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Rekombinante Wirkstoffe 6. Vorlesung Prof. Dr. Theo Dingermann Ins2tut für Pharmazeu2sche Biologie GoetheUniversität Frankfurt [email protected]

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Rekombinante Wirkstoffe!6. Vorlesung!

Prof.  Dr.  Theo  Dingermann  Ins2tut  für  Pharmazeu2sche  Biologie  

Goethe-­‐Universität  Frankfurt  [email protected]­‐frankfurt.de  

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Interferon-Rezeptoren:

1. Interferone!

Typ-I-Interferone binden jeweils als Monomere an den gleichen Rezeptor, der auf sensitiven Zellen in Kopienzahlen von 200 bis 10 000 exprimiert wird und aus zwei Proteinketten besteht: IFNAR1 und IFNAR2.

•  Wahrscheinlich nur eine Isoform von IFNAR1. •  Aber drei unterschiedliche Isoformen von IFNAR2. Diese entstehen durch

alternatives Spleißen, überspringen von Exons und die Wahl unterschiedlicher Polyadenylierungsstellen. Letztendlich resultieren daraus eine lange und eine kurze transmembranäre Version, die als IFNAR2c beziehungsweise IFNAR2b bezeichnet werden. Die dritte Isoform ist eine lösliche IFNAR2a-Kette.

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Interferon-Rezeptoren:

1. Interferone!

Die Signaltransduktion von Typ-I-Interferonen moduliert die Expression von mehr als 150 Genen, über die z.B. die Reifung dendritischer Zellen, das Überleben von T-Zellen oder die Antigenpräsentation mittels MHC-I-Proteinen gesteuert werden.

Polymorphismen der IFNAR stehen im klaren Zusammenhang mit der Anfälligkeit gegenüber Multiple Sklerose, Trypanosomiasis, HIV, und Hepatitis-B- und -C-Viren.

Während einer chronischen Hepatitis-C-Infektion werden mehr als 10-fach mehr IFNAR2-Transkripte gebildet und die erhöhte Serumkonzentration von sIFNAR2a korreliert mit der erhöhten 2´-5´-Oligoadenylat-Synthetase-Aktivität.

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1. Interferone!Die intrazellulären Signaltransduktions-wege werden durch Tyrosinkinasen aktiviert, die als Janus-Kinasen (JAKs) und als "Tyrosin-spezifische Kinase" (TYK) bezeichnet werden. Werden diese aktiviert, phosphorylieren sie so genannte STAT-Proteine (signal transducers and activators of transcription), die dimerisieren und in den Zellkern einwandern. Dort fungieren sie dann als spezifische Transkriptionsfaktoren

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1. Interferone!Bei der Typ-I-Signaltransduktion komplexieren STAT-Komplexe mit IRF9 (IFN-regulierender Faktor 9). Der Transkriptionsfaktor bindet dann an ein "interferon-stimulated response element" (ISRE), das sich im Bereich solcher Gene befindet, deren Transkription durch Typ-I-Interferone induziert wird.

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Interferon-Rezeptoren:

1. Interferone!

Das Typ-II-Interferon IFN-γ bindet als Homodimer an einen Rezeptor, der aus den Untereinheiten IFNGR1 und IFNGR2 aufgebaut wird und sich in variablen Mengen auf allen kernhaltigen Zellen in einer Kopienzahl von 200 bis 25 000 Molekülen befindet. IFNGR1 gilt als die Ligand-bindende Untereinheit, während IFNGR2 als Signal-Vermittler agiert. Zunächst führt die Ligandbindung zu einer Dimerisierung von IFNGR1. An diesen Komplex assoziieren dann noch zwei Moleküle IFNGR2 und es kommt zur Transphosphorylierung und Aktivierung der Janus-Kinasen (JAKs) und zur weiteren Signalweiterleitung. Mutationen im IFNGR1, die eine Interaktion mit IFN-γ verhindern, führen zu lebensbedrohlichen autosomal rezessiven Störungen des Immunsystems und sind die molekulare Ursache für die so genannte disseminierte atypische Mycobakterium-Infektion.

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1. Interferone!Typ-II-Interferon induziert die Homodimerisierung von STAT-1. Dieser Komplex bindet im Kern an so genannte "gamma-interferon activation sites" (GAS) und aktiviert dadurch die nachgeschalteten Gene.

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Biochemische und pharmakologische Eigenschaften der Interferone:

1. Interferone!

Nach Bindung des Interferons an seinen Rezeptor werden "IFN-induzierbarer Gene" exprimiert. •  “Antivirale Aktivität” •  Inhibition der Zellproliferation •  Regulation der Zelldifferenzierung und andere zelluläre Aktivitäten •  Modulation des Immunsystems.

Obwohl sich die Typ-I- und die Typ-II-Interferone strukturell deutlich voneinander unterscheiden, obwohl sie unterschiedliche Rezeptoren ansteuern und damit verschiedene Signaltransduktionswege initiieren und obwohl sie unterschiedliche Gene induzieren, sind die Effekte, die die Typ-I- und die Typ-II-Interferone auslösen, zwar quantitativ durchaus unterschiedlich, qualitativ aber in weiten Zügen auch deutlich überlappend.

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Biochemische und pharmakologische Eigenschaften der Interferone:

1. Interferone!

Protein Funktion Induktion durch Typ-I-IFN Typ-II-IFN

2'-5'(A)-Synthetase dsRNA-abhängige Synthese von 2'-5'(A); Aktivator der RNase L

+ +

Protein (p68) Kinase (PKR) (durch dsRNA aktivierbare Proteinkinase)

Phosphorylierung des Translations-Initiationsfaktors eIF-2a

+ ±

Klasse-I-MHC-Antigene (HLA-A,B,C) (incl.β2-Mikroglobulin)

Antigenpräsentation gegenüber zytotoxische T-Lymphozyten

+ +

Klasse-II-MHC-Antigene (HLA-DR)

Antigenpräsentation gegenüber TH-Lymphozyten

± +

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Biochemische und pharmakologische Eigenschaften der Interferone:

1. Interferone!

Protein Funktion Induktion durch Typ-I-IFN Typ-II-IFN

Indolamin-2,3-dioxygenase

Tryptophanmetabolismus (Katabolismus)

± +

Guanylat-Bindeproteine (GPB; γ67)

GTP-, GDP-Bindung ± +

Mx-Protein GTPase, spezifischer Inhibitor des Influenza-Virus

+ -

IP-10 CXC-Chemokin ± + Metallothionin Metall-Entgiftung + + TNF-Rezeptoren Vermittler von TNF-Effekten ± + IL-2-Rezeptoren Vermittler von IL-2-Effekten - +

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Biochemische und pharmakologische Eigenschaften der Interferone:

1. Interferone!

Protein Funktion Induktion durch Typ-I-IFN Typ-II-IFN

GM-CSF-Rezeptor Vermittler von GM-CSF-Effekten

- +

Interzelluläres Adhäsionsmolekül-1 (ICAM-1; CD54)

Endotheliales Zelladhäsionsmolekül GTP-, GDP-Bindung

- +

Immunglobulin-Fc-Rezeptor (FcR)

Immunglobulinbindung durch Makrophagen/Neutrophile

± +

Thymosin β4 Induktion der Terminalen Transferase in B-Lymphozyten

+ ?

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Die antivirale Aktivität:

1. Interferone!

Interferone versetzen Zellen in einen "antiviralen Zustand“. • Die 2'-5'-Oligoadenylat-(2'-5'[A])-Synthetase wird durch eine doppelsträngige RNA (dsRNA) aktiviert. Sie katalysiert die Synthese eines Oligonukleotids, das nur aus A-Nukleotiden besteht, wobei die einzelnen Nukleotide untypischer Weise 2' —> 5' miteinander verknüpft sind. • Das atypische Oligonukleotid 2'-5'-(A) aktiviert nun seinerseits die Ribonuklease L (RNase L), die sowohl mRNA als auch rRNA im Zytoplasma degradiert.

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Die antivirale Aktivität:

1. Interferone!

Interferone versetzen Zellen in einen "antiviralen Zustand“. • In erster Linie Typ-I-Interferone induzieren die Doppelstrang-RNA-abhängige Proteinkinase PKR. PKR hat eine N-terminale regulatorische und eine C-terminale katalytische Domäne. Bindet doppelsträngige RNA an die regulatorische Domäne, dimerisiert PKR und phosphoryliert sich selbst, so dass die Kinase aktiviert wird. • Ein wichtiges Substrat der PKR ist der eukaryontische Translations-Initiationsfaktor eIF2α, der durch die PKR phosphoryliert und damit inaktiviert wird. • Als Konsequenz wird dann die Translation viraler mRNA gestoppt. Als weitere Funktionen der PKR werden die Induktion der Apoptose sowie die Regulation der Interferon-Synthese diskutiert.

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Die antivirale Aktivität:

1. Interferone!

Interferone versetzen Zellen in einen "antiviralen Zustand“. • Typ-I-Interferone induzieren Mx-Proteine, die eine Unterklasse der Dynamin-Familie großer GTPasen bilden. Diese Proteine haben eine N-terminale GTPase-Domäne, in der Mitte eine central interactive domain (CID) und eine C-terminale Effektor-Domäne mit Leucin-Zipper-Motiven und sind an der Abschnürung von Vesikeln und somit am intrazellulären Transport beteiligt. Das MxA erkennt das virale Ribonukleotid im Capsid einiger Orthomyxo- und Bunyaviren. Zu den Orthomyxoviren gehören z.B. die Influenzaviren, so dass MxA auch hier aktiv ist. • Ferner sind noch weitere, eventuell antiviral aktive Proteine bekannt, wie die IFN-induzierte 3’-5’ Exonuklease ISG20, die spezifisch einzelsträngige RNA abbaut, oder P56, das an den eukaryontischen Translations-Initiationsfaktor 3e (eIF3e) bindet und die Translation generell inhibiert. Oder das Guanylat-Bindeprotein-1 (GBP-1), das ebenfalls antiviral wirkt.

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Die antiproliferative Aktivität:

1. Interferone!

•  Die bereits als antiviral wirksam beschriebenen Proteinsysteme 2'-5'(A)-Synthetase/RNaseL und PKR/eIF2α scheinen auch antiproliferative Effekte zu entfalten.

•  Typ-I-Interferone scheinen auch die Cyclin-abhängige CDK-2-Kinase zu inhibieren. Dieser wichtige Regulator des Zellzyklus vermittelt die Phosphorylierung des Retinoblastoma-Proteins (RB) und wirkt somit antiproliferativ.

•  In vitro konnte die antiproliferative Wirkung der Interferone u.a. dadurch bestätigt werden, dass beispielsweise Interferon alfa-2b das Wachstum menschlicher Osteosarkomzellen und das Wachstum der menschlichen Lymphozytenleukämiezelllinie RPMI-8402 zu 80 bis 100 % inhibiert.

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Die immunmodulierende Aktivität:

1. Interferone!

•  Interferone verstärken die Expression verschiedener Oberflächenproteine, z.B. das β2-Microglobulin, die MHC-I-Antigene und der Immunglobulin-G-Fc-Rezeptor (IgG-FcR).

•  Sowohl die Typ-I- als auch die Typ-II-Interferone können die Expression der MHC-I-Antigene stimulieren und damit die Reaktion der zytotoxischen T-Zellen verstärken.

•  Von IFN-γ ist bekannt, dass es die Bildung des Immunproteasoms induziert, das das normale zelluläre Proteasom ersetzt. Vermutlich beeinflusst IFN-γ darüber die Quantität, Qualität und das Repertoire der über MHC-I präsentierten Peptide und verstärkt dadurch die Reaktivität der CD8+-T-Zellen.

•  Nur IFN-γ, nicht die Typ-I-Interferone, kann die Expression von MHC-II-Molekülen steigern.

•  IFN-γ besitzt einen potenzierenden Effekt auf die Immungobulinsekretion von B-Zellen in der späten Phase der Immunantwort und induziert den Wechsel des Immunglobulin-Isotyps.

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Die immunmodulierende Aktivität:

1. Interferone!

•  Als eine Reaktion auf ein IFN-γ-Signal wird verstärkt IL-12 gebildet, das zusammen mit IFN-γ die Entwicklung von CD4+-T-Zellen in Richtung Th1-Zellen treibt. Gleichzeitig inhibiert IFN-γ das Wachstum von Th2-Zellen.

•  Zusammen mit anderen Lymphokinen kann Gamma-Interferon auch die Reifung und Proliferation von ruhenden B-Lymphozyten induzieren.

•  Es aktiviert reife Neutrophile und Monozyten/Makrophagen. •  Wahrscheinlich ist IFN-γ auch identisch mit einem (oder repräsentiert einen) der

so genannten Makrophagen-aktivierenden Faktoren (MAF). •  Schließlich inhibiert IFN-γ die Migration von Makrophagen und ist identisch mit

dem Migrations-inhibierenden Faktor oder MIF.

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Hepatitiden als Hauptindikation für rekombinante Alfa-Interferone:

2. Indikationen!für Alpha-Interferone!

Die Hauptindikation der rekombinanten Alfa-Interferon-Präparate ist zwischenzeitlich ganz eindeutig die Behandlung der chronischen Hepatitis C. Alfa-Interferone haben die Behandlung dieser schweren Infektionskrankheit revolutioniert.

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Hepatitis-Viren:

2. Indikationen!für Alpha-Interferone!

Von den bisher fünf bekannten Hepatitis-Viren sind die Hepatitis-Viren A (HAV), B (HBV) und C (HCV) von größter medizinischer Relevanz

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Hepatitis A

2. Indikationen!für Alpha-Interferone!

In Deutschland macht sie ca. 50 % aller viral bedingten Leberentzündungen aus, besonders weit verbreitet ist sie jedoch in Asien, Afrika, südlichen Mittelmeerländern und großen Teilen Osteuropas

HAV-Endemierate

Region Alter der Patienten [Jahre]

Wahrscheinlicher Übertragungsweg

Sehr hoch Afrika, Teile Südamerikas, des Mittlerer Osten und Südostasiens

Unter 5 Mensch-zu-Mensch, kontaminiertes Essen oder Wasser

Hoch Brasiliens Amazonasbecken, China, Lateinamerika

5 - 14 Mensch-zu-Mensch, kontaminiertes Essen oder Wasser

Mittel Süd- und Osteuropa, einige Regionen des Mittleren Osten

5 - 24 Mensch-zu-Mensch, kontaminiertes Essen oder Wasser

Niedrich Australien, USA, Westeuropa

5 - 40 Kontakt zu einer einzigen Quelle (nicht Mensch-zu-Mensch)

Sehr niedrich Nordeuropa, Japan Über 20 Exposition während Reisen in Hoch-Endemiegebieten, vereinzelte Fälle

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Hepatitis A

2. Indikationen!für Alpha-Interferone!

HAV gehört zur Gruppe der Picornaviren und hat eine einzelsträngige RNA von ca. 7500 Basen Länge in Plusstrangorientierung, d.h. das RNA-Molekül kann in der infizierten Zelle direkt als mRNA zur Proteinbiosynthese verwendet werden.

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Hepatitis A

2. Indikationen!für Alpha-Interferone!

HAV hat keine Lipidhülle, ist extrem widerstandsfähig gegenüber verschiedene Umwelteinflüsse und kann gut in kontaminiertem Trinkwasser, Meerwasser, Abwasser, Erde, Meeressediment überdauern. Es übersteht selbst eine Hitzebehandlung von 70°C für bis zu 10 min, eine 2-stündige Säurebehandlung bei pH 1 oder auch eine Inkubation mit 1% SDS-Lösung für 30 min bei 37°C recht unbeschadet. Inaktiviert wird das Virus durch Erhitzen auf 85°C oder Autoklavieren bei 121°C für 20 min bzw. auch durch UV-Bestrahlung. Das Virus wird mit dem Stuhl ausgeschieden und dann fäkal-oral über Schmutz- und Schmierinfektion weitergegeben. Eine Übertragung ist auch über verunreinigte Lebensmittel (rohe Meeresfrüchte, Eis, Obst, Salat), durch verschmutztes Trinkwasser und selten auch durch Blut und Speichel oder sexuellen Kontakt mit Erkrankten in der virämischen Phase möglich. Zwischen der HAV-Infektion und der akuten Erkrankung liegen etwa 15 bis 50 Tage (im Allgemeinen 25 bis 30 Tage). In etwa einem von tausend Fällen kommt es zu einem akuten Leberversagen mit hoher Sterblichkeit.

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Hepatitis A

2. Indikationen!für Alpha-Interferone!

Für die akute Hepatitis A gibt es keine besondere Behandlungsmöglichkeit abgesehen von symptomatischen Maßnahmen wie Bettruhe und Behandlung der Allgemeinsymptome. Eine aktive Schutzimpfung mit monovalentem Impfstoff bietet bereits nach der ersten Dosis einen ausreichenden Schutz nach ca. 12 bis 15 Tagen und kann wegen der relativ langen Inkubationszeit auch noch kurz vor Reiseantritt und sogar kurz nach der Exposition noch verabreicht werden. Niedriger dosierte Impfstoffe bzw. auch die Hepatitis-A/B-Kombinationsimpfstoffe bieten jedoch erst nach zwei bis drei Injektionen einen ausreichenden Schutz. Der Impfstoff besteht aus in vitro gezüchteten und anschließend mit Formalin inaktivierten Hepatitis-A-Viren und kann keine Infektion hervorrufen. Die Dauer des Impfschutzes beträgt im Allgemeinen mindestens 10 Jahre und kann durch die Bestimmung der Hepatitis-A-Antikörper (Bluttest) festgestellt werden.

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Hepatitis B

2. Indikationen!für Alpha-Interferone!

Die Hepatitis B gehört weltweit zu den häufigsten ansteckenden Krankheiten. Weltweit haben etwa 2 Milliarden Menschen eine HBV-Infektion durchgemacht und 5 bis 7% der Weltbevölkerung (ca. 350 Millionen Menschen) sind chronisch mit HBV infiziert. Jedes Jahr treten ca. 4 Millionen akute klinische Hepatitis-B-Fälle auf und jedes Jahr sterben ca. 1 Million Menschen an einer chronischen Hepatitis, Leberzirrhose oder Leberkarzinom. In der Bundesrepublik Deutschland ist bei 7 % der Gesamtbevölkerung anti-HBc als Merkmal einer durchgemachten HBV-Infektion nachweisbar. Davon sind 0,6 % (95% Vertrauensbereich 0,3 – 0,8%) chronische HBsAg-Träger. Dies entspricht 300.000 bis 650.000 Personen. Die Hepatitis B steht in Deutschland an zweiter Stelle (30 %) bei den viral bedingten Leberentzündungen.

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Hepatitis B

2. Indikationen!für Alpha-Interferone!

Die Hepatitis B wird durch das Hepatitis-B-Virus (HBV) verursacht, von dem mittlerweile acht verschiedene Genotypen (A – H) und acht HBsAg-Subtypen bekannt sind. HBV gehört zu den Hepatitis-DNA-Viren (Hepadnaviren) mit einem zirkulären und teilweise doppelsträngigen DNA-Genom und einer Lipidhülle und ist somit nicht mit HAV verwandt.

Der größte Leserahmen codiert für die Polymerase, die als Reverse Transkriptase und RNaseH fungiert und außerdem am N-Terminus die Sequenzen des terminalen Proteins trägt, das kovalent mit dem 5’-Ende des Minusstranges verknüpft wird. Der zweitgrößte Leserahmen codiert für die verschiedenen Formen des Oberflächenproteins HBsAg. Die anderen beiden Leserahmen codieren für das Capsid-Protein HBcAg und das sezernierte Protein HBeAg sowie für das so genannte X-Protein (HBx).