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134 © Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin · Stahlbau 74 (2005), Heft 2
In dem Artikel „Berechnung von Stahlverbundträgern – Ein Re-chenmodell zur Berücksichtigung von verformbaren, teiltragfähi-gen Verbundanschlüssen“ [1] wurde ein Rechenmodell vorge-stellt, um die Verformbarkeit und die Teiltragfähigkeit von Verbund-anschlüssen in der Statischen Berechnung zu berücksichtigen. Indiesem Artikel folgt nun ein Rechenbeispiel, um den Rechenher-gang zu veranschaulichen. Für einen Verbundanschluß im Stati-schen System werden die Kennwerte „Steifigkeit“, „Tragfähig-keit“ und „Verdrehungsfähigkeit“ ermittelt. Anschließend werdendie Nachweise für die Biegetragfähigkeit im Feld und im Verbund-anschluß im rechnerischen Bruchzustand (ULS) geführt sowieder Nachweis der Durchbiegung in Feldmitte im Gebrauchszu-stand (SLS).
Example to analyse composite beams with consideration ofsemi-rigid, partial strength composite connections. In the article„Berechnung von Stahlverbundträgern – Ein Rechenmodell zurBerücksichtigung von verformbaren, teiltragfähigen Verbundan-schlüssen“ [1] an analysing model has been presented to calcu-late composite beams with the special consideration of ductile,partial strength connections. In this following article an analysingexample illustrates the method. For a given composite connectionthe stiffness, the bending resistance and the ultimate rotation areanalysed. After that the load bearing capacity at ultimate limitstate (ULS) for a given composite beam with composite connec-tion is analysed as well as the deflection at midspan at service-ability limit state (SLS).
1 Einleitung
Im Artikel „Zur Berücksichtigung von verformbaren, teil-tragfähigen Verbundanschlüssen bei der Berechnung vonVerbundträgern“ [1] wurde ein Modell vorgestellt, welcheses ermöglicht, aus versuchsgestützten Daten eine bilineareAnschlußkurve fürVerbundanschlüsse mit einer biegewei-chen, teiltragfähigen Charakteristik zu ermitteln.
In diesem Artikel wird nun an einem Beispiel der Sta-tische Nachweis eines Verbundträgers mit Hilfe des vorge-stellten Modells geführt. Das Beispiel basiert auf der Ver-wendung des Anschlusses vt2.2 aus [2], dessen experimen-tell ermittelte Momenten-Verdrehungskurve bekannt ist,(s. Bilder 1 und 2). DieserAnschluß hatte mit etwa 10 mradgleichzeitig die geringste Verdrehungsfähigkeit aller in [3]untersuchten Verbundanschlüsse.
Die Ermittlung der Schnittgrößen und der Verfor-mungen nach dem Rechenmodell erfolgt mit Hilfe vonHilfstafeln, die für den 2-Feldträger aufgestellt worden
sind. Das gesamte Rechenverfahren zur Ermittlung der bi-linearen Anschlußkurve und zur Ermittlung der Schnitt-größen und der Verformungen wurde so aufbereitet, daßes auch in einer Handrechnung – ohne Zuhilfenahme ei-nes Computers – durchgeführt werden kann.
2 Statisches System und Biegesteifigkeiten EI1 und EI2
Als statisches System für dieses Beispiel wird das Endfeldeines 2-Feldträgers oder eines Durchlaufträgers gewählt.Die Verteilung der Steifigkeiten ist in Bild 3 dargestellt.
Rechenbeispiel zum Statischen Nachweis von Verbundträgern mit verformbaren, teiltragfähigen Verbundanschlüssen
Markus JostChristoph Odenbreit
Fachthemen
Bild 1. Verbundanschluß vt2.2 [2]Fig. 1. Composite connection vt2.2 [2]
Bild 2. Experimentell ermittelte Momenten-Verdrehungs-kurve für den Anschluß vt2.2 [2]Fig. 2. Test result of the moment rotation curve of theconnection vt2.2 [2]
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M. Jost/Ch. Odenbreit · Rechenbeispiel zum Statischen Nachweis von Verbundträgern mit verformbaren, teiltragfähigen Verbundanschlüssen
Stahlbau 74 (2005), Heft 2
Der Anschluß des Verbundträgers an die Stütze wirddurch die Drehfeder mit der Steifigkeit Sj idealisiert. DieFeldlänge beträgt 12 m, die Feld- und Stützquerschnittedes Trägers sind in Bild 4 dargestellt.
Die Berechnung erfolgt mit folgenden Querschnittenund Werkstoffwerten: Stahlträger: IPE 400, Baustahl S355,
fy,k = 35,5 kN/cm2, γa = 1,1fy,d = 35,5 kN/cm2 / 1,1 = 32,3 kN/cm2
Stahlstütze: HEA 400, Baustahl S355,fy,d = 32,3 kN/cm2
Betongurt, Feld-bereich: b/d = 2,55 / 0,16 m, Beton C30/37
fc,k = 3,0 kN/cm2, γc = 1,5fc,d = 3,0 kN/cm2 / 1,5 = 2,0 kN/cm2
Betongurt, Stütz-bereich: b/d = 2,55 / 0,16 m, Beton C30/37
fc,k = 3,0 kN/cm2, γc = 1,5fc,d = 3,0 kN/cm2 / 1,5 = 2,0 kN/cm2
Bewehrung: R589, o+u, Betonstahl B500fs,k = 50,0 kN/cm2, γs = 1,15fs,d = 50,0 kN/cm2 / 1,15 = 43,4 kN/cm2
Die mittragende Breite für den Feldquerschnitt berechnetsich aus der effektiven Länge Le nach [4] und Bild 5 mit
Le = 0,85 L1 = 0,85 · 12,0 m = 10,2 m
zu
beff,F = 2 · Le / 8 = 2 · 10,2 m / 8 = 2,55 m.
Für den Stützquerschnitt ergibt sich aus
Le = 0,25 (L1 + L2) = 0,25 · (12 m + 12 m) = 6,0 m
die mittragende Breite im Stützbereich zu
beff,S = 2 · Le / 8 = 2 · 6 [m] / 8 = 1,5 m.
Diese Werte sind im Querschnitt für den Verbundträger inBild 4 eingetragen. Die Biegesteifigkeit des FeldquerschnittesEI1 ermittelt sich (hier ohne die Berücksichtigung des Krie-chens und des Schwindens) mit Hilfe derWerte aus Tabelle 1und der Bezeichnungen aus Bild 4 aus der Schwerpunktlage
und dem Trägheitsmoment
zu
EI1 = 21000 kN/cm2 · 9,132 cm2m2 = 191772 kNm2.
I I A z z A
cm m cm m cm m
cm m
y eigen i i s i, –
, , – , ,
,
12 2
2 2 2 2 2 2 2
2 2
3 632 14 906 0114 702 7
9 132
= + ⋅
= + ⋅=
Σ Σ Σ
z A zA
cmcm m
m cmsi i
i,
,,
, ,1
2
2
79 88702 7
0114 11 4= ⋅ = = =ΣΣ
Bild 3. System, Belastung und SteifigkeitsverteilungFig. 3. Structural system, loading and distribution of thestiffness
Bild 4. Trägerquerschnitte im positiven und im negativenMomentenbereichFig. 4. Section of the composite beam at midspan and athogging
Tabelle 1. Ermittlung der Biegesteifigkeit EI1 des Verbundträgers im positiven MomentenbereichTable 1. Determination of the bending stiffness EI1 of the composite beam at sagging
Teil Ai z–i Aiz–i Az–i2 Ieigen
[cm2] [m] [cm2 m] [cm2 m2] [cm2 m2]
➀ 84,5 0,16 + 0,40/2 = 0,36 30,42 10,95 2,313 t = to = 0no = Es/Ecm =
➁ (255 · 16)/ 0,16/2 = 0,08 49,46 3,956 1/12 · (255 · 163)/ 21000/3200 = 6,66,6 = 618,2 6,6 · 10—4 =1,319
Σ 702,7 79,88 14,906 3,632
Bild 5. Ermittlung der mittragenden Breiten [4]Fig. 5. Determination of the effective width [4]
Die Biegesteifigkeit des Verbundquerschnittes im negati-ven Momentenbereich EI2 ermittelt sich unter der Ver-nachlässigung des Betonquerschnittes im Zugbereich mitHilfe der Tabelle 2 und den Bezeichnungen aus Bild 4 mit
und dem Trägheitsmoment
zu
EI2 = 21000 kN/cm2 · 3,527 cm2m2 = 74067 cm2m2.
3 Die Kennwerte für den Verbundanschluß3.1 Allgemeines
Bild 1 zeigt den Verbundanschluß vt2.2 aus [2], dessenKonstruktion bei dieser Beispielberechnung zugrunde ge-legt werden soll. Es handelt sich um einen schraubenlosenAnschluß. Die Querkraft wird vom Trägersteg an die ange-schweißte Kopfplatte abgegeben. Die Kopfplatte liegt aufeiner Knagge auf, die an den Stahlträger angeschweißt ist.Die Momenten-Verdrehungskurve für den Anschluß ist inBild 2 zu sehen. Nachfolgend werden die Rechenwerte er-mittelt für die Biegetragfähigkeiten im Feld red Mpl,F,Rd,
I I A z z A
cm m cm m cm m
cm m
y eigen i i s i, –
, , – , ,
,
22 2
2 2 2 2 2 2 2
2 2
2 313 11 099 0 311 102 2
3 527
= + ⋅
= + ⋅=
Σ Σ Σ
z A z
Acm
cm mm cms
i i
i,
,,
, ,2
2
2
31 834102 2
0 311 311= ⋅ = = =ΣΣ
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M. Jost/Ch. Odenbreit · Rechenbeispiel zum Statischen Nachweis von Verbundträgern mit verformbaren, teiltragfähigen Verbundanschlüssen
Stahlbau 74 (2005), Heft 2
die Biegetragfähigkeit im Anschluss Mj,Rd sowie die Stei-figkeit Sj und die Grenzverdrehungsfähigkeit Φsmu des An-schlusses. Diese Kennwerte sind in Bild 6 dargestellt.
3.1 Ermittlung der rechnerischen Biegetragfähigkeit des Verbundanschlusses
Das Biegemoment im Anschluß ergibt sich aus dem Kräfte-paar, das sich aus der übertragenen Druckkraft des Träger-untergurts mit dem Kontaktstück ergibt und der Zugkraftder Bewehrung des Betongurtes. Für das Biegemomentwird die kleinere Kraftkomponente maßgebend. Folgen-des sind die Kräfte der einzelnen Komponenten:
Querschnittsfläche des Stahlträgeruntergurtes inklusive desAusrundungsradius:AUG = (Ages – h1 · s) / 2 = (84,5 – 33,1 · 0,86) / 2 cm2 = 28 cm2
Druckkraft im Trägeruntergurt:FUG,d = AUG · fy,d = 28 cm2 · 32,3 kN/cm2 = 904,4 kN
Querschnittsfläche einer Bewehrungslage innerhalb der mit-tragenden Breite im Stützbereich:As = 5,89 cm2/m · 1,5 m = 8,84 cm2
rechnerische Kraft in der Bewehrung:Fs,d = As,0 · fs,d = 8,84 cm2 · 43,4 kN/cm2 = 382,8 kN
Zugkraft in beiden Bewehrungslagen:Σ Fs,d = 2 · 382,8 kN = 765,6 kN.
Diese ist kleiner als die übertragene Druckkraft im Unter-gurt des Trägers; das Versagen der Bewehrung wird alsomaßgebend. Das rechnerisch aufnehmbare Biegemomentim Anschluß Mj,Rd ermittelt sich nun aus der Momenten-summe der Bewehrungskräfte um die Achse des Trägerun-tergurtes – mit den in Bild 4 dargestellten inneren Hebel-armen – zu:
z3 = 560 – 35 – 13,5 / 2 mm = 518,3 mmz4 = 560 – (90 + 35) – 13,5 / 2 mm = 428,3 mm.
und
Mj,Rd = 382,8 · (0,518,3 + 0,4283) kNm = 362,3 kNm.
Tabelle 2. Ermittlung der Biegesteifigkeit EI2 des Verbundträgers im negativen MomentenbereichTable 2. Determination of the bending stiffness EI2 of the composite beam in hogging region
Teil Ai z–i Aiz–i Az–i2 Ieigen
[cm2] [m] [cm2 m] [cm2 m2] [cm2 m2]
➀ 84,5 0,16 + 0,40/2 = 0,36 30,42 10,95 2,313 t = to = 0no = Es/Ecm =
➁ – – – – – 21000/3200 = 6,6
➂ 5,89 ·11,5 = 0,035 0,309 0,011 –8,84
➃ 8,84 0,125 1,105 0,138 –
Σ 102,2 31,834 11,099 2,313
Bild 6. Idealisierte Momenten-Verdrehungskurve für denVerbundanschlußFig. 6. Simplified moment rotation curve for the compositeconnection
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M. Jost/Ch. Odenbreit · Rechenbeispiel zum Statischen Nachweis von Verbundträgern mit verformbaren, teiltragfähigen Verbundanschlüssen
Stahlbau 74 (2005), Heft 2
3.3 Ermittlung der rechnerischen Steifigkeit des Verbund-anschlusses
Die rechnerische Steifigkeit des Verbundanschlusses zurVerwendung im Rechenmodell ermittelt sich aus der be-zogenen Steifigkeit sj,bez , wie in [1] und [3] erläutert. FürKnaggenanschlüsse beträgt 1/sj,bez= 1,7. Die Steifigkeit desAnschlusses berechnet sich mit Hilfe der Gleichung
und der rechnerischen Anschlußlänge aus [1], siehe Bild 7
zu
3.4 Ermittlung der rechnerischen Verdrehungsfähigkeitdes Verbundanschlusses
Die rechnerische Verdrehungsfähigkeit berechnet sichnach Bild 7 zu:
φεsmu = εsmu · Lj/hj
Um die rechnerische Verdrehungsfähigkeit berechnen zukönnen, muß zuerst die rechnerische Grenzdehnung εsmudes Betongurtes im Anschlußbereich bestimmt werden.Diese ergibt sich nach den Werten aus [3] und Bild 8 zu
mitεsy Dehnung im Betonstahl beim Erreichen der Fließ-
grenze= fy,k / Es
βt = 0,25 (Beiwert für eine andauernde Last oder häufi-gen Lastwechsel)
εsr1 Stahldehnung im ungerissenen Zustand beim Errei-chen der Betonzugfestigkeit fctm= fct / Ecm ≅ 0,1 [‰]
ε ε β ε ε δ β σ ε εsmu s y t sr sr
sr
tksr syf
= +
, – ( – ) – ( – )2 1
121
SkNm
mkNm radj = ⋅ =1 1 7 7406
0 41106300
2/ ,,
/ .
L h h t
mm mm mm mmj IPE HEA Blech= + +
= ⋅ + ⋅ + =
( / ) ( / )
( / ) ( / )
1 2 1 2
1 2 400 1 2 390 15 410400 400
Ss EI
Ljj bez
j=
⋅, 2
εsr2 Stahldehnung in gerissenen Zustand im Riß, unterRißschnittgrößen= σsr1 / Es
mitσsr1 Erstrißspannung
β Beiwert zur Berücksichtigung der unterschiedlichenDuktilitäten des Betonstahls nach [3] und [5]= 0,85 für Stabstahl ds => 10 mm= 1,0 für Mattenbewehrung und Stabstahl ds =< 8 mm
δ Beiwert zur Berücksichtigung der Duktilität der Be-wehrung= 0,7 nach [3]
εs2 = 100 [‰] für Stabstahl ds => 10 mm= 80 [‰] für Mattenbewehrung und Stabstahlds =< 8 mm
ft,k Zugfestigkeit der Bewehrung= 550 N/mm2 für BSt IV
Der Bewehrungsgrad im Betongurt beträgt:
µ = As / Ac = (2 · 5,89 cm2/m · 1,5 m) / (150 cm · 16 cm)= 0,736 [%]
Mit der Zugfestigkeit des Betons nach [3], Gleichung (5.11)von
und dem Verhältnis der E-Moduli von Betonstahl zu Betonvon
n = Es / Ecm = 205000 N/mm2 / 31900 N/mm2 = 6,42
ergibt sich die Erstrißspannung im Betonstahl zu
σµ
µsrctf n
‰
N mm
1
2
1 1
3 397 36
1 6 42 1 0 736
478 93
= ⋅ + ⋅
= ⋅ + ⋅
=
( ( – ) )
,,
( ( , – ) , %)
, / .
f f N mmct c k= ⋅ + = ⋅ + =0 3 8 0 3 30 8 3 3923 23 2, ( ) , ( ) , /,
= ⋅ + ⋅f nct
µµ( ( – ) )1 1
Bild 7. Rechnerische Bezugslänge Lj und VerdrehungΦ(εsmu) des VerbundanschlussesFig. 7. Effective length Lj of the connection and rotationΦ(εsmu)
Bild 8. Spannungs-Dehnungs-Beziehung zur Berücksichti-gung des Mitwirkens des Betons auf Zug zwischen den RissenFig. 8. Stress strain curve of the reinforcement to take intoaccount the tension stiffening effect
Die Dehnungen im Betonstahl im Zustand I, kurz vor demRiß beträgt
εsR1 = fct / Ecm = 3,39 N/mm2 / 31900 N/mm2 = 0,106 ‰
und die Dehnung im Betonstahl im gerissenen Zustand(im Riß) ist
εsR2 = σsR1/ Es = 478,93 N/mm2 / 20500 N/mm2
= 2,34 ‰,
siehe Bild 8. Die größte rechnerische Dehnung des Beton-gurtes berechnet sich mit diesen Werten und der obigenGleichung zu
Mit der Dehnung εsmu, der Bezugslänge für den AnschlußLj und der Anschlußhöhe hj nach den Bildern 4 und 7 von
hj = 400 mm + 160 mm – 32 mm = 528 mm
kann die Grenzverdrehung nun zu
φsmu = (φεsmu · Lj)/hj = 8,9 ‰ · 410 mm/528 mm = 6,9 mrad
berechnet werden.
4 Die Biegetragfähigkeiten Mpl,F,Rd und red Mpl,F,Rd im Feld
Der Betongurt des Feldquerschnitts befindet sich aus derBiegebelastung in Druck. Die rechnerisch aufnehmbaremaximale Druckkraft des Betongurtes – unter der Ver-nachlässigung der Bewehrung – beträgt mit den Wertenaus Bild 4 und Abschnitt 2:
Dc,Rd = Ac · 0,85 fcd = 255 cm · 16 cm · 0,85 · 2 kN/cm2
= 6936 kN.
Der Stahlträger IPE 400 kann folgende Zugraft aufnehmen:
Za,Rd = Npl,a,Rd = Aa · fy,d = 84,5 cm2 · 32,3 kN/cm2
= 2729 kN
Da die Zugkraft des Stahlträgers geringer ist als die auf-nehmbare Druckkraft des Betongurtes, ist dieser nur teil-weise überdrückt. Die Höhe der Druckzone xpl des Beton-gurtes berechnet sich zu:
xpl = Na,pl,Rd / (bm · 0,85 fcd)= 2729 kN / (255 cm · 0,85 · 2 kN/cm2) = 6,3 cm
Die Richtung von x kann Bild 4 entnommen werden. Derinnere Hebelarm des Querschnittes zwischen der resultie-renden Zugkraft des Stahlträgers Napl,Rd und der Druck-kraft Dc,Rd des Betongurtes ist:
εsmu = ⋅ ⋅
+
+ ⋅
⋅
= ⋅ ⋅ + ⋅ ⋅ ⋅
=
500205000
0 25 2 34 11000
0106 11000
0 7 1 1 0478 93
55080 1
1000500
205000
2 439 11000
0 559 11000
0 7 0129 78 11000
8 9
– , , – ,
, – ,,
–
, – , , ,
, [%]
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M. Jost/Ch. Odenbreit · Rechenbeispiel zum Statischen Nachweis von Verbundträgern mit verformbaren, teiltragfähigen Verbundanschlüssen
Stahlbau 74 (2005), Heft 2
ex = 1/2 ha + hc – 1/2 xpl = 40/2 cm + 16 cm – 6,3/2 cm= 32,9 cm (s. Bild 9).
Somit beträgt die Biegetragfähigkeit im Feld:
Mpl,F,Rd = Na,pl,Rd · ex = 2729 kN · 0,329 m = 897,8 kNm
Die Untersuchungen in [3] haben gezeigt, daß besonders dieAktivierung der letzten 10 % der plastischen Biegetragfähig-keit des Feldquerschnittes eine große Mittendurchbiegungdes Trägers verursacht (s. hierzu Bild 16 in [1]). Dies gehtzwingendermaßen auch einher mit einer großen An-schlußverdrehung. FürAnschlüsse mit einem spröden Verdre-hungsverhalten ist es daher sinnvoll, die Ausnutzung des Feld-querschnittes zu begrenzen. Um diesem Verhalten Rechnungzu tragen, wurde in [3] die folgende Beziehung aufgestellt:
Der Feldquerschnitt darf somit rechnerisch mit dem fol-genden Biegemoment beansprucht werden:
(Anmerkung: Wird der Feldquerschnitt stärker bean-sprucht, ist es sinnvoll, die Rotationsfähigkeit des An-schlusses zu vergrößern. Dies kann wirkungsvoll dadurchgeschehen, daß anstatt der Mattenbewehrung eine Stab-bewehrung mit ∅ ≥ 10 mm angeordnet und gleichzeitigder Bewehrungsanteil vergrößert wird, s. [3], Abschn. 7).
5 Ermittlung der Schnittgrößen und der Verformungen 5.1 Ermittlung und Nachweis der Momente unter der
gegebenen Belastung
Der Verbundträger wird mit einer Einwirkung von
gd + qd = 55 kN/m
belastet. Aufgrund des rechnerisch bilinearen Anschluß-verhaltens muß bei der Schnittgrößenermittlung unter-schieden werden zwischen zwei Bereichen:
Bereich 1: der für den Anschluß „elastische Bereich“:Hier steigen das Stützmoment und das Feldmoment beieiner größer werdenden Last linear zueinander an.
Bereich 2: der für den Anschluß „plastische Bereich“:Wenn derAnschluß nach Bild 6 die Werte Mj,Rd und Φelasterreicht hat, kann nur noch der Feldquerschnitt zusätzli-
red M kNmmradmrad
kNmpl F Rd, , , , ,, [ ]
[ ]= ⋅ + ⋅
=897 8 0 9 01
6 980
816
red M Mmrad
mradpl F Rd pl F Rdsmu
, , , , , ,( )[ ]
[ ]= ⋅ + ⋅
0 9 0 1
80Φ ε
Bild 9. Rechnerische Druckzonenhöhe xpl im Betongurt impositiven Momentenbereich Fig. 9. Compression zone xpl in the concrete slab of thecomposite beam at sagging
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M. Jost/Ch. Odenbreit · Rechenbeispiel zum Statischen Nachweis von Verbundträgern mit verformbaren, teiltragfähigen Verbundanschlüssen
Stahlbau 74 (2005), Heft 2
che Lasten aufnehmen, d. h. der Anschluß verdreht sichnun, ohne noch weitere Biegemomente aufnehmen zukönnen (Wenn der Anschluß eine genügend große Rota-tionsfähigkeit besitzt, kann die Belastung, die sich nachder Fließgelenktheorie ergibt, aufgenommen werden).
Rechnerische Ermittlung der Belastung und des Momen-tenverlaufs für den Bereich 1:Die Momentenverteilung und die zugehörige Belastung qe-
last bei der vollen Ausnutzung der Tragfähigkeiten im Be-reich 1werden mit Hilfe der in Bild 10 aufgetragenen Werteberechnet. Das Verhältnis der Biegesteifigkeit im Feld zurBiegesteifigkeit im negativen Momentenbereich beträgt
EI1 / EI2 = 191772 kNm2 / 74067 kNm2 = 2,59.
Die einheitslose bezogene Anschlußsteifigkeit beträgt
Cm,bez = (Sj · L) / EI2= (106300 kNm/rad · 12 m) / 74067 kNm2 = 17,22
Mit diesen Werten läßt sich die bezogene Tragfähigkeit qelast,bez aus Bild 10 ablesen zu
qelast,bez ≈ 14,5.
Mit der bezogenen Tragfähigkeit qelast,bez ergibt sich dieBelastung des Trägers qelast, bei der das Stützmoment ge-rade die Biegetragfähigkeit des Anschlusses von Mj,Rd =–362,3 kNm erreicht:
(g + q)elast,d = (qelast,bez · Mj,Rd) / L2
= (14,5 · 362,3 kNm) / (12 m)2 = 36,5 kN/m
Das zugehörige Feldmoment Mf,elast ergibt sich aus denGleichgewichtsbedingungen. Zuerst wird die Auflager-kraft A aus der Momentensumme um Auflager B berech-net, siehe Bild 11:
Mj,Rd + A · L – qL2/2 = 0→ A = (qL2/2 – Mj,Rd) / L = (36,5 · 122 /2 + 362,3) / 12
= 249,2 kN.
Der Querkraft-Nulldurchgang befindet sich bei
x = A / qelast = 249,2 kN / 36,5 kN/m = 6,83 m,
und das zugehörige Feldmoment MF,elast nach Bild 11 beträgt
MF,elast = Mj,Rd + A · x – qelast · x2/2 = –362,3 + 249,2 · 6,83 – 36,5 · 6,832/2 = 488,3 kNm
Die Biegetragfähigkeit im Feld von red Mpl,F,Rd ist aller-dings noch nicht voll ausgeschöpft.
Rechnerische Ermittlung der Belastung und des Momen-tenverlaufs für den Bereich 2:Bei der weiteren Belastung des Systems steigt nur nochdas Feldmoment an, da der Anschluss plastiziert, sieheden „Bereich 2“ in Bild 6 und ∆MF in Bild 11. Das Systemwird nun durch die Differenzlast
∆qplast = (gd + qd) – (g + q)elast = 55 kN/m – 36,5 kN/m = 18,5 kN/m
beansprucht. Das zugehörige Feldmoment beträgt
∆MF = ∆qplast · L2/8 = 18,5 · 122/8 = 333 kNm
siehe Bild 11. Das gesamte Moment im Feld beträgt somit:
MF,Sd = MF,elast + ∆MF = 488,3 + 333 = 821,3 kNm.
Nachweise für die BiegetragfähigkeitenMit der Biegetragfähigkeit im Feld von
red Mpl,F,Rd = 816 kNm
kann der Nachweis der Biegetragfähigkeit im Feld geführtwerden:
MF,Sd / Mpl,F,Rd = 821,3 kNm / 816 kNm = 1,006 ≈ 1,0.
Der Nachweis für die Biegetragfähigkeit des Anschlusseskann entfallen, da bei diesem Vorgehen Mj,Rd = Mj,Sd undsomit
Mj,Rd / Mj,Sd = 1,0
vorausgesetzt wurde.
Bild 10. Bezogene Tragfähigkeit des elastischen BereichesFig. 10. Non-dimensional load bearing capacity at theelastic range
EI1:EI2
Bild 11. Belastung und Verteilung der Momente Fig. 11. Loading and moment distribution
Der Träger kann die Belastung von 55 kN/m jedoch trotz-dem nicht aufnehmen, weil die erforderliche Verdrehung imAnschluß nicht ausreicht, siehe den folgenden Abschnitt.
5.2 Ermittlung und Nachweis der vorhandenen Anschluß-verdrehung im rechnerischen Bruchzustand
Der Nachweis der Biegetragfähigkeit im Feld setzt einegenügende Verdrehungsfähigkeit des Anschlusses voraus.Die größte aufnehmbare Verdrehung das Anschlusseswurde bereits in Abschnitt 4.4 ermittelt. Der vorhandenerechnerische Wert der Verdrehung im elastischen Bereichbeträgt
Φelast = Mj,Rd / Sj = 362,3 kNm / 106300 KNm/rad = 3,41 mrad,
siehe Bild 6.Der Wert für die Verdrehung im plastischen Bereich
hängt von der Belastung und den Biegesteifigkeiten EI1und EI2 ab. Bild 12 zeigt die normierten, bezogenen Werte∆Φplast,bez für die Verdrehung des Endfeldes, wie z. B. inBild 3 gezeigt. Mit den Ausgangswerten von
EI1 / EI2 = 2,59
ergibt sich die bezogene plastische Anschlußverdrehungaus Bild 12 zu
∆Φplast,bez · 1000 ≈ 18,8.
Hieraus läßt sich die Verdrehung des Anschlusses im pla-stischen Bereich aus ∆qplast berechnen zu
∆Φplast = ∆Φplast,bez · (L3 · ∆qplast / EI2)= 18,8 · (123 · 18,5 / 74067) = 8,11 mrad
Die Gesamtverdrehung ergibt sich somit zu
Φgesamt = Φelast + ∆Φplast = 3,41 + 8,11 = 11,53 mrad.
140
M. Jost/Ch. Odenbreit · Rechenbeispiel zum Statischen Nachweis von Verbundträgern mit verformbaren, teiltragfähigen Verbundanschlüssen
Stahlbau 74 (2005), Heft 2
Die ist viel größer, als die rechnerische GrenzverdrehungΦsmu = 6,9 mrad, siehe Bild 2. Für den plastischen Bereichkann nur die Verdrehung von
max ∆Φplast = Φsmu – Φelast = 6,9 – 3,41 = 3,49 mrad
genutzt werden. Unter der Voraussetzung, daß bei der Be-lastung von ∆qplast = 18,5 kN/m die Verdrehung von8,11 mrad auftritt ergibt sich die größte Last im plasti-schen Bereich zumax ∆qplast = ∆qplast · (max ∆Φplast / vorh ∆Φplast)
= 18,5 kN/m · (3,39 mrad / 8,11 mrad)= 7,96 kN/m
Somit ist die größte aufnehmbare Last
max qR,d = qelast + max ∆qplast = 36,5 kN/m + 7,96 kN/m= 44,46 kN/m.
(Anmerkung: Diese Berechnung soll den Rechengang fürdie Schnittgrößenermittlung unter der Berücksichtigungder bilinearen Drehfeder erläutern. Für die Konstruktionvon besonders wirtschaftlichen, duktilen Verbundanschlüs-sen wird besonders auf den Abschnitt 7 in [3] verwiesen.)
5.3 Nachweis der Durchbiegung des Trägers im Gebrauchs-zustand
In diesem Beispiel wird vereinfacht davon ausgegangen,daß der Träger im Gebrauchszustand etwa 70 % der Lastdes rechnerischen Bruchzustandes hat,
gS,k + qS,k < 0,7 · 44,46 kN/m = 31,2 kN/m
Die Durchbiegung wird mit Hilfe der aufbereiteten Wertefbez in Bild 13 bererechnet zu
f = fbez · (gS,k + qS,k) · L4 / EI2
mit EI1/EI2 = 2,56 und Cm,bez = 17,22 aus Abschnitt 5.1 er-gibt sich
1000 fbez < 3,25.
Bild 12. Bezogene plastische Verdrehung des Anschlusses(Sj = 0)Fig. 12. Non-dimensional rotation of the connection for theplastic range (Sj = 0)
EI1/EI2
Bild 13. Bezogene Durchbiegung im EndfeldFig. 13. Non-dimensional deflection for the end-span
EI1/EI2
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Stahlbau 74 (2005), Heft 2
Die Felddurchbiegung ermittelt sich somit zu:
f = 3,25 / 1000 · 31,2 kN/m · 124 m4 / 74067 kNm2
= 0,028 m = 2,8 cm.
(Anmerkung: Würde die Belastung im Gebrauchzustanddie elastische Grenzlast qelast überschreiten, müßte dieDurchbiegungsberechnung für den Teil der Last, der qelastüberschreitet, getrennt ermittelt werden. Für diesen Last-anteil muß dann die Kurve aus dem Diagramm in Bild 13mit Cm,bez = 0 gewählt werden, da sich für diesen Teil derLast das Fließgelenk bereits ausgebildet hat.)
6 Weitere zu führende Nachweise
Für die noch weiter zu führenden Nachweise wird beson-ders auf die Abschnitte 4 und 5 in [6] verwiesen.
DanksagungDie hier vorgestellten Forschungsarbeiten wurden durchFördermittel der Deutschen Forschungsgemeinschaft fi-nanziell unterstützt und durch die Firmen Nelson, Gevel-berg und KöCo, Ennepetal materiell unterstützt. Hierfürmöchten sich die Autoren bedanken.
Literatur
[1] Jost, M., Odenbreit, C.: Berechnung von Stahlverbundträ-gern – Ein Rechenmodell zur Berücksichtigung von verform-baren, teiltragfähigen Verbundanschlüssen. Stahlbau 73 (2004),H. 7, S. 495–504.
[2] Kathage, K.: Beitrag zur plastischen Bemessung durchlau-fender Verbundträger mit Verbundanschlüssen. Technisch-wissenschaftliche Mitteilungen, Mitteilung Nr. 95-2, Institutfür Konstruktiven Ingenieurbau, Ruhr-Universität Bochum,Bochum, 1995.
[3] Odenbreit, C.: Zur Ermittlung derTragfähigkeiten,der Steifig-keiten und der Schnittgrößen von Verbundträgern mithalbsteifen, teiltragfähigen Verbundanschlüssen. Dissertation.Technische Universität Kaiserslautern, Kaiserslautern 1999.
[4] prEN 1994-1-1 (September 2002).[5] EDIN 1045, Teil 1 (November 1998).[6] Bode, H.: Euro-Verbundbau – Konstruktion und Berech-
nung, 2. Auflage. Düsseldorf: Werner Verlag, 1998.
Autoren dieses Beitrages:Dipl.-Ing. Markus Jost, Verheyen Beratende Ingenieure, Viktoriastraße 36,55443 Bad Kreuznach, Prof. Dr.-Ing. Christoph Odenbreit, Université duLuxembourg, Faculté des Sciences, de la Technologie et de la Communi-cation; Département Génie Civil, 6, rue Coudenhove-Kalergi, L–1359 Luxem-bourg-Kirchberg