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Rehabilitative Konzepte und Rückkehr zum Sport nach Eingriffen an der Schulter

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Page 1: Rehabilitative Konzepte und Rückkehr zum Sport nach Eingriffen an der Schulter

Orthopäde 2014 · 43:256–264DOI 10.1007/s00132-013-2149-2Online publiziert: 8. März 2014© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

K.E. Dreinhöfer1, 2 · S. Schüler1, 2 · M. Schäfer1, 2 · T. Ohly1, 2

1  Muskuloskeletale Rehabilitation, Prävention und Versorgungsforschung, Centrum für Sportwissenschaft 

und Sportmedizin (CSSB), Centrum für Muskuloskeletale Chirurgie (CMSC),  

Charité-Universitätsmedizin Berlin2 Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Medical Park Berlin Humboldtmühle, Berlin

Rehabilitative Konzepte und Rückkehr zum Sport nach Eingriffen an der Schulter

Der Therapieerfolg nach operativen Eingriffen im Schulterbereich ist ab-hängig von unterschiedlichen Fak-toren, neben dem Operationsverlauf u. a. auch von den persönlichen Cha-rakteristiken des Patienten, dem Aus-maß der Verletzung, und zu einem großen Teil von den postoperativen Rehabilitationsmaßnahmen. Über die Phasen der Rehabilitation, die ent-sprechenden Maßnahmen sowie die Perspektiven, zum Sport zurückzu-kehren, soll der folgende Beitrag be-richten.

Grundlagen

Die Schulter als sehr komplexes, haupt-sächlich weichteilstabilisiertes und -ge-führtes Gelenk und zudem als das Gelenk des menschlichen Körpers mit dem größ-ten Bewegungsumfang, bedingt eine er-höhte Verletzungsanfälligkeit bei Sport-lern. In Abhängigkeit von der ausgeführ-ten Sportart ergeben sich besondere Prä-dispositionen für verschiedene Schul-terverletzungen. So finden sich v. a. bei Überkopf- und Kontaktsportarten neben Prellungen und Zerrungen gehäuft Schul-terinstabilitäten (durch Luxationen oder Subluxationen), Teilrisse der Rotatoren-manschette oder Superior-labrum-ante-rior-to-posterior(SLAP)-Läsionen, bei Kontaktsportarten zusätzlich Schulter-eckgelenksprengungen und Klavikula-frakturen.

Viele dieser Verletzungen können konservativ behandelt werden und hei-len mithilfe entsprechender rehabilitati-

ver Maßnahmen häufig komplett aus. In Abhängigkeit vom Verletzungsmuster, der Konstitution und dem Anspruch des ver-letzten Sportlers müssen jedoch bei etli-chen Athleten operative Eingriffe durch-geführt werden. Der Therapieerfolg nach operativen Eingriffen im Schulterbereich ist dabei abhängig von multiplen Fakto-ren, neben dem Operationsverlauf (Ope-rationstechnik, Qualität der operativen Versorgung, Komplikationen etc.), u. a. auch von den persönlichen Charakteris-tiken des Patienten (z. B. dem Trainings-zustand, der Motivation und der Erwar-tungshaltung), dem Ausmaß der Verlet-zung (z. B. der Qualität und Menge des Restgewebes), aber auch zu einem großen Teil von den postoperativen Rehabilita-tionsmaßnahmen [1].

Als primäres Ziel der funktionellen Re-habilitation ([3– 7], . Infobox 1) steht da-bei die Wiederherstellung der normalen Schulterfunktion vor der Elimination der Symptome [2, 3, 4]. Das Ziel des verletzten Sportlers ist, zeitnah eine vollständige Ge-nesung und eine Rückkehr zum vorheri-gen Leistungsstand zu erreichen [5].

Kinetische Kette

Diese Überlegung basiert auf einem Kon-zept von Rubin u. Kibler [3]: dem Prin-zip der kinetischen Kette mit der Wie-derherstellung einer normalen Anatomie, Physiologie, Biomechanik und v. a. Kine-matik. Untersuchungen von Hodges [8] hatten gezeigt, dass vor jeder Arm- oder Beinbewegung zunächst die stabilisieren-den Rumpfmuskeln (Mm. transversus

abdominis, multifidi und rotatores) ak-tiviert werden und der intraabdominel-le Druck erhöht wird. Der Schultergürtel ist Teil der kinetischen Kette, wobei Bei-ne und Rumpf 50% der Energie und Kraft der oberen Extremitäten aufbringen. Ins-besondere die Förderung der funktionel-len Bewegungsmuster sowie die erhöhte skapuläre und glenohumerale Muskelak-tivität sprechen für das Konzept der kine-tischen Kette.

Allgemeine Phasen der Schulterrehabilitation

Grundsätzlich lässt sich der Rehabilita-tionsablauf des Schultergelenks abhän-gig von den funktionellen Einschränkun-gen und dem Grad der Weichteilirritation in verschiedene Phasen einteilen [3, 6, 9, 10, 11, 12]. Für jede Phase sind Ziele de-finiert sowie festgelegte Kriterien, die er-füllt sein müssen, bevor ein Wechsel in die nächste Phase zu empfehlen ist (. Tab. 1, . Abb. 1–6).

Phase 1, Akutphase

In der akuten Phase, die postoperativ 1 bis 3 Wochen andauert, sind vorrangige Ziele die Beschwerdelinderung, Förde-rung der Resorption sowie ein gutes Vor-anschreiten des Heilungsprozesses. Hier-bei stehen die Schmerztherapie sowie die Kontrolle der Entzündungsparameter im Vordergrund. Der Patient wird ausführ-lich über die Dauer, Struktur und den In-halt der Rehabilitationsmaßnahme aufge-klärt. Um die Heilung nicht zu gefährden,

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Leitthema

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wird nach einigen Operationen das ope-rierte Schultergelenk durch die Anlage einer Orthese ruhiggestellt [13]. Zur Ver-meidung von Kontrakturen und Adhäsio-nen erfolgt eine vorsichtige passive Ge-lenkmobilisation, zumeist beschränkt auf eine Mobilisation der skapulären und gle-nohumeralen Muskulatur in der „sicheren Skapulaebene“ (Abduktion 20–50° bei 30° Flexion [6, 12]).

»  Das operierte Schultergelenk wird durch die Anlage einer Orthese ruhiggestellt

Die funktionelle Schulterrehabilitation beginnt mit dem Erlernen der korrekten Positionierung des Schulterblatts und der Anbahnung der skapulastabilisierenden Muskulatur (statisches Skapulasetting) so-wie der aktiven Humeruskopfzentrierung. Zudem bietet sich eine Weichteilbehand-lung u. a. zur Mobilisation der verkürzten Muskulatur (insbesondere des M. pecto-ralis minor) an [4]. Begleitend werden die Rumpf- und Beckenmuskulatur sowie die der unteren Extremitäten trainiert, eine allgemeine Haltungskorrektur vorge-nommen und ein kardiovaskuläres Trai-ning zum Erhalt der aeroben und anaero-ben Ausdauer durchgeführt.

Phase 2 und 3, frühe und späte Rekonvaleszenzphase

Danach schließt sich die präfunktionel-le Phase (Phase 2, 3. bis 6. Woche; Pha-se 3, 7. bis 12. Woche) der Rekonvaleszenz an. Das Bewegungsausmaß und die Be-lastung werden entsprechend den ärztli-chen Nachbehandlungsschemata vorsich-tig passiv gesteigert. Eine frühzeitige Mo-bilisation resultiert in der Verbesserung der Gewebestruktur sowie dem Vermei-den von Verwachsungen. Ein spezielles Augenmerk wird in diesem Abschnitt der Rehabilitation auf den Wideraufbau und die Kräftigung der Rumpfmuskulatur so-wie den progressiven isotonischen Mus-kelaufbau im Rahmen der kinetischen Kette gelegt [6]. Zusätzlich werden die Ge-lenkstabilität und die sensomotorischen Fähigkeiten gefördert sowie neuromus-kuläre Funktionen trainiert [12]. In die-ser Phase erfolgen der Übergang vom sta-

tischen Skapulasetting zur dynamischen Skapulamobilisation sowie die Schulung des skapulothorakalen Rhythmus und die weitere Beübung der Humeruskopfzen-trierung. Außerdem wird das Üben von Aktivitäten des täglichen Lebens (ADLs)

in die Rehabilitation mit eingeschlossen. In der späten Rekonvaleszenzphase er-folgt der Übergang zum weiteren geziel-ten Aufbau der Muskelkraft und Ausdau-er im Bereich der Schulter, daneben kön-

Zusammenfassung · Abstract

Orthopäde 2014 · 43:256–264   DOI 10.1007/s00132-013-2149-2© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

K.E. Dreinhöfer · S. Schüler · M. Schäfer · T. OhlyRehabilitative Konzepte und Rückkehr zum Sport nach Eingriffen an der Schulter

ZusammenfassungHintergrund.  Die Rehabilitation des Sport-lers nach einem operativen Eingriff aufgrund einer Schulterverletzung hat wesentliche Be-deutung für die Erlangung der Sport- und Wettkampffähigkeit des Athleten.Fragestellung.  Bestimmung der adäquaten Rehabilitationskonzepte nach operativ ver-sorgten Schulterverletzungen bei Sportlern.Methode.  Selektive Literaturrecherche in der Datenbank PubMed unter Berücksichti-gung eigener Erfahrungen sowie internatio-naler und nationaler Empfehlungen.Ergebnisse.  Darstellung der Grundzüge der funktionellen Rehabilitation und der Prinzi-pien der kinetischen Kette sowie die Rehabi-litationsphasen. Für spezifische Verletzungs-muster (traumatische Erstluxation, Superior-labrum-anterior-to-posterior[SLAP]-Läsion, Rotatorenmanschettenverletzung) werden konkrete Rehabilitationskonzepte dargestellt und Kriterien zur Bestimmung der Sport- und Wettkampffähigkeit angegeben. Der Re-

view zeigt aber auch, dass bis heute im We-sentlichen wissenschaftliche Untersuchun-gen auf hohem Evidenzniveau zur Behand-lung dieser Patienten fehlen und klinische Er-fahrung sowie Expertenmeinungen die Kon-zepte prägen.Schlussfolgerung.  Die Rehabilitation des schulterverletzten Athleten erfordert ein ab-gestimmtes Vorgehen aller Beteiligten. Das Rehabilitationskonzept sollte unter Berück-sichtigung operations- und patientenspezi-fischer Kriterien individuell erstellt werden. Weitere Studien sind dringend notwendig, um evidenzbasierte Empfehlungen abgeben zu können.

SchlüsselwörterPostoperative Nachbehandlung · Sportfähigkeit · Schulterluxation · Superior-labrum-anterior-to-posterior(SLAP)-Läsion · Rotatorenmanschettenruptur

Rehabilitation concepts and return to sport after interventions on the shoulder

AbstractBackground.  Rehabilitation of athletes fol-lowing surgical interventions for shoulder in-juries is of utmost importance for recovery and return to sport.Objectives.  The aim was to determine ade-quate concepts for rehabilitation following shoulder surgery in athletes.Methods.  A selective literature search was carried out in PubMed and a review of the available concepts is given taking personal experiences as well as national and interna-tional recommendations into consideration.Results.  This article presents the basic prin-ciples of functional rehabilitation, the kinet-ic chain and the different phases in rehabilita-tion. Specific rehabilitation concepts and re-turn to sport strategies following traumatic dislocation, superior labrum anterior to pos-terior (SLAP) lesions and rotator cuff tears are 

presented. There is little high-level scientific evidence available for the treatment of these patients and most concepts are based on clinical experience and expert opinion.Conclusion.  Rehabilitation of athletes with shoulder injuries requires a broad consen-sus strategy with respect to the next steps. Individual concepts for rehabilitation should take surgical and patient-specific criteria in-to consideration. Further research is urgently required to develop evidence-based recom-mendations.

KeywordsPostoperative care · Return to sport · Shoulder dislocation · Superior labrum anterior to posterior (SLAP) lesion · Rotator cuff tear

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nen auch physiologische Bewegungsmus-ter trainiert werden.

Phase 4, funktionelle Phase

In der funktionellen Phase der Schulter-rehabilitation (Phase 4 nach ca. 3 Mona-ten) sind dann keine Einschränkungen bei Bewegungsausmaß und Belastung mehr gegeben. Jetzt erfolgt der Über-gang von passiven Beübungen zum akti-ven Muskelaufbau. Es werden sportspezi-fische Übungen in den Rehabilitationsab-lauf eingeplant, die Ausdauer wird durch die Erhöhung der Wiederholungen gegen geringere Widerstände trainiert. Am En-de der funktionellen Phase sollte der Pa-tient eine normale Kinematik der oberen Ex tremität, ein normales Bewegungsaus-maß und alle Voraussetzungen für alltäg-liche sowie sportartspezifische Aktivitä-ten erfüllen. Hierzu sollte er ein sportart-spezifisches Training ohne Symptome ab-solvieren können und etwa 90% der nor-malen Kraft bereits wieder erlangt haben.

Im Verlauf dieser Phasen ist eine kon-sequente ärztliche Überprüfung des aktu-ellen Istzustands des Patienten von großer Wichtigkeit, um die Rehabilitationsmaß-nahmen entsprechend dem jeweiligen Heilungsverlauf individuell anzupassen. Dabei sollten die Therapien wenn mög-lich immer schmerzfrei absolviert werden – eine der wichtigsten Grundlagen für ein erfolgreiches Rehabilitationsergebnis.

Rehabilitative Konzepte nach operativer Versorgung spezifischer Verletzungsmuster

Grundsätzlich findet sich bei den meis-ten Verletzungen nur eine eingeschränk-ter Evidenz für das eine oder andere ope-rative Verfahren bzw. die Entscheidung für ein operatives vs. konservatives Vor-gehen, die Zeit der Immobilisation, den Zeitpunkt der aktiven Rehabilitation, die Freigabe der Beweglichkeit und den Wie-derbeginn der sportlichen Aktivitäten. Zumeist finden sich Expertenmeinun-gen, selten Konsensuspapiere und nahe-zu nie randomisierte Studien.

Traumatische Erstluxation

Die traumatische Schulterluxation ist durch eine unidirektionale Instabili-tät gekennzeichnet. Die anteriore Luxa-tion geht häufig mit Läsionen am vorde-

ren Glenoidrand einher: der klassischen Bankart-Läsion, einer Kontinuitätsunter-brechung zwischen Knorpel und Labrum oder einem knöchernen Bankart-Defekt mit Abriss des Glenoidrandes.

Heute wird bei der operativen Ver-sorgung zumeist ein arthroskopisches Verfahren präferiert, obwohl ein aktuel-ler Review keinen eindeutigen Beleg für eine Überlegenheit demonstrieren konnte [14]. Wesentlicher Vorteil der arthrosko-pischen Technik ist die Aufrechterhaltung der Integrität des M. subscapularis. Nach der operativen Schulterstabilisierung sind die Ziele der Rehabilitation die Erhaltung der operativ erzielten statischen Stabilität, die Wiederherstellung des funktionellen Bewegungsausmaßes, die Verbesserung der dynamischen Stabilität und die unein-geschränkte Aktivität [4, 5, 12, 15–19].

Post operationem wird eine Schulter-schlinge („shoulder immobilizer“, DJOG-lobal, Freiburg) angelegt, die für 4 Wo-chen belassen wird. Zudem sollte in den ersten 6 Wochen auf jegliche Außenrota-tion >0° verzichtet werden.

»  Postoperativ wird für 4 Wochen eine Schulterschlinge verordnet.

In der Akutphase stehen Schmerz- und Schwellungsreduktion im Vordergrund (Lymphdrainage und Kryotherapie), da-neben eine Verbesserung des passiven Be-wegungsausmaßes (Flexion 60°, Abduk-tion 60°, Außen-/Innenrotation [ARO/IRO] 0/0/60°), Mobilisation von Skapula und angrenzenden Gelenken sowie Hal-tungsschule.

In der frühen Rekonvaleszenzpha-se liegen die Schwerpunkte der Therapie auf der assistiv-aktiven Mobilisation und Koordinationsverbesserung, z. B. Übun-gen zur dynamischen Stabilisierung der Skapula und des Glenohumeralgelenks, unterstützend kommen Wärmeanwen-dungen zum Einsatz. Das passiv-assistive Bewegungsausmaß darf nun Flexion 90°, Abduktion 90° und ARO/IRO 0°/0°/frei betragen.

In der späten Rekonvaleszenzpha-se stehen die endgradige Mobilisation und zunehmende Kräftigung im Vor-dergrund, v. a. die Zentrierung des Hu-

Infobox 1  Grundprinzipien der funktionellen Rehabilitation

F  Lerngeschwindigkeit und die neuromus-kuläre Kontrolle sind bei verschiedenen Patienten sehr unterschiedlich

F  Der Rehabilitationsverlauf orientiert sich jeweils an der Belastbarkeit der schwächs-ten Struktur im System

F  Die Übungen sollten immer schmerzfrei durchgeführt werden können. Schmer-zen bei der Behandlung weisen darauf hin, dass die Übungen nicht korrekt durchgeführt werden oder zum falschen Zeitpunkt erfolgen

F  Die proximale Stabilität ist erforderlich, bevor mit dem Training der distalen Mobilität begonnen werden kann. Im Vordergrund stehen die Kontrolle über und Position des Schulterblatts, zudem die aufrechte Haltung der Wirbelsäule in neutraler Position durch eine angespann-te Bauchmuskulatur

F  Der Patient sollte lernen, spezifische Mus-keln zu identifizieren und separat anspre-chen zu können. Gleichwohl werden die Muskelgruppen in ihrem koordinativen Zusammenspiel beübt, um die Stabili-sation und Elevation des Schulterblatts korrekt durchführen zu können

F  Die Qualität der Ausführung einer Übung ist wesentlich wichtiger als die Quantität. Es sollte v. a. auf die Muskelkontrolle und weniger auf die Zahl der Wiederholungen geachtet werden

F  Mit Übungen im geschlossenen System wird begonnen und später zum offenen System übergegangen

F  Die Muskelkräftigung wird von isome-trischem Training über das exzentrische bis zum dynamisch konzentrischen ge-steigert. Die Belastung sollte im Verlauf von submaximal auf maximal gesteigert werden

F  Von eindimensionalen Bewegungsmus-tern wird schrittweise bis zu dreidimen-sionalen übergegangen, von langsamen zu schnellen Übungen und schließlich zu sportartspezifischem Training

F  Es ist wesentlich wichtiger, Therapie-erfolge langsam aber gleichmäßig zu steigern, als ein bestimmtes Ziel zu einem bestimmten Zeitpunkt erreicht haben zu wollen. Hierzu sind eine hochfrequente Überprüfung und Dokumentation des ak-tuellen Rehabilitationsstands sowie eine entsprechende Anpassung der Belastung notwendig

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Leitthema

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meruskopfs und eine Verbesserung der Stabilisierungs- und Stützfunktionen. Ro tatorenmanschette, Deltoideus und Schulterstabilisatoren werden zunächst im geschlossenen System trainiert, zu-dem kann der Arm im Bewegungsbad mobilisiert werden. Der Bewegungs-umfang ist freigegeben, allerdings soll-te strikt auf Abduktionsaußenrotations-

bewegungen gegen Widerstand verzich-tet werden.

In der funktionellen Phase werden eine Optimierung der dynamischen Ge-lenkstabilität und Propriozeption sowie eine Steigerung der Ausdauer angestrebt. Ab etwa dem 4. Monat können zuneh-mend sportartspezifische Übungen in das Programm integriert werden.

Obwohl einige Autoren eine Sportfä-higkeit bereits nach 4 Monaten propagie-ren [20], empfehlen die meisten Autoren, Überkopfsportarten erst ab dem 6. Mo-nat auszuüben [15, 21] und bei Kontakt-sportarten bis zum Abschluss des 9. Mo-nats zu warten, da erst dann mit der vol-len Belastbarkeit der Schulter zu rechnen ist [4, 12].

Tab. 1  Rehabilitationsphasen

Rehaphase Phase 1, Akutphase Phase 2, frühe Rekonvales-zenzphase

Phase 3, späte Rekonvales-zenzphase

Phase 4, funktionelle Phase

Zeitraum (postopera-tive Woche)

1–3 3–6 7–12 >12

Eingangskri-terien

  Adäquate WeichteilheilungMinimaler BewegungsschmerzAdäquate Skapulakontrolle und aktive Zentrierung des Gleno-humeralgelenksAdäquate Becken-Rumpf- Stabilität

Schmerzfreie BeweglichkeitFreier Bewegungsumfang im erlaubten ROMAusreichende Kontrolle von Skapula und Rumpf

Freie SchulterbeweglichkeitNormale Kinematik des Schulter-gürtels75% Leistung der normalen Kraft und Ausdauer

Ziele SchmerzlinderungResorptionsförderungWundheilungErhalt bzw. Verbesserung der GelenkbeweglichkeitVerhinderung einer progressi-ven MuskelatrophieErhalt der aeroben und  anaeroben AusdauerCompliance

Verbesserung des Bewegungs-ausmaßesVerbesserung von Kraft, Kon-trolle und AusdauerVerbesserte Kinematik des SchultergelenksRegulierung vegetativer und neuromuskulärer FunktionenVerbesserung der Sensomotorik

Wiederherstellung der vol-len SchulterbeweglichkeitVerbesserung von Kraft, Kontrolle und AusdauerNormale Kinematik des SchultergelenksRegulierung vegetativer und neuromuskulärer Funk-tionenVerbesserung der Senso-motorikPartizipation in Beruf und Gemeinschaftsleben

Wiederherstellung der sport-, alltags- und arbeitsspezifischen KinematikVerbesserung von Kraft und Ausdauer entsprechend den funktionellen Anforderungen des PatientenWiederherstellung der spezifischen Koordination, Geschwindigkeit und Schnelligkeit

Maßnahmen Schmerztherapie: Analgetika, NSARPhysikalische Maßnahmen: Lymphdrainage, Elektrothera-pie, Eis bzw. WärmeMobilisation des Gelenks und der verkürzten MuskulaturEinsatz CPM-SchieneÜbungsprogramm aktiv und aktiv-assistiert auf sicherer  SkapulaebeneIsometrische Kontraktionen der Rotatorenmanschette in ge-schlossener KetteErlernen des SkapulasettingsCore-Training: Kräftigung Becken, Rumpf und untere  ExtremitätenHaltungsschulungKardiovaskuläres Training:  aerob und anaerobInformation über Dauer und Inhalte der Rehabilitationsmaß-nahmen

Physikalische Maßnahmen: Lymphdrainage, Elektro-therapie, Eis bzw. WärmeManualtherapie und Behand-lung von TriggerpunktenPassive Gelenkmobilisation und WeichteilbehandlungEinsatz CPM-SchieneAktiv assistiert und aktive Mobi-lisation im erlaubten ROMBiofeedback über Oberflächen-EMGÜbergang vom statischen  Skapulasetting zur dynami-schen SkapulamobilisationAusbau der Rumpfstabilität und der HaltungsschulungSensomotorisches TrainingAutomobilisation am SeilzugIsometrisches Krafttraining

Physikalische Maßnahmen: Lymphdrainage, Massagen, Elektrotherapie, Eis bzw. WärmeManualtherapie und Behandlung von Trigger-punktenMobilisation des Glenohu-meralgelenks und Mobilisa-tion der dorsalen KapselWeichteilbehandlungIsotonische, konzentrische exzentrische ÜbungenPropriorezeptives Training unter Einschluss Rumpf und untere ExtremitätenOptimierung des skapulo-thorakalen RhythmusSensomotorisches TrainingAutomobilisation am SeilzugKraftausdauertrainingTherapeutisches Klettern

Physikalische Maßnahmen: Lymph-drainage, Massagen, Elektro-therapie, Eis bzw. WärmeManualtherapie und Behandlung von TriggerpunktenMedizinische TrainingstherapieNeuromuskuläres TrainingPlyometrisches TrainingProgressives Ausdauer- und Kraft-training des SchultergürtelsGesamtkörpertrainingSportartspezifisches Training

ROM „range of motion“, NSAR nichtsteroidale Antirheumatika, CPM „continuous passive motion“, EMG Elektromyographie.

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Leitthema

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Übereinstimmend spricht die Litera-tur von einer erreichten Sportfähigkeit bei etwa 90% der operierten Patienten, wobei aber nur etwa 65–75% den Leis-tungsstand wie vor der Operation errei-chen [22].

SLAP-II-Läsion

Bei der SLAP-II-Läsion sind die lange Bi-zepssehne und das Labrum glenoidale im Bereich des antero- und posterosuper-ioren Limbus abgerissen. Bei jungen Pa-

tienten wird diese Läsion arthroskopisch mittels zweier Nahtanker anatomisch re-fixiert.

Die postoperative Rehabilitation ist der nach einer vorderen Schulterluxation sehr ähnlich, zudem sollte für die ersten 6 Wochen auf eine Bizepsanspannung gegen Widerstand verzichtet werden [4, 12, 18, 23, 24].

Für die ersten 4 Wochen wird die Schulter in einer Schlinge funktionell im-mobilisiert. In der Akutphase ist eine pas-sive schmerzfreie Mobilisation für Fle-xion, Abduktion und Innenrotation bis 60° erlaubt, die Außenrotation ist auf 0° limitiert, leichte Pendelübungen in die-sem Rahmen sind möglich.

In der frühen Rekonvaleszenzphase ab etwa der 4. postoperativen Woche stehen Koordinations- und Stabilisationsschu-lung für die Skapula, leichte glenohume-rale Zentrierungsübungen und die pas-sive Mobilisation zur Verbesserung des Bewegungsumfangs bis Flexion 90°, Ab-duktion 90° und ARO/IRO 30°/0°/frei. Es wird vorsichtig mit aktiv-assistiven Übungen und einem Koordinationstrai-ning begonnen.

In der späten Rekonvaleszenzphase (7. bis 12. Woche) liegt der Schwerpunkt auf der Kräftigung der Schultergürtelmusku-latur und der Rotatorenmanschette, der graduellen Erweiterung des Bewegungs-ausmaßes durch aktive und passive Maß-nahmen und der Verbesserung des ska-pulohumeralen Rhythmus in allen Ge-lenkstellungen. Zudem sind ab diesem Zeitpunkt leichte Anspannungsübungen des M. biceps im schmerzfreien Bereich erlaubt.

In der funktionellen Phase darf bei schmerzlosem freiem Bewegungsausmaß mit Kräftigung und Schulung von Alltags-funktionen begonnen werden. Bei guter statischer Stabilität und ca. 80% Kraft der Gegenseite kann etwa ab der 20. Woche mit sportartspezifischem Training begon-nen werden. Mit einer vollen sportlichen Belastungsfähigkeit ist frühestens nach 6 Monaten [24], realistisch häufig aber erst nach 9 Monaten [4, 12, 18] zu rechnen.

Ein aktueller systematischer Litera-turreview stellte eine Wettkampffähigkeit bei 83% der operierten Athleten mit einer SLAP-Läsion fest; 73% hatten ihren prä-akzidentellen Leistungsstand wieder er-

Abb. 1 8 Rumpfkraft- und Stabilisierungs-übungen

Abb. 2 8 Isolationsübungen zur gezielten  Muskelbeanspruchung

Abb. 3 9 Isome-trisches Training zur Muskelkrafterhöhung

Abb. 4 9 Isokineti-sches Training zur Krafterhöhung in allen Winkelgraden

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reicht, bei den Überkopfsportlern waren es allerdings nur 63% [25].

Rotatorenmanschettenruptur

Defekte der Rotatorenmanschette treten v. a. bei älteren Personen mit degenera-tiven Veränderungen des Bindegewebes auf. Bei Jüngeren sind sie ausgesprochen selten und werden dann v. a. im Zusam-menhang mit einem ausgeprägten Trau-ma gesehen (z. B. Schulterluxation). Al-lerdings sind Überkopfsportler über-durchschnittlich häufig betroffen, als we-sentliche Ursachen bei diesen Athleten werden vordere und hintere Instabilitäts-impingements (ASI, PSI), isolierte SLAP-Läsionen und mikrotraumatische be-dingte wiederholte Läsionen der Rotato-renmanschette angenommen [4, 26, 27].

Bei jüngeren und aktiven Patienten wird eine Rekonstruktion des Defekts v. a. arthroskopisch versucht, indem die Sehne zunächst angefrischt und dann knöchern befestigt wird [4, 28]. Der Prozess der stabilen Sehnen-Knochen-Einheilung zieht sich über einen länge-ren Zeitraum hin. Nach der anfängli-

chen Entzündungsphase von etwa 7 Ta-gen, gefolgt von der Proliferationspha-se von 2 bis 3 Wochen, beginnt die Rei-fungs- und Remodelierungsphase et-wa nach der 3. Woche. Während eini-ge Studien von 12 bis 16 Wochen bis zur Erreichung der vollständigen Belastbar-keit ausgehen, sprechen andere von bis zu 26 Wochen [29].

Rehabilitative Maßnahmen sind nach der operativen Versorgung der Sehne sehr wichtig.

D Nachweislich führen frühzeitige pas-sive und aktive Bewegungsübungen zu einer deutlich geringeren Gelenk-steifigkeit und besseren Kraftwerten.

Allerdings werden auch Rerupturraten von 20–90% nach einer solchen Rekon-struktion der Rotatorenmanschette be-richtet.

Die Rehabilitation ist neben patien-ten- bzw. athletenspezifischen Faktoren (Voroperationen, Nikotin, Erwartungs-haltung, sportlicher bzw. funktioneller Anspruch) auch abhängig von der der Ausdehnung und Lokalisation des primä-ren Schadens, der Gewebebeschaffenheit und der operativen Technik [4].

Das den letzten Jahren entwickelte klassische Rehabilitationskonzept [4, 12, 29–32] umfasst zum einen eine Ruhig-stellung in einer Orthese mit 30° Abduk-tion und 30° Innenrotation für die ersten 4 bis 6 Wochen, um eine bestmögliche Sehneneinheilung zu gewährleisten. Zum anderen wird – um subakromiale Briden-bildungen zu vermeiden – sehr frühzei-tig mit passiven Bewegungsübungen (Fle-xion und Abduktion bis 60°, ARO/IRO 30°/0°/60°), dem Einsatz der CPM-Schie-ne und z. B. Pendelübungen begonnen.

BehandlungsablaufIn unserer Klinik orientiert sich diese Be-handlung etwas differenzierter am vorlie-genden Befund. Bei kaum oder nur ge-ring retrahierten Rupturen, die ohne we-sentliche Spannung rekonstruiert wer-den können, erfolgt die 6-wöchige funk-tionelle Ruhigstellung in einer Schulter-schlinge, bei allen anderen in einer Ab-duktionsorthese (20–30° Abduktion, leichte IRO) für 6 Wochen. Bei isolierter Subskapularisruptur erfolgt die Ruhig-stellung im „shoulder immobilizer“, bei isolierter Supraspinatusläsion in der Ab-duktionsorthese und bei posterosuperio-ren Defekten in einer Außenrotationsor-these. Bei Subskapularisbeteiligung sind für 6 Wochen keine ARO >0° und keine aktive IRO erlaubt, bei Infraspinatusbe-teiligung keine IRO >45° und keine aktive ARO. In den ersten 3 Wochen sind neben der passiven Mobilisierung (s. oben) nur isometrische Übungen mit gelenknah dosierten Widerständen zur Zentrierung des Humeruskopfs gestattet.

In der 4. Wochen kann der passi-ve Bewegungsumfang erweitert werden auf Flexion 90°, Abduktion 90°, ARO/IRO 60°/0/frei. Bei den spannungsfrei re adaptierten Schultern wird mit aktiv- assistierte Übungen im schmerzfreien Bereich begonnen, bei den übrigen erst in der 7. Woche.

In der späten Rekonvaleszenzphase stehen die aktive Mobilisation, Verbesse-rung der Koordination und leichte Kräf-tigung im Vordergrund. In der 6. bis 8. Woche wird mit dem Training in der ge-schlossenen Kette mit der glenohumera-len Zentrierung und Stabilisation durch vorsichtiges konzentrisches und exzen-trisches Bewegen begonnen, ab der 9. Woche mit dem dynamischen Training

Abb. 6 9 Sportartspe-zifisches Rehabilita-tionstraining

Abb. 5 8 Training zur Steigerung der spezifi-schen Haltekraft

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Leitthema

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der Rotatorenmanschette mit leichten Gewichten.

In der funktionellen Phase ist man bis-her davon ausgegangen, dass eine ausrei-chende Belastbarkeit der Sehne besteht, sodass man ab etwa der 12. Woche den Schwerpunkt auf die Kräftigung und mus-kuläre Gelenkstabilisation legt.

Nach 6 Monaten wird eine volle Belast-barkeit der Sehne erwartet, sodass man zu diesem Zeitpunkt auch mit Schnellkraft-übungen und reaktiven Übungen ober-halb der Schulterhöhe beginnen kann. Sportspezifische Trainingsaspekte kön-nen zu diesem Zeitpunkt einfließen. Die Durchführung von Überkopfsportarten setzt neben einer abgeschlossenen Seh-nenheilung auch den Ausgleich aller mus-kulären Defizite des Schultergürtels vor-aus.

Sportfähigkeit

Die Sportfähigkeit wird z. T. sehr unter-schiedlich gesehen, während einige Auto-ren dies bereits nach 3 bis 6 Monaten als möglich ansehen [28, 32], werden von den meisten Arbeitsgruppen wesentlich späte-re Zeiträume angegeben – 6 bis 9 Monate nach der Operation.

Aktuelle sonographische Untersu-chungen haben erneut hohe Rerupturra-ten bei 41% [33] bzw. 33% [34] der Ope-rierten festgestellt, wobei diese zumeist zwischen der 6. und der 12. Woche auf-traten. In einer weiteren Patientengruppe, die zunächst 6 Wochen immobilisiert war und bei der das Kräftigungstraining erst nach der 12. Woche begonnen hat, fand sich bis zur 26. Woche ein kontinuierli-cher Anstieg der Rerupturereignisse [35].

»  Aktuelle Untersuchungen haben hohe Rerupturraten festgestellt

Um die Bedeutung bzw. die Gefährdung durch eine frühzeitig begonnene Mobili-sation zu untersuchen, wurden in letzter Zeit einige randomisierte Studien durch-geführt [36, 37]: Dabei wurde jeweils eine Gruppe mit intensiver frühzeitiger pas-siver Rehabilitation in den ersten 6 Wo-chen mit einer konventionell ruhiggestell-ten Gruppe verglichen. Es fanden sich da-

bei langfristig – nach 12 Monaten – keine wesentlichen Unterschiede im Hinblick sowohl auf die Rerupturrate als auch den Funktions- und Bewegungsumfang, le-diglich nach den ersten 3 Monaten war die Beweglichkeit in der frühzeitig behandel-ten Gruppe deutlich besser.

Bei allen diesen Untersuchungen muss aber berücksichtigt werden, dass sie nicht in einem ausgesprochen Sportlerkollek-tiv vorgenommen wurden, sondern die Ergebnisse aus der Allgemeinbevölke-rung abbilden. Es gibt nur ganz wenige Berichte, die speziell Behandlungsergeb-nisse bei Athleten berichten [28, 38, 39]. Kuhns [39] betont dabei, dass nur sehr wenige Hochleistungssportler nach einer entsprechenden Schulteroperation wie-der auf dem alten Level wettkampffähig wurden (z. B. einer von 16 Baseballprofis [38]) und empfiehlt vielmehr die primäre Operationsnotwendigkeit bei den Athle-ten zu hinterfragen, bei denen kein akutes Unfallereignis erinnerlich ist. Vielmehr sollte in dieser Patientengruppe das Kon-zept der adaptiven Pathologie bedacht und primär rehabilitative Ansätze mit Be-rücksichtigung von Haltungsschwächen, Skapulardyskinesie und GIRD („gleno-humeral internal rotation deficits“) über-legt werden. Bei akuttraumatischen Ver-letzungen, ggf. im Rahmen einer Luxa-tion, gibt es einige Fallberichte über die erfolgreiche Behandlung von Profisport-lern [40].

Abschließend kann man insbesonde-re bei dieser Patientengruppe nur feststel-len, dass viele Fragen bisher nicht eindeu-tig geklärt wurden, dass eine (Rehabilita-tions)-Behandlung grundsätzlich indivi-duell geplant werden muss und sich nur selten schablonenhaft aufbauen lässt. Es sollte sich stets an den verschieden ope-rationsspezifischen aber insbesondere pa-tientenspezifischen Anforderungen orien-tiert werden und eine Abwägung zwi-schen sportlichem Ehrgeiz des Athleten (und z. T. des Operateurs) und der biolo-gischen Realität vorgenommen werden.

Rückkehr zum Sport

Das Ziel des Sportlers ist die möglichst komplette Wiederherstellung seiner Sportfähigkeit in der gewünschten Sport-art in der kürzest möglichen Zeit.

Aktuelle Untersuchungen berichten über die Rückkehr von Spitzensportlern in ihren Wettkampfsport nach operati-ven Eingriffen an der Schulter. Harris et al. [41] beschreiben in einem systemati-schen Review 287 Profi-Baseball-Pitcher, von denen zwar 68% nach durchschnitt-lich 12 Monaten wieder in der gleichen Mannschaft spielten, aber nahezu kei-ner das präoperative Leistungsniveau er-reichte, 22% haben nach der Operation nie wieder professionell gespielt. Hart u. Funk [42] berichten von 52 englischen Fußballprofis die alle innerhalb von 6 Mo-naten nach der Operation erneut auf dem vorherigen Leistungsniveau spielten, die meisten konnten bereits nach 12 Wochen wieder eingesetzt werden.

Die Entscheidung des Arztes zur mög-lichen Rückkehr in die spezifische Sport-art sollte sich an den jeweiligen physi-schen Faktoren des Sportlers orientieren, an der Art der Verletzung und der opera-tiven Versorgung, der angestrebten Sport-art und der jeweiligen Erfahrung in die-ser Sportart.

Im Allgemeinen sollten folgende Kri-terien besonders bei Überkopfsportarten erfüllt sein [43]:F  die vollständige aktive Elevation des

Arms sowohl in der Sagittal- als auch in der Frontalebene;

F  die Außenrotation sollte vergleichs-weise genauso groß sein wie beim gegenseitigen Arm, die Außenrota-tion der dominanten oberen Extremi-tät sogar etwas größer;

F  die Muskelkraft der Rotatorenman-schette, der Deltoidal- und Skapular-muskulatur sollte im normalen Bereich liegen (Kraftgrad 5/5 nach Janda);

F  die Ausdauer sollte eine Komplettie-rung der sportspezifischen Intervall-programme ermöglichen;

F  in Bezug auf die Schmerzqualität soll-te der Sportler nur eine geringe Er-schöpfung nach Ausüben der Trai-ningsprogramme beschreiben, keine stechenden oder nächtliche Schmer-zen oder sogar eine Zunahme der Schmerzsymptomatik am nächsten Tag;

F  zudem sollte der Sportler eine posi-tive Einstellung gegenüber seiner Rückkehr zum Sport zeigen.

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Fazit für die Praxis

F  Schulterverletzungen beim Sportler haben insbesondere bei Überkopf- und Kontaktsportarten eine enorme Bedeutung für die Fortsetzung der Sportlerkarriere.

F  Postoperative Rehabilitationsmaß-nahmen sind von großer Bedeutung für die Prognose und den Zeitpunkt der Wiederaufnahme der sportlichen Tätigkeiten.

F  Die Schulterrehabilitation soll in der kinetischen Kette erfolgen, von proxi-mal nach distal, von statisch geschlos-sen zu dynamisch offen.

F  Neben den allgemeinen biologischen Abläufen insbesondere der Heilung von Weichteilgeweben sowie deren Belastbarkeit sollten v. a. die patien-tenspezifischen individuellen Fakto-ren die Geschwindigkeit und Intensi-tät des Rehabilitationsprogramms be-stimmen.

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. K.E. DreinhöferKlinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Medical Park Berlin HumboldtmühleAn der Mühle 2–9, 13507 [email protected]

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt.  K.E. Dreinhöfer, S. Schüler, M. Schäfer, T. Ohly geben an, dass kein Interessenkon-flikt besteht. 

Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.

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