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Speicherung von Gasen und Fliissigkeiten in unterirdischen Hohlrhmen OBERING. G. KUHNE Deutsche Erdol-Aktiengesellschaft, Hamburg Als unterirdische Speicher konnen ausgebeutete Gas- und Ollagerslatten, Aquiiere, Salzkavernen, bergmannisch geschafiene Hohlraume, geirorene Erdgruben oder durch nukleare Explosionen erzeugte Raume dienen. Im Vergleich zu oberirdmhen Speichern sind geringe lnvestitions- und Wartungskosten eriorderlich, die Sicherheit gegen Beschadigungen ist grol3er und die Geiahrdung der Umgebung geringer. Die Versorgung der modernen Industrielander mit Gas- und Mineralolprodukten fur die Energieversorgung und die chemische Weiterverarbeitung macht auch den Transport und die Lagerung der Grundstoffe und der Produkte in groBem Umfang erforderlich. Damit besteht die Notwendigkeit, hoch belastbare Transportmittel, wie z. B. Pipelines, und erweiterte Speichermoglichkei- ten, wie z. B. groDe unterirdische Hohlraume, bereit- zustellen. Speicherzweck Bei jeder Art von Energieversorgung sind Erzeugung und Verbrauch unterschiedlichen Rhythmen unterwor- fen. Wahrend fur die Erzeugung i. a. - aus technischen und wirtschaftlichen Grunden - der Grundsatz gilt, einen moglichst gleichmaBigen, schwankungsfreien EnergiezufluR zu erzielen, ist demgegenuber der Ver- brauch Schwankungen unterworfen, die betrachtlich sein konnen. Das fuhrt zu verfahrenstechnischen Er- schwernissen und Kostensteigerungen und erfordert eine Abstimmung beider. Diese Abstimmung geht oft zu Lasten der Erzeugung, da die Verbrauchsschwan- kungen gar nicht oder nur wenig - z.B. durch Preis- zugestandnisse - beeinflunbar sind. Diese Schwankungen konnen einen jahreszeitlichen, wochentlichen oder taglichen Rhythmus haben. Die Regel ist sogar eine Mischung dieser verschiedenen Charakteristiken. Neben den elektrischen Kraftwerken sind auch Erdgas- felder, Stadtgaswerke und Raffinerien im Zusammen- hang mit ihren Aufgaben fur die offentliche Gas- und Produlitenversorgung diesen Schwierigkeiten ausge- setzt. Auch sie mussen uber Kapazitaten verfugen, mit denen sie Zeiten erhohten Bedarfs, der gegenuber der Grundlast um ein Vielfaches gesteigert sein kann, uber- brucken konnen. 1st die Versorgung eines Gebietes auf die Benutzung langerer Rohrleitungen oder gar auf den Betrieb von Ferngasleitungen angewiesen, so sind auch hier uber- hohte Investitionen und Betriebskosten in Kauf zu neh- men, falls diese Leitungen nach dem Spitzenbedarf be- messen werden mussen. Es ist daher zweckmafiig, in allen diesen Fallen Speichereinrichtungen vorzusehen, die wahrend der Zeiten geringeren Bedarfes den Pro- duktenuberschuR aufnehmen, um ihn zu Zeiten gro5e- ren Verbrauchs wieder abzugeben. Bei Produktions- statten, wie z. B. Raffinerien, wird es zweckma0ig sein, diese Einrichtungen in der Nahe der Erzeugungsstatte anzulegen. Wenn aber weitlaufige Gasleitungen zu be- riicksichtigen sind, ist es wirtschaftlicher, die Speicher an deren Ende - und zwar moglichst nahe beim groR- ten Verbraucher bzw. bei der Verbrauchergruppe mit den groRten Bedarfsschwankungen - anzuordnen. Physikalisches Verhalten zu speichernder Gase Gase nehmen im flussigen Aggregatzustand den kleinst- moglichen Raum ein. Zur Verflussigung mu5 das Gas sich aber unterhalb der kritischen Temperatur befinden. 1st das nicht der Fall, mufi es kunstlich gekiihlt werden, wobei das Gas auch bei atmospharischem Drudc flussig werden kann. Z. B. wird Methan bei -161,5"C. n-Butan bei -0,5"C fliissig. In diesem Zustand - beim Uber- schreiten des Dampfdruckes - verkleinert sich das Vo- lumen von Methan auf 0,00169 und das von n-Butan auf 0,00457 desjenigen Volumens, das es im Normalzu- stand einnehmen wurde. Die Speicherung von Gasen, in flussiger Form gelagert, scheint demnach wegen der Raumausiiutzung besonders vorteilhaft zu sein. Dem sind leider in der Praxis Gren- Zen gesetzt, weil die erforderliche Kalteenergie die Verflussigung bei tiefsiedenden Stoffen u. U. unwirt- schaftlich macht und weil Gasgemische keinen ausge- pragten einheitlichen Verdampfungspunkt haben. Ihre Komponenten verdampfen partiell und entmischen sich deshalb bei der Wiederverdampfung, indem zunachst die Gase mit dem niedrigeren Dampfpunkt fluchtig wer- den, wahrend die anderen Komponenten erst bei der ihnen entsprechenden hoheren Temperatur, oder auch beim Zuruckgehen des Druckes selektiv in den gasfor- migen Zustand ubergehen. Damit wird das Mischgas in Fraktionen zerlegt, und bei seiner Wiederverdampfung schwanken seine Eigenschaften und der Heizwert in- folge Temperaturerhohung standig. Aus diesem Grunde wird herkommliches, aus der Kohlevergasung oder aus Spaltanlagen stammendes Stadtgas, das aus mehreren Gaskomponenten zusammengesetzt ist, in der Regel nur im gasformigen Zustand gespeichert. Die Veranderung des Heizwertes konnte allerdings auch durch eine Nadi- behandlung des Gases nach dem Entnehmen aus dem 1036 Chemie-lng.-Tech 39. Jahrg. 1967 I Heft 17

Speicherung von Gasen und Flüssigkeiten in unterirdischen Hohlräumen

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Speicherung von Gasen und Fliissigkeiten in unterirdischen Hohlrhmen

OBERING. G . KUHNE

Deutsche Erdol- Aktiengesellschaft, Hamburg

Als unterirdische Speicher konnen ausgebeutete Gas- und Ollagerslatten, Aquiiere, Salzkavernen, bergmannisch geschafiene Hohlraume, geirorene Erdgruben oder durch nukleare Explosionen erzeugte Raume dienen. Im Vergleich zu oberirdmhen Speichern sind geringe lnvestitions- und Wartungskosten eriorderlich, die Sicherheit gegen Beschadigungen ist grol3er und die Geiahrdung der Umgebung geringer.

Die Versorgung der modernen Industrielander mit Gas- und Mineralolprodukten fur die Energieversorgung und die chemische Weiterverarbeitung macht auch den Transport und die Lagerung der Grundstoffe und der Produkte in groBem Umfang erforderlich. Damit besteht die Notwendigkeit, hoch belastbare Transportmittel, wie z. B. Pipelines, und erweiterte Speichermoglichkei- ten, wie z. B. groDe unterirdische Hohlraume, bereit- zustellen.

Speicherzweck

Bei jeder Art von Energieversorgung sind Erzeugung und Verbrauch unterschiedlichen Rhythmen unterwor- fen. Wahrend fur die Erzeugung i. a. - aus technischen und wirtschaftlichen Grunden - der Grundsatz gilt, einen moglichst gleichmaBigen, schwankungsfreien EnergiezufluR zu erzielen, ist demgegenuber der Ver- brauch Schwankungen unterworfen, die betrachtlich sein konnen. Das fuhrt zu verfahrenstechnischen Er- schwernissen und Kostensteigerungen und erfordert eine Abstimmung beider. Diese Abstimmung geht oft zu Lasten der Erzeugung, da die Verbrauchsschwan- kungen gar nicht oder nur wenig - z.B. durch Preis- zugestandnisse - beeinflunbar sind.

Diese Schwankungen konnen einen jahreszeitlichen, wochentlichen oder taglichen Rhythmus haben. Die Regel ist sogar eine Mischung dieser verschiedenen Charakteristiken.

Neben den elektrischen Kraftwerken sind auch Erdgas- felder, Stadtgaswerke und Raffinerien im Zusammen- hang mit ihren Aufgaben fur die offentliche Gas- und Produlitenversorgung diesen Schwierigkeiten ausge- setzt. Auch sie mussen uber Kapazitaten verfugen, mit denen sie Zeiten erhohten Bedarfs, der gegenuber der Grundlast um ein Vielfaches gesteigert sein kann, uber- brucken konnen.

1st die Versorgung eines Gebietes auf die Benutzung langerer Rohrleitungen oder gar auf den Betrieb von Ferngasleitungen angewiesen, so sind auch hier uber- hohte Investitionen und Betriebskosten in Kauf zu neh- men, falls diese Leitungen nach dem Spitzenbedarf be- messen werden mussen. Es ist daher zweckmafiig, in allen diesen Fallen Speichereinrichtungen vorzusehen, die wahrend der Zeiten geringeren Bedarfes den Pro-

duktenuberschuR aufnehmen, um ihn zu Zeiten gro5e- ren Verbrauchs wieder abzugeben. Bei Produktions- statten, wie z. B. Raffinerien, wird es zweckma0ig sein, diese Einrichtungen in der Nahe der Erzeugungsstatte anzulegen. Wenn aber weitlaufige Gasleitungen zu be- riicksichtigen sind, ist es wirtschaftlicher, die Speicher an deren Ende - und zwar moglichst nahe beim groR- ten Verbraucher bzw. bei der Verbrauchergruppe mit den groRten Bedarfsschwankungen - anzuordnen.

Physikalisches Verhalten zu speichernder Gase

Gase nehmen im flussigen Aggregatzustand den kleinst- moglichen Raum ein. Zur Verflussigung mu5 das Gas sich aber unterhalb der kritischen Temperatur befinden. 1st das nicht der Fall, mufi es kunstlich gekiihlt werden, wobei das Gas auch bei atmospharischem Drudc flussig werden kann. Z. B. wird Methan bei -161,5"C. n-Butan bei -0,5"C fliissig. In diesem Zustand - beim Uber- schreiten des Dampfdruckes - verkleinert sich das Vo- lumen von Methan auf 0,00169 und das von n-Butan auf 0,00457 desjenigen Volumens, das es im Normalzu- stand einnehmen wurde.

Die Speicherung von Gasen, in flussiger Form gelagert, scheint demnach wegen der Raumausiiutzung besonders vorteilhaft zu sein. Dem sind leider in der Praxis Gren- Zen gesetzt, weil die erforderliche Kalteenergie die Verflussigung bei tiefsiedenden Stoffen u. U. unwirt- schaftlich macht und weil Gasgemische keinen ausge- pragten einheitlichen Verdampfungspunkt haben. Ihre Komponenten verdampfen partiell und entmischen sich deshalb bei der Wiederverdampfung, indem zunachst die Gase mit dem niedrigeren Dampfpunkt fluchtig wer- den, wahrend die anderen Komponenten erst bei der ihnen entsprechenden hoheren Temperatur, oder auch beim Zuruckgehen des Druckes selektiv in den gasfor- migen Zustand ubergehen. Damit wird das Mischgas in Fraktionen zerlegt, und bei seiner Wiederverdampfung schwanken seine Eigenschaften und der Heizwert in- folge Temperaturerhohung standig. Aus diesem Grunde wird herkommliches, aus der Kohlevergasung oder aus Spaltanlagen stammendes Stadtgas, das aus mehreren Gaskomponenten zusammengesetzt ist, in der Regel nur im gasformigen Zustand gespeichert. Die Veranderung des Heizwertes konnte allerdings auch durch eine Nadi- behandlung des Gases nach dem Entnehmen aus dem

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Speicher ausgeglichen werden, jedoch ist diese zusatz- liche MaBnahme meist nicht erwiinscht und macht das Verfahren komplizierter und teurer.

Speicherarten

Unterirdische Speicher miissen den verschiedenen Spei- cherprodukten, aber auch den geologischen und topo- graphischen Bedingungen des Speicherortes angepaat sein und einen wirtschaftlichen Umschlag ermoglichen. Sie bediirfen daher einer eingehenden und individuel- len Vorausplanung, und allgemein gultige Regeln fur ihre optimale Anwendbarkeit lassen sich nur in be- schranktem MaDe aufstellen. Die unterirdischen Spei- cher haben aber neben ihren geringen Investitions- und Wartungskosten bei groDem Fassungsvermogen gegen- uber den uber der Erdoberflache befindlichen Speichern den Vorteil der gro0tmoglichen Sicherheit gegen fahr- Iassige oder vorsatzliche Beschadigungen und gegen eine Gefahrdung der Umgebung. AuBerdem wird durch sie das Landschaftsbild nur geringfiigig beeintrachtigt. Diese Vorzuge gehen noch deutlicher aus der folgenden Beschreibung der einzelnen Speicherarten hervor.

P o r e n r a u m s p e i c h e r

Ausgebeutete Gas- und Ollagerstatten, aber auch ahn- lich ausgebildete, mit Wasser gefiillte porose Forma- tionen, wie Sandschichten und Sandsteine, die als Aqui- fere bezeichnet werden, lassen sich als Speicher benut- Zen, vgl. Abb. 1. Dabei miissen zwischen den einzelnen Porenraumen der Schicht Verbindungen bestehen, d. h. das Gefiige mu8 permeabel sein, damit das die Poren ausfiillende Lagerstattenwasser durch das einzupres- sende Gas verdrangt werden kann'!. Ferner muR die zur Speicherung benutzte Schicht durch die unmittelbar daruberliegende Gebirgsformation dicht abgedeckt sein, damit das einzuspeichernde Gas nicht unkon- trolliert entweichen kann. Man erwartet von dieser Formation, da8 sie nach oben so gewolbt, kuppelformig oder in ahnlicher Weise ausgebildet ist, daR das einge- speicherte Gas von der oberen Stelle ausgehend das schwerere Lagerstattenwasser nach unten und seitwarts verdrangen kann und als Gasblase die Porenraume uber diesem auszufullen vermag. Derartige Speicher sind nur fur nicht-verfliissigte Gase geeignet, bieten i. a. auDerordentlich groBe Kapazitaten, erfordern aber

hbb. 1. Speicherung von Gas in porosen Formationen; a dichte Shichten, b poroser Sand.

eine von dem Grad der Durchlassigkeit des Speicher- sandes abhangige unterschiedliche Zahl von Bohrlo- chern, die als Beschickungs- und Entnahmebohrungen die Verbindung von der Oberflache zum Speicher bil- den und die sowohl mit ihrer Zahl und der Permeabili- tat des Porengebildes wie auch entsprechend der Nach- giebigkeit der zu verdrangenden Wasserfront die Auf- nahme- und Entnahmerate bestimmen. Sie gleichen da- mit einer kunstlich geschaffenen Gaslagerstatte und hal- ten wie diese eine bestimmte Gasmenge gebunden. Eine Restmenge, das sogenannte Kissengas, die bis zu 60°/o des Gesamtvolumens ausmachen kann, verbleibt, so- lange der Speicher in Betrieb gehalten wird, auch im .entleerten" Zustand in der Lagerstatte.

Speicher dieses Typs bestehen in der Bundesrepublik in Engelbostel bei Hannover, wo in den Sandbanken des Wealden der Unterkreide 200 Mill. Nm3, in Hahn- lein bei Darmstadt, wo im Pliozan ebenfalls 200 Mill. Nm3 und in Reitbrook bei Hamburg*), wo im Neuen- gammer Gassand des Oligozan 150 Mill. Nm3 Gas ge- speichert werden konnen. Weitere Speicher sind im Stadium der Vorbereitung bzw. Planung. In allen die- sen Fallen wird bisher Stadtgas unterschiedlicher Zu- sammensetzung, kiinftig auch Erdgas, mit Kompresso- ren eingepreRt, im Bedarfsfall iiber Druckregelstationen entnommen und dem Verbrauchsnetz zugefuhrt. Ihre gro5e Verbreitung auch in anderen Landern ist ein Hin- weis auf den wirtschaftlichen Wert dieser Speicher. In den USA gab es z.B. 1964 insgesamt 286 Porenraum- speicher, darunter 32 Aquiferspeicher, mit insgesamt etwa 112. lo8 Nm3 Kapazitat, womit fast 26O/0 des Ge- samtverbrauches aus Speichern gedeckt wurden3).

S a l z k a v e r n e n

Im Jahre 1916 wurde das Verfahren, Hohlraume in Salzformationen zur Speicherung von Erdolen und verwandten Kohlenvrasserstoffen zu benutzen, der Deutschen Erdol-AG (DEA) patentamtlich geschutzt4). Inzwischen wird dieses Verfahren vor allem in den USA mit etwa 500 Speichern dieser Art weitgehend ange- wendet. Aber auch in Europa und darunter in der Bun- desrepublik werden Salzlagerstatten neuerdings zu Speicherzwecken verwendet. 2. B. hat die DEA fur ihre Raffinerie bei Heide in Holstein in 660 bis 800 m Teufe einen fur die Speicherung von Butan geeigneten Hohl-

Salzwasser

Abb. 2. FlieDschema der Fliissiggasspeicherung in einem Salzhohlraum; a Kugelbehalter, b Butan-Pumpe, c Trockner, d Abscheider, e Frischwasserpumpe, f Speicher.

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raum geschaffen und fur den Jahresausgleich nutzbar gemacht5!. Derartige Salzkavernenspeicher sind fur flus- sige Gase, wie Propan und Butan, besonders geeignet, da sie durch gegenseitiges Verdrangen von Salzwasser und Fliissiggas betrieben werden, s. Abb. 2. Somit steht ihr Hohlraum unter dem Druck der bis zutage reichen- den Salzwassersaule, der das Gas auch bei der natiir- lichen hoheren Lagerstattentemperatur (37 "C) in flus- sigem Zustand halt.

Hierfiir geeignete Salzlagerstatten sind in der Nord- deutschen Tiefebene durch die weit verbreiteten Salz- horste fast iiberall vorhanden. Aber auch Salzlager an einigen Stellen im suddeutschen Raum bieten u. U. gute Moglichkeiten fur die Herstellung derartiger Speicher. Sie werden geschaffen, indem durch eine Bohrung mit- tels konzentrisch angeordneter Rohrsysteme Frischwas- ser in den unteren, im Salz befindlichen Teil der Boh- rung gepumpt und wieder zu Tage gefordert wird, nach- dem mit seiner Hilfe Salz aus der Bohrlochwand her- ausgelost worden ist. Durch Hoher- und Tiefersetzen dieser Rohre und durch die gesteuerte Anwendung von Schutzabdeckungen in der entstehenden Kaverne - zu diesem Zweck werden leichte Erdolprodukte einge- fullt - wird deren Form beeinflu8t6i.

Beim Speichern von Flussigkeiten und flussigen Gasen bleibt der untere Teil des Hohlraums rnit Salzwasser gefullt, weil das Produkt wegen seines geringeren spe- zifischen Gewichtes den oberen Teil einnimmt. Dem- gegenuber kann das Salzwasser beim Speichern von nicht-verflussigten Gasen rnit Kompressoren vollstan- dig aus dem Hohlraum verdrangt und dieser unter Aus- nutzung der Gaskompressibilitat als Hohlbehalter aui.. gepumpt werden. Im Gegensatz zum Porenspeicher mit ,,Randwassertrieb" schwankt dann in einem derart betriebenen Kavernenspeicher der Gasdruck stark in Abhangigkeit vom Fullungsgrad, wobei die Fullrate nur von der Leistung der Kompressorenstation und die Entnahmerate vom Leitungsquerschnitt abhangig ist. Da die Salzwandungen auch fur Gase undurchlassig sind, treten jedoch keine Verluste auf.

Der hochste Betriebsdruck ist von der Teufe des Spei- chers abhangig und kann groDer als der Druck einer entsprechenden Salzwassersaule sein. Allerdings darf er den der Teufe entsprechenden Gebirgsdruck nicht erreichen, sonst waren Gasverluste durch Aufbrechen der Wandungen die unvermeidliche Folge.

S p e i c h e r i n b e r g n i a n n i s c h g e s c h a f f e n e n H o h l r a u m e n

Auch verlassene Bergwerke konnen u. U. fur die Spei- cherung von Gasen oder flussigen Gasen hergeriditet werden'l. Jedoch lassen i. a. zerruttete Wandungen, die Gefahr des unkontrollierten Gasdurchtrittes in noch in Betrieb befindliche Nachbargruben sowie umstandliche und schwer ubersehbare Herrichtungsarbeiten ein der- artiges Vorhaben zumindest zweifelhaft erscheinen. Wenn geeignete Salzlagerstatten nicht zur Verfiigung stehen, werden daher besser in undurchlassigen Ge- birgsschichten in etwa 100 m Teufe auf bergmannischem Wege Hohlraume geschaffen, die flussige Gase aufneh- men konnen*), vgl. Abb. 3. Die Gase sind beim Einful- len bereits verflussigt und werden spater durch Tief- pumpen entnommen. Als Tiefpumpen dienen meistens

Ahb. 3. Speicherung in eineni bergniannisch gewonnenen Hohlraum.

vielstufige Icreiselpumpen, die von der Erdoberfladie aus angetrieben werden. Sie hangen in besonderen Bohrungen, die neben der Schachtbohrung herunter- gebohrt werden miissen. Die Schachtboiirung dient da- gegen vor alleni dem Materialtransport fur das berg- minnische Auffahren der schachbrettform:g angeordne- ten Strecken.

Wasser oder Salzwasser zur Verdrangung des Speicher- produktes werden hier nicht verwendet. Jedoch steht das Gas unter einem Druck, der etwa gleich dem hydro- statischen Druck ist, so daD Wasserzuflusse, die trotz der weitgehend erforderlichen Undurchlassigkeit der Gebirgsformation in den Hohlraum eintreten wurden, zuruckgehalten werden. Dieses Verfahren wird vor- nehmlich in den USA als Ersatz f i i ~ die Nutzung von Hohlraumen in Salzlagerstatten angewendet, und mehr als 8O/o der dort vorhandenen etwa 500 Untergrund- speicher sind diesem Typ zuzuordnen.

G e f r o r e n e E r d g r u b e n

In neuerer Zeit wird ein Verfahren angewandt, das sich auf das unmittelbar an der Erdoberflache liegende Ge- biet beschrankt und der vom Bergbau her bekannten Gefrierschachtmethode ahnlich ist. Dabei wird ein von Natur oder kunstlich mit Wasser getrankter Erdboden kranzformig bis zu einer vorher festgelegten Tiefe ge- froren. Dazu dient ein ringformiges System von senk- rechten Bohrungen, in denen doppelwandige Rohre stecken. Eine tiefgekuhlte Flussigkeit (z. B. fliissiges Propan), die im Innenrohr nach unten flieRt und im auDeren Ringrohr wieder emporsteigt, fiihrt dem Boden die Kalte zu, die fur das Entstehen eines kranzformi- gen Frostmantels notwendig ist. Im Inneren dieses Rau- nies wird das vom GefrierprozeD nicht erfaRte Erdreich mit geeigneten Maschinen entfernt, wobei der gefro- rene Erdkranz das EinflieDen von Wasser verhindert und den dabei entstehenden steilen Wanden eine aus- reichende Festigkeit gegen Einsturzen verleiht. Durch den Frostmantel werden Gasverluste und ein zu hoher

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Kalteschwund des verfliissigten Gases vermieden, mit dem diese als Speicherraum dienende Grube gefiillt wird. Ein kalte-isoliertes Dach schlieRt den Behalter gasdicht nach oben ab. Auf diese Weise konnen z. B. Methan bei -161,5OC und Propan bei -42'C unter einem nur geringen Uberdruck, der das Eindringen von Luft zu verhindern hat, gespeichert werdeng,lO), vgl. Abb. 4.

m Abb. 4 . Propan-Spei&erung in einer Gefriergrube; (I Behalter, b Kuhler, c Kompressor, d Fadtel, e Frostmantel, f Gefrier-Rohre, g undurchlassige Schicht, h Saugleitung, i Metalldach, k Propan-Austritt, I Isolierung, rn Propan-Ein- t r i t t .

Bei diesem Verfahren wird nicht nur beim Beschicken fur die Abkuhlung und Verfliissigung des Gases Ener- gie benotigt, sondern auch fur den im Ruhezustand be- findlichen Speicher ist der standige Betrieb einer Kuhl- anlage erforderlich. Diese Kuhlanlage mu5 den Teil der gelagerten Flussigkeit, der durch den unvermeid- lichen WarmezufluR verdampft, wieder verflussigen und die Flussigkeit in den Behalter zuriickleiten, falls sie nicht als Gas dem Verbrauchsstrom zugeteilt werden kann. AuGerdem ist aber eine Verdampfungsanlaye erforderlich, mit der das dem Speicher entnommene flussige Gas fur die Weiterleitung in den gasformigcn Zustand zuriickverwandelt werden kann.

Durch die standige Aufrechterhaltung einer tiefen Tem- peratur wird der flussige Zustand des gespeicherten Stoffes beibehalten und auch der gefrorene Zustand der Wandungen gewahrleistet. Hierdurch bleiben Un- durchlassigkeit, Festigkeit und das geringere Warme- leitvermogen der Eiswandungen erhalten.

H o h l r a u m e d u r c h K e r n e x p l o s i o n e n

Neuere Uberlegungen in den USA gehen dahin, im Rahmen und unter Mithilfe des AEC Plowshare-Pro- grammes im festen Gestein mit atomaren Sprengkor- pern Hohlraume zu schaffen, die fur die Gasspeiche- rung herangezogen werden konnen. In Gebieten, in denen Gas- und Ulsande, Aquiferlagerstatten oder Salz- kavernen bisher nicht angetroffen wurden, konnten auf diese Weise unterirdische GroRraumspeicher an- gelegt werden. Zu diesem Zweck wurde eine Bohrung in eine geeignete Formation gefiihrt, die z. B. aus Gra- nit oder dickem Schieferton bestehen konnte. In der Rohrung wird eine nukleare Explosion ausgelost, durch

die ein Teil des Gesteins schmilzt; ein weiterer dariiber- liegender Teil wird in Bruchstucke zerkleinert, die den entstehenden Hohlraum unregelmaRig ausfullen. Die verbleibenden Zwischenraume konnen das Gas aufneh- men. Die Randzonen der Wandungen sind zerkliiftet, auch in ihren Spalten kann ein Teil des Gases gespei- chert werden. Das untere Ende der in den geschaffenen Hohlraum einmiindenden Bohrung wird in der Regel zerstort werden; deshalb mu5 der Hohlraum durch eine weitere Bohrung wieder von neuem zuganglich ge- macht werden").

Man schatzt, da5 eine Sprengung rnit einer Wirkung von 100 kt in 1400 m Tiefe einen in vertikaler Rich- tung langlichen IHohlraum von etwa 35 m Radius schaf- fen wurde. Er kiinnte rd. 175 000 ms auf 140 at kompri- mierten Gases, also rd. 25 Mill. Nm3, aufnehmen. Die Kosten hierfiir werden mit 1,32 Mill. US-$ angegeben.

Speicherkosten

Neben der Sicherheit sind die Kosten eines jeden Spei- chervorhabens entscheidend. Die Investitions- und War- tungskosten fur obertagige Speichertanks steigen fast linear mit ihrer Kapazitit an, so da5 man fur die mei- sten Arten mit einem nahezu gleichbleibenden Betrag fur 1 mr Speicherraum rechnen kann. Z. B. werden Pro- pan-Druckbehalter mit 300 bis 400 DM/mS kalkuliert, wobei je nach der GroBe der Einheiten, den gegebenen Schwierigkeiten der Fundamentierung und ahnlichen Voraussetzungen diese Betrage geringfugig davon ab- weichen konnen.

Demgegenuber hangen die spezifischen Kosten in DM/mx fur die Herstellung unterirdischer Speicher be- trachtlich von der Gro5e des Speichers ab. Bei Salz- kavernenspeichern bestimmt vor allem der Aufwand fur die Bohrung unter Berucksichtigung von Durch- messer und Tiefe die Kosten. Dieser Aufwand wird

nutzbare Speichergrnlle

Abb. 5. Anlagenkosten fur 1 ms Speicherraum fur verschie- dene unterirdische Speicfierarten in Abhangigkeit von der nutzbaren HohlraumgroDe. Salzkavernen: a 500 m, b 1000 m, c 1500 m tief: d, e bery- mannisch hergestellte Kavernen, rd. 100 m tief, f dur& nukleare Explosionen gewonnene Kavernen.

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zwar von der Fiillungs- und Entnahmerate beeinflufit, jedoch nicht von der GroBe des auszuspulenden Hohl- raumes. Dessen Kosten wachsen vielmehr nahezu mit dem fur den Spulvorgang ziemlich gleichformig anstei- genden Zeitaufwand, so daB sich im Endergebnis ein hyperbel-ahnlicher Verlauf der Kurve fur die Kosten j e Raumeinheit in Abhangigkeit von der SpeichergroRe ergibt, s. Abb. 5. Whnlich, aber betrachtlich hoher, ver- laufen die Werte fur bergmannisch geschaffene Hohl- raume. Interessant ist ferner die Lage der vermutlichen Kosten fur kernenergetisch geschaffene Speicher; denn die zulassige Intensitat der Nuklearenergie ist von der Tiefe der Bohrung abhangig. Sprengungen in geringer Tiefe sind daher nur mit kleinen Einheiten und dem- entsprechend kleinerem Hohlraumgewinn moglich.

Werden Gase komprimiert gespeichert, so ergibt sich - auf ihren Normalzustand bezogen - eine Kosten- iibersicht nach Abb. 6. Im Gegensatz zu Abb. 5 nehmen die Investitionskosten bei groaeren Speicherdrucken ab; die Betriebskosten haben dabei jedoch steigende Tendenz, sie wachsen mit zunehmender Tiefenlage und dem hoheren. dem Hohlraum zumutbaren Druck.

U I 1

I0 lo5 m3 lo6 nutzbore Spe/chefgfoIJe

Abb. 6. Anlagenkosten fur 1 Nm3 gespeichertes Gas f u r Kavernenspeicher in Abhangigkeit von der nutzbaren Hohl- raumgrofle. __ Salzkavernen, --- durch nukleare Explosionen ge- wonnene Kavernen. Die Speicherdrhcke sind an die Kurven geschrieben.

Investitionskosten fur Porenraum- bzw. Aquiferspei- cher konnen wegen ihrer Abhangigkeit von den ortli- chen geologischen Voraussetzungen allerdings in all- cjemeiner Form nicht angegeben werden. Die Federal Power Commission in den USA gab 1964 die Kapital- und Betriebskosten fur Speicher in erschopften Gasfel- dern mit 0,024 DM/Nm3 an, fur solche in erschopften Ulfeldern mit Wassertrieb wurde 0,022 DM/Nm3 und fur Aquiferspeicher 0,034 DM/Nm3, bezogen auf das entnommene Gas, genannt.

Die Porenraumspeicherung kann wegen ihrer meist sehr grofien Kapazitaten starker dem Ausgleich zwischen Sommer- und Winterbedarf dienen, wahrend z. B. Salz- kavernen bei der Speicherung gasformiger Stoffe eher den Forderungen nach Beseitigung der taglichen und wochentlichen Lastspitzen entgegenkommen. Beide haben somit unterschiedliche Anwendungsgebiete und konnen sich gut gegenseitig erganzen.

Nutzanwendung und Aussichten

In der Bundesrepublik Deutschland ist der absolute Energieverbrauch in den letzten Jahren standig ange- stiegen und wird weiter wachsen. Er betrug 1960 etwa 151 . lo6 t Steinkohlen-Einheiten und hatte 1964 eine Hohe von 187. lo6 t Steinkohlen-Einheiten erreicht'*). Man schatzt ihn fur 1970 auf etwa 240. 10" t. Der Ver- brauch in Haushalten und bei Kleinverbrauchern wird wahrscheinlich etwas mehr als ein Drittel des Gesamt- verbrauches betragen, wahrend die Industrie knapp zwei Drittel verbrauchen konnte.

Wenn angenomnien wird, daR der Verbrauch flussiger und gasformiger Brennstoffe ungefahr seinen gegen- wartigen prozentualen Anteil behalt, so wird er abso- lut immer groReren tageszeitlichen, wochentlichen und jahreszeitlichen Schwankungen ausgesetzt sein. Es durfte daher immer wichtiger werden, diese Schwan- kungen der kontinuierlichen Energiedarbietung anzu- passen. Aber nicht nur die unterirdische Speicherung von Gasen und Flussigkeiten als Energietrager, son- dern auch die von Mineral01 und Mineralolprodukten fur die Zwecke der Weiterverarbeitung wird immer groBere Bedeutung erlangen. Das gilt urn so mehr, j e starker die Mineralolbeschaffung von auslandischen Lieferquellen abhangig und durch politische, t ecf in ide oder naturbedingte Unsicherheiten des Antransportes aus Ubersee belastet ist. Vorratsraume fur eine Versor- gung der Bevolkerung und Industrie in Notfallen wer- den sich durch extrem groRe unterirdische Speicher- raume beschaffen lassen. Zur Verwirklichung derarti- ger Plane stehen heute die technischen Erfahrungen und geologischen Erkenntnisse einer intensiven und hochentwidcelten Bohrtatigkeit zur Verfiigung.

Eingegangen am 22. Februar 1967 [B 2287)

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