897
GRUNDLINIEN DER PHILOSOPHIE DES RECHTS

Rechtsphilosophie Hegel

Embed Size (px)

Citation preview

  • GRUNDLINIEN DERPHILOSOPHIE DES RECHTS

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 2

    Vorrede

    Die unmittelbare Veranlassung zur Herausgabe dieses Grundrisses istdas Bedrfnis, meinen Zuhrern einen Leitfaden zu den Vorlesungen indie Hnde zu geben, welche ich meinem Amte gem ber die Phi-losophie des Rechts halte. Dieses Lehrbuch ist eine weitere, insbeson-dere mehr systematische Ausfhrung derselben Grundbegriffe, welcheber diesen Teil der Philosophie in der von mir sonst fr meine Vorle-sungen bestimmten Enzyklopdie der philosophischen Wissenschaften(Heidelberg 1817) bereits enthalten sind.1)

    Da dieser Grundri aber im Druck erscheinen sollte, hiermit auch vordas grere Publikum kommt, wurde die Veranlassung, die Anmerkun-gen, die zunchst in kurzer Erwhnung die verwandten oder abweichen-den Vorstellungen, weiteren Folgen und dergleichen andeuten sollten,was in den Vorlesungen seine gehrige Erluterung erhalten wrde,manchmal schon hier weiter auszufhren, um den abstrakteren Inhaltdes Textes zuweilen zu verdeutlichen und auf naheliegende, in dermali-ger Zeit gang und gbe Vorstellungen eine ausgedehntere Rcksicht zunehmen. So ist eine Anzahl weitlufigerer Anmerkungen entstanden, alsder Zweck und Stil eines Kompendiums sonst mit sich bringt. Ein eigent-

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 3

    liches Kompendium jedoch hat den fr fertig angesehenen Umkreiseiner Wissenschaft zum Gegenstande, und das ihm Eigentmliche ist,vielleicht einen kleinen Zusatz hier und da ausgenommen, vornehmlichdie Zusammenstellung und Ordnung der wesentlichen Momente einesInhalts, der lngst ebenso zugegeben und bekannt ist, als jene Formihre lngst ausgemachten Regeln und Manieren hat. Von einem phi-losophischen Grundri erwartet man diesen Zuschnitt schon etwa darumnicht, weil man sich vorstellt, das, was die Philosophie vor sich bringe,sei ein so bernchtiges Werk als das Gewebe der Penelope, das jedenTag von vorne angefangen werde.

    Allerdings weicht dieser Grundri zunchst von einem gewhnlichenKompendium durch die Methode ab, die darin das Leitende ausmacht.Da aber die philosophische Art des Fortschreitens von einer Materie zueiner andern und des wissenschaftlichen Beweisens, diese spekulativeErkenntnisweise berhaupt, wesentlich sich von anderer Erkenntnis-weise unterscheidet, wird hier vorausgesetzt. Die Einsicht in die Notwen-digkeit einer solchen Verschiedenheit kann es allein sein, was die Phi-losophie aus dem schmhlichen Verfall, in welchen sie in unseren Zeitenversunken ist, herauszureien vermgen wird. Man hat wohl die Un-zulnglichkeit der Formen und Regeln der vormaligen Logik, des De-

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 4

    finierens, Einteilens und Schlieens, welche die Regeln der Verstandes-erkenntnis enthalten, fr die spekulative Wissenschaft erkannt, odermehr nur gefhlt als erkannt, und dann diese Regeln nur als Fesselnweggeworfen, um aus dem Herzen, der Phantasie, der zuflligen An-schauung willkrlich zu sprechen; und da denn doch auch Reflexion undGedankenverhltnisse eintreten mssen, verfhrt man bewutlos in derverachteten Methode des ganz gewhnlichen Folgerns und Rsonne-ments. Die Natur des spekulativen Wissens habe ich in meiner Wissen-schaft der Logik ausfhrlich entwickelt; in diesem Grundri ist darum nurhier und da eine Erluterung ber Fortgang und Methode hinzugefgtworden. Bei der konkreten und in sich so mannigfaltigen Beschaffenheitdes Gegenstandes ist es zwar vernachlssigt worden, in allen und jedenEinzelheiten die logische Fortleitung nachzuweisen und herauszuheben.Teils konnte dies, bei vorausgesetzter Bekanntschaft mit der wissen-schaftlichen Methode, fr berflssig gehalten werden, teils wird aber esvon selbst auffallen, da das Ganze wie die Ausbildung seiner Gliederauf dem logischen Geiste beruht. Von dieser Seite mchte ich auchvornehmlich, da diese Abhandlung gefat und beurteilt wrde. Denndas, um was es in derselben zu tun ist, ist die Wissenschaft, und in derWissenschaft ist der Inhalt wesentlich an die Form gebunden.

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 5

    Man kann zwar von denen, die es am grndlichsten zu nehmen schei-nen, hren, die Form sei etwas ueres und fr die Sache Gleichglti-ges, es komme nur auf diese an; man kann weiter das Geschft desSchriftstellers, insbesondere des philosophischen, darein setzen, Wahr-heiten zu entdecken, Wahrheiten zu sagen, Wahrheiten und richtigeBegriffe zu verbreiten. Wenn man nun betrachtet, wie solches Geschftwirklich betrieben zu werden pflegt, so sieht man einesteils denselbenalten Kohl immer wieder aufkochen und nach allen Seiten hin ausgeben- ein Geschft, das wohl auch sein Verdienst um die Bildung und Erwek-kung der Gemter haben wird, wenn es gleich mehr als ein vielgeschfti-ger berflu angesehen werden knnte, - denn sie haben Mosen unddie Propheten, la sie dieselbigen hren. Vornehmlich hat man vielflti-ge Gelegenheit, sich ber den Ton und die Prtention, die sich dabei zuerkennen gibt, zu verwundern, nmlich als ob es der Welt nur noch andiesen eifrigen Verbreitern von Wahrheiten gefehlt htte und als ob deraufgewrmte Kohl neue und unerhrte Wahrheiten brchte und vor-nehmlich immer in jetziger Zeit hauptschlich zu beherzigen wre.Andernteils aber sieht man, was von solchen Wahrheiten von der einenSeite her ausgegeben wird, durch eben dergleichen von andern Seitenher ausgespendete Wahrheiten verdrngt und weggeschwemmt werden.

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 6

    Was nun in diesem Gedrnge von Wahrheiten weder Altes noch Neues,sondern Bleibendes sei, wie soll dieses aus diesen formlos hin- undhergehenden Betrachtungen sich herausheben - wie anders sich unter-scheiden und bewhren als durch die Wissenschaft?

    Ohnehin ber Recht, Sittlichkeit, Staat ist die Wahrheit ebensosehralt, als in den ffentlichen Gesetzen, der ffentlichen Moral und Religionoffen dargelegt und bekannt. Was bedarf diese Wahrheit weiter, insofernder denkende Geist sie in dieser nchsten Weise zu besitzen nichtzufrieden ist, als sie auch zu begreifen und dem schon an sich selbstvernnftigen Inhalt auch die vernnftige Form zu gewinnen, damit er frdas freie Denken gerechtfertigt erscheine, welches nicht bei dem Gege-benen, es sei durch die uere positive Autoritt des Staats oder derbereinstimmung der Menschen, oder durch die Autoritt des innerenGefhls und Herzens und das unmittelbar beistimmende Zeugnis desGeistes untersttzt, stehenbleibt, sondern von sich ausgeht und ebendamit fordert, sich im Innersten mit der Wahrheit geeint zu wissen?

    Das einfache Verhalten des unbefangenen Gemtes ist, sich mitzutrauensvoller berzeugung an die ffentlich bekannte Wahrheit zuhalten und auf diese feste Grundlage seine Handlungsweise und festeStellung im Leben zu bauen. Gegen dieses einfache Verhalten tut sich

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 7

    etwa schon die vermeinte Schwierigkeit auf, wie aus den unendlichverschiedenen Meinungen sich das, was darin das allgemein Anerkann-te und Gltige sei, unterscheiden und herausfinden lasse; und man kanndiese Verlegenheit leicht fr einen rechten und wahrhaften Ernst um dieSache nehmen. In der Tat sind aber die, welche sich auf diese Verle-genheit etwas zugute tun, in dem Falle, den Wald vor den Bumen nichtzu sehen, und es ist nur die Verlegenheit und Schwierigkeit vorhanden,welche sie selbst veranstalten; ja diese ihre Verlegenheit und Schwierig-keit ist vielmehr der Beweis, da sie etwas anderes als das allgemeinAnerkannte und Geltende, als die Substanz des Rechten und Sittlichenwollen. Denn ist es darum wahrhaft, und nicht um die Eitelkeit undBesonderheit des Meinens und Seins zu tun, so hielten sie sich an dassubstantielle Rechte, nmlich an die Gebote der Sittlichkeit und desStaats, und richteten ihr Leben danach ein. - Die weitere Schwierigkeitaber kommt von der Seite, da der Mensch denkt und im Denken seineFreiheit und den Grund der Sittlichkeit sucht. Dieses Recht, so hoch, sogttlich es ist, wird aber in Unrecht verkehrt, wenn nur dies fr Denkengilt und das Denken nur dann sich frei wei, insofern es vom Allgemein-Anerkannten und Gltigen abweiche und sich etwas Besonderes zuerfinden gewut habe.

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 8

    Am festesten konnte in unserer Zeit die Vorstellung, als ob die Freiheitdes Denkens und des Geistes berhaupt sich nur durch die Abwei-chung, ja Feindschaft gegen das ffentlich Anerkannte beweise, inBeziehung auf den Staat eingewurzelt [sein] und hiernach absonderlicheine Philosophie ber den Staat wesentlich die Aufgabe zu haben schei-nen, auch eine Theorie und eben eine neue und besondere zu erfindenund zu geben. Wenn man diese Vorstellung und das ihr geme Treibensieht, so sollte man meinen, als ob noch kein Staat und Staatsverfas-sung in der Welt gewesen noch gegenwrtig vorhanden sei, sondern alsob man jetzt - und dies Jetzt dauert immer fort - ganz von vorne an-zufangen und die sittliche Welt nur auf ein solches jetziges Ausdenkenund Ergrnden und Begrnden gewartet habe. Von der Natur gibt manzu, da die Philosophie sie zu erkennen habe, wie sie ist, da der Steinder Weisen irgendwo, aber in der Natur selbst verborgen liege, da siein sich vernnftig sei und das Wissen diese in ihr gegenwrtige, wirkli-che Vernunft, nicht die auf der Oberflche sich zeigenden Gestaltungenund Zuflligkeiten, sondern ihre ewige Harmonie, aber als ihr immanen-tes Gesetz und Wesen zu erforschen und begreifend zu fassen habe.Die sittliche Welt dagegen, der Staat, sie, die Vernunft, wie sie sich imElemente des Selbstbewutseins verwirklicht, soll nicht des Glcks

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 9

    genieen, da es die Vernunft ist, welche in der Tat in diesem Elementesich zur Kraft und Gewalt gebracht habe, darin behaupte und inwohne.2)Das geistige Universum soll vielmehr dem Zufall und der Willkr preisge-geben, es soll gottverlassen sein, so da nach diesem Atheismus dersittlichen Welt das Wahre sich auer ihr befinde und zugleich, weil dochauch Vernunft darin sein soll, das Wahre nur ein Problema sei. Hierinaber liege die Berechtigung, ja die Verpflichtung fr jedes Denken, auchseinen Anlauf zu nehmen, doch nicht um den Stein der Weisen zusuchen, denn durch das Philosophieren unserer Zeit ist das Suchenerspart und jeder gewi, so wie er steht und geht, diesen Stein in seinerGewalt zu haben. Nun geschieht es freilich, da diejenigen, welche indieser Wirklichkeit des Staats leben und ihr Wissen und Wollen darinbefriedigt finden - und deren sind viele, ja mehr als es meinen undwissen, denn im Grunde sind es alle -, da also wenigstens diejenigen,welche mit Bewutsein ihre Befriedigung im Staate haben, jener Anlufeund Versicherungen lachen und sie fr ein bald lustigeres oder ern-steres, ergtzliches oder gefhrliches, leeres Spiel nehmen. Jenesunruhige Treiben der Reflexion und Eitelkeit, sowie die Aufnahme undBegegnung, welche sie erfhrt, wre nun eine Sache fr sich, die sichauf ihre Weise in sich entwickelt; aber es ist die Philosophie berhaupt,

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 10

    welche sich durch jenes Getreibe in mannigfaltige Verachtung undMikredit gesetzt hat. Die schlimmste der Verachtungen ist diese, dawie gesagt jeder, wie er so steht und geht, ber die Philosophie ber-haupt Bescheid zu wissen und abzusprechen imstande zu sein ber-zeugt ist. Keiner anderen Kunst und Wissenschaft wird diese letzteVerachtung bezeigt, zu meinen, da man sie geradezu innehabe.

    In der Tat, was wir von der Philosophie der neueren Zeit mit der gr-ten Prtention ber den Staat haben ausgehen sehen, berechtigte wohljeden, der Lust hatte mitzusprechen, zu dieser berzeugung, ebensolches von sich aus geradezu machen zu knnen und damit sich denBeweis, im Besitz der Philosophie zu sein, zu geben. Ohnehin hat diesich so nennende Philosophie es ausdrcklich ausgesprochen, da dasWahre selbst nicht erkannt werden knne, sondern da dies das Wahresei, was jeder ber die sittlichen Gegenstnde, vornehmlich ber Staat,Regierung und Verfassung, sich aus seinem Herzen, Gemt und Be-geisterung aufsteigen lasse. Was ist darber nicht alles der Jugendinsbesondere zum Munde geredet worden? Die Jugend hat es sich dennauch wohl gesagt sein lassen. Den Seinen gibt Ers schlafend, ist auf dieWissenschaft angewendet worden, und damit hat jeder Schlafende sichzu den Seinen gezhlt; was er so im Schlafe der Begriffe bekommen,

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 11

    war denn freilich auch Ware danach. - Ein Heerfhrer dieser Seichtig-keit, die sich Philosophieren nennt, Herr Fries , hat sich nicht entbldet,3)bei einer feierlichen, berchtigt gewordenen ffentlichen Gelegenheit ineiner Rede ber den Gegenstand von Staat und Staatsverfassung dieVorstellung zu geben: in dem Volke, in welchem echter Gemeingeistherrsche, wrde jedem Geschft der ffentlichen Angelegenheiten dasLeben von unten aus dem Volke kommen, wrden jedem einzelnenWerke der Volksbildung und des volkstmlichen Dienstes sich lebendigeGesellschaften weihen, durch die heilige Kette der Freundschaft unver-brchlich vereinigt, und dergleichen . - Dies ist der Hauptsinn der4)Seichtigkeit, die Wissenschaft, statt auf die Entwicklung des Gedankensund Begriffs, vielmehr auf die unmittelbare Wahrnehmung und die zufl-lige Einbildung zu stellen, ebenso die reiche Gliederung des Sittlichen insich, welche der Staat ist, die Architektonik seiner Vernnftigkeit, diedurch die bestimmte Unterscheidung der Kreise des ffentlichen Lebensund ihrer Berechtigungen und durch die Strenge des Maes, in dem sichjeder Pfeiler, Bogen und Strebung hlt, die Strke des Ganzen aus derHarmonie seiner Glieder hervorgehen macht, - diesen gebildeten Bau inden Brei des Herzens, der Freundschaft und Begeisterung zusammen-flieen zu lassen. Wie nach Epikur die Welt berhaupt, so ist freilich

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 12

    nicht, aber so sollte die sittliche Welt nach solcher Vorstellung der sub-jektiven Zuflligkeit des Meinens und der Willkr bergeben werden. Mitdem einfachen Hausmittel, auf das Gefhl das zu stellen, was die undzwar mehrtausendjhrige Arbeit der Vernunft und ihres Verstandes ist,ist freilich alle die Mhe der von dem denkenden Begriffe geleitetenVernunfteinsicht und Erkenntnis erspart. Mephistopheles bei Goethe -eine gute Autoritt - sagt darber ungefhr, was ich auch sonst ange-fhrt:

    Verachte nur Verstand und Wissenschaft,des Menschen allerhchste Gaben -so hast dem Teufel dich ergebenund mut zugrunde gehn.5)

    Unmittelbar nahe liegt es, da solche Ansicht sich auch die Gestalt derFrmmigkeit annimmt; denn mit was allem hat dieses Getreibe sich nichtzu autorisieren versucht! Mit der Gottseligkeit und der Bibel aber hat essich die hchste Berechtigung, die sittliche Ordnung und die Objektivittder Gesetze zu verachten, zu geben vermeint. Denn wohl ist es auch dieFrmmigkeit, welche die in der Welt zu einem organischen Reicheauseinandergeschlagene Wahrheit zur einfacheren Anschauung desGefhls einwickelt. Aber sofern sie rechter Art ist, gibt sie die Form

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 13

    dieser Region auf, sobald sie aus dem Innern heraus in den Tag derEntfaltung und des geoffenbarten Reichtums der Idee eintritt, und bringtaus ihrem inneren Gottesdienst die Verehrung gegen eine an und frsich seiende, ber die subjektive Form des Gefhls erhabene Wahrheitund Gesetze mit.

    Die besondere Form des blen Gewissens, welche sich in der Art derBeredsamkeit, zu der sich jene Seichtigkeit aufspreizt, kundtut, kannhierbei bemerklich gemacht werden; und zwar zunchst, da sie da, wosie am geistlosesten ist, am meisten vom Geiste spricht, wo sie amtotesten und ledernsten redet, das Wort Leben und ins Leben einfhren,wo sie die grte Selbstsucht des leeren Hochmuts kundtut, am meistendas Wort Volk im Munde fhrt. Das eigentmliche Wahrzeichen aber,das sie an der Stirne trgt, ist der Ha gegen das Gesetz. Da Rechtund Sittlichkeit, und die wirkliche Welt des Rechts und des Sittlichen,sich durch den Gedanken erfat, durch Gedanken sich die Form derVernnftigkeit, nmlich Allgemeinheit und Bestimmtheit gibt, dies, dasGesetz, ist es, was jenes sich das Belieben vorbehaltende Gefhl, jenesdas Rechte in die subjektive berzeugung stellende Gewissen mitGrund als das sich feindseligste ansieht. Die Form des Rechten alseiner Pflicht und als eines Gesetzes wird von ihm als ein toter, kalter

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 14

    Buchstabe und als eine Fessel empfunden; denn es erkennt in ihm nichtsich selbst, sich in ihm somit nicht frei, weil das Gesetz die Vernunft derSache ist und diese dem Gefhle nicht verstattet, sich an der eigenenPartikularitt zu wrmen. Das Gesetz ist darum, wie im Laufe diesesLehrbuchs irgendwo angemerkt worden , vornehmlich das Schiboleth,6)an dem die falschen Brder und Freunde des sogenannten Volkes sichabscheiden.

    Indem nun die Rabulisterei der Willkr sich des Namens der Phi-losophie bemchtigt und ein groes Publikum in die Meinung zu verset-zen vermocht hat, als ob dergleichen Treiben Philosophie sei, so ist esfast gar zur Unehre geworden, ber die Natur des Staats noch phi-losophisch zu sprechen; und es ist rechtlichen Mnnern nicht zu ver-argen, wenn sie in Ungeduld geraten, sobald sie von philosophischerWissenschaft des Staats reden hren. Noch weniger ist sich zu verwun-dern, wenn die Regierungen auf solches Philosophieren endlich dieAufmerksamkeit gerichtet haben, da ohnehin bei uns die Philosophienicht, wie etwa bei den Griechen, als eine private Kunst exerziert wird,sondern sie eine ffentliche, das Publikum berhrende Existenz, vor-nehmlich oder allein im Staatsdienste, hat. Wenn die Regierungen ihrendiesem Fache gewidmeten Gelehrten das Zutrauen bewiesen haben,

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 15

    sich fr die Ausbildung und den Gehalt der Philosophie auf sie gnzlichzu verlassen - wre es hier und da, wenn man will, nicht so sehr Zutrau-en als Gleichgltigkeit gegen die Wissenschaft selbst gewesen und dasLehramt derselben nur traditionell beibehalten worden (wie man denn,soviel mir bekannt ist, in Frankreich die Lehrsthle der Metaphysikwenigstens hat eingehen lassen) -, so ist ihnen vielfltig jenes Zutrauenschlecht vergolten worden, oder wo man, im andern Fall, Gleichgltigkeitsehen wollte, so wre der Erfolg, das Verkommen grndlicher Erkennt-nis, als ein Ben dieser Gleichgltigkeit anzusehen. Zunchst scheintwohl die Seichtigkeit etwa am allervertrglichsten wenigstens mit ue-rer Ordnung und Ruhe zu sein, weil sie nicht dazu kommt, die Substanzder Sachen zu berhren, ja nur zu ahnen; sie wrde somit, zunchstwenigstens, polizeilich nichts gegen sich haben, wenn nicht der Staatnoch das Bedrfnis tieferer Bildung und Einsicht in sich schlsse und dieBefriedigung desselben von der Wissenschaft forderte. Aber die Seich-tigkeit fhrt von selbst in Rcksicht des Sittlichen, des Rechts und derPflicht berhaupt, auf diejenigen Grundstze, welche in dieser Sphredas Seichte ausmachen, auf die Prinzipien der Sophisten, die wir ausPlaton so entschieden kennenlernen, - die Prinzipien, welche das, wasRecht ist, auf die subjektiven Zwecke und Meinungen, auf das subjektive

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 16

    Gefhl und die partikulre berzeugung stellen, - Prinzipien, aus wel-chen die Zerstrung ebenso der inneren Sittlichkeit und des rechtschaf-fenen Gewissens, der Liebe und des Rechts unter den Privatpersonen,als die Zerstrung der ffentlichen Ordnung und der Staatsgesetze folgt.Die Bedeutung, welche dergleichen Erscheinungen fr die Regierungengewinnen mssen, wird sich nicht etwa durch den Titel abweisen lassen,der sich auf das geschenkte Zutrauen selbst und auf die Autoritt einesAmtes sttzte, um an den Staat zu fordern, da er das, was die sub-stantielle Quelle von den Taten, die allgemeinen Grundstze, verdirbt,und sogar dessen Trotz als ob es sich so gehrte, gewhren und waltenlassen solle. Wem Gott ein Amt gibt, dem gibt er auch Verstand, ist einalter Scherz, den man wohl in unsern Zeiten nicht gar fr Ernst wirdbehaupten wollen.

    In der Wichtigkeit der Art und Weise des Philosophierens, welchedurch die Umstnde bei den Regierungen aufgefrischt worden ist, ltsich das Moment des Schutzes und Vorschubs nicht verkennen, dessendas Studium der Philosophie nach vielen anderen Seiten hin bedrftiggeworden zu sein scheint. Denn liest man in so vielen Produktionen ausdem Fache der positiven Wissenschaften, ingleichen der religisenErbaulichkeit und anderer unbestimmter Literatur, wie darin nicht nur die

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 17

    vorhin erwhnte Verachtung gegen die Philosophie bezeigt ist, dasolche, die zugleich beweisen, da sie in der Gedankenbildung vlligzurck sind und Philosophie ihnen etwas ganz Fremdes ist, doch sie alsetwas bei sich Abgetanes behandeln, - sondern wie daselbst ausdrck-lich gegen die Philosophie losgezogen und ihr Inhalt, die begreifendeErkenntnis Gottes und der physischen und geistigen Natur, die Erkennt-nis der Wahrheit als fr eine trichte, ja sndhafte Anmaung erklrt,wie die Vernunft, und wieder die Vernunft, und in unendlicher Wiederho-lung die Vernunft angeklagt, herabgesetzt und verdammt, - oder wiewenigstens zu erkennen gegeben wird, wie unbequem bei einem groenTeile des wissenschaftlich sein sollenden Treibens die doch unabwend-baren Ansprche des Begriffes fallen, - wenn man, sage ich, dergleichenErscheinungen vor sich hat, so mchte man beinahe dem GedankenRaum geben, da von dieser Seite die Tradition nicht mehr ehrwrdignoch hinreichend wre, dem philosophischen Studium die Toleranz unddie ffentliche Existenz zu sichern. Die zu unserer Zeit gang und gben7)Deklamationen und Anmaungen gegen die Philosophie bieten dassonderbare Schauspiel dar, da sie durch jene Seichtigkeit, zu der dieseWissenschaft degradiert worden ist, einerseits ihr Recht haben undandererseits selbst in diesem Elemente wurzeln, gegen das sie un-

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 18

    dankbar gerichtet sind. Denn indem jenes sich so nennende Philoso-phieren die Erkenntnis der Wahrheit fr einen trichten Versuch erklrthat, hat es, wie der Despotismus der Kaiser Roms Adel und Sklaven,Tugend und Laster, Ehre und Unehre, Kenntnis und Unwissenheitgleichgemacht hat, alle Gedanken und alle Stoffe nivelliert, - so da dieBegriffe des Wahren, die Gesetze des Sittlichen auch weiter nichts sindals Meinungen und subjektive berzeugungen und die verbrecherisch-sten Grundstze als berzeugungen mit jenen Gesetzen in gleicheWrde gestellt sind, und da ebenso jede noch so kahlen und partikula-ren Objekte und noch so strohernen Materien in gleiche Wrde gestelltsind mit dem, was das Interesse aller denkenden Menschen und dieBnder der sittlichen Welt ausmacht.

    Es ist darum als ein Glck fr die Wissenschaft zu achten - in der Tatist es, wie bemerkt, die Notwendigkeit der Sache -, da jenes Philoso-phieren, das sich als eine Schulweisheit in sich fortspinnen mochte, sichin nheres Verhltnis mit der Wirklichkeit gesetzt hat, in welcher es mitden Grundstzen der Rechte und der Pflichten Ernst ist und welche imTage des Bewutseins derselben lebt, und da es somit zum ffentli-chen Bruche gekommen ist. Es ist eben diese Stellung der Philosophiezur Wirklichkeit, welche die Miverstndnisse betreffen, und ich kehre

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 19

    hiermit zu dem zurck, was ich vorhin bemerkt habe, da die Philoso-phie, weil sie das Ergrnden des Vernnftigen ist, eben damit das Erfas-sen des Gegenwrtigen und Wirklichen, nicht das Aufstellen einesJenseitigen ist, das Gott wei wo sein sollte - oder von dem man in derTat wohl zu sagen wei, wo es ist, nmlich in dem Irrtum eines ein-seitigen, leeren Rsonierens. Im Verlaufe der folgenden Abhandlunghabe ich bemerkt, da selbst die Platonische Republik, welche als dasSprichwort eines leeren Ideals gilt, wesentlich nichts aufgefat hat alsdie Natur der griechischen Sittlichkeit, und da dann im Bewutsein desin sie einbrechenden tieferen Prinzips, das an ihr unmittelbar nur alseine noch unbefriedigte Sehnsucht und damit nur als Verderben er-scheinen konnte, Platon aus eben der Sehnsucht die Hilfe dagegen hatsuchen mssen, aber sie, die aus der Hhe kommen mute, zunchstnur in einer ueren besonderen Form jener Sittlichkeit suchen konnte,durch welche er jenes Verderben zu gewltigen sich ausdachte undwodurch er ihren tieferen Trieb, die freie unendliche Persnlichkeit,gerade am tiefsten verletzte. Dadurch aber hat er sich als der groeGeist bewiesen, da eben das Prinzip, um welches sich das Unter-scheidende seiner Idee dreht, die Angel ist, um welche die [damals]8)bevorstehende Umwlzung der Welt sich gedreht hat.

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 20

    Was vernnftig ist, das ist wirklich;und was wirklich ist, das ist vernnftig.

    In dieser berzeugung steht jedes unbefangene Bewutsein wie diePhilosophie, und hiervon geht diese ebenso in Betrachtung des geisti-gen Universums aus als des natrlichen. Wenn die Reflexion, das Ge-fhl oder welche Gestalt das subjektive Bewutsein habe, die Gegen-wart fr ein Eitles ansieht, ber sie hinaus ist und es besser wei, sobefindet es sich im Eitlen, und weil es Wirklichkeit nur in der Gegenwarthat, ist es so selbst nur Eitelkeit. Wenn umgekehrt die Idee fr das gilt,was nur so eine Idee, eine Vorstellung in einem Meinen ist, so gewhrthingegen die Philosophie die Einsicht, da nichts wirklich ist als dieIdee. Darauf kommt es dann an, in dem Scheine des Zeitlichen undVorbergehenden die Substanz, die immanent, und das Ewige, dasgegenwrtig ist, zu erkennen. Denn das Vernnftige, was synonym istmit der Idee, indem es in seiner Wirklichkeit zugleich in die uereExistenz tritt, tritt in einem unendlichen Reichtum von Formen, Erschei-nungen und Gestaltungen hervor und umzieht seinen Kern mit derbunten Rinde, in welcher das Bewutsein zunchst haust, welche derBegriff erst durchdringt, um den inneren Puls zu finden und ihn ebensoin den ueren Gestaltungen noch schlagend zu fhlen. Die unendlich

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 21

    mannigfaltigen Verhltnisse aber, die sich in dieser uerlichkeit, durchdas Scheinen des Wesens in sie, bilden, dieses unendliche Material undseine Regulierung ist nicht Gegenstand der Philosophie. Sie mischtesich damit in Dinge, die sie nicht angehen; guten Rat darber zu er-teilen, kann sie sich ersparen; Platon konnte es unterlassen, den Am-men anzuempfehlen, mit den Kindern nie stillezustehen, sie immer aufden Armen zu schaukeln, ebenso Fichte die Vervollkommnung derPapolizei bis dahin, wie man es nannte, zu konstruieren, da von denVerdchtigen nicht nur das Signalement in den Pa gesetzt, sonderndas Portrt darin gemalt werden solle. In dergleichen Ausfhrungen istvon Philosophie keine Spur mehr zu sehen, und sie kann dergleichenUltraweisheit um so mehr lassen, als sie ber diese unendliche Mengevon Gegenstnden gerade am liberalsten sich zeigen soll. Damit wirddie Wissenschaft auch von dem Hasse, den die Eitelkeit des Besserwis-sens auf eine Menge von Umstnden und Institutionen wirft - ein Ha, inwelchem sich die Kleinlichkeit am meisten gefllt, weil sie nur dadurchzu einem Selbstgefhl kommt -, sich am entferntesten zeigen.

    So soll denn diese Abhandlung, insofern sie die Staatswissenschaftenthlt, nichts anderes sein als der Versuch, den Staat als ein in sichVernnftiges zu begreifen und darzustellen. Als philosophische Schrift

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 22

    mu sie am entferntesten davon sein, einen Staat, wie er sein soll,konstruieren zu sollen; die Belehrung, die in ihr liegen kann, kann nichtdarauf gehen, den Staat zu belehren, wie er sein soll, sondern vielmehr,wie er, das sittliche Universum, erkannt werden soll.

    , .Hic Rhodus, hic saltus.

    Das was ist zu begreifen, ist die Aufgabe der Philosophie, denn das wasist, ist die Vernunft. Was das Individuum betrifft, so ist ohnehin jedes einSohn seiner Zeit; so ist auch die Philosophie ihre Zeit in Gedankenerfat. Es ist ebenso tricht zu whnen, irgendeine Philosophie geheber ihre gegenwrtige Welt hinaus, als, ein Individuum berspringeseine Zeit, springe ber Rhodus hinaus. Geht seine Theorie in der Tatdrber hinaus, baut es sich eine Welt, wie sie sein soll, so existiert siewohl, aber nur in seinem Meinen - einem weichen Elemente, dem sichalles Beliebige einbilden lt.

    Mit weniger Vernderung wrde jene Redensart lauten:Hier ist die Rose, hier tanze.

    Was zwischen der Vernunft als selbstbewutem Geiste und der Vernunftals vorhandener Wirklichkeit liegt, was jene Vernunft von dieser scheidetund in ihr nicht die Befriedigung finden lt, ist die Fessel irgendeines

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 23

    Abstraktums, das nicht zum Begriffe befreit ist. Die Vernunft als dieRose im Kreuze der Gegenwart zu erkennen und damit dieser sich zuerfreuen, diese vernnftige Einsicht ist die Vershnung mit der Wirklich-keit, welche die Philosophie denen gewhrt, an die einmal die innereAnforderung ergangen ist, zu begreifen und in dem, was substantiell ist,ebenso die subjektive Freiheit zu erhalten sowie mit der subjektivenFreiheit nicht in einem Besonderen und Zuflligen, sondern in dem, wasan und fr sich ist, zu stehen.

    Dies ist es auch, was den konkreteren Sinn dessen ausmacht, wasoben abstrakter als Einheit der Form und des Inhalts bezeichnet wordenist, denn die Form in ihrer konkretesten Bedeutung ist die Vernunft alsbegreifendes Erkennen, und der Inhalt die Vernunft als das substantielleWesen der sittlichen wie der natrlichen Wirklichkeit; die bewute Identi-tt von beidem ist die philosophische Idee. - Es ist ein groer Eigensinn,der Eigensinn, der dem Menschen Ehre macht, nichts in der Gesinnunganerkennen zu wollen, was nicht durch den Gedanken gerechtfertigt ist,- und dieser Eigensinn ist das Charakteristische der neueren Zeit, ohne-hin das eigentmliche Prinzip des Protestantismus. Was Luther alsGlauben im Gefhl und im Zeugnis des Geistes begonnen, es ist dassel-be, was der weiterhin gereifte Geist im Begriffe zu fassen und so in der

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 24

    Gegenwart sich zu befreien und dadurch in ihr sich zu finden bestrebtist. Wie es ein berhmtes Wort geworden ist, da eine halbe Philosophievon Gott abfhre - und es ist dieselbe Halbheit, die das Erkennen in eineAnnherung zur Wahrheit setzt -, die wahre Philosophie aber zu Gottfhre, so ist es dasselbe mit dem Staate. So wie die Vernunft sich nichtmit der Annherung, als welche weder kalt noch warm ist und darumausgespien wird, begngt, ebensowenig begngt sie sich mit der kaltenVerzweiflung, die zugibt, da es in dieser Zeitlichkeit wohl schlecht oderhchstens mittelmig zugehe, aber eben in ihr nichts Besseres zuhaben und nur darum Frieden mit der Wirklichkeit zu halten sei; es istein wrmerer Friede mit ihr, den die Erkenntnis verschafft.

    Um noch ber das Belehren, wie die Welt sein soll, ein Wort zu sagen,so kommt dazu ohnehin die Philosophie immer zu spt. Als der Gedan-ke der Welt erscheint sie erst in der Zeit, nachdem die Wirklichkeit ihrenBildungsproze vollendet und sich fertig gemacht hat. Dies, was derBegriff lehrt, zeigt notwendig ebenso die Geschichte, da erst in derReife der Wirklichkeit das Ideale dem Realen gegenber erscheint undjenes sich dieselbe Welt, in ihrer Substanz erfat, in Gestalt einesintellektuellen Reichs erbaut. Wenn die Philosophie ihr Grau in Graumalt, dann ist eine Gestalt des Lebens alt geworden, und mit Grau in

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 25

    Grau lt sie sich nicht verjngen, sondern nur erkennen; die Eule derMinerva beginnt erst mit der einbrechenden Dmmerung ihren Flug.

    Doch es ist Zeit, dieses Vorwort zu schlieen; als Vorwort kam ihmohnehin nur zu, uerlich und subjektiv von dem Standpunkt der Schrift,der es vorangeschickt ist, zu sprechen. Soll philosophisch von einemInhalte gesprochen werden, so vertrgt er nur eine wissenschaftliche,objektive Behandlung, wie denn auch dem Verfasser Widerrede andererArt als eine wissenschaftliche Abhandlung der Sache selbst nur fr einsubjektives Nachwort und beliebige Versicherung gelten und ihm gleich-gltig sein mu.

    Berlin, den 25. Juni 1820.

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 26

    Einleitung

    19)Die philosophische Rechtswissenschaft hat die Idee des Rechts, denBegriff des Rechts und dessen Verwirklichung zum Gegenstande.

    Die Philosophie hat es mit Ideen und darum nicht mit dem, was manbloe Begriffe zu heien pflegt, zu tun, sie zeigt vielmehr derenEinseitigkeit und Unwahrheit auf, sowie da der Begriff (nicht das,was man oft so nennen hrt, aber nur eine abstrakte Verstandes-bestimmung ist) allein es ist, was Wirklichkeit hat und zwar so, da ersich diese selbst gibt. Alles, was nicht diese durch den Begriff selbstgesetzte Wirklichkeit ist, ist vorbergehendes Dasein, uerlicheZuflligkeit, Meinung, wesenlose Erscheinung, Unwahrheit, Tu-schung usf. Die Gestaltung, welche sich der Begriff in seiner Ver-wirklichung gibt, ist zur Erkenntnis des Begriffes selbst das andere,von der Form, nur als Begriff zu sein, unterschiedene wesentlicheMoment der Idee.

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 27

    [zu 1] 30. X. 1822Natur der Sache. Nicht: diese und diese Begriffe und Inhalt habenwir, Recht, Freiheit, Eigentum, Staat usf., und [mssen] nun diesenBegriff auch deutlich denken; - formelle Bildung hilft nichts zur Ent-scheidung ber die Sache. Sondern: eben Natur der Sache selbstbetrachten, dies ist der Begriff der Sache, - jenes nur ein Gegebenes,Gott wei woher Aufgefates, Vorgestelltes usf.Nicht sogenannte bloe Begriffe; die Philosophie wei am besten,da die sogenannten bloen Begriffe etwas Nichtiges sind - sondernwesentlich deren Verwirklichung - Realisierung. Wirklichkeit ist nurdie Einheit des Inneren und ueren - da der Begriff nicht ein blo-es Innere sei, sondern ebenso reales, - und das uere, Reale nichteine begrifflose Realitt, Dasein - Existenz, sondern sei wesentlichdurch den Begriff bestimmt. - Dies im allgemeinen Unterschied vonBegriff und Idee, - fr den unphilosophischen Sinn - vorl. historisch -das Nhere verspare ich auf den Begriff des Rechts - den Begriffdieser Idee selbst - denn Recht ist durchaus nur als Idee -

    Zusatz. Der Begriff und seine Existenz sind zwei Seiten, geschieden undeinig, wie Seele und Leib. Der Krper ist dasselbe Leben als die Seele,

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 28

    und dennoch knnen beide als auseinanderliegende genannt werden.Eine Seele ohne Leib wre nichts Lebendiges, und ebenso umgekehrt.So ist das Dasein des Begriffs sein Krper, so wie dieser der Seele, dieihn hervorbrachte, gehorcht. Die Keime haben den Baum in sich undenthalten seine ganze Kraft, obgleich sie noch nicht er selbst sind. DerBaum entspricht ganz dem einfachen Bilde des Keimes. Entspricht derKrper nicht der Seele, so ist es eben etwas Elendes. Die Einheit desDaseins und des Begriffs, des Krpers und der Seele ist die Idee. Sie istnicht nur Harmonie, sondern vollkommene Durchdringung. Nichts lebt,was nicht auf irgendeine Weise Idee ist. Die Idee des Rechts ist dieFreiheit, und um wahrhaft aufgefat zu werden, mu sie in ihrem Begriffund in dessen Dasein zu erkennen sein.

    2Die Rechtswissenschaft ist ein Teil der Philosophie. Sie hat daher dieIdee, als welche die Vernunft eines Gegenstandes ist, aus dem Begriffezu entwickeln oder, was dasselbe ist, der eigenen immanenten Entwick-lung der Sache selbst zuzusehen. Als Teil hat sie einen bestimmtenAnfangspunkt, welcher das Resultat und die Wahrheit von dem ist, wasvorhergeht und was den sogenannten Beweis desselben ausmacht. Der

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 29

    Begriff des Rechts fllt daher seinem Werden nach auerhalb der Wis-senschaft des Rechts, seine Deduktion ist hier vorausgesetzt, und er istals gegeben aufzunehmen.

    Zusatz. Die Philosophie bildet einen Kreis: sie hat ein Erstes, Unmittel-bares, da sie berhaupt anfangen mu, ein nicht Erwiesenes, das keinResultat ist. Aber womit die Philosophie anfngt, ist unmittelbar relativ,indem es an einem andern Endpunkt als Resultat erscheinen mu. Sieist eine Folge, die nicht in der Luft hngt, nicht ein unmittelbar Anfangen-des, sondern sie ist sich rundend.

    Nach der formellen, nicht philosophischen Methode der Wissen-schaften wird zuerst die Definition, wenigstens um der ueren wis-senschaftlichen Form wegen, gesucht und verlangt. Der positivenRechtswissenschaft kann es brigens auch darum nicht sehr zu tunsein, da sie vornehmlich darauf geht, anzugeben, was Rechtens ist,d. h. welches die besonderen gesetzlichen Bestimmungen sind,weswegen man zur Warnung sagte: omnis definitio in iure civili peri-culosa. Und in der Tat, je unzusammenhngender und widerspre-chender in sich die Bestimmungen eines Rechtes sind, desto wenigersind Definitionen in demselben mglich, denn diese sollen vielmehr

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 30

    allgemeine Bestimmungen enthalten, diese aber machen unmittelbardas Widersprechende, hier das Unrechtliche, in seiner Ble sicht-bar. So z. B. wre fr das rmische Recht keine Definition vom Men-schen mglich, denn der Sklave liee sich darunter nicht subsumie-ren, in seinem Stand ist jener Begriff vielmehr verletzt; ebenso periku-ls wrde die Definition von Eigentum und Eigentmer fr viele Ver-hltnisse erscheinen. - Die Deduktion aber der Definition wird etwaaus der Etymologie, vornehmlich daraus gefhrt, da sie aus denbesonderen Fllen abstrahiert und dabei das Gefhl und die Vor-stellung der Menschen zum Grunde gelegt wird. Die Richtigkeit derDefinition wird dann in die bereinstimmung mit den vorhandenenVorstellungen gesetzt. Bei dieser Methode wird das, was allein wis-senschaftlich wesentlich ist, in Ansehung des Inhalts die Notwendig-keit der Sache an und fr sich selbst (hier des Rechts), in Ansehungder Form aber die Natur des Begriffs, beiseite gestellt. Vielmehr ist inder philosophischen Erkenntnis die Notwendigkeit eines Begriffs dieHauptsache, und der Gang, als Resultat, geworden zu sein, [ist] seinBeweis und Deduktion. Indem so sein Inhalt fr sich notwendig ist, soist das Zweite, sich umzusehen, was in den Vorstellungen und in derSprache demselben entspricht. Wie aber dieser Begriff fr sich in

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 31

    seiner Wahrheit und wie er in der Vorstellung ist, dies kann nicht nurverschieden voneinander, sondern mu es auch der Form und Ge-stalt nach sein. Wenn jedoch die Vorstellung nicht auch ihrem Inhaltenach falsch ist, kann wohl der Begriff als in ihr enthalten und, seinemWesen nach, in ihr vorhanden aufgezeigt, d. h. die Vorstellung zurForm des Begriffs erhoben werden. Aber sie ist so wenig Mastabund Kriterium des fr sich selbst notwendigen und wahren Begriffs,da sie vielmehr ihre Wahrheit aus ihm zu nehmen, sich aus ihm zuberichtigen und zu erkennen hat. - Wenn aber jene Weise des Erken-nens mit ihren Frmlichkeiten von Definitionen, Schlieen, Beweisenund dergleichen einerseits mehr oder weniger verschwunden ist, soist es dagegen ein schlimmer Ersatz, den sie durch eine andereManier erhalten hat, nmlich die Ideen berhaupt, so auf die desRechts und dessen weiterer Bestimmungen, als Tatsachen des Be-wutseins unmittelbar aufzugreifen und zu behaupten und das natrli-che oder ein gesteigertes Gefhl, die eigne Brust und die Begeiste-rung zur Quelle des Rechts zu machen. Wenn diese Methode diebequemste unter allen ist, so ist sie zugleich die unphilosophischste -andere Seiten solcher Ansicht hier nicht zu erwhnen, die nicht bloauf das Erkennen, sondern unmittelbar auf das Handeln Beziehung

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 32

    hat. Wenn die erste zwar formelle Methode doch noch die Form desBegriffes in der Definition und im Beweise die Form einer Notwendig-keit des Erkennens fordert, so macht die Manier des unmittelbarenBewutseins und Gefhls die Subjektivitt, Zuflligkeit und Willkrdes Wissens zum Prinzip. - Worin das wissenschaftliche Verfahrender Philosophie bestehe, ist hier aus der philosophischen Logikvorauszusetzen.

    [zu 2]

    ) Art, wie wir hier verfahren mssen - in Bestimmung desRechtsbegriffs.

    ) Gewhnliche Weise, Bestimmungen aus einer Vorstellungpositiver Rechtsbestimmungen zu machen.) Begriff des Rechts an und fr sich selbst - Notwendigkeit; esmag nun sonst in der Vorstellung anderer Bestimmungen liegen,was da will - Sohn [=] Sache, ein vom Vater Verkufliches, flietnicht aus dem Begriff des Rechts, - also entspricht die Definitiondieser Vorstellung nicht, dies ist desto schlimmer fr die Vorstel-lung, positive Rechtsbestimmung, - nicht die Definition.

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 33

    ) aus dem Begriff entwickeln - konsequent -, dem Begriff der Sachenach.Definition. Es kommt auf solche formellen allgemeinen Sachen indem praktischen Rechte nicht an, sondern auf das Detail - um sogelehrter das Subjekt, je mehr Detail er innehat. Aber ein anderes istdie Sache, die ist desto schlimmer, wenn lauter Detail, nichts All-gemeines.Gottlob, in unseren Staaten darf man die Definition des Menschen -als eines rechtsfhigen - an die Spitze des Gesetzbuches stellen, -ohne Gefahr zu laufen, auf Bestimmungen ber Rechte und Pflichtendes Menschen zu treffen, die dem Begriff des Menschen widerspr-chen.Es lassen sich jedoch auch dem Begriffe nach richtige Definitionenvorne hinsetzen, wenn dabei Verzicht auf Konsequenz getan wird,darauf, da die folgenden Bestimmungen diesem Begriff nicht wider-sprechen sollen.Wenn inkonsequente Definitionen fr nichts und wieder nichts - auchnur eine Gelahrtheit.Im alten rmischen Recht ist dies nicht so, - Sklave, Sohn nicht dar-unter subsumiert.

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 34

    Hein[eccius, Elementa Juris Civilis, 1728] 75. Homo cuicunquemens , ratione praedita in corpore humano contigit. Persona est10)homo, cum quodam statu consideratus. 76. Status est qualitas,cuius ratione homines diverso iure utuntur. 77. Servus itaque esthomo, est etiam persona, quatenus cum statu naturali consideratur,sed ratione status civilis est . 89. Ingenuus est, qui statim, ut natus est, liber est - und doch konn-te er verkauft werden vom Vater - frher gettet werden. 130. filii familias erant quidem ingenui, sed non patres familias(auch nicht wenn verheiratet -) et hinc personae quidem censebantur,sed ratione aliorum civium et ingenuorum, non ratione patris, cuiusrespectu res mancipi aeque ac servi habebantur.11)

    3Das Recht ist positiv berhaupt a) durch die Form, in einem StaateGltigkeit zu haben, und diese gesetzliche Autoritt ist das Prinzip frdie Kenntnis desselben, die positive Rechtswissenschaft. b) Dem Inhaltenach erhlt dies Recht ein positives Element ) durch den besonderenNationalcharakter eines Volkes, die Stufe seiner geschichtlichen Ent-wicklung und den Zusammenhang aller der Verhltnisse, die der Natur-

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 35

    notwendigkeit angehren; ) durch die Notwendigkeit, da ein Systemeines gesetzlichen Rechts die Anwendung des allgemeinen Begriffesauf die besondere von auen sich gebende Beschaffenheit der Gegen-stnde und Flle enthalten mu - eine Anwendung, die nicht mehrspekulatives Denken und Entwicklung des Begriffes, sondern Subsum-tion des Verstandes ist; ) durch die fr die Entscheidung in der Wirklich-keit erforderlichen letzten Bestimmungen.

    Wenn dem positiven Rechte und den Gesetzen das Gefhl desHerzens, Neigung und Willkr entgegengesetzt wird, so kann eswenigstens nicht die Philosophie sein, welche solche Autorittenanerkennt. - Da Gewalt und Tyrannei ein Element des positivenRechts sein kann, ist demselben zufllig und geht seine Natur nichtan. Es wird spterhin, 211-214, die Stelle aufgezeigt werden, wodas Recht positiv werden mu. Hier sind die daselbst sich ergebenwerdenden Bestimmungen nur angefhrt worden, um die Grenze desphilosophischen Rechts zu bezeichnen und um sogleich die etwaigeVorstellung oder gar Forderung zu beseitigen, als ob durch dessensystematische Entwicklung ein positives Gesetzbuch, d. i. ein sol-ches, wie der wirkliche Staat eines bedarf, herauskommen solle. -Da das Naturrecht oder das philosophische Recht vom positiven

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 36

    verschieden ist, dies darein zu verkehren, da sie einander entge-gengesetzt und widerstreitend sind, wre ein groes Miverstndnis;jenes ist zu diesem vielmehr im Verhltnis von Institutionen zu Pan-dekten. - In Ansehung des im Paragraphen zuerst genannten ge-schichtlichen Elements im positiven Rechte hat Montesquieu diewahrhafte historische Ansicht, den echt philosophischen Standpunktangegeben, die Gesetzgebung berhaupt und ihre besonderen Be-stimmungen nicht isoliert und abstrakt zu betrachten, sondern viel-mehr als abhngiges Moment einer Totalitt, im Zusammenhange mitallen brigen Bestimmungen, welche den Charakter einer Nation undeiner Zeit ausmachen; in diesem Zusammenhange erhalten sie ihrewahrhafte Bedeutung sowie damit ihre Rechtfertigung. - Das in derZeit erscheinende Hervortreten und Entwickeln von Rechtsbestim-mungen zu betrachten, diese rein geschichtliche Bemhung, sowiedie Erkenntnis ihrer verstndigen Konsequenz, die aus der Verglei-chung derselben mit bereits vorhandenen Rechtsverhltnissen her-vorgeht, hat in ihrer eigenen Sphre ihr Verdienst und ihre Wrdigungund steht auer dem Verhltnis mit der philosophischen Betrachtung,insofern nmlich die Entwicklung aus historischen Grnden sich nichtselbst verwechselt mit der Entwicklung aus dem Begriffe und die

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 37

    geschichtliche Erklrung und Rechtfertigung nicht zur Bedeutungeiner an und fr sich gltigen Rechtfertigung ausgedehnt wird. DieserUnterschied, der sehr wichtig und wohl festzuhalten ist, ist zugleichsehr einleuchtend; eine Rechtsbestimmung kann sich aus den Um-stnden und vorhandenen Rechtsinstitutionen als vollkommen ge-grndet und konsequent zeigen lassen und doch an und fr sichunrechtlich und unvernnftig sein, wie eine Menge der Bestimmungendes rmischen Privatrechts, die aus solchen Institutionen als diermische vterliche Gewalt, der rmische Ehestand ganz konsequentflossen. Es seien aber auch die Rechtsbestimmungen rechtlich undvernnftig, so ist es etwas ganz anderes, dies von ihnen aufzuzeigen,was allein durch den Begriff wahrhaftig geschehen kann, und einanderes, das Geschichtliche ihres Hervortretens darzustellen, dieUmstnde, Flle, Bedrfnisse und Begebenheiten, welche ihre Fest-stellung herbeigefhrt haben. Ein solches Aufzeigen und (pragmati-sches) Erkennen aus den nheren oder entfernteren geschichtlichenUrsachen heit man hufig: Erklren oder noch lieber Begreifen, inder Meinung, als ob durch dieses Aufzeigen des Geschichtlichenalles oder vielmehr das Wesentliche, worauf es allein ankomme,geschehe, um das Gesetz oder Rechtsinstitution zu begreifen, wh-

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 38

    rend vielmehr das wahrhaft Wesentliche, der Begriff der Sache, dabeigar nicht zur Sprache gekommen ist. - Man pflegt so auch von denrmischen, germanischen Rechtsbegriffen, von Rechtsbegriffen, wiesie in diesem oder jenem Gesetzbuche bestimmt seien, zu sprechen,whrend dabei nichts von Begriffen, sondern allein allgemeineRechtsbestimmungen, Verstandesstze, Grundstze, Gesetze u. dgl.vorkommen. - Durch Hintansetzung jenes Unterschiedes gelingt es,den Standpunkt zu verrcken und die Frage nach der wahrhaftenRechtfertigung in eine Rechtfertigung aus Umstnden, Konsequenzaus Voraussetzungen, die fr sich etwa ebensowenig taugen usf.,hinberzuspielen und berhaupt das Relative an die Stelle des Abso-luten, die uerliche Erscheinung an die Stelle der Natur der Sachezu setzen. Es geschieht der geschichtlichen Rechtfertigung, wenn siedas uerliche Entstehen mit dem Entstehen aus dem Begriffe ver-wechselt, da sie dann bewutlos das Gegenteil dessen tut, was siebeabsichtigt. Wenn das Entstehen einer Institution unter ihren be-stimmten Umstnden sich vollkommen zweckmig und notwendigerweist und hiermit das geleistet ist, was der historische Standpunkterfordert, so folgt, wenn dies fr eine allgemeine Rechtfertigung derSache selbst gelten soll, vielmehr das Gegenteil, da nmlich, weil

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 39

    solche Umstnde nicht mehr vorhanden sind, die Institution hiermitvielmehr ihren Sinn und ihr Recht verloren hat. So, wenn z. B. fr12)Aufrechthaltung der Klster ihr Verdienst um Urbarmachung undBevlkerung von Wsteneien, um Erhaltung der Gelehrsamkeit durchUnterricht und Abschreiben usf. geltend gemacht und dies Verdienstals Grund und Bestimmung fr ihr Fortbestehen angesehen wordenist, so folgt aus demselben vielmehr, da sie unter den ganz ver-nderten Umstnden, insoweit wenigstens, berflssig und unzweck-mig geworden sind. - Indem nun die geschichtliche Bedeutung, dasgeschichtliche Aufzeigen und Begreiflichmachen des Entstehens unddie philosophische Ansicht gleichfalls des Entstehens und Begriffesder Sache in verschiedenen Sphren zu Hause sind, so knnen sieinsofern eine gleichgltige Stellung gegeneinander behalten. Indemsie aber, auch im Wissenschaftlichen, diese ruhige Stellung nichtimmer behalten, so fhre ich noch etwas diese Berhrung Betreffen-des an, wie es in Herrn [Gustav] Hugos Lehrbuch der Geschichte desrmischen Rechts [1799] erscheint, woraus zugleich eine weitereErluterung jener Manier des Gegensatzes hervorgehen kann. HerrHugo fhrt daselbst (5. Auflage [1818], 53) an, da Cicero die zwlfTafeln, mit einem Seitenblicke auf die Philosophen, lobe, der Philo-

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 40

    soph Favorinus aber sie ganz ebenso behandle, wie seitdem schonmancher groe Philosoph das positive Recht behandelt habe. HerrHugo spricht ebendaselbst die ein fr allemal fertige Erwiderung aufsolche Behandlung in dem Grunde aus, weil Favorinus die zwlfTafeln ebensowenig als die Philosophen das positive Recht ver-standen. - Was die Zurechtweisung des Philosophen Favorinusdurch den Rechtsgelehrten Sextus Caecilius bei Gellius, NoctesAtticae, XX, 1 [22 f.], betrifft, so spricht sie zunchst das bleibendeund wahrhafte Prinzip der Rechtfertigung des seinem Gehalte nachblo Positiven aus. Non ignoras, sagt Caecilius sehr gut zu Fa-vorinus, legum opportunitates et medelas pro temporum moribus etpro rerum publicarum generibus, ac pro utilitatum praesentium rationi-bus, proque vitiorum, quibus medendum est, fervoribus, mutari acflecti, neque uno statu consistere, quin, ut facies coeli et maris, itarerum atque fortunae tempestatibus varientur. Quid salubrius visumest rogatione illa Stolonis ... , quid utilius plebiscito Voconio ... , quidtam necessarium existimatum est ... , quam lex Licinia ... ? Omniatamen haec obliterata et operta sunt civitatis opulentia ... Diese13)Gesetze sind insofern positiv, als sie ihre Bedeutung und Zweck-migkeit in den Umstnden, somit nur einen historischen Wert ber-

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 41

    haupt haben; deswegen sind sie auch vergnglicher Natur. Die Weis-heit der Gesetzgeber und Regierungen in dem, was sie fr vorhande-ne Umstnde getan und fr Zeitverhltnisse festgesetzt haben, isteine Sache fr sich und gehrt der Wrdigung der Geschichte an,von der sie um so tiefer anerkannt werden wird, je mehr eine solcheWrdigung von philosophischen Gesichtspunkten untersttzt ist. -Von den ferneren Rechtfertigungen der zwlf Tafeln gegen den Fa-vorinus aber will ich ein Beispiel anfhren, weil Caecilius dabei denunsterblichen Betrug der Methode des Verstandes und seines Rso-nierens anbringt, nmlich fr eine schlechte Sache einen gutenGrund anzugeben und zu meinen, sie damit gerechtfertigt zu haben.Fr das abscheuliche Gesetz, welches dem Glubiger nach denverlaufenen Fristen das Recht gab, den Schuldner zu tten oder ihnals Sklaven zu verkaufen, ja, wenn der Glubiger mehrere waren, vonihm sich Stcke abzuschneiden und ihn so unter sich zu teilen, undzwar so, da, wenn einer zu viel oder zu wenig abgeschnitten htte,ihm kein Rechtsanteil daraus entstehen sollte (eine Klausel, welcheShakespeares Shylock, im Kaufmann von Venedig, zugute gekom-men und von ihm dankbarst akzeptiert worden wre), - fhrt Caeciliusden guten Grund an, da Treu und Glauben dadurch um so mehr

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 42

    gesichert [seien] und es eben, um der Abscheulichkeit des Gesetzeswillen, nie zur Anwendung desselben habe kommen sollen. SeinerGedankenlosigkeit entgeht dabei nicht blo die Reflexion, da ebendurch diese Bestimmung jene Absicht, die Sicherung der Treu unddes Glaubens, vernichtet wird, sondern da er selbst unmittelbardarauf ein Beispiel von der durch seine unmige Strafe verfehltenWirkung des Gesetzes ber die falschen Zeugnisse anfhrt. - Wasaber Herr Hugo damit will, da Favorinus das Gesetz nicht verstan-den habe, ist nicht abzusehen; jeder Schulknabe ist wohl fhig, es zuverstehen, und am besten wrde der genannte Shylock auch nochdie angefhrte, fr ihn so vorteilhafte Klausel verstanden haben; -unter Verstehen mte Herr Hugo nur diejenige Bildung des Ver-standes meinen, welche sich bei einem solchen Gesetze durch einenguten Grund beruhigt. - Ein anderes ebendaselbst dem Favorinusvom Caecilius nachgewiesenes Nichtverstehen kann brigens einPhilosoph schon, ohne eben schamrot zu werden, eingestehen, - danmlich iumentum, welches nur, und nicht eine arcera, nach demGesetze einem Kranken, um ihn als Zeugen vor Gericht zu bringen,zu leisten sei, nicht nur ein Pferd, sondern auch eine Kutsche oderWagen bedeutet haben soll. Caecilius konnte aus dieser gesetzlichen

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 43

    Bestimmung einen weiteren Beweis von der Vortrefflichkeit undGenauigkeit der alten Gesetze ziehen, da sie sich nmlich sogardarauf einlieen, fr die Sistierung eines kranken Zeugen vor Gerichtdie Bestimmung nicht blo bis zum Unterschiede von einem Pferdeund einem Wagen, sondern von Wagen und Wagen, einem bedeck-ten und ausgeftterten, wie Caecilius erlutert, und einem, der nichtso bequem ist, zu treiben. Man htte hiermit die Wahl zwischen derHrte jenes Gesetzes oder der Unbedeutendheit solcher Bestimmun-gen, - aber die Unbedeutendheit von solchen Sachen und vollendsvon den gelehrten Erluterungen derselben auszusagen, wrde einerder grten Verste gegen diese und andere Gelehrsamkeit sein.Herr Hugo kommt aber auch im angefhrten Lehrbuche auf die Ver-nnftigkeit in Ansehung des rmischen Rechts zu sprechen; was mirdavon aufgestoen ist, ist folgendes. Nachdem derselbe in der Ab-handlung des Zeitraums von Entstehung des Staats bis auf die zwlfTafeln 38 und 39 gesagt, da man (in Rom) viele Bedrfnissegehabt und gentigt war, zu arbeiten, wobei man als Gehilfen Zug-und Lasttiere brauchte, wie sie bei uns vorkommen, da der Bodeneine Abwechslung von Hgeln und Tlern war und die Stadt aufeinem Hgel lag usw. - Anfhrungen, durch welche vielleicht der Sinn

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 44

    Montesquieus hat erfllt sein sollen, wodurch man aber schwerlichseinen Geist getroffen finden wird -, so fhrt er nun 40 zwar an,da der rechtliche Zustand noch sehr weit davon entfernt war, denhchsten Forderungen der Vernunft ein Genge zu tun (ganz richtig;das rmische Familienrecht, die Sklaverei usf. tut auch sehr geringenForderungen der Vernunft kein Genge), aber bei den folgendenZeitrumen vergit Herr Hugo anzugeben, in welchem und ob inirgendeinem derselben das rmische Recht den hchsten Forderun-gen der Vernunft Genge geleistet habe. Jedoch von den juristischenKlassikern, in dem Zeitraume der hchsten Ausbildung des rmi-schen Rechts als Wissenschaft, wird 289 gesagt, da man schonlange bemerkt, da die juristischen Klassiker durch Philosophiegebildet waren; aber wenige wissen (durch die vielen Auflagen desLehrbuchs des Herrn Hugo wissen es nun doch mehrere), da eskeine Art von Schriftstellern gibt, die im konsequenten Schlieen ausGrundstzen so sehr verdienten, den Mathematikern und, in einerganz auffallenden Eigenheit der Entwicklung der Begriffe, dem neue-ren Schpfer der Metaphysik an die Seite gesetzt zu werden, alsgerade die rmischen Rechtsgelehrten: letzteres belege der merkwr-dige Umstand, da nirgend so viele Trichotomien vorkommen als bei

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 45

    den juristischen Klassikern und bei Kant. - Jene von Leibniz gerhm-te Konsequenz ist gewi eine wesentliche Eigenschaft der Rechts-wissenschaft, wie der Mathematik und jeder anderen verstndigenWissenschaft; aber mit der Befriedigung der Forderungen der Ver-nunft und mit der philosophischen Wissenschaft hat diese Verstan-deskonsequenz noch nichts zu tun. Auerdem ist aber wohl dieInkonsequenz der rmischen Rechtsgelehrten und der Prtoren alseine ihrer grten Tugenden zu achten, als durch welche sie vonungerechten und abscheulichen Institutionen abwichen, aber sichgentigt sahen, callide leere Wortunterschiede (wie das, was dochauch Erbschaft war, eine Bonorum possessio zu nennen) und eineselbst alberne Ausflucht (und Albernheit ist gleichfalls eine Inkonse-quenz) zu ersinnen, um den Buchstaben der Tafeln zu retten, wiedurch die fictio, , eine filia sei ein filius (Heineccius, Antiqui-tatum Romanarum ... liber I [Frankfurt 1771], tit. II, 24). - Possier-lich aber ist es, die juristischen Klassiker wegen einiger trichoto-mischer Einteilungen - vollends nach den daselbst Anm. 5 angefhr-ten Beispielen - mit Kant zusammengestellt und so etwas Entwick-lung der Begriffe geheien zu sehen.

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 46

    [zu 3]Anwendung des Allgemeinen auf die besondere Natur des Gegen-standes -) Diebstahl; Bchernachdruck, Sammlungen, Plagiat einverleibt demWerke [?], Musikalien-Sammlungen - Kunstwerke, Kupferstich, dieserlithographiert - Theaterstcke - Abschriften oder Nachschreiben -wenn schon gedruckt, Eigentum des Auffhrers) letzte Bestimmung - geht fort zur uerlichkeit - d. h. Bestimmun-gen der Quantitt - auch Qualitt, ob Prgel oder Gefngnis, oderGeldstrafe. Frist von sechs Wochen; Vorladung, in 1 Jahr und 1 Tagzu erscheinen.

    ) Gesetzt - ) Wissen - Recht des Staates zu strafen) bestimmt - Mensch Bewutsein - gegen Gefhl (- rhrend -unter alten Eichen - Vterweise, billige Mnner aus ihrem Sinn,Tradition - dem Begriff Idealismus entgegengesetzt), Zuflligkeitder Meinung, auch Willkr, augenblickliche Empfindung.Positiv hier nicht dem Negativen entgegengesetzt, sondern positiv:es ist gesetzt, gilt.

    Spter, zu seiner Zeit - an den verschiedenen Punkten, wo das Rechtins Positive heraustritt, ) mu positiv sein.

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 47

    Man kann etwa meinen, es knne ein Rechtssystem und einenRechtszustand geben, der rein vernnftig - nur vernnftig sei, - Ideal,- man fordert, da es so sein soll - hchste Forderung. Sie hat Richti-ges in sich, aber auch Unrichtiges - Richtiges: die Vernunft soll dasHerrschende sein, und ist es in einem gebildeten Staate - im Ganzenauch - mehr Vernunft darin, als man meint, davon ist schon gespro-chen; Gegenwart erscheint der Reflexion, besonders dem Eigendn-kel als ein Kreuz, allerdings mit Notwendigkeit - die Rose, d. i. dieVernunft in diesem Kreuz lehrt die Philosophie erkennen. Aber Un-richtiges aus dem auch schon Angegebenen. Vernunft in Wirklichkeittritt in uerlichkeit des Daseins - Anwendung, Form des Positiven -weite Sphre, wo nur der Verstand seine Herrschaft hat, die von derVernunft frei gelassen ist, gleichgltig so oder so - Naturumstndeusf. walten - Hierunter auch die eigene Beschaffenheit des Geistes -nmlich durch Freiheit bestimmt zu sein - aber als unmittelbaresBewutsein des ueren, und auch des Inneren, des Rechts derPflichten, - da er etwas in ihm selbst gelten lt, weil es gilt - derStaat, die Gesetze haben selbst diese gedoppelte Seite, - in sichvernnftig oder verstndig zu sein und der so eignen Einsicht desBegriffs zu entsprechen, so da das Individuum ihnen gehorchen

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 48

    kann, weil es selbst sie fr gut erkennt, - aber auch die Seite, da siegelten, s. a). Gelten mssen sie; die subjektive Einsicht ist zugleichetwas Zuflliges, und das Gelten des Rechts kann nicht davon abhn-gig gemacht werden, ob der eine so meinte und mchte, - oder so.Denn eben sie [sind] das Nichtzufllige, das, worin vielmehr die Zufl-ligkeit aufgehoben ist. - Die Menschen verhalten sich so zu denGesetzen, aus Furcht - und bewute Furcht ist Klugheit mit wider-streitender innerlicher berzeugung; - aus Glauben, Zutrauen, - dannauch bei aller Vernunft und Einsicht - groer Teil der gesetzlichenBestimmungen, aus gesundem Menschenverstand, der aber denrichtigen Sinn hat, da es eine unendliche Sphre gibt, worin soentschieden werden kann, oder so; - aber wo die Hauptsache ist, daentschieden ist; es mu befohlen werden in der Welt, rein befohlen;d. i. in Religion und Vernunft kann man nicht blo befehlen - abereben in der Seite der unendlichen Zuflligkeit.

    [zu 3 Anm.]

    ) historische Behandlung - uere Umstnde, Grnde

    ) im Ehemals, - in reiner Vergangenheit; das Vernnftige, Rech-te ist [das] Gegenwrtige, mu in der Gegenwart vernnftig sein,

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 49

    nicht aus einem Umstand, der ehemals stattgehabt hat - nicht guteGrnde, d. i. Bestimmungen aus dieser, jener Rcksicht genom-men. - Vernunft ist gegenwrtig.eine arme Reichsstadt - starkes Kontingent) in einem andern Positiven - Eherecht - Institution

    Erklren. Es ist eine sehr hufige Erscheinung (Erscheinung jetzt zurWissenschaft gemacht), wenn man nach dem Grunde dieser Ein-richtung, gesetzlichen Disposition fragt, - z. B. warum die Kurfrstenvon der Pfalz Patrone der Kesselflicker - Recht, Patente auszustellen- Ritter, Kavallerie kommandiert - ber Trompeter und Pauker - Pau-ken von Kupfer - die Pauken machten, machten auch Kessel - berallarbeiten zu drfen - Reichspaukenmacher - Dies die ewige fortdau-ernde Geschichte - eine gesetzliche Disposition - im rmischen oderdeutschen Recht - Grund, Zweideutigkeit - ob einen verstndigenGrund seiner ueren Entstehung, Geltendwerdens - und innererVernunftgrund, Grund im Gedanken der Sache - Begriff.Verstehen die Frage gar nicht - werden ganz bs und verdrielichdarber; - denn dies ist ein ganz anderer Boden, worauf man dieSache verpflanzt, - Boden des Begriffs.- Die gewhnliche Erwiderungpflegt zu sein - man verstehe die Sache nicht - Hiervon

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 50

    ) in der Anmerkung gesprochen - verstanden, - den Sinn von positivrechtlichen Dispositionen einsehen, ist uerst leicht - Aber unterVerstehen versteht man

    ) die Kenntnis alles des unendlichen Details - das fr die ver-nnftige Einsicht sehr berflssig; - Gelehrter, heit es, verstehtdie Sache - als Gelehrter ist er in diese historischen Detail [s]eingeengt; und nur von solchem lassen sie gelten, da er dasRecht verstehe, der etwa, wie Herr Hugo auch sagt, Kollegia dar-ber besucht hat, Universitt. - Als ob hiermit alle die Brger,welche keine juristischen Kollegia gehrt, vom Recht nichts ver-stnden, - solche Juristen sehen die brigen Menschen als ihreRechtsleibeigenen an. Gehrt zum Metier - dies Recht zu vernnf-tigem Begreifen lt sich kein Volk nehmen - keine Laien, hiernoch weniger als in der Religion. Laien verstehen nichts von Reli-gion - und es ist die Zeit gekommen, da man nach der Vernunftder Sache fragt.) man erkenne die Wichtigkeit solcher Kenntnis nicht; um sie,um ihren Boden sei es zu tun - versteht die Sache nicht, wissenicht, worauf es ankommt: d. i. man bleibe nicht bei dem stehen,worauf sie meinen, da es ankommt - nmlich eben auf das histo-

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 51

    rische Wissen, und gute Verstandesgrnde; - nicht verstehenheit[:] sie stehen auf einem anderen Boden, - und dies sei aus-schlielich der einzige - anerkennen nicht, da es auch einenvernnftigen Boden gibt.

    ) Diese Verkennung des vernnftigen Standpunktes - die Unbekm-mertheit darum, der Hochmut zu meinen, bei der gelehrten Kenntnishabe man schon fr sich die vernnftige Erkenntnis - rcht sich dannauch; - es geht nicht, es gibt Stellen, wo es auf Gedanken ankommt; -man kann sich nicht erwehren, auch auf das Allgemeine zu kommen -da kommt die ganze Ble zum Vorschein; - so geht es besondersbei Herrn Hugo, es ist klglich, wie es da aussieht - Rotten boroughs- erklren, Verstand, - Weisheit der Voreltern, - worin hat diese be-standen? - von groen Stdten oder bedeutenderen Flecken zuberufen -Damals der rechte Verstand, - aber jetzt andere Umstnde - nichtmehr Zusammenhang mit diesen -

    [zu 3 Anm., S. 38, Z. 1 ff.]gang und gbe Worte - [mit] Institut[ionen,] Pandekten umgehen [wie]Fav[orinus,] Heinecc[ius]Verstehen ) Wortverstand; ) Grund, Zusammenhang;

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 52

    ) Nichtverstehen: diesen Grund nicht kennen, also nicht denVerstand der Sache haben, ) solche Art von Grnden, d. h.solchen Verstand nicht gelten lassen, der hier allein gebrauchtwird.

    [zu 3 Anm., S. 39, Z. 7 ff.]Favor. spricht aus der Natur der Sache dagegen - Caecil[ius] recht-fertigt das Gesetz aus der Wirkung - abzuschrecken - Aus der Wir-kung? hat nicht diese - soll sie nur haben - Wirkung vielmehr, da dieStrafe nicht vollzogen wird, Verbrechen, insofern es durch Strafeschreckbar, eine Scheu htte, - um so ungescheuter.Gell[ius, Noctes Atticae] XX. I. Dissectum esse antiquitus neminemequidem neque legi neque audivi, quoniam saevitia poenae contemninon quitast.(Aber da dessenungeachtet Schulden genug gemacht - auch nichtbezahlt worden, ergibt sich aus dem Vorhergehenden. - Mehrmalangesagt. Tertiis nundinis capite poenas dabant (mit jener Atrozitt)aut trans Tiberim peregre venum ibant.) An putas, Favorine, si nonilla etiam ex XII tabulis de testimoniis falsis poena abolevisset (?) etsi nunc quoque ut antea qui falsum testimonium dixisse convictus

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 53

    esset, e saxo Tarpeio deiceretur, mentituros fuisse pro testimonio tammultos quam videmus?14)Auf Meineid in England selten geklagt, weil die Strafe geschrfteTodesstrafe ist.

    [zu 3 Anm., S. 39, Z. 4 v. u.]Favorinus mute doch lateinisch verstehen, die Erklrung des iumen-tum (Lexika sind nachzusehen) fr einen Wagen mag leicht so erklrtwerden, da, weil die bloe Gestattung eines Lasttiers fr einenkranken Zeugen zu inadquat gewesen, daraus geschlossen werdenknne oder msse, da iumentum auch einen Wagen, unbedeckten,msse bedeutet haben -

    4Der Boden des Rechts ist berhaupt das Geistige und seine nhereStelle und Ausgangspunkt der Wille, welcher frei ist, so da die Freiheitseine Substanz und Bestimmung ausmacht und das Rechtssystem dasReich der verwirklichten Freiheit, die Welt des Geistes aus ihm selbsthervorgebracht, als eine zweite Natur, ist.

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 54

    Zusatz. Die Freiheit des Willens ist am besten durch eine Hinweisungauf die physische Natur zu erklren. Die Freiheit ist nmlich ebenso eineGrundbestimmung des Willens, wie die Schwere eine Grundbestimmungder Krper ist. Wenn man sagt, die Materie ist schwer, so knnte manmeinen, dieses Prdikat sei nur zufllig; es ist es aber nicht, denn nichtsist unschwer an der Materie: diese ist vielmehr die Schwere selbst. DasSchwere macht den Krper aus und ist der Krper. Ebenso ist es mit derFreiheit und dem Willen, denn das Freie ist der Wille. Wille ohne Freiheitist ein leeres Wort, so wie die Freiheit nur als Wille, als Subjekt wirklichist. Was aber den Zusammenhang des Willens mit dem Denken betrifft,so ist darber folgendes zu bemerken. Der Geist ist das Denken ber-haupt, und der Mensch unterscheidet sich vom Tier durch das Denken.Aber man mu sich nicht vorstellen, da der Mensch einerseits den-kend, andererseits wollend sei und da er in der einen Tasche dasDenken, in der anderen das Wollen habe, denn dies wre eine leereVorstellung. Der Unterschied zwischen Denken und Willen ist nur derzwischen dem theoretischen und praktischen Verhalten, aber es sindnicht etwa zwei Vermgen, sondern der Wille ist eine besondere Weisedes Denkens: das Denken als sich bersetzend ins Dasein, als Trieb,sich Dasein zu geben. Dieser Unterschied zwischen Denken und Willen

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 55

    kann so ausgedrckt werden. Indem ich einen Gegenstand denke,mache ich ihn zum Gedanken und nehme ihm das Sinnliche, ich macheihn zu etwas, das wesentlich und unmittelbar das Meinige ist: denn erstim Denken bin ich bei mir, erst das Begreifen ist das Durchbohren desGegenstandes, der nicht mehr mir gegenbersteht und dem ich dasEigene genommen habe, das er fr sich gegen mich hatte. Wie Adam zuEva sagt, du bist Fleisch von meinem Fleisch und Bein von meinemBein, so sagt der Geist, dies ist Geist von meinem Geist, und die Fremd-heit ist verschwunden. Jede Vorstellung ist eine Verallgemeinerung, unddiese gehrt dem Denken an. Etwas allgemein machen heit, es den-ken. Ich ist das Denken und ebenso das Allgemeine. Wenn ich Ich sage,so lasse ich darin jede Besonderheit fallen, den Charakter, das Naturell,die Kenntnisse, das Alter. Ich ist ganz leer, punktuell, einfach, aber ttigin dieser Einfachheit. Das bunte Gemlde der Welt ist vor mir: ich steheihm gegenber und hebe bei diesem Verhalten den Gegensatz auf,mache diesen Inhalt zu dem meinigen. Ich ist in der Welt zu Hause,wenn es sie kennt, noch mehr, wenn es sie begriffen hat. Soweit dastheoretische Verhalten. Das praktische Verhalten fngt dagegen beimDenken, beim Ich selbst an und erscheint zuvrderst als entgegenge-setzt, weil es nmlich gleich eine Trennung aufstellt. Indem ich prak-

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 56

    tisch, ttig bin, das heit handele, bestimme ich mich, und mich be-stimmen heit, eben einen Unterschied setzen. Aber diese Unterschie-de, die ich setze, sind dann wieder die meinigen, die Bestimmungenkommen mir zu, und die Zwecke, wozu ich getrieben bin, gehren miran. Wenn ich nun auch diese Bestimmungen und Unterschiede heraus-lasse, das heit in die sogenannte Auenwelt setze, so bleiben sie dochdie meinigen: sie sind das, was ich getan, gemacht habe, sie tragen dieSpur meines Geistes. Wenn dieses nun der Unterschied des theoreti-schen und praktischen Verhaltens ist, so ist nunmehr das Verhltnisbeider anzugeben. Das Theoretische ist wesentlich im Praktischenenthalten: es geht gegen die Vorstellung, da beide getrennt sind, dennman kann keinen Willen haben ohne Intelligenz. Im Gegenteil, der Willehlt das Theoretische in sich: der Wille bestimmt sich, diese Bestim-mung ist zunchst ein Inneres: was ich will, stelle ich mir vor, ist Gegen-stand fr mich. Das Tier handelt nach Instinkt, wird durch ein Inneresgetrieben und ist so auch praktisch, aber es hat keinen Willen, weil essich das nicht vorstellt, was es begehrt. Ebensowenig kann man sichaber ohne Willen theoretisch verhalten oder denken, denn indem wirdenken, sind wir eben ttig. Der Inhalt des Gedachten erhlt wohl dieForm des Seienden, aber dies Seiende ist ein Vermitteltes, durch unsere

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 57

    Ttigkeit Gesetztes. Diese Unterschiede sind also untrennbar: sie sindeines und dasselbe, und in jeder Ttigkeit, sowohl des Denkens alsWollens, finden sich beide Momente.

    In Ansehung der Freiheit des Willens kann an die vormalige Verfah-rensart des Erkennens erinnert werden. Man setzte nmlich dieVorstellung des Willens voraus und versuchte, aus ihr eine Definitiondesselben herauszubringen und festzusetzen; dann wurde nach derWeise der vormaligen empirischen Psychologie aus den verschiede-nen Empfindungen und Erscheinungen des gewhnlichen Bewut-seins als Reue, Schuld und dergleichen, als welche sich nur aus demfreien Willen sollen erklren lassen, der sogenannte Beweis gefhrt,da der Wille frei sei. Bequemer ist es aber, sich kurzweg daran zuhalten, da die Freiheit als eine Tatsache des Bewutseins gegebensei und an sie geglaubt werden msse. Da der Wille frei und wasWille und Freiheit ist - die Deduktion hiervon kann, wie schon bemerktist ( 2), allein im Zusammenhange des Ganzen stattfinden. DieGrundzge dieser Prmisse - da der Geist zunchst Intelligenz undda die Bestimmungen, durch welche sie in ihrer Entwicklung fort-geht, vom Gefhl durch Vorstellen zum Denken der Weg sind, sichals Wille hervorzubringen, welcher, als der praktische Geist ber-

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 58

    haupt, die nchste Wahrheit der Intelligenz ist - habe ich in meinerEnzyklopdie der philosophischen Wissenschaften (Heidelberg 1817) 363-399 dargestellt und hoffe, deren weitere Ausfhrung dereinstgeben zu knnen. Es ist mir um so mehr Bedrfnis, dadurch, wie ichhoffe, zu grndlicherer Erkenntnis der Natur des Geistes das Meinigebeizutragen, da sich, wie daselbst, 367 Anm., bemerkt ist, nichtleicht eine philosophische Wissenschaft in so vernachlssigtem undschlechtem Zustande befindet als die Lehre vom Geiste, die mangewhnlich Psychologie nennt. - In Ansehung der in diesem und inden folgenden Paragraphen der Einleitung angegebenen Momentedes Begriffes des Willens, welche das Resultat jener Prmisse sind,kann sich brigens zum Behuf des Vorstellens auf das Selbstbewut-sein eines jeden berufen werden. Jeder wird zunchst in sich finden,von allem, was es sei, abstrahieren zu knnen, und ebenso sichselbst bestimmen, jeden Inhalt durch sich in sich setzen zu knnen,und ebenso fr die weiteren Bestimmungen das Beispiel in seinemSelbstbewutsein haben.

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 59

    [zu 4 Anm.]Intelligenz

    Praktisch Theoretischals durch mich gesetzt, nega- Seiend, positiv vorhanden -tive Bestimmung - praktisch Betrachten, es lassen und -sich dagegen verhalten, es erkennen, wie es ist, es alsverndern Allgemeines wissen

    Theoretische und praktische

    ) berhaupt nicht 2 Vermgen - Praktische Vorstellung

    ) subjektiver Zweck, was Ich will, ) da es sei) im Willen - Welt, Natur, Notwendigkeit. - ewig gebauter Tempel -Ewig vorhanden - gefunden.

    5Der Wille enthlt ) das Element der reinen Unbestimmtheit oder derreinen Reflexion des Ich in sich, in welcher jede Beschrnkung, jederdurch die Natur, die Bedrfnisse, Begierden und Triebe unmittelbarvorhandene oder, wodurch es sei, gegebene und bestimmte Inhalt

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 60

    aufgelst ist; die schrankenlose Unendlichkeit der absoluten Abstraktionoder Allgemeinheit, das reine Denken seiner selbst.

    Diejenigen, welche das Denken als ein besonderes, eigentmlichesVermgen, getrennt vom Willen, als einem gleichfalls eigentmlichenVermgen, betrachten und weiter gar das Denken als dem Willen,besonders dem guten Willen, fr nachteilig halten, zeigen sogleichvon vornherein, da sie gar nichts von der Natur des Willens wissen;eine Bemerkung, die ber denselben Gegenstand noch fters zumachen sein wird. - Wenn die eine hier bestimmte Seite des Willens -diese absolute Mglichkeit, von jeder Bestimmung, in der Ich michfinde oder die Ich in mich gesetzt habe, abstrahieren zu knnen, dieFlucht aus allem Inhalte als einer Schranke - es ist, wozu der Willesich bestimmt oder die fr sich von der Vorstellung als die Freiheitfestgehalten wird, so ist dies die negative oder die Freiheit des Ver-standes. - Es ist die Freiheit der Leere, welche zur wirklichen Gestaltund zur Leidenschaft erhoben [wird] und zwar, blo theoretisch blei-bend, im Religisen der Fanatismus der indischen reinen Beschau-ung, aber, zur Wirklichkeit sich wendend, im Politischen wie im Reli-gisen der Fanatismus der Zertrmmerung aller bestehenden gesell-schaftlichen Ordnung und die Hinwegrumung der einer Ordnung

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 61

    verdchtigen Individuen wie die Vernichtung jeder sich wieder her-vortun wollenden Organisation wird. Nur indem er etwas zerstrt, hatdieser negative Wille das Gefhl seines Daseins; er meint wohl etwairgendeinen positiven Zustand zu wollen, z. B. den Zustand allgemei-ner Gleichheit oder allgemeinen religisen Lebens, aber er will in derTat nicht die positive Wirklichkeit desselben, denn diese fhrt so-gleich irgendeine Ordnung, eine Besonderung sowohl von Einrichtun-gen als von Individuen herbei; die Besonderung und objektive Be-stimmung ist es aber, aus deren Vernichtung dieser negativen Frei-heit ihr Selbstbewutsein hervorgeht. So kann das, was sie zu wollenmeint, fr sich schon nur eine abstrakte Vorstellung und die Ver-wirklichung derselben nur die Furie des Zerstrens sein.

    [zu 5]1. Wille berhaupt.sich setzen als Allgemeines - Denken Setzen des Allgemeinen ber-haupt, Wollen mich als Allgemeines - Ich Gegenstand des Denkens -Ich als Seiendes - Wer sich nicht gedacht hat, ist nicht frei - Wer nichtfrei ist, hat sich nicht gedacht, d. i. nicht so, da dies sich Denken,dies Allgemeine zu sein - eben sein Sein sei -

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 62

    [zu 5 Anm.]

    ) Tier unterlt dies, jenes aus Furcht, lt ein anderes in ihmwalten - Mensch durch Bestimmung aus sich selbst um einesZwecks, der der seinige ist - um eines Positiven willen, das er will -Mensch kann sich umbringen -Tier [hat] negativen Inhalt, - bleibt negativ - eine ihm fremde Bestim-mung, an die es sich nur gewhnt - niedergedrckt ist, untreu seinerNatur -Mensch, indem er entsagt - um eines Zwecks [willen] - gibt dies auf,das er haben mchte - aber er bleibt er selbst, ungebeugt -Kann auch willenlos sein, sich zwingen lassen, davon spter, inwie-fern Zwang -) formelle Betrachtung - nicht um eines Zwecks willen und Inhaltswillen - vom Inhalt erst spter) Freiheit der Leere, die sich fixiert, in diese Abstraktion allein ihrSein setzt - Verstandesfreiheit - ist alles Bestimmte - eine Schranke,Beschrnkung.Formal. Schwrmen fr eine [?] Bestimmtheit. And. Erscheinung - frsich isoliert - in Anm. erinnert - Bestimmtheit, Erscheinung, Pein [?]zu bestimmen.

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 63

    Zusatz. In diesem Elemente des Willens liegt, da ich mich von allemlosmachen, alle Zwecke aufgeben, von allem abstrahieren kann. DerMensch allein kann alles fallen lassen, auch sein Leben: er kann einenSelbstmord begehen; das Tier kann dieses nicht; es bleibt immer nurnegativ; in einer ihm fremden Bestimmung, an die es sich nur gewhnt.Der Mensch ist das reine Denken seiner selbst, und nur denkend ist derMensch diese Kraft, sich Allgemeinheit zu geben, das heit alle Be-sonderheit, alle Bestimmtheit zu verlschen. Diese negative Freiheitoder diese Freiheit des Verstandes ist einseitig, aber dies Einseitigeenthlt immer eine wesentliche Bestimmung in sich: es ist daher nichtwegzuwerfen, aber der Mangel des Verstandes ist, da er eine ein-seitige Bestimmung zur einzigen und hchsten erhebt. Geschichtlichkommt diese Form der Freiheit hufig vor. Bei den Indern z. B. wird esfr das Hchste gehalten, blo in dem Wissen seiner einfachen Identittmit sich zu verharren, in diesem leeren Raum seiner Innerlichkeit zuverbleiben, wie das farblose Licht in der reinen Anschauung, und jederTtigkeit des Lebens, jedem Zweck, jeder Vorstellung zu entsagen. Aufdiese Weise wird der Mensch zu Brahman: es ist kein Unterschied desendlichen Menschen und des Brahman mehr; jede Differenz ist vielmehrin dieser Allgemeinheit verschwunden. Konkreter erscheint diese Form

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 64

    im ttigen Fanatismus des politischen wie des religisen Lebens. Dahingehrt z. B. die Schreckenszeit der Franzsischen Revolution, in wel-cher aller Unterschied der Talente, der Autoritt aufgehoben werdensollte. Diese Zeit war eine Erzitterung, ein Erbeben, eine Unvertrglich-keit gegen jedes Besondere; denn der Fanatismus will ein Abstraktes,keine Gliederung: wo sich Unterschiede hervortun, findet er diesesseiner Unbestimmtheit zuwider und hebt sie auf. Deswegen hat auchdas Volk in der Revolution die Institutionen, die es selbst gemacht hatte,wieder zerstrt, weil jede Institution dem abstrakten Selbstbewutseinder Gleichheit zuwider ist.

    6) Ebenso ist Ich das bergehen aus unterschiedsloser Unbestimmtheitzur Unterscheidung, Bestimmen und Setzen einer Bestimmtheit alseines Inhalts und Gegenstands. - Dieser Inhalt sei nun weiter als durchdie Natur gegeben oder aus dem Begriffe des Geistes erzeugt. Durchdies Setzen seiner selbst als eines bestimmten tritt Ich in das Daseinberhaupt; - das absolute Moment der Endlichkeit oder Besonderungdes Ich.

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 65

    Dies zweite Moment der Bestimmung ist ebenso Negativitt, Auf-heben als das erste - es ist nmlich das Aufheben der ersten ab-strakten Negativitt. - Wie das Besondere berhaupt im Allgemeinen,so ist deswegen dies zweite Moment im ersten schon enthalten undnur ein Setzen dessen, was das erste schon an sich ist; - das ersteMoment, als erstes fr sich nmlich, ist nicht die wahrhafte Unend-lichkeit, oder konkrete Allgemeinheit, der Begriff, - sondern nur einBestimmtes, Einseitiges; nmlich weil es die Abstraktion von allerBestimmtheit ist, ist es selbst nicht ohne die Bestimmtheit; und als einAbstraktes, Einseitiges zu sein, macht seine Bestimmtheit, Mangel-haftigkeit und Endlichkeit aus. - Die Unterscheidung und Bestimmungder zwei angegebenen Momente findet sich in der Fichteschen Phi-losophie, ebenso in der Kantischen usf.; nur, um bei der FichteschenDarstellung stehenzubleiben, ist Ich als das Unbegrenzte (im erstenSatze der Fichteschen Wissenschaftslehre) ganz nur als Positivesgenommen (so ist es die Allgemeinheit und Identitt des Verstandes),so da dieses abstrakte Ich fr sich das Wahre sein soll und dadarum ferner die Beschrnkung - das Negative berhaupt, sei es alseine gegebene, uere Schranke oder als eigene Ttigkeit des Ich -(im zweiten Satze) hinzukommt. - Die im Allgemeinen oder Identi-

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 66

    schen, wie im Ich, immanente Negativitt aufzufassen, war der weite-re Schritt, den die spekulative Philosophie zu machen hatte, - einBedrfnis, von welchem diejenigen nichts ahnen, welche den Dualis-mus der Unendlichkeit und Endlichkeit nicht einmal in der Immanenzund Abstraktion, wie Fichte, auffassen.

    [zu 6]Etwas - als das Meinige bestimmt.Hier noch nicht: Ich will Etwas - sondern die Richtung des Willens aufEtwas - Besonderung - Reflexion, - Wahl - Beim Whlen vor mirhaben, dies und jenes)

    ) Ich will nicht nur, sondern will Etwas, d. i. ein Besonderes- als

    verschieden von Allgemeinheit - in Rcksicht der Allgemeinheit -bestimmen - beschrnke mich - dies nachher nher in seinemGegensatze betrachten) Beschrnken - Negation - als Mangel - Vortrefflicher das Unbe-schrnkte - als eine Schranke - man gebe seine Freiheit auf -steige herab von seiner Hhe - Wie man von Schranken hrt,Sehnsucht hinaus - Abstraktion - Die Frage ist, worin die Schran-ken liegen? - als Sache der Not, der Endlichkeit.

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 67

    ) Man sage einem Menschen - er soll seinen Willen schranken-los halten, nicht etwas Bestimmtes wollen - Geld, Haus, deinWohl, das Glck der Menschen, des Staates - immer ein besonde-res - du beschrnkst dich - mu[t] beim bloen, reinen Wollenstehenbleiben, nicht in die Endlichkeit hereintreten.Herabwrdigung - Unzufrieden - er soll nichts wollen -) er hat Recht - denn eben jene Abstraktion ist die Schranke) das Unbestimmte wie das Bestimmte - das Unendliche wie dasEndliche - Herber- und Hinbergehen von einer Schranke (abernur) zur andern - Beides Verstand - Negation dieses Verstandes,selbst unendlich.

    Zusatz. Dieses zweite Moment erscheint als das entgegengesetzte; esist in seiner allgemeinen Weise aufzufassen: es gehrt zur Freiheit,macht aber nicht die ganze Freiheit aus. Das Ich geht hier aus unter-schiedsloser Unbestimmtheit zur Unterscheidung, zum Setzen einerBestimmtheit als eines Inhalts und Gegenstandes ber. Ich will nichtblo, sondern ich will etwas. Ein Wille, der, wie im vorigen Paragraphenauseinandergesetzt ist, nur das abstrakt Allgemeine will, will nichts undist deswegen kein Wille. Das Besondere, was der Wille will, ist eine

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 68

    Beschrnkung, denn der Wille mu, um Wille zu sein, sich berhauptbeschrnken. Da der Wille etwas will, ist die Schranke, die Negation.Die Besonderung ist so das, was in der Regel Endlichkeit genannt wird.Gewhnlich hlt die Reflexion das erste Moment, nmlich das Unbe-stimmte, fr das Absolute und Hhere, dagegen das Beschrnkte freine bloe Negation dieser Unbestimmtheit. Aber diese Unbestimmtheitist selbst nur eine Negation gegen das Bestimmte, gegen die Endlich-keit: Ich ist diese Einsamkeit und absolute Negation. Der unbestimmteWille ist insofern ebenso einseitig als der blo in der Bestimmtheitstehende.

    7) Der Wille ist die Einheit dieser beiden Momente; - die in sich reflektier-te und dadurch zur Allgemeinheit zurckgefhrte Besonderheit; - Ein-zelheit; die Selbstbestimmung des Ich, in einem sich als das Negativeseiner selbst, nmlich als bestimmt, beschrnkt zu setzen und bei sich,d. i. in seiner Identitt mit sich und Allgemeinheit zu bleiben, und in derBestimmung, sich nur mit sich selbst zusammenzuschlieen. - Ichbestimmt sich, insofern es die Beziehung der Negativitt auf sich selbstist; als diese Beziehung auf sich ist es ebenso gleichgltig gegen diese

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 69

    Bestimmtheit, wei sie als die seinige und ideelle, als eine bloe Mg-lichkeit, durch die es nicht gebunden ist, sondern in der es nur ist, weiles sich in derselben setzt. - Dies ist die Freiheit des Willens, welcheseinen Begriff oder Substantialitt, seine Schwere so ausmacht wie dieSchwere die Substantialitt des Krpers.

    Jedes Selbstbewutsein wei sich als Allgemeines - als die Mglich-keit, von allem Bestimmten zu abstrahieren -, als Besonderes miteinem bestimmten Gegenstande, Inhalt, Zweck. Diese beiden Mo-mente sind jedoch nur Abstraktionen; das Konkrete und Wahre (undalles Wahre ist konkret) ist die Allgemeinheit, welche zum Gegen-satze das Besondere hat, das aber durch seine Reflexion in sich mitdem Allgemeinen ausgeglichen ist. - Diese Einheit ist die Einzelheit ,15)aber sie nicht in ihrer Unmittelbarkeit als Eins, wie die Einzelheit inder Vorstellung ist, sondern nach ihrem Begriffe (Enzykl. der philo-soph. Wissenschaften, 112-114), - oder diese Einzelheit ist eigent-lich nichts anderes als der Begriff selbst. Jene beiden ersten Momen-te, da der Wille von allem abstrahieren knne und da er auchbestimmt sei - durch sich oder anderes -, werden leicht zugegebenund gefat, weil sie fr sich unwahre und Verstandes-Momente sind;aber das dritte, das Wahre und Spekulative (und alles Wahre, inso-

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 70

    fern es begriffen wird, kann nur spekulativ gedacht werden) ist es, inwelches einzugehen sich der Verstand weigert, der immer geradeden Begriff das Unbegreifliche nennt. Der Erweis und die nhereErrterung dieses Innersten der Spekulation, der Unendlichkeit alssich auf sich beziehender Negativitt, dieses letzten Quellpunktesaller Ttigkeit, Lebens und Bewutseins, gehrt der Logik als der reinspekulativen Philosophie an. - Es kann hier nur noch bemerklichgemacht werden, da, wenn man so spricht: der Wille ist allgemein,der Wille bestimmt sich, man den Willen schon als vorausgesetztesSubjekt oder Substrat ausdrckt, aber er ist nicht ein Fertiges undAllgemeines vor seinem Bestimmen und vor dem Aufheben und derIdealitt dieses Bestimmens, sondern er ist erst Wille als diese sichin sich vermittelnde Ttigkeit und Rckkehr in sich.

    [zu 7]Jenes beides ) ) heit Freiheit - sind nur Momente derselben unddes Willens

    ) Dies dritte [] ist nicht Abstraktion, sondern konkret, gesunderMenschenverstand, und Spekulation. Absolute Form - allenthalbenund berall - Gttlicher Rhythmus der Welt und Methode des absolu-

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 71

    ten Erkennens - ein fr allemal bemerkt - man hat damit eine groeKenntnis vor der Hand gewonnen) was ist spekulativ? - Das Konkrete, Anschauung, gesunder Men-schenverstand - Verbildung Reflexion - Philosophie zum gesundenMenschenverstand zurck - Unmittelbare Einzelheit - Begriff, Ein-zelheit - wie spekulativ.Auflsung - ) Besonderung - Unterscheiden - ) Aufheben diesesUnterscheidens - bei sich d. i. identisch) Negation ist an sich, die Unbestimmtheit - Besonderung ist an sichNegation - diese Negation mit sich, Selbstbewutsein - In der nch-sten Betrachtung - Erscheinung -

    ) Unbestimmtheit ) Bestim-mung, erste Negation erscheinend -Reiz des Lebens - Selbstbewutsein - Gegenwart

    ) Inhalt, Interesse - Beschdigung - das Besondere) Ich aber nur darber - Besonderung nur als negativ, als Schran-ke -Oft Frage, wie knnen sich die Menschen in solchen Beschftigun-gen befriedigen?

    ) Inhalt positiv, substantiell, aber immer beschrnkt) Prsenz - Selbstbewutsein

  • Grundlinien der Philosophie des Rechts 72

    Dies nicht formell, Inhalt in der Tat substantiell. Grade, Stufen indieser Substantialitt.

    Allgemeinheit - bin bei mir - durchdringend - durch Subjekt und Objekthindurch - wahre Allgemeinheit geht hindurch durch abstrakte All-gemeinheit und durch Besonderheit - Subjekt fr mich ist Allgemein-heit nur mit gesetzter Negativitt -Schlu - Wille

    1. Sich entschlieen - Sich selbst - Einzelheit - sich in ueres -Besonderes setzen - oder beschlieen -

    ) noch unbestimmt -Vielfaches, Besonderes; - Diese Unentschiedenheit aufheben2. Dieses Dritte - ist erst das Wahrhafte so, da jene Momenteselbst es in sich haben -