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© 2006 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.phiuz.de 5/2006 (37) | Phys. Unserer Zeit | 209 | TREFFPUNKT FORSCHUNG mit zirkular polarisierten Photonen. In einem TEM wären das analog spinpolarisierte Elektronen. Diese lassen sich jedoch bislang nicht mit genügender Intensität erzeugen. Eine fundamentale theoretische Überlegung zeigt, dass bei der inelas- tischen Streuung schneller Elektro- nen ein virtuelles Röntgenquant vom Elektron auf die Probe übertragen wird. Wenn es gelingt, den einfallen- den Elektronenstrahl so zu präparie- ren, dass dieses Quant zirlular polari- siert ist, kann Zirkulardichroismus so wie im Synchrotron auch im TEM gemessen werden [1]. Auf diese Weise erzeugt man die analysierende Röntgenstrahlung gewissermaßen in der Probe selbst. Der experimentelle Nachweis dieser Methode gelang unserer Gruppe kürzlich durch Simultanmes- sung an einer ferromagnetischen Eisenprobe im Synchrotron ELETTRA (Triest) und in einem TEM an der Technischen Universität Wien [2]. Der Effekt ist zwar schwächer als bei XMCD, hat jedoch exakt die gleiche Signatur (Abbildung 2). Wir nennen ihn EMCD (Energy Loss Magnetic Chiral Dichroism). Wir arbeiten zur Zeit intensiv an der Optimierung des Experiments. Es handelt sich um ein Europäisches Forschungsprojekt mit Partnern aus Österreich, Deutschland, Italien und der Tschechischen Republik. Ziel ist es, eine Basis für eine innovative Technik zur Untersuchung nano- strukturierter magnetischer Systeme zu entwickeln, die rascher, kosten- günstiger und mit besserer Ortsauf- lösung als am Synchrotron einsetzbar ist. EMCD könnte das boomende Forschungsgebiet der Spintronik revolutionieren. [1] C. Hébert, P. Schattschneider, Ultramicros- copy 2003, 96, 463. [2] P. Schattschneider et al., Nature 441, 2006, 486. Peter Schattschneider, Technische Universität Wien Dieses Muster fixiert der überla- gerte Referenzstrahl auf der Diskette zu einem Hologramm, einer knapp zwei Millimeter großen „Datenseite“. Durch leichtes Variieren des Ein- strahlwinkels kann das Laufwerk mehrere Hologramme auf denselben Fleck schreiben. Dabei geht es auch noch schichtweise in die Tiefe und nutzt so das Material voll aus. Erst wenn ein „Buch“ aus 320 Daten- seiten voll ist, dreht das Laufwerk die Scheibe etwas weiter. Dieser Trick sorgt für die hohe Speicherkapazität. Bis Ende des Jahrzehnts sollen die Disks eine Kapazität von 1,6 Tera- byte erreichen und wieder be- schreibbar sein. Die Laufwerke der ersten Genera- tion haben eine Schreibgeschwindig- keit von 20 Megabyte pro Sekunde, in der dritten Generation soll diese auf 120 Mb/s wachsen. Doch selbst damit läge sie deutlich unter der Schreibgeschwindigkeit magne- tischer Festplatten, die heute schon bis zu 3000 Mb/s erreichen. Ihre Stärke spielen holografische Speichermedien beim Suchen nach ABB. 1 | HOLOGRAFISCHES SPEICHERN Beim holografischen Speichern digitaler Information fällt der Datenstrahl durch ein LCD-Display. Das prägt ihm die digitale Information als Fleckenmuster auf. Der überlagernde Referenzstrahl erzeugt daraus auf dem Speichermedium ein Hologramm. Zum Lesen genügt dann der Referenzstrahl (Grafik: Daniel Marti, NZZ am Sonntag). HOLOGRAFIE | Speicherscheibe für 300 Gigabyte Die optisch-digitalen Datenspeicher CD und DVD haben unsere Lebens- gewohnheiten stark verändert. Schon sind die Nachfolgesysteme Blue Ray Disk und HD-DVD in einigen Ländern auf dem Markt. In den USA wird noch in diesem Jahr das Unternehmen InPhase Technologies in Longmond, Colorado, das erste holografische Datenspeichersystem herausbringen. Mit dreizehn Zentimetern Durchmes- ser sind die Disks etwas größer als DVDs. Die erste Generation ist einmal beschreibbar und kann 300 Gigabyte speichern. Etwa 15000 Dollar wird ein Laufwerk kosten und zielt damit zunächst auf einen rein professionellen Markt. Langfristig will InPhase auch billige Laufwerke für den Massenmarkt herstellen. Hitachi Maxell wird die Speicher- disks und Bayer MaterialScience den photosensitiven Kunststoff liefern. Das System nutzt wie jede holo- grafische Aufnahme einen geteilten Laserstrahl (Abbildung 1). Ein Teil- strahl beleuchtet das aufzunehmende Objekt, der andere fällt als Referenz- strahl direkt auf das Aufnahmeme- dium. Dort überlagert er sich mit dem vom Objekt reflektierten Laser- licht zum Hologramm, das später im Referenzlicht das genaue räumliche Bild des Objekts wiedergibt. Beim digitalen System ersetzt ein transparentes LCD-Display das Ob- jekt. Der „Datenstrahl“ durchleuchtet dieses, wobei er ein Muster aus hellen und dunklen Feldern aufmo- duliert bekommt, das pro Bild 1,3 Millionen Bit an digitaler Information enthält.

Speicherscheibe für 300 Gigabyte

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© 2006 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.phiuz.de 5/2006 (37) | Phys. Unserer Zeit | 209

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mit zirkular polarisierten Photonen.In einem TEM wären das analogspinpolarisierte Elektronen. Dieselassen sich jedoch bislang nicht mitgenügender Intensität erzeugen.

Eine fundamentale theoretischeÜberlegung zeigt, dass bei der inelas-tischen Streuung schneller Elektro-nen ein virtuelles Röntgenquant vomElektron auf die Probe übertragenwird. Wenn es gelingt, den einfallen-den Elektronenstrahl so zu präparie-ren, dass dieses Quant zirlular polari-siert ist, kann Zirkulardichroismus sowie im Synchrotron auch im TEMgemessen werden [1]. Auf dieseWeise erzeugt man die analysierendeRöntgenstrahlung gewissermaßen inder Probe selbst.

Der experimentelle Nachweisdieser Methode gelang unsererGruppe kürzlich durch Simultanmes-sung an einer ferromagnetischenEisenprobe im Synchrotron ELETTRA(Triest) und in einem TEM an derTechnischen Universität Wien [2].

Der Effekt ist zwar schwächer als beiXMCD, hat jedoch exakt die gleicheSignatur (Abbildung 2). Wir nennenihn EMCD (Energy Loss MagneticChiral Dichroism).

Wir arbeiten zur Zeit intensiv ander Optimierung des Experiments. Eshandelt sich um ein EuropäischesForschungsprojekt mit Partnern ausÖsterreich, Deutschland, Italien undder Tschechischen Republik. Ziel istes, eine Basis für eine innovativeTechnik zur Untersuchung nano-strukturierter magnetischer Systemezu entwickeln, die rascher, kosten-günstiger und mit besserer Ortsauf-lösung als am Synchrotron einsetzbarist. EMCD könnte das boomendeForschungsgebiet der Spintronikrevolutionieren.

[1] C. Hébert, P. Schattschneider, Ultramicros-copy 22000033, 96, 463.

[2] P. Schattschneider et al., Nature 444411,2006, 486.

Peter Schattschneider,Technische Universität Wien

Dieses Muster fixiert der überla-gerte Referenzstrahl auf der Diskettezu einem Hologramm, einer knappzwei Millimeter großen „Datenseite“.Durch leichtes Variieren des Ein-strahlwinkels kann das Laufwerkmehrere Hologramme auf denselbenFleck schreiben. Dabei geht es auchnoch schichtweise in die Tiefe undnutzt so das Material voll aus. Erstwenn ein „Buch“ aus 320 Daten-seiten voll ist, dreht das Laufwerk dieScheibe etwas weiter. Dieser Tricksorgt für die hohe Speicherkapazität.Bis Ende des Jahrzehnts sollen dieDisks eine Kapazität von 1,6 Tera-byte erreichen und wieder be-schreibbar sein.

Die Laufwerke der ersten Genera-tion haben eine Schreibgeschwindig-keit von 20 Megabyte pro Sekunde,in der dritten Generation soll dieseauf 120 Mb/s wachsen. Doch selbstdamit läge sie deutlich unter derSchreibgeschwindigkeit magne-tischer Festplatten, die heute schonbis zu 3000 Mb/s erreichen. IhreStärke spielen holografische Speichermedien beim Suchen nach

A B B . 1 | H O LO G R A F I S C H E S S PE I C H E R N

Beim holografischen Speichern digitaler Information fällt derDatenstrahl durch ein LCD-Display. Das prägt ihm die digitaleInformation als Fleckenmuster auf. Der überlagernde Referenzstrahl erzeugt daraus auf dem Speichermedium einHologramm. Zum Lesen genügt dann der Referenzstrahl(Grafik: Daniel Marti, NZZ am Sonntag).

H O LO G R A F I E |Speicherscheibe für 300 Gigabyte Die optisch-digitalen Datenspeicher CD und DVD haben unsere Lebens-gewohnheiten stark verändert. Schon sind die Nachfolgesysteme BlueRay Disk und HD-DVD in einigen Ländern auf dem Markt. In den USAwird noch in diesem Jahr das Unternehmen InPhase Technologies inLongmond, Colorado, das erste holografische Datenspeichersystemherausbringen.

Mit dreizehn Zentimetern Durchmes-ser sind die Disks etwas größer alsDVDs. Die erste Generation isteinmal beschreibbar und kann 300Gigabyte speichern. Etwa 15000Dollar wird ein Laufwerk kosten undzielt damit zunächst auf einen reinprofessionellen Markt. Langfristigwill InPhase auch billige Laufwerkefür den Massenmarkt herstellen.Hitachi Maxell wird die Speicher-disks und Bayer MaterialScience denphotosensitiven Kunststoff liefern.

Das System nutzt wie jede holo-grafische Aufnahme einen geteiltenLaserstrahl (Abbildung 1). Ein Teil-

strahl beleuchtet das aufzunehmendeObjekt, der andere fällt als Referenz-strahl direkt auf das Aufnahmeme-dium. Dort überlagert er sich mitdem vom Objekt reflektierten Laser-licht zum Hologramm, das später imReferenzlicht das genaue räumlicheBild des Objekts wiedergibt.

Beim digitalen System ersetzt eintransparentes LCD-Display das Ob-jekt. Der „Datenstrahl“ durchleuchtetdieses, wobei er ein Muster aushellen und dunklen Feldern aufmo-duliert bekommt, das pro Bild 1,3Millionen Bit an digitaler Informationenthält.

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Datensätzen aus. Dazu wird demReferenzstrahl ein Teil des gesuchtenDatensatzes aufgeprägt. Trifft er daspassende Hologramm, dann wird esschlagartig dunkel und das Laufwerkstoppt. Das ermöglicht ein sehrschnelles Durchsuchen großerArchive.

Für die professionelle Datenarchi-vierung ist diese Technik auchinteressant, weil die Discs die Datenüber einige Jahrzehnte hinwegzuverlässig speichern können. Dieheute noch üblichen Magnetbändererreichen knapp ein Jahrzehnt.

RW

spricht diese Winkeländerung derLichtstrahlen einer, durch die Linsehervorgerufenen, ortsabhängigenPhasenverschiebung der Wellenfront.

Um eine phasensensitive Abbil-dung auch mit Neutronenstrahlungzu erreichen, misst man also diedurch ein Objekt hervorgerufenelokale Winkeländerung α des Neutro-nenstrahls (Abbildung 1 oben). Ver-wendet werden dazu zwei Gitter (G1

und G2) und ein ortsauflösenderNeutronendetektor [2]. Die lokaleWinkeländerung lässt sich durchAnalyse der jeweils in einem Detek-torpixel gemessenen Intensität er-mitteln. Letztere hängt nämlichdavon ab, wo der Neutronenstrahlauf dem Analysatorgitter G2, das ausabsorbierenden Linien besteht, auf-trifft.

Da der Brechungsindex vonMaterie für Neutronen nur um einige10–6 von eins abweicht und dieWellenlänge der Neutronenstrahlungtypischerweise etwa 0,1 nm beträgt,liegen die Beugungswinkel im Be-reich weniger Bogensekunden. Dieexperimentelle Schwierigkeit bestehtdaher darin, solch kleine Beugungs-winkel effizient für eine Vielzahl vonBildpunkten zu messen. Dies gelangdurch eine Verringerung der Gitter-strukturbreiten bis auf wenige Mikro-meter, wodurch sich die Winkelsensi-tivität der Apparatur erhöhte.

Abbildung 1 unten zeigt die füreine Testprobe erzielten Messergeb-nisse. Die herkömmliche Neutronen-Absorptionsradiografie (links) zeigtkaum messbar einen Unterschied desAbsorptionsverhaltens der beidenMetalle Kupfer und Titan. Das Bildder gemessenen Phasenverschiebung(rechts) hingegen weist klar einenUnterschied auf. Besonders interes-sant ist das entgegengesetzte Vor-zeichen der Phasenschiebung vonKupfer (im Bild schwarz gegen dengrauen Hintergrund) und Titan (weißgegen grau). Dies ist eine Folge derunterschiedlichen Vorzeichen derNeutronen-Streulängendichten in denMaterialen.

In Zukunft sind weitere Experi-mente geplant. Hierzu zählt die

Q UA N T E N M EC H A N I S C H E W EC H S E LW I R K U N G E N |Ein Phasenkontrast-Mikroskop für NeutronenPhasenkontrast mit sichtbarem Licht ist ein unentbehrliches Hilfsmittelder modernen Mikroskopie. Einem Forscherteam am schweizerischenPaul Scherrer Institut (PSI) ist es nun gelungen, ein entsprechendesAbbildungsverfahren auch für Neutronenstrahlen zu entwickeln. So können quantenmechanische Wechselwirkungen von Neutronen mitMaterie in Form von zwei- und dreidimensionalen Bildern sichtbargemacht werden.

Teilchenphysiker sehen in Neutro-nen kleine Partikel mit einem Durch-messer von einem Femtometer undeiner Ruhemasse von etwa 10–27 kg.Aufgrund des Welle-Teilchen-Dualis-mus lassen sich Neutronen aber auchals Materiewellenpakete beschreiben,denen die De-Broglie-Beziehung einebestimmte Wellenlänge zuordnet. Als

Folge der formell identischen Be-schreibung der Ausbreitung vonLichtwellen (Helmholtz-Gleichung)und Neutronenstrahlung (zeitunab-hängige Schrödinger-Gleichung)lassen sich klassische optischeInterferenzexperimente, wie derDoppelspaltversuch, auch mit Neu-tronenstrahlung durchführen.

Messungen der Phasenverschie-bung von Neutronen in Interferenz-experimenten wurden bisher ver-wendet, um Vorhersagen der Quan-tenmechanik experimentell zuverifizieren [1]. Die Arbeit desForscherteams vom PSI zielt daraufab, die über die Phasenverschiebungzugängliche Information mit einerortsaufgelösten Abbildung zu kombi-nieren, um so quantenmechanischeWechselwirkungen von Neutronenmit Materie abzubilden.

Wie eine phasensensitive Abbil-dung erreicht werden kann, verdeut-licht ein Beispiel aus der klassischengeometrischen Optik. Betrachtet manden Strahlengang durch eine Sammel-linse, so folgt aus dem Brechungs-gesetz, dass ursprünglich paralleleLichtstrahlen zur optischen Achsehin gebrochen werden. In einerwellenoptischen Beschreibung ent-

A B B . 1 | N E U T RO N E N - G I T T E R I N T E R F E RO M E T E R

Oben: Aufbau eines Neutronen-Gitterinterferometers, unten:gemessene Bilder mit Neutronen von zwei metallischenStäben mit 6 mm Durchmesser mit herkömmlicher Absorp-tion (links) und mit Phasenkontrast (rechts).

G1

α

G2

Detektor