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Spezielle Notfälle © eg 2010 08/ überarbeitet: I.Ramseier 2011

Spezielle Notfälle - smsv.ch · Bei der Einnahme von zu vielen Tabletten (orale Antidiabetika) oder bei Injektion von zu viel Insulin im Verhältnis zur Zuckeraufnahme, können Symptome

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Spezielle Notfälle

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Inhaltsverzeichnis Thema: Seite

Inhaltsverzeichnis………………………………………………………………………………………………. 2 2.07. Spezielle Notfälle………………………………………………………………………………….. 3 2.07.1. Gynäkologische Notfälle…………………………………………………………………………. 3 2.07.1.1. Scheidenblutungen…………………………………………………………………………………. 3 2.07.1.2. Extrauterine Gravidität (EUG)………………………………………………………………………3 2.07.1.3. Sturzgeburt………………………………………………………………………………………….. 4 2.07.2. Bauchschmerzen………………………………………………………………………………….. 5 2.07.3. Stoffwechsel, Zuckerkrankheit…………………………………………………………………. 6 2.07.3.1. Stoffwechsel………………………………………………………………………………………… 6 2.07.3.2. Zuckerkrankheit (Diabeltes mellitus)……………………………………………………………… 6 2.07.4. Erfrierungen / Unterkühlung / Ertrinken………………………………………………………. 8 2.07.4.1. Unterkühlung………………………………………………………………………………………… 8

2.07.4.2. Erfrierungen………………………………………………………………………………………... 10 2.07.4.3. Ertrinken…………………………………………………………………………………………..... 11 2.07.4.4. Ins Eis einbrechen………………………………………………………………………………… 12 2.07.5. Sonnenstich / Hitzeerschöpfung / Hitzschlag……………………………………………… 13 2.07.5.1. Sonnenstich……………………………………………………………………………………….. 14 2.07.5.2. Hitzeerschöpfung………………………………………………………………………………….. 14 2.07.5.3. Hitzschlag…………………………………………………………………………………………... 14

2.07.6. Verletzungen……………………………………………………………………………………… 15 2.07.6.1. Bisswunden………………………………………………………………………………………… 15 2.07.6.2. Verletzungen im Bauchraum…………………………………………………………………….. 15 2.07.6.3. Brustkorbverletzungen……………………………………………………………………………. 16 2.07.6.4. Offene Brustkorbverletzungen…………………………………………………………………….16 2.07.7. Angstzustände, Verwirrtheit, Aggression…………………………………………………… 17 2.07.7.1. Angstzustände……………………………………………………………………………………... 17 2.07.7.2. Verwirrtheit…………………………………………………………………………………………. 18 2.07.7.3. Aggression…………………………………………………………………………………………. 19

Wo finde ich was? (Weichteil-, Kopf-, Rückenverletzungen ) Hinweise……………………20

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2.07. Spezielle Notfälle Spezielle Notfälle: Wie ein Blitz aus heiterem Himmel Es kann schon morgen passieren: Ein Mann krümmt sich vor Schmerzen, die Bauchdecke spannt sich, oder mitten im Bus stürzt ein Zuckerkranker, oder auf einmal will ein Baby ganz unerwartet sofort zur Welt. Verhaltensweisen und Notmassnahmen für derartige Fälle. 2.07.1. Gynäkologische Notfälle 2.07.1.1 Scheidenblutungen Bei Blutungen aus der Scheide (vaginale Blutungen) handelt es sich in den meisten Fällen um Monatsblutungen (Menstruationsblutungen), die oft mit Bauchschmerzen einhergehen. Sie können aber auch Zeichen für eine Fehlgeburt, innere Erkrankungen, eine Infektion oder eine Verletzung sein. Im Falle einer Verletzung kann es sich auch um Gewalteinwirkungen unter Zwang, wie Vergewaltigung oder sexuelle Ausbeutung handeln. Die Abklärung ist die Aufgabe von Fachleuten. In jedem Fall ist Rücksicht auf die Intimsphäre der Patientin zu nehmen. Massnahmen bei Scheidenblutungen: Die Patientin an einen Ort bringen, an dem ihre Privatsphäre gewahrt werden kann oder

gegen die Umgebung abschirmen Geeignetes, sauberes, saugfähiges Material zur Verfügung stellen Lagern der Patientin in einer ihr bequemen Haltung. In sitzender Haltung mit einer

zusammengerollten Decke die Knie entlasten, um den Bauch zu entspannen Bei starken Blutungen soll die Patientin die Beine überkreuzen und in Flachlage gebracht

werden Schwangere Frauen in Linksseitenlage bringen Alarmieren bei starken Blutungen

Frauenarzt bei Scheidenblutungen: Ausserhalb der Menstruation Nach der Menopause Mit ungewöhnlichen, starken Bauchschmerzen Verbunden mit Fieber Während der Schwangerschaft vor der 20. Woche Nach Vergewaltigung, auch ohne vaginale Blutungen

2.07.1.2. Extrauterine Gravidität (EUG) Jede ausserhalb des Uterus (Gebärmutter) ablaufende Schwangerschaft Symptome: Ausbleiben der Periode Starke Schmerzen (kollikartig, Zerreissungsschmerz) Zeichen eines akuten Abdomens (Bauch) Brettharter Bauch Zeichen eines Volumenmangelschocks Übelkeit, Erbrechen

Sofortige Alarmierung des Rettungsdienstes Betreuen, Beine angezogen, Blutdruck-Pulsüberwachung

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2.07.1.3. Sturzgeburt Eine Sturzgeburt kommt selten vor und verläuft in der Regel ohne Komplikationen. Dabei kommt das Kind sehr plötzlich und schnell zur Welt, sodass ein Transport ins Spital nicht mehr möglich ist. Das Neugeborene hat wenige Möglichkeiten, sich vor Umgebungseinflüssen zu schützen. Daher ist das Warmhalten des Neugeborenen sehr wichtig. Massnahmen bei Sturzgeburt: Für eine bequeme Lagerung der Mutter sorgen Alarmieren 144 so schnell wie möglich Die Mutter zum richtigen Atmen anleiten (falls sie plötzlich hyperventiliert) Sie unterstützen bei der Geburt Das Neugeborene auffangen und halten

Achtung: Kind muss atmen >>>

animieren dazu oder beatmen, falls es nicht klappt

Das Neugeborene in Tücher einwickeln, überwachen und der Mutter in die Arme geben, Vorgehen nach den Richtlinien.

Nabelschnur 20 cm vom Kind entfernt abklemmen, nie durchtrennen! >> Erst nach 2 Minuten!!

Die Mutter unterstützen und betreuen

Achtung:

Nach 10 Minuten oder mehr kommt noch die Nachgeburt (Plazentakuchen). Nicht an der Nabelschnurr reissen, damit es schneller geht. Die Nachgeburt unbedingt aufbewahren (wird untersucht, daran darf nichts fehlen!)

Bei starker Blutung: Flach lagern und Beine überkreuzen

Mutter und Kind betreuen und Wärmeerhaltung ist hier besonders wichtig Überwachung mit Blutdruck, Puls und Atemfrequenz

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2.07.2. Bauchschmerzen Bauchschmerzen Bauchschmerzen können durch eine Vielzahl von Ursachen ausgelöst werden. Neben Stress und Überbelastung (z.B. am Arbeitsplatz, Burn-out-Syndrom) kommen auch körperliche Ursachen in Frage. Blinddarmentzündungen und Darmverschlüsse sind häufige Erkrankungen. Die Schmerzen können kolikartig sein: Wehenartiges, krampfartiges Zusammenziehen der Muskeln unter Schmerzen. Typisch für Blinddarmentzündungen ist der Loslassschmerz: Dazu mit der Handfläche langsam auf die Blinddarmregion drücken, und schnell loslassen. Bestehen die Beschwerden über längere Zeit, liegt eine sehr hartnäckige Verstopfung oder starkes Sodbrennen mit Schmerzen hinter dem Brustbein und im Magenbereich vor, ist ein Besuch beim Hausarzt und die Abklärung der Ursache sicherlich angezeigt. Mögliche Ursachen sind: Verletzungen (Blutungen machen sich durch Schockzeichen und Verhärtungen des

Bauches bemerkbar) Krankheiten

Symptome: Bauch- und/oder Unterleibsschmerzen Gespannte Bauchdecke Druckschmerz Übelkeit Erbrechen Gräulicher, blasser Gesichtsausdruck Schwacher, schneller Puls Flache, schnelle Atmung

Patient immer nach weiteren Schmerzen fragen. Begleitsymptome, andere Schmerzen in einer anderen Gegend. Weiteren Verletzungen etc. Erste Hilfe: Heftige Bauchschmerzen erfordern immer eine sofortige Einweisung ins Spital. Erst nach der Feststellung der genauen Diagnose darf eine Therapie eingeleitet werden. Alarmieren Ggf. Wundbedeckung: Verbandtuch locker über die Wunde legen, vorsichtig befestigen Schockbekämpfung Unterstützung der Schonhaltung des Betroffenen Wärme erhalten Wiederholte Kontrolle der Lebenszeichen Für Ruhe sorgen Patienten nach seinen Bedürfnissen lagern, idealerweise flach mit angezogenen Beinen Nichts zu essen und zu trinken geben Bei Bewusstlosigkeit: Vorgehen nach den Richtlinien

Bei unklaren, akuten Bauchschmerzen darf kein Schmerzmedikament

verabreicht werden. Es muss immer vorher abgeklärt werden.

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2.07.3. Stoffwechsel, Zuckerkrankheit 2.07.3.1. Stoffwechsel Der Stoffwechsel oder der Metabolismus steht für die Aufnahme, den Transport und die chemische Umwandlung von Stoffen in einem Organismus sowie die Abgabe von Stoffwechselendprodukten an die Umgebung. Handelt es sich im ersten Fall um Fremdstoffe, so spricht man auch von Fremdstoffmetabolismus. Diese biochemischen Vorgänge (zum Beispiel innere und äußere Atmung, Transportvorgänge, Ernährung) dienen dem Aufbau und der Erhaltung der Körpersubstanz (Baustoffwechsel) sowie der Energiegewinnung (Energiestoffwechsel) und damit der Aufrechterhaltung der Körperfunktionen. Wesentlich für den Stoffwechsel sind Enzyme, die chemische Reaktionen katalysieren (ermöglicht, stark beschleunigt). Die Erforschung des Stoffwechsels erfolgt vor allem mit Methoden der Physiologie und Biochemie. 2.07.3.2. Zuckerkrankheit Durch das Verdauungssystem gelangt die Nahrung in den Körper, diese wird anschliessend durch den Stoffwechsel in eine Form gebracht, welche von den Zellen verwertet werden kann. Der Blutzuckerspiegel wird normalerweise durch das in der Bauchspeicheldrüse produzierte Hormon Insulin reguliert. Insulin senkt den Blutzucker, weil es die Aufnahme und den Verbrauch von Zucker in den Zellen regelt. Bei der Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) gelingt es dem Körper nicht, die Konzentration des Zuckers im Blut zu regulieren. Typ II, welche mit Tabletten unterstützt werden können. Typ I, welche in der Regel spritzpflichtig sind.

Personen mit Diabetes müssen auf die Zucker-, Stärke- und Fettanteile in ihrer Nahrung achten. Sie kontrollieren ihren Blutzuckerspiegel regelmässig. Personen mit Diabetes Typ 1 gelingt dies nur mit Hilfe von Insulininjektionen (die produzierenden Zellen können kein Insulin mehr herstellen) Personen mit Diabetes Typ 2 genügt oft Gewichtsabnahme, vermehrte Bewegung oder die Einnahme von Tabletten, so genannten oralen Antidiabetika. Manchmal müssen sie auch Insulin spritzen. Die Bauchspeicheldrüsen-Zellen können nicht mehr genügend Insulin produzieren (d.h. sie produziert noch, aber zu wenig). Steigt der Blutzuckerspiegel über die normale Konzentration, spricht man von Überzuckerung (Hyperglykämie). Bei der Einnahme von zu vielen Tabletten (orale Antidiabetika) oder bei Injektion von zu viel Insulin im Verhältnis zur Zuckeraufnahme, können Symptome der Unterzuckerung auftreten. Wenn der Blutzucker unter die normale Konzentration unter 4 mmol/L absinkt, kommt es zu einer Unterzuckerung (Hypoglykämie). Eine starke und unbehandelte Unterzuckerung kann tödlich sein. (fällt meist ins Koma Diabetikum unter 1 mmol/L.

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Symptome: Überzuckerung (Hyperglykämie) Langsame Entwicklung der Symptome – meistens innert Tagen Durst, evtl. nur geringes Durstgefühl Häufiges Wasserlösen in grossen Mengen Trockene Zunge und rote Haut Manchmal Körpergeruch nach Aceton – Geruch nach faulem Obst (absolut typisch) Übelkeit und Erbrechen Bewusstseinsstörungen bis diabetisches Koma oft mit schneller, tiefer Atmung Abnorme Müdigkeit Verwirrtheit, Benommenheit

Unterzuckerung (Hypoglykämie) Rasche Entwicklung der Symptome – Minuten bis Stunden Schwächegefühl Müdigkeit und Gähnen Gehstörungen: Schwanken, Torkeln Konzentrationsstörungen, Verwirrtheit Verhaltensstörungen: Aggressivität Hautblässe sowie Schweissausbruch Plötzliches Hungergefühl Zittern Kribbeln und Gefühlsstörungen Bewusstseinsstörungen bis zur Bewusstlosigkeit Es können noch andere Symptome auftreten: Herzklopfen, Kopfschmerzen,

verschwommenes Sehen, Krämpfe. Oft kennen die Patienten die Vorzeichen einer Hypoglykämie, aber manchmal haben sie nicht genug Zeit um zu reagieren. Jeder Diabetiker hat normalerweise Zucker und einen Notfallzettel mit Anweisungen zur Ersten Hilfe bei sich.

Erste Hilfe: Beim ansprechbaren Patienten: 4 Traubenzucker / Würfelzucker oder 2 dl gesüsste Getränke, z. B. Cola oder

Orangensaft geben, die nicht künstlich gesüsst sind Möglichst bald feste Nahrung zu sich nehmen, da Traubenzucker nur kurzfristig hilft

Wenn nach 15 Minuten keine Wirkung eingetreten ist oder bei Bewusstseinsverlust: Alarmieren Beim bewusstlosen Patienten: Alarmieren Vorgehen nach den aktuellen Richtlinien Wegen der Aspirationsgefahr darf keine Nahrung oder Flüssigkeit verabreicht werden.

Typisch fallen Menschen, vorwiegend ältere, an der Kasse um oder vor dem Brotgestell oder in der Nähe der Süssigkeiten in den Lebensmittelgeschäften. Zuspät haben sie bemerkt, das der Kühlschrank leer ist und das Frühstück auf der Strecke bleibt. Im Notfall weiss man meistens nicht, ob Über- oder Unterzuckerung. Zucker nass machen und in die Backentasche des Bewusstlosen streichen (nur was seine Schleimhaut aufnehmen kann). Der Patient muss zuvor aber in die stabile Seitenlage gedreht werden!!

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2.07.4. Erfrierungen / Unterkühlung / Ertrinken Kälteschäden allgemein Erfrierungen und Unterkühlungen sind in unserer heutigen Zeit eher seltene Krankheitsbilder. Eine Unterkühlung ist durch die Herabsetzung der Körperkerntemperatur charakterisiert. Dabei kommt es zur Kreislaufzentralisation mit nachfolgender Minderdurchblutung der Akren (distale Körperteile wie Finger, Zehen, Hände, Füsse, Nase). Diese können bei entsprechender Kälteexposition einen lokalen Erfrierungsschaden aufweisen. Dieser lässt sich in drei Schweregrade einteilen und ist bis auf wenige Ausnahmen gut behandelbar. Im schlimmsten Fall droht eine Amputation, was jedoch sehr selten vorkommt. Im Extremfall führt die Unterkühlung über die Stadien der Bewusstlosigkeit sowie durch Veränderung der Reizleitung am Herzen zum Tode. 2.07.4.1. Unterkühlung Die Hypothermie, Unterkühlung oder Verklammung ist ein Zustand nach Kälteeinwirkung auf den Körper eines Lebewesens, d.h., die Wärmeproduktion war über längere Zeit geringer als die Wärmeabgabe. Die Unterkühlung kann Gesundheitsschäden oder den Tod herbeiführen. Bei nur lokalen Kälteeinwirkungen kommt es zu Erfrierungen. Bei Unfällen am Wasser oder im Gebirge haben die Helfer in der Wasserrettung und dem Bergrettungsdienst immer auch von einer Unterkühlung des Patienten auszugehen. Faktoren die zur Unterkühlung führen können sind: Natur: Temperatur Mensch: Isolation der Kleider Wind Alter Feuchtigkeit Verletzungen

Ertrinken Erschöpfung Bergwanderer Disziplin Training Höhlen Bewusstloses Liegen im Freien Lawinen Erfahrung

Alkohol, Nikotin, Medikamente Stadien und Symptome der Unterkühlung:

Stadium Körpertemperatur Symptome

Milde Hypothermie 32–35 °C

Muskelzittern, Trennung von Schale/Kern, Herzrasen, erhöhte Atemfrequenz, Gefässverengung, nach einiger Zeit: Unempfindlichkeit, Bewegungsstörungen, Beeinträchtigung des Urteilsvermögens

Mittelgradige Hypothermie 28–32 °C

Bewusstseinseintrübung, Herzschlag unter 60, erweiterte Pupillen, verminderter Würgereflex, Aufhören von Muskelzittern, verminderte Reflexe, Blutdrucksenkung, Wahnvorstellungen (Kälteidiotie)

Schwere Hypothermie unter 28 °C

Bewusstlosigkeit, Kreislaufstillstand, verminderte Hirnaktivität im EEG, Lungenödem, starre Pupillen, Herzrhythmusstörungen, Atemstillstand

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Erste Hilfe: Schaffe das Opfer in einen warmen Raum oder eine warme Unterkunft. Das

Einschränken des Verlustes weiterer Körpertemperatur ist entscheidend. Schütze das Opfer vor kalten Untergründen (schaffe eine trockene, dicke Barriere zwischen dem Opfer und der kalten Oberfläche) und schütze es vor Kälte und Wind (wenn notwendig, nutze deinen eigenen Körper als Schild). Vergewissere dich, dass alle Dinge, die du am Opfer nutzt, trocken sind.

Entferne jedwede nasse Kleidung. Nasse Kleidung (und auch nasse Decken) senken die Körpertemperatur des Opfers noch weiter, da das Wasser verdunstet. Ist die Person bewusstlos, oder es würde zu lange dauern die Kleidung auszuziehen, schneide sie ihr/ihm vom Leib.

Messe die Temperatur. Ist sie unter 35°C handelt es sich um einen Notfall – rufe sofort einen Arzt.

Wärme das Opfer auf. Unterkühlungsopfer brauchen Unterstützung bei der Wiedererlangung ihrer Körpertemperatur. Massiere oder reibe den Körper des Opfers jedoch nicht, da dies zu einem erhöhten Risiko von Herz-Kreislauf-Beschwerden führen kann. Nutze die folgenden Techniken:

Erwärme das Zentrum des Körpers. Beginne mit dem Brustkorb, Nacken, Kopf und der Leiste. Nutze Haut-an-Haut Kontakt unter locker liegenden, trockenen Lagen von Decken, Kleidung, Handtüchern oder Betttüchern. Was auch immer du anwendest, stelle sicher es ist warm und nicht heiss – nutze kein heisses Wasser, Heizkissen oder Heizlampen. Versuche nicht die Arme und Beine aufzuwärmen, da dies das kalte Blut zurück an das Herz, Lungen und Gehirn schickt und den Allgemeinzustand eher verschlechtert.

Ist die unterkühlte Person ansprechbar, gib ihm ein warmes, nicht-alkoholisches Getränk, wie beispielsweise eine heisse Schokolade (Alkohol erschwert das Wiedererlangen der Körpertemperatur). Vermeide Getränke mit Koffein; diese sind Diuretika und können zum Verlust der Körpertemperatur führen. Einer bewusstlosen Person sollten niemals Getränke gereicht werden. Reiche kleine Mahlzeiten, zur Wärmeproduktion. Süsse, kohlenhydratreiche Mahlzeiten funktionieren gut; ideal sind Studentenfutter oder andere Lebensmittel, die Zucker und Fette verbinden.

Nachdem die Körpertemperatur angestiegen ist, halte die Person trocken und wickle sie in eine warme Decke ein - Kopf und Nacken nicht aussparen.

Beobachte das Opfer und warte auf ärztliche Hilfe. Achte auf eventuelle Atmen- oder Herz-Kreislauf-Probleme.

Achtung!

Bei starker Unterkühlung darf der Patient nicht mehr bewegt werden! Das kalte „Schalenblut“ senkt zusätzlich die Körper-Kerntemperatur – Todesgefahr!

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2.07.4.2. Erfrierungen Unter einer Erfrierung versteht man eine Schädigung des Gewebes durch Kälteeinwirkung. Sie tritt besonders häufig an kälteexponierten Körperstellen (Ohrmuschel, Nase), ungenügend kältegeschützten Gliedmassen (Finger, Zehen) und unter Umständen zugleich mit einer allgemeinen Unterkühlung auf. Dagegen führt ein örtlich begrenzter direkter Kontakt mit extrem kalten Substanzen, wie beispielsweise Trockeneis oder flüssigem Stickstoff, bei mangelhaft isolierendem Transportbehälter oder technisch verursachten Unfällen zu Symptomen die einer Verbrennung ähneln und deshalb als Kälteverbrennung bezeichnet werden. Klassifikation: Die Abläufe in Erfrierungswunden gleichen den Verbrennungswunden, weshalb die Klassifikation nahezu gleich ist: Erfrierungen werden je nach Schwere in vier Grade eingeteilt: Erfrierung 1. Grades: blasse Hautfarbe, Schwellung der Hautpartie, Schmerzen Erfrierung 2. Grades: blau-rote Hautfarbe, Blasenbildung Erfrierung 3. Grades: beinahe schmerzfreies Absterben des Gewebes Erfrierung 4. Grades: Vereisung und völlige Gewebezerstörung Symptome Frostgefühl in Händen und Füssen, Empfindung von zu kleinen Schuhen, blaurote Flecken sind Symptome von Erfrierungen. Erfrorene Körperteile sind zunächst weiss-grau, weich und schmerzhaft (wie Nadelstiche), später sind sie hart und gefühllos bis zur Brüchigkeit. Die Grenze zwischen erfrorenem und gesundem Körpergewebe ist nicht deutlich erkennbar. Erste Hilfe: Rettungskette befolgen, sofort alarmieren: Den Patienten flach lagern und wenig bewegen oder, wenn möglich, vollständig

immobilisieren, vorallem erfrorene Körperregionen. Durch Körperwärme des Helfers eine Erwärmung versuchen (jedoch nicht bei hart

gefrorenen Körperteilen). KEINE aktive Wärme (z. B. durch Reiben oder Wärmflasche) zuführen.

Wärmeerhalt, d. h. zunächst nur den Körper (entsprechend dem zentralen Kreislauf). Patienten mit Wolldecken zudecken oder einwickeln. Eine Rettungsdecke nie direkt auf die Haut bringen, diese ist dann wegen fehlender Isolationswirkung nutzlos. Nicht die Extremitäten, da sonst der Bergungstod droht.

Ständige Kontrolle der Vitalfunktionen Erfrorene Körperteile mit möglichst locker keimfreiem Material bedecken (z.B. Verbandtuch) Bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes beruhigen, betreuen, trösten und beobachten Da meist mit Unterkühlung verbunden, haben Massnahmen gegen Unterkühlung Vorrang

Schutzhandschuhe anziehen, wenn solche Erfrierungen berührt werden müssen.

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2.07.4.3. Ertrinken Ursachen: Ertrinken kommt nicht nur beim Nichtschwimmer vor, es kann auch beim guten

Schwimmer vorkommen (Muskelkrampf, Herz-Kreislaufstörung, Erschöpfung usw.). Die Atemwege werden beim Versinken verlegt (Stimmritzenkrampf oder Eindringen von

Wasser). Erscheinungsbild: Zyanose (Blaufärbung von Haut, Lippen, Fingernägeln) Evtl. Krampfanfälle Bewusstlosigkeit bis Atemstillstand Evtl. Kreislaufstillstand

Erste Hilfe: Sofort beatmen, schon während der Bergung Keine Zeit verlieren (Wasser nicht ausschütten) Bei behinderter Beatmung, Mundreinigung (Schlamm) Bei Kreislaufstillstand sofort Wiederbelebung beginnen

Vorbeugung: Nicht in unbekannte Gewässer springen Nicht mit überhitztem Körper in kaltes Wasser springen Nicht nach üppigen Mahlzeiten schwimmen Nichtschwimmer nicht ins Wasser stossen Kinder nicht unbeaufsichtigt lassen Lange Strecken nicht unbegleitet schwimmen

Das trockene Ertrinken Beim trockenen Ertrinken kommt es durch eine Reizung des Nervus Vagus, der am Kehlkopf sitzt, zu Herzverlangsamung und Herzstillstand. Dabei laufen auch Impulse über einen zweiten Nerv ( R. laryngus recurrens), der zur Kehlkopfmuskulatur führt und dort den Stimmritzenkrampf auslöst. Meist wird durch den ausgelösten Hustenreiz der Stimmritzenkrampf gleich wieder durchbrochen, aber in ca 10% der Fälle kommt es auf diese Art zum trockenen Ertrinken. Wie durch zahlreiche Beobachtungen bestätigt, wird dieses Reflexgeschehen durch eine Magenüberfüllung begünstigt. Zu einer Reflexwirkung wie beim "Tiefschlag eines Boxers" kann es auch beim Sprung ins kalte Wasser kommen, wenn man mit dem Bauch hart aufschlägt. Wenn auch bisher noch keine Untersuchungen vorliegen, nach denen es beim Tauchen zum Reflextod gekommen ist, so ist es jedoch denkbar, dass auch einige unerklärliche Tauchunfälle durch derartige vago-vasale Reflexmechanismen ausgelöst wurden. Das nasse Ertrinken Beim nassen Ertrinken dringt das Wasser ohne Blockade durch die Atemwege bis zur Lunge vor und verhindert den Gasaustausch. Zudem wird wie nachfolgend beschrieben, das komplette Blutbild verändert. Die Chancen auf eine Rettung sind minimal, da neben den Komplikationen, die durch das Ertrinken verursacht werden, auch die Lungen massiv geschädigt werden (Lungenentzündung).

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2.07.4.4. Einbrechen im Eis Wenn Schlittschuhläufer oder Spaziergänger ins Eis einbrechen, zählt jede Sekunde. Eiskaltes Wasser lähmt die Glieder bereits nach wenigen Minuten, zudem droht Herzstillstand. Bergung: Wenn jemand ins Eis eingebrochen ist, muss schnell geholfen werden. Schon nach wenigen Minuten lähmt das eiskalte Wasser die Glieder. Außerdem kann es durch die Unterkühlung zu einem Herzstillstand kommen. Wichtig ist es, sofort über die Notrufnummer 112 Hilfe anzufordern. Nichtausgebildete Helfer sollten versuchen, dem Verunglückten Bretter, einen umgedrehten Schlitten oder einen Ast zuzuwerfen, damit er sich selber daran herausziehen kann. Höchste Vorsicht ist geboten, wenn sich die Retter dem Eisloch nähern. Nur wenn der Eingebrochene sich nicht selber retten kann, sollten sich nichtausgebildete Helfer dem Loch nähern. Der Helfer sichert sich am besten mit einer Leine, die er sich umbindet. Dann kann er bäuchlings über das Eis zur Unglücksstelle robben, um nicht selber einzubrechen. Ist der Verunglückte geborgen, muss er sofort ins Warme. Herumlaufen sollte er nicht, da er an Herzrhythmusstörungen sterben könnte. Vorbeugende Massnahmen: Um Unfälle zu vermeiden, sollten gefrorene Gewässer erst betreten werden, wenn das Eis mindestens 15 Zentimeter dick ist. Bei fliessenden Gewässern sollte die Eisdicke mindestens 20 Zentimeter betragen. Spaziergänger oder Schlittschuhläufer sollten sich niemals alleine auf das Eis begeben - vor allem nicht an den ersten kalten Tagen. Erste Hilfe: sofort alarmieren Nach den Richtlinien Patient beurteilen und Massnahmen ergreifen Witterungsschutz und Wärmeerhaltung

Ist themenbezogen hier bei der Unterkühlung behandelt. Dieses Thema gehört eigentlich in das Hauptthema 5 „Unfallbedingte Körperschädigungen

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2.07.5. Sonnenstich / Hitzeerschöpfung / Hitzschlag

Sonnenstich Hitzeerschöpfung Hitzschlag Gesicht /Kopfhaut heiss/hochrot heiss/hochrot hochrot

Körperhaut blass/kühl von warm/ rot bis blass/feucht

trocken/rot/heiss später grau/blau

Vorboten

Abgeschlagenheit Kopfschmerzen Schwindel Brechreiz Durst

Abgeschlagenheit Kopfschmerzen Schwindel Evtl. Erbrechen Durst

Abgeschlagenheit Kopfschmerzen Schwindel Erbrechen Durst

Weitere mögliche Zustände

Verwirrtheit In schweren Fällen bis Bewusstlosigkeit

Verwirrtheit Benommenheit bis Bewusstlosigkeit

Verwirrtheit bis Bewusstlosigkeit

Typisches

Nackensteife oft gleichzeitig Wärmestauung vorhanden

Augenflimmern hochgradige Schwäche schwitzt stark Bei hochgradiger Hitzeerschöpfung: Blässe, kalter Schweiss, Frösteln!!

unkoordinierte Bewegungen z.T. Aggressivität mögliche Krampfanfälle (wie epileptische Anfälle) hört auf zu schwitzen

Puls beschleunigter bis schneller

schnell, schwach fühlbar (Achtung Schock)

schnell, schwach fühlbar (Achtung Schock)

Temperatur normal bis leicht erhöht normal bis erhöht erhöht bis 43° Grad

möglich

Massnahmen bei wachen Patienten

abkühlen evtl. feuchte Tücher 1 TL Kochsalz auf 1 lt. Wasser oder Tee oder Bouillon Oberkörper hoch lagern u. schattig

sofort abkühlen 1 TL Kochsalz auf 1 lt. Wasser oder Tee oder Bouillon Oberkörper hoch lagern schattig lagern

massiv abkühlen bis 38° Grad erreicht sind, je rascher, je besser die Prognose Oberkörper hoch lagern schattig lagern

Massnahmen bei Bewusstlosen

Seitenlagerung und ständig überprüfen von Blutdruck/Puls

Seitenlagerung und ständig überprüfen von Blutdruck/Puls

Seitenlagerung und ständig überprüfen von Blutdruck/Puls

Endstadium Schock Hitzeerschöpfung Hitzschlag

Schock Hitzschlag

Koma mit Temperatur um 42° Grad blasse Haut blaue Lippen schwachem, kaum fühlbaren Puls

Alarmierung Arzt oder Ambulanz (Je nach Bewusstseinszustand)

Ambulanz Ambulanz

Später

für längere Körperruhe sorgen, sonst besteht evtl. lebensbedrohliche Rückfallgefahr

Langandauernde Körperruhe, sonst besteht lebensbedrohliche Rückfallgefahr

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2.07.5.1. Sonnenstich Ein Sonnenstich entsteht durch lange andauernde direkte Sonneneinstrahlung auf den Kopf und den Nackenbereich. Der für diese Schädigung verantwortliche Teil der Sonnenstrahlung ist der langwellige, d. h. die Wärmestrahlung des Sonnenlichtes. Das führt zu einer Irritation der Hirnhaut und des Hirngewebes und zu einer Entzündungsreaktion, die in schweren Fällen in ein Hirnödem übergehen kann. So gesehen ist ein Sonnenstich ein isolierter Hitzschlag des Kopfes, also ein rein thermisches Problem. Die immer wieder auftauchende Erklärung, die Hirnhautreizung entstehe durch den UV-Anteil des Sonnenlichtes, ist ein Mythos. Die UV-Strahlung kann die Haut nicht durchdringen, geschweige denn den knöchernen Schädel. Der Sonnenstich äussert sich durch Schwindel, Übelkeit bis zum Erbrechen, Ohrgeräusche und Nackenschmerzen bis hin zu Nackensteifigkeit (Meningismus). Die Körpertemperatur ist fast immer normal. In schweren Verlaufsfällen kann es zu Bewusstseinsstörungen bis hin zur Bewusstlosigkeit und zu Kreislaufversagen führen. Auch Todesfälle wurden bereits beschrieben. Einem Sonnenstich kann durch das Tragen einer hellen Kopfbedeckung vorgebeugt werden. Vor allem kleine Kinder sind durch den Sonnenstich gefährdet. Dazu tragen die Fontanellen sowie die spärliche Kopfbehaarung der ersten beiden Lebensjahre bei. Auch Träger einer Glatze oder einer Kurzhaarfrisur unterliegen einem erhöhten Risiko. 2.07.5.2. Hitzeerschöpfung Zu einer Hitzeerschöpfung kommt es durch Flüssigkeits- und Elektrolytverlust ohne entsprechende Zufuhr von aussen – und damit zu einer Abnahme des extrazellulären Flüssigkeitsvolumens ohne Erhöhung der Körpertemperatur (Abnahme des Blutvolumens im Kreislauf). Folge kann ein Versagen des Kreislaufs sein. Verstärkt wird dies, wenn durch Wasserverluste die zirkulierende Blutmenge vermindert ist. Die kritische Grenze liegt etwa bei einem Wasserverlust von 12 % des Körpergewichts. Die Symptome einer Hitzeerschöpfung sind Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit, Bewusstseinsstörungen bis hin zur Bewusstlosigkeit. Die Haut ist zuerst gerötet, dann blass und feucht. Der Puls ist schnell, der Blutdruck niedrig, die Atmung schnell und flach. Ab etwa 40 °C tritt die Gefahr des Hitzekollaps auf, der keine direkte thermische Schädigung des Körpers ist, sondern ein Versagen des Kreislaufs. Infolge der starken Erweiterung der Hautgefässe entsteht ein Missverhältnis zwischen Gefässkapazität und zirkulierender Blutmenge, so dass es zum Blutdruckabfall (Hypovolämischer Schock) und schliesslich zur Bewusstlosigkeit kommt. Die wichtigste Massnahme in der ersten Hilfe besteht darin, den Patienten in den Schatten oder eine kühle Umgebung zu bringen. Ist der Patient noch bei Bewusstsein, Oberkörper hoch lassen, überwachen. Ein bewusstloser Patient muss in die stabile Seitenlage gebracht werden, wenn er noch atmet. Sollte auch die Atmungsfunktion ausfallen, muss eine Herz-Lungen-Wiederbelebung erfolgen. 2.07.5.3. Hitzschlag Bei dem lebensgefährlichen Hitzschlag steigt zusätzlich die Körpertemperatur auf über 40 °C an (Rektaltemperatur), da der Patient nicht mehr richtig schwitzen kann. Diese akute Überhitzung des Körpers führt zu einem Hirnödem. Symptome sind eine Körpertemperatur wie bei sehr hohem Fieber, Krämpfe, Ausbleiben der Schweissabsonderung durch akuten Wassermangel und Bewusstseinstrübung, die wie Müdigkeit und Schlaf erscheinen kann. Es kann zur Hirnschädigung kommen. Ursachen sind häufig eine körperliche Überanstrengung bei feuchter Hitze oder der Aufenthalt in überhitzten, geschlossenen Räumen.

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2.07.6. Verletzungen 2.07.6.1. Bisswunden Wenn Hunde, Katzen oder Menschen zubeissen, sind in ca. der Hälfte der Fälle Kinder die Opfer. Das Gefährliche an Bissverletzungen sind oft Quetschungen an den Wundrändern, die einen idealen Nährboden für Wundinfektionen bilden. In Europa versterben ungefähr 800 Patienten pro Jahr an den Folgen einer Infektion nach Bissverletzungen von Haus-, Wildtieren oder Menschen. Über 75% der Bissverletzungen werden durch Hunde verursacht, etwa 10% von Katzen. Die Hälfte der Hundebissverletzungen betrifft Kinder, die meist von zuvor als „völlig harmlos“ beschriebenen Hunden gebissen werden. Die grösste Sorge bei einer Bisswunde ist die Übertragung von Infektionskrankheiten, z.B. Hepatitis, HIV oder Tollwut (Die Schweiz gilt derzeit als tollwutfrei). Auch Schäden an Sehnen, Muskeln oder Nerven können auftreten. Wundversorgung: Durch Menschen oder Tiere zugefügte Bisswunden sollen aufgrund der Infektionsgefahr grundsätzlich immer von einem Arzt oder einer Ärztin behandelt werden. Diese reinigen und desinfizieren die Wunde sachgemäss, verschliessen sie und führen unter Umständen eine prophylaktische Therapie mit Antibiotika, Antiviralia oder Impfungen durch. In der Apotheke kann in Notfällen allenfalls eine erste Wundversorgung durchgeführt werden. Empfohlen wird zum Beispiel: Reinigung und Spülung mit reichlich Ringerlösung oder physiologischer Kochsalzlösung oder eine verdünnten Iod-Povidon-Lösung (Betadine®). Der Tetanusschutz (Starrkrampfimpfung) muss aufgefrischt werden. Gegen den Starrkrampf kann geimpft werden, aber geheilt werden kann er nicht! 2.07.6.2. Verletzung im Bauchraum Erkennen:

Zerrissene, evtl. auch blutdurchtränkte Kleidung Angabe von Schmerzen nach Gewalteinwirkung im Bauchbereich Schonhaltung (häufig: angezogene Knie) Schockanzeichen, die sich u.U. rasch verstärken Unter Umständen Prellmarken, die Anzeichen für innere Verletzungen sein können Starkes Durstgefühl

Das können Sie tun: Ggf. Wundbedeckung: Verbandtuch locker über die Wunde legen, vorsichtig befestigen Schockbekämpfung Unterstützung der Schonhaltung des Betroffenen Wärme erhalten Wiederholte Kontrolle der Lebenszeichen Für Ruhe sorgen Verbot von Essen, Trinken und Rauchen Notruf

Bei der Schonhaltung versucht der Betroffene eine Entspannung der Bauchdecke zu erreichen. Sie als Ersthelfer können ihn dabei unterstützen, indem Sie eine Knierolle (z.B. zusammengerollte Decke) unter die Knie legen. Eine tatsächliche Entspannung der Bauchdecke tritt jedoch nur dann ein, wenn der Betroffene zusätzlich zur Knierolle auch die Gelegenheit erhält, seine Füsse in geeigneter Form abzustützen.

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2.07.6.3. Brustkorbverletzungen Eine stumpfe Brustkorbverletzung ist anzunehmen, wenn durch äussere Gewalteinwirkung auf den Brustkorb Rippenbrüche und Lungenverletzungen entstehen, jedoch keine äussere Wunde vorhanden ist. Erkennen: Schmerzen bei jedem Atemzug Flache Atmung Schonhaltung Reizhusten, eventuell Bluthusten Schockanzeichen

Gefahren: Schon der Bruch von einzelnen Rippen und des Brustbeins kann zu Blutungen nach

innen oder zu Verletzungen der inneren Organe (Lunge, Herz) führen. Besonders gefährlich sind Serienrippenbrüche, weil sie vor allem die Atmung stark beeinträchtigen.

Erste Hilfe: Öffnen beengender Kleidungsstücke mit erhöhtem Oberkörper möglichst auf die

verletzte Seite lagern weitere Schockbekämpfung sofortige Alarmierung Tel. 144 oder 1414

2.07.6.4. Offene Brustkorbverletzung Bei einer Öffnung des Brustkorbs strömt Luft in den Brustraum. Dadurch geht auf der verletzten Seite, der zwischen Brustwand und Lunge herrschende Unterdruck verloren. Die Lunge zieht sich auf Grund ihrer Elastizität zusammen und beteiligt sich nicht mehr an der Atmung. Wenn die Verletzung so weit offen ist, dass beim Atmen Luft ein- und ausströmen kann, entstehen im Brustkorb durch ständige Bewegungen der Brustorgane instabile Verhältnisse (Mittelfellpendeln). Das kann innerhalb kurzer Zeit zu schwerer Beeinträchtigung der Atmung und des Kreislaufs führen. Erkennen: Wunde, gegebenenfalls mit pfeifendem oder schlürfendem Geräusch Luftbläschen in der Wunde Bluthusten schwere Atemnot

Gefahren: Zunehmende Atemnot durch mangelndes Ausdehnungsvermögen der Lungen - schwerer

Schock - Tod durch Kreislaufversagen.

Erste Hilfe: Wunde keimfrei bedecken Den Verletzten mit erhöhtem Oberkörper lagern, evtl. auf verletzte Seite weitere Schockbekämpfung Sofortige Alarmierung Rettungsdienst Tel. 144 oder 1414

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2.07.7. Angstzustände, Verwirrtheit, Aggression 2.07.7.1. Angstzustände Angst ist ein menschliches Grundgefühl, welches sich in als bedrohlich empfundenen Situationen als Besorgnis und unlustbetonte Erregung äussert. Auslöser können dabei erwartete Bedrohungen etwa der körperlichen Unversehrtheit, der Selbstachtung oder des Selbstbildes sein. Begrifflich wird dabei die objektunbestimmte Angst von der objektbezogenen Furcht unterschieden. Weiterhin lässt sich die aktuelle Emotion Angst unterscheiden von der Persönlichkeitseigenschaft Ängstlichkeit, also häufiger und intensiver Angst zu fühlen als andere Menschen. Evolutionsgeschichtlich hat die Angst eine wichtige Funktion als ein die Sinne schärfender Schutzmechanismus, der in tatsächlichen oder auch nur vermeintlichen Gefahrensituationen ein angemessenes Verhalten (etwa Flucht) einleitet. Da der Energieaufwand für eine Flucht gering ist (wenige hundert kcal), übersehene Bedrohungen aber äusserst folgenschwere Auswirkungen nach sich ziehen können (Tod), ist die „Alarmanlage“ Angst sehr empfindlich eingestellt, was in vielen Fehlalarmen resultiert. Angst kann sowohl bewusst als auch unbewusst wirken. Entstehen durch Angst andauernde Kontrollverluste oder Lähmungen, wird von einer Angststörung gesprochen. Bekannte Beispiele von Ängsten:

Prüfungsangst: Entweder Angst vor dem eigentlichen Schreiben einer Klausur oder die Angst, die Klausur nicht zu bestehen;

Flugangst: Angst von Personen (tritt sowohl bei Passagieren als auch bei Piloten auf), dass das Flugzeug unerwartet oder auch bei Problemen (Turbulenzen etc.) abstürzen kann. Sonderfall der Phobien;

Platzangst (Agoraphobie): Angst vor weiten Plätzen, in grossen Warenhäusern und Shopping Centern, besonders in Megamalls und auf ihren Parkflächen;

Einschlussangst (Klaustrophobie): in Aufzügen von Wohn- und Bürohochhäusern sowie Warenhäusern und stark frequentierten innerstädtischen Einkaufsstrassen und -passagen aufkommendes Gefühl der Beklemmung.

Körperliche Reaktionen: Die körperlichen Symptome der Angst sind normale (also nicht krankhafte) physiologische Reaktionen, die bei (einer realen oder phantasierten) Gefahr die körperliche oder seelische Unversehrtheit, im Extremfall also das Überleben sichern sollen. Sie sollen ein Lebewesen auf eine „Kampf- oder Flucht-Situation“ (fight or flight) vorbereiten:

Erhöhte Aufmerksamkeit, Pupillen weiten sich, Seh- und Hörnerven werden empfindlicher

Erhöhte Muskelanspannung, erhöhte Reaktionsgeschwindigkeit Erhöhte Herzfrequenz, erhöhter Blutdruck Flachere und schnellere Atmung Energiebereitstellung in Muskeln Körperliche Reaktionen wie zum Beispiel Schwitzen, Zittern und Schwindelgefühl Blasen-, Darm- und Magentätigkeit werden während des Zustands der Angst gehemmt Übelkeit und Atemnot treten in manchen Fällen ebenfalls auf Absonderung von Molekülen im Schweiss, die andere Menschen Angst riechen lassen

und bei diesen unterbewusst Alarmbereitschaft auslösen

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Neben diesen individuellen Reaktionen hat das Zeigen von Angst (etwa durch den charakteristischen Gesichtsausdruck oder durch Sprache) gegenüber Anderen den sozialen Sinn, um Schutz zu bitten. Die körperlichen Ausdrucksformen der Angst sind die gleichen, unabhängig davon, ob es sich um eine reale Bedrohung oder um eine Panikattacke aus heiterem Himmel handelt. Jeder vierte Patient mit Angststörung klagt über chronische Schmerzen. 2.07.7.2. Verwirrtheit Definition: Die Verworrenheit bezeichnet in der organischen Psychiatrie einen Begriff für eine formale Denkstörung auf hirnorganischer Grundlage. Sie ist identisch mit der Bezeichnung Verwirrtheit, sollte aber streng vom Begriff der Zerfahrenheit, der für das schizophrene Denken als typisch angesehen wird, getrennt werden. Die Verworrenheit hat Beziehungen zu Bewusstseinsstörungen mit Verlust der Orientierung und einem Durcheinander der Denkvorstellungen bzw. zum organischen Psychosyndrom. Analog für Verworrenheit ist inkohärentes Denken, das ebenso das Zerfahrene, Verworrene bei getrübter Bewusstseinslage kennzeichnet. Zusammengefasst: Sie ist zu vergleichen mit jemandem, der eine Bewusstseinsstörung hat wie z.B. bei Hirnerschütterungen, Schockpatienten etc. Sichtbare Kennzeichen der Verworrenheit oder auch Verwirrtheit sind räumliche und zeitliche Orientierungsstörungen, Unruhe und „Umtriebigkeit“, schlecht verständliche oder zusammenhanglose Sprache; Unfähigkeit, sich geordnet zu unterhalten („Gedankenflucht“), Störungen des Gedächtnisses und der Merkfähigkeit sowie Konzentrationsstörungen. Ursachen:

Alle Formen der Durchfallerkrankungen, mangelnde Flüssigkeitsreserve, Exikkose (Austrocknung des Körpers = sehr gefährlich, kann bei einem Kleinkind den Tod bedeuten!!)

Medikamente oder Drogen (zum Beispiel häufig Alkohol) Unterernährung und als schwerster Grad Marasmus („dahinschwinden“),

(Eiweisshaushalt ist komplett durcheinander) Stoffwechselstörung (beispielsweise häufig Diabetes mellitus) Hirnabbau durch Arteriosklerose oder Alter Demenzen (beispielsweise Alzheimer-Krankheit) Verletzungen des Gehirns (Gehirnerschütterung, Gehirnprellung etc.) Hirnorganische Erkrankungen wie Enzephalitis, Meningitis, Epilepsie, Hirntumor etc. Psychische Störungen wie zum Beispiel Psychosen Vitamin B12 - Mangel und Perniziöse Anämie (schädlich, verderbende Blutarmut)

Erste Hilfe:

Kommt eine Verwirrtheit nach einem Unfall, während Krankheiten

oder einfach innerhalb Stunden bis Tagen urplötzlich, dann ist sofort der Rettungsdienst zu verständigen.

Dies ist sicherlich nicht nur eine urgewöhnliche Alzheimer oder Demenz, sondern hier steckt etwas anderes dahinter und dies muss sofort abgeklärt werden.

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2.07.7.3 Aggression Aggression (lateinisch aggressiō vom Deponens aggredī, „heranschreiten“, „sich nähern“, „angreifen“) ist Verhalten mit der Absicht, Anderen zu schaden. Bei Menschen werden Aggressionen durch negative Gefühle hervorgerufen, also als Reaktion zum Beispiel auf Frustration, Hitze, Kälte, Schmerz oder Furcht. Ob und wie Aggressionen im Verhalten zum Ausdruck gebracht werden, unterliegt jedoch in hohem Masse den jeweiligen sozialen Normen. Aggression bezeichnet eine Vielfalt von Verhaltensweisen, denen gemeinsam ist, dass ein Konflikt zwischen Individuen oder Gruppen, der durch unvereinbare Verhaltensziele verursacht wurde, nicht durch einseitige oder beidseitige Änderung dieser Verhaltensziele gelöst wird, sondern dadurch, dass die eine Konfliktpartei zumindest versucht, der anderen eine Änderung aufzuzwingen. Im Zusammenhang mit menschlichem Verhalten kann sich Aggression in verbalen (Diffamierung (Gerüchte verbreiten), Beleidigung, Vorwurf), psychischen (Ausgrenzung) oder tätlichen Angriffen gegenüber Personen, Personengruppen und Sachen (Sachbeschädigung) oder – wie im Tierreich auch – in Drohverhalten, „Kommentkämpfen“ sowie ritualisierten Auseinandersetzungen, etwa im Sport, im Spiel oder im Beruf (Rivalität), äussern. Beim Menschen wird unter „aggressivem Verhalten“ in erster Linie eine direkte oder indirekte physische und/oder psychische Schädigung eines Lebewesens oder die Beschädigung eines Gegenstandes verstanden, unabhängig davon, was letztlich Ziel dieser Handlung ist. Formen der Aggression sind:

1. Offene, physische Form (gegenüber Lebewesen): Schlagen, Töten, körperliches Bedrohen

2. Offene, physische Form (gegenüber unbelebten Objekten): bewusste Verunreinigung, bewusste nachlässige Behandlung von Gegenständen, Sachbeschädigung (u. a. Vandalismus) und Zerstörung von Gegenständen

3. Offene, verbale oder nonverbale Form: Beleidigen, Spotten, Gesten und mimische Ausdrucksweisen, Schreien, rohe und bewusst vulgäre Sprachstile und Umgangsformen.

4. Indirekte Form: Sachbeschädigung (von Gegenständen der Person(en), gegen die sich die Aggression richtet), üble Nachrede, Mobbing, Schikanen, Barrieren errichten

5. Emotionale Form: Als Folge von Stress, Ärger, Wut, Groll, Hass, Neid. 6. Verdeckte Form: Phantasien

Bestimmte Medikamente oder Erkrankungen können Aggressionen fördern. Patienten mit einer Unterzuckerung neigen häufig zu aggressivem Verhalten. Hier sollte versucht werden, die Person zu beruhigen, ohne sich in Gefahr zu begeben. Sind die Umstände zu gefährlich, sollte beim Verdacht auf eine Krankheit professionelle Hilfe herangezogen werden (Notruf 144). Auch Schockpatienten neigen zu aggressivem Verhalten. Dies ist meist ausgelöst durch Unterversorgung des Gehirns und der Organe mit Sauer- und Nährstoffen. Die Gefässe werden weiter und somit wird die Flüssigkeit „umverteilt“. Oft stecken unentdeckte innere Blutungen dahinter. Erste Hilfe: Versuchen Ursache festzustellen Überwachung Ruhiges Verhalten der Helfer gefordert Alarmierung, vorallem nach Unfällen mit anschliessend

solchem Verhalten

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