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Selbstvermarktung im Beruf (Mikropolitik) – das Geheimnis des beruflichen Erfolgs? Zur Bedeutung Mikropolitischer Kompetenz Professur für Personal und Gender, Universität Hamburg Treffpunkt Beruf & Karriere 07.04.2016 Prof. Dr. Daniela Rastetter Universität Hamburg

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Selbstvermarktung im Beruf (Mikropolitik) – das Geheimnis des

beruflichen Erfolgs? Zur Bedeutung Mikropolitischer

Kompetenz

Professur für Personal und Gender,

Universität Hamburg

Treffpunkt Beruf & Karriere

07.04.2016

Prof. Dr. Daniela Rastetter

Universität Hamburg

1. Was ist Mikropolitik?

2. Mikropolitik und Berufserfolg

3. Vom mikropolitischen Handeln zur mikropolitischen Kompetenz

4. Handlungsfelder

5. Bereitschaft zu Mikropolitik

6. Eine aufstiegsmotivierte IT-Managerin – Fallbeispiel am Handlungsfeld Selbstdarstellung

7. Wodurch werden Frauen mikropolitisch erfolgreich(er)?

Vortragsübersicht

Professur für Personal und Gender,

Universität Hamburg

Treffpunkt Beruf & Karriere

07.04.2016

Ausgangspunkt: Beobachtung, dass „formal völlig

gleichrangige Personen ganz verschiedene Einflusspotenziale haben können“ (Bosetzky 1988, 28)

Verhalten und Handeln in Organisationen jenseits offizieller Organigramme

Mikropolitik galt in der Organisations- und

Managementforschung lange als pathologische Abweichung, ‚A Walk on the Dark Side‘, inzwischen differenziertere Sichtweise

Professur für Personal und Gender,

Universität Hamburg

1. Was ist Mikropolitik?

Treffpunkt Beruf & Karriere

07.04.2016

Mikropolitisch handelt, wer sich in der sozialen Interaktion

eigensinnig, bewusst und strategisch verhält, um „die eigenen

Interessen zu fördern und zu schützen“ (Blickle & Solga 2006, 636)

bzw. wer „durch die Nutzung Anderer in organisationalen

Unsicherheitszonen eigene Interessen verfolgt“ (Neuberger 2006,

18).

• Im mikropolitischen Handlungsalltag komplexes Geschehen,

weil alle AkteurInnen gleichzeitig Einflussversuchen von

anderen Personen ausgesetzt sind und noch allgemeiner

betrachtet X-AkteurInnen parallel mikropolitisch interagieren

Professur für Personal und Gender,

Universität Hamburg

Treffpunkt Beruf & Karriere

07.04.2016

1. Was ist Mikropolitik?

Professur für Personal und Gender,

Universität Hamburg

1. Was ist Mikropolitik?

Treffpunkt Beruf & Karriere

07.04.2016

Mikropolitische Perspektive auf das

Organisationsgeschehen

Mikropolitik als alltägliches

Phänomen im

Wettstreit um

knappe Ressourcen,

Organisation als

‚mikropolitische Arena‘

Kollektives Handeln und gegenseitige

Abhängigkeit

Existenz von Handlungsspielräumen

Interessen- und Machtorientierung

Akteursperspektive

Professur für Personal und Gender,

Universität Hamburg

Treffpunkt Beruf & Karriere

07.04.2016

1. Was ist Mikropolitik?

Spezifik Mikropolitischen Handelns

„Mikropolitisch handelt, wer durch das Nutzen Anderer eigene Interessen

verfolgt“ (Neuberger 2006, S. 18).

Mobbing?

Manipulation?

Soft Skills?

Unternehmer-tum?

• Explizites Verfolgen der

eigenen Interessen

• Muss nicht, kann aber auf

Kosten Anderer sein

(Neuberger 2006)

• Mit utilitaristischer Ethik

nicht vereinbar (Blickle

2002)

Klassikerstudie: Im Hinblick auf den Aufstieg ‚erfolgreiche‘ Manager setzen in ihrer Arbeit andere Prioritäten als im Hinblick auf die Arbeitsqualität ‚effektive’: Die Aufsteiger investieren viel Zeit und Energie in Networking, während die Effektiven einen Schwerpunkt auf Kommunikation legen (Luthans 1988)

Zu mikropolitischem Handeln im beruflich-organisationalen Kontext wird seit 30 Jahren ausgiebig geforscht

Üblicherweise analysierte mikropolitische Taktiken: Assertivität, Blockieren, Sanktionen, Tauschangebote, Einschmeicheln, Rationalität, Koalitionsbildung, höhere Instanzen einschalten, inspirierende Appelle, Konsultation, Legitimation, persönliche Appelle und Selbstdarstellung (Blickle 2004)

Professur für Personal und Gender,

Universität Hamburg

2. Mikropolitik und Berufserfolg

Treffpunkt Beruf & Karriere

07.04.2016

Mikropolitisches Handeln wirkt sich positiv aus auf: berufliche

Zufriedenheit, beruflichen Erfolg und Karriere, Beurteilung durch

Vorgesetzte und KollegInnen, Einkommen.

Mikropolitische Fähigkeiten haben aber auch lindernde Wirkung bei

beruflichen Rollenkonflikten und arbeitsbedingtem Stress!

Professur für Personal und Gender,

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2. Mikropolitik und Berufserfolg

Treffpunkt Beruf & Karriere

07.04.2016

Mikropolitisches Kompetenzmodell© (MKM)

3. Vom mikropolitischen Handeln zur Mikropolitischen Kompetenz

Fachkompetenz

Wissen um die Existenz und Bedeutung von Mikropolitik

Methodenkompetenz

Verfügen über mikropolitische Taktiken

Soziale Kompetenz

Umsichtige Berücksichtigung lokaler Normen

Selbstkompetenz

Integration mikropolitischen Handelns in Selbstkonzept

MKM

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07.04.2016

Professur für Personal und Gender,

Universität Hamburg

Mikropolitische Handlungsfelder

4. Handlungsfelder

Handlungs-felder

Vereinbarkeit/ WLB

Netzwerke

Emotionen

Selbst-darstellung

Unterneh-menskultur

Körperlichkeit

Verhältnis zu Macht

Treffpunkt Beruf & Karriere

07.04.2016

Professur für Personal und Gender,

Universität Hamburg

Inkongruenz der Emotionsregeln im Management und stereotyper

Emotionserwartungen an Frauen führen zu widersprüchlichen Anforderungen

Um erfolgreich zu sein, müssen (zukünftige) Managerinnen sich in der

Darstellung ihrer Emotionen strategisch verhalten, was besondere Fähigkeit zur

Emotionsregulation erfordert.

Für Frauen herrschen deshalb Emotionsregeln im Management in verstärktem Maß, da sie

gemäß herrschender Geschlechterstereotype als „emotional“ gelten

Gefühlsäußerungen werden geschlechtsspezifisch gedeutet, z.B. wird Aggressivität bei

Frauen als – negativ konnotierte – „Zickigkeit“ interpretiert, bei Männern als legitimer

Ausdruck von Unzufriedenheit oder Durchsetzungsstärke

Professur für Personal und Gender,

Universität Hamburg

4. Handlungsfelder

Treffpunkt Beruf & Karriere

07.04.2016

Emotionen

Das Verhältnis zu Macht weist aus der Perspektive von Frauen Geschlechterdifferenzen

auf – Ergebnisse aus der Gruppencoaching-Sitzung „Verhältnis zu Macht“:

Frauen: kritisches und/oder ambivalentes Verhältnis zu Macht

Männer werden als Gegenmodell des eigenen Erlebens und Handelns

wahrgenommen: Ihr mikropolitisches Machthandeln wird als skrupelloser, karriere-

und zielorientierter gedeutet. Frauen gehen davon aus, dass Männer Misserfolge

weniger persönlich nehmen und sie „besser“ in der (Selbst-)Darstellung von Macht

sind.

Mikropolitisch machtvolles Handeln ist nicht von allen Frauen ohne Weiteres ins

Selbstkonzept integrierbar

Verhältnis zu Macht

Professur für Personal und Gender,

Universität Hamburg

4. Handlungsfelder

Treffpunkt Beruf & Karriere

07.04.2016

Es besteht ein deutlicher Zusammenhang zwischen vorhandener Bereitschaft,

mikropolitisch zu handeln und tatsächlich realisiertem beruflichen Erfolg (Beförderung,

bessere Arbeitsbedingungen, mehr Budget etc.)

Die Bereitschaft mikropolitisch zu (inter-)agieren wird durch das Selbstkonzept und die

jeweilige Geschlechterrollenidentifikation beeinflusst

Frauen mit der niedrigsten Bereitschaft zu mikropolitischem Handeln verfügen über ein eng

mit weiblichen Geschlechterrollenstereotypen verknüpftes Selbstkonzept

Die – im Sinne von realisiertem Aufstieg – erfolgreichen Frauen agieren flexibler: Eigene

Ressourcen werden taktisch eingesetzt, Spielräume erschlossen, Netzwerke bewusst

geknüpft und genutzt

Strategisch-taktische Handlungen scheinen mit dem Selbstkonzept vereinbar

Im Vordergrund stehen: Offenheit, Experimentierfreude, Lust am Gewinn (von Macht)

Selbstkonzept, Bereitschaft zum mikropolitischen Handeln und

Geschlechterrollenidentifikation

Professur für Personal und Gender,

Universität Hamburg

5. Bereitschaft zu Mikropolitik

Treffpunkt Beruf & Karriere

07.04.2016

Professur für Personal und Gender,

Universität Hamburg

Sich strategisch,

taktisch, kalkuliert verhalten

Spielräume und günstige

Gelegenheiten nutzen

Gruppe A (größter Aufstiegserfolg)

Gruppe B (geringster Aufstiegserfolg)

Strategien sind „positives

kleines Add-on“, das „liebevoll

eingesetzt“ wird. (XXIX)

„gar nicht persönlich gemeint

oder so.“ (VIII)

„(…) durch die Aufteilung der

Bereiche habe ich natürlich

jemanden benachteiligt, aber

ich habe kein schlechtes

Gewissen dabei.“ (VIII)

„Ich finde das immer nicht

so schön und deshalb

mag ich es eigentlich

auch nicht bei anderen

machen.“ (XXVIII)

„(…) aus Machtgesichts-

punkten unfaire

Methoden legitimieren

(…) da würde ich nicht

mitmachen.“ (I)

Treffpunkt Beruf & Karriere

07.04.2016

5. Bereitschaft zu Mikropolitik

Professur für Personal und Gender,

Universität Hamburg

Menschen (auch) als Ressource betrachten

Nicht (immer)

authentisch sein

„Einen ausgeguckt, der

bei uns eine wichtige

Rolle spielt (…) Vorwand,

um an seinem Büro vorbei

zu kommen (…).“ (VIII)

„(…) jeder von uns nimmt

irgendeine Rolle ein.“

„(…), im Geschäft bin ich

auch mal ganz anders als

privat.“ (XXIX)

„(…) du darfst Andere ja

nicht ausnutzen, wenn

du die privat triffst und

das ist benutzen und

nicht nett.“ (I)

„(…) weil ich dann

eigentlich denke, meine

Güte, ob das dann auch

wirklich der Wahrheit

entspricht...“ (XXVIII)

Gruppe A (größter Aufstiegserfolg)

Gruppe B (geringster Aufstiegserfolg)

Treffpunkt Beruf & Karriere

07.04.2016

5. Bereitschaft zu Mikropolitik

Frau T., 36 Jahre alt, Dipl.-Informatikerin, Managerin in IT-U., ihr Team: 25 MA

Coachingbedarf: „Verhältnis zu Macht“ und „Selbstdarstellung“

Frau T. ist kein mikropolitischer Laie; sie wendet bereits mikropol. Strategien an. Z. B.: sich

sichtbar machen als Führungskraft, Schlüsselpersonen erkennen

Ziel: Aufstieg in die nächsthöhere Position vorbereiten

Analyseergebnis der Aufstiegshemnisse: aufgrund hoher Motivation und

Verantwortungsbereitschaft „zu gute Führung des Teams“; Vorgesetzter will Frau T. auf

Position halten und fördert deshalb keinen Aufstieg

Strategien: verstärkte Selbstdarstellung der Aufstiegsorientierung, MA-Gespräch mit

Vorgesetzten: ihn auf seine Verantwortung zur Aufstiegsförderung festlegen

Resultat: Chef schlägt sie für hochrangig besetzte Projektgruppe vor

6. Eine aufstiegsmotivierte IT-Managerin – Fallbeispiel am Handlungsfeld Selbstdarstellung

Professur für Personal und Gender,

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Treffpunkt Beruf & Karriere

07.04.2016

Sie sollten die Spielregeln in männlich dominierten „Kräfte- und Spielfeldern“ kennen, um am

Spiel teilhaben zu können bzw. um sich im Feld strategisch (neu) zu positionieren. Zum Beispiel

ist es für mikropolitisch erfolgreiches Handeln hilfreich, wenn sie…

…um den Zusammenhang von Managerideal, Gender und Emotionsregeln wissen

…karrierewirksame Selbstdarstellungsstrategien ausprobieren

…das persönliche Verhältnis zu Macht reflektieren.

Es ist nützlich, geschlechterstereotype Zuschreibungen und Selbstkonzepte zu kennen, diese

kritisch zu hinterfragen und neues (mikropolitisches) Verhalten auszuprobieren.

Es ist ratsam eine mikropolitische „Brille zu tragen“, um durch sie das Spiel der Anderen zu

sehen: Wer hat welche Interessen?

…und um gute Gelegenheiten zu erkennen: Welche Situationen dienen der eigenen

Selbstdarstellung als erfolgreiche Führungskraft?

7. Wodurch werden Frauen mikropolitisch erfolgreich(er)?

Professur für Personal und Gender,

Universität Hamburg

Treffpunkt Beruf & Karriere

07.04.2016

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Treffpunkt Beruf & Karriere

07.04.2016

Professur für Personal und Gender,

Universität Hamburg

Treffpunkt Beruf & Karriere

07.04.2016

Quellen

• Alt, R. (2005): Mikropolitik. In: Weik, E. / Lang, R. (Hrsg.): Moderne Organisationstheorien 1. Handlungsorientierte Ansätze (S. 295-328). Wiesbaden

• Cornils, D. (2011): Konkurrenz und Solidarität unter Frauen im Management. In: Themenheft der Zeitschrift Freie Assoziation. Das Unbewusste in Organisation und Kultur, Jg. 14, H. 3+4, S. 75-102

• Cornils, D. / Rastetter, D. (2012): „…und schon gar nicht Tränen einsetzen“: Gender, Emotionsarbeit und Mikropolitik im Management. In: Krell, G. / Reichel, K. / Rastetter, D. (Hrsg.): Geschlecht – Karriere – Organisation (S. 157-178). Berlin

• Blickle, G. (2004): Einflusskompetenz in Organisationen. Psychologische Rundschau, 55, 82-93.

• Edding, C. (2009): Die gute Herrschaft – Führungsfrauen und ihr Bild der Organisation. In. Fröse, M. M. /Szebel-Habig (Hrsg.): Mixes Leadership: Mit Frauen in die Führung. (S. 167-182). Bern

• Erpenbeck, J. / ; von Rosenstiel, L. (2003): Handbuch Kompetenzmessung. Stuttgart.

• Jüngling, Ch./Rastetter, D. (2012): Der berufliche Aufstieg ist politisch. In: Gruppentherapie und Gruppendynamik. Jg. 48, H. 3, S. 260-277.

• Mühlen-Achs, G. (2003): Wer führt? Körpersprache und die Ordnung der Geschlechter. München

• Neuberger, O. (2006): Mikropolitik und Moral in Organisationen. Herausforderung der Ordnung. Stuttgart.

• Schein, V. E./Mueller, R./Lituchy, T./Liu, J. (1996): Think manager – think male: A global phenomenon? Journal of Organisational Behavior, Jg. 17, H. 1, S. 33-41

• Rastetter, D. (2011): Da laufe ich auf einem Minenfeld. Emotionsarbeit von Frauen im Management. In: Hoyer, T./Beumer, U./Leuzinger-Bohleber, M. (Hg.): Jenseits des Individuums – Emotionen in der Organisation. Göttingen, S. 172-189

• Weber, M. (1972): Wirtschaft und Gesellschaft – Grundriss der verstehenden Soziologie. Tübingen.

Professur für Personal und Gender,

Universität Hamburg

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