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Journal of Orofacial Orthopedics Fortschritte der Kieferorthop~idie Urban & Vogel Mtinchen Klinische Untersuchung Skelettale und dentoalveol ire Veriinderungen nach Extraktion der zweiten Molaren im Oberkiefer A. Stellzig, E. K. Basdra, G. Komposch 1 U nbestritten ist heutzutage, dab die Extraktion bleibender Z~hne als not- wendiger Bestandteil der kieferorthop~idi- schen Therapie angesehen werden mug. Die Streitfrage konzentiert sich nunmehr auf die Wahl der zu extrahierenden Z~_rle und auf den richtigen Zeitpunkt der Ex- traktion. Bereits 1939 [8] wurde die Siebener- extraktion als Alternative zur Pr~imolaren- extraktion Vorgeschlagen. Trotzdem zeigt die ~iugerst geringe Anzahl wissenschaft- licher Nachuntersuchungen eine Zurtick- hahung gegentiber dieser Therapiewahl, obwohl betr~ichtliche Vorteile in der Extraktion oberer zweiter Molaren gegen- tiber der Pr/imolarenextraktion beschrie- ben wurden [3, 12-15, 24]: -HShere Stabilit~it des Behandlungser- gebnisses, - Neutralverzahnung der Sechs-Jahr-Mo- laren, - geringere Gefahr der LtickenOffnung im Bereich der extrahierten Z~ihne, - verbesserte Achsenstellung der ZShne, - effizientere Reduktion eines tiefen Bis- ses, - keine tiberm~igige Retrusion der Front und somit geringere Beeintr/ichtigung des Profils, - Vermeidung impaktierter dritter Mola- ten, - bessere funktionelle Ergebnisse, - verkiirzte festsitzende Behandlungszeit. Als Nachteile der Siebenerextraktion wur- den der gr6gere Verlust von Zahnsubstanz und eine m6glicherweise ungentigende Gr613e und Form der dritten Molaren ebenso genannt wie die Notwendigkeit einer betrfichtlichen Kooperation yon sei- 1Poliklinik ftir Kieferorthopfidie der Klinik fiir Mund-, Zahn- und Kieferkrankheiten der Univer- sitfit Heidelberg. EndgfiltigeAnnahmedes Manuskripts: 22. l 1.1995, Zusammenfassung. Im Rahmen dieser Studie wurden die Behandlungsergeb- nisse nach Extraktion der oberen zweiten Molaren untersucht. Diese Therapie- form wurde bei Patienten mit einer Distalverzahnung, horizontalem Wachstums- muster bzw. Gesichtssch&delaufbau und Tiefbil3 gew&hlt, wenn eine Extraktion zum Erreichen einer Neutralverzahnung unumg~inglich war. Ziel dieser Unter- suchung war daher, den Einfluf~ der Siebenerextraktion auf den vertikalen Uber- bir3 zu pr~fen und zu analysieren, wie eine Korrektur der Bil}stellung erreicht wer- den konnte. Zu diesem Zweck wurden sowohl die pr~.- und posttherapeutischen Kiefermodelle von 25 Patienten mit 48 extrahierten oberen zweiten Molaren ver- messen als auch deren Fernr6ntgenseitenbilder entsprechend 0berlagert und die skelettalen und dentoalveol&ren Ver~.nderungen im Ober- und Unterkiefer bestimmt. Der Overbite konnte im Durchschnitt von 4,7 mm auf 2,7 mm reduziert werden. Keiner der Patienten zeigte posttherapeutisch eine Bii3senkung. Trotz zum Tell erheblicher pr~ttherapeutischer Distalbi6stellung konnte bei 92% tier Patienten eine Neutralverzahnung erzielt werden. Die Korrektur der Okklusion wurde prim~irdurch Distalisation tier oberen ersten Molaren erreicht. Weiterhin trugen sowohl eine Mesialwanderung der unteren ersten Molaren, skelettale Ver- b, nderungen im Unterkiefer als auch die Hemmung des Oberkieferwachstums zur Einstellung einer Neutralverzahnung bei. ten des Patienten, da fern vom Engstand extrahiert wird. Zudem kann eine unbe- friedigende Einstellung der dritten Mola- ren eine erneute festsitzende Behandlung erfordern [6, 7, 12, 16, 23]. Die Mehrzahl der Publikationen zur Siebenerextraktion bezieht sich auf die Entfernung oberer und unterer zweiter Molaren [6, 7, 9, 17, 19, 23-25]. Die alleinige Extraktion der oberen Siebener ist die Ausnahme [1, 2, 8, 10, 11, 20, 22]. Indikation f(ir Extraktion der zweiten Molaren im Oberkiefer Die Indikation far die Extraktion oberer Siebener sehen wir bei Patienten mit einer skelettalen KlasseII als dentoalveol~ire Kompensation der Anomalie, wenn eine Bif3verschiebung aufgrund eines abge- schlossenen Wachstums nicht mehr m6g- lich oder wegen eines prognathen Einbaus des Oberkiefers und nahezu normogna- then Einbaus des Unterkiefers nicht an- gezeigt ist, Dies trifft zu flit Patienten mit einer Angle-Klasse II 1, II 2 bzw. bei An- omalien mit sekundSren Engst~inden im Oberkiefer in Kombination mit horizon- talem Wachstumsmuster/Gesichtsschfidel- aufbau, Tiefbig und guter fazialer ~,sthe- tik [1, 2, 13, 20]. Voraussetzung ftir die Extraktion der oberen zweiten Molaren ist jedoch die Anlage aller Oberkieferz~hne, ein- schlieglich der oberen Weisheitsz~hne, die zudem eine normale Gr6f3e und Form ihrer Krone besitzen mtissen. Da auf eine Extraktion im Unterkiefer verzichtet wird, daft dieser weder Engst~inde noch eine ausgepr~igte Spee'sche Kurve bzw. Labialstellung der unteren Frontz~ihne aufweisen. Therapieschema und Patientenvorstellung In /,)bereinstimmung mit Magness [16] sehen wir als gtinstigsten Extraktions- 288 J. orofac. Orthop./Fortschr. Kieferorthop, 57 (1996), 288 - 297 (Nr. 5)

Skelettale und dentoalveoläre Veränderungen nach Extraktion der zweiten molaren im oberkiefer

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Journal of Orofacial Orthopedics Fortschritte der Kieferorthop~idie �9 Urban & Vogel Mtinchen

Klinische Untersuchung

Skelettale und dentoalveol ire Veriinderungen nach Extraktion der zweiten Molaren im Oberkiefer A. Stellzig, E. K. Basdra, G. Komposch 1

U nbestritten ist heutzutage, dab die Extraktion bleibender Z~hne als not-

wendiger Bestandteil der kieferorthop~idi- schen Therapie angesehen werden mug. Die Streitfrage konzentiert sich nunmehr auf die Wahl der zu extrahierenden Z~_rle und auf den richtigen Zeitpunkt der Ex- traktion.

Bereits 1939 [8] wurde die Siebener- extraktion als Alternative zur Pr~imolaren- extraktion Vorgeschlagen. Trotzdem zeigt die ~iugerst geringe Anzahl wissenschaft- licher Nachuntersuchungen eine Zurtick- hahung gegentiber dieser Therapiewahl, obwohl betr~ichtliche Vorteile in der Extraktion oberer zweiter Molaren gegen- tiber der Pr/imolarenextraktion beschrie- ben wurden [3, 12-15, 24]:

- H S h e r e Stabilit~it des Behandlungser- gebnisses,

- Neutralverzahnung der Sechs-Jahr-Mo- laren,

- geringere Gefahr der LtickenOffnung im Bereich der extrahierten Z~ihne,

- verbesserte Achsenstellung der ZShne, - effizientere Reduktion eines tiefen Bis-

ses, - keine tiberm~igige Retrusion der Front

und somit geringere Beeintr/ichtigung des Profils,

- Vermeidung impaktierter dritter Mola- ten,

- bessere funktionelle Ergebnisse, - verkiirzte festsitzende Behandlungszeit.

Als Nachteile der Siebenerextraktion wur- den der gr6gere Verlust von Zahnsubstanz und eine m6glicherweise ungentigende Gr613e und Form der dritten Molaren ebenso genannt wie die Notwendigkeit einer betrfichtlichen Kooperation yon sei-

1Poliklinik ftir Kieferorthopfidie der Klinik fiir Mund-, Zahn- und Kieferkrankheiten der Univer- sitfit Heidelberg.

Endgfiltige Annahme des Manuskripts: 22. l 1.1995,

Zusammenfassung. Im Rahmen dieser Studie wurden die Behandlungsergeb- nisse nach Extraktion der oberen zweiten Molaren untersucht. Diese Therapie- form wurde bei Patienten mit einer Distalverzahnung, horizontalem Wachstums- muster bzw. Gesichtssch&delaufbau und Tiefbil3 gew&hlt, wenn eine Extraktion zum Erreichen einer Neutralverzahnung unumg~inglich war. Ziel dieser Unter- suchung war daher, den Einfluf~ der Siebenerextraktion auf den vertikalen Uber- bir3 zu pr~fen und zu analysieren, wie eine Korrektur der Bil}stellung erreicht wer- den konnte. Zu diesem Zweck wurden sowohl die pr~.- und posttherapeutischen Kiefermodelle von 25 Patienten mit 48 extrahierten oberen zweiten Molaren ver- messen als auch deren Fernr6ntgenseitenbilder entsprechend 0berlagert und die skelettalen und dentoalveol&ren Ver~.nderungen im Ober- und Unterkiefer bestimmt. Der Overbite konnte im Durchschnitt von 4,7 mm auf 2,7 mm reduziert werden. Keiner der Patienten zeigte posttherapeutisch eine Bii3senkung. Trotz zum Tell erheblicher pr~ttherapeutischer Distalbi6stellung konnte bei 92% tier Patienten eine Neutralverzahnung erzielt werden. Die Korrektur der Okklusion wurde prim~ir durch Distalisation tier oberen ersten Molaren erreicht. Weiterhin trugen sowohl eine Mesialwanderung der unteren ersten Molaren, skelettale Ver- b, nderungen im Unterkiefer als auch die Hemmung des Oberkieferwachstums zur Einstellung einer Neutralverzahnung bei.

ten des Patienten, da fern vom Engstand extrahiert wird. Zudem kann eine unbe- friedigende Einstellung der dritten Mola- ren eine erneute festsitzende Behandlung erfordern [6, 7, 12, 16, 23]. Die Mehrzahl der Publikationen zur Siebenerextraktion bezieht sich auf die Entfernung oberer und unterer zweiter Molaren [6, 7, 9, 17, 19, 23-25]. Die alleinige Extraktion der oberen Siebener ist die Ausnahme [1, 2, 8, 10, 11, 20, 22].

Indikation f(ir Extraktion der zweiten Molaren im Oberkiefer

D i e Indikation far die Extraktion oberer Siebener sehen wir bei Patienten mit einer skelettalen KlasseII als dentoalveol~ire Kompensation der Anomalie, wenn eine Bif3verschiebung aufgrund eines abge- schlossenen Wachstums nicht mehr m6g- lich oder wegen eines prognathen Einbaus des Oberkiefers und nahezu normogna- then Einbaus des Unterkiefers nicht an-

gezeigt ist, Dies trifft zu flit Patienten mit einer Angle-Klasse II 1, II 2 bzw. bei An- omalien mit sekundSren Engst~inden im Oberkiefer in Kombination mit horizon- talem Wachstumsmuster/Gesichtsschfidel- aufbau, Tiefbig und guter fazialer ~,sthe- tik [1, 2, 13, 20].

Voraussetzung ftir die Extraktion der oberen zweiten Molaren ist jedoch die Anlage aller Oberkieferz~hne, ein- schlieglich der oberen Weisheitsz~hne, die zudem eine normale Gr6f3e und Form ihrer Krone besitzen mtissen. Da auf eine Extraktion im Unterkiefer verzichtet wird, daft dieser weder Engst~inde noch eine ausgepr~igte Spee'sche Kurve bzw. Labialstellung der unteren Frontz~ihne aufweisen.

Therapieschema und Patientenvorstellung

In /,)bereinstimmung mit Magness [16] sehen wir als gtinstigsten Extraktions-

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Clinical Investigation

Skeletal and Dentoalveolar Changes after Extraction of the Second Molars in the Upper Jaw A. Stellzig, E. K. Basdra, G. Komposch t

T oday there is no doubt that extraction of permanent teeth is regarded as an

integral part of orthodontic treatment. What needs to be decided is which teeth to extract and when to extract them.

It was as early as in 1938 [8] that extrac- tion of second permanent molars was suggested as an alternative to extraction of premolars. Nevertheless, the ex- tremely small number of scientific stud- ies reflects a certain scepticism towards this therapy, although considerable ad- vantages in the extraction of upper sec- ond molars are listed [3, 12-15, 24]. These include

- higher stability of treatment results, - class I relationship of first molars, - smaller risk of residual spaces in the

areas of extracted teeth, - improved axial position of teeth, - more efficient reduction of deep over-

bite, - no excessive retrusion of anterior teeth

and hence less impairment of profile, - avoidance of impacted third molars, - better functional results, - shortened period of fixed appliances.

A number of disadvantages of second molars extraction have been pointed out: greater loss of tooth substance, possibly insufficient size and form of third mo- lars, and the need for considerable coop- eration on the part of the patient since the extraction is to be carried out far away from the crowding [6, 7, 12, 16, 23].

Moreover, an unsatisfactory axial inclina- tion of the third molars may require fur- ther fixed-appliance treatment. Most pub-

J Poliktinik ftir Kiefer0~hopfidie der Klinik ftir Mund-, Zahn- und Kieferkrankheiten der Univer- si~it Heidelberg.

Acceptance of Manuscript: 22. 11. 1995.

Summary. The aim of this study was to evaluate treatment results after extrac- tion of maxillary second molars. Since this therapy was chosen in patients with class II malocclusion, deep overbite and counterclockwise growth pattern, its effects on overbite and correction of the malocclusion were examined. For this purpose pre- and post-treatment models of 25 patients with 48 extracted upper second molars were measured and lateral cephalograms were appropriately superimposed in order to determine maxillary and mandibular skeletal and den- toalveolar changes. Our results indicate an average overbite reduction from 4.7 mm to 2.7 ram. None of the patients showed a posttreatment overbite increase. Despite the considerable initial Class II relation in many cases, a Class I occlusion was achieved in 92% of the patients. Primarily, the correction was achieved by distalisation of the upper first molars. Furthermore, the mesial migration of the lower first molars, skeletal changes in the lower jaw, and the growth inhibition in the upper jaw contributed to the correction of the class II mal- occlusion.

lications on the extraction of second per- manent molars deal with removal of upper and lower second molars [6, 7, 9, 17, t9, 23-25]. Sole extraction of upper second molars is the exception [1, 2, 8, 10, 11, 20, 221.

molars included. The crowns of the latter must have a normal size and form. As ex- tractions are not performed in the lower jaw, the latter must not exhibit a signifi- cant curve of Spee or labially positioned anterior teeth.

Indication for Extraction of Second Molars in the Upper Arch

The extraction of upper second molars is indicated for patients with skeletal class II malocclusion as a dentoalveolar com- pensation in those cases where jumping of the bite is either no longer possible (i. e. after cessation of growth) or not rec- ommended because of a prognathic max- illa and almost correct anteroposterior positioning of the mandible. This refers to class II division 1 and division 2 pa- tients or to anomalies characterized by secondary crowding in the maxilla i,, conjunction with horizontal growth chm- acteristics, deep overbite and good facial aesthetics [1, 2, 13, 20].

However, one prerequisite for the extrac- tion of upper second molars is the exis- tence of all teeth in the upper jaw, third

Treatment Procedure and Case Presentation

In accordance with:Magness [16] we consider the most favourable extraction time to be when the third molars have reached the level of the cemento-enamel junction of the second molars. Usually early eruption of the third upper molars follows. After extraction of the upper second molars , headgear with cervical traction is inserted, and the first molars are distalized with light forces ( 2 - 3 N). A correct class I molar relationship can normally be achieved after three to six months. In most cases simultaneous dis- talization of the premolars occurs due to transseptal fibres. Since supra-eruption of lower second molars may occur until class I relationship has been achieved, this should be avoided either by distal- ization (headgear) immediately after ex- traction or by insertion of a lower plate

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Stellzig Basdra, Komposch." $iebenerextraktion im Oberkiefer

Abbildung l a - Figure la Abbildung l b - Figure lb

Abbildung 1 a uml lb. Oberkiefer (a) und Unterkiefer (b) zu Beginn der Behandlung.

Figure l a and lb. Upper ( a) and lower (b) jaw at beginning of treatment.

Abbildung 2a - Figure 2a Abbildung 2b - Figure 2b

Abbildung 2a umt 2b. Okktusion bei Behandlungsbeginn.

Fieure 2a and 2b. Occlusion at beginning of treatment.

Abbildung 3. Fernrb'ntgenseitenanalyse zu Beginn der Behandlung.

Figure 3. Cephalometric analysis at beginning of treatment.

zeitpunkt, wenn sich die Weisheitsz/ihne auf Hrhe der Schmelz-Zement-Grenze der Siebener befinden. In der Regel

kommt es daraufhin zum frtihzeitigen Durchbruch der dritten oberen Molaren. Nach Extraktion der oberen zweiten Mo- laren wird ein Headgear mit zervikaler Zugrichtung eingegliedert, und die Sechs-Jahr-Molaren werden mit leichten Kr/iften (2 bis 3 N) distalisiert. Eine kor- rekte Klasse-I-Verzahnung im Molaren- bereich kann in der Regel nach drei bis sechs Monaten erreicht werden. In den meisten FNlen ist eine gleichzeitige Di- stalisation der Pr/imolaren aufgrund des transseptalen Faserverlaufs festzustellen. Da bis zum Erreichen der Neutralverzah- hung eine Elongation der unteren zwei- ten Molaren mrglich ist, soltte diese Ge- fahr einerseits durch eine baldige Head- gear-Distalisation nach Extraktion, ande- rerseits durch Eingliederung einer Unterkieferplatte mit okklusalen Aufla- gen ftir die Siebener bzw. einer festsit- zenden Behandlung im Unterkiefer ver- mieden werden. Im Anschlul3 an die Headgear-Distalisation erfolgt die Fein- ausformung mit einer festsitzenden Ap- paratur.

Im folgenden wird eine 14jfihrige Patien- tin mit einer Angle-Klasse II 1 vorgestellt. Zu diesem Zeitpunkt waren bis auf die dritten Molaren alle Z~ihne in Okklusion durchgebrochen. Die Modellanalyse ergab Platzmangel im Bereich der oberen Eckzfihne. Der Unterkiefer hingegen war gut ausgeformt und wies eine nut geringe Spee'sche Kurve aaf (Abbildung 1). In Okklusion lag eine ausgepr~igte Distal- verzahnung von nahezu einer Pr~imola- renbreite beidseits im Sechs-Jahr-Mola- renbereich vor. Die sagittale Stufe betrug 6ram, der vertikale Uberbig 3,5ram (Abbildung2). Die Fernrrntgenseiten- analyse zeigte ein ausgepr~gtes horizon- tales Wachstumsmuster, eine skelettale Klasse II sowie eine Labialstellung der Fronten (Abbildung 3).

Der Behandlungsplan sah vor: Extraktion 17, 27.

1. Distalisation im Oberkieferseitenzahrt- bereich zum Erreichen einer neutralen Verzahnung,

2. Einordnung der Eckz/ihne, 3. Retrusion der Oberkiefer- und Unter-

kieferfront, 4. Einstellung eines korrekten sagittalen

und vertikalen 0berbisses.

Nach Extraktion der oberen zweiten Mo- laren wurde ein Headgear mit zervikaler Zugrichtung eingesetzt. Innerhalb von sechs Monaten und einer Tragezeit yon 14 bis 16 Stunden konnte eine neutrale Verzahnung im Sechs-Jahr-Molmrenbe- reich erzielt werden. Wie auf Abbildung4 zu sehen ist, ftihrte die Headgear-Therapie aufgrund des trans- septalen Faserverlaufs auch im Pr~mola- ten- und Eckzahnbereich zur Distalisa- tion. Die Feinausformung erfolgte mit einer festsitzenden Apparatur im Ober- kiefer. W~ihrend dieser Zeit wurde der Headgear zur Verankerung weiterhin nachts getragen. Nach einer aktiven Be- handlungszeit von 16 Monaten wurde zur Retention des Behandlungsergebnisses ein Positioner eingesetzt. Zu diesem Zeitpunkt waren die dritten Molaren im Oberkiefer in Okklusion durchgebrochen und wiesen eine akzeptable GrrBe und zufriedenstellende mesiodistale Achsen- neigung auf (Abbildungen5 und 6). Neben der Klasse-I-Verzahnung konnten sowohl die Achsenstellung der oberen Frontz~thne als auch der sagittale und vertikale 13berbig korrigiert werden, ohne das Weichteilprofil nachteilig zu

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Stellzig, Basdra, Komposch: Max/l/an/Second Molar Extraction

with occlusal stops for the second perma- nent molars or by fixed-appliance treat- ment in the lower arch. Headgear distal- ization is followed by final-positioning of the upper teeth by fixed appliance.

A 14-year-old patient with class II division 1 malocclusion is presented. At the time of treatment, all her teeth had erupted, except for the third molars. Analysis of the casts revealed a lack of space in the region of upper canines. The lower arch, by contrast, was well developed, merely displaying a slight curve of Spee (Figure 1). The occlu- sion showed a marked, nearly full distal re- lationship in the 6-yea:r molars on both sides. The overjet was 6.0 ram, and the overbite 3.5 mm (Figure 2). The lateral cephalogram showed a horizontal growth pattern, a skeletal class ~ relationship, and a labial position of the anterior teeth (Fig- ure 3).

The treatment plan was to extract teeth 17 and 27 and to proceed as follows:

1. distalization of the posterior teeth until Class I is achieved,

2. alignment of the canines, 3.retrusion of upper and lower anterior

teeth, 4. achievement of correct overjet and

overbite,

After extraction of the upper second mo- lars, headgear with cervical traction was inserted~ After 6 months, during which the headgear was worn 14 to 16 hours per day, a Class I relationship was achieved for the 6-year molars. As shown in Figure 4, the headgear treat- ment led also to distalization of the pre- molar and canine teeth due to the trans- septal f ibres . Final-positioning of the teeth was achieved by fixed appliances in the upper arch. During that time the headgear continued to be worn for an- chorage purposes. After a 16-month ac- tive treatment period, a positioner was used for retention purposes. At that time~ the third maxillary molars had erupted in ocClusiom displaying an acceptable size and a satisfactory mesio-dista] axial in- clination (Figures 5 and 6). In addition to Class I relationship, the axial position of the upper anterior teeth, the overjet and the overbite could be corrected not affecting the soft-tissue profile ad- versely (Figure 7). Two years after re- tentiom the treatment result was still stable (Figure 8).

AbbiMung 4. Zwischenbefund nach sechsmona- tiger Headgear-Distalisation,

Figure 4. Interim findings after 6 months of headgear distalization.

Aim of the Study

The present study aimed at answering the following questions:

1. How does the extraction of upper sec- ond molars affect overbite?

2. To what extent and how did the changes in the position of the first mo- lars occur?

Patients and Methods

The study originally covered 28 patients. Three patients whose records classified their cooperation as unsatisfactory had to be excluded from the study, reducing the number of patients to 25. In 23 patients both upper second molars were extracted, while in 2 patients only the left second molar was extracted, so that the total number of extracted teeth was 48.

At the time of extraction, the mean age was 13 years and 9 months. There were more female patients (14) than males (11). The period of active treatment averaged 2 years and 1 month (+ 9 months).

Abbildung 5. Oberkiefer nach AbschluJ3 der kie- ferorthopiidischen Behandlung und Retention.

Figure 5, Upper jaw at end of treaonent.

~1Abbildung 6. Ortho- pamomogramm nach Abschh, tfl der kieferor- thopgidischen Behand- lung,

Figure 6. Orthopanto- mogram at end of treat- molt:

The casts of the 25 patients were analyzed before and after treatment. The extent of distal occlusion was determined in terms of one-quarter premolar widths. Overbite was measured with an accuracy of 0,5 ram.

Pre- and posttreatment lateral cephalo- grams were available for 23 of the 25 pa- tients.

To identify the way in which distal occlu- sion was corrected - skeletal changes and/or tooth movements - the following measurements were performed according to Bjrrk [4], Bjrrk and Skieller [5] and Moorees et al. [18]:

First, we determined the full extenl of the anteroposterior positional change of the first molars in the upper and lower jaw. superimposing the tracings in the anterior cranial base registered at Sella (S) and measuring the distances from the perpen- diculars to the cranial base up to the most distal points of the 6-year molar crowns in the upper and lower jaw (Figure 9).

We assessed the anteroposterior molar movement in the upper jaw by superim-

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Stellzig, Basdra, Komposch." $iebenerextraktion im Oberkiefer

Abbildung 7a - Figure 7a Abbildung 7 b - Figure 7b

Abbildung 7a und 7b. Patientin zu Beginn (a) und bei Abschlufl (b) der Behandlung.

Figure 7a and 7b, Patient at beginning (a) and end (b) o f treatment.

beeinflussen (Abbildung 7). Zwei Jahre nach Retention zeigte sich das Behand- lungsergebnis stabil (Abbildung 8).

Abbildung 8a - Figure 8a

Fragestellung

Im Rahmen unserer Nachuntersuchung sollten folgende Fragen gekl~rt werden:

1. Welchen EinfluB hat die Extraktion der oberen zweiten Molaren auf den verti- kalen UberbiJ3?

2. Inwieweit und auf welche Weise konnte eine VerSndemng der Bigstel- lung im Bereich der ersten Molaren er- reicht werden?

Abbildung 8b - Figure 8b

Abbildung 8a und 8b. Okklusion zu Beginn der Behandlung (a) und zwei Jahre post retentio= nem (b).

Figure 8a and 8b. Occlusion at beginning (a) and end (b) of treamzent,

Patienten und Methode

Die Untersuchung umfagte urspriJnglich 28 Patienten. Die Mitarbeit von drei der 28 Patienten wurde anhand der Patienten- kartei als ungeniJgend eingestuft, so dal3 diese Patienten aus der Untersuchung aus- geschlossen werden mugten. Die Patien- tenzahl verringerte sich damit auf 25. Bei 23 Patienten wurde eine Extraktion beider oberer Siebener, bei zwei Patienten ledig- lich des linken zweiten Molaren durch-

gefiJhrt, so dab sich die Gesamtzahl der extrahierten Z~hne auf 48 bel~iuft.

Das Durchschnittsalter betrug zum Ex- traktionszeitpunkt 13 Jahre neun Monate (+_ 2 Jahre 1 Monat). Die weiblichen Pa- tienten iJberwogen mit 14 gegenfiber elf m~nnlichen. Die aktive Behandlungszeit belief sich im Durchschnitt auf zwei Jahre und einen Monat (+ 9 Monate).

Die Kiefermodelle der 25 Patienten wur- den prfi- und posttherapeutisch vermes- sen. Das Ausmag der Distalverzahnung wurde in Viertel-PrS.molarenbreiten be- sfimmt. Der vertikale 1Jberbil3 wurde mit einer Genauigkeit von 0,5 mm gemessen.

Von 23 der 25 Patienten lagen pr~i- und posttherapeutische FernrSntgenseitenbil- der vor.

Urn eine Aussage dariiber treffen zu k6n- nen, in welcbem Ausmag die Distalbig- stellung durch a) skelettales Wachsmms bzw. b) Zahnbewegungen korrigiert wur- de, ffihrten wir in Anlehnung an BjOrk [41, BjOrk u. Skieller [5] und Moorees et al. [18] folgende Messungen durch:

Zuerst wurde das totale Ausmag der anteroposterioren Positions~nderung der ersten Molaren im Ober- und Unterkiefer bestimmt. Dabei wurden die Durchzeich- nungen in der vorderen Sch~delbasis (N- S) im Punkt S fiberlagert und die Ab- stfinde zwischen den Senkrechten auf die Sch~delbasis zu den distalsten Punkten der Sechs-Jahr-Molarenkronen im Ober- bzw. Unterkiefer gemessen (Abbil- dung 9).

Zur Beurteilung der anteroposterioren Molarenbewegung im Oberkiefer wurden die pr~i- und posttherapeutischen Fem- r6ntgenseitenbilder an der inneren Kor- tikalis des Gaumendaches iJberlagert und die Distanz zwischen den Senkrechten auf das Spinaplanum (Spa-Spp) zum distal- sten Punkt der Sechs-Jahr-Molarenkrone vennessen. Die Bewegung der ersten Mo- laren im Unterkiefer wurde sichtbar ge- macht, indem die pr~i- und posttherapeuti- schen Durchzeichnungen an der inneren Kortikalis der Symphyse und der Kontur des Mandibularkanals iJberlagert wurden. Die Wanderungen der Sechs-Jahr-Mola- ren wurden zwischen den Senkrechten auf das Mandibularplanum zum distNsten Punkt der Krone bestimmt (Abbildungen 10a und 10b). Die skelettalen Ver~inde-

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Stellzig, Basdra, Komposch: Maxillary Second Molar Extract/on

posing the pre- and posttreatment lateral cephalograms at the inner cortical palatal vault and measuring the distance from the perpendiculars to the maxillary plane up to the most distal point of the 6-year molar crowns. The movement of lower first molars was visualized by superim- posing the pre- and posttreatment tracings at the inner cortical symphysis and the contour of the mandibular canal. The dis- tal movement of 6-year molars from the perpendiculars to the mandibular plane up to the most distal point of the crown was established (Figures 10a and 10b). The skeletal changes concerning the lower and upper jaws were determined by subtract- ing the dentoalveolar changes from the complete anteroposterior positional changes of the first /molars: skeletal changes = total changes in molar position minus dentoalveolar changes.

Results

At the beginning of treatment, the over- bite was 4.7_+ 1.1 mm (mean). In the course of treatment, overbite was reduced by 2.0 _+ 1.1 mm (mean) to 2,7 _+ 0.8 mm (mean).

Figure 11 indicates the distribution of pre- and posttreatment occlusal relations. At the beginning of treatment, the average extent of distal occlusion was three-quar- ters of the width of a premo-lar. In 92% of the patients a class I relationship was

[ i/

Abbitdung 9. Uberlagerung in Bezug zur vorde- ren Schiidelbasis ( -- Behandlungsbeginn _. Be- handlungsende).

Figure 9. Superimposition of pre- and posttreat- rnent cephalograms at anterior cranial base (-- beginning, ... end of treatment).

achieved, whereas 8% of the patients were left with a unilateral class II rela- tionship of one-quarter of the width of a premolar.

Analysis of dentoalveolar and skeletal changes in the upper and lower jaw yielded the following results (Table 1):

Molar correction in the upper jaw measured - 2.8 _+ 1.6 nun (mean). As the 6-year mo- lars were distalized by a mean amount of 2.7+ 1.1ram along the maxillary plane (median: 2ram: minimum:l ram; maxi- mum: 5 ram), the skeletal changes in the upper jaw totalled a mean 0.0ram + 1.2 mm In contrast, the change in lower 6-year molars totalled a mean +2.0 _+ 1.4 ram. with the dentoal-veolar compo- nent amounting to + t.1 + 1.2 mm. so that there was a lower jaw skeletal change of 0.8 _+ 1.1 mm.

In only 2 patients did tbe overall changes in the upper jaw not contribute to the im- provement of distal occlusion. In each of these cases the 6-year molars were dis- talized by 2 mm but the upper jaw dis- played anterior growth by the same amount.

Discussion

None of the patients was diagnosed with posttreatment deepening of the bite al- though such a change was to be expected

during growth due to the horizontal growth pattern. Distalization of the upper first molars induced an overbite reduction in most cases. This is desirable especially in patients with horizontal growth charac- teristics, not only because of the increase in anterior facial height but because of its positive effect on facial aesthestics.

Furthermore. Class I relationship was achieved in almost all cases despite the considerable extent of distal occlusion.

The average extent of headgear distaliza- tion was 2.8 mm. This finding corrobo- rates with that of Romanides et al. [21]. In contrast, Whitney and Sinclair [25] found no distalization of 6-year molars. Different treatment approaches may ac- count for these different findings. Whereas Romanides et al. [21] also used headgear to distalize the upper first mo- lars. Whitney and Sinclair [25] employed an upper plate with sagittal screws. Those studies [21, 25], however, deal with simultaneous extraction of second molars in the upper and lower jaws and are therefore not fully comparable with this study.

Although we achieved ,~alues of 4 to 5 mm through distalization, half the pa- tients displayed distalization of 2 mm or less. A class I relationship was achieved not only through dentoalveolar changes in the upper jaw. Skeletal changes in the upper jaw also contributed to correction

Abbildung lOa - Figure lOa

I\

Abbildung 10b - Figure 10b

Abbildung lOa und lOb. a) Maxilliire Oberlagerung, b) mandibulLire OberIagerung (-- Behandlungs- beginn... Behandlungsende).

Figures l Oa and lob. a) Maxillary superimposition (superimposition of pre- and posttreatment cepha- lograms at the inner cortical plate o/the palatal vault), b) Mar superimposition (superimposi- tion of pre- amt posttreatment ceptudograms at the inner cortical plate of the symphysis and the con- tour of the mandible canal).

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Stollzig, Basdra, Komposch: Siebenerextraktion im Oberkiefer

rungen ftir den Ober- und Unterkiefer er- gaben sich, indem die dentoalveol~ren Ver~inderungen yon der totalen Molaren- kon-ektnr (dentale und skelettale Ver~inde- rungen) subtrahiert wurden.

Ergebnisse

Der vertikale 0berbil3 betrug zu An- fang der Behandlung im Durchschnitt 4,7 + 1,1 ram. W~ihrend der Therapie konnte der Overbite um durchschnittlich 2 ,0+ 1,1 mm auf einen Mittelwert yon 2,7 _+ 0,8 mm verringert werden.

Abbildung l ! gibt die Verteilung der pr~i- und posttherapeutischen Bil3stellungen an. Zu Behandlungsbeginn betrug das durchschnittliche Ausma6 der Distalver- zahnung eine drei Viertel Pramolaren- breite. Bei 92% der Patienten konnte eine Neutralbigstellung en-eicht werden, wfihrend bei 8% der Patienten einseitig eine geringe distale Verzahnung yon einer Viertel Pramolarenbreite verblieb.

Die Analyse der dentoalveolfiren und ske- lettalen Ver~inderungen im Ober- und Unterkiefer ergab (Tabelle 1) folgende Ergebnisse:

Die Molarenkorrektur im Oberkiefer be- trug im Durchschnitt 2,8 + 1,6 ram. Da die Sechs-Jahr-Molaren im Mittel um einen Betrag von 2,7 + 1,1 mm entlang des Spinaplanums distalisiert wurden, beliefen sich die skelettalen Ver~inde- rungen im Oberkiefer auf durchschnitt- lich 0,0 + 1,2 mm. Demgegentiber betrug die totale Verfinderung der unteren Sechs-Jahr-Molaren im Durchschnitt + 2,0 _+ 1,4 ram. Die dentoalveol~ire Komponente belief sich dabei auf + 1,1 _+ 1,2 mm, so dab sich eine skelet- tale Verfinderung yon + 0,8 _+ 1,1 mm fiJr den Unterkiefer ergab.

Lediglich bei zwei Patienten trugen die totalen Verfinderungen im Oberkiefer nicht zur Verbesserung der Distalokklu- sion bei, Zwar konnten bei diesen beiden Patienten die Sechs-Jahr-Molaren jeweils

um 2 mm distalisiert werden, der Ober- kiefer zeigte jedoch ein anteriores Wachs- turn um denselben Betrag.

Diskussion

Bei keinem der Patienten konnte eine posttherapeutische BiBsenkung festge- stellt werden, obwohl aufgrund des hori- zontalen Wachstumsmusters mit einer sol- chert w~hrend des Wachstums zu recbnen war. Durch Distalisation der ersten oberen Molaren kam es in der Mehrzah] der FNle sogar zu einer Reduktion des Overbites, welche bei Patienten mit der genannten Gesichtssch~delkonfiguration besonders erstrebenswert ist, nicht zuletzt wegen der damit verbundenen Zunahme der vorde- ren Gesichtsh6he und deren positiven Auswirkung auf die faziale ~,sthetik.

Desweiteren wurde, trotz des zum Tell er- heblichen Ausma6es der Distalokklusion, in nahezu allen Fallen eine Klasse-IWer- zahnung erreicht.

Patienten- T o t a l e Dentoa lveo l~re Skelettale Totale Dentoalveol~re Skelettale hummer Ver~nderung im Ver~nderung im Ver~nderung im Ver~nderung im Verfinderung im Ver~nderung im

Oberkiefer (mm) Oberkiefer (ram) Oberkiefer (mm) Unterkiefer (mm) Unterkiefer (mm) Unterkiefer (mm)

1 -1,0 -2,0 +1,0 +0,5 +0,5 • 2 -2,0 -2,0 _+0,0 +1,0 +1,0 • 3 -2,5 -2,0 -0,5 +1,0 +1,0 • 4 -5,0 -3,5 -1,5 +2,0 +2,0 • 5 -3,5 -3,5 _+0,0 +0,0 • • 6 -2,0 -1,5 -0,5 +2,5 +2,5 +0,0 7 -3,0 -3,0 • +2,5 +2,5 • 8 -7,0 -4,0 -3,0 +1,0 +1,0 • 9 -5,0 -5,0 • +3,0 +1,0 •

10 -2,0 -1,0 -1,0 +2,0 +2,0 • 11 -5,0 -5,0 _+0,0 _<0,0 -1,0 +1,0 12 -2,5 -4,0 +1,5 +3,0 +2,0 +1,0 13 -2,0 -2,0 • +2,0 +2,0 • 14 -2,0 -2,0 • +2,0 +2,0 • 15 -4,0 - I ,5 -2,5 _+0,0 -0,5 +0,5 16 -1,0 -1,5 +0,5 +5,0 +2,5 +2,5 17 -3,0 -4,0 +1,0 _+0,0 -1,0 +1,0 18 _+0,0 -2,0 +2,0 +3,5 -0,5 +4,0 19 -2,0 -2,0 • +2,0 +1,0 +0,5 20 -3,0 -2,5 -0,5 +3,0 +2,0 +1,0 21 -3,0 -3,0 +0,0. +3,5 +1,5 +2,0 22 -3,5 -4,0 +0,5 +1,5 -1,0 +2,5 23 • -2,0 +2,0 +4,0 +3,0 +1,0

Tabelle 1. Ergebnisse der Oberlagerungen (n = 23). Totale bzw. dentoalveolEre und skeletmle Veriinderungen im Ober- und Unterkiefer ( - Distalisation, + Mesialisation).

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Stollzig, Basdra, Komposch." Maxillary Second Molar Extract/on

of distal occlusion, since upper jaw growth was inhibited in sagittal direction by the effect of the headgear. In the lower jaw, dental (leeway space, primate gaps) and skeletal (residual growth, pos- sibly uncoupling of a distal forced bite) changes contributed by about the same extent to correction of the distal occlu- sion. Because we were dealing with mean values partially in the area of measurement error, it was essential to compare the sum of all changes in the upper and lower jaw with the findings from the dental casts in order to verify the correlation.

Despite the essentially positive results, questions arise concerning the correct po- sitioning of the upper third molars. Previ- ous studies [2] showed .{hat after extrac- tion of second maxillary molars third mo- lars had erupted in occlusion and dis- played not only a contact point but also an acceptable mesiodistal inclination. In ver- tical position they were slightly more cra- nial, but without interfering with jaw

AbbiMung 11. B~stel- hmg zu Beginn und be/ Abschtuj3 der Behand- lung (NB = Neutralb(/3, DB = DistafbiJ3, PB = Priimolarenbreite ).

Figure l l . Dental rela- tionships at the begin- ning and end of treat- ment (PB = premolar width, NB = neutral relationship, DB = distal relationship)

N 60

50

40

30

20

10

0

46

NB DB I/4 DB I/2 D B 3/4 DB 4/4

15

Dental relationship

Bif~steltung (PB)

1

DB5/4 DB6/4

m pr~therapeutisch/pretreatment posttherapeutisch/posttreatment

movements. This may be due to the slight extrusion of the second lower molars and, as mentioned above, should be prevented by means of either a lower plate with oc- clusal stop or a lingual arch. Insufficient cooperation on the part of patients, how- ever, detracts from the success of extrac- tion of second permanent molars because distalization of 6-year molars by means of headgear is indispensable [ 1 ].

It should be pointed out in criticism that the treatment of 3 of the original 28 pa- tients had to be discontinued for lack of cooperation. On the other hand, it should be pointed out that there is no risk of re- sidual extraction spaces in cases of dis- continued treatment. The extraction spaces close, in contrast to premolar ex- traction treatment because of the mesial eruption of the third molars.

Patient Total changes Dentoalveolar Sceletal Total changes Dentoalveolar Sceletal No. in upper jaw changes in changes in in lower jaw changes in changes in

(mm) upper jaw upper jaw (mm) lower jaw lower-jaw (mm) (ram) (ram) (mm)

1 -1,0 -2.0 +1.0 +0.5 +0.5 +0.0

2 -2,0 -2.0 _+0.0 +1.0 +1.0 _+0.0

3 -2.5 -2.0 -0.5 +1.0 +1.0 _0.0

4 -5.0 -3,5 -1.5 +2.0 +2,0 +0.0

5 -3.5 -3.5 _+0.0 _+0,0 _+0.0 +0.0

6 -2.0 -1.5 -0.5 +2.5 +2.5 •

7 -3.0 -3,0 +0.0 +2.5 +2.5 +0.0

8 -7.0 -4.0 -3.0 +1,0 +1.0 +0,0

9 -5.0 -5,0 +0.0 +3.0 +1.0 -+2.0 10 -2.0 -1.0 -1.0 +2.0 +2.0 _+0.0

11 -5.0 -5.0 +0.0 _<0.0 -1.0 +1,0

12 -2.5 -4.0 +1.5 +3.0 +2.0 +1.0

13 -2.0 -2.0 +0.0 +2.0 +2.0 -+0.0

14 -2,0 -2.0 +0,0 +2.0 +2,0 +0.0

15 -4.0 -1.5 -2,5 _+0,0 -0.5 +0.5

16 -1.0 -1.5 +0.5 +5.0 +2,5 +2,5

17 -3.0 -4,0 +1.0 _+0.0 -1.0 +1.0

18 +0.0 -2.0 +2.0 +3.5 -0.5 +4.0

19 -2.0 -2.0 • +2,0 +1.0 +0.5

20 -3.0 -2.5 -0,5 +3.0 +2.0 +1.0

21 -3.0 -3.0 _+0.0 +3.5 +1.5 +2.0

22 -3.5 -4.0 +0.5 +1.5 -1.0 +2.5

23 -+0.0 -2,0 +20 +4.0 +3.0 +1.0

Table 1. Findings of superimposition (n = 23). Total dentoah,eolar and skeletal changes in the upper and lower jaw (- distalization, + nwsialization ).

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Stel/zig, Basdra, Komposch." $/ebeneroxtra/ction /m Oberkiefer

Das Ausmag der Headgear-Distalisation betrug im Durchschnitt 2,8 ram, wobei Werte bis zu 4 bis 5 mm erreicht wurden. Dieses Ergebnis stimmt mit dem yon Ro- manides et al, [21] fiberein. Im Gegensatz dazu konnten Whitney u. Sinclair [25] keine Distalisation der Sechs-Jahr-Molaren feststellen. Ftir diese unterschiedlichen Er- gebnisse kann mtglicherweise das abwei- chende Therapiekonzept verantwortlich ge- macht werden. WNtrend Romanides et al. [21] zur Distalisation der oberen ersten Molaren ebenfalls einen Headgear einglie- derten, land bei Whitney u, Sinclair [25] eine Oberkieferplatte mit Sagittalschrauben Anwendung. Da sich diese Untersuchun- gen [21, 251 jedoch auf die gleichzeitige Extraktion der zweiten Molaren im Ober- und Unterkiefer beziehen, sind sie mit die- set Studie nur bedingt vergleichbar.

Neben der Distalisation der Sechs-Jahr- Molaren m~gen auch die skelettalen Ver- ~inderungen im Oberkiefer zur Korrektur der Distalverzahnung bei, da das Oberkie- ferwachstum in sagittaler Richtung infolge des Headgear-Effekts gebremst wurde. Im Unterkiefer waren dentale (Leeway-Space, Primatenlficken) und ske- lettale (Restwachstum, mtglicherweise

Entkopplung eines distalen Zwangbisses) Verfinderungen in etwa demselben Aus- maB an der Korrektur der Distalverzah- hung maBgeblich.

Trotz dieser guten Ergebnisse steUt sich die Frage nach der korrekten Einstellung der dritten oberen Molaren. Bisherige Nachun- tersuchungen ergaben [1, 2], daB die Weis- heitszfihne bei allen unseren Patienten nach Extraktion der zweiten oberen Molaren in Okklusion durchgebrochen waren und neben dem Kontaktpunkt zum Sechs-Jahr- Molar eine akzeptabte mesiodistale Ach- senneigung aufwiesen. In ihrer vertikalen Position lagen sie zum Teil kranialer als die extrahierten zweiten Molaren, ohne je- doch zu Interferenzen innerhalb der Grenz- bewegungen zu ftihren. Dies kann auf die geringe Extrusion der unteren zweiten Mo- laren nach Extraktion der oberen Siebener zurfickgeftihrt werden und sollte, wie be- reits erwfihnt, entweder durch eine Unter- kieferplatte mit okklusalen Auflagen oder durch einen Lingualbogen verhindert wer- den. Limitierend f'tir den Erfolg der Extrak- tion oberer Siebener ist jedoch eine man- gelnde Mitarbeit yon seiten des Patienten, da auf die Distalisation der Sechs-Jahr-Mo- laren mittels Headgear nicht verzichtet

werden kann. Andererseits sollte jedoch auch angef'tthrt werden, dab die Weisheits- zgJme bei einer abgebrochenen Behand- lung, wenn auch auf unkontrollierte Weise, die Extraktionslticken aufgrund ihrer Wan- derungstendenz yon distal schliegen, so daB, im Gegensatz zu einer Pr'~nolarenex- traktion, keine Restlficken zu bef'ttrchten sind.

Schlul3folgerungen

Zusammenfassend kann gesagt werden, dab wir die Indikation ftir die Extraktion der oberen zweiten Molaren als dentoal- veol~e Kompensation bei Patienten mit einer Distalbigstellung, horizontatem Wachstumsmuster bzw. Gesichtssch~idel- autbau und Tiefbig sehen, werm eine Bif3verschiebung nicht mehr mtglich bzw. nicht indiziert ist. Aus unserer Sicht ist bei einem gut ausgeformten Unterkie- fer der Siebenerextraktion gegeniiber der Extraktion oberer Pr~imolaren der Vorzug zu geben, da eine neutrale Verzahnung im Sechs-Jahr-Molarenbereich erreicht wer- den kann, die ffir uns einen wichtigen Pfeiler ftir die Stabilitfit des Behandlungs- ergebnisses darstellt.

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Stellzig, Basdra, Komposch: Maxillary Second Molar Extraction

Conclusions

We can conclude that the extraction of the upper second molars is indicated as dentoalveolar compensation in patients with distal occlusion, horizontal growth

pattern or deep overbite, whenever jumping of the bite is no longer possible or not indicated.

In our opinion, in cases with a well de- veloped lower arch, extraction of the

upper second permanent molars is pref- erable to extraction of upper premolars since a class I relationship can be achieved at the 6-year molars, which we consider to be of pivotal importance in stabilizing the outcome of treatment.

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Korrespondenzanschrift I Address for Cor- respondence: Dr. Ange/ika Stel/zig, Poliklinik fO; K/eferorthopadie der Un/versR~t, /m Neuen- helmet Fe/d 400, D-69120 Heide/ber#.

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