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Projekt-Controlling mit Earned Value und Earned Schedule

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Projekt-Controlling mit Earned Value und Earned Schedule Wie kann sichergestellt werden, dass ein Projekt die gesetzten Kostenziele und die angestrebten Terminvorgaben erreicht? Und wie kann der Controller dem Umstand Rechnung tragen, dass beide Aspekte sich gegenseitig beeinflussen? Steffen Menze stellt zwei Methoden für ein integriertes Projekt-Controlling vor und demonstriert ihre praktische Anwendung in einem Fallbeispiel.

Steffen Menze

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Ob ein Projekt wirtschaftlich von Vorteil ist, hängt entscheidend von seiner kosten- und termingerechten Abwicklung ab. Der Einsatz von adäquaten Methoden des Projekt-Controllings ist daher unerlässlich, wenn die gesetz-ten Ziele erreicht werden sollen. Praxisuntersuchungen zeigen, dass zu die-sem Zweck eine Vielzahl unterschiedlicher Controlling-Instrumente zum Einsatz kommt. Allerdings erlauben nur wenige davon eine integrierte, die Interdependenz von Kosten- und Terminzielen berücksichtigende Betrach-tung (vgl. Janssen/Möller 2011, S. 102). Eine Möglichkeit, ein integriertes Kosten- und Termin-Controlling zu gewährleisten, stellen die Earned-Va-lue- und die Earned-Schedule-Methode dar.

Die Earned-Value-MethodeDie Earned-Value-Methode (EV-M) ist ein auf die Steuerung von Pro-jekten ausgerichtetes Kennzahlensystem, mit dessen Hilfe eine integrierte Abweichungsanalyse der relevanten Erfolgsgrößen Kosten, Zeit und Leistung durchgeführt werden kann. Neben einer vergangenheitsorien-tierten Sichtweise stellt die EV-M auch zukunftsorientierte Kennzahlen über den voraussichtlich zu erwartenden Verlauf von Projekten bereit. Zielsetzung der Methode ist es, der Projektleitung durch die Bereitstellung zweckmäßiger Steuerungsgrößen frühzeitig Handlungsbedarf zu signa-lisieren und die Einleitung von entsprechenden Maßnahmen zu ermög-lichen (vgl. Anbari 2003, S. 12).

Im Gegensatz zu herkömmlichen Methoden erlaubt die EV-M eine inte-grierte Betrachtungsweise der genannten Projekterfolgsgrößen. So fokus-siert etwa die klassische Budgetkontrolle ausschließlich auf die Kostendi-mension, ohne jedoch die erbrachte Leistung zum jeweiligen Berichtszeit-punkt mit in die Betrachtung einzubeziehen. Der interdependente Charakter dieser Größen wird somit vollständig missachtet. Die EV-M hin-gegen fasst Kosten, Zeit und Leistung in einer zentralen Größe – dem Ear-ned Value oder EV – zusammen. Dieser repräsentiert den zum Berichtszeit-punkt (Actual Time oder AT) mit Plankosten (Planned Value oder PV) be-werteten Projektfortschritt sämtlicher Arbeitspakete. Mathematisch ausgedrückt entspricht der EV dem Produkt aus Ist-Fertigstellungsgrad und Plankosten. Der aktuelle Leistungsstatus ist dazu in regelmäßigen Zeitab-ständen zu bewerten. Sind die Arbeiten an einem Arbeitspaket erfolgreich abgeschlossen, entspricht der EV dem PV. Haben diese noch nicht begon-nen, ist der EV gleich null. Sind Leistungen hingegen gerade in Bearbeitung, ist zur Ermittlung des EV auf Näherungsverfahren zurückzugreifen. Grund-sätzlich können in einem Projekt zu diesem Zweck mehrere unterschiedli-che Näherungsverfahren zur Anwendung kommen, wobei für jedes Arbeits-paket gesondert entschieden werden muss, welches Verfahren den Fertig-stellungsgrad inhaltlich am ehesten widerspiegelt (vgl. Menze 2011, S. 226).

Vergangenheitsorientierte Kennzahlen der EV-MDie EV-M ermöglicht es, die Abweichung der Ist-Kosten (Actual Costs oder AC) von den Plankosten nach deren Ursache zu differenzieren. Diese kann

Steffen Menze (B.A./M.A.) ist Controller der K+S KALI GmbH, Bertha-von-Suttner-Straße 7,34131 Kassel. E-Mail: [email protected]

Der Autor dankt Herrn Martin Fischer für wertvolle Hinweise und akribische Korrekturen.

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in zeitlichen Verschiebungen oder in abweichenden Ressour-cenverbräuchen liegen. Eine Terminabweichung (Schedule Variance oder SV) errechnet sich als Differenz von EV und PV. In monetären Größen gibt sie die jeweilige Verzögerung oder Beschleunigung gegenüber dem ursprünglichen Pro-jektplan an. Ein negativer Wert lässt auf einen schlechteren bzw. langsameren Leistungsfortschritt schließen und umge-kehrt. Analog dazu stellt die Cost Variance (CV), die sich aus der Differenz von EV und AC ergibt, eine Unter- bzw. Über-schreitung von Mengen und/oder Preisen dar. Um Aussagen über die bisher erreichte Effizienz des Ressourceneinsatzes zu treffen, können die absoluten Kosten- und Terminabwei-chungen auch relativ als Leistungs-Indexwerte abgebildet werden. Anstatt der Differenz ist dabei der Quotient aus den jeweiligen Größen zu bilden. Die Ergebnisse werden als Cost-Performance-Index (CPI) und Schedule-Performance-Index (SPI) bezeichnet. Ein Performance-Index von 1,0 repräsen-tiert dabei eine bisher kosteneffiziente bzw. termingerechte

Projektabwicklung. Ein Index von über 1,0 lässt hingegen da-rauf schließen, dass weniger Ressourcen benötigt wurden als erwartet. Als weitere Kennzahl kann mithilfe der EV-M der Projektfortschritt zuverlässig ermittelt werden, nämlich in Form des Fertigstellungsgrads (Percent Complete oder PC). Dazu ist der EV ins Verhältnis zu den geplanten Gesamtkos-ten des Projekts (Budget At Completion oder BAC) zu set-zen (vgl. Anbari 2003, S. 14 f.).

Zukunftsorientierte Kennzahlen der EV-MFür eine Prognose der voraussichtlichen Gesamtkosten (Esti-mate At Completion oder EAC) eines Projekts können unter-schiedliche Szenarien herangezogen werden. Diese Szenarien basieren beispielsweise auf einer optimistischen oder pessi-mistischen Annahme der EAC – im Sinne einer Best- oder Worst-Case-Betrachtung. In Abbildung 2 sind die wesentli-chen Prognosegrößen, ihre Berechnung sowie die zugrunde liegenden Annahmen dargestellt. Für die Kennzahl EACreal

konnte bereits empirisch nachgewiesen werden, dass ab ei-nem Projektfortschritt von 20 % die tatsächlichen von den prognostizierten Projektkosten nur um maximal 10 % ab-weichen (vgl. Fleming/Koppelmann 2005, S. 40 ff.).

Die Vorgehensweise der EV-M ist in Abbildung 3 illustriert. Darüber hinaus ist die Ermittlung des Earned Schedule an-gedeutet. Diese wird im Folgenden erläutert.

Die Earned-Schedule-MethodeDie Earned-Schedule-Methode (ES-M) stellt eine Erweite-rung der EV-M dar. Ihr Fokus ist anstatt auf die Kosten spe-ziell auf die kritische und komplexe Projekterfolgsgröße Zeit ausgerichtet. Obwohl die EV-M grundsätzlich auch Indikatoren zur Termintreue bereitstellt, ist ihre Aussage-fähigkeit in fortgeschrittenen Projektphasen zu hinter-fragen. So impliziert die Berechnungslogik der SV bzw. des

Zusammenfassung

•Die Einhaltung von Kosten- und Terminzielen bei Projekten ist wesentlich für deren wirtschaftliche Vorteilhaftigkeit. Gängige Methoden des Projekt-Controllings betrachten diese Ziele lediglich isoliert voneinander, obwohl sie wechselseitig voneinander abhängig sind.

•Ein integriertes Controlling kann mit der Earned-Value- und der Earned-Schedule-Methode erfolgen.

•Sie bilden die Grundlage für ein umfassendes Be-richtswesen im Projektmanagement und werden hier im Detail vorgestellt.

Abb. 1 Näherungsverfahren zur Berücksichtigung von Teilleistungen

Näherungsverfahren Berücksichtigung von teilweise abgearbeiteten Arbeitspaketen

Start-Ende-Regeln 0/100-Regel: keine Berücksichtigung.20/80-Regel: Arbeitspakete werden von Beginn bis zur Fertigstellung mit 20 % des PV bewertet.50/50-Regel: Arbeitspakete werden von Beginn bis zur Fertigstellung mit 50 % des PV bewertet.

(fertiggestellte) Meilensteine keine Berücksichtigung.

Zeitproportionalität Berücksichtigung linear zur Anzahl verstrichener Arbeitstage.

Kostenproportionalität Berücksichtigung proportional zum Verhältnis aus Ist-Kosten und Plan-Kosten.

Quelle: vgl. Fleming/Koppelmann 2005, S. 93 – 105

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SPI, dass diese bei Projektende gleich null bzw. eins ist und folglich im Zeitverlauf dahin konvergiert. Insbesondere bei Projekten mit zeitlichen Verzögerungen führt eine Projekt-steuerung auf Grundlage der zeitbasierten Earned-Value-Kennzahlen unweigerlich zu Missinterpretationen. Wird

ein Projekt beispielsweise mit einem Zeitverzug von drei Monaten abgeschlossen, zeigen sowohl die SV als auch der SPI für diesen Zeitraum eine deutliche Verbesserung der Zeiteffizienz an – ungeachtet der zeitlichen Verzögerung (vgl. Lipke 2009, S. 10 ff.).

Abb. 2 Bestimmung der EAC

Kennzahl Berechnung Annahme

EACoptimistisch EACopt = BAC – CV Projekt verläuft zukünftig plankonform.

EACrealistisch BACEACreal = –––––– CPI

Projekt wird weiterhin mit der bisherigen Kosteneffizienz realisiert.

EACpessimistisch (BAC – EV)EACpessim = AC + –––––––––––– (CPI · SPI)

Terminabweichungen werden durch einen Mehr- oder Mindereinsatz von Ressourcen nivelliert.

Quelle: vgl. Menze 2011, S. 228

Quelle: vgl. Stratton 2006, S. 38

Abb. 3 Funktionsweise der Earned-Value-Methode

X % Percent Complete (PC)

Cost

Cost Variance(CV)

Actual Costs(AC)

Costs-to-Complete(CtC)

Estimate AtCompletion

(EAC)

Cost overrun(estimated)

Planned Value(PV)

Budget At Completion(BAC)

Time overrun(estimated)

Planned Duration(PD)

Time

Project End(estimated)

Actual Time(AT)

Earned Value(EV)

Schedule Variance(SV)

EarnedSchedule

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Ausgehend von dieser Kritik ist die ES-M konzipiert wor-den (vgl. Lipke 2003). Grundidee des Konzepts ist es, die zur Earned-Value-Realisierung tatsächlich benötigte Zeit der ursprünglich dafür geplanten Zeit gegenüberzustellen. Der Earned Schedule (ES) ist demnach als die Anzahl an realisier-ten Plan-Perioden zu verstehen, für die der kumulierte EV dem PV entspricht (vgl. Lipke 2009, S. 13 ff.). Anders formu-liert, gilt eine Periode dann als realisiert, wenn der perioden-spezifische EV den PV erreicht. Abbildung 4 visualisiert die Ermittlung des ES.

Der ES setzt sich erkennbar einerseits aus vollständig (com-pleted oder C) und andererseits aus unvollständig (incom-pleted oder I) realisierten Perioden zusammen. Vollständig realisierte Perioden sind grundsätzlich ganze Zahlen. Die Dauer einer Periode ist dabei frei definierbar – etwa in Form von Wochen oder Monaten. Zur Berücksichtigung unvoll-ständiger Perioden ist ein entsprechender Anteil hinzuzuzäh-len, der durch lineares Interpolieren ermittelt werden kann. Dazu ist jener Anteil des EV, der die unvollständige Periode betrifft, in Relation zum PV zwischen Periode t und t+1 zu

setzen. Formell betrachtet ist der ES wie folgt zu ermitteln (vgl. Vanhoucke 2009, S. 6 f.):

EVAT – PVtES = C + I = C + ––––––––––––– PVt+1 – PVt

Dabei gilt:EVAT ≥ PVt

EVAT < PVt+1

Vergangenheitsorientierte Kennzahlen der ES-MDie durch die ES-M ermittelten Kennzahlen entsprechen jenen der EV-M. Zur eindeutigen Differenzierung werden sie durch das Suffix (t) gekennzeichnet. So ist die zeitbasierte Schedule Variance als SV(t) darzustellen und als Differenz von ES und AT zu kalkulieren. Ebenso stellt sich der SPI(t) als Quo-tient aus ES und AT dar. Die auf diese Art und Weise definier-ten Kennzahlen zeichnen sich insbesondere dadurch aus, dass sie gegen Projektende nicht zwangsläufig gegen null bzw. eins konvergieren und dementsprechend auch nicht zu Missinter-pretationen führen. Darüber hinaus sind die Kennzahlen in

Quelle: vgl. Lipke 2009, S. 14

Abb. 4 Funktionsweise der Earned-Schedule-Methode

Cost

Budget At Completion(BAC)

Time

Earned Schedule (ES)

Earned Value(EV)

CompletedPeriod (C)

IncompletedPeriod (I)

t t+1 Actual Time (AT)

Planned Value(PVt+1)

Planned Value(PVt)

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zeitlichen statt in monetären Einheiten angegeben und somit vergleichsweise leichter zu interpretieren (vgl. Lipke 2003, S. 8 ff.). Ein Zeitverzug in der Projektabwicklung von bei-spielsweise 90 TEuro lässt ohne weitere Umrechnung keine eindeutige Aussage hinsichtlich der Verzugsdauer zu.

Zukunftsorientierte Kennzahlen der ES-MDie voraussichtliche Gesamtdauer eines Projekts wird im Earned-Schedule-Konzept als EAC(t) bezeichnet. Die EAC(t) prognostiziert in Verbindung mit dem tatsächlichen Startter-min einen vorzeitigen, pünktlichen oder verspäteten Projekt-abschluss. Ausgehend vom Starttermin ist die EAC(t) hinzu-zuzählen und das Ergebnis dem ursprünglich geplanten Ab-schlusstermin gegenüberzustellen. Darüber hinaus kann auf Grundlage der EAC(t) die zeitliche Abweichung der Projekt-dauer (Variance At Completion oder VAC(t)) abgeleitet wer-den. Dazu ist der geplanten Dauer des Projekts (Planned Duration oder PD) die prognostizierte Gesamtdauer gegen-überzustellen. Der Ermittlung der voraussichtlichen Projekt-dauer können – analog zur EV-M – verschiedene Szenarien zugrunde gelegt werden (vgl. Lipke 2009, S. 21).

FallstudieEin Unternehmen beabsichtigt, ein neues Produkt am Markt einzuführen. Der Markt ist stark umkämpft, sodass eine zeit-liche Verzögerung der Einführung unmittelbar in eine Reduk-tion der Serienmenge münden würde. Der Entwicklungs-prozess des Produkts umfasst drei Arbeitspakete und dauert laut Plan sieben Monate, wobei ein Monat einer Periode ent-spricht. Die gesetzten Kosten- und Terminziele sowie anzu-wendenden Verfahren zur Fortschrittsmessung der einzelnen Arbeitspakete sind in Abbildung 6 aufgeführt. Für den Proto-typ fallen planmäßig in den ersten beiden Monaten jeweils 15 TEuro und im dritten Monat 10 TEuro an.

Vorgehensweise der Earned-Value-MethodeAnhand des Projektablaufplans, der aufgelaufenen Ist-Kosten sowie der festgesetzten Näherungsverfahren können EV und PV ermittelt werden. Darauf aufbauend lassen sich die ver-gangenheits- sowie die zukunftsorientierten Kennzahlen der EV-M berechnen. Dies soll hier beispielhaft für den 31.05.2013 erläutert werden.

Wie aus Abbildung 7 hervorgeht, ist das Arbeitspaket „Ent-wicklung“ planmäßig abgeschlossen worden. Die 20/80-Re-gel ist folglich nicht mehr anzuwenden. Der EV entspricht dem PV. Anders stellt sich der Sachverhalt bei dem Arbeits-paket „Test“ dar. Vor dem Hintergrund einer zeitproportiona-len Approximation des Fertigstellungsgrads ist der EV für die Testzeiten im April und Mai mit 5 TEuro je Monat an zusetzen. Der Beginn der Tests hat mit einem Monat Verzögerung be-

Kernthesen

•Ein integriertes Kosten- und Termin-Controlling bei Projekten kann mit den Steuerungsgrößen Earned Value bzw. Earned Schedule erreicht werden.

•Die interdependenten Projektdimensionen Kosten, Zeit und Leistung werden dabei zusammengefasst betrachtet.

•Schwächen herkömmlicher Methoden, die nur auf jeweils eine Dimension ausgerichtet sind, werden durch die EV-M und die ES-M überwunden.

•Die Earned-Value-Methode stellt zuverlässige In-formationen zur aktuellen Kostensituation sowie zum Projektfortschritt bereit.

•Die Earned-Schedule-Methode fokussiert auf In-formationen zur gegenwärtigen Terminsituation.

Abb. 5 Bestimmung der EAC(t)

Kennzahl Berechnung Annahme

EAC(t)optimistisch EAC(t)opt = PD – SV(t) Projekt verläuft zukünftig plankonform.

EAC(t)realistisch PDEAC(t)real = –––––– SPI(t)

Projekt wird weiterhin mit der bisherigen Zeit(in)effizienz realisiert.

EAC(t)pessimistisch PD – ESEAC(t)pessim = AT + –––––––––––– CPI · SPI (t)

Termin- und Kosten(in)effizienz bleiben auch in Zukunft bestehen.

Quelle: vgl. Vanhoucke 2009, S. 12 ff.

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gonnen, weshalb für den Monat März kein EV realisiert wor-den ist. Aus zeitlicher Perspektive konnte plankonform mit ersten Aktivitäten für das Arbeitspaket „Prototyp“ begonnen werden. Allerdings bleiben die Kosten gegenüber dem Plan zurück. Da die Ermittlung des EV kostenpropor tional erfolgt, ist der EV mit drei TEuro festzusetzen.

Basierend auf dem erläuterten Datengerüst können nun die jeweiligen Kennzahlen kalkuliert werden. Die wesentlichen Kennzahlen sind in Abbildung 8 dargestellt.

Die Betrachtung der Kennzahlen bringt zum Ausdruck, dass das Projekt aus Kostensicht bisher nicht planmäßig rea-lisiert worden ist. Der CPI ist deutlich < 1 und repräsentiert einen bisher kostenineffizienten Projektverlauf. Demnach hat jede eingesetzte monetäre Ressource nur 0,69 EV realisiert. Eine mögliche Ursache könnten Lohn- oder Materialpreisstei-gerungen sein. Wird das Projekt weiterhin mit der bisherigen Kostenineffizienz abgewickelt, wären die Kosten bei Fertig-stellung 50 TEuro höher als geplant. Der Projektfortschritt ist mit 61 % zu bemessen und bleibt hinter dem Plan zurück.

Vorgehensweise der Earned-Schedule-MethodeEine Beurteilung des Projekts mit zeitbasierten Werten baut auf dem oben ermittelten Datengerüst auf. Der Earned Schedule ist aus der Gegenüberstellung von EV und PV zum 31.05.2013 abzuleiten (vgl. Abbildung 9).

Der Earned Schedule setzt sich aus vollständig und unvoll-ständig realisierten Perioden zusammen. Als vollständig rea-lisierte Perioden gelten gemäß der oben dargestellten Formel diejenigen, für die der EV zum Berichtszeitpunkt mindestens dem PV entspricht und gleichzeitig den PV der unmittelbaren

Folgeperiode nicht erreicht. Für den 31.05.2013 trifft dies für die vierte Periode zu. Folglich sind zu diesem Zeitpunkt vier Perioden als vollständig realisiert einzuordnen. Der EV über-steigt allerdings den PV dieser Periode. Demnach ist die Fol-geperiode durch lineares Interpolieren anteilig hinzuzuzählen.

Daraus folgt:

73 – 22ES = 4 + –––––––––– = 4,75 90 – 22

Zum Berichtszeitpunkt sind folglich 4,75 Perioden realisiert. Planmäßig hätten bereits fünf Perioden umgesetzt werden sollen, woraus ein absoluter zeitlicher Rückstand – ausge-drückt durch die SV(t) – von 0,25 Perioden bzw. umgerechnet einer Woche resultiert. Der Rückstand kann zum Beispiel

Handlungsempfehlungen

•Erstellen Sie einen möglichst detaillierten Projekt-strukturplan, um die Earned-Value- und Earned-Schedule-Methode anwenden zu können.

•Sorgen Sie für die Akzeptanz der Methoden bei den involvierten Projektmitarbeitern.

•Wenden Sie Earned Value und Earned Schedule gerne in Verbindung mit anderen Kostenmanage-mentinstrumenten an (z. B. dem Target- oder Life-Cycle-Costing).

•Setzen Sie die Methoden auch zur Bilanzierung nach der Percentage-of-Completion-Methode nach IAS 11 ein.

Abb. 6 Arbeitspakete im Entwicklungsprozess

Arbeitspaket Entwicklung Test Prototyp

Budget (T€) 60 20 40

Plan-Start 01.01.2013 01.03.2013 01.05.2013

Plan-Ende 31.05.2013 30.06.2013 31.07.2013

Fortschritts-messung

20/80-Regel Zeit-proportional

Kosten-proportional

Abb. 7 Darstellung am 31.05.2013

Arbeitspaket Entwicklung Test Prototyp

Ist-Start 01.02.2013 01.04.2013 01.05.2013

Ist-Ende 31.05.2013 – –

PV (T€) 60 15 15

AC (T€) 90 12 3

EV (T€) 60 10 3

„Die Earned-Schedule-Methode (ES-M) stellt eine Erweiterung der EV-M dar. Ihr Fokus ist anstatt auf die Kosten speziell auf die kritische und komplexe Projekterfolgsgröße Zeit ausgerichtet.“

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durch erforderliche Nacharbeiten begründet sein. Als Perfor-mance-Index kalkuliert ist der SPI(t) mit 0,95 festzusetzen. Die Einschätzung der voraussichtlichen Projektdauer deutet dar-auf hin, dass das Projekt verspätet abgeschlossen wird. Nach der realistischen Prognoseformel EAC(t)real wird die Projekt-dauer 7,4 Perioden betragen und das Projekt somit knapp zwei Wochen länger benötigen als geplant. Aus Sicht des Ma-nagements ist zu evaluieren, ob die zeitliche Verzögerung bzw. die damit verbundene Mengenreduktion und die oben kons-tatierte Kostenabweichung durch den Verkauf des Produkts amortisiert werden können.

FazitDie Earned-Value- und die Earned-Schedule-Methode stellen die Grundlage für ein umfassendes Projekt-Berichtswesen dar, aus dem die aktuelle Kosten- und Terminsituation sowie der Pro-jektfortschritt hervorgehen. Demnach sind die Methoden auch als Hilfsmittel zur Bilanzierung nach der Percentage-of-Comple-tion-Methode nach IAS 11 geeignet, für deren Anwendung die-se Informationen verlässlich ermittelt werden müssen. Der Ein-satz der Methoden scheint insbesondere dann gerechtfertigt, wenn kostenintensive Zeitverzögerungen die angestrebten Vor-

Abb. 8 Earned-Value-Kennzahlen zum 31.05.2013

Kennzahl Wert

CPI 60 / 90 = 0,69

EACreal (T€) 120 / 0,69 = 173,4

PC (Ist) 73 / 120 = 61 %

PC (Plan) 90 / 120 = 75 %

Abb. 9 Ermittlung des Earned Schedule zum 31.05.2013

AT PV (T€) EV (T€)

4 (Apr.) 22

5 (Mai) 90 73

6 (Jun.) 110

Im Überblick

Abkürzung Bezeichnung Bedeutung

EV-M Earned-Value-Methode Kennzahlensystem zur integrierten Abweichungsanalyse bei ProjektenEV Earned Value Mit Plankosten bewerteter Projektfortschritt zum BerichtszeitpunktPV Planned Value Plankosten zum BerichtszeitpunktAC Actual Costs Ist-Kosten zum BerichtszeitpunktBAC Budget At Completion Geplante Gesamtkosten eines Projekts bei FertigstellungEAC Estimate At Completion Voraussichtliche Gesamtkosten eines Projektes bei FertigstellungCV Cost Variance Kostenabweichung SV Schedule Variance TerminabweichungCPI Cost-Performance-Index Leistungs-Index zur KosteneffizienzSPI Schedule-Performance-Index Leistungs-Index zur TermineffizienzPC Percent Complete FertigstellungsgradES-M Earned-Schedule-Methode Erweitertes Kennzahlensystem zur Analyse von ZeitabweichungenES Earned Schedule Anzahl bereits realisierter Perioden eines ProjektesAT Actual Time Seit Projektbeginn vergangene Zeit zum Berichtszeitpunkt PD Planned Duration Geplante Dauer der ProjektabwicklungEAC(t) Estimate At Completion(t) Voraussichtliche Gesamtdauer der ProjektabwicklungVAC(t) Variance At Completion(t) Voraussichtliche Abweichung von der ProjektdauerSV(t) Schedule Variance(t) TerminabweichungSPI(t) Schedule-Performance-Index(t) Leistungs-Index zur Termineffizienz

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teile (z. B. gegenüber Wettbewerbern) ernsthaft gefährden kön-nen.

LiteraturAnbari, F. T.: Earned Value Project Management Method and Exten-sions, in: Project Management Journal (2003), Heft 12, S. 12 – 23.

Fleming, Q./Koppelman, J. M.: Earned Value Projekt Management. Third Edition, Newton Square 2005.

Janssen, S./Möller, K.: Erfolgreiche Steuerung von Innovations-prozessen und -projekten – Ergebnisse einer empirischen Studie, in: ZfCM (2011), Heft 2, S. 97 – 104.

Lipke, W.: Earned Schedule – An extension to Earned Value Mana ge ment … for managing schedule performance, 2009.

Lipke, W.: Schedule Is Different, in: The Measurable News (2003), March & Summer.

Menze, S.: Der management approach am Beispiel von IAS 11: Darstellung unter besonderer Berücksichtigung der Earned Value-Methode, in: PiR (2011), Heft 8, S. 225 – 232.

Stratton, R. W.: The Earned Value Management Maturity Model, Vienna, VA 2006.

Vanhoucke, M.: Measuring Time –Improving Project Performance Using Earned Value Management, Dordrecht, Heidelberg, London, New York 2009.

a Zusatzservice für Abonnenten von „Springer für Professionals | Finance & Controlling“

Zum Thema Earned-Value-Methode Suche

finden Sie unter www.springerprofessional.de 20 Beiträge, davon 9 im Fachgebiet Finance & Controlling Stand: Mai 2013

Medium

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Sprache

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Jörg Berwanger, Stefan KullmannInterne RevisionFunktion, Rechtsgrundlagen und Compliance

2. Aufl . 2012. XX, 296 S. mit 26 Abb. Br. € (D) 49,95 ISBN 978-3-8349-3470-3Die Interne Revision erbringt im Auftrag der Unternehmensleitung unabhängige und ob-jektive Prüfungs- und Beratungsdienstleistungen. Das unterscheidet sie von anderen unternehmens internen Kontrollstellen, etwa dem Controlling. Die Interne Revision schafft Mehrwerte, indem sie Geschäftsprozesse verbessern hilft. Einen ähnlichen Ansatz ver-folgt die Compliance, die in deutschen Unternehmen zunehmend Verbreitung fi ndet. Sie ist auch operativ tätig. Das Werk beschreibt in 2. Aufl age die Grundlagen für eine effek-tive Interne Revision. Zugleich wird das Verhältnis zur Compliance beleuchtet – in opera-tiver und in rechtlicher Hinsicht. Speziell die Verbindung des Operativen mit einschlä-gigen rechtlichen Aspekten (z.B. KontraG, BilMoG, DCGK und Haftungsrecht) bildet das Alleinstellungsmerkmal dieses Buches.

Einführung in die wichtigsten Bereiche der Internen Revision

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