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476 FACHINFORMATIONEN | Sicherung von Arbeitsstellen Straße und Autobahn 6.2015 SICHERUNG VON ARBEITSSTELLEN … bei der Absicherung mit Graben- und Schlauchbrücken Wolfgang Schulte In vielfältiger Form sind im Rahmen von Arbeitsstellen Überbrückungen von Grä- ben oder Hindernissen wie Kabel oder Rohre erforderlich. Verkehrsrechtlich gibt es dazu keine Vorgaben, denn dies sind keine Elemente der StVO und können da- mit gemäß § 45 Abs. 3 StVO nicht an- geordnet werden. Solche Überbrückungen sind somit auch nicht Bestandteil einer verkehrsrechtlichen Anordnung, soweit keine Beschilderung erforderlich ist. Ent- sprechende Maßnahmen sind allein Sache des Unternehmers im Rahmen seiner Ver- kehrssicherungspflicht. Überbrückung von Gräben im Bereich Fahrzeugverkehr Technische Vorgaben grundsätzlicher Art finden sich in den ZTV-SA 1 . ZTV-SA 5.10.7 Fahrzeug-Behelfsbrücken (1) Zur Aufrechterhaltung des Kfz-Ver- kehrs sind zur Überbrückung von Auf- grabungen, Baugruben usw. Behelfs- brücken einzusetzen. Die Brückenklasse ist abhängig von der zu erwartenden Belastung (z. B. Grundstücksausfahrt) und ggf. einer möglichen Umleitung des Schwerverkehrs festzulegen. Stahlbrü- cken sind rutschsicher zu gestalten. (2) Zur Überbrückung von kleineren Auf- grabungen (bis 1 m Breite, gemessen in Verkehrsrichtung) können auch Stahlplatten verwendet werden, die der erforderlichen Beanspruchungs- klasse (z. B. Brückenklasse 60) ent- sprechen müssen. Ist in diesem Fall die Stahloberfläche in Überfahrrich- tung nicht länger als 1 m, kann auf eine rutschsichere Oberfläche verzich- tet werden. Mehr Sicherheit und Qualität … Verfasseranschrift: Ltd. RDir. a. D. Dr.-Ing. W. Schulte Falltorstraße 5 D-51429 Bergisch Gladbach [email protected] Bild 1: Ordnungsgemäß verlegte und angerampte Stahlplatte Bild 4: Grundsätzlich ordnungsgemäße Fußgängerbrücken; im Beispiel rechts fehlen jedoch die Kennzeichnung der Brücke und die Absperrschranke (Leitbake ist auf Gehwegen unzulässig) Bild 3: Stahlplatte durch Unterlegkeile stabilisiert (laufende Kontrolle erforderlich) Bild 2: Gefährlich hochstehende Kante einer verbogenen Stahlplatte (4) Alle Brücken sind unverrückbar zu in- stallieren. Die Auflagerungslänge bei Verwendung von Stahlplatten muss beidseitig mindestens 20 cm betragen. (5) Die Oberkanten der Behelfsbrücken müssen bündig in die anschließenden Verkehrsflächen übergehen. Unver- meidbare Stufen bei Fahrzeug-Behelfs- brücken sind entsprechend der Fahr- geschwindigkeit anzurampen. Auf die Stufen ist durch Zeichen 112 hinzu- weisen (verkehrsrechtliche Anordnung

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FACHINFORMATIONEN | Sicherung von Arbeitsstellen

Straße und Autobahn 6.2015

SICHERUNG VON ARBEITSSTELLEN

… bei der Absicherung mit Graben- und SchlauchbrückenWolfgang Schulte

In vielfältiger Form sind im Rahmen von Arbeitsstellen Überbrückungen von Grä-ben oder Hindernissen wie Kabel oder Rohre erforderlich. Verkehrsrechtlich gibt es dazu keine Vorgaben, denn dies sind keine Elemente der StVO und können da-mit gemäß § 45 Abs. 3 StVO nicht an-geordnet werden. Solche Überbrückungen sind somit auch nicht Bestandteil einer verkehrsrechtlichen Anordnung, soweit keine Beschilderung erforderlich ist. Ent-sprechende Maßnahmen sind allein Sache des Unternehmers im Rahmen seiner Ver-kehrssicherungspflicht.

Überbrückung von Gräben im Bereich Fahrzeugverkehr

Technische Vorgaben grundsätzlicher Art finden sich in den ZTV-SA1.

ZTV-SA

5.10.7 Fahrzeug-Behelfsbrücken

(1) Zur Aufrechterhaltung des Kfz-Ver-kehrs sind zur Überbrückung von Auf-grabungen, Baugruben usw. Behelfs-brücken einzusetzen. Die Brückenklasse ist abhängig von der zu erwartenden Belastung (z. B. Grundstücksausfahrt) und ggf. einer möglichen Umleitung des Schwerverkehrs festzulegen. Stahlbrü-cken sind rutschsicher zu gestalten.

(2) Zur Überbrückung von kleineren Auf-grabungen (bis 1 m Breite, gemessen in Verkehrsrichtung) können auch Stahlplatten verwendet werden, die der erforderlichen Beanspruchungs-klasse (z. B. Brückenklasse 60) ent-sprechen müssen. Ist in diesem Fall die Stahloberfläche in Überfahrrich-tung nicht länger als 1 m, kann auf eine rutschsichere Oberfläche verzich-tet werden.

Mehr Sicherheit und Qualität …

Verfasseranschrift:Ltd. RDir. a. D. Dr.-Ing. W. SchulteFalltorstraße 5D-51429 Bergisch [email protected]

Bild 1: Ordnungsgemäß verlegte und angerampte Stahlplatte

Bild 4: Grundsätzlich ordnungsgemäße Fußgängerbrücken; im Beispiel rechts fehlen jedoch die Kennzeichnung der Brücke und die Absperrschranke (Leitbake ist auf Gehwegen unzulässig)

Bild 3: Stahlplatte durch Unterlegkeile stabilisiert (laufende Kontrolle erforderlich)

Bild 2: Gefährlich hochstehende Kante einer verbogenen Stahlplatte

(4) Alle Brücken sind unverrückbar zu in-stallieren. Die Auflagerungslänge bei Verwendung von Stahlplatten muss beidseitig mindestens 20 cm betragen.

(5) Die Oberkanten der Behelfsbrücken müssen bündig in die anschließenden

Verkehrsflächen übergehen. Unver-meidbare Stufen bei Fahrzeug-Behelfs-brücken sind entsprechend der Fahr-geschwindigkeit anzurampen. Auf die Stufen ist durch Zeichen 112 hinzu-weisen (verkehrsrechtliche Anordnung

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Sicherung von Arbeitsstellen | FACHINFORMATIONEN

Straße und Autobahn 6.2015

Bild 6: Kritische Lagerung einer sonst ordnungs-gemäßen Fußgängerbrücke

Bild 7: Seitliche Absturzsicherungen fehlen; Leitbaken im Gehwegbereich unzulässig

erforderlich). Bei Stufen von mehr als 25 mm ist eine verkehrsrechtliche An-ordnung über eine Geschwindigkeitsbe-schränkung einzuholen.

Danach ist der Einsatz von Stahlplatten möglich (Bild 1). Die Verantwortung hin-sichtlich Tragfähigkeit, gefahrloser Über-fahrbarkeit (Bild 2) und Lagestabilität trägt der Unternehmer. Hierbei sind insbesonde-re die Lager auf unebenen Straßenoberflä-chen sorgfältig zu sichern (Bild 3).

Überbrückung von Gräben im Bereich von Fuß- und Radwegen

Im Gehwegbereich sind Überbrückungen für einen Fußgänger in der Regel zwar gut zu erkennen und hinsichtlich vorhandener Gefahren leicht einzuschätzen (s. nachfol-gende Urteile). Dennoch sollten sie sorg-fältig ausgeführt werden, um insbesondere Stolperstellen möglichst gering zu hal-ten. Auch hierzu werden in den ZTV-SA grundsätzlich Aussagen getroffen.

ZTV-SA

5.10.8 Fußgänger-Behelfsbrücken

(1) Bei Aufgrabungen vor Hauseingängen oder quer zur Gehrichtung und in Be-reichen, wo durch unebene oder lose Untergründe eine Stolper- oder Ab-sturzgefahr besteht, sind Behelfsbrü-cken für Fußgänger vorzusehen.

(2) Fußgängerbrücken müssen auch für Radfahrer, Rollstuhlfahrer und Blinde geeignet sein.

(3) Bei kleineren Aufgrabungen sowie lo-sen oder unebenen Untergründen kön-nen als Boden auch Stahlplatten ver-wendet werden.

(4) Fußgängerbrücken müssen Absturz-sicherungen gemäß DIN 4420, Teil 1 haben, bestehend aus einem glatten, grat- und splitterfreien Geländerholm in 1 m Höhe, einem Zwischenholm in

500 mm Höhe und einem Bordbrett von 250 mm Höhe oder, in Abwei-chung von DIN 4420, Teil 1, einer Tastleiste für Blinde in Form einer Absperrschranke von 100 mm Höhe (Unterkante in 150 mm Höhe). Die Holme müssen eine rot-weiß-rote (Fo-lie Bauart Typ 1 nach DIN 67520, Teil 2) oder leuchtorange (RAL 2005)-wei-ße Sicherheitskennzeichnung besitzen. Als Holme können auch Absperr-schranken verwendet werden.

(5) Die lichte Breite der Fußgängerbrücken muss mindestens 1 m betragen.

(6) Auf Gehwegen mit hoher Verkehrs-stärke sowie in Fußgängerstraßen und -zonen sind ggf. entsprechend breite-re oder mehrere Behelfsbrücken in der Leistungsbeschreibung zu vereinbaren.

(7) Die Bodenbeläge dürfen keine Längsfu-gen von mehr als 10 mm Breite aufwei-sen. Absätze von mehr als 15 mm sind anzurampen.

(8) Rutschsichere Oberflächen sind in der Leistungsbeschreibung zu vereinbaren.

Danach ist grundsätzlich der Fußgänger-brücke nach Abs. 4 der Vorzug zu geben (Bild 4). Die Verwendung von Brettern und Schaltafeln ist jedoch ebenfalls möglich (Bild 5), soweit sie stabil aufgelagert wer-den (Bild 6) und rutschsicher sind. Fugen sollten möglichst gering gehalten werden. Sicherungen gegen seitlichen Absturz sind vorzusehen (Bild 6).

Urteile:

– Insbesondere im Bereich einer Baustel-le ist mit dem Auftreten derartiger Un-ebenheiten – hier Niveauunterschied von zwei Zentimetern – verstärkt zu rechnen, sodass Gehwegbenutzer schon deshalb gehalten sind, ihren beabsichtigten Weg besonders in Augenschein zu nehmen.2

– Insbesondere bei einer Baustelle neben einem Bürgersteig ist der Wegbenutzer

gehalten, auf Vertiefungen und Ver-schmutzungen des Bürgersteigs zu ach-ten. Unterlässt er dies, kann er sich nicht auf Verletzung von Verkehrssicherungs-pflichten berufen.3

– Unebenheiten und Niveauunterschie-de auf Straßen, Plätzen und Gehwegen müssen Fußgänger in gewissem Um-fang hinnehmen. Eine Verkehrssiche-rungspflicht ist in der Regel erst dann gegeben, wenn auch für den aufmerk-samen Fußgänger eine Gefahrenlage völlig überraschend eintritt und nicht ohne Weiteres erkennbar ist. Niveau-unterschiede in der Größenordnung von 4–5 cm sind hinnehmbar, wenn diese für den Fußgänger bei der gebotenen Auf-merksamkeit erkennbar sind.4

– Wird in einer Baustelle eine Schaltafel ausgelegt, um die Überquerung eines 30 cm tiefen Grabens zu erleichtern, so hat man gegen den Baustellenbetreiber keine Schadensersatzansprüche, wenn man auf ihr ausrutscht, weil sie nass ist, sofern zu erkennen ist, dass sie nass und infolgedessen rutschig ist, und der Graben auch ohne diese „Brücke“ durch-quert werden kann.5

Bild 5: Grundsätzlich mögliche Überbrückung (Stolperstellen etwas kritisch)

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FACHINFORMATIONEN | Sicherung von Arbeitsstellen

Straße und Autobahn 6.2015

Überbrückung von Kabeln und Rohren im Fahrbahnbereich

Zur Überführung von Kabeln oder Roh-ren über die Fahrbahn fi nden sich keine technischen Vorgaben. Im Regelfall gibt es zwei Möglichkeiten:

– Kurzzeitig ist eine Führung über die Fahrbahn selbst möglich. Dabei sind Schlauch- bzw. Rohrbrücken z. B. nach DIN 148206 einzusetzen.

– Längerfristig sollten Kabel und Rohre mithilfe entsprechender Behelfsbrücken über der Fahrbahn geführt werden. Da-bei ist dauerhaft eine Durchfahrtshöhe von mindestens 5 m bei Rohren sowie Kabeln bis 42 Volt und von 6 m bei Ka-beln mit mehr als 220 Volt zu gewähr-leisten.7

Bild 8: Beispiel für eine Rohr- und Kabelbrücke im Fahrbahnbereich (gifas electric GmbH)

Bild 10: Beispiel für Rohr- und Kabelbrücke im Fahrbahnbereich

Bild 9: Behelfsbrücke ohne Behinderung des Verkehrs

1 Bundesministerium für Verkehr, Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtli-nien für Sicherungsarbeiten an Arbeitsstellen an Straßen, ZTV-SA 97, FGSV-Verlag, Köln

2 OLG Düsseldorf, Urteil v. 16.11.1995, Az. 18 U 99/95

3 OLG Düsseldorf, Urteil v. 16.2.1995, Az. 18 U 130/94

4 OLG Saarbrücken, Urteil v. 10.1.2012 (ähn-lich: OLG München, Urteil v. 4.5.2012)

5 OLG Bamberg, Urteil v. 1.9.2008, Az. 5 U 141/08

6 DIN 14820-1:2015-09 Schlauchbrücken – Teil 1: Schlauchbrücken aus Holz

7 ZTV-SA, Abs. 6.7 Aufstellen von transportab-len Lichtsignalanlagen (6)

8 ZTV-SA, Abs. 5.10.12 Schutzdächer9 AG Köln, Az. 261 C 118/02

Überbrückung von Kabeln und Rohren im Geh- und Radwegbereich

Auch die Führung von Kabeln und Rohren im Geh- und Radwegbereich ist grundsätz-lich nicht geregelt. Wieder sind zwei Lö-sungen möglich:

– Kurzzeitig ist eine Führung am Boden in der Regel unter Verwendung von Kabel- bzw. Rohrbrücken möglich (Bild 10).

– Bei langfristig erforderlichen Überfüh-rungen sind auch hier Tunnel oder Be-helfsbrücken einzusetzen. Die Durchlass-höhe sollte in Anlehnung an Regelungen der ZTV-SA8 über Geh- und Radwegen mindestens 2,2 m betragen (Bild 9).

Dieser Beitrag ist Teil einer Fortset-zungsreihe, die auch weiter fortgeführt wird.

Bisher veröff entlichte Beiträge fi nden Sie im Internet unter: www.strasse-und-autobahn.de Rubrik: Sicherung von Arbeitsstellen

Urteil:

– Werden an mehreren Stellen Kabel über den Radweg mit Kabelbrücken und schwarz-gelbem Klebeband gekennzeich-net, fehlt jedoch bei einer das Klebeband, so ist der Unternehmer voll schadener-satzpfl ichtig, wenn ein Radfahrer das Kabel im Dunkeln trotz eingeschalte-ter Fahrradbeleuchtung nicht gesehen hat und darüber stürzte. Auch wenn das Schild „unebene Fahrbahn“ (Z. 112 StVO) aufgestellt war, musste der Radfahrer nicht mit „getarnten Kabeln“ rechnen.9

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Wiederverwendung

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und Verkehrsingenieure und der Österreichischen Forschungsgesellschaft Straße · Schiene · Verkehr

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