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345 Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 3 · 2009 | E.-A. Heinemeyer · K. Luden Niedersächsisches Landesgesundheitsamt, Außenstelle Aurich, BRD Probleme bei der Anwendung der DIN EN 12780 zum Nachweis von Pseudomonas aeruginosa aus Schwimm- teichen und Oberflächen- gewässern Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 2009 · 52:345–351 DOI 10.1007/s00103-009-0797-5 Online publiziert: 6. März 2009 © Springer Medizin Verlag 2009 P seudomonas aeruginosa (P. aeruginosa) gilt als ein bedeutsamer Krankheitserreger für Badende und wird daher in Schwimm- teichen (Kleinbadeteichen, Bioteichen) untersucht. Für die quantitative Untersu- chung von Oberflächenwasser einschließ- lich dem Wasser aus Schwimmteichen auf P. aeruginosa gibt es zurzeit kein genormtes Verfahren. Die einzige Norm zur Wasser- untersuchung auf P. aeruginosa – die DIN EN 12780 – ist für abgefülltes Wasser vor- gesehen. Sie ist auch für andere Wasserar- ten mit geringer Begleitflora wie Wasser aus Schwimm- und Badebecken oder Trinkwasser geeignet [1]. Aufgrund einer Empfehlung [2] und einer Norm [3] ist auch in Wasser aus Schwimmteichen die Anzahl von P. aeruginosa regelmäßig quantitativ zu bestimmen. Wasser aus Schwimmteichen hat eher den Charakter von Oberflächenwasser mit einem teilwei- se hohen Anteil an Begleitflora. Da für dieses Anwendungsgebiet eine spezifische Norm fehlt, wurde die Anwendung der DIN EN 12780 auch für Schwimmteiche empfohlen. Die Untersuchung dieses Parameters nach der genannten Norm stellt Labore vor Probleme, die zum einen in einem nicht unerheblichen Umfang zu falsch po- sitiven Ergebnissen führen können [4]. Zum anderen können sie mit einem für die Untersuchung dieser Gewässer unver- hältnismäßig hohen Arbeitsaufwand und mit sehr hohen Kosten verbunden sein. Das Umweltbundesamt (UBA) hat nach Anhörung der Schwimm- und Badebe- ckenkommission in einer Empfehlung [5] auf das Problem der Fehlbestimmung auf- merksam gemacht. In diesem Zusammen- hang wurde im informativen Anhang der DIN EN 12780 auch auf die Kontrollbe- brütung bei 42°C als mögliches Verfahren zur Differenzierung zwischen P. aerugino- sa und P. fluorescens bzw. P. putida hinge- wiesen. Allerdings wurden die Autoren der vorliegenden Arbeit von verschie- dener Seite immer wieder mit P.-aerugino- sa-Untersuchungen konfrontiert, die ohne eine Bebrütung bei 42°C durchgeführt wurden. Teilweise war die UBA-Empfeh- lung nicht bekannt, teilweise wurde auch argumentiert, dass es sich bei ihr eben nicht um einen Bestandteil der Norm handele. Mit der hier vorgelegten Unter- suchung soll gezeigt werden, wie hoch der Anteil an Fehlbestimmungen in Natur- schwimmteichen sein kann, wenn auf diese Bestätigungsreaktion verzichtet wird. Material und Methoden Wasserproben aus Schwimmteichen wur- den quantitativ gemäß DIN EN 12780 auf ihren Gehalt an P. aeruginosa untersucht. Hierzu wurden je Probe 100 ml und 10 ml Wasser filtriert (Sartolon Filter) und die Proben auf Cetrimid-Agar kultiviert. Zu- sätzlich wurden in Kontrollproben bei Grenzwertüberschreitungen (> 10 KBE/ 100 ml) 3 parallele Filtrationen von jeweils 10 ml durchgeführt, um im Bereich des Grenzwertes für Kleinbadeteiche hinrei- chend sicher zählen zu können. Fluoreszierende Kolonien ohne Bil- dung von Pyocyanin (verdächtige P. aeru- ginosa) wurden anhand ihrer Morpholo- gie und Fluoreszenz zu Gruppen zusam- mengefasst. Repräsentative Kolonien wurden auf Ammoniakbildung (Aceta- midreaktion) geprüft. Bei rötlich-braunen Kolonien ohne Fluoreszenz wurden zu- sätzlich die Oxidasereaktion und die Bil- dung von Fluoreszenz auf King’s B Agar geprüft. Fluoreszierende Kolonien, die als Sporenbildner erkennbar waren, blieben unberücksichtigt. Die Bildung von Ammoniak aus Acet- amid wurde in einem marktüblichen, zer- tifizierten Reaktionssystem, der Oxidase- Test mit Bactident-Oxidasestreifen und die Fluoreszenz auf King’s B Agar durch- geführt. Alle nach DIN EN 12780 posi- tiven Isolate wurden im API NE -System differenziert und das Wachstum bei 42°C auf Columbia-Schafblutagar geprüft. Im Folgenden werden als P. aeruginosa alle die Stämme bezeichnet, die gemäß DIN Originalien und Übersichtsarbeiten

Probleme bei der Anwendung der DIN EN 12780 zum Nachweis von Pseudomonas aeruginosa aus Schwimmteichen und Oberflächengewässern

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345Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 3 · 2009 |

E.-A. Heinemeyer · K. LudenNiedersächsisches Landesgesundheitsamt, Außenstelle Aurich, BRD

Probleme bei der Anwendung der DIN EN 12780 zum Nachweis von Pseudomonas aeruginosa aus Schwimm-teichen und Oberflächen-gewässern

Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch -Gesundheitsschutz 2009 · 52:345–351DOI 10.1007/s00103-009-0797-5Online publiziert: 6. März 2009© Sprin ger Me di zin Ver lag 2009

Pseudomonas aeruginosa (P. aeruginosa) gilt als ein bedeutsamer Krankheitserreger für Badende und wird daher in Schwimm-teichen (Kleinbadeteichen, Bioteichen) untersucht. Für die quantitative Untersu-chung von Oberflächenwasser einschließ-lich dem Wasser aus Schwimmteichen auf P. aeruginosa gibt es zurzeit kein genormtes Verfahren. Die einzige Norm zur Wasser-untersuchung auf P. aeruginosa – die DIN EN 12780 – ist für abgefülltes Wasser vor-gesehen. Sie ist auch für andere Wasserar-ten mit geringer Begleitflora wie Wasser aus Schwimm- und Badebecken oder Trinkwasser geeignet [1]. Aufgrund einer Empfehlung [2] und einer Norm [3] ist auch in Wasser aus Schwimmteichen die Anzahl von P. aeruginosa regelmäßig quantitativ zu bestimmen. Wasser aus Schwimmteichen hat eher den Charakter von Oberflächenwasser mit einem teilwei-se hohen Anteil an Begleitflora. Da für dieses Anwendungsgebiet eine spezifische Norm fehlt, wurde die Anwendung der DIN EN 12780 auch für Schwimmteiche empfohlen.

Die Untersuchung dieses Parameters nach der genannten Norm stellt Labore vor Probleme, die zum einen in einem nicht unerheblichen Umfang zu falsch po-sitiven Ergebnissen führen können [4]. Zum anderen können sie mit einem für die Untersuchung dieser Gewässer unver-

hältnismäßig hohen Arbeitsaufwand und mit sehr hohen Kosten verbunden sein. Das Umweltbundesamt (UBA) hat nach Anhörung der Schwimm- und Badebe-ckenkommission in einer Empfehlung [5] auf das Problem der Fehlbestimmung auf-merksam gemacht. In diesem Zusammen-hang wurde im informativen Anhang der DIN EN 12780 auch auf die Kontrollbe-brütung bei 42°C als mögliches Verfahren zur Differenzierung zwischen P. aerugino-sa und P. fluorescens bzw. P. putida hinge-wiesen. Allerdings wurden die Autoren der vorliegenden Arbeit von verschie-dener Seite immer wieder mit P.-aerugino-sa-Untersuchungen konfrontiert, die ohne eine Bebrütung bei 42°C durchgeführt wurden. Teilweise war die UBA-Empfeh-lung nicht bekannt, teilweise wurde auch argumentiert, dass es sich bei ihr eben nicht um einen Bestandteil der Norm handele. Mit der hier vorgelegten Unter-suchung soll gezeigt werden, wie hoch der Anteil an Fehlbestimmungen in Natur-schwimmteichen sein kann, wenn auf diese Bestätigungsreaktion verzichtet wird.

Material und Methoden

Wasserproben aus Schwimmteichen wur-den quantitativ gemäß DIN EN 12780 auf ihren Gehalt an P. aeruginosa untersucht.

Hierzu wurden je Probe 100 ml und 10 ml Wasser filtriert (Sartolon Filter) und die Proben auf Cetrimid-Agar kultiviert. Zu-sätzlich wurden in Kontrollproben bei Grenzwertüberschreitungen (> 10 KBE/100 ml) 3 parallele Filtrationen von jeweils 10 ml durchgeführt, um im Bereich des Grenzwertes für Kleinbadeteiche hinrei-chend sicher zählen zu können.

Fluoreszierende Kolonien ohne Bil-dung von Pyocyanin (verdächtige P. aeru-ginosa) wurden anhand ihrer Morpholo-gie und Fluoreszenz zu Gruppen zusam-mengefasst. Repräsentative Kolonien wurden auf Ammoniakbildung (Aceta-midreaktion) geprüft. Bei rötlich-braunen Kolonien ohne Fluoreszenz wurden zu-sätzlich die Oxidasereaktion und die Bil-dung von Fluoreszenz auf King’s B Agar geprüft. Fluoreszierende Kolonien, die als Sporenbildner erkennbar waren, blieben unberücksichtigt.

Die Bildung von Ammoniak aus Acet-amid wurde in einem marktüblichen, zer-tifizierten Reaktionssystem, der Oxidase-Test mit Bactident-Oxidasestreifen und die Fluoreszenz auf King’s B Agar durch-geführt. Alle nach DIN EN 12780 posi-tiven Isolate wurden im APINE-System differenziert und das Wachstum bei 42°C auf Columbia-Schafblutagar geprüft. Im Folgenden werden als P. aeruginosa alle die Stämme bezeichnet, die gemäß DIN

Originalien und Übersichtsarbeiten

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Originalien und Übersichtsarbeiten

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EN 12780 P. aeruginosa ergeben. Als taxo-nomische P. aeruginosa werden die Stäm-me bezeichnet, die im APINE-System P. ae-ruginosa ergeben.

Die Kontrolle der Ammoniakbildung aus Acetamid wurde exemplarisch gemäß DIN 38406-E5 [6] photometrisch durch-geführt, da die Aussage der DIN EN 12780 zum Nachweis der Ammoniakbildung nicht ganz klar erschien: Die positive Re-aktion zeigt sich in der „Produktion eines gelben bis ziegelroten Farbstoffs“. Wäh-rend in unserem Labor hier immer eine deutlich erkennbare Ausfällung erwartet wurde, stellte sich die Frage, ob auch schon eine leichte Gelbfärbung als positive Reak-tion angesehen werden muss. Der photo-metrische Test wurde mit positiven und negativen Kontrollen durchgeführt.

Ergebnisse

P. aeruginosa verdächtige Kolonien von Membranfiltern aus Routineproben von Schwimmteichen wurden regelmäßig auf Cetrimid-Nährböden auf die Bildung von

Pyocyanin untersucht. In . Tabelle 1 sind die Ergebnisse von 93 Beprobungen aus den Jahren 2004 und 2007 mit 3226 als P. aeruginosa verdächtigen Kolonien in Anlehnung an die . Tabelle 1 der DIN EN 12780 [1] dargestellt.

Insgesamt zeigten 101 Kolonien die ty-pische Pyocyaninbildung (Bildung eines blau-grünen Pigmentes). Von diesen wur-den 21 repräsentative Kolonien ausge-wählt, die alle gemäß der DIN EN 12780 als P. aeruginosa identifiziert werden konnten. Weitere Zusatzreaktionen bestä-tigten die Isolate als taxonomische P. aeru-ginosa.

Aus den 93 Proben konnten weitere 3121 Kolonien ausgezählt werden, die kein Pyocyanin bildeten, aber aufgrund ihrer Fluoreszenz unter UV-Licht als P. aerugi-nosa verdächtigt werden mussten (. Ta-belle 2). Von diesen wurden 345 repräsen-tative Stämme weiter geprüft. Gemäß DIN EN 12780 deutete die Kombination aus positiver Fluoreszenzreaktion und posi-tiver Acetamidreaktion in 45 Fällen auf P. aeruginosa. Es erwiesen sich jedoch im

APINE-System nur 12 als taxonomische P. aeruginosa. Ein weiteres Isolat wurde ohne APINE-Testung als P. aeruginosa ge-zählt. Nur diese 13 Stämme zeigten die Merkmalskombination: Wachstum bei 42°C und Ammoniakbildung aus Acet-amid.

Rötlich-braune Kolonien (. Tabelle 3) wurden nur in seltenen Fällen gefunden. In keinem Fall war P. aeruginosa nach-weisbar.

In . Tabelle 4 und 5 ist der gesamte Untersuchungsgang an einer Serie mit 3 Proben aus einem Schwimmteich aus-führlich dargestellt.

Insgesamt wurden zur Analyse von 3 Proben 88 Kulturen bzw. Subkulturen, 31 Cytochromoxidaseteste und 2 aufwen-dige biochemische Typisierungen durch-geführt. Es wurden 2 falsch positive P. ae-ruginosa, aber kein taxonomischer P. aeru-ginosa nachgewiesen.

Tabelle 1

Ergebnisse der Überprüfung blau-grüner Kolonien auf Cetrimid-Agar gemäß DIN EN 12780 sowie Ergebnisse der Diffe-renzierung nach APINE

Anzahl Kolonien„blau-grün“ (Pyocyanin)

Davon untersuchte Isolate

Ammoniakbildung aus Acetamidpositiv

Differenzierung nach APINE

„Falsch“ positive P. aeruginosa

Wachstum bei 42°C

P. aeruginosa

101 21 21 21 21 0

Tabelle 2

Ergebnisse der Überprüfung fluoreszierender – nicht blaugrüner – Kolonien auf Cetrimid-Agar auf Ammoniakbildung aus Acetamid gemäß DIN EN 12780 sowie Ergebnisse der Differenzierung nach APINE

Anzahl fluoreszierende Kolonien

Ammoniakbildung aus Acetamid positiv

P. aeruginosagem. DIN EN 12780

Differenzierung nach APINE

„Falsch“ positive P. aeruginosaa

Davongetestet

Davon Wachstum bei 42°C

3121 345 45 13 45 12-mal P. aeruginosa1-mal P. aeruginosa ohne Testb

2-mal P. fluoreszens13-mal P. putida17-mal sonstige Oxidase-positive Non-fermenter

32 (71 %)

a Bei Verzicht auf die empfohlene Bebrütung [5] bei 42° C; b war im Labor ohne Test als P. aeruginosa ohne weitere Differenzierung angesehen worden

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347Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 3 · 2009 |

Zusammenfassung · Abstract

remaining 3125 colonies, 349 representa-tive samples were isolated and examined further. Using the criteria of DIN EN 12780 fluorescense and ammonia formation from acetamide, another 45 colonies were con-sidered to be P. aeruginosa. 71 % (32) of these 45 non-pyocyanin-forming strains could not be confirmed by the APINE system. None of the 32 strains grew at 42°C, which is a characteristic feature of P. aeruginosa as mentioned in a note of DIN EN 12780. In 20 of the original samples, P. aeruginosa numbers exceeded the recommended limit value of 10/100 ml. Eleven cases (55 %) were caused by P. aeruginosa, which were not confirmed taxonomically. Due to insufficient selectivity, the method according to DIN EN

Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 2009 · 52:345–351DOI 10.1007/s00103-009-0797-5© Sprin ger Me di zin Ver lag 2009

E.-A. Heinemeyer · K. Luden

Probleme bei der Anwendung der DIN EN 12780 zum Nachweis von Pseudomonas aeruginosa aus Schwimmteichen und Oberflächengewässern

Zu sam men fas sungPseudomonas aeruginosa (P. aeruginosa) gilt als ein bedeutsamer Krankheitserreger für Badende und wird daher in Schwimm-teichen untersucht. Er kann regelmäßig auch in anderen Oberflächengewässern nachgewiesen werden. Für die quantita-tive Analyse von Schwimmteichen auf diesen Erreger wird gegenwärtig die An-wendung der in der DIN EN 12780 be-schriebenen Verfahren empfohlen, die eigentlich für abgefülltes Wasser gelten. Im vorliegenden Beitrag wird untersucht, ob sich diese Empfehlung in der Praxis bewährt. In 93 Wasserproben aus 5 Schwimmteichen wurden insgesamt 3226 Kolonien ausgezählt, die als P. aerugi-nosa verdächtigt wurden. Davon waren 101 Kolonien aufgrund ihrer Bildung von Pyocyanin direkt als P. aeruginosa be-

stimmbar. Von den übrigen 3125 Pyocya-nin-negativen Kolonien wurden 349 reprä-sentative Kolonien isoliert und weiter geprüft. 45 von ihnen ergaben gemäß DIN EN 12780 P. aeruginosa. Von diesen nicht Pyocyanin bildenden Stämmen, die auf-grund ihrer Fluoreszenz und Ammoniakbil-dung aus Acetamid gemäß DIN EN 12780 ebenfalls als P. aeruginosa bestimmt wur-den, konnten jedoch 71 % nicht im APINE-System bestätigt werden. Diese Stämme wuchsen auch nicht bei 42°C. Das Wachs-tum bei 42°C ist nach der Beschreibung im Anhang der DIN EN 12780 charakteristisch für P. aeruginosa, aber nicht Teil der Norm. In 20 der untersuchten 93 Wasserproben wurden P.-aeruginosa-Gehalte oberhalb des Grenzwertes (GW > 10 KBE/100 ml) festgestellt. Dabei wurden 11 Grenzwert-

Problems applying DIN EN 12780 for the detection of Pseudomonas aeruginosa in water from natural swimming pools and surface water

AbstractPseudomonas aeruginosa (P. aeruginosa) is a relevant pathogen to bathers and, there-fore, water from natural swimming pools is analyzed for its presence. P. aeruginosa can be detected regularly in surface waters. Currently the methods described in DIN EN 12780 are recommended for the quantita-tive analysis of water from natural swim-ming pools, although this standard was developed for bottled water. The present study examines whether the recommenda-tion is satisfactory. In 93 water samples from five natural swimming pools (Natur-schwimmteiche), 3226 presumptive P. aeru-ginosa colonies were detected. Of the 3226 colonies, 101 were directly confirmed due to their formation of pyocyanin. From the

überschreitungen (55 %) durch den Nach-weis taxonomisch nicht bestätigter P. aeru-ginosa verursacht. Die Methode entsprechend der DIN-EN-12780-Norm ist für Oberflächengewässer aufgrund zu geringer Selektivität praktisch nicht an-wendbar. Außerdem stellt die hohe Anzahl falsch positiver Ergebnisse bei der Bestim-mung von P. aeruginosa die Norm weiter in Frage. Es wird vorgeschlagen, bis zur Vor-lage einer geeigneten Norm in Oberflä-chengewässern das Wachstum bei 42°C als Bestätigungsmerkmal für P. aeruginosa mit zu untersuchen.

Schlüs sel wör terPseudomonas aeruginosa · DIN EN 12780 · Acetamid · Fluoreszenz · Naturschwimm-teich

12780 is not applicable for the testing of surface waters and water from natural swimming pools. The high number of false positive results for P. aeruginosa questions the standard even further. It is suggested that for surface water samples growth of P. aeruginosa at 42 °C has to be checked as an additional confirmation characteristics of P. aeruginosa until a reliable standard is pub-lished.

KeywordsPseudomonas aeruginosa · DIN EN 12780 · acetamide · fluorescence · natural swimming pool

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Originalien und Übersichtsarbeiten

348 | Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 3 · 2009

Die Acetamidreaktion

Die Sicherheit der Analyse auf die Bildung vom Ammoniak aus Acetamid (Aceta-

midreaktion) wurde bei einem Laborver-gleichstest [4] mit über 300 Laboren hin-terfragt. In diesem Test wurde der Stamm unter der laufenden Nummer 2 (. Tabel-

le 6) eingesetzt und von ca. 35 % der teil-nehmenden Labore fälschlicherweise als Acetamid positiv bewertet [4].

Diskussion

Erwartungsgemäß ist die Pyocyaninbil-dung (blau-grüne Koloniefarbe auf Ce-trimid-Agar) ein sehr sicheres Merkmal für das Vorliegen von P. aeruginosa (. Tabelle 1). Alle getesteten blau-grü-nen Kolonien ergaben auch im APINE-System taxonomische P. aeruginosa. Nach Reyes et al. [7] bilden nahezu 98 % aller klinisch relevanten P.-aeruginosa-Isolate Pyocyanin. Das Vorliegen von Pyocyanin ist somit als sehr sicheres Differenzie-rungsmerkmal anzusehen, da es von an-deren Bakterien, die mit P. aeruginosa verwechselt werden könnten, nicht gebil-det wird. In den Proben aus den Oberflä-chengewässern bzw. Kleinbadeteichen wurden neben den blau-grünen Kolo-nien jedoch auch sehr viele fluoreszie-rende und sehr selten rötlich-braune Ko-lonien gefunden, die gemäß den Anfor-derung der DIN EN 12780 mit der Acet-amidreaktion und ggf. zusätzlich auf Oxidase und Fluoreszenz auf King’s B Agar weiter zu prüfen sind.

Die Gesamtzahl verdächtiger Kolonien lag bei 3226 Kolonien (. Tabelle 1, 2, 3). Von diesen können 101 Kolonien aufgrund ihrer Pyocyaninbildung sicher als P. aeru-ginosa angesehen werden. Eine repräsen-tative Auswahl wurde auch biochemisch als solche bestätigt (. Tabelle 1). Das heißt, dass nur 3,1 % der Kolonien mit ge-ringem Aufwand sicher als P. aeruginosa erkennbar waren. Die übrigen 3125 Kolo-nien waren verdächtig. Um festzustellen, ob es sich bei diesen um P. aeruginosa han-delte, mussten weitere, teilweise sehr auf-wendige Untersuchungen angeschlossen werden.

In Wässern ohne einen hohen Anteil an autochthonen Bakterien oder in desin-fizierten Wässern ist die Durchführung der oben dargelegten Analyse unproble-matisch, da in diesen selten mehr als eine verdächtige Kolonieform auftritt. Natür-liche Gewässer enthalten jedoch eine Fül-le an autochthonen Bakterien, die in ir-gendeiner Weise fluoreszieren, sich aber sehr selten als P. aeruginosa herausstellen (. Tabelle 2).

Tabelle 3

Ergebnisse der Überprüfung rötlich-brauner Kolonien auf Cetrimid-Agar gemäß DIN EN 12780 sowie Ergebnisse der Differenzierung nach APINE

Anzahl rötlich-braune Kolonien

Ammoniakbildung aus Acetamid positiv

Davon Wachstum bei 42°C

Oxidase-positiv

Fluoreszenz auf King’s B Agar

P. aeruginosa nach DIN EN 12780

4 1 0 1 0 0

Tabelle 4

Beispiel für den Umfang einer Untersuchungsserie an 3 Wasserproben aus einem Naturschwimmteich zur Überprüfung einer vorhergegangenen Grenzwertüberschreitung

Untersuchungsschritt Kulturausprägung/Prüfver-fahren

Eigenschaften der Kolonien und Differenzierungsergeb-nis

Filtration 3-mal 100 ml Keine Probe war auswertbar. Es wurde ein dichtes Rasenwachs-tum auf dem Cetrimid-Nährboden festgestellt

Filtration 9-mal 10 ml 46 verdächtige Kolonien wurden zu 31 morphologisch ähnlichen Gruppen zusammen-gefasst

Pyocyaninbildung: 0 KolonienFluoreszenz: 46 KolonienPyomelanin: 0 KolonienPyorubin: 0 Kolonien

Herstellen von 31 Reinkulturen

Weiterverarbeitung der 31 repräsentativen Kolonien

Cytochromoxidase: 31-mal positivAmmoniakbildungaus Acetamid: 2-mal positiv

Zusatztest der 2 acetamid positiven Kolonien

Wachstum bei 42°C auf Columbia-Blut: kein Wachstum bei 42°CAPINE: P. putida

Ergebnis P. aeruginosa gem. DIN EN 12780taxonomische P. aeruginosa (APINE)

2 (falsch) positiv

2 negativ

Tabelle 5

Materialeinsatz für 3 Schwimmteichproben aus Tab. 4

Materialverbrauch nach DIN EN 12780 12 Cetrimid-Platten12 Membranfilter31 hemmstofffreie Agarplatten (Reinzucht)31 Acetamidteste

Materialverbrauch nach DIN EN 12780 nicht vorgesehen oder nicht erforderlich

2 Columbiablutplatten für den 42°C Test31 Cytochromoxidaseteste2 APINE

Ergebnis 2-mal „falsch positive“ P. aeruginosa

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Insgesamt wurden von den restlichen 3121 Kolonien (ohne die 4 rötlich-braunen Kolonien) 345 repräsentative Kolonien ge-prüft. Nach Anwendung der DIN EN 12780 konnten 45 Kolonien als P. aerugino-sa identifiziert werden (13 %). Von diesen wurden allerdings nur 13 biochemisch als solche bestätigt. Damit erwiesen sich von den 345 getesteten Kolonien nur 3,8 % (13 Kolonien) als taxonomische P. aerugi-nosa (. Tabelle 2). Die Merkmalskombi-nation „Fluoreszenz + Acetamid-Reakti-on: positiv“ gemäß DIN EN 12780 ergab mit 32 von 45 P. aeruginosa eine falsch po-sitive Quote von 71 %. Die biochemische Typisierung dieser Kolonien zeigte, dass es sich bei ihnen um Pseudomonas putida, P. fluoreszens oder andere Oxidase-posi-tive Nonfermenter handelte. Rötlich-braune Kolonien wurden nur sehr selten isoliert (. Tabelle 3). Von diesen erwie-sen sich keine als P. aeruginosa.

Die vorgenommenen biochemischen Typisierungen (Bebrütung bei 42°C und Anwendung des APINE-Systems) weichen von den Vorgaben der DIN-Norm ab und dürfen bei der Ergebnisangabe nicht be-rücksichtigt werden. Mikrobiologische Ergebnisse werden sehr stark durch die vorgegebene Untersuchungsmethodik be-einflusst. Die Verfahren sind Konventi-onen, an die sich alle zu halten haben. Andererseits muss es aber das Ziel sein, auch mit Konventionsverfahren zu wis-senschaftlich korrekten Ergebnissen zu gelangen. Entsprechend wurde z. B. im Jahr 2007 die ISO 9308-1:2000 zum Nach-weis von E. coli mittels der Membranfiltra-tion an den Stand der Wissenschaft ange-

passt, um durch das Vorliegen von Kleb-siella oxytoca verursachte falsch positive E.-coli-Nachweise zu vermeiden [8]. (An-merkung: In den Fällen, in denen in un-serem Routinelabor gemäß DIN EN 12780 ermittelte P. aeruginosa nicht auch noch biochemisch bestätigt werden können, weisen wir in einem Kommentar darauf hin.)

Unter dem Aspekt, dass eine Grenz-wertüberschreitung durch P. aeruginosa erhebliche Rechtsfolgen hat (Schließung des Bades, wirtschaftliche Einbußen), er-scheint eine strenge [5] Anwendung der DIN EN 12780 – also ohne eine Kontroll-brütung bei 42°C – nicht akzeptabel. Hin-zu kommt als Problem der hohe Anteil an autochthonen Bakterien in Schwimm-teichen und Oberflächengewässern, die die Auswertung auf dem Cetrimid-Agar so erschweren, dass praktisch immer mit Verdünnungen (1:10) gearbeitet werden muss. Da der Grenzwert für P. aeruginosa bei 10 KBE/100 ml liegt, kann – wenn nur 10 ml der Probe filtriert werden – bereits ein einzelner Nachweis den Grenzwert erreichen. Es ist nicht geregelt, wie aus ei-ner üblichen einzelnen Verdünnung auf die tatsächliche Zahl an Kolonien in der Ausgangsprobe geschlossen werden muss. Selbst wenn hier eine klare Regelung vor-läge, bliebe das Problem der umfang-reichen und weitgehend überflüssigen Prüfung der fluoreszierenden autochtho-nen Bakterienflora.

Das Verfahren zum Nachweis von P. aeruginosa wurde für bakterienarme Wässer konzipiert, bei denen in der Regel bereits nach dem Filtrationsschritt Kul-

turen vorliegen dürften, deren Bearbei-tung kaum Probleme bereitet. Nach Reyes et al. [7] bilden nur etwa 2 % der klinisch relevanten P.-aeruginosa-Stämme kein Pyocyanin. Die apyocyanogenen P. aerugi-nosa spielen somit eine untergeordnete Rolle. Dennoch mussten nahezu 11,2 % der erhaltenen Kolonien (349 von 3125 Kolo-nien, . Tabelle 2 und 3) weiter geprüft werden. Von diesen erwiesen sich in der Versuchsserie nur 13 Kolonien (3,7 %) als taxonomische P. aeruginosa. Hier muss gefragt werden, ob dieses Ergebnis den hohen Personal- und Materialaufwand rechtfertigt. Sicherlich lässt sich hinterfra-gen, ob das APINE-System auch Umwelt-stämme sicher genug detektiert. Es ist vor allem auf die Detektion klinisch relevanter P.-aeruginosa-Stämme ausgerichtet, aber bei der Untersuchung von Schwimm-teichen geht es ja auch gerade um die Ver-hinderung von Infektionen. Klinisch rele-vante P.-aeruginosa-Stämme sollten inso-fern vom APINE-System sicher detektiert werden können.

Zu hinterfragen ist, warum von den insgesamt 114 in dieser Studie nachgewie-senen taxonomischen P.-aeruginosa-Ko-lonien (. Tabelle 1 und 2) immerhin 13, d. h. 11,4 % kein Pyocyanin bilden. Diese Zahl liegt deutlich oberhalb des Wertes aus der Studie von Reyes et al. [7], der in Isolaten aus erkrankten Patienten einen diesbezüglichen Wert von etwa 2 % ermit-telte. Etwa 60 % der aus Schwimmteichen isolierten Kolonien, die in der Primärkul-tur Pyocyanin-negativ waren, zeigten nach weiterer, teilweise mehrfacher Passa-ge letztlich dann doch diese Merkmals-ausprägung (Daten hier nicht dargestellt). Damit wäre der in dieser Arbeit ermittelte Anteil Pyocyanin-negativer P.-aeruginosa-Kolonien im Vergleich zu dem von Reyes et al. erhaltenen Wert nur noch etwa dop-pelt so hoch [7]. Möglicherweise wird die Pyocyaninbildung unter den Ökosystem-bedingungen eines Oberflächengewässers unterdrückt, sodass – verglichen mit der Situation beim infizierten Menschen – ei-ne Verschiebung zugunsten scheinbar apyocyanogener Stämme erfolgt.

Auffällig ist auch die relativ häufige Isolierung von P. putida nach positiver Acetamidreaktion. Unter Bezug auf die positive Acetamidreaktion tritt P. putida ebenso häufig auf wie P. aeruginosa (. Ta-

Tabelle 6

Acetamidtest nach DIN EN 12780 im Vergleich mit der Ammoniumbestim-mung nach DIN 38406-E5

Lfd. Nr. Teststamm Acetamid-Bildung

NH4+ [mg/L]

nach 24 h Bebrütung

Optische Reaktion im Teströhrchen (Abb. 1)

1 E. coli DSMZ 1103 Negativ 1,00 Klar

2 Pseudomonas spec.RV 1-2007 (P. putida)

Negativ 1,19 Klar

3 Unbeimpft Kontrolle 1,02 Klar

4 P. aeruginosa Positiv 635 Rötlich-brauner Nieder-schlag

5 P. putida Positiv 572 Rötlich-brauner Nieder-schlag

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Originalien und Übersichtsarbeiten

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belle 2): Von den 45 Acetamid-positiven Isolaten erwiesen sich jeweils 13 (also je-weils 29 %) als P. aeruginosa bzw. als P. pu-tida. Nach Gilligan [9] ist die Acetamidre-aktion bei P. putida lediglich zu 3 % und bei apyocyanogenen P. aeruginosa zu 37 % positiv. In der hier vorgestellten Studie ist aber dieser Anteil für beide Spezies nahe-zu gleich, was ja letztlich auch zu den dar-gestellten Problemen mit den falsch posi-tiven Isolaten führt. Möglicherweise spielt auch hier eine gewisse Selektion unter Umweltbedingungen eine Rolle, die Acet-amid-positive P. putida begünstigt, die bei 36°C noch wachsen können.

Als erforderlich angesehene Änderungen der DIN EN 12780

Die in der DIN EN 12780 im informativen Anhang vorgeschlagene Testung bei 42°C muss Teil der Norm werden. Durch die Bebrütung bei 42°C wären alle falsch po-sitiven Isolate in dieser Studie sicher ver-hindert worden (. Tabelle 2). Ein bloßer Hinweis auf die Existenz dieses informa-tiven Anhangs reicht nicht aus [5]. Denn informative Anhänge gelten grundsätzlich nicht als Teil der Norm. Falls die Norm nicht kurzfristig änderbar ist, sollte der jeweilige Regelungsgeber (Umweltbun-desamt, Länderministerien etc.) die Be-brütung bei 42°C für relevante Bereiche als Zusatzreaktion vorschreiben.

Bei der Acetamidreaktion kann es auch bei negativem Testausfall einige Minuten nach der Zugabe von Nessler’s Reagenz zu einer schwachen gelblichen Farbe kom-men. In der DIN EN 12780 muss darauf hingewiesen werden, dass eine schwach gelbliche Verfärbung nicht als positiv an-gesehen werden darf. Die Reaktion muss unmittelbar nach Zugabe von Nessler’s Reagenz bewertet werden. Wie aus . Ta-belle 6 und . Abb. 1 zu ersehen ist, führt die korrekt durchgeführte Acetamid-Re-aktion zu sicheren Ergebnissen.

Anwendung der DIN EN 12780 bei Oberflächengewässern und Schwimmteichen

Für bakterienreiche Gewässer – und dies sind nahezu alle Oberflächengewässer – muss eine Norm erarbeitet werden, die dort anwendbar ist und zu sicheren Er-

gebnissen führt. In den 93 hier nach DIN EN 12780 untersuchten Proben fanden sich bei 20 Grenzwertüberschreitungen (P. aeruginosa > 10 KBE/100 ml). Sechs dieser Überschreitungen wurden durch primär Pyocyanin bildende P. aeruginosa hervorgerufen. Die verbleibenden 14 erga-ben sich nach der Testung auf die Merk-malskombination „Fluoreszenz auf Cetri-mid-Agar + Ammoniakbildung aus Acet-amid“. Die folgende Überprüfung zeigte aber, dass ein taxonomischer P. aeruginosa nur in 3 Fällen Ursache für die Überschrei-tung war. Die verbleibenden 11 Grenzwert-überschreitungen (55 %) ließen sich auf Bakterien zurückführen, die zwar gemäß DIN EN 12780 P. aeruginosa zuzuordnen waren, die sich aber taxonomisch nicht im APINE-System bestätigen ließen und durchweg nicht bei 42°C wuchsen.

Neben der methodischen Forderung, die Anwendung der DIN EN 12780 zwin-gend um die Wachstumskontrolle bei 42°C zu ergänzen, besteht allgemein der Bedarf nach einer Einschätzung der pa-thogenen Bedeutung von P. aeruginosa in Oberflächengewässern. Zukünftige Da-tenerhebungen zu Erkrankungen nach dem Baden in Schwimmteichen sollten dieses berücksichtigen. In diesem Zusam-menhang sollte auch geprüft werden, ob apyocyanogenen Stämmen aus Oberflä-chengewässern die gleiche Bedeutung zugeschrieben werden kann wie den Pyo-cyanin bildenden Stämmen. So könnte es in Zukunft möglicherweise sinnvoll sein, die Untersuchung bei Schwimmteichen bzw. Untersuchungen von Oberflächen-gewässern auf die Prüfung von Kolonien mit Pyocyaninbildung zu beschränken. Damit würde man auf etwa 11 % (13 der

insgesamt nachgewiesenen 127 P. aerugi-nosa, . Tabelle 1 und 2) der P.-aerugino-sa-Bakterien in Schwimmteichwasser ver-zichten. Die von P. aeruginosa gebildeten Farbstoffe sind als Pathogenitätsfaktoren beschrieben und von erheblicher Bedeu-tung bei einer Infektion [10]. Es erscheint fragwürdig, den Stämmen ohne Pyocya-ninbildung eine hohe Bedeutung beizu-messen, da nach Reyes et al. [7] nur etwa 2 % der klinisch relevanten P.-aeruginosa-Isolate kein Pyocyanin bilden. Auch wenn zunächst apyocyanogene Stämme bei spä-teren Kulturpassagen Pyocyanin gebildet haben, kann man annehmen, dass diese Stämme im Gewässer kein Pyocyanin bil-den, ihnen dieser Pathogenitätsfaktor so-mit „nicht zur Verfügung“ gestanden hat. Sollten Prüfungen jedoch ergeben, dass aus der Pyocyaninbildung nicht auf die pathogene Bedeutung der Stämme ge-schlossen werden kann, bleibt nur die Verbesserung der Labormethodik, um die mit einem Anteil von 55 % sehr hohe Quo-te falsch positiver Befunde (. Tabelle 7) zu senken. In der Empfehlung zur Über-wachung von Schwimmteichen des Um-weltbundesamtes [2] wird außerdem die Bedeutung des P. aeruginosa als Biofilm-bildner in der Wasseraufbereitung hervor-gehoben.

Hinweis

Diese Arbeit bezieht sich auf die Norm DIN EN 12780. Diese Norm wurde zwi-schenzeitlich durch die nahezu wort-gleiche Norm DIN EN ISO 16266 ersetzt. In dieser Norm wird im nationalen Vor-wort auf die Empfehlung der Schwimm- und Badebeckenkommission zur Unter-

Abb. 1 9 Optische Bewertung der Acetamidreaktion entsprechend der Tab. 61 2 3 4 5

Page 7: Probleme bei der Anwendung der DIN EN 12780 zum Nachweis von Pseudomonas aeruginosa aus Schwimmteichen und Oberflächengewässern

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scheidung zwischen P. aeruginosa und P. fluorescens sowie anderen Pseudomona-den durch die Bebrütung bei 42°C [5] hin-gewiesen. Damit wird die Anwendung der Kontrollbebrütung bei 42°C als Teil der Norm akzeptiert.

Kor re spon die ren der Au tor

Dr. Ernst-August Heinemeyer

Niedersächsisches LandesgesundheitsamtLeiter des Standorts AurichLüchtenburger Weg 2426603 Aurich, BRDE-Mail: ernst-august.heinemeyer@nlga.

niedersachsen.de

Literatur

1. DIN EN 12780. Nachweis und Zählung von Pseu-domonas aeruginosa durch Membranfiltration. DEV – 55. Lieferung 2003. Beuth, Berlin

2. Empfehlung des Umweltbundesamtes (2003) Hygienische Anforderungen an Kleinbadeteiche. Bundesgesundhbl Gesundheitsforsch Gesund-heitsschutz 46:527–529

3. Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V. (2003) Empfehlung für Pla-nung, Bau, Instandhaltung und Betrieb von öffent-lichen Schwimm- und Badeteichanlagen. Eigen-verlag, Bonn

4. Niedersächsisches Landesgesundheitsamt Außen-stelle Aurich (2007) Trinkwasserringversuch I. http://www.nlga.niedersachsen.de

Tabelle 7

Anzahl der Grenzwertüberschreitungen mit unterschiedlichen Bewertungs-kriterien aus insgesamt 93 Proben

Lfd. Nr. Richtlinie Anzahl der Grenzwert-überschreitungen

Merkmalskombination

1 DIN EN 12780 20 (100 %) Alle Merkmalskombinationen

2 DIN EN 12780 6 (30 %) Pyocyanin positiv

3 DIN EN 12780 14 (70 %) Fluoreszenz positivAcetamid positivPyocyanin negativ

4a DIN EN 12780 erweitert

3 (15 %) Fluoreszenz positivAcetamid positivWachstum 42°C positivAPINE P. aeruginosa

5a DIN EN 12780 erweitert

11 (55 %) Fluoreszenz positivAcetamid positivWachstum 42°C negativAPINE non P. aeruginosa

a lfd. Nr. 4 und 5: Stämme nach lfd Nr. 3

5. Empfehlung des Umweltbundesamtes nach Anhö-rung der Schwimm- und Badebeckenwasserkom-mission des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) beim Umweltbundesamt (2007) Nachweis-verfahren für P. aeruginosa nach DIN EN 12780 zur Überwachung des Beckenwassers von Kleinbade-teichen. Bundesgesundheitsbl Gesundheitsforsch Gesundheitsschutz 50(7):987–988

6. DIN 38406-E5 Bestimmung von Ammonium. DEV – 12. Lieferung 1983. Beuth, Berlin

7. Reyes E, Picardo A, Martha J, et al. (1981) Identifica-tion of Pseudomonas aeruginosa by Pyocyanin production on tech agar. J Clin Microb 13(3):456–458

8. ISO 9308-1:2000 Technical corrigendum 1 vom 15.6.2007

9. Gilligan PH (1995) Pseudomonas and Burkholde-ria. In: Murray PR (ed) Manual of clinical micro-biology, 6th edn. ASM Press, Washington, D.C.

10. Götz von F (2003) Transkriptomanalyse verschie-dener Morphotypen von Pseudomonas aerugi-nosa, isoliert von Patienten mit Cystischer Fibrose. Dissertation Fachbereich Biologie der Universität Hannover