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Probleme aus der Theorie der Witrmeleitung. V. Mitteilung. Explizite LSsung des Bolometerproblems. Von Gustav Doetsch in Stuttgart. Einleitung. In der IV. Mitteilung:) wurde das sogenannte Bolometerproblem auf- gewoffen: An das eine (unzugiingliche)Ende x ~ 0 eines linearen W~irme- leiters ist eine W~irmequelle yon der unbekannten Temperatur A(~), wo t die Zeit bedeutet, angelegt; zwecks grSl~erer ~bersicht]ichkeit sei vor- liiufig angenommen, dab das ~ndere Ende x ~- c des Leiters auf der kon- stanten Temperatur 0 liegt und daJ3 die Temperatur ~(x)des Leiters zu Beginn des Versuches (~-----O) liberal] gleich 0 ist. Es wird nun die Tem- l)eratur ~(x, t) an einem ,,zugiinglichen" Zwischenpunkte x o (0 ~ x o ~ c) abgelesen, und daraus soll die an dem ]~nde x ----0 anliegende Temperatur A(t)" bestimmt werden. Dieses Problem l~uft auf eine lineare Integral- gleichung 1. Art hinaus: t) -- a( o, t), wo die durch den Stern angedeutete 'l~altung" das Integral t f A(~)O(zo,~--~)d~ o z) L Mitteflung yon F. Bernstein und G. Doetsch, Math. Zeitschr. 22 (1925); S. 285-292. H. Mitteflung yon G. Doetsch, ebenda 22 (1925), S. 293-806. HI. Mit- teilung yon G. Doetsch, ebenda 25 (1926), S. 608-626. IV. Mitteilung yon F. ~ernstein und G. Doetsch, ebenda 26 (1927), S. 89--98. Im folgenden sis MI, MII, MIII, M IV zltiert.

Probleme aus der Theorie der Wärmeleitung

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Prob leme aus der Theor ie der Witrmele i tung .

V. Mitteilung.

Explizi te LSsung des Bolometerproblems.

Von

Gustav Doetsch in Stuttgart.

Einleitung.

In der IV. Mitteilung:) wurde das sogenannte Bolometerproblem auf- gewoffen: An das eine (unzugiingliche)Ende x ~ 0 eines linearen W~irme- leiters ist eine W~irmequelle yon der unbekannten Temperatur A(~), w o t die Zeit bedeutet, angelegt; zwecks grSl~erer ~bersicht]ichkeit sei vor- liiufig angenommen, dab das ~ndere Ende x ~- c des Leiters auf der kon- stanten Temperatur 0 liegt und daJ3 die Temperatur ~ ( x ) d e s Leiters zu Beginn des Versuches (~-----O) liberal] gleich 0 ist. Es wird nun die Tem- l)eratur ~ ( x , t) an einem ,,zugiinglichen" Zwischenpunkte x o (0 ~ x o ~ c) abgelesen, und daraus soll die an d e m ]~nde x ---- 0 anliegende Temperatur A(t)" bestimmt werden. Dieses Problem l~uft auf eine lineare Integral- gleichung 1. Art hinaus:

�9 t) -- a( o, t),

wo die durch den Stern angedeutete 'l~altung" das Integral

t

f A(~)O(zo,~--~)d~ o

z) L Mitteflung yon F. Bernstein und G. Doetsch, Math. Zeitschr. 22 (1925); S. 285-292. H. Mitteflung yon G. Doetsch, ebenda 22 (1925), S. 293-806. HI. Mit- teilung yon G. Doetsch, ebenda 25 (1926), S. 608-626. IV. Mitteilung yon F. ~ernstein und G. Doetsch, ebenda 26 (1927), S. 89--98. Im folgenden sis MI, MII , MIII , M IV zltiert.

568 " o, ~)oe~k

und G(x, t) die Greensche Funktion (vgl. M I, S. 292)

bedeutet. In M IV wurde nun gezeigt, dall" die gestellte A~ufgabe sich erheblieh verelnfachen liil~t, indem es n~mlich geniigt, das entsprechende Problem flit den einseitig u~ndlieh l a ~ Leif~r (0 ~ x ~ cx~) zu 16sen. Fiir diesen reduziert sich die Greensche Funktion auf (vgl. M II, S. 303)

.~'(:~, t ) = z , t 2 [~t'l--------~, e ,

d.h. auf alas dem Summationsindex m = 0 entsprechende Glied. Ist die den Tempera~urablauf ~(Xo, t) bei unendlieh langem Lei~er erzeugende Rsnd~mperatur A(t) gemKtl der Integralgleichung

a)(%, t )= A(t) . v,(Xo, t) bestimmt, so finder man A(t) mit Hilfe dot Formel (3a) oder (3b) yon M IV. Es kommt also alles darauf an, die vereinfaehte Integralgleichung zu lfsen, was in expliziter Form in der gegenw~rtigen Mitteilung ge- sehehen soil Das dabei angewand~e Veffahren hat selbstversf~ndlich such allgemeinere Bedeutung, wird abet schon an diesem speziellen Fall hin- reichend deutlich werden. -- Um ein Beispiel yon der Anwendbarkeit unserer Lfsung zu nennen, sei auf das klassische Problem der Temperaturverteilung des Erdinnern hing~wiesen, das an anderer 8telle behandelt werden sol].

In w 1 sind einig'e vorbereitende Erfrterungen zusammengestellt, wi~hrend die eigentliche Belitmdlun~ clef Integralgleichung in w 2 enthalten ist.

w

Hilfsbetraehtungen.

1. Die Lfsung der psrtiellen Differentialgleiehung der Wiirmeleitung besitzt ~,eine Eigensehaft, die-fiir das Bolometerproblem yon wesentlicher Bedeutung ist. Wit behaupten n~mlich:

/ Die vonder Randtemperatur A (t) in ei~em einseitig unendlich langen Wdrmeleiter yon der An/angstemperatur ~(x)~-O erzeugte Tempera~ur.. verteilung

�9 (z, t) ----- A(t) * ~,(x, t)

beaitzt /err #des Wertepaar z > O, t > 0 sdmtli~e partidlen Ableitungen nach de; Variablen t, und es gilt in jedem Punkte ~:> O:

o ~ It o g ~p �9 ( x , t ) - - , o , - ~ o , - ~ # - - - , o , . . . ~at t - - , o .

Probleme aus der Theorie der W~mdeitung. V. 5 6 9

Beweis, Dall ~ ' (z , t) selbst fiir t--~ 0 an die Randwerte 0 an- schliegt, wurde in M I I bewiesen und wird sehon durch die Natur des

a@ Problems (~ (x) ---- 0) gefordert. Um -~ zu bilden, benutzen wit einen

Spezialfall des HiIIssatzes 2 in M II, S. 294, der besagt: Eine Funktion F,( t ) sei tiir t > 0 stefig dif[erenzierbar, eine weitere Funktion F,(t) yon t > 0 bis zum Nullpunkt (uneigentlioh) absolu~ integrabel; ist P, (0) -----0, so ist die Faltungsfunktion

= F, Ct).

iiir t > 0 dif[erenzierbar, und zwar ist

�9 '(t)= ,)d,. 0

Wenden wit diesen Satz an suf

F,( t )=v,(z , t ) , ~'~ (t) =- A (t) ,

i~o ergibt sieh wegen

F x ( 0 ) = l i m v , ( z , t ) = 0 bei festem z > 0, t-~o

dag sogar unter unserer in den hiiheren Mitteilungen iibliehen weiten Voraussetzung, dag A (t) bloll uneigentlieh absolut integrabel zu sein brattcht,

a--~-~ f i i r t > 0 existiert und folgendermalten gebildet werden kann: at t

a~(~,t)~t = f ~ - ~)d~" tt

Da abet ov,(x,t) flit t--*0 gegen 0 strebt (vgl. MII) , so niihert sieh auch at a m(x,t) mit t dem Werte 0 . - Analog verliiuit der Beweis fiir die h6heren ~t kbleitungen

t

~',t(~,t) = Fa',p(x,,) A(t-- , )d, , ~t ~ d c~C'

0

da siimtliche Ableitungen von ~ ( z , t) mit t gegen 0 abnehmen.

Das Oleiche wie bei unendlich lsngem Leiter gilt iibrigens auch fiir die L6sung bei endtichem Ldter

t) = . 4 ( t ) . t),

well nach MII die Funktion G(x, t) mit ihren siimtlichen partiellen Ab- leitungen naeh t fiir t --~ 0 sich dem Werte 0 niihert.

570 - G. Doetsoh.

Aus der soeben bewiesenen Eigenschaft folgt, daf eine an die Anfangs- temperatur ~ (x) ----- 0 ansehliel~ende Temperaturverteilung ~ (x, t) die not- wendigen Bedingungen erfiillen muf, dab ihre s/imtlichen partiellen Ab- leitungen naeh t fiir t > 0 existieren und bei festem x mit t gegen 0 abnehmen. Eine solehe Funktion �9 (x, t) ist also flit bdn x im Punkte t ~ 0 analytisvh in der Variablen t, so daf eine Entwiek]ung nach Fotenzen yon t , wie ale in manchen ldassisehen Untersuchungen ~) zugrunde gelegt wird, iiberhaupt ausgesehlossen ist.

2. Im folgenden werden wit uns mit Vorteil dew Begriffes der Ab- ~eitung yon nicht ganzzahtiger Ordnung (der Riemann-Liouville- Sehen 8) Derivierten) bedienen. Da dieser Begriff sc.wie der eng damit zusammeah~ngende des iterierten Integrals yon nicht ganzzahliger Vielfach- heir sich unter Zuhilfenahme der Laplace.Trans/ormation, die Wir naehher benutzen werden, besonders iibersiehtlieh und zwanglos ergibt, so sollen die Dinge bier kurz yon diesem Standpunl~t aus behandelt werden.

Wir betrachten eine in #inem Intervall 0 ~_ t ~ T definierte Funk- tion F ( t ) , die dort siimtliche Ableitungen besitzt, yon denen wit der Einfachheit halber annehmen wollen, daft sie -- wie es sp~iter bei uns der Fall sein wird -- ebenso wie F ( t ) selbst im Nullpunkt si~mtlieh verschwinden. Dazu nehmen w.ir die dutch iterierte Integration yon 0 bis zur variablen oberen Grenze entstehenden Funktionen

t zk ,~

I k~' fd~fd~k.~ ... d~.f F(,~)d,~ (k= 1,2 . . . . ), 0 0 0

die man vermittels der Faltungssymbolik sehr einfaeh aufschreiben kann. Die Integration yon 0 bis t ist niimlich gleichbedeutend mit der Faltung der Funktion mi t de~ Konstanten i :

t

f F(,)d~---- F,~ l, o

so daft das k-fach iterierte Integral sieh so ausd~ekt:

I k P = F ~ I . I . . . . * I .

Die Ableitungen yon F , ~' selbst und die iterierten Integrale

(A) . . . , F * l - 1 , .F. 1, F, P', P" , . . .

�9 ) So z. B. bei S. yon Kowalevsky, Zur Theorie der partiellen Differentialgleichtmgen, Journ. f. d. reine u. angew. Math, 80 (1875), S. 1--32, und in den hieran ansohliel3enden Arbeit~n.

3) j. Liouville, Sur le ealeul deB diff~tentielles s indices quelconquea, Journ de 1'60. poly~chn. 21. eah., 13 (1832), S. 71-162~ B. Riemann, Versueh einer allgemeinen Auffassung der Integration und Differentiation, Gea. math. Werke, 2. Aufl., S. 353-866.

Probleme aus der Theorie der W~rmeleitung. V. 571

~ bilden in der hingeschriebenen Anordnung eine Folge, die man yon links nach rechts dutch den ProzeB der Differentiation, yon rechts nach links dutch den der Faltung (Integration) durchlRtfft.

Ehe wit weiterschreiten, wollen wir bemerken, dat~ man der Schreib- weme des k-faeh iterierten Integrals in der Faltungssymbolik einen un- mittelbar anschauliehen B e u ~ s flit die bekannte Tatsache entnehmen

,kann, dat~ dieses Integral sieh dutch ein tin]aches ausdriicken l~i~t. Da n~mlich die Faltung assoziativ ist'), so gilt

I ~ F = F * ( I * I * . . . . .1 ) - - - - -F .1 .

Nun ist abet, wie man leicht ausreehnet:

1 ----~=/,(k),

also t

,~-i I [ I ~ ~= r. ~ = ~aF(~) (~ - ~)*-~ d,.

0

Definieren wir F ( t ) ~ 0 flit t > T, so geh~rt F m i t seinen Ab- leitungen und iterierten Integralen zum ,Oberbereich"~), d. h. zum Be- reich derjenigen Funktionen, die Laplace-Transformierte besitzen, deren Gesamtheit den ,Unterbereich" ausmaeht. Bezeichnet man die Laplace- Transformierte yon F m i t f:

L ( F ) ~ f e - ' t F ( ~ ) d t = f(a), o

so ist unter unseren Voraussetzungen iiber F nach bekannten Siitzen')

(1) L ( F(')) f s" f ,

(2) L ( X . Y) = L ( X ) L ( Y ) ,

(3) L(I)-! also

und

4) G. Doetsch, Die Integrodifferentialgleichungen yore Faltungstypus. Math. Annalen 89 (1923), S. 192--207 [S. 199].

a) Siehe die in Fui3note 4) zitierte Arbeit, S. 197. o) Siehe die in Fuflnote 4) zitierte Arbeit, S. 198.

572 G.

Der F-u~onen~olge (A) entsprieht mithin im Unterbereich die na~h- stehende:

f f f, s f , egf, . . . . . (B) . . . ,

Dies ist nun einfach die Folge der mit f mu]tiplizierten Potenzen yon a mit negativ und positiv g_~-zzaldigen Exponenten. Da es sehr naheliegend ist, diese Folge flit beHebige reelle Exponenten ~ zu interpolieren, so denken wit uns im Unterbereich s~mtliche Potenzen

s " f hingeschrieben und bekommen dsnn automatisch die entsprechende Inter- polation im Oberbereich, wenn wit zu diesen UnterSmirtionen die Ober- funktionen bilden. Fiir z~g~ivea ~ = -- p (p > 0) hat s - = 8 - P eine Ober-

g,8--1 funktion, n/imlieb r-T~' so dal~, wenn wir die Umkehrung der Laplace-

Transformation mit L -1 bezeiclmen, nach Formel (2)

L-l(s_? f ) = z p-I

ist, womit wir fii~ ganzsahliges p = k auf die vorhin env~hnte Fonnel zuriieldallen and im sllgemeinen Falle nunmehr einen Ausdruek flit das p-fsche Integral bei betiebigem positiven p haben:

t

i P F = 1 f N j F ( , ) ( / - - ~ v

0

Ein niehtganzzahliges pos/ti, es e dagegen schreiben wit als Ditierenz einer positiven ganzen Zahl n und einer positiven Zahl

(also z.B. n = [ ~ ] ~ 1) und erhalten

a"f= a"0"P f). Zu s-Pf geh~rt ats OberSm~tion IPF, eine Funktion, yon der man nach dem schon S. 569 benutzten Hilfssatz feststellt, dab sie unter den tiber F gemachten Voraussetzungen beliebig oft di~erenzierbar isr:

t

0

und daft ihre Ableitungen fiir t = 0 versehwinden. Also ist nach Formel (1) t

d" IP F 1 f (m) = F (,1 ( t -

o

Probleme aus der Theorie der W'srmeleitung. V. 578

Dieser Ausdruck ist seiner Herleitung nach yon der speziellen Wahl yon n (und damit yon /~) unabh~ngig und liefert eine sinngen~l~e, mit der Riemsnnschen iihereinstimmende Definition der u-ten Ableitung oder Derivierten ~): ~

t

r(~) j o

Diese Formel schliel|t nun auoh den vorher erledigten Fall a <~ 0 ein: um fiir iim den richtigen Ausdruck zu erhalten, braueht man nur n ~ 0 zu nehmen. Daher kaun man das --e-faehe Integral suck durch D ~ bezeichnen s).

w

L6sung der Integralgleiehung des Bolometerprobleme."

Wie in der Einleitung susgefiihrt, besteht unsere Aufgabo darin, die Integralgleichung

�9 t) = A v,

mit der unbekannten Fun~ion A(t) ~.u 18sen. Nach w I mul~, damit iiberhaup~ eine L6sung existiert, notwendigerweise folgende Bedingung erfiillt sein:

( V o r a u s s e t z u n g N.) D~e ~egebene Fun~io~ ~ ( x o, ~) soll fV, r ~ ~ 0 sdmtliche Abldtungen (na~h t) bes~tzen, und diese sollen ebenso wie f~ selbst /iir ~-~ 0 verschwinden.

Ds die LSsung in einem Intervall 0 <~ t <~ T nut yon den Werten der Funktion ~ im gleichen Intervall abh~ngt~ so kSnnen wi~ ~ eventuel]

~) Wie man sich, indem man ~tffi[a]~ 1 nimmt, ]eicht iiberzeugt, genilgt es fftr die Giiltigkeit des Ausdrucks flit die a - te Derivierte, nut die Existenz der [~1§ 1 ersten Ablei~ungen und das Verschwinden der [~ ] ersten im Nullpunkt vomuszusetzen.

~) Die bier gemaohte Voraussetzung, da~ die Ableitungen yon F i m Nullpunkt Verschwinden, geniigt fiir den gegenw~rtigen Zweck und wurde im Interesse der Kiirze der Entwickelungen gemacht, ist jedoch fiir die Anwendbarkeit der Laplace- Transformation nicht wesentlich, wie ich an anderer Stelle zeigen werde. ~ A. M. Molinari nimmt in ihrer Arbeit ,Derivazione ad indice qualunque", Rendiconti acc. Linoei, Nots I : (5)25 (1916), 2. sem. S. 280--283; Nots I I : ib. S. 268--278; Nots IT[: (5)26 (1917), 2. sere, S. 57--60, die Funktion F sis yon - ~ bis ~-oo gegeben an und deft- niert die Derivierten dutch Integrale zwisehen den Grenzen --ov und t . Auch dieser Kalkiil ist der oben dargelegten Methode zug~nglich, wenn man dee Lapla~e~Integral y o n - ao his -t-~o erstreekt (eine vor allem yon Mellin behandelte Form)." Die Be- ziehung DC'~D~fDa~+~, deren Nachweis die zweite Note yon Frl. Mo]in~i gewidmet ist, wird bei Ubersetzung in den Unterbereich eine Selbstverst~ndlichkeit; ebenso durchsichtig werden die Anwendungen, die in der dritten Note gemacht werden (zu der Anwendung auf die Abelsche Integmlgleichung vg]. fibrigens die Behandiung in der S. 571, Ful3note ' ) zitierten Arbeit des V ~ r s , S. 203).

574 G. Doetsch.

fiir t > T so abiindern, da$ es eine Laplace-Transformiorte ~(Xo, S ) be- sitzt. Es entspricht dann unserer Integralgleichung wegen L [~o (xo, t) ] = e -*o ~q im Unterbereich die lineare algebraische Gleichung

(Zo, s) =

wenn wir die Unterfunktion vonA mit ,~ bezeiehnen. Ihre Lfsung lautet:

n

n = O

DaB einzelne Reihenglied besitzt eine Oberfunkt~ion und z~'ar naeh w 1, 2 wegen Voraussetzung (N)

n

�9 , , - e t ) .

Worm also die Reihe

~ z o ~ .~-~ .~ n---~0

fiir jedes t ~_ 0 konvergiert und auf sie die Laplace-Transformation gl ied- weise ausgeiibt werden darf, so ist sic die L6stmg unserer Integralgleichung.

Wir werden nun abet verifizieren, dal] sich diese Bedingung durch eine noch mildere and iiberdies leichter zu handhabende, die nicht mehr auI die Laplace-Trans.formation Bezug nimmt, ersetzen l~il~t:

( V o r a u s s e t z u n g H.) Die Reihe

A(t) = ~ , ~ D 9 ~(~ )

soll l~ir t ~ 0 konvergent .und in jedem endllchen Intervatl 0 <= f, ~ T gliedweiae integrierbar sein, auclt naeh Multiplikation mit einer positiven, eigentliek inteqrablen (~nd daher beschrankten) Punktion.

l)r naehfolgende Beweis 1K~t ans zugleioh deutlioh in den inneren Meehanismus tmserer Integralgleiehung und damit der L6stmg der W~irme- leitungsgleiehung hineinschauen. Start direkt die Riehtigkeit der Glei- chung

(a) A(t) . ~p (Xo, I ) ~(xo, () f-fir obJges A (t) nachzuweison, wollen wit zeigen, dal} (iir a: > x o

(b) A ( t ) . V, (:~, t) ----- ~(a:o, t) * V,(a: -- a:o, t)

ist, so dab a lso gilt:

l i m A ( t ) . W(x,t) = �9 (a:o,t),

Probleme aus der Theorie der Wgrmeleitung. V. 575

wenn z yon reohts gegen z, strebt.- (Dean @(zo, t ) . ~ ( z - - ~ o , t ) ist ja niohts anderes als die Temperatur eines yon x o aus na~h rechts sioh er- streckenden Wgrmeleiters, an den die Randtomperatur ~ (~o, t) angelegt ist, so dab die Temperatur fiir zo~--r an ~(xo, t ) ansehliel~en mull Physikaliseh gesproohen becleutet die Ohichung (b), dal3 in den Punkten x > z o dutch die Randtemperatur A (t), angelegt a n den Punkt z ----- 0, dieselbe Temperatur erzeugt wird, wie durch die Randtemperatur # (r t) , angelegt an den Punk~z o, so daft also ~(Xo. t ) die dutch A(t) in a: o er- zeug~e Temperatur sein mulL) Darch. den Nachweis yon (b) an Sidle yon (a) umgehen wit eine 8ehwierigkeit, auf die an der herr. Stelle hin- gewiesen werden wird. Da A( t )* V(x , t ) fiir x . = x o stetig ist, so ist es jedenfaUs gestattet, den Wert fiir z = r dureh Orenziibergang zu be- s~immen.

Nach Voraussotzung ( / t ) i s t

�9 = Y ' ~ D v ~ ( ~ , o , t ) * v , ( , r , t ) . A( t ) .W(~ , t ) / . ~ , n : O

Nun gilt aber: "

"Ig B

I) T r (~o, t ) . ~ (x, t) = r t ) . I) T ~ (-, t),

was man direkt im Oberbereieh, noeh leieh~er aber im Unterbereich veri- tlzieren kann:

(man beaoh~e, dal~ r (Zo, t) und W (z, t) boide die Bedingung (N) erfiillen). Mithin is~;

A( t )* W(z , t ) - - r ) . D ' W(=,t).

Nun erfiillt aber V,(~,t) die Gleiehung:

die sieh fiir geradzahlige n aus der Tatsaehe ergibt, d~B V~(~,t) der Wiirmeleitungsgleichung geniigt und allgemein wieder leioht im Unter- bereieh bewiesen werden kann:

L D u ~ s ~ L ( w ) ~ s g e - ~ ( - - 1 e-,~_~(--_, az~L(.W).

576 ~. Doet~oh.

Also is~

A ( t ) . v , ( z , t ) = Z ( - I ) " ~ ~(%, t ) . ~ v' (z' ') n'~O

~t. ~X n n ~ 0

wobei die Vertauschung yon DifFerentiation und Integration sehr leioht reehtiertigen ist. ~eehts steht nun abar oinfach die Taylorentwioklung dot l~unktion U ( z ) = �9 ( zo, t ) . V' ( z, ~ ) ,nit dem Entwicklungsmittelpunkt z und dem Inkrement -- %. Diese stellt die ~'unktion innerhalb des gr~llten Kreiaos in do t koraplexen z-'Ebene um den Punkt z dar, der nooh dora Regularit~tsgebiet yon U(z) angeh6rt. Nun is t abet die Funktion

t~ 2

z ~(xe, t - ~ ) e - ~ flit jedes �9 des reellen Intervalls �9 (Xo, t - = ,/,

0 ~ �9 ~ t zeguliir in dora dutch I arc z I < T detlnierten Gebiet q~ und stetig

in (z,~), wenn z in dem Oebiet ~ und r in dem Intervall 0 ~ variiert (in q~ ist ~ z ~ > 0). Folglioh ist nach einem Satz yon De laVall~e- Poussin ~) U(z )e ine in ffi reguliire Funktion, und die Taylorentwioklung um den Punkt ~ ( > 0) s~ellt die Funktion dar in dem Kreis um z mit

>

A(t) * ~ ( ~ , t ) : ~ ( % , t ) * ~ ( z - - Zo,t) .

Nun sind abet beide Seiten analytisch in z fiir l a r e ( ~ - % ) l < 4 ' und

da sie auf der Streeke z > ~ % iibereinstimmen, so sind sie im ganzen Regularit~sgebiet identisch; die Gleiehung gilt daher iiir alle ~ >, Zo, wie wit behauptet hab~m:~

Wit kfinnen also ~olgendes Theorem f.ormulieren:

Wenn d~e a n der ~telle % abgelesene Temperatur/unktion ~ (%, t) die Bedingungen (N) u~d (It) er/iiIlt, so wird dos Bolometer~roblem ge- 10st dutch die Randtem~eratur

1~=0

g) Brux. Ann. see. scient. 17 (1898), S. 323. 1o) Man sieht aus dem Beweis, warum wi r .n ich t direkt A ( t ) . ~ ( % , t ) aus-

xvohnen konnten. Wiirde m an in diesem Fall die Reihe als Ausd~ok filr die ent- sprevhende Funkt ion ansehen, so l ~ m e man zu dem bbsurden Resultat:

A ( t ) . ~(xo, t) = ~fxo, t ) . ~ (o , t )= ~(xo, t ) . 0=o .

Probleme aus dot Theorie der WRrmeleitung. V. 577

ausfiihrlioh geschrieben:

z ~ 1 ~ XO ~-§ ..~ (mq-1), I A(0 = 2 ' ~ ~c-,(~o,0 + ~ t~o, t)

. _ - o . . . .

__" Xog~ (XO, $) 1 ~ 'Xo ~ + x f~{m+l) - Z ~ . e ' ' ' + . ~ ~ ( ~ - - + u ) , ! (~o, ~ ) ( t '~ l -Zd �9 �9 m - - O " " V ~ ~ 0 "

" 0

Es sei der Hi:'weis auf die l~emerkenswerte Tatsaohe gestattet, dab d~r lange nut als eine formale Bildung angesehene DiHerentiakluoSient iTebrochener Ordnung sich hier bei einem physikalischen Problem als etwas durehaus Natargemg~es einstellt.

.Fiir die Anwendungen wird es niitzlich sein, einige praktisch leiehter zu verifizierende Bedingungen anzugeben, unter denen die Voraussetzung (H) erfiiilt i s t :

B e d i n g u n g I. Die Reihe flit A(t) ist in jedem endlichen Intervall 0 <~ 5 ~ T, gleichmgflig konvergent.

Dann is t A(t).notwendig ~ine stetige Funktion, da die Reihenglieder stetig sind. , - Die Bedingung I ist z.B. effiillt, w e n n

�9 .

~-~ x2 ~ . m ( m + l ~ t

gleichn~il~ig konvergiert, (Dazu geniigt ee, daS flit alle 5�9 m

mit zwei positiven Konstanten K und r ist.) Dann konvergieren ngmlioh auch die Reihen

und

~-~--o ( ~ r (Xo, t) ~ gldchraiillig.

B e d i n g u n g II. Die Reihe fiir A(t) konvergiert in jedem endlichen Intervall gegen eine integrable Funktion und ihre Psrtialsummen sind dor~ gleichmiillig beschriinkt'.

Dann gilt dasselbe fiir die mit einer positiven, integrierbaren (be- schrgnk~en )Funktion multiplizierte Reihe, unct diese ist daher nach einem Sa~z von Arzel~ 11) gliedweise integrabel. - - A(t) ksnn in diesem Falle unstetig sein, was ja gerade in den Anwendungen h~iufig vorkommt,

3 z) Rendiconti tmc. Lincei( 4 ) | (1885), S. 587; Memorie ist. Bologna (5) $ (1899), S. 723.

M a t h e m a t i s c h e Z e i t s c h r f f t . X X V I I I .

578 o. Doetseh. Probleme sus der Theorie der W~a'm~ieitung. V.

Wir wollen nun noch kurz zusammenstellen, wie die Lfsung im all. gemeinen Fall aussieht. Hat zun~ichst der Wiirmeleiter die endliche Ldnge c. so erhiilt man die zugeh6rige Randtemperatur A(t) aus dem oben berechneten A(t) gemiift Formel (3b) in MIV (S. 93) in folgender Weiss:

.4(t) A ( t ) {1 [v,(2((~-l)(~--:,,o)+~),t) ~(2,',(~'~o),t)]

Dabei ist noch die Annahme gemacht, daft das Ende z : c auf der konstanten Temperatur B(t)-~ 0 gehalten wird und da~ der Leiter zu Beginn des Versuches die iiberall gleiche Temperatur ~ ( x ) = 0 hatte. 8ind B(t) und ~ ( z ) nicht identisch 0, so wird der Temperaturablauf im Punkte ~ = z o gegeben dutch (siehe M I I I S. 612):

r

�9 (Xo, t ) : A ( t ) - G(xo, t )+B( t ) * G ( c - xo, t)-i-fF(Xo,~;t) ~(~)d~, 0

WO

2 ~ - m ~ ~ Z �9 z �9 F(;~, ~; t) : ~- e sm m~zTmnm~z- ~

m----'1

ist. Die Integralgleichung des Bolometerproblems lautet daher in diesem allgemeinsten Falls

r

.4(t) ~ o (~o, t) = �9 (~o, t) B ( t ) . a (c - Xo, t) - J" r ( ~ o , ~; t) �9 (~) d~, 0

so daft wir in unserer L6sung S. 576 bzw. oben an die Stelle der gegebenen Funktion, die friiher ~(~:o,t) hiel~, nanmehr den Ausdruck

�9 (z o , t ) - B( t ) . a ( c - Zo,t ) - f F ( z o , ~ ; t ) ~ ( $ ) d ~ 0

zu setzen haben.

S t u t t g a r t , 16. April 1927.

(Eingegangen sam 8. Mai 1927.)