwasserstoff

und Luft bei 700°C. Wir stellen leicht fest, dass wenn wir ein Anodenmaterial benützen, das

eine katalytische Umsetzung der anwesenden Reaktanden bewirkt, der gemessene p(O2) nicht

dem Sauerstoffpartialdruck des Gasgemischs entspricht (der ja im Ungleichgewicht ist!).

Fig. 7 und 8 zeigen eine Pt-Elektrode und eine Ni/ZrO2-Cermet-Anode im REM.

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Brennstoffzellen und Sauerstoffsensoren 10

Fig. 7 und 8 Pt-Elektrode (900°C/2 h, links). Ni-YSZ-Cermet Anode (1350°C/2 h, rechts).

8. Strom-Spannung Charakteristik der Elektroden und der Brennstoffzelle

8.1 Gleichgewicht

Die Zellspannung ist wie folgt definiert:

VCELL = EK-EA (15)

Hier ist EK das Potential der Kathode und EA dasjenige der Anode. Wenn kein Strom durch

eine Elektrode fliesst ist ihr Potential durch das Gleichgewichtspotential EEQ bestimmt. Also

ist jede Elektrode bei I=0 im Gleichgewicht und die Zellspannung wird Open Circuit Voltage

(OCV) genannt.

VCELL (I=0) = EKEQ-EA

EQ = OCV (16)

8.2 Ungleichgewicht

Eine ideale Elektrode kann ihr Potential konstant halten (E=EEQ) unabhängig vom fliessenden

Strom (siehe Figur 9).

Fig. 9 Strom-Spannung Charakteristik einer idealen (unpolarisierbaren) Elektrode. I (mA)

E (mV)

EEQ

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Brennstoffzellen und Sauerstoffsensoren 11

In der Praxis ändert sich das Potential einer Elektrode mit der Aenderung des Stromes. Es

wird deshalb die Ueberspannung η definiert wie in Figur 10 gezeigt.

ηK = EK-EKEQ (17)

ηA = EA-EAEQ (18)

Die Ueberspannung ist positiv für die Anode (oxidativer Prozess) und negativ für die Kathode

(reduktiver Prozess). Wenn kein Strom fliesst ist η=0.

Fig. 10 Strom-Spannung Charateristik und Ueberspannung von realen (polarisierbaren)

Elektroden.

Die Überspannung muss als elektrokinetischer Verlust gesehen werden und steht deshalb im

direkten Zusammenhang zur Kinetik der elektrochemischen Reaktionen. Je langsamer die

Reaktion, desto schlechter ist die Performance der Elektrode und desto höher ist die

Überspannung. Die Überspannung hängt stark von den Elektrodenwerstoffen ab. Ein

wichtiges Forschungsthema ist die Entwicklung von neuen Elektrodenmaterialen, welche

hohe Stromdichten bei tiefen Überspannungen haben.

I (mA)

E (mV)

ηηηη K

ηηηη A

0

E K EQ

E K

E A EQ

E A

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Brennstoffzellen und Sauerstoffsensoren 12

9. Aufgabenstellung

9.1 Sauerstoffsensoren

In diesem Teil des Versuchs soll der Sauerstoffpartialdruck eines Gasgemischs bei 1000 K

ermittelt werden.

Materialien:

• 1 Sauerstoffsensor mit Pt-Elektrode innen und aussen

• 1 Versuchskammer für Sensor

• 1 Ofen mit Regler

• 1 Gasmischapparatur mit Gasbefeuchter

Vorgehen:

Der Sensor wird auf Betriebstemperatur (727°C) gebracht. Daraufhin wird dem Sensor ein

Gemisch aus N2/H2, gesättigt mit H2O zugeführt, der Gasfluss soll dabei gesamthaft ca.

10 ml/min betragen. Die Referenzgasseite des Sensors (innen) ist gegen Luft geöffnet, welche

somit als Referenzgas benutzt wird. Ein Schema des Messaufbaus zeigt Fig. 11.

EMK

Thermoelement

Gaseinlass Gasauslass

Wasserkühlung

Ofen

Quarzrohr

Fig. 11 Messaufbau für die potentiometrische Messung von Sauerstoffpartialdrücken. Die

Spannung wird mit einem Voltmeter (Keithley 197 DMM) gemessen.

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Brennstoffzellen und Sauerstoffsensoren 13

Aufgaben:

• Vor dem Versuch: leitet die Beziehung der EMK zu den Partialdrücken (p(H2O), p(H2),

p(O2air)) und zur Gleichgewichtkonstante K (H2O ↔ H2 + 0.5 O2, K=8.57 10-11 atm1/2) her.

Aus dieser Gleichung berechnet ihr den theoretischen Sauerstoffpartialdruck des im

Versuch verwendeten H2O/N2/H2 Gasgemischs und die entsprechende Spannung des

Sensors.

• Messt die Spannung des Sensors bei 727°C (1000 K).

• Vergleicht den gemessenen Sauerstoffpartialdruck mit dem berechneten Wert.

9.2 Festelektrolyt-Brennstoffzellen

Die Strom-Spannungscharakteristik einer Brennstoffzelle soll ermittelt werden. Zur

Verfügung steht eine Zelle mit einem 10 mol%-Y2O3 stabilisierten Zirkonoxid-Elektrolyt

(10YSZ) (~1mm dick), einer LSM-Kathode (~40 µm dick) und einer Ni/YSZ-Cermet Anode

(~50 µm dick). Auf der Zelle befinden sich insgesamt 4 Elektroden, je zwei über die ein

Strom fliesst (Arbeitselektroden) und zwei als Referenzen zur Messung des Spannungsabfalls.

Die Fläche der Arbeitselektroden der Zelle beträgt 1 cm2. Diese Zelle soll bei einer

Temperatur zwischen 800 und 900°C mit Luft auf der Kathodenseite und einem H2O/H2/N2-

Gemisch auf der Anodenseite betrieben werden. Der Versuchsaufbau kann Fig. 12

entnommen werden. Details und Verbindungen der Zelle selbst sind in Fig. 13

wiedergegeben.

Mit der Widerstandsdekade und dem in den Stromkreis geschalteten Netzgerät kann der

Zellstrom und die Zellspannung variiert werden. Es sollen so ca. 10-15 Messpunkte

aufgenommen werden zwischen offenem Stromkreis (I=0) und Kurzschluss (VCELL=0). Die

Messung der OCV, der Zellspannung und der Überspannungen kann dazu verwendet werden,

die Verluste der Zelle zu lokalisieren.

Luftzufuhr

Wasser/Wasserstoff-Zufuhr

ThermoelementZelle

Alox-Abstandhalter

Quarzrohr

Fig. 12 Aufbau für die Brennstoffzellenmessung.

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Brennstoffzellen und Sauerstoffsensoren 14

Fig. 13 Schematische Verbindungen der Arbeits- und Referenzelektroden. Wir messen die

Spannungen mit einem Multichannel-Messgerät (Keithley 2001 DMM) und den Strom mit

einem Ampèremeter (Keithley 197A DMM).

Die Strom-Spannungs-Charakteristik besteht aus einem ohmschen Verlust im Elektrolyten

(RYSZI), der proportional zum Widerstand des Elektrolyten und seiner Dicke ist, sowie den

Überspannungen der Kathode, ηK, und der Anode, ηA(kinetische Verluste):

VCELL(I) = OCV – I ⋅ RYSZ - |ηΚ| - |ηΑ| (19)

Aufgaben-Kontrollfragen:

• Bestimmt den Widerstand einer 10YSZ Probe mit Hilfe der 4-Punkt-Messung. Berechnet

den spezifischen Widerstand. Vergleicht mit den Werten der Literatur (siehe Anhang 2).

• Welche ist die Richtung des elektrischen Stroms und der Elektronen im elektrischen Kreis

anhand der Gleichungen (13) und (14)?

• Wie erklärt man den Verlauf der Spannung der Zelle mit zunehmendem Strom? Hinweis:

Absatz 8.

• Messung der Strom-Spannung Charakteristik einer Zelle bei 800°C: messt als Funktion des

Stromes die Spannung der Zelle, die Ueberspannungen der Kathode und der Anode sowie

OCV

ηK

ηΑ

Anode

Kathode

R

I

Elektrolyt (YSZ) VCELL

Ref.-K

Ref.-A

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Brennstoffzellen und Sauerstoffsensoren 15

die Spannung zwischen beiden Referenzelektroden. Mit Hilfe der Gl. 19 bestimme man

den spezifischen Widerstand des Elektrolyts und vergleiche ihn mit dem am Anfang des

Versuchs berechneten Wert.

• Welcher der elektrischen Verluste (ηA, ηK oder RYSZI) ist anhand der experimentellen

Ergebnisse der wichtigste?

• Berechnet die Leistung der Zelle (P = VCELL.I) als Funktion des Stromes.

Der Bericht soll die Tabelle der Messwerte und die folgenden Graphen enthalten:

- VCELL, OCV =f(I)

- ηA, ηK, RYSZI = f(I)

- P= f(I)

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Brennstoffzellen und Sauerstoffsensoren 16

Anhang 1: Messung von elektrischen Widerständen

R = Widerstand (Ω)

ρ = spezifischer Widerstand (Ω.m)

σ = Leitfähigkeit (Ω-1.m-1)

Es gibt zwei Arten, den elektrischen Widerstand zu messen: die 2-Punkt-Messung ist

einfacher durchzuführen, aber die 4-Punkt-Messung ist verlässlicher. Bei dieser Methode

enthält der Spannungsabfall V nicht die Polarisation (Überspannung) der Kontaktstellen, die

den Strom von und zu der Probe führen.

R =Sl

ρ

σ = ρ-1

S

l

I Probe

V

4-Punkt-Messung

Probe

I

V

2-Punkt-Messung

Probe

I

R =IV

Kontakte mit Pt-Paste

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Brennstoffzellen und Sauerstoffsensoren 17

Anhang 2: Leitfähigkeit und spezifischer Widerstand von YSZ

Quelle: N. Mihn, T. Takahashi, Science and technology of ceramic fuel cells.