Seelische Störungen erkennen, verstehen, verhindern, · PDF fileBetrug, d. h. verführen, belügen, manipulieren, kurz: grenz-wertiges bis eindeutig kriminelles Verhalten zu Lasten

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    PSYCHIATRIE HEUTE

    Seelische Strungen erkennen, verstehen, verhindern, behandeln

    Prof. Dr. med. Volker Faust

    Arbeitsgemeinschaft Psychosoziale Gesundheit BETRGER Verfhren, Belgen, Manipulieren aus psychologischer Sicht

    Es gibt wenig in unserer Zeit und Gesellschaft, was so emprt - aber auch wtend und hilflos zugleich macht. Gemeint sind Betrug, Verfhrung, Lge, Manipulation, kurz: Tuschungs-Verbrechen. Und dies auch noch an den Hilf-loseren, oft auch lteren, Alleinstehenden, vom Leben ohnehin Benachteilig-ten. Deshalb stellt sich oft die Frage: Was sind das fr Menschen? Irgend-etwas muss doch - neben genetischen, wirtschaftlichen oder sonstigen Ein-flssen - diese Persnlichkeits-Entwicklung folgenschwer geprgt haben. Was wei also die Wissenschaft, vor allem die forensische Psychologie und Psy-chiatrie dazu zu sagen? Was sind die Motive, Hintergrnde, Gelegenheiten, am Schluss aber auch die folgenreichen Fehl-Entscheidungen, vor allem Fehleinschtzungen und damit das juristische Ende einer solchen Laufbahn? Und zuletzt: Kann man diese Menschen ndern, therapeutisch? Dazu eine kurz gefasste bersicht in Ergnzung zu mehreren greren Bei-trgen in dieser Serie.

    Erwhnte Fachbegriffe: Betrger Verfhrer Lgner Manipulierer Hochstapler Kriminelle Verbrecher Delinquenten Wirtschafts-Kriminelle white-collar-Tter Heiratsschwindler Phnomenologie der Betrger Betrgungs-Strategien Tter-Persnlichkeit Betrger als Menschen-Kenner strategische Betrugs-Geheimnisse Selbstwahrnehmung des Betrgers Realittswahrnehmung des Betrgers Ich-Ideal des Betrgers biographische Hintergrnde des Be-trgers Kindheit des Betrgers Instrumentalisierung durch Betrger Op-fer des Betrgers Opfer-Muster des Betrgers narzisstische Persnlich-keits-Strung und Betrger maligner Narzissmus bei Betrgern Therapie-Versuche von Betrgern Therapie-Erfolg bei Betrgern u.a.m.

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    Es ist nicht selten. Meist liest man es im Lokalteil der Tageszeitungen. Funk und Fernsehen kmmern sich um die Mehrzahl solcher Taten nicht. Da ms-sen andere Dimensionen oder ernstere politische, gesellschaftliche, wirtschaft-liche und hnliche Grnde gegeben sein. Und auch in den Tageszeitungen ist der Nachrichten-Umfang begrenzt, zumindest gemessen an den gemischten Informationen auf den nchsten Seiten. Was ist gemeint? Betrug, d. h. verfhren, belgen, manipulieren, kurz: grenz-wertiges bis eindeutig kriminelles Verhalten zu Lasten seiner Mitmenschen. Beeindruckt uns das sehr? In gewisser Weise schon, vor allem wenn einem die Opfer irgendwie bekannt vorkommen. Ansonsten aber hakt man es unter Alltag ab, unerfreulicher Preis bsartigen zwischenmenschlichen Verhaltens. Manchmal hat man Mitleid, manchmal sogar eigene Befrchtungen, zumindest ein ungutes Gefhl. Aber immerhin: Man ist wenigstens nicht selber betroffen. Und eine gewisse Mit-Schuld blau-ugiger, unvorsichtiger oder vielleicht so-gar gewinn-schtiger Opfer ist auch nicht auszuschlieen. Jetzt sind sie sicher schlauer, aber auch rmer und verbittert. Vielleicht trifft sies nicht so hart, hof-fentlich; vielleicht trifft es aber auch in gnadenloser Ungerechtigkeit hilflose, oft ltere Mitmenschen. Auf jeden Fall: Ein weiteres Beispiel fr: So schlecht knnen Menschen sein. Und das vor unserer Haustr, in einer doch ansons-ten "heilen Welt. Immer wieder ... Was liest man also immer wieder in der Presse, mal kurz und notwendigerwei-se unbeeindruckt sachlich, mal ausfhrlicher und mitleidig-mahnend zwischen den Zeilen? Dazu einige Stichworte: - Sein Auftreten beeindruckte die Opfer. - Charismatisch, durchsetzungsstark, vertrauens-erweckend, so beschrei-

    ben die Opfer den spteren Tter, bevor die ganze Fassade alle schockie-rend zusammenbricht, der Betreffende aber lngst ber alle Berge ist.

    - Ob Handwerker, Bauherren, Vermieter, Kufer, Pchter, Hndler, ja Insti-

    tutionen bis rauf zu bergeordneten Behrden sie alle haben sich durch das souverne Auftreten blenden lassen.

    - Jetzt kommt auch raus, dass er schon frher wegen Betrugs oder Insol-

    venz-Verschleppung verdchtigt wurde. - Zuvor aber war man beeindruckt, als erstes von den Rumlichkeiten, der

    verfgbaren Technik (das Neueste, auf dem letzten Stand), der architek-tonischen, vor allem innen-architektonischen Ausstattung, den scheinbar kleinen, aber sehr wohl ins Auge fallenden Annehmlichkeiten (Sthle, Ti-

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    sche, Kaffeemaschine u. a.). Und die Bewirtung, nicht aufdringlich, aber unbersehbar gediegen - grozgig.

    - Vor allem die EDV-Ausstattung, die Vernetzung, die Drucker, Computer,

    Laptops u. a., von der Grundausstattung ganz zu schweigen, die ja ohne-hin schon jeder selber hat.

    - Auch das Auftreten der Mitarbeiter beeindruckt: freundlich (heute nicht

    mehr selbstverstndlich), zuvorkommend, hflich, geschult-souvern zu Fragen, Antworten und Formulierungen, vor allem dem Chef (und spteren Haupt-Verantwortlichen) regelrecht ergeben, fast schon unterwrfig, auf jeden Fall an seiner Integritt und Professionalitt keinen Zweifel lassend. Man hatte einfach ein gutes Gefhl, fhlte sich wirtschaftlich abgesichert und gleich menschlich gut aufgehoben.

    - Und auch die anderen Kurz-Informationen, danach, nach der Ernchte-

    rung, Enttuschung, finanziellen Belastung oder gar Katastrophe, die glei-chen Zeitungs-Hinweise: Inzwischen wird er mit internationalem Haftbefehl gesucht. Das ist trstlich, bringt aber gar nichts. Zum einen wird ihm seine kriminelle Cleverness auch weiterhin helfen, durch die Maschen von Zoll, Polizei, Justiz und damit Gerechtigkeit zu schlpfen. Mittelsmnner, Ver-bindungsleute, alte Kumpels wird er haben (wenn er sie nicht selber schon misstrauisch gemacht oder einmal betrogen haben sollte). Vor allem seine Wesensart wird ihn lange Zeit, auf der Flucht zwar, aber letztlich unbehelligt bleiben lassen. Da muss schon Kommissar Zufall ein-greifen, um einen raffinierten, wenn auch international, d. h. weltweit agie-renden Kriminellen einzufangen. Und wie das schlielich vor Gericht aus-geht, das wei man auch aus alltglichen Berichten. Ein teurer Rechts-anwalt kann erstaunliches wenden, man muss ihn halt bezahlen knnen (Zitat).

    - Auch einiges weitere kann man den Zeitungsberichten entnehmen, hier

    nur eine Auswahl, kurz skizziert: Man hat sich nicht ber diese Firma ausreichend informiert, schlielich knne man als Handwerker oder Liefe-rant nicht jedem Kunden hinterher spionieren. Auerdem wurde man an-fangs(!) prompt bezahlt - zunchst. Irgendwann aber kamen dann die Zah-lungen nicht mehr regelmig. Schlielich blieben sie ganz aus. Das ist al-lerdings nichts Neues, das passiert immer hufiger. Fragt man andere, knnen die in der Regel keinen eindeutig(!) negativen Befund uern.

    - Dann der immer wieder gleiche Kommentar der Geschdigten: Im Grunde

    alles hochwertig, in guter Lage, renommierte Zulieferer auf allen Ebenen. Manche sind misstrauisch, aus Erfahrung. Sie verlangen Vorkasse. Auch hier ein Trick: Noch bevor sie mit ihrer Arbeit anfangen, ist das Geld schon da. Das kann frmlich Schuldgefhle auslsen: War man wirklich zu miss-trauisch, fast beleidigend skeptisch, wurde jetzt moralisch eines besseren

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    belehrt. Danach verlangt man keine Anzahlung mehr, das Vertrauen ist ja da. Dass die weiteren Zahlungen dann nicht mehr ganz so termingerecht laufen, nimmt man hin. Doch pltzlich kommt berhaupt kein Geld mehr.

    - hnliches luft bei Mietschulden fr Lagerhallen, Gerte, Fahrzeuge ab.

    Und das ist nur die handwerklich-wirtschaftliche Ebene. Wer spricht von den zahlreichen Opfern rein privat: Rentner, Witwen, Alleinstehende, Ehe-paare, am meisten wie erwhnt ltere, aber auch immer Jngere, so-gar Erfahrene im mittleren Lebensalter, der beruflich besten Zeit, also auch mit ausreichenden Informationsmglichkeiten versehen.

    Schlussfolgerung: Die kleinen, vor allem aber detaillierten Informationen aus der Tageszeitung bringen es durchaus auf den Punkt und vor allem: immer wieder. Doch das ndert nichts an der Sache. Betrger waren und sind ein Teil unserer Gesellschaft und werden es immer sein, ihr Unwesen treiben, ih-ren Schaden anrichten, souvern auftreten, auf Unwissenheit und blindes Ver-trauen bauend - und damit erfolgreich. Zumindest zeitlich begrenzt.

    Da stellt sich die Frage: Was sagt die Wissenschaft zu diesen Taten, d. h. Belgen, Verfhren, Manipulieren u. a.? Beispielsweise die Kriminologen, die (vor allem forensisch ttigen) Psychologen, die Psychiater, Nervenrzte, Psy-chotherapeuten, aber auch Soziologen, psychologisch geschulten Wirtschafts-wissenschaftler, die Coachs aus dem Management usw.? Dazu gibt es aus psychiatrischer, vor allem forensisch-psychiatrischer Sicht eine ganze Reihe von Beitrgen in dieser Serie, von der Pseudologia phan-tastica bis zum gewissenlosen Psychopathen. Wer sich hier einlesen will, kommt, zumindest was das notwendige Grundwissen anbelangt, auf seine des-illusionierenden Kosten - und verliert bisweilen den Glauben an die Mensch-heit. Letzteres sollte man aber nicht. Im Menschen kann alles versammelt sein, von der selbstlosen Hingabe bis zur bsartigen Betrugs-Strategie. Man sollte sich halt, wie gesagt, besser informieren. Und ein bisschen Glck gehrt natrlich im konkreten Fall auch dazu. Wobei das Glck erstaunlich oft eher den Infor-mierten zu Gute kommt, man kann es sich denken. Information frdert die dunkle Ahnung, das ungute Bauchgefhl, den sicheren Instinkt. Und schlielich die - trotz aller menschen-freundlicher Einstellung - realistische Er-fahrung, dass man den Bsen nicht allzu viel Gelegenheit zur Tat geben sollte. Also nochmals: Was sagt beispielsweise - in Ergnzung zu den angefhrten Kapiteln in dieser Serie - Frau Prof. Dr. Heidi Mller vom Institut fr Soz