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Modul: Spezielle Pathologie - 4. Jahr Präparat Nr 001 aus Kasten S 001 Topographie / Diagnose Oesophagus, distal / Plattenepithelkarzinom des Ösophagus Einleitung Histogenese: Ösophaguskarzinome gehen in etwa 80% vom ortsständigen Plattenepithel und in etwa 20% vom metaplastischen Barrett-Epithel aus (Adenokarzinome), wobei sich das Verhältnis zunehmend zu Gunsten der Adenokarzinome verschiebt. Lokalisation: Plattenepithelkarzinome sind im gesamten Ösophagus mit Bevorzugung des mittleren und unteren Drittels (jeweils 40%) zu finden. Prädilektionsstellen sind die drei physiologischen Engen (Bereich des oberen Ösophagusmundes, Höhe der Trachealbifurkation und Kardiabereich). Die unterschiedliche Lymph- und Venenblutdrainage der oberen und unteren Teile des Ösophagus bedingt, daß die Metastasierung je nach Tumorlokalisation unterschiedlich erfolgt. Bei Diagnosestellung haben die meisten Tumoren bereits in die regionären Lymphknoten metastasiert. Hämatogene Metastasen in Leber und Lunge sind seltener. Innerhalb der Ösophaguswand breitet sich der Tumor oft (makroskopisch unsichtbar) in der Submukosa aus, und zwar mehr in proximaler als in distaler Richtung, manchmal über eine Strecke von mehr als 5 cm. Es sind sogar Tumorausdehnungen bis in den Pharynx und den Magen bekannt. Aus diesem Grund empfiehlt sich während der Operation die Schnellschnittuntersuchung der Resektionsränder . Morphologie: Makroskopisch dominieren beim Plattenepithelkarzinom ulzerierte Tumoren (66%), gefolgt von polypösen Tumoren (23%). Polypöse Karzinome können frühe Tumorstadien darstellen, die im weiteren Verlauf in ulzerierte Formen übergehen. Diffus infiltrierende Plattenepithelkarzinome (ca. 11%) stellen meistens sehr aggressive Tumoren mit schlechter Prognose dar. Mikroskopisch zeigen die meisten Plattenepithelkarzinome einen mittleren Differenzierungsgrad und eine wechselnd starke Verhornung. Das fortgeschrittene Karzinom infiltriert angrenzende Strukturen wie den Tracheobronchialbaum, die Aorta und den Nervus recurrens. Klinik Vorkommen: In der Schweiz werden pro Jahr etwa 300 Neuerkrankungen diagnostiziert. Die Inzidenz bei Männern beträgt 6:100'000, bei Frauen 1:100'000. In gewissen Regionen (Nordiran, Südrussland, Südafrika, Nordchina…) beträgt die Inzidenz bis zu 30-800:100'000. Ösophaguskarzinome kommen am häufigsten in der sechsten und siebten Lebensdekade vor. Risikofaktoren: In den westlichen Ländern sind chronischer Alkohol- und Nikotinabusus die wichtigsten Risikofaktoren für die Entstehung des Plattenepithelkarzinoms. Diese Noxen potenzieren sich gegenseitig in ihrer Wirkung. Weniger die Art als viel mehr die Menge des konsumierten Alkohols ist entscheidend. Weitere Risikofaktoren sind Nitrite aus der Nahrung, das Rauchen von Opiaten, Pilztoxine in eingelegten Gemüsen, das Trinken extrem heisser Getränke, strahlenbedingte Strikturen und die chronische Achalasie. Symptomatik: Die Patienten klagen initial über Dysphagie bei Aufnahme solider Nahrungsmittel und schliesslich auch bei Aufnahme von Flüssigkeiten, sowie über Gewichtsverlust. Epigastrische oder retrosternale Schmerzen sind meist Zeichen eines fortgeschrittenen Tumorleidens. Heiserkeit wegen Infiltration des Nervus recurrens

Spezielle Patho Modul 87

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Page 1: Spezielle Patho Modul 87

Modul: Spezielle Pathologie - 4. Jahr

Präparat Nr 001 aus Kasten S 001

Topographie / Diagnose

Oesophagus, distal / Plattenepithelkarzinom des Ösophagus

Einleitung

Histogenese:

Ösophaguskarzinome gehen in etwa 80% vom ortsständigen Plattenepithel und in etwa 20% vom

metaplastischen Barrett-Epithel aus (Adenokarzinome), wobei sich das Verhältnis zunehmend zu Gunsten der

Adenokarzinome verschiebt.

Lokalisation:

Plattenepithelkarzinome sind im gesamten Ösophagus mit Bevorzugung des mittleren und unteren Drittels

(jeweils 40%) zu finden. Prädilektionsstellen sind die drei physiologischen Engen (Bereich des oberen

Ösophagusmundes, Höhe der Trachealbifurkation und Kardiabereich). Die unterschiedliche Lymph- und

Venenblutdrainage der oberen und unteren Teile des Ösophagus bedingt, daß die Metastasierung je nach

Tumorlokalisation unterschiedlich erfolgt. Bei Diagnosestellung haben die meisten Tumoren bereits in die

regionären Lymphknoten metastasiert. Hämatogene Metastasen in Leber und Lunge sind seltener. Innerhalb

der Ösophaguswand breitet sich der Tumor oft (makroskopisch unsichtbar) in der Submukosa aus, und zwar

mehr in proximaler als in distaler Richtung, manchmal über eine Strecke von mehr als 5 cm. Es sind sogar

Tumorausdehnungen bis in den Pharynx und den Magen bekannt. Aus diesem Grund empfiehlt sich während

der Operation die Schnellschnittuntersuchung der Resektionsränder .

Morphologie:

Makroskopisch dominieren beim Plattenepithelkarzinom ulzerierte Tumoren (66%), gefolgt von polypösen

Tumoren (23%). Polypöse Karzinome können frühe Tumorstadien darstellen, die im weiteren Verlauf in

ulzerierte Formen übergehen. Diffus infiltrierende Plattenepithelkarzinome (ca. 11%) stellen meistens sehr

aggressive Tumoren mit schlechter Prognose dar.

Mikroskopisch zeigen die meisten Plattenepithelkarzinome einen mittleren Differenzierungsgrad und eine

wechselnd starke Verhornung. Das fortgeschrittene Karzinom infiltriert angrenzende Strukturen wie den

Tracheobronchialbaum, die Aorta und den Nervus recurrens.

Klinik

Vorkommen:

In der Schweiz werden pro Jahr etwa 300 Neuerkrankungen diagnostiziert. Die Inzidenz bei Männern beträgt

6:100'000, bei Frauen 1:100'000. In gewissen Regionen (Nordiran, Südrussland, Südafrika, Nordchina…)

beträgt die Inzidenz bis zu 30-800:100'000. Ösophaguskarzinome kommen am häufigsten in der sechsten und

siebten Lebensdekade vor.

Risikofaktoren:

In den westlichen Ländern sind chronischer Alkohol- und Nikotinabusus die wichtigsten Risikofaktoren für

die Entstehung des Plattenepithelkarzinoms. Diese Noxen potenzieren sich gegenseitig in ihrer Wirkung.

Weniger die Art als viel mehr die Menge des konsumierten Alkohols ist entscheidend. Weitere Risikofaktoren

sind Nitrite aus der Nahrung, das Rauchen von Opiaten, Pilztoxine in eingelegten Gemüsen, das Trinken

extrem heisser Getränke, strahlenbedingte Strikturen und die chronische Achalasie.

Symptomatik:

Die Patienten klagen initial über Dysphagie bei Aufnahme solider Nahrungsmittel und schliesslich auch bei

Aufnahme von Flüssigkeiten, sowie über Gewichtsverlust. Epigastrische oder retrosternale Schmerzen sind

meist Zeichen eines fortgeschrittenen Tumorleidens. Heiserkeit wegen Infiltration des Nervus recurrens

Page 2: Spezielle Patho Modul 87

bedeutet Inoperabilität. Respiratorische Symptome sind entweder zurückzuführen auf Aspiration unverdauter

Nahrung oder auf eine ösophagotracheale Fistelbildung.

Diagnostik:

Dysphagiebeschwerden bei einem Erwachsenen sollten endoskopisch abgeklärt werden. Zur genauen

Bestimmung des T-Stadiums vor neoadjuvanter Therapie und lokaler Exzision wird eine Endosonographie

durchgeführt. Die Biopsie dient der Bestimmung der Dignität und außerdem wegen der typenspezifischen

Therapie auch des Tumortyps (Plattenepithel- oder Adenokarzinom, selten kleinzelliges Karzinom).

Therapie:

Das Risiko der operativen Therapie bei Patienten mit Ösophaguskarzinom ist von der Erfahrung des

Operateurs abhängig. Daher sollte die operative Therapie in Zentren mit spezieller Erfahrung in der

Ösophaguschirurgie erfolgen. Entscheidend für die Indikation zur Operation sind die Beurteilung des Risikos

des geplanten Eingriffs und die Abschätzung der Wahrscheinlichkeit einer vollständigen Tumorentfernung

(R0-Resektion). Die R0-Resektion (radikale Entfernung des Tumors mit regionalem Lymphabflussgebiet) ist

die Voraussetzung für einen kurativen Behandlungserfolg. Die neoadjuvante (präoperative) kombinierte

Radiochemotherapie sollte bei resektablem Tumor derzeit nur innerhalb klinischer Studien eingesetzt werden.

Sie wird vor allem bei lokal fortgeschrittenen suprabifurkalen und zervikalen Plattenepithelkarzinomen

angewandt. Das Resektat sollte nach Abschluss der Operation wegen der starken Schrumpfungsneigung

aufgespannt werden und ohne Verzögerung zum Pathologen gelangen. Für die lokal fortgeschrittenen nicht

R0-resektablen Karzinome des Oesophagus ist bei ausreichendem Allgemeinzustand des Patienten die

kombinierte simultane Radiochemotherapie zu empfehlen. Zur Beseitigung der Schluckbeschwerden bei

Patienten mit nicht resektablem Oesophaguskarzinom stehen endoskopische, interventionelle, chirurgische

und radiotherapeutische Maßnahmen zur Verfügung.

Prognose:

Das 5 Jahresüberleben aller Stadien zusammengenommen liegt bei 20-25%.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Polypoides exophytisches Karzinom.

Tumordurchbruch durch die Lamina muscularis mucosae in die Submukosa.

Der Tumor bildet anastomosierende solide Zellstränge, die fokal im Zentrum verhornen.

Tumorzellen mit reichlich glasigem eosinophilem Zytoplasma und scharfen Zellgrenzen mit

stachelförmigen Interzellularbrücken. Stark vergrösserte, pleomorphe, hyperchromatische Zellkerne

mit prominenten Nukleolen.

Zwischen den Tumorzellsträngen desmoplastisches Stroma mit dichtem gemischtem

Entzündungsinfiltrat.

Präneoplastisch veränderte Mukosa im Randbereich des Karzinoms mit ausgeprägten Zellatypien in

der gesamten Epithelbreite und zahlreichen Mitosen (Carcinoma in situ).

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Stagingbefunde.

Genaue Tumorlokalisation.

Neoadjuvante Therapie.

Praxis-Tipp:

Falls das Präparat eröffnet wird, Tumor vor dem Öffnen palpieren und Ösophagus auf der

gegenüberliegenden Seite eröffnen. Eröffnetes Präparat auf Styropor aufspannen.

Proximales Ende des Resektates mit Faden markieren.

Page 3: Spezielle Patho Modul 87

Präparat Nr 002 aus Kasten S 001

Topographie / Diagnose

Magenantrum / Chronisch aktive Gastritis mit intestinaler Metaplasie

Einleitung

Definition:

Unter einer Gastritis versteht man im weiteren Sinne jede Form der Magenentzündung ohne Rücksicht auf

Topographie, Tiefenausdehnung, Ätiopathogenese und Histologie. Aufgrund der fehlenden oder

uncharakteristischen makroskopischen (=endoskopischen) Befunde ist die ”Gastritis” eine rein histologische

Diagnose, zumindest was die umkomplizierten Formen (ohne Erosionen oder Ulzera) und die Klassifikation

betrifft.

Aetiologie:

Ätiopathogenetische Klassifikation der Gastritis:

Typ-A-Gastritis : autoimmun bedingt

Typ-B-Gastritis: bakteriell bedingt (Helicobacter pylori )

Kombination von Typ-A- und Typ-B-Gastritis

Typ-C-Gastropathie: chemisch-toxisch (NSAR, Alkohol) bzw. refluxbedingt (Galle)

Sonderformen: Gastritis durch seltene Erreger (Gastrospirillum hominis , Zytomegalievirus),

granulomatöse Gastritis, fokal akzentuierte Gastritis assoziiert mit chronisch entzündlicher

Darmerkrankung , lymphozytäre Gastritis (oftmals als Folge einer Typ B Gastritis) , eosinophile

Gastritis und kollagene Gastrititis. Die Helicobacterinfektion kann von Mensch zu Mensch übertragen

werden. Ob die Infektion fäkal-oral oder oral-oral erfolgt, ist nicht bekannt.

Morphologie:

Das Unterrichtspräparat zeigt eine Helicobacter-Gastritis mit intestinaler Metaplasie. Histologisch ist die Typ

B Gastritis charakterisiert durch eine chronische (Plasmazellen und Lymphozyten) und aktive (neutrophile

Granulozyten) Entzündung. Die chronische Entzündung und die Entzündungsaktivität werden gemäss Sydney

Klassifikation in drei Schweregrade unterteilt. Fakultativ können Lymphfollikel, eine intestinale Metaplasie

mit/ohne Dysplasie und/oder Drüsenatrophie dazukommen. Helicobacter pylori kolonisiert den protektiven

Schleimfilm auf der Magenmukosa . Unmittelbar im Bereich der intestinalen Metaplasie sind aufgrund

des veränderten Milieus meist keine Bakterien nachweisbar. Unter Einnahme von Säurehemmern oder

Antibiotika verringert sich die Sensitivität des Bakteriennachweises in der Biopsie aufgrund der schnellen

Reduktion der Bakterienanzahl ebenfalls. Nach erfolgreicher Eradikation verschwindet in der Regel die aktive

Entzündung innert Wochen. Chronische Entzündung und Lymphfollikel bleiben jedoch länger nachweisbar

und geben einen Hinweis auf eine abgelaufene Helicobactergastritis.

Die intestinale Metaplasie also der Ersatz des ortsständigen Epithels durch ein differenziertes anderes Gewebe

(Ersatz des Magenepithels durch Dünndarm- oder Dickdarm-ähnliches Epithel) ist in Magenbiopsien ein

häufiger Befund. Sie ist Folge einer chronischen Magenschleimhautentzündung unabhängig von deren

Ätiologie. Man findet sie besonders häufig in Mägen mit Ulcus ventriculi und in enger Assoziation mit dem

Magenkarzinom. Im metaplastischen Gewebe kann sich eine Dysplasie entwickeln. In einer niederländischen

Kohortenstudie wurde das 5-Jahres-Risiko für die Entwicklung eines Magenkarzinoms bei Vorliegen einer

atrophen Gastritis mit 0.1%, bei intestinaler Metaplasie mit 0.25%, bei niedrig- bis mittelgradiger Dysplasie

mit 0.6% und bei schwerer Dysplasie mit 6% angegeben.

update 30. August 2012

Klinik

Page 4: Spezielle Patho Modul 87

Vorkommen:

Bei einer Mehrzahl der Patienten mit duodenalen (90–95%) und gastralen Ulzera (60–90%) lässt sich eine

Helicobacterinfektion nachweisen aber nur etwa 10-15% aller Infizierten entwickeln ein Ulkus. Die Prävalenz

dieser Infektion hängt stark vom sozioökonomischen Status ab und liegt in den Entwicklungsländern

unverändert hoch bei über 80%. In der Schweiz ist Prävalenz in den letzten 20 Jahren stark gesunken und liegt

bei Erwachsenen aktuell bei etwa 12%. Migranten aus Südosteuropa und der Türkei sind deutlich häufiger

infiziert.

Symptomatik:

Die Helicobactergastritis ist asymptomatisch. Symptome stammen von den Komplikationen der Infektion

(peptisches Ulkus, Magenkarzinom, MALT Lymphom), welche allerdings nur einen kleinen Teil der mit dem

Bakterium kolonisierten Personen betreffen.

Diagnostik:

Für die Diagnosestellung stehen verschiedene nicht invasive (Serologie, Atemtest, Stuhltest) und invasive

Tests (Histologie , Kultur) zur Verfügung. Ein Goldstandard für den Bakteriennachweis existiert nicht. Der

positive prädiktive Wert der Serologie nimmt aufgrund der sinkenden Helicobacter-Prävalenz ab, weshalb die

Serologie nicht mehr als primäres Nachweisverfahren verwendet werden sollte. Der Atemtest und der

Antigennachweis im Stuhl haben eine Sensitivität und Spezifität von 95% und können sowohl zur Diagnose

als auch für den Eradikationsnachweis verwendet werden.

Therapie:

Klare Indikationen für eine Eradikationstherapie sind Magen- und Duodenalulzera, das MALT Lymphom des

Magens und schwere, rezidivierende Helicobacter pylori positive Gastritiden. Es existiert eine Vielzahl von

Therapieschemata mit einer Kombination von Protonenpumpenhemmer und zwei oder drei Antibiotika in

Abhängigkeit von den lokalen Resistenzmustern. Die Eradikationstherapie wird über 7 bis 14 Tage

durchgeführt. Sehr wichtig ist die Überwachung der Compliance. Bei guter Compliance verläuft die

Eradikation in über 90% der Fälle erfolgreich.

update 30. August 2012

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Vier Magenschleimhautbiopsien (je zweimal Corpusschleimhaut und Antrumschleimhaut).

Chronische (oberflächenbetontes lymphoplasmazelluläres Entzündungsinfiltrat), aktive (neutrophile

Granulozyten in der Lamina propria und im Epithel der Corpusschleimhaut) Gastritis.

Typisch für Helicobactergastritis: Lymphfollikelbildung (Antrumschleimhautfragment).

An der Oberfläche der Corpusmukosa sind einzelne kommaförmige Helicobacter Bakterien erkennbar.

Intestinale Metaplasie der Antrumschleimhaut: In der Mitte des Antrumschleimhautfragmentes

basophile (bläuliche) Drüsenschläuche mit Becherzellen sowie Paneth'schen Körnerzellen mit rot

granuliertem Zytoplasma.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Vermuteter Gastritistyp (A, B oder C).

Einnahme ulzerogener Medikamente (NSAR, ASS)

Einnahme von Antibiotika oder Säurehemmern (Sensitivität für Helicobacternachweis vermindert)

Praxis-Tipp:

Biopsien aus verschiedenen Lokalisationen separat einsenden und entsprechend bezeichnen (obligat

bei Tumorverdacht oder Verdacht auf Typ A Gastritis).

Page 5: Spezielle Patho Modul 87

Präparat Nr 003 aus Kasten S 001

Topographie / Diagnose

Magenantrum / Magenfrühkarzinom

Einleitung

Definition:

Das Magenfrühkarzinom ist durch die Beschränkung des neoplastischen Prozesses auf die Magenmukosa

(Mukosatyp) oder auf die Mukosa und Submukosa (Submukosatyp) definiert, unabhängig von der

Flächenausdehnung und unabhängig vom Lymphknotenstatus. Die Muscularis propria des Magens ist dabei

tumorfrei, was nur nach kompletter histologischer Aufarbeitung des Tumors bewiesen werden kann. Die

Diagnose Magenfrühkarzinom kann daher präoperativ im Biopsiematerial nur vermutet werden und muß im

Operationspräparat verifiziert werden.

Histogenese:

Es handelt sich wie auch beim fortgeschrittenen Adenokarzinom des Magens um einen malignen epithelialen

Tumor, der von den Stammzellen im Drüsenhalsbereich ausgeht.

Morphologie:

Bei Magenfrühkarzinomen findet sich häufiger ein intestinaler als ein diffuser Typ nach Lauren

(Magenkarzinom vom diffusen Typ siehe Differentialdiagnose). Beim intestinalen Typ ist das Tumorgewebe

relativ scharf gegenüber der Umgebung abgegrenzt und zeigt meist tubuläre Tumorformationen, die von

Zylinderepithel ausgekleidet werden. In der Nachbarschaft von Magenkarzinomen des intestinalen Typs

finden sich gehäuft Dysplasien als sogenannte Ausläuferläsionen oder schwere Formen der chronisch atrophen

Gastritis mit intestinaler Metaplasie .

Klinik

Vorkommen:

In Europa und USA liegt der Prozentsatz der Magenfrühkarzinome bezogen auf die Gesamtzahl operierter

Magenkarzinompatienten zwischen 5 und 20%, in Japan zwischen 40 und 60% (flächendeckendes Screening-

Programm aufgrund hoher Magenkarzinominzidenz ermöglicht Entdeckung von asymptomatischen

Frühkarzinomen, unterschiedliche histologische Karzinomdefinition). Eine Rate von weniger als 10%

Magenfrühkarzinome bezogen auf alle neu diagnostizierten Magenkarzinome deutet entweder auf einen

schlechten klinischen Standard in der Primärdiagnostik oder eine hohe Selektion im Rahmen der

Patientenzuweisung. Das mittlere Alter bei Diagnosestellung beträgt 65 Jahre.

Risikofaktoren:

Übermässiger Konsum gesalzener Nahrung, welche zu einer Produktion von Mutagenen als Folge der

Nitritbildung führt, die Infektion mit Helicobacter pylori, Magenstumpfkarzinom (nach Magenoperationen

wegen Ulkuskrankheit entstehen ein grosser Teil dieser Stumpfkarzinome wahrscheinlich aufgrund einer

persistierenden HP Infektion und weniger als Folge der Operation) und eine genetische Prädisposition sind

bekannte Risikofaktoren für die Entwicklung eines Magenkarzinoms. Vitamin C und Beta-Carotene wirken

dagegen protektiv.

Symptomatik:

Frühstadien sind meist asymptomatisch. Die meisten Symptome des Magenkarzinoms repräsentieren eine

fortgeschrittene Erkrankung. Die Patienten beschweren sich über Verdauungsstörungen, Übelkeit, Erbrechen,

Dysphagie, postprandiales Völlegefühl, Appetits- und Gewichtsverlust.

Diagnostik und Therapie:

Alle länger (Wochen) anhaltenden Oberbauchbeschwerden sind besonders bei positiver Familienanamnese

unbedingt endoskopisch abzuklären. Die chirurgische Therapie des Magenkarzinoms umfaßt die

Tumorentfernung unter Einhaltung eines adäquaten Sicherheitsabstandes in Abhängigkeit des bioptisch

Page 6: Spezielle Patho Modul 87

festgestellten Wachstumstyps. Aufgrund der relativ guten Abgrenzung gegen die Umgebung sind beim

intestinalen Typ geringere Mindestresektionsabstände vom makroskopisch erkennbaren Tumorrand

erforderlich. In situ soll ein Sicherheitsabstand von 4-6 cm vom Tumorrand angestrebt werden, was am nicht

aufgespannten, unfixierten Operationspräparat 2-3 cm entspricht. Beim diffusen Typ sollte der in situ

gemessene Abstand 8cm betragen. Lymphknotenmetastasen sind beim Mukosatyp in etwa 2-10% und beim

Submukosatyp in etwa 4-20% der Fälle nachweisbar. Magenfrühkarzinome erfordern daher prinzipiell ebenso

wie fortgeschrittene Magenkarzinome eine radikale chirurgische Therapie mit konsequenter

Lymphadenektomie einschließlich der Resektion des großen und kleinen Netzes.

Prognose:

Die Prognose beim Magenkarzinompatienten ist wesentlich von der Tumorausbreitung abhängig. Nur durch

eine verbesserte Früherkennung einerseits und eine histologie- und stadiengerechte chirurgische Therapie

andererseits kann die Prognose bei Magenkarzinompatienten weiter verbessert werden. Die

Magenfrühkarzinome haben (im Gegensatz zu den anderen Formen) eine sehr gute Prognose mit einer 5-

Jahres Überlebensrate zwischen 85 und 95%.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Am unteren Ende des Präparates Antrummukosa mit mässiggradiger chronischer, geringgradig aktiver

Gastritis und ausgedehnter intestinaler Metaplasie (Becherzellen).

Weiter oben Invasion der Magenschleimhaut durch ein teils solides, teils drüsenbildendes

Adenokarzinom mit stark atypischen Tumorzellen.

Fokale Erosion des Karzinoms bedeckt von fibrinoleukozytärer Membran.

Tumorinfiltration der Submukosa an der oberen Präparathälfte.

Der invasive Karzinomanteil zeigt teilweise muzinöse Differenzierung (teils siegelringzellige

Tumorzellen schwimmen in extrazellulären Schleimseen).

Tumorfreie Lamina muscularis propria.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Tumorlokalisation.

Stagingbefunde.

Praxis-Tipp:

Bei längerer Transportdauer Gastrektomiepräparat vor der Fixation in 10% Formaldehyd an der großen

Kurvatur eröffnen und auf einer Styroporplatte aufspannen.

Die Resektionsränder und bei Verdacht auf Magenfrühkarzinom zusätzlich das Tumorareal am

unfixierten Präparat mit Faden markieren, da das Auffinden von Resektaträndern und Frühkarzinomen

am formolfixierten Präparat oft schwierig ist.

Präparat Nr 004 aus Kasten S 001

Topographie / Diagnose

Magenkorpus / Adenokarzinom des Magens

Einleitung

Histogenese:

Adenokarzinome machen 90-95% aller Magenkarzinome aus. Am zweithäufigsten sind Lymphome .

Page 7: Spezielle Patho Modul 87

Alle übrigen Tumortypen sind selten (gastrointestinale Stromatumoren , Neuroendokrine Tumoren ,

Adenosquamöse Karzinome, Plattenepithelkarzinome).

Morphologie:

Makroskopisch können nach Borrmann polypoide Tumoren, ulzerierte Tumoren mit Randwall, ulzerierte

Tumoren mit Invasion der Magenwand und diffus infiltrierende Tumoren (=Linitis plastica ) unterschieden

werden.

Die ersten beiden Typen entsprechen histologisch meist einem intestinalen Typ nach Lauren . Diese

Tumoren sind scharf begrenzt, bilden tubuläre oder papilläre Strukturen wie die Dickdarmkarzinome, sind

meist assoziiert mit bekannten umweltbedingten Risikofaktoren und haben eine bessere Prognose.

Beim diffusen Typ nach Lauren infiltrieren Einzelzellen oder Zellstränge, meist mit Siegelringzellanteilen

diffus die Magenwand. Eine Drüsenbildung ist nicht erkennbar. Dieser Tumortyp tritt bei relativ jungen

Patienten auf und ist mit genetischen Faktoren assoziiert (positive Familienanamnese). Wegen des diffus

infiltrativen Wachstums ohne makroskopisch sicher erkennbare Grenze müssen diese Tumoren mit einem

grösseren Sicherheitsabstand operiert werden. Siegelringkarzinome machen rund 20% aller Magenkarzinome

aus.

Adenokarzinome können tubuläre, papilläre, muzinöse, siegelringzellige und undifferenzierte Anteile

aufweisen, wobei die beiden letzteren besonders aggressive Tumoren darstellen.

Klinik

Vorkommen:

In der Schweiz treten jährlich über 1000 neue Fälle von Magenkarzinomen auf. Die Inzidenz bei Männern

beträgt 21:100'000 und bei Frauen 10:100'000.

Therapie:

Viele Patienten mit Siegelringkarzinomen haben bei Diagnosestellung bereits Fernmetastasen (Leber, Lunge),

Peritonealkarzinose oder eine Infiltration von Nachbarorganen. In dieser palliativen Situation kann eine

Bestrahlung durchgeführt werden oder ein palliativer chirurgischer Eingriff (lokale Exzision, partielle oder

totale Gastrektomie, Gastroenteroanastomose) mit dem Ziel, die orale Nahrungsaufnahme zu erhalten und

Blutungen sowie Schmerzen zu verhindern. Aufgrund der unscharfen Tumorbegrenzung und der oft diffusen

Tumorausbreitung unter makroskopisch unauffälliger Schleimhaut ergibt sich bei kurativ operablen

Tumoren die Notwendigkeit eines 8-10 cm breiten Sicherheitsabstandes.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Gewebsfragment aus gastroösophagealem Übergang.

Das unscharf begrenzte Karzinom breitet sich diffus in der gesamten Magenwand und in der

Ösophaguswand aus bis in des periösophageale und subseröse Fettgewebe.

Ösophagus mit intaktem plattenepithelialem Schleimhautüberzug.

Ein Grossteil des Tumorinfiltrats besteht aus einzeln oder in kleinen Gruppen liegenden Zellen mit

intrazytoplasmatischen Schleimvakuolen, die teilweise den Kern verdrängen (Siegelringzellen):

diffuser Typ des Magenkarzinoms nach Lauren.

Nur vereinzelt Drüsenbildung.

Lymphgefässeinbrüche.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Tumorlokalisation.

Stagingbefunde.

Praxis-Tipp:

Page 8: Spezielle Patho Modul 87

Bei längerer Transportdauer Gastrektomiepräparat vor der Fixation in 10% Formaldehyd an der großen

Kurvatur eröffnen und auf einer Styroporplatte aufspannen.

Die Resektionsränder am unfixierten Präparat mit Faden markieren.

Bei ausgedehnten Resektionen auf dem Anmeldezettel angeben, welche Organe/Organteilstücke

entfernt wurden. Ev. Skizze.

Präparat Nr 005 aus Kasten S 001

Topographie / Diagnose

Magenantrum / Extranodales Marginalzonen B-Zell Lymphom

Einleitung

Histogenese:

Die extranodalen Marginalzonen B-Zell Lymphome leiten sich von den Marginalzonen der Sekundärfollikel

ab. Am häufigsten kommen sie im Magen vor, wurden aber schon in fast allen Körperregionen beschrieben.

Morphologie:

Histologisch finden sich meist nicht neoplastische Lymphfollikel. Die kleinen bis mittelgrossen an

Zentrozyten , Monozyten oder Lymphozyten erinnernden Tumorzellen infiltrieren die Marginalzone

der reaktiven Follikel. Die Mantelzone ist meist erhalten. Meist sind vereinzelte an Zentroblasten oder

Immunoblasten erinnernde Zellen beigemischt. Typisch für Marginalzonenlymphome ist die Infiltration der

ortsständigen Epithelien in Form von lymphoepithelialen Läsionen .

Diagnostik:

Wegen ihrer variablen zytologischen Differenzierung und fehlender typischer immunhistochemischer Marker

ist die Abgrenzung von anderen kleinzelligen Lymphomen (Mantelzelllymphom, follikuläres Lymphom, B-

CLL, Immunozytom, Plasmozytom) zuweilen schwierig. Immunhistochemische Untersuchungen dienen vor

allem dem Ausschluss anderer kleinzelliger Lymphome. An kleinen Biopsien kann auch die

Unterscheidung einer schweren chronischen Entzündung von einem neoplastischen Infiltrat Schwierigkeiten

bereiten.

Update 1.10.2012

Klinik

Vorkommen:

Das MALT Lymphom macht 7-8% aller B-Zell Lymphome und 50% aller primären Magenlymphome aus.

Bevorzugt treten sie im mittleren bis späteren Erwachsenenalter auf mit einem medianen Alter von 61 Jahren.

Verlauf:

Typischerweise geht der Erkrankung eine chronische Entzündung oder Autoimmunerkrankung voraus

(Helikobaktergastritis , Sjögren Syndrom, Hashimoto Thyreoiditis ). Bei Diagnosestellung liegt meist ein

Stadium IE (Organmanifestation ohne Lymphknotenbeteiligung) oder IIE (mit Beteiligung regionärer

Lymphknoten) vor. Meist ist die Erkrankung über lange Zeit lokalisiert und kann im Magen durch Eradikation

von Helikobakter pylori geheilt werden, sofern die neoplastischen Zellen in ihrem Wachstum noch von der

Anwesenheit des Helikobakter Antigens abhängig sind. Extranodale MALT Lymphome des Magens können

sekundär in ein diffuses grosszelliges B-Zell Lymphom mit aggressiverem Verlauf transformieren. Die

meisten MALT Lymphome nehmen jedoch einen indolenten Verlauf und disseminieren spät.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Page 9: Spezielle Patho Modul 87

Diffuses blaues, kleinzelliges Lymphominfiltrat in Mukosa, Submukosa und Magenwandmuskulatur.

Reaktive Lymphfollikel innerhalb des Lymphominfiltrates mit Kerntrümmermakrophagen in den

Keimzentren.

Ausbreitung der Tumorzellen in der Marginalzone um und zwischen reaktiven Sekundärfollikeln.

Kleine monozytoide Tumorzellen mit angulären oder ovalen kleinen Kernen und einem schmalen

hellen Zytoplasmasaum.

Infiltration und Destruktion von Magenkorpusdrüsen durch Tumorzellen (lymphoepitheliale Läsionen).

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Endoskopischer Befund.

Lymphomverdacht.

Stagingbefunde.

Assoziierte Autoimmunerkrankungen.

Praxis-Tipp:

Material möglichst rasch und unfixiert einsenden.

Präparat Nr 006 aus Kasten S 001

Topographie / Diagnose

Magenantrum / Florides chronisches Magenulkus

Einleitung

Definition:

Unter einem Ulkus des Magens oder des Duodenums versteht man einen von der Schleimhaut ausgehenden

Substanzdefekt, der die Lamina muscularis mucosae überschreitet. Endoskopisch wird die Diagnose eines

Ulkus bei Schleimhautläsionen von mehr als 5 mm Durchmesser gestellt.

Aetiologie:

Zwei Hauptrisikofaktoren für die Entstehung der Ulkuskrankheit gelten als etabliert: eine Infektion mit dem

gram negativen Bakterium Helicobacter pylori und die medikamentöse Therapie mit Aspirin oder

nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR). Stress, Alkohol und Gallereflux stören die Mukosabarriere des

Magens und können zu gastroduodenalen Ulzera führen. Seltener liegt einem Magenulkus eine

Tumorerkrankung zu Grunde (Magenkarzinom, Lymphom, Zollinger-Ellison-Syndrom, GIST).

Lokalisation:

Die meisten Ulzera liegen im Grenzbereich zwischen Antrum- und Korpusmukosa noch innerhalb der

Antrumschleimhaut. Die 2. Prädilektionsstelle ist die präpylorische Antrumschleimhaut.

Morphologie:

Das akute Ulkus ist rund, oval oder seltener polyzyklisch begrenzt und liegt meist im Schleimhautniveau. Das

chronische Ulkus ist häufig kreisrund und im Längsschnitt trichter- oder treppenförmig. Die

Schleimhautränder können lippenförmig über den Ulkusgrund hinausragen. Palpatorisch ist das chronische

Ulkus aufgrund der narbigen Fibrose induriert. Die Schleimhautfalten laufen sternförmig auf das

Ulkuszentrum zu. Das chronische Ulkus tritt zu 10%, das akute zu 25% multipel auf. Mikroskopisch zeigt das

chronische Ulkus eine typische Schichtung (s. Bilder). Die Gefässe im Ulkusgrund zeigen eine starke

Intimaproliferation mit teilweiser oder vollständiger Obliteration der Gefässlichtung. Morphologische

Veränderungen in der übrigen Magenschleimhaut geben einen Hinweis auf die Ätiologie des Ulkus (Typ B

oder C Gastritis).

Page 10: Spezielle Patho Modul 87

update 30. August 2012

Klinik

Vorkommen:

Das Duodenalulkus ist etwa 3- bis 4 mal häufiger als das Magenulkus. Die Häufigkeit der Ulkuskrankheit

nimmt in den entwickelten Ländern ab (sinkende Inzidenz der Helicobacterinfektion) und in der dritten Welt

zu. Die höchste Inzidenz des Magenulkus liegt bei 55 bis 65 Jährigen. Rund 25% aller Patienten, die dauerhaft

NSAR einnehmen, entwickeln eine Ulkuskrankheit und bei 2–4% der Betroffenen kommt es in der Folge zu

einer Blutung oder Perforation.

Symptomatik:

Das Kardinalsymptom der Ulkuskrankheit ist der Oberbauchschmerz (=epigastrischer Schmerz). Ulzera des

Duodenums äussern sich typischerweise mit Nüchternschmerz, der sich nach Nahrungsaufnahme bessert.

Epigastrische Schmerzen aufgrund eines Magenulkus, verstärken sich hingegen nach Mahlzeiten. Durch

NSAR induzierte Ulzera sind gewöhnlich asymptomatisch. Ein plötzlicher Symptombeginn kann eine

Perforation anzeigen. Blutungen sind häufiger bei älteren Patienten. Symptome einer Anämie wie Müdigkeit

oder Dyspnoe können auf eine chronische Ulkusblutung hinweisen. Bei der Abklärung epigastrischer

Beschwerden findet sich in 5-15% ein Ulkus und nur bei 1-3% ein Tumor. Bei jüngeren Patienten sind die

Beschwerden viel häufiger funktionell.

Diagnostik:

In der Anamnese sollte nach Tumoren in der Familie, Ulzera in der Vergangenheit, der Einnahme von

ulzerogenen Medikamenten und Alarmsymptomen (ungewollter Gewichtsverlust, Leistungsknick, chronische

Müdigkeit, anhaltendes Erbrechen, zunehmende Dysphagie, gastrointestinale Blutung) gefragt werden. Bei

Patienten, die über 55 Jahre alt sind, eine positive Familienanamnese für Malignome des oberen

Gastrointestinaltrakts angeben oder Alarmsymptome aufweisen, sollte primär eine Endoskopie zum

Ausschluss einer organischen, insbesondere malignen Erkrankung durchgeführt werden. Wird eine

Endoskopie durchgeführt, müssen bei jedem Patienten mit einem Ulkus Biopsien für die Helicobacter pylori

Diagnostik entnommen werden. Die histologische Aufarbeitung der entnommenen Magenbiopsien hat einen

grossen Vorteil gegenüber nicht-invasiven Testverfahren. Ausser dem Nachweis der Helicobacter-Infektion

können auch andere, mit einer Infektion assoziierte Gewebeveränderungen (Entzündung, atrophie Gastritis,

intestinale Metaplasie, Dysplasien, Neoplasien) erkannt werden.

Therapie:

Die prophylaktische Einnahme von Protonenpumpenhemmern reduziert das Auftreten von NSAR induzierten

Ulzera. Bei etabliertem Magenulkus stehen die medikamentöse Säuresuppression, die Eradikation von

Helicobacter pylori und das Vermeiden von NSAR (ev. Ersatz durch Cox-2 Hemmer) therapeutisch im

Vordergrund. Eine chirurgische Therapie ist selten notwendig bei therapierefraktären Ulzera oder bei gewissen

Ulkuskomplikationen .

Komplikationen:

Mögliche Komplikationen eines Magenulkus sind chronische Sickerblutungen mit Blutungsanämie, eine

arterielle lebensbedrohliche Blutung aus einer arrodierten Arterie im Ulkusgrund, eine freie oder gedeckte

Perforation, eine Pilzinfektion oder eine Pylorusstenose. Das Entartungsrisiko chronischer Magenulzera wird

mit 1-7% angegeben.

update 30. August 2012

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Antrumschleimhaut mit chronischer Gastritis am oberen Rand des Ulkus.

Duodenalschleimhaut mit Brunner'schen Drüsen am unteren Rand des Ulkus.

Page 11: Spezielle Patho Modul 87

Schichtung: Detritus, oranges Quellungsfibrinoid, Granulationsgewebe, Narbe.

Im Ulkusgrund arrodierte Arterie mit Intimafibrose und Abscheidungsthrombus.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Karzinomverdacht.

Einnahme von NSAR, Säureblockern oder Antibiotika.

Bekannte HP Gastritis oder Typ C Gastritis.

Präparat Nr 007 aus Kasten S 001

Topographie / Diagnose

Ileum terminal / Morbus Crohn

Einleitung

Definition:

Der Morbus Crohn gehört zusammen mit der Colitis ulcerosa zu den idiopathischen chronischen schubweise

verlaufenden entzündlichen Erkrankungen mit überwiegender Manifestation im Gastrointestinaltrakt. Daneben

kommen aber auch extraintestinale Manifestationen vor, welche Augen, Haut, Gelenke und Leber betreffen

können.

Aetiologie:

Die Pathogenese dieser beiden Erkrankungen liess sich bisher nicht klären. Es scheint, dass unterschiedliche

genetische und immunologische Mechanismen eine Rolle spielen, welche durch Umweltfaktoren beeinflusst

werden.

Lokalisation:

Die Verteilung der Läsionen im Darm ist sowohl makrokopisch als auch mikroskopisch

diskontinuierlich und herdförmig ausgeprägt. Im Gegensatz zur Colitis ulcerosa können beim Morbus Crohn

nicht nur das Kolon, sondern sämtliche Abschnitte des Gastrointestinaltraktes befallen sein. Am häufigsten ist

das terminale Ileum zusammen mit dem Kolon befallen.

Morphologie:

Makroskopisch typisch sind oberflächliche aphthöse Ulzera, gartenschlauchartige Strikturen im Dünn- und

Dickdarm mit segmental verdickter und fibrosierter Darmwand, intramurale Abszesse, entzündliche

Konglomerattumoren und verbackene Darmschlingen mit Fistelbildungen. Häufiger im Dünndarm als im

Dickdarm findet sich das klassiche Pflastersteinrelief der Schleimhaut aufgrund rissförmiger Ulzera zwischen

ödematösen Schleimhautarealen Granulationsgewebspolypen oder Pseudopolypen (erhaltene

Schleimhautinseln in Ulkusarealen) finden sich beim Crohn seltener als bei der Colitis ulcerosa. Typische

Befunde in der Mukosa wie epitheloidzellige Granulome, aphthöse Ulzera und Erosionen, fissurale Ulzera und

fokal aktive Entzündung sind nicht spezifisch für den Morbus Crohn. Jene histologischen Aspekte, welche die

Erkrankung am besten charakterisieren, sind in der Darmwand gelegen und lassen sich an einer endoskopisch

gewonnenen Biopsie nicht nachweisen (submuköses Ödem mit Lymphangiektasien, transmurale Entzündung

mit lymphoidzelligen Aggregaten, Wandverdickung , subseröse und submuköse Granulome ).

Klinik

Vorkommen:

Die Inzidenz des Morbus Crohn liegt in Europa bei 2.1 bis 3.7 / 100000 Einwohner pro Jahr. Die Inzidenz hat

in den industrialisierten Ländern in den letzten 50 Jahren deutlich zugenommen (Umweltfaktoren). Die

Erkrankung hat einen Alterspeak im zweiten bis dritten Lebensjahrzehnt und einen kleineren Peak bei 60-80

Jährigen. Im Gegensatz zur Colitis ulcerosa steigen die Morbiditätszahlen bei Morbus Crohn vor allem im

Page 12: Spezielle Patho Modul 87

Kindesalter nach wie vor an. In Schottland stieg die Crohn-Inzidenz bei Kindern unter 16 Jahren von 6.6 im

Jahr 1968 auf 22.9 im Jahre 1983, jeweils bezogen auf eine Million Einwohner. Etwa 20-25% aller

Neuerkrankungen werden im Kindesalter (unter 15 Jahre) beobachtet. Dabei werden initial nur relativ wenige

Crohn-Fälle richtig diagnostiziert.15-20% der Patienten haben eine positive Familienanamnese.

Symptomatik:

Die Beschwerden variieren je nach Entzündungsaktivität und Befallsmuster. Häufige Symptome sind leichtes

Fieber, Gewichtsverlust, erhöhte Ermüdbarkeit, diffuse oder lokalisierte Bauchschmerzen, Schleim-, Blut- und

Eiterabgänge im Stuhl, intermittierende Diarrhoe, Blähungen, Obstipation bei Stenosen, perianale Fissuren

und Fisteln. Als Komplikation von Fisteln sind kotiges Erbrechen, rezidiverende Harnwegsinfekte mit

Pneumaturie oder kotiger Vaginalausfluss möglich. Wachstumsstörungen und verspätete Pubertät treten bei

Kindern mit Morbus Crohn häufig auf.

Diagnostik:

Wichtig für die Diagnosestellung und exakte Klassifikation einer chronischen entzündlichen Darmerkrankung

ist der Einbezug von klinischen, radiologischen und endoskopischen Befunden (Symptome, zeitlicher Verlauf,

bisherige Therapie, Aussehen und Verteilung der Läsionen im Darm). Da die histopathologische

Differenzierung zwischen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa mit zunehmender Dauer der Erkrankung und als

Folge der Therapie erschwert sein kann, sollte die korrekte Einteilung wenn möglich beim ersten Schub

erfolgen. Klassische Veränderungen finden sich etwa 6-8 Wochen nach Symptombeginn. Bei fulminanter

Erkrankung kann die eindeutige Zuordnung unmöglich sein. Bei einem ersten Schub einer entzündlichen

Darmerkrankung muss differentialdiagnostisch auch an eine infektiöse , eine ischämische , eine

medikamentös-toxische oder allergische Darmerkrankung gedacht werden.

Therapie:

Die Therapie richtet sich nach der jeweiligen Entzündungsaktivität und erfolgt meist medikamentös. Neuere

antiinflammatorische und immunsuppressive Medikamente stehen unter Erprobung (monoklonaler Antikörper

gegen Tumornekrosefaktor, Tacrolimus, Mycophenolate Mofetil, Interleukine). Unter Umständen wird ein

chirurgisches Vorgehen notwendig (mechanischer Ileus, toxisches Megakolon, Fisteln...).

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Herdförmige Vermehrung von Lymphozyten, Plasmazellen und Granulozyten in der Mukosa.

Herdförmige Verplumpung der Dünndarmzotten.

Transmurale Entzündungsinfiltrate mit Lymphfollikelbildung.

Fibrose und Verdickung der Darmwand.

Schlitzförmige fissurale Ulzera.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Bekannter Morbus Crohn.

Verteilung der entzündlichen Läsionen im Gastrointestinaltrakt.

Symptomatik.

Therapie (Art und Zeitdauer).

Mögliche Differentialdiagnosen (Ischämie, NSAR).

Praxis-Tipp:

Proben aus verschiedenen Regionen des Gastrointestinaltraktes in separaten Gefässen einsenden und

genaue Entnahmestellen in Schemazeichnung eintragen.

Präparat Nr 008 aus Kasten S 001

Page 13: Spezielle Patho Modul 87

Topographie / Diagnose

Appendix vermiformis / Neuroendokriner Tumor der Appendix

Einleitung

Definition:

Neuroendokrine Neoplasien sind benigne oder maligne Tumoren, die aus Zellen mit neuroendokrinem

Phänotyp hervorgehen. Diese Zellen sind verstreut im Epithel verschiedener Organe zu finden und werden

zusammengefasst unter dem Begriff des diffusen neuroendokrinen Systems. Die Zellen des diffusen

neuroendokrinen Systems teilen bestimmte Merkmale mit Neuronen und bilden je nach Herkunftsort

unterschiedliche Hormone. Besonders zahlreich sind neuroendokrine Zellen im Magen-Darm Trakt, in den

Atemwegen und im Urogenitaltrakt. Entsprechend können neuroendokrine Tumoren von diesen verschiedenen

Organen ausgehen.

Morphologie:

Makroskopisch sind neuroendokrine Tumoren graugelb. Neuroendokrine Tumoren der Appendix sind meist in

der Appendixspitze lokalisiert. Der Tumor beginnt oft in der Submukosa und dehnt sich von dort weiter auf

die Muscularis propria und die Subserosa aus. Die Mehrheit der neuroendokrinen Tumoren der Appendix geht

von Serotonin- bildenden Tumorzellen aus und zeigen histologisch ein insuläres Wachstumsmuster . Die

neuroendokrine Differenzierung lässt sich immunhistochemisch mit den neuroendokrinen Markern

Synaptophysin oder Chromogranin bestätigen. Die Tumorzellen zeigen die typischen Merkmale

neuroendokriner Zellen: polygonale oder spindelförmige monotone Zellen mit mässig reichlich, teilweise

feingranulärem Zytoplasma. Uniforme runde bis ovale Zellkerne mit feingranulärem Pfeffer- und Salz

Chromatin.

TNM Klassifikation und Grading neuroendokriner Tumoren:

International existiert kein allgemeiner Konsensus zur Nomenklatur und zur TNM Klassifikation der

neuroendokrinen gastroenteropankreatischen Tumoren. In Europa richtet man sich in der Regel nach der von

der ENETS (European Neuroendocrine Tumor Society) vorgeschlagenen Nomenklatur und deren TNM

Klassifikation (siehe Literatur).

Alle neuroendokrinen Tumoren des Gastrointestinaltrakts haben Malignitätspotential. Der Begriff Karzinom

wird aber nur für die aggressiv verlaufenden und in der Appendix sehr seltenen kleinzelligen und grosszellig

neuroendokrinen Karzinome verwendet. Das biologische Verhalten gastroenteropankreatischer

neuroendokriner Tumoren ist abhängig von der Tumorlokalisation, der lokalen Tumorausdehnung und dem

Grading. Das Grading basiert auf der Proliferationsrate der Tumorzellen (Mitosezahl pro 10 hochauflösende

Gesichtsfelder und auf dem Ki67-Proliferationsindex).

update 7. September 2011

Klinik

Vorkommen:

Neuroendokrine Tumoren der Appendix finden sich als Zufallsbefund in 0.25% aller Appendektomien. Meist

handelt es sich um einen Nebenbefund bei akuter Appendizitis. Das mittlere Lebensalter liegt bei 40 Jahren.

Neuroendokrine Tumoren kommen aber schon im Kleinkindesalter vor.

Symptomatik:

Der Tumor selbst verursacht meist keine Symptome.

Therapie:

Die einfache Appendektomie ist in den meisten Fällen ausreichend.

In folgenden Situationen ist eine rechtsseitige Hemikolektomie in Betracht zu ziehen:

Basale Lage mit Übergreifen auf das Zökum

Unvollständige Resektion

Ausbreitung auf das Mesenteriolum

Page 14: Spezielle Patho Modul 87

Lymphknotenmetastasen

Tumorgrösse über 2cm

Becherzellkarzinoid oder gemischtes Adenoneuroendokrines Karzinom

Pleomorphes Zellbild mit hoher Mitoserate

Prognose:

Hochdifferenzierte funktionell inaktive Tumoren ohne Ausbreitung auf die Mesoappendix mit einer Grösse

von weniger als 2cm (95% der Fälle) verhalten sich benigne.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Akute eitrige ulzerophlegmonöse Appendizitis.

Tumorzellnester in der Muscularis propria und Subserosa.

Tumorzellen mit monomorphen runden Kernen mit uniform feinkörnigem Pfeffer und Salz Chromatin

und reichlich hellem teils feingranulärem Zytoplasma.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Verdacht auf Lymphknotenmetastasen.

Präparat Nr 009 aus Kasten S 001

Topographie / Diagnose

Dünndarm / Morbus Whipple

Einleitung

-

Klinik

-

Repetitorium

-

Präparat Nr 010 aus Kasten S 001

Topographie / Diagnose

Appendix vermiformis / Akute eitrige ulzerophlegmonöse Appendizitis

Einleitung

Aetiologie:

Die Entzündung der Appendix ist meist Folge einer Obstruktion beispielsweise durch einen Kotstein,

hyperplastische Lymphfollikel oder einen Tumor. Dadurch kommt es wegen fortgesetzter Sekretion von

Schleim ins Appendixlumen zu einer intraluminalen Druckerhöhung mit Störung des venösen Abflusses. Die

Page 15: Spezielle Patho Modul 87

ischämische Schädigung der Mukosa fördert die Proliferation von Bakterien. Gelegentlich können als

Verursacher einer akuten Appendizitis Oxyureneier nachgewiesen werden oder eine retikulozytär

abszedierende Entzündung bei Yersiniose . Eine neurogene Appendikopathie kann zu chronischen

rechtsseitigen Unterbauchbeschwerden führen.

Morphologie:

Das histologische Kriterium für eine akute Appendizitis ist die Infiltration der Muscularis propria mit

neutrophilen Granulozyten.

Klinik

Vorkommen:

Meist tritt die akute Appendizitis bei Adoleszenten oder jungen Erwachsenen auf, ist jedoch grundsätzlich in

jedem Alter möglich.

Symptomatik:

Fehldiagnosen sind recht häufig, da sich die Erkrankung oftmals nicht mit klassischer Symptomatik

manifestiert und die Differentialdiagnose der rechtsseitigen Unterbauchbeschwerden sehr breit ist. Mögliche

Differentialdiagnosen: Gallekolik, Obstipation, Divertikulose, Endometriose, EUG, Torsion eines

Adnextumors, Gastroenteritis, Adnexitis…

Die klassische Abfolge von Appetitlosigkeit und periumbilikalen Schmerzen gefolgt von rechtsseitigen

Unterbauchschmerzen und Erbrechen findet sich nur bei gerade 50% der Patienten.

Therapie:

Die Appendektomie ist Therapie der Wahl.

Komplikationen:

Mögliche Komplikationen einer Appendizitis sind Wandperforation, Pylephlebitis mit Thrombose der

portalvenösen Drainage, Leberabszess oder Bakteriämie.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Fokale Ulzeration der Appendixschleimhaut.

Diffuse Durchsetzung der Appendixwand mit neutrophilen Granulozyten (phlegmonöse Entzündung).

Fibrinauflagerungen auf der Serosa durchmischt mit neutrophilen Granulozyten (fibrinös eitrige

Peritonitis).

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Verdacht auf Perforation oder perityphlitischen Abszess.

Präparat Nr 011 aus Kasten S 001

Topographie / Diagnose

Kolon Sigma / Divertikulitis

Einleitung

-

Page 16: Spezielle Patho Modul 87

Klinik

-

Repetitorium

-

Präparat Nr 012 aus Kasten S 001

Topographie / Diagnose

Kolon / Amöbenkolitis

Einleitung

-

Klinik

-

Repetitorium

-

Präparat Nr 013 aus Kasten S 001

Topographie / Diagnose

Kolon links / Colitis ulcerosa

Einleitung

Aetiologie:

Die Colitis ulcerosa gehört zusammen mit dem Morbus Crohn zu den idiopathischen chronischen schubweise

verlaufenden entzündlichen Erkrankungen mit Manifestation im Kolon und gelegentlich im terminalen Ileum.

Ätiologie und Pathogenese sind wie beim Morbus Crohn nicht vollständig geklärt. Immunologische,

genetische und Umweltfaktoren scheinen eine Rolle zu spielen.

Morphologie:

Die Colitis ulcerosa beginnt im Rektum und breitet sich kontinuierlich nach proximal aus. In 10% ist das

gesamte Kolon befallen und es besteht zusätzlich eine back-wash-Ileitis im terminalen Ileum. Das Rektum

ist bei unbehandelten Patienten praktisch immer befallen. Nach topischer Therapie kann das Rektum

ausgespart sein und nach längerem Krankheistverlauf ist auch ein segmentaler Befall möglich. Bei fehlenden

klinischen Angaben (Dauer der Erkrankung, Therapie) können diese atypischen Manifestationen diagnostische

Schwierigkeiten verursachen. Makroskopisch finden sich häufig longitudinal ausgerichtete Ulzera mit

Querverbindungen und Konfluenz. Residuelle Schleimhautinseln imponieren als Pseudopolypen. In der

Remissionsphase ist die Schleimhaut glatt und blass, das Faltenrelief ist vergröbert und verstrichen und es

finden sich häufig Granulationsgewebspolypen. Mikroskopisch findet sich je nach Entzündungsaktivität eine

mehr oder weniger ausgeprägte diffuse Verdichtung des lymphoplasmazellulären Entzündungsinfiltrates mit

Beimischung von Granulozyten in Form einer Kryptitis oder von Kryptenabszessen. Bei einer stark aktiven

Entzündung finden sich zusätzlich Erosionen und Ulzera mit Ausdehnung der Entzündung über die Mukosa

Page 17: Spezielle Patho Modul 87

hinaus in die Submukosa oder in noch tiefere Schichten bei hochflorider Kolitis. Die Kryptenarchitektur ist

gestört, die Anzahl der Krypten und der Becherzellen vermindert. In der Regeneratphase finden sich

zahlenmässig reduzierte und verkürzte Krpyten mit normaler Anzahl Becherzellen. Meist bleibt eine leichte

Verdichtung der Entzündungszellen in der Lamina propria bestehen.

Klinik

Vorkommen:

Die jährliche Inzidenz liegt bei 10-12/100'000 Einwohner, die Prävalenz bei 35-100/100'000. Die Erkrankung

kann in jedem Alter auftreten, ist aber am häufigsten bei 15 bis 25 Jährigen und bei 55 bis 65 Jährigen.

Symptomatik:

Die Patienten haben häufig Episoden von rektalen Blutungen mit oder ohne Schleimabgänge, Tenesmen,

abdominale Krämpfe, imperativer Stuhldrang und Gewichtsverlust bei schweren Fällen. Zu den extrakolischen

Manifestationen gehören Synovialitis, ankylosierende Spondylitis, Sacroileitis, Erythema nodosum, Pyoderma

gangraenosum, aphthöse Stomatitis, Episkleritis, Iritis, primär sklerosierende Cholangitis und Harnsäuresteine.

Diagnostik:

Bei Verdacht auf eine chronisch entzündliche Darmerkrankung (IBD) sollten bei der Kolonoskopie Biopsien

aus allen Abschnitten des Dickdarmes und aus dem distalen Ileum entnommen und in getrennten Gefässen mit

Lokalisationsbezeichnung eingesandt werden. Biopsien sollten auch aus denjenigen Abschnitten entnommen

werden, welche endoskopisch normal erscheinen.

Therapie:

Ziel der medikamentösen Therapie mit antiinflammatorischen, antimikrobiellen und immunsuppressiven

Substanzen ist eine Verminderung von Morbidität und Komplikationen. Die Indikation zur Kolektomie besteht

bei dysplastischen Veränderungen oder Karzinom (bei Colitis ulcerosa häufiger als bei Morbus Crohn), bei

chronisch refraktärer Kolitis, schweren Blutungen oder Perforation, therapierefraktärer fulminanter Kolitis

oder toxischem Megakolon, Obstruktion, systemischen Komplikationen und Gedeihstörung bei Kindern.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Abwechslungsweise oberflächliche Ulzera und pseudopolypöse Schleimhautvorwölbungen.

Entzündungsinfiltrate in Mukosa und Submukosa.

Unregelmässig geformte und verzweigte Krypten (Kryptenarchitekturstörung).

Krpyten enden deutlich oberhalb der Lamina muscularis mucosae (Kryptenatrophie).

Verminderte Schleimbildung und Becherzellverlust.

Basal betonte Plasmozytose und Infiltrate neutrophiler Granulozyten.

Ansammlungen neutrophiler Granulozyten in Kryptenlumina (=Kryptenabszesse) und Infiltrate von

neutrophilen Granulozyten im Kryptenepithel (=Kryptitis).

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Endoskopischer Befund mit Befallsmuster.

Vorliegen dysplasieverdächtiger oder karzinomverdächtiger Läsionen.

Vorbefunde und bisheriger Verlauf.

Therapie.

Praxis-Tipp:

Bei multiplen Entnahmen Biopsiestellen in Schema einzeichnen und Proben aus verschiedenen

Darmregionen in separaten Gefässen einsenden.

Page 18: Spezielle Patho Modul 87

Präparat Nr 014 aus Kasten S 001

Topographie / Diagnose

Jejunum / Peutz-Jeghers Polyp, Dünndarm

Einleitung

-

Klinik

-

Repetitorium

-

Präparat Nr 015 aus Kasten S 001

Topographie / Diagnose

Kolon descendens / Tubulovillöses Kolonschleimhautadenom

Einleitung

Definition:

Das kolorektale Adenom ist eine gutartige präneoplastische Läsion ausgehend von der Kolonmukosa, welche

sich im Verlauf zum invasiven Adenokarzinom weiterentwickeln kann (Adenom-Karzinom Sequenz) und

stellt somit eine gesicherte Präkanzerose des Kolonkarzinoms dar.

Morphologie:

Adenome können makroskopisch als erhabene, flache oder eingesenkte Läsionen imponieren. Nicht alle

Adenome imponieren also makroskopisch als Polypen. Die erhabenen Adenome können gestielt oder sessil

sein. Für die Diagnose entscheidend ist der Nachweis einer Epitheldysplasie. Bei der Gradierung der

Dysplasie werden Polaritätsverlust, Drüsenkomplexität, Zelldichte und Ausmass der zytologischen Atypien

berücksichtigt. Mikroskopisch unterscheidet man tubuläre (>80% Tubuli) , villöse (>80% Villi) und

tubulovillöse Adenome. Am häufigsten sind tubuläre Adenome gefolgt von gemischten, rein villöse sind

selten (5%). Die Unterscheidung von Villi und längs angeschnittenen Tubuli ist fliessend. Ein Villus wird

arbiträr definiert als Drüse, deren Länge mindestens das Doppelte der normalen Mukosadicke beträgt.

Anmerkung:

Exophytische tumorartige Läsionen im Darm werden makroskopisch als Polypen bezeichnet. Dabei kann es

sich um wenig fortgeschrittene Karzinome, Adenome, hyperplastische Polypen ,

Granulationsgewebspolypen oder hamartomatöse Läsionen handeln. Eine eindeutige nosologische

Zuordnung kann oft erst histologisch vorgenommen werden.

Klinik

Vorkommen:

Bei 30-40% aller über 60 Jährigen können Kolonadenome nachgewiesen werden. Patienten mit

Kolonadenomen sind durchschnittlich 10 Jahre jünger als Patienten mit Kolonkarzinomen.

Risikofaktoren:

Page 19: Spezielle Patho Modul 87

Es existieren verschiedene vererbbare Polyposis Syndrome assoziiert mit einem erhöhten Karzinomrisiko

(familiäre adenomatöse Polypose , Juvenile Polypose, hyperplastische Polypose, Peutz Jeghers und Cowden

Syndrom mit hamartomatösen Polypen).

Symptomatik:

Die meisten Patienten sind asymptomatisch. Villöse Adenome im Rektosigmoid oder Rektum können eine

sekretorische Diarrhoe verursachen.

Diagnostik und Therapie:

Die endoskopische Untersuchung hat die höchste Sensitivität für den Polypennachweis und erlaubt

gleichzeitig die therapeutische Polypektomie mit histologischer Untersuchung. Das Risiko einer Perforation

bzw. starken Blutung liegt bei 0.2% bzw. 1% nach endoskopischer Polypektomie. 40-50% der Patienten mit

Adenomen im Rektosigmoid haben zusätzlich proximal gelegene Adenome. Bei positiver Sigmoidoskopie

sollte deshalb eine Untersuchung des gesamten Kolons angeschlossen werden. Bei Vorliegen von

Kolonpolypen ist die vollständige endoskopische Abtragung und histologische Untersuchung erforderlich.

Oberflächliche Biopsien aus Adenomen erlauben keine genügende Aussage zur Dignität der Läsion. Bei

großen Polypen mit einer Basis von mehr als 2 - 3 cm Durchmesser kann die chirurgische Polypektomie, evtl.

als mikrochirurgisch-endoskopischer Eingriff, indiziert sein.

Verlauf:

Die Entwicklung vom Adenom zum Karzinom dauert mindestens 4 Jahre. Das Progressionsrisiko ist höher bei

Adenomen ab einem Durchmesser von 1cm, bei villösen Adenomen und bei hochgradiger Dysplasie.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Mehrere polypoide Kolonschleimhautfragmente.

An der Basis des grössten Fragmentes und des Fragmentes links oben erkennt man nicht dysplastisch

veränderte Kolonschleimhaut teils mit Kauterartefakten.

Intakte Lamina muscularis mucosae.

Das Adenom besteht mehrheitlich aus langen fingerförmigen verzweigten villösen Strukturen und

kürzeren unverzweigten Tubuli.

In der Übersicht erscheinen die dysplastisch veränderten Drüsen blauer als die normalen Kolonkrypten.

Das Epithel der mässiggradig dysplastisch veränderten Drüsen zeigt vermehrte, vergrösserte,

mehrreihig angeordnete stiftförmige Kerne mit leicht vergröbertem Chromatin und verminderter

intrazytoplasmatische Schleimbildung.

Die Zellpolarität ist erhalten (parallele Ausrichtung der Zellkerne zueinander, senkrecht zur

Basalmembran).

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Vorliegen einer entzündlichen Darmerkrankung (Colitis ulcerosa, Crohn).

Anzahl und genaue Lokalisation der Adenome.

Hereditäres Kolonkarzinom.

update 30. August 2012

Präparat Nr 016 aus Kasten S 001

Topographie / Diagnose

Kolon Sigma / Mässig differenziertes Adenokarzinom des Kolons

Page 20: Spezielle Patho Modul 87

Einleitung

Pathogenese:

Etwa 90% der kolorektalen Karzinome entwickeln sich aus gutartigen Kolonschleimhautadenomen durch

Akkumulation bestimmter genetischer Veränderungen: Adenom-Karzinom Sequenz (chromosomale

Instabilität). Die Entwicklung des Kolonkarzinoms ist durch aufeinanderfolgende Mutationsschritte

gekennzeichnet. Die Mutation des APC Gens (adenomatous polyposis coli-suppressor gene) ist der erste

Schritt in der Progression vom Adenom zum Karzinom. Bei der familiären Polyposis coli liegt eine

Keimbahnmutation des APC Gens vor. In der Folge kommt es zu Mutationen des K-ras Gens, des p53 Gens

und schließlich zu Deletionen von Chromosom 18q. Ein zweiter Entstehungsweg von Kolonkarzinomen, der

sich beim HNPCC (hereditary non polyposis colorectal cancer syndrome) Syndrom aber auch bei einem Teil

der nicht hereditären Karzinome findet, ist der Ausfall eines Mismatch Repair Gens (Mutator Pathway).

Wegen dem Ausfall des Reparaturgens werden spontane somatische Mutationen nicht mehr repariert.

Insertionen und Deletionen akkumulieren und führen so zu einer genomische Instabilität. Der Verlust eines

Reparaturgens ist immunhistochemisch feststellbar. Die daraus resultierende Mikrosatelliteninstabilität kann

der Molekularpathologe nachweisen. Die Indikation für eine molekulargenetische Weiterabklärung ist dann

gegeben, wenn der Patient die Bethesda Kriterien erfüllt (anamnestische, klinische und pathologische

Merkmale).

Morphologie:

Die meisten Adenokarzinome des Kolons bilden Drüsen mit hochprismatischem Epithel. Die Drüsenlumina

enthalten oft nekrotischen Detritus und variable Mengen von Schleim. Der intraluminale Detritus findet sich

oft auch in den Metastasen und gibt einen morphologischen Hinweis auf den Primärtumor. Es gibt

verschiedene histologische Subtypen wie muzinöse Karzinome , Siegelringkarzinome, medulläre

Karzinome oder adenosquamöse Karzinome. Bestimmte Befunde weisen auf mikrosatelliteninstabile Tumoren

hin: Wenig differenziertes medulläres Karzinom, zwei oder mehr morphologische Muster nebeneinander,

Vermehrung der intra- und peritumoralen Lymphozyten, Lokalisation des Tumors im rechtsseitigen Kolon.

Klinik

Vorkommen:

Das kolorektale Karzinom ist der dritthäufigste maligne Tumor in der Schweiz und macht 10% aller

Krebstodesfälle aus. Jedes Jahr erkranken in der Schweiz 3500 Patienten an einem Kolonkarzinom. Die

Inzidenz ist wahrscheinlich aufgrund der vermehrten Früherfassung sinkend.

Risikofaktoren:

Risikofaktoren sind Alter, fett- und cholesterinreiche Ernährung, entzündliche Darmerkrankungen (vor allem

Colitis ulcerosa), vorausgegangenes Kolonkarzinom, Ethylabusus >45g/Tag. Protektiv wirken Früchte,

Gemüse, körperliche Aktivität und die Einnahme Nicht steroidaler Antirheumatika. Das Risiko für ein

Kolonkarzinom beginnt ab einem Alter von 40 Jahren zu steigen. Bei Patienten <50 Jahre muss an die

Möglichkeit einer genetischen Prädisposition gedacht werden. Eine genaue Familienanamnese ist deshalb

wichtig. Bei 5-10% der Patienten besteht eine autosomal-dominant erbliche Veranlagung. Dazu gehören das

HNPCC (hereditary non polypous colorectal cancer)-Syndrom = Lynch Syndrom, die familiäre adenomatöse

Polyposis und verschiedene hamartomatöse Polyposen.

Symptomatik:

Kolonkarzinome können lange asymptomatisch sein. Am häufigsten klagen die Patienten über

Bauchschmerzen, oder veränderte Stuhlgewohnheiten. Bei 30% sind okkulte Blutungen nachweisbar und 15%

der Patienten haben eine mechanische Obstruktion. Rechtsseitige Tumoren sind meist grösser und tendieren zu

Blutungen. Linksseitige Tumoren führen eher zu einer Obstruktion. Als Screeninguntersuchung zur

Frühdiagnose wird die Durchführung einer Colonoskopie alle 10 Jahre ab dem 50. Altersjahr empfohlen. Bei

hereditären Tumoren oder nach vorausgegangenem kolorektalem Karzinom sind häufigere Colonoskopien

indiziert.

Therapie:

Die chirurgische Therapie des Kolonkarzinoms unter kurativer Zielsetzung besteht in der Resektion des

Page 21: Spezielle Patho Modul 87

tumortragenden Kolonsegmentes mit dem regionalen Lymphabflußgebiet, gegebenenfalls unter Mitentfernung

adhärenter Organe. Die Resektion von (syn- und metachronen) Fernmetastasen (Leber, Lunge, u.a.) in

kurativer Absicht ist indiziert, sofern eine vollständige Resektion möglich und das Risiko des Eingriffs

vertretbar ist. Durch die Einführung zahlreicher neuer Medikamente konnte in den letzten Jahren das

Überleben auch bei fortgeschrittenen Tumoren deutlich verbessert und können einen Teil der Lokalrezidive

verhindern. Bei Patienten mit familiärer Polypose, multiplen Adenomen oder Karzinom bei Colitis ulcerosa

wird eine totale Kolektomie vorgenommen.

Prognose:

Die Prognose hängt ab vom Tumorstadium, von der Anzahl untersuchter Lymphknoten (je mehr

Lymphknoten untersucht werden, desto besser die prognostische Aussagekraft), der Vollständigkeit der

Resektion (besonders wichtig beim tiefsitzenden Rektumkarzinom) und vom präoperativen CEA Wert.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Die Karzinomdrüsen sind unregelmässig verzweigt und bilden teils kribriforme Strukturen.

Tumordrüsen infiltrieren Submukosa und Muscularis propria der Kolonwand.

Die Karzinomdrüsen sind teilweise umgeben von zellarmem desmoplastischem Stroma und einem

dichten gemischten Entzündungsinfiltrat.

Ektatische Tumordrüsen sind gefüllt mit nekrotischem Zelldetritus.

Sich gegenseitig überlagernde, abgerundete, vergrösserte und hyperchromatische Tumorzellkerne.

Stark verminderte Schleimbildung in den Tumorzellen.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Lokalisation des Karzinoms.

Vorliegen einer entzündlichen Darmerkrankung (Colitis ulcerosa, Crohn).

Hereditäres Kolonkarzinom (HNPCC oder adenomatöse Polypose, Familienanamnese).

Praxis-Tipp:

Resektat sofort frisch und uneröffnet einsenden.

Falls das Präparat eröffnet wird, Tumor vor dem Öffnen palpieren und Darm auf der

gegenüberliegenden Seite eröffnen.

Tiefen Weichgewebsresektionsrand mit Faden markieren.

Präparat Nr 018 aus Kasten S 001

Topographie / Diagnose

Oesophagus / Soorösophagitis

Einleitung

Aetiologie:

Candidaorganismen gehören zur normalen Darmflora inklusive der Flora des Oropharynx. Nach

Breitspektrum Antibiotikatherapie oder Inhalationstherapie mit Corticosteroiden können diese Organismen

beim Immunkompetenten einen selektiven Wachstumsvorteil gewinnen, insbesondere wenn Mukosadefekte

vorhanden sind (z.B. bei Refluxösophagitis).

Morphologie:

Page 22: Spezielle Patho Modul 87

Endoskopisch finden sich abstreifbare weissgelbe krümelige Plaques, welche keine Prädilektionsstelle zeigen.

Die Schleimhaut kann erodiert oder ulzeriert sein. In Klumpen von nekrotischen Plattenepithelzellen lassen

sich mikroskopisch oft Sporen und Pseudohyphen nachweisen. Die Pseudohyphen wachsen oft senkrecht zur

Epitheloberfläche. Besonders gut sichtbar werden die Pilze in der PAS oder Grocott Färbung. Zusätzlich

besteht eine aktive Ösophagitis mit Infiltration der oberflächlichen Plattenepithelschicht durch neutrophile

Granulozyten. Zahlreiche neutrophile Granulozyten in einem Ulkus weisen auf eine Soorösophagitis. Bei viral

bedingten Ulzera (Herpes, CMV) prädominieren Makrophagen.

Anmerkung:

Der Nachweis von Pilzsporen allein rechtfertigt noch nicht zur Diagnose einer Soorösophagitis. Es könnte sich

ebensogut um eine Kontamination aus dem Oropharynx handeln (normale Mundflora). Eine Soorösophagitis

kann dann diagnostiziert werden, wenn Pseudohyphen begleitet von einer Entzündung nachweisbar sind. Dies

bedeutet in der Regel, dass es sich um eine invasive Infektion mit Krankheitswert handelt.

Klinik

Vorkommen:

Eine Ösophagitis kann in allen Altersgruppen auftreten.

Risikofaktoren:

Das höchste Infektionsrisiko haben AIDS Patienten und Patienten mit Leukämie oder Lymphom. Weitere

Risikofaktoren sind Achalasie, Tumorerkrankung, Ösophagusdivertikel, Diabetes mellitus und Alkoholismus.

Symptomatik:

Die Patienten klagen oft über akut einsetzende Schmerzen beim Schlucken und eventuell Schluckstörungen.

Übelkeit und Erbrechen, Fieber, Bauchschmerzen, Hämatemesis und Appetitlosigkeit mit Gewichtsverlust

können hinzukommen. Die Soorinfektion ist aber oft asymptomatisch.

Diagnostik:

Die Diagnose kann endoskopisch vermutet und histologisch anhand der endoskopisch entnommenen Biopsien

bestätigt werden. Eine Gewebskultur ist selten indiziert (bei resistenten Erregern), da Candida Spezies zu den

Kommensalen der normalen Mundflora gehören. Der mikrobiologische Nachweis von Candida spp. ist also

nicht gleichzusetzen mit einer Soorinfektion.

Therapie:

Die medikamentöse Behandlung kann topisch, oral oder parenteral erfolgen. Die Wahl des Medikamentes

erfolgt abhängig von der Schwere der Infektion und vom Immunstatus. Immunkompetente Patienten können

meist topisch behandelt werden. Ziel der Therapie ist eine Minimierung der Symptome und das Verhindern

von Komplikationen.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Teils ulzerierte, teils erodierte Ösophagusmukosa.

Die Pseudomembran über der ulzerierten Schleimhaut setzt sich zusammen aus einem dichten

Netzwerk PAS positiver Soorpseudohyphen und ovale aussprossende Sporen, nekrotischem

Plattenepithel, Fibrin und neutrophilen Granulozyten.

Die Pseudohyphen infiltrieren das Plattenepithel.

Im Unterschied zur Aspergillose dünnere Pseudohyphen ohne echte Verzweigungen und zahlreiche

Sporen.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Endoskopischer Befund.

Page 23: Spezielle Patho Modul 87

Verdacht auf Soorinfektion (Pilze besser nachweisbar in der PAS oder Grocottfärbung als in der

routinemässig angefertigten HE Färbung).

Präparat Nr 019 aus Kasten S 001

Topographie / Diagnose

Haut / Lichen ruber

Einleitung

-

Klinik

-

Repetitorium

-

Präparat Nr 021 aus Kasten S 001

Topographie / Diagnose

Zunge / Plattenepithelkarzinom der Zunge

Einleitung

-

Klinik

-

Repetitorium

-

Präparat Nr 022 aus Kasten S 001

Topographie / Diagnose

Glandula submandibularis / Sialolithiasis

Einleitung

-

Klinik

Page 24: Spezielle Patho Modul 87

-

Repetitorium

-

Präparat Nr 023 aus Kasten S 001

Topographie / Diagnose

Speicheldrüse / Autoimmun- Sialadenitis bei Sjögren Syndrom

Einleitung

-

Klinik

-

Repetitorium

-

Präparat Nr 024 aus Kasten S 001

Topographie / Diagnose

Parotis / Pleomorphes Adenom der Speicheldrüse

Einleitung

Makroskopie:

Makroskopisch sind pleomorphe Adenome scharf begrenzt. In den grossen Speicheldrüsen sind die meist

solitär wachsenden Knoten von einer Kapsel umgeben, nicht aber in den kleinen Speicheldrüsen.

Rezidivtumoren bilden oftmals multiple Knoten.

Mikroskopie und Histogenese:

Die architektonischen und zytologischen Befunde sind äusserst variabel. Pleomorphe Adenome bestehen aus

einer duktalen epithelialen, einer myoepithelialen und einer mesenchymalen Komponente mit myxoider,

hyaliner, chondroider oder ossärer Differenzierung. Der Prozentuale Anteil der verschiedenen Komponenten

ist von Tumor zu Tumor sehr unterschiedlich. Gangstrukturen werden von einem einreihigen duktalen Epithel

ausgekleidet. Das Gangepithel kann eine Plattenepithelmetaplasie mit Verhornung zeigen. Die

Myoepithelzellen umgeben die epithelial ausgekleideten Gangstrukturen, bilden Nester, solide Zellplatten,

Trabekel oder liegen einzeln im mesenchymalen Stroma. Die Morphologie der Myoepithelien ist sehr variabel

(spindelig, plasmazytoid, epitheloid, sternförmig oder basaloid).

Histogenetisch handelt es sich wahrscheinlich um einen rein epithelialen Tumor, dessen mesenchymale

Komponente von den neoplastischen Myoepithelzellen gebildet wird.

Anmerkung:

Beim Vorliegen von Satellitenherden kann der Pathologe nicht mit Sicherheit angeben, ob die Resektion im

Gesunden erfolgte oder ob weitere Satellitenherde in situ verblieben sind.

update 7. September 2011

Page 25: Spezielle Patho Modul 87

Klinik

Vorkommen:

Das pleomorphe Adenom ist der häufigsten Tumor der Speicheldrüsen (60% aller Speicheldrüsentumoren).

Das Durchschnittsalter der Patienten beträgt 43 Jahre.

Symptomatik:

Pleomorphe Adenome wachsen langsam und sind meist asymptomatisch.

Therapie:

Der Tumor sollte vollständig entfernt werden. Eine Tumorenukleation (Ausschälung aus der Kapsel) stellt

eine ungenügenden Therapie dar und führt in 20-45% zu Rezidiven.

Verlauf:

Die oft multinodulären Rezidive können Jahre nach Erstdiagnose auftreten. Langbestehende pleomorphe

Adenome bzw. deren Rezidive können zu Karzinomen entarten. Das Durchschnittsalter der

Karzinompatienten liegt 13 Jahre höher als bei den Adenomen. Histologisch findet sich in diesen Fällen eine

Mischung von pleomorphem Adenom und Adenokarzinom. Das Karzinom kann nicht invasiv (innerhalb der

Tumorkapsel) oder invasiv wachsen. Erstere weisen bei vollständiger Exzision eine gute Prognose auf, letztere

zeigen ein 5 Jahres-Überleben von 25-65%.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Scharf begrenzter bekapselter Tumor bestehend aus epithelialen, myoepithelialen und mesenchymalen

Anteilen.

Das Epithel bildet duktale Strukturen, welche von reichlich Myoepithelien umgeben werden.

Epitheiale Gänge werden ausgekleidet von kubischen luminalen Zellen und einer oder mehreren

äusseren Schichten myoepithelialer Zellen.

In den stromareichen Arealen rechts finden sich plasmazytoide Myoepithelzellen mit reichlich

eosinophilem Zytoplasma und einem exzentrisch gelegenen runden Kern.

Die stromale Komponente ist teils mukoid, teils hyalinknorplig, teils hyalinisiert bindegewebig.

Oben im Präparat dem Tumor kappenförmig aufsitzende seromuköse Speicheldrüse (Glandula

submandibularis).

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Primärtumor oder Rezidiv.

Präparat Nr 025 aus Kasten S 001

Topographie / Diagnose

Parotis / Adenoidzystisches Karzinom einer Speicheldrüse

Einleitung

Lokalisation:

Das adenoidzystische Karzinom ist eine seltene Form des Adenokarzinoms im Kopf-Hals Bereich. Seltener

tritt es in der Mamma oder auch an anderen Lokalisationen auf. Am häufigsten wird dieses Karzinom in der

Parotis, in der Glandula submandibularis und in den kleinen Speicheldrüsen des Gaumens (in abnehmender

Reihenfolge) diagnostiziert.

Page 26: Spezielle Patho Modul 87

Morphologie:

Adenoidzystische Karzinome zeigen drei Wachstumsmuster (in abnehmender Reihenfolge): kribriform,

tubulär und solide. Die Hohlräume in den kribriformen Arealen entsprechen keinen echten Drüsenlumina,

sondern sind Bestandteil des Tumorstromas. Sie enthalten PAS positives Sekret oder hyaline Substanzen. Die

strangförmigen Tubuli begleitet von hyalinem Stroma. Typischerweise (allerdings nicht im vorliegenden

Präparat) kann eine Perineuralscheideninvasion nachgewiesen werden. Kleine Tumoren können scharf

begrenzt sein, grössere Tumoren wachsen infiltrativ.

Klinik

Symptomatik:

Initial besteht eine schmerzlose Schwellung. Im Verlauf kommt es zu (Druck-)Schmerzen oder zu einer

peripheren Fazialisparese.

Therapie:

Die besten Langzeitresultate werden nach vollständiger Tumorexzision mit nachfolgender Strahlentherapie

erreicht.

Verlauf:

Das adenoidzystische Karzinom zeigt im Einzelfall einen unvorhersehbaren Verlauf. Meist handelt es sich um

langsam wachsende Tumoren. Gelegentlich kommen aber auch aggressive rasche Verläufe vor. Rezidive nach

Resektion sind häufig. 40-60% der Patienten entwickeln oftmals erst nach langjährigem Verlauf Metastasen

vor allem in Lungen, Knochen oder Weichteilen. Regionäre Lymphknotenmetastasen sind im Gegensatz zu

anderen Speicheldrüsenkarzinomen selten.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Reste einer rein serösen Speicheldrüse (rechts).

Unscharf begrenzter, aus kribriformen, tubulären und soliden Zellformationen aufgebauter infiltrativ

wachsender Tumor.

Mikrozystische Hohlräume in den kribriformen Tumorarealen enthalten eosinophiles hyalines

Material.

Tubuli mit zentralem Lumen werden ausgekleidet von einer inneren helleren Epithelschicht und einer

äusseren dunkleren Myoepithelschicht.

Basaloide kleine Tumorzellen mit wenig Zytoplasma.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Primärtumor, Rezidiv oder Metastase.

Symptomatik.

Präparat Nr 026 aus Kasten S 001

Topographie / Diagnose

Pankreas / Akute Pankreatitis

Einleitung

Page 27: Spezielle Patho Modul 87

Definition:

Die akute Pankreatitis ist eine reversible Läsion charakterisiert durch eine Entzündung des Pankreas.

Aetiologie:

Gallenwegserkrankungen (38%) und Alkoholabusus (35%) verursachen einen Grossteil der akuten

Pankreatitiden. Bei 10-30% der Fälle lässt sich keine sichere Ätiologie eruieren. Seltene Ursachen für eine

akute Pankreatitis sind ERCP Untersuchungen (4%) , Trauma (1.5%) oder Medikamente (1%). Jeweils

weniger als 1% der Fälle werden verursacht durch Infekte, Hyperkalzämie, hereditäre Anomalien,

Hypertriglizeridämie, Tumor, Toxine oder Operationen.

Morphologie:

Das Spektrum reicht von Ödem und Fettgewebsnekrose über Parenchymnekrosen bis zu ausgedehnten

schweren hämorrhagischen Nekrosen. In leichten Fällen zeigt das Pankreas ein interstitielles Ödem und

Entzündungsinfiltrat ohne Blutung oder Nekrosen. Eine Organdysfunktion besteht meist nicht. In schweren

Fällen finden sich ausgedehnte hämorrhagische Fettgewebsnekrosen und Parenchymnekrosen mit

Organdysfunktion und Multiorganversagen.

Klinik

Symptomatik:

Das Kardinalsymptom einer akuten Pankreatitis ist der dumpfe, bohrende andauernde meist epigastrisch

lokalisierte Abdominalschmerz. In der Hälfte der Fälle kommt es zur Schmerzausstrahlung in den Rücken. Oft

kommen Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen oder Diarrhoe hinzu. In schweren Fällen ist der Kreislauf

instabil. Serumamylase und Lipase sind typischerweise erhöht. Eine erhöhte Serumamylase ist aber nicht

spezifisch für Pankreatitis und findet sich auch bei Dünndarmobstruktion, mesenterialer Ischämie,

tuboovariellen Erkrankungen, Niereninsuffizienz oder Makroamylasämie.

Diagnostik:

Die Sonographie eignet sich initial zur Darstellung von Gallensteinen, nicht aber zur Bestimmung des

Schweregrades der Erkrankung. Ein Abdomen CT ist indiziert bei Patienten mit schwerer akuter Pankreatitis,

bei Komplikationen und bei Verdacht auf Tumor.

Therapie:

Bei einer schweren akuten Gallensteinpankreatitis oder assoziierter Cholangitis kann in einem frühen Stadium

eine ERCP mit Sphinkterotomie und Steinextraktion durchgeführt werden. Bei leichter Pankreatitis sind

Nahrungskarenz, intravenöse Flüssigkeitssubstitution und analgetische Therapie ausreichend. Eine schwere

Panreatitis bedarf intensivmedizinischer Betreuung, da sich innert Stunden bis Tagen eine Schockzustand mit

Organversagen oder eine gastrointestinale Blutung entwickeln kann.

Prognose:

Die Mortalität beträgt 10-15% und erreicht 30% bei schwerer nekrotisierender Pankreatitis. In der ersten

Woche versterben die Patienten am Multiorganversagen, in den kommenden Wochen zusätzlich an

Infektionen.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Unregelmässige Nekrosestrassen durchziehen Fettgewebe und Pankreasparenchym.

Die Grenzen zwischen vitalem und nekrotischem Gewebe sind unscharf.

Frische, teils hämorrhagische autodigestive Kolliquationsnekrosen von Pankreasparenchym und

Fettgewebe durchsetzt von zerfallenden neutrophilen Granulozyten.

Innerhalb der Nekroseareale Ablagerungen von amorphem gelblichem Hematoidin (eisenfreies

extrazelluläres Hämoglobinabbauprodukt).

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Page 28: Spezielle Patho Modul 87

Serumamylase und Lipase.

Grund für die akute Pankreatitis.

Präparat Nr 027 aus Kasten S 001

Topographie / Diagnose

Pankreas / Chronisch-sklerosierende Pankreatitis

Einleitung

Aetiologie:

Bei uns werden die meisten Fälle (60%) chronischer Pankreatitis durch schwere rezidivierende akute

Pankreatitisschübe bei chronischem Alkoholabusus verursacht. Ursachen einer nicht alkoholischen

chronischen Pankreatitis mit Fibrose:

Hereditär

Idiopathisch (30%)

Obstruktive chronische Pankreatitis (Tumor, Choledocholithiasis, narbige Strikturen)

Periampulläre Zyste der Duodenalwand, Pankreas divisum

Posttraumatische Narben

Metabolisch (Hyperkalzämie, Hyperlipidämie)

Autoimmun (ev. Assoziiert mit Sjögren Syndrom oder primär sklerosierender Cholangitis)

Tropisch (Malnutrition)

Eine Fibrose des Pankreasparenchyms kann unabhängig von einer chronischen Pankreatitis vorkommen bei

älteren Patienten (autoptischer Zufallsbefund), bei zystischer Fibrose (Gangobstruktion durch viskösen

Schleim) oder bei Hämochromatose.

Morphologie:

Je nach Ursache der chronischen Pankreatitis unterscheidet sich das Muster der Fibrose. Die Nekrosen des

interlobulären Gewebes und der interlobulären Gänge bei ethylischen Pankreatitisschüben führen primär zu

einer interlobulären Fibrose und interlobulären Gangstrikturen. In den betroffenen interlobulären Gängen führt

der Sekretstau zur Konkrementbildung (verkalkte Proteinpräzipitate). Wie bei einer chronisch obstruktiven

Pankreatitis kommt es in den unvollständig drainierten Läppchen zu einer Atrophie der Azini verbunden mit

intralobulärer Fibrose. Letztere Areale enthalten schliesslich nur noch Reste unregelmässig verteilter Gänge,

Inseln, Nerven und Gefässe. In vielen Fällen lassen sich extrapankreatische Pseudozysten gefüllt mit

nekrotisch-hämorrhagischem Detritus in der Nachbarschaft der fibrosierten Bezirke nachweisen. Ein Tumor

, eine Narbe oder einen Stein können als Folge einer Obstruktion des Pankreasganges im Pankreaskopf eine

diffuse Atrophie und Fibrose des Pankreas nach sich ziehen. Diese Form wird als chronische obstruktive

Pankreatitis bezeichnet und ist gekennzeichnet durch eine deutliche poststenotische Dilatation des betroffenen

Pankreasganges ohne Konkrementbildung und eine diffuse Fibrose des an den obstruierten Gang

angrenzenden Parenchyms. Bei einer Schädigung des Gangepithels und der Gangwände wie bei hereditärer

oder Autoimmunpankreatitis entwickelt sich primär eine periduktale Fibrose. Im Gegensatz zum duktalen

Adenokarzinom ist das erhaltene Parenchym bei der chronischen Pankreatitis lobulär angeordnet.

Drüsenepithelien zeigen keine Atypien. Karzinomverdächtig sind irregulär infiltrierende atypische Drüsen,

atypische Drüsen in unmittelbarer Nachbarschaft von grösseren Gefässen ohne dazwischenliegende Azini,

Perineuralscheideninvasion, rupturierte oder inkomplette Drüsen, und Drüsen mit luminalem nekrotischem

Detritus.

Anmerkung:

Bei der intraoperativen Schnellschnittuntersuchung kann der Nachweis von Metastasen in peripankreatischen

Lymphknoten den entscheidenden differentialdiagnostischen Hinweis liefern.

Page 29: Spezielle Patho Modul 87

Klinik

Diagnostik:

Strukturelle Veränderungen können meist erst in fortgeschritteneneren Fällen mit bildgebenden Verfahren

festgestellt werden (Abdomen leer, CT, ERCP, Magnetresonanz-Cholangiopankreatographie,

Endosonographie). Maldigestion und Malabsorption treten erst nach Zerstörung von 90% des exokrinen

Parenchyms auf und zeigen eine bereits fortgeschrittene Erkrankung an.

Symptome:

Die chronische Pankreatitis ist gekennzeichnet durch Schmerzen, exokrine Pankreasinsuffizienz und in

fortgeschrittenen Fällen Diabetes mellitus. Die chronische obstruktive Pankreatitis äussert sich meist nur als

Pankreasinsuffizienz.

Therapie:

Konservative Therapiemassnahmen: Sistieren des Alkohol- und Nikotinabusus, Schmerztherapie, Substitution

von Enzymen, Vitaminen und Insulin bei Pankreasinsuffizienz.

Ein endoskopischer, radiologischer oder chirurgischer Eingriff ist indiziert bei anatomischen Komplikationen,

die durch eine mechanische Intervention korrigiert werden können: Pseudozysten, Abszesse, Fistelbildung,

Obstruktion des intrapankreatischen Anteils des Gallenganges, Papillenstenose, Pankreasgangstrikturen,

Lithiasis.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Erhaltene Läppchenarchitektur.

Breite Bänder von sklerosiertem zellarmem Bindegewebe verlaufen zwischen den Läppchen.

Atrophie des exokrinen Pankreas.

Erhaltene Inseln und Gangstrukturen.

Spärliches chronisches Entzündungsinfiltrat.

Rechts oben ist eine partiell vom Rand her durch Granulationsgewebe organisierte lytische

Fettgewebsnekrose erkennbar. Diese ist Folge eines akuten pankreatitischen Schubs.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Radiologische Befunde.

Intraoperativer Befund.

Karzinomverdacht.

Ätiologie der chronischen Pankreatitis.

Praxis-Tipp:

Da klinisch und radiologisch eine chronische Pankreatitis nicht immer sicher von einem Karzinom

unterscheidbar ist, empfiehlt sich im Zweifelsfall eine Markierung der chirurgischen Resektionsränder.

Präparat Nr 028 aus Kasten S 001

Topographie / Diagnose

Pankreas / Duktales Adenokarzinom des Pankreas

Einleitung

Page 30: Spezielle Patho Modul 87

Vorkommen:

Das duktale Adenokarzinom ist bei weitem der häufigste im Pankreas diagnostizierte Tumortyp (85-90% der

Pankreastumoren).

Lokalisation:

Operierte Karzinome sind zu 80-90% im Pankreaskopf lokalisiert, da sie früher symptomatisch werden

(schmerzloser Ikterus, epigastrische Schmerzen mit Ausstrahlung in den Rücken). Karzinome im

Pankreaskörper und -schwanz haben bei Diagnosestellung meist schon metastasiert.

Morphologie:

Die meisten Pankreaskarzinome sind mässig bis hoch differenziert und führen zu einer deutlichen

desmoplastischen Stromareaktion (derbe Konsistenz). Hochdifferenzierte Tumoren können sehr ähnlich

aussehen wie eine chronische Pankreatitis . Im Gegensatz zur Pankreatitis sind die neoplastischen Drüsen

verformt oder rupturiert und zeigen zelluläre Atypien (grosse polymorphe Kerne mit prominenten Nucleolen).

Die Tumordrüsen sind unregelmässig im Stroma angeordnet und nicht lobulär wie in der Pankreatitis. Nicht

selten ist eine Nervenscheideninvasion nachweisbar . Gelegentlich zeigen die Gänge im tumorfreien

Parenchym dysplastische Veränderungen oder der Tumor breitet sich intraduktal entlang des Pankreasganges

aus.

Anmerkung:

Bei inkompletter Pankreasresektion wird der Resektionsrand wegen der makroskopisch schwierigen

Unterscheidung von Karzinom und Pankreatitis oft im Schnellschnitt untersucht.

Klinik

Vorkommen:

Das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt zwischen 60 und 70 Jahren. Das Pankreaskarzinom trägt mit

seiner extrem schlechten Prognose wesentlich zu den karzinombedingten Todesfällen bei.

Risikofaktoren:

Ein erhöhtes Karzinomrisiko wird beobachtet bei chronischer Pankreatitis, exzessivem Alkoholkonsum, nach

partieller Gastrektomie, bei Rauchern und bei fett- und fleischreicher Ernährung.

Symptomatik:

Häufigste Symptome sind ungewollter Gewichtsverlust, Rücken- oder Abdominalschmerzen und Ikterus.

Diagnostik:

Sonographie, Abdomen CT, ERCP, Probelaparotomie oder Laparoskopie finden in der Diagnostik

Anwendung.

Therapie:

Eine Operation in kurativer Absicht ist nur bei 10-15% der Patienten möglich. Als palliative Eingriffe zur

Therapie der Cholestase werden biliodigestive Anastomosen oder endoskopische Stenteinlagen vorgenommen.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Unregelmässige Anordnung der Drüsen (keine Läppchenarchitektur erkennbar).

Kribriforme Drüsenformationen.

Inkomplette Drüsen mit unvollständigen Lumina und Infiltration des Stromas durch

Tumoreinzelzellen.

Nekrotische Tumorzellen in den Drüsenlumina.

Ausgeprägte Polymorphie und Hyperchromasie der Tumorzellkerne.

Desmoplastisches Stroma.

Page 31: Spezielle Patho Modul 87

Rechts oben Reste von nicht neoplastischem Pankreasparenchym mit fokaler chronisch obstruktiver

Pankreatitis als Folge von tumorbedingten Gangobstruktionen: Vollständige Atrophie des exokrinen

Pankreas bei erhaltenen Inseln. Ersatz des atrophen Parenchyms durch Fibrose. Chronisches

Entzündungsinfiltrat.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Radiologischer und intraoperativer Befund.

Typ der Resektion.

Karzinomverdacht.

Praxis-Tipp:

Markierung der chirurgischen Resektionsränder.

Bei ausgedehnten Resektaten ev. telefonischen Kontakt aufnehmen mit dem Pathologen oder Skizze

anfertigen.

Präparat Nr 001 aus Kasten S 002

Topographie / Diagnose

Leber / Perizentrale Schocknekrosen

Einleitung

Linksherzversagen oder ein Schockzustand können zu einer hepatischen Minderperfusion mit ischämischen

Koagulationsnekrosen der perivenulären Hepatozyten führen. Die Kombination von Hypoperfusion und

retrograder Stauung (Rechtsherzversagen) führt zu zentrilobulären hämorrhagischen Nekrosen. Klinisch

führen diese Nekrosen zu einer transienten geringen bis mässigen Erhöhung der Transaminasewerte,

gelegentlich auch zu einem leichten Ikterus.

Klinik

Metastasierendes Kolonkarzinom. Als Todesursache fanden sich nicht ganz frische zentrale und perizentrale

Lungenembolien.

Repetitorium

-

Präparat Nr 002 aus Kasten S 002

Topographie / Diagnose

Leber / Akute Virushepatitis

Einleitung

Definition:

Eine akute virale Hepatitis verursacht durch die Hepatitisviren A, B, C oder E dauert weniger als sechs

Monate.

Page 32: Spezielle Patho Modul 87

Morphologie:

Das histologische Bild der akuten Hepatitis vom Virustyp ist gekennzeichnet durch eine lobuläre Entzündung

bei fehlender portaler Fibrose und nur geringer entzündlicher Infiltration der Portalfelder. Es finden sich

ballonierte Hepatozyten, Apoptosen und fleckige Nekrosen. Perivenuläre Nekrosen, Brückennekrosen oder

konfluierende multilobuläre Nekrosen und eine läppchenzentrale Cholestase können vor allem in klinisch

fulminant verlaufenden Fällen nachgewiesen werden. Zahlreiche Makrophagen, welche Diastase-PAS

positives Zeroidpigment von phagozytierten nekrotischen Hepatozyten enthalten, zeugen im subakuten

Stadium von einer abgelaufenen akuten Hepatitis mit Parenchymnekrosen. Eine Unterscheidung der

verschiedenen Typen der viralen Hepatitis und einiger Formen medikamentöser Hepatitiden gelingt rein

morphologisch aufgrund des unspezifischen Bildes meist nicht. Für eine ätiologische Klassifizierung sind

zusätzliche klinische Angaben erforderlich (Anamnese, Medikamente, Serologie).

Anmerkung:

Eine akute virale Hepatitis wird nur sehr selten biopsiert, da bei gesicherter akuter Infektion keine Indikation

zur Biopsie gegeben ist und viele Fälle klinisch inapparent verlaufen.

Klinik

Symptomatik:

Eine akute Virushepatitis kann subklinisch, selbstlimitiert symptomatisch oder fulminant mit Leberversagen

verlaufen. Die akute Hepatitis A und B verursacht beim Erwachsenen gewöhnlich eine symptomatische

Erkrankung. Die Hepatitis C dagegen verläuft oft subklinisch. Typische Symptome sind Müdigkeit,

Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen und Ikterus. Sehr hohe Aminotransferasewerte (>1000 U/l) und eine

Hyperbilirubinämie sind typische Laborbefunde. Ein abnormer Quickwert bei Fehlen einer vorbestehenden

Lebererkrankung deutet auf ein akutes Leberversagen hin.

Diagnostik:

Bei Verdacht auf akute virale Hepatitis sollten Anti-Hepatitis A-IgM, HBs-AG, Anti-HBc und Anti-HCV im

Serum bestimmt werden. Zusätzlich sollte bei Verdacht auf akute Hepatitis C zusätzlich mittels PCR nach

HCV-RNA gesucht werden, weil der HCV AK-Test zu diesem Zeitpunkt noch negativ sein kann (HCV-RNA

bereits 2 Wochen nach Exposition nachweisbar, HCV-AK dagegen erst nach 8–12 Wochen. Wichtigste

Differentialdiagnose nach Ausschluß weiterer hepatotroper Erreger (CMV, EBV, Toxoplasmose) ist die

medikamentös-toxische Hepatitis und die Autoimmunhepatitis. Bei einer akuten Hepatitis C wird in der Regel

keine Biopsie durchgeführt.

Therapie:

Die akute Hepatitis C kann in einem hohen Prozentsatz durch Interferon alpha geheilt werden. Bei der akuten

Hepatitis B ist hingegen keine antivirale Therapie indiziert, da in 90% eine Selbstheilung erfolgt.

Verlauf:

Eine chronische, länger als 6 Monate andauernde Hepatitis kann sich als Folge einer Hepatitis B, D (immer

kombiniert mit Hepatitis B) oder C entwickeln.

update 7. September 2011

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Regelrechte Läppchenarchitektur.

Lobuläre gemischte Entzündung.

Ansammlungen zeroidbeladener Makrophagen innerhalb von Parenchymnekrosen (abgebaute

fleckförmige Nekrose).

Apoptosen (hypereosinophile abgerundete Leberzellen).

Portale gemischte Entzündung.

Fehlende Fibrose.

Page 33: Spezielle Patho Modul 87

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Ansteckungsmodus (Anamnese).

Leberwerte.

Serologie (Hepatitis A, B, C oder E, EBV, CMV, Toxoplasmose).

Systemischer Infekt (reaktive Hepatitis).

Medikamenteneinnahme.

ANA-Titer (Autoimmunhepatitis).

Präparat Nr 003 aus Kasten S 002

Topographie / Diagnose

Leber / Chronische Hepatitis B

Einleitung

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Klinik

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Repetitorium

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Präparat Nr 004 aus Kasten S 002

Topographie / Diagnose

Leber / Massive Lebernekrose

Einleitung

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Klinik

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Repetitorium

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Präparat Nr 005 aus Kasten S 002

Topographie / Diagnose

Leber / Fettleber

Page 34: Spezielle Patho Modul 87

Einleitung

Die Hepatozyten enthalten Triglyceride und andere Lipide. Wenn mehr als die Hälfte der Hepatozyten

verfettet sind, spricht man von einer Fettleber. Wenn die Vakuolen so gross sind, dass sie den Zellkern zur

Seite drängen, spricht man von makrovesikulärer oder grobtropfiger Verfettung. Sind die Vakuolen klein und

der Kern in seiner normalen Position wird eine feintropfige oder mikrovesikuläre Verfettung diagnostiziert.

Rein feintropfige Verfettungen können unter Umständen nur mit einer Fettfärbung sichtbar gemacht werden.

Die Verfettung kann diffus, zonal oder fokal sein. Am häufigsten sind eine grobtropfige oder gemischttropfige

Verfettung als Folge von Alkoholkonsum, chronischer Hepatitis C, Diabetes mellitus, Adipositas oder

Medikamenteneinnahme.

Klinik

Risikofaktoren für eine Leberverfettung sind Adipositas, Lipidstoffwechselstörungen, Ethylabusus, Diabetes

mellitus...

Repetitorium

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Präparat Nr 006 aus Kasten S 002

Topographie / Diagnose

Leber / Floride alkoholische Steatohepatitis

Einleitung

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Klinik

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Repetitorium

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Präparat Nr 007 aus Kasten S 002

Topographie / Diagnose

Leber / Aethylische Leberzirrhose

Einleitung

Definition:

Ein Aethylabusus kann zu unterschiedlichen Veränderungen in der Leber führen. Die Leberverfettung

(Steatose) ist das erste histologische Zeichen einer aethylischen Leberschädigung und tritt bei schwerem

chronischem Aethylabusus in über 90% auf. Hinzukommen kann eine Entzündung (=Steatohepatitis) und

schliesslich eine Fibrose (=chronisch sklerosierende Steatohepatitis). Das fortgeschrittenste Stadium, die

Leberzirrhose ist definiert als diffuser Prozess mit Fibrose und Umwandlung der normalen

Läppchenarchitektur in strukturell abnorme Knoten.

Page 35: Spezielle Patho Modul 87

Morphologie:

Meist findet sich eine grobtropfige oder gemischttropfige Verfettung des Parenchyms. Schon im Frühstadium

der alkoholischen Steatohepatitis kann eine perizelluläre Maschendrahtfibrose, perisinusoidale und

perivenuläre Fibrose mit Beginn in der Zone 3 festgestellt werden. Die Kombination von perivenulärer und

perizellulärer Fibrose wird bei starker Ausprägung mit Arealen von dichter Kollagenfaserbildung auch als

zentrale sklerosierende hyaline Nekrose bezeichnet. Wenn der Vernarbungsprozess fortschreitet, kann die

perivenuläre Fibrosezone mit vernarbten Portalfeldern verschmelzen. Zentralvenen verschwinden oder sind

stark in der Anzahl reduziert. Eine Phlebosklerose oder Obliteration der Zentralvenen kann hinzukommen.

Breite Bänder von fibrotischem Gewebe mit Ductulusproliferationen und gemischtem Entzündungsinfiltrat

umgeben die bei alkohlischer Zirrhose meist kleinen Regeneratknoten (=mikronoduläre Leberzirrhose mit

Regeneratknoten von weniger als 3mm Durchmesser). Bei längeren Abstinenzphasen kann sich aufgrund der

gesteigerten Regeneration auch eine gemischtknotige Zirrhose ausbilden. Ein gleichzeitiges Vorliegen einer

Steatose oder Steatohepatitis (Steatose+neutrophile Granulozyten) in einer alkoholischen Leberzirrhose

signalisiert in der Regel einen fortgesetzten Aethylabusus. Typisch für alkoholtoxische Leberschädigung sind

Mallory-Denk Körperchen , Megamitochondrien und eine Zellschwellung (=Ballonierung) aufgrund

einer gestörten Albuminausschleusung. Oft können mässige Mengen von Hämosiderinablagerungen vor allem

in den Kupffer Zellen nachgewiesen werden. Weitgehend identische morphologische Veränderungen wie bei

der aethylischen Leberschädigung finden sich auch bei der nicht alkoholischen Steatohepatitis (NASH) d.h.

bei Patienten, die keinen oder nur wenig Alkohol konsumieren.

Klinik

Vorkommen:

Die Zirrhosehäufigkeit nimmt zu bei Konsum von >30 g reinem Alkohol/Tag bei Frauen, > 80 g bei Männern.

Nur ca. 15% der schweren Trinker entwickeln aber eine Zirrhose, da auch endogene (genetische) Faktoren

eine Rolle spielen. Die häufigste Ursache für die NASH sind ausgeprägte Adipositas, Typ-II Diabetes,

Hyperlipidämie, Bypassoperationen zur Gewichtsreduktion, parenterale Ernährung oder Medikamente. Etwa

10-40% der NASH-Patienten entwickeln eine Leberfibrose oder Leberzirrhose.

Symptomatik:

Eine inaktive Zirrhose kann asymptomatisch sein. Die Diagnose der Zirrhose beruht dann auf sonographischen

oder auf klinisch-chemischen Untersuchungen. Symptome einer aktiven Zirrhose sind Zeichen der

Zellschädigung und -nekrose mit Erhöhung der Leberwerte. Bei einer dekompensierte Zirrhose finden sich

Zeichen der portalen Hypertension, einer hepatischen Enzephalopathie, bzw. Zeichen der gestörten

Leberfunktion.

Einteilung:

Die Leberfunktion wird beurteilt nach der Child-Pugh Klassifikation (Quick, Albumin, Bilirubin, Aszites

Menge, hepatische Enzephalopathie).

Prognose:

Sichere morphologische oder klinische Indikatoren für das Risiko einer Progression in eine Leberzirrhose

existieren nicht.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Zerstörte Läppchenarchitektur mit diffusem feinknotigem Umbau des Leberparenchyms.

Breite Fibrosebänder mit Ductulusproliferation und gemischter Entzündung.

Perivenuläre Fibrose und perizelluläre Maschendrahtfibrose in Zone 3.

Verminderte Anzahl Zentralvenen.

Mallory-Denk Körperchen.

Megamitochondrien.

Hydropische Zellschwellung.

Page 36: Spezielle Patho Modul 87

Überwiegend makrovesikuläre, teils gemischttropfige Verfettung der Leberzellen.

Intralobuläre Infiltrate neutrophiler Granulozyten (alkoholische Steatohepatitis: grobtropfige

Verfettung, Maschendrahtfibrose und intralobuläre neutrophile Granuloyzten).

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Aktueller oder sistierter Alkoholabusus (zur Unterscheidung von einer fortgeschrittenen nicht

alkoholischen Steatohepatitis=NASH).

Mögliche andere Gründe für eine Leberzirrhose (Virusserologie, Hämochromatose, PBC/PSC,

Autoimmunhepatitis).

Zeichen der portalen Hypertension.

Medikamenteneinnahme.

Präparat Nr 008 aus Kasten S 002

Topographie / Diagnose

Leber / Primäre biliäre Zirrhose im Stadium der Zirrhose

Einleitung

Definition:

Die Primäre biliäre Zirrhose (PBC) ist eine primär chronische immunologisch bedingte nicht eitrige

destruierende Cholangitis der kleinen interlobulären Gallengänge mit einem Durchmesser von 40 bis 80

Mikrometer.

Morphologie:

Die PBC betrifft die Leber ungleichmässig. Innerhalb einer Feinnadelbiopsie können verschiedene Stadien

nebeneinander vorhanden sein oder im Sinne eines Trefferfehlers vollständig fehlen. Der Befund der

Feinnadelbiopsie lässt deshalb nur bedingt auf das Gesamtorgan zurückschliessen. Die primär sklerosierende

Cholangitis kann nur in den früheren Stadien sicher von der PBC unterschieden werden. Weitere

Differentialdiagnosen zur PBC sind die Sarkoidose, eine medikamentös toxische Leberschädigung, eine

chronische Hepatitis C oder idiopathische Duktopenien des Erwachsenen.

Verlauf:

Die Stadieneinteilung nach Ludwig unterscheidet vier Stadien. Im vorliegenden Fall liegt das Endstadium vor

(Zirrhose).

Klinik

Vorkommen:

Die PBC betrifft zu 90% Frauen im mittleren Lebensalter (40-59 jährig). 70-80% leiden an

Begleiterkrankungen wie rheumatoiden Erkrankungen oder Kollagenosen.

Symptomatik:

25% der Fälle werden zufällig anlässlich einer Leberwertkontrolle (in erster Linie erhöhte

Cholestaseparameter) diagnostiziert. 65% der Patienten klagen über Müdigkeit, 55% über Pruritus und bis

17% über rechtsseitige Oberbauchbeschwerden.

Diagnostik:

Zur Bestätigung der Diagnose und zur Stadieneinteilung ist eine Leberbiopsie indiziert. Diagnostisch

entscheidend ist das Vorkommen antimitochondrialer Antikörper speziell der Fraktion M2. Die Spezifität

dieses Markers beträgt 98%. Etwa 5% der PBC sind jedoch AMA negativ.

Page 37: Spezielle Patho Modul 87

Therapie:

Zur Verlangsamung der Krankheitsprogression wird in erster Linie Ursodesoxycholsäure eingesetzt. Daneben

kommen immunsupressive Medikamente zur Anwendung. In fortgeschrittenen Fällen mit Zirrhose und

eingeschränkter Leberfunktion ist die Indikation zur Lebertransplantation gegeben.

Prognose:

Das mittlere Überleben dauert nach Diagnosestellung 7.5 Jahre bei symptomatischen und 16 Jahre bei

asymptomatischen Patienten.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Feinknotiger zirrhotischer Umbau.

Breite Bindegewebssepten mit Duktulusproliferation.

Mallory Körperchen in periseptalen Hepatozyten.

Intrazytoplasmatische und canaliculäre Cholestase bevorzugt periseptal.

Ballonierung und Netzdegeneration der periseptalen Hepatozyten.

Fortgeschrittene Autolyse (Autopsiematerial).

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Antimitochondriale und antinukleäre Antikörper.

Leberwerte.

Erstbiopsie oder bekannte PBC.

Präparat Nr 009 aus Kasten S 002

Topographie / Diagnose

Leber / Leber bei mechanischem extrahepatischem Verschluss

Einleitung

Aetiologie:

Ein extrahepatischer Verschlussikterus liegt vor, wenn die grossen Gallenwege ausserhalb der Leber oder im

Leberhilus obstruiert sind. Die Cholestase ist nicht eine Erkrankung, sondern das Symptom einer Erkrankung.

Eine Cholestase stellt nie einen Normalbefund dar und sollte die Suche nach einer Ursache auslösen. Der

Verschluss wird am häufigsten verursacht durch eine Choledocholithiasis. Weitere Ursachen sind maligne

Tumoren, welche die Gallenwege infiltrieren, die angeborene Atresie der extrahepatischen Gallenwege,

gutartige narbige Strikturen nach intraoperativer Verletzung der Gallenwege oder bei chronischer

sklerosierender Pankreatitis. Selten liegt eine Kompression von aussen durch eine Choledochozele, tumorös

vergrösserte hiläre Lymphknoten oder eine pankreatische Pseudozyste vor. Eine primär sklerosierende

Cholangitis kann extrahepatische oder intrahepatische Gangstrikturen hervorrufen. Schliesslich können

Parasiten im Choledochus ursächlich beteiligt sein (Chlonorchis sinensis, Ascaris, Strongyloides, Fascioliasis).

Morphologie:

Die Leber ist vergrössert und grün gefärbt. Die intrahepatischen Gallenwege sind dilatiert. Zunächst enthalten

sie dunkle Galle, später eine farblose Flüssigkeit. Histologisch findet sich in den ersten Wochen findet eine

Bilirubinostase mit intrazellulären Galletropfen und intrakanalikulären Gallethromben in den perivenulären

Hepatozyten (Zone 3). In diesem frühen Stadium ist die Ursache des Gallestaus morphologisch nicht ableitbar.

Die Portalfelder sind ödematös aufgelockert, abgerundet und enthalten ein gemischtes Entzündungsinfiltrat

aus netrophilen Granulozyten, Lymphozyten und Plasmazellen sowie proliferierte Ductuli. Bei längerer

Page 38: Spezielle Patho Modul 87

Verschlussdauer breitet sich die Bilirubinostase bis in die Zone 1 aus. Die Leberzellen bilden tubuläre

Strukturen (Rosetten).

Im Verlauf von Wochen bis Monaten kommt es durch Detergentienwirkung von Gallesäuren in den

Hepatozyten der Zone 1 zur Cholatstase: Einzelne oder Gruppen vergrösserter periportaler Hepatozyten zeigen

eine fein retikuläre Degeneration des Zytoplasma (=Netzdegeneration), welche im Verlauf in eine lytische

Zellnekrose übergeht (=Netznekrose). Nach Bilirubineinstrom in das Nekroseareal bezeichnet man diese als

Galleinfarkt. Grosse Galleinfarkte sind diagnostisch für eine extrahepatische Cholestase. Ebenfalls

diagnostisch für einen mechanischen Verschluss ist die Ausweitung und Ruptur grösserer interlobulärer

Gallengänge mit Ausbildung von Galleseen (Galleextravasat). Die freigewordene Galle wird von

Makrophagen abgebaut. Bei einer langdauernden Cholestase können in periportalen Hepatozyten

cholestatische Mallory-Denk Körperchen abgelagert werden (bei aethylischer Leberzirrhose perivenulär!). In

der Orceinfärbung finden sich granuläre periportale Ablagerungen von Kupfer und kupferbindendem Protein.

Verlauf:

Bei weniger als 10% der Patienten entwickelt sich innerhalb eines Zeitraumes von Monaten bis mehreren

Jahren über eine (reversible) biliäre Fibrose mit portoportalen Fibrosebrücken eine sekundäre biliäre

Zirrhose .

Klinik

Symptomatik:

Eine Hyperbilirubinämie ist am frühesten an einer Gelbverfärbung der Skleren erkennbar (Sklerenikterus).

Erst bei schwerer Cholestase verfärben sich auch Haut- und Schleimhäute gelbgrün. Der Urin ist dunkelbraun

verfärbt, während der Stuhl sehr hell ist. Die Patienten klagen oft über quälenden, generalisierten Juckreiz,

Müdigkeit und Gewichtsverlust. Durch die fehlende Gallesekretion in den Dünndarm kommt es zu einem

Mangel an fettlöslichen Vitaminen. Zusätzlich muss nach Symptomen der zugrundeliegenden Erkrankung

gefahndet werden und nach Zeichen einer Komplikation. Die Charcot Trias: Fieber >38 °C, manchmal mit

Schüttelfrost (65%), Ikterus (ca. 70%) und Schmerzen am rechten Rippenbogen deuten auf eine

komplizierende eitrige Cholangitis .

Diagnostik:

Neben einer Erhöhung des Bilirubins findet sich bei der obstruktiven Cholestase praktisch immer eine

Erhöhung der alkalischen Phosphatase und der Gamma-Glutamyl Transferase. Die Transaminasen sind in der

Regel nur gering erhöht. Verschiedene apparative Verfahren finden für die weitere Abklärung der Ursache der

Obstruktion Anwendung (Sonographie, CT, ERC und ERCP, perkutanes transhepatisches Cholangiogramm).

Wenn nach einer Ultraschalluntersuchung eine intrahepatische Cholestase wahrscheinlich erscheint, kann zur

weiteren Klärung eine Leberbiopsie durchgeführt werden. Auf diese Weise kann unter Umständen eine

invasivere Untersuchungsmethode vermieden werden.

Therapie:

Die Therapie ist krankheitsspezifisch und zielt auf die Behebung der Ursache der Cholestase.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Regelrechte Läppchenarchitektur.

Intrakanalikuläre Gallethromben bevorzugt in Zone 3.

Galletröpfchen in den Hepatozyten bevorzugt in Zone 3.

Ductulusproliferation am Rand der Portalfelder.

Geringes gemischtes portales Entzündungsinfiltrat mit Beteiligung neutrophiler Granulozyten.

Zusätzliche mögliche Befunde bei extrahepatischem Verschlussikterus aber nicht sichtbar im

virtuellen Präparat:

Page 39: Spezielle Patho Modul 87

o Abgerundete ödematöse Portalfelder.

o Cholatstase: Netzdegeneration von Hepatozyten und Galleinfarkte in Zone 1.

o Rosettenbildung von Hepatozyten.

o Galleseen.

o Cholestatische Mallory Körperchen periportal.

o Periportale Ablagerungen von Kupfer und kupferbindendem Protein (nur in der Orceinfärbung

sichtbar).

o Biliäre Fibrose

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

o Obstruktion der extrahepatischen Gallenwege (Choledocholithiasis, Striktur, Tumor).

o Leberwerte, insbesondere Cholestaseparameter.

o Resultate von Sonographie, CT, ERCP.

o Medikamenteneinnahme.

o Symptome einer Cholangitis.

Präparat Nr 011 aus Kasten S 002

Topographie / Diagnose

Leber / Hepatozelluläres Karzinom

Einleitung

Histogenese:

Die Tumorzellen zeigen eine hepatozelluläre Differenzierung (Gallebildung, Ausbildung von

Gallecanaliculi).

Morphologie:

Makroskopisch imponiert das hepatozelluläre Karzinom als solitäre grosse Tumormasse, als zahlreiche

zirrhoseartige Knoten oder als scharf begrenzter Knoten mit oder ohne Kapsel. Die tumorfreie Leber

ist in der Mehrheit der Fälle zirrhotisch umgebaut. Mikroskopisch bilden die Tumorzellen mehr als 2

Zellen breite Trabekel , kompakte Tumormassen oder pseudoglanduläre Strukturen (dilatierte

Canaliculi) . Desmoplastisches Bindegewebe fehlt meist. Innerhalb des Tumors fehlen

Portalfelder. Es finden sich lediglich Arterien. Etwa bei der Hälfte der Karzinome lässt sich

intrazytoplasmatische oder intracanaliculäre Galle nachweisen. Immunhistochemisch lassen sich mit

einem polyklonalen Antikörper gegen Carcinoembryonales Antigen (CEA) Gallecanaliculi zwischen

den Tumorzellen nachweisen. Die Tumorzellen bilden keinen Schleim.

Anmerkung:

Hochdifferenzierte hepatozelluläre Karzinome mit geringen Zellatypien sind in Nadelbiopsien nicht

immer eindeutig von Adenomen oder dysplastischen Knoten abzugrenzen.

Klinik

Vorkommen:

Die Zahl der Neuerkrankungen an primärem hepatozellulärem Karzinom wird für die ganze Schweiz

auf 300 pro Jahr geschätzt. Die Inzidenz ist regional sehr verschieden. In Ostasien und im südlichen

Afrika ist das hepatozelluläre Karzinom sehr häufig (hohe Inzidenz der Hepatitis B). Hepatozelluläre

Karzinome können in allen Altersgruppen auftreten. Das hepatozelluläre Karzinom ist der häufigste

maligne primäre Lebertumor bei Erwachsenen. In unseren Breitengraden treten sie am häufigsten um

das 60. Altersjahr auf. In Südafrika beträgt das Durchschnittsalter lediglich 35 Jahre. Männer sind vier-

bis fünfmal häufiger betroffen als Frauen.

Page 40: Spezielle Patho Modul 87

Risikofaktoren:

Alle Erkrankungen, die zu einer Zirrhose führen, können die Entwicklung eines hepatozellulären

Karzinoms begünstigen. Besonders häufig ist die Assoziation mit einer viralen Hepatitis (B oder C).

Mit Aflatoxinen kontaminierte Nahrungsmittel spielen in China und im südlichen Afrika eine Rolle.

Eher selten entwickeln sich hepatozelluläre Karzinome in einer alkoholischen Zirrhose.

Symptomatik:

Symptome des hepatozellulären Karzinoms sind Gewichtsverlust, Abdominalschmerzen,

Hepatomegalie, Ikterus oder Aszites. Die Tumorinfiltration der Pfortader kann zu rasch zunehmendem

Aszites oder Varizenblutungen führen, die Infiltration der Lebervene kann ein Budd-Chiari-Syndrom

verursachen. Der Tumor kann einen Leberabszess imitieren oder eine fulminante Hepatitis mit rasch

progressivem Leberversagen. Durch Invasion des Choledochus kann ein extrahepatischer

Verschlussikterus auftreten. Selten sind Metastasen in Lungen , Knochen oder Hirn erstes Symptom.

Zunehmend werden asymptomatische Tumoren bei Patienten mit bekannter Zirrhose entdeckt

(Sonographie, AFP). Das Alpha-Fetoprotein ist in 70-90% der Patienten mit hepatozellulärem

Karzinom erhöht.

Therapie:

Resektion oder orthotope Lebertransplantation (OLTx) bei ausgewählten Patienten werden in kurativer

Absicht durchgeführt. Bei der Diagnosestellung ist bei den meisten Patienten das Tumorstadium oder

die Leberinsuffizienz jedoch so weit fortgeschritten, daß eine Resektion oder eine Lebertransplantation

nicht mehr möglich ist. In diesen Fällen kann eine lokale Therapie (Perkutane Ethanol-Injektion ,

Radiofrequenz-Thermoablation, Transarterielle Chemoembolisation) eines kleinen Karzinoms

durchgeführt werden.

Prognose:

Unbehandelt ist die Prognose sehr schlecht. Sie wird im wesentlichen bestimmt durch Tumorgröße,

Zahl der Tumorherde, Gefäßinvasion , Vorliegen einer Pfortaderthrombose, Höhe des Alpha-

Fetoproteins (AFP) im Serum und den Schweregrad der Leberfunktionsstörung. Die durchschnittliche

Überlebenszeit symptomatischer Patienten beträgt meist nur einige Monate.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

o Scharf begrenzter unbekapselter Tumor.

o Innerhalb des Tumors Arterien, aber keine Portalfelder.

o Die Tumorzellen bilden Trabekel, welche überwiegend mehr als 2 Zellen breit sind.

Sinusoidartige Blutgefässe mit Endothelauskleidung verlaufen zwischen den Trabekeln.

o Die Tumorzellen erinnern an normale Hepatozyten. Die Kern-Zytoplasmarelation ist aber

deutlich erhöht und das Zytoplasmas ist basophiler.

o Dieses Karzinom produziert keine Galle.

o Tumorfreies Parenchym mit chronischer viraler Hepatitis (B und D): dichtes chronisches

Entzündungsinfiltrat in den Portalfeldern übergreifend auf das Parenchym (Interfacehepatitis).

Spärliche intralobuläre Entzündung mit Einzelzellnekrosen (Apoptosen). Fibrose der

Portalfelder mit Septenbildung und unvollständigem zirrhotischem Umbau.

o Geringe gemischttropfige Verfettung des Leberparenchyms.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

o Risikofaktor für Hepatozelluläres Karzinom.

o Anzahl und Grösse der Tumorknoten.

Praxis-Tipp:

Page 41: Spezielle Patho Modul 87

o Bei Verdacht auf HCC sollte immer auch eine Biopsie der tumorfreien Leber entnommen

werden, da hepatozelluläre Karzinome meist in der Folge einer vorbestehenden

Lebererkrankung entstehen.

Präparat Nr 014 aus Kasten S 002

Topographie / Diagnose

Gallenblase / Chronische Cholezystitis

Einleitung

-

Klinik

-

Repetitorium

-

Präparat Nr 002 aus Kasten S 003

Topographie / Diagnose

Herz / Pyämische Myokarditis

Einleitung

Aetiologie:

Infolge einer akuten Infektion mit Bakterien oder Pilzen kann es ausgehend von einem Streuherd

(Endokarditis, infizierter Venenkatheter, Bronchopneumonie, Divertikulitis, Meningitis,

Pyelonephritis, peritonsillärer Abszess, eitrige Sinusitis, Osteomyelitis…) durch passive

Verschleppung oder aktiven Einbruch von Erregern in Gefäße zur hämatogenen Ausbreitung der

Mikroorganismen im gesamten Organismus kommen. Diese metastatische Absiedlung von Erregern

mit Bildung von sekundären Entzündungsherden bezeichnet man als septikopyämische Streuung.

Lokalisation:

Streuherde können in verschiedenen Organen nachgewiesen werden: Myokard, Niere , Gehirn

Lunge , Leber, Milz, Knochen/Gelenke…

Morphologie:

Die septikopyämischen Streuherde imponieren makroskopisch als eitrig abszedierende Entzündung,

Gewebsnekrosen , multiple kleine zentral abszedierte Rundherde mit einem roten Randsaum

oder punktförmige Hämorrhagien . Histopathologisch lassen sich Erreger in und um kleine

Gefässe nachweisen mit oder ohne Ausbildung von Mikroabszessen.

Anmerkung:

Das morphologische Bild eitriger Streuherde eines Infektionserregers im Myokard wird als pyämische

Myokarditis bezeichnet. Der Begriff Sepsis ist hingegen klinisch definiert. Von einer Sepsis spricht

Page 42: Spezielle Patho Modul 87

man, wenn als Folge einer Infektion eine systemische Entzündungsreaktion vorliegt. Letztere liegt vor,

wenn mindestens zwei der folgenden Kriterien erfüllt sind: Fieber oder Hypothermie (>38°C, <36°C),

Tachykardie >90/Min, Tachypnoe >20/Min oder PaCo2<4.3kPa, Leukozytose oder Leukopenie oder

>10% Stabkernige. Bei einer schweren Sepsis kommt es zusätzlich zum Organversagen, beim

septischen Schock tritt trotz adäquater Flüssigkeitszufuhr eine arterielle Hypotension <90mmHg hinzu.

Klinik

Vorkommen:

Die Sepsis und der septische Schock sind lebensbedrohliche Infektionen, welche die wichtigste

Todesursache bei Patienten der Intensivstation darstellen. 10% aller Todesfälle sind auf eine Sepsis

zurückzuführen.

Risikofaktoren:

Die septische Reaktion tritt dann ein, wenn das Immunsystem den eindringenden Erreger nicht

unterdrücken kann. Die meisten Fälle werden durch Erreger verursacht, welche im immunkompetenten

Wirt keine systemische Erkrankung auszulösen vermögen. Gefährdet sind also vor allem

immundefiziente Patienten.

Aetiologie:

Bakterien oder Pilze können bei 20-40% der Patienten mit Sepsis und bei 40-70% der Patienten mit

septischem Schock mikrobiologisch nachgewiesen werden. In 70% der Isolate handelt es sich um gram

positive (Staphylokokkus aureus , koagulase-negative Staphylokokken, Enterokokken,

Streptokokken) oder gram negative Bakterien (Enterobacteriaceae, Pseudomonaden, Haemophilus), in

7% um Pilze (Candida , Aspergillus, Cryptococcus neoformans) und in 5% um klassische Erreger

(Pneumokokken, Meningokokken, Haemophilus influenzae, Streptokokkus pyogenes). In den

restlichen Fällen finden sich mehrere Erreger.

Symptomatik:

Die Symptomatik richtet sich nach der Infektionsquelle und der Abwehrlage des Patienten. Die

Invasion der Erreger in den Blutkreislauf ist nicht Voraussetzung für die Entwicklung des klinischen

Bildes einer Sepsis, da letztere auch durch Toxine (z.B. Endotoxine bei gram negativen Keimen) oder

Entzündungsmediatoren ausgelöst werden kann.

Diagnostik:

Die Diagnose erfordert den Erregernachweis im Blut oder aus einem lokalen Infektionsherd. In einem

Teil der Fälle kann die Streuquelle nicht identifiziert werden. Oft müsen multiple Blutkulturen

entnommen werden.

Therapie:

Essentiell für die Behandlung ist die Identifizierung und Sanierung der Streuquelle und der frühe

Beginn einer zunächst empirischen und in der Folge erregerspezifischen antibiotischen Therapie.

Intravenöse Katheter sollten entfernt werden. Als unterstützende Therapiemassnahmen bei schwerer

Sepsis haben eine frühe hämodynamische Unterstützung, eine intensive Insulinbehandlung und ein

niedriges Atemvolumen eine signifikante Verminderung der Mortalität gebracht.

Prognose:

Trotz Verbesserung lebenserhaltender Massnahmen sterben immer noch 20-35% der Patienten mit

Sepsis und 40-60% der Patienten mit septischem Schock innerhalb von 30 Tagen.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

o Blaue Flecken in der Übersicht. Diese entsprechen Ansammlungen von neutrophilen

Granulozyten (Mikroabszesse).

Page 43: Spezielle Patho Modul 87

o Links unten im Bild sind mehrere Arterien mit intra- und perivaskulären Kokkenbakterien und

neutrophilen Granulozyten erkennbar.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

o Sepsis.

o Im Blut nachgewiesene Erreger.

o Mögliche Streuquellen.

Präparat Nr 003 aus Kasten S 003

Topographie / Diagnose

Herz links / Myokardamyloidose

Einleitung

-

Klinik

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Repetitorium

-

Präparat Nr 004 aus Kasten S 003

Topographie / Diagnose

Herz links / Akuter transmuraler Myokardinfarkt

Einleitung

Aetiologie:

In über 90% der Fälle ist eine stenosierende oder verschliessende Koronarsklerose häufig mit

Thrombose Ursache des Myokardinfarktes. Seltene Ursache sind Koronarembolien ausgehend von

Thromben in den Herzkammern, endokarditischen Vegetationen, verkalkten Klappen,

Vorhofmyxomen, Fett- Luft- oder paradoxen Embolien. Noch seltener sind Dissektionen (bei

Medianekrose der Aorta), Vaskulitiden, koronare Missbildungen, Aneurysmata, Spasmen,

fibromuskuläre Dysplasien oder eine Kompression der Koronararterie. Ein transmuraler

Myokardinfarkt entsteht kaum durch ein atherosklerotisches Polster allein , sondern fast immer

durch eine hinzugetretene Thrombose nach Plaqueruptur.

Einteilung:

Grundsätzlich sind zwei Infarkttypen zu unterscheiden: der transmurale Infarkt, der mehr als die Hälfte

der gesamte Dicke der Ventrikelwand betrifft und im Versorgungsbereich einer okkludierten

Koronararterie liegt sowie der nichttransmurale Innenschichtinfarkt, der sich auf das Subendokard

bzw. die innere Hälfte der Ventrikelwand beschränkt und aus disseminierten kleineren

Nekrosebezirken besteht. Innenschichtinfarkte sind meist nicht auf eine frische Arterienokklusion

Page 44: Spezielle Patho Modul 87

zurückzuführen, sondern auf eine vorübergehende Mangeldurchblutung beispielsweise bei Hypotonie

(Schockzustand, Anämie, Operation am offenen Herzen...) oder prolongierter Hypoxämie und

gleichzeitig bestehender schwerer Koronarsklerose.

Morphologie:

Der klassische Infarkt ist anämisch und ist innerhalb der ersten 15 Stunden als Myokardabblassung

später als erhabene lehmgelbe Nekrose mit schmalem hämorrhagischem Randsaum erkennbar. Nach

thrombolytischer Therapie können durch Reperfusion der ischämisch geschädigten terminalen

Strombahn auch hämorrhagische Infarkte auftreten. Lokalisation und Größe des Myokardinfarktes

hängen von verschiedenen Faktoren ab: Lokalisation und Ausmaß der Koronarveränderungen, Größe

des vom betroffenen Gefäß versorgten Myokardareals, Sauerstoffbedarf des schlecht perfundierten

Myokards, Vorhandensein von Kollateralen und Vorhandensein von Koronarspasmen. Entscheidendes

morphologisches Kriterium für den Myokardinfarkt ist der irreversible Untergang von

Herzmuskelzellen. Das Myokard im Zentrum des Infarktes zeigt eine Koagulationsnekrose

gekennzeichnet durch Hypereosinophilie des Zytoplasma und Kernpyknose. Am HE Schnitt sind diese

Merkmale etwa ab 6 Stunden nach Infarktbeginn nachweisbar. Makroskopisch imponiert das

Infarktareal jetzt lehmgelb und leicht erhaben. In den Randpartien und subendokardial (Ernährung per

diffusionem vom Ventrikellumen her) treten als Zeichen einer reversiblen ischämischen Schädigung

Herzmuskelzellen mit hellem pflanzenzellartigem Zytoplasma auf (=vakuoläre Degeneration). Schon

nach 6 Stunden beginnt die Einwanderung von neutrophilen Granulozyten in den Randsaum der

Nekrose. Makrophagen, Plasmazellen und Lymphozyten folgen ab dem 4. Tag.

Verlauf:

Tritt der Tod innerhalb von 30 Sekunden bis 2 Stunden nach dem koronaren Ereignis ein, liegt ein

plötzlicher Herztod vor, dem in der Regel eine Arrhythmie zugrunde liegt. In solchen Fällen können

autoptisch Zeichen einer Myokardnekrose fehlen. Manchmal deuten Kontraktionsbandnekrosen oder

eine wellige Deformation und Faserverdünnung auf die sich anbahnende Nekrose hin. Die

Zelluntergänge beginnen an jenen Stellen, die von den zuführenden Arterien am weitesten entfernt sind

(im Subendokard) und breiten sich von dort in Richtung zum Epikard aus. Die endgültige Infarktgrösse

ist nach etwa 4 bis 6 Stunden erreicht.

Anmerkung:

Ein Teil Ihrer Präparate zeigt einen akuten transmuralen Infarkt (neutrophile Granulozyten), ein Teil

zeigt einen subakuten transmuralen Infarkt (zusätzlich am Rand der Nekrose Granulationsgewebe).

Klinik

Vorkommen:

Im Alter von 40-70 Jahren treten Myokardinfarkte häufiger bei Männern auf. Nach dem 70. Altersjahr

sind Infarkte bei Männern und Frauen gleich häufig. Die meisten Patienten sind über 45 Jahre alt.

Symptomatik:

Typisch für den akuten Myokardinfarkt sind länger als 15 Minuten anhaltende Stenokardien, die meist

mit Dyspnoe, Schweissausbruch und Angstgefühlen einhergehen. Bei jedem zweiten Patienten treten

die Symptome ohne vorangegangene Angina pectoris Anfälle auf.

Diagnostik:

Die Diangnose wird vor allem bei Diabetikern (stummer Myokardinfarkt) und jüngeren Patienten

gelegentlich verpasst. Unabhängig vom Alter sollte aus diesem Grund bei Patienten mit

Thoraxschmerz an die Möglichkeit eines Myokardinfarktes gedacht werden. Transmurale Infarkte

führen im EKG zu ST-Strecken-Hebungen, subendokardiale Infarkte zeigen im EKG hingegen keine

infarkttypischen Veränderungen des QRS-Komplexes. Die Konsensus-Richtlinien sowohl des

American College of Cardiology als auch der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie betrachten die

Bestimmung der kardialen Troponine als Goldstandard zur Diagnose des akuten Myokardinfarktes.

Kardiale Troponine (Troponin-T und Troponin-I) haben eine höhere Sensitivität und Spezifität als CK-

MB. Die Troponin-Serumwerte steigen innerhalb von 3-12 Stunden nach Beginn der Thoraxschmerzen

Page 45: Spezielle Patho Modul 87

an, erreichen den Höhepunkt nach 24-48 Stunden und normalisieren sich innerhalb von 5-14 Tagen.

Hauptziel der Abklärungen im Verdachtsfall ist die rasche Identifikation von möglichen Kandidaten

für eine Thrombolysetherapie oder eine perkutane transluminale Angioplastie.

Komplikationen:

Häufig führen Rhythmusstörungen oder ein kardiogener Schock zum Tod nach transmuralem Infarkt.

Bei grossen transmuralen Infarkten kommt es bei etwa jedem 2. Patienten zu einer Infarktexpansion

mit aneurysmatischer Ausweitung und Verdünnung des Infarktareals. Die folgenschwerste und fast

immer tödlich verlaufende Komplikation ist die in 1 bis 2% der Infarkte auftretende Myokardruptur

. Komplette Perforationen mit Herzbeuteltamponade entstehen am häufigsten im freien Anteil der

linken Kammerwand. Seltener sind Septumperforationen und Papillarmuskelrupturen mit akuter

Klappeninsuffizienz. Die Rupturen treten in der Regel bei 3-10 Tage alten Infarkten auf. Murale

ventrikuläre Thromben entstehen im Infarktgebiet meist in den ersten 3 Tagen nach Infarktbeginn.

Murale Thromben über einem Herzwandaneurysma können zu einem Morbus embolicus führen.

Prognose:

Patienten mit transmuralem Myokardinfarkt haben eine schlechtere Prognose hinsichtlich der Erholung

der gestörten lokalen Wandkinetik und der Gesamtfunktion des linken Ventrikels. Bei Patienten mit

nicht-transmuralem Infarkt kann sich die gestörte lokale und globale Ventrikelfunktion erholen.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

o Transmurale Koagulationsnekrose des Myokards (Hypereosinophilie, pyknotische oder

abgeblasste Kerne). Oben rechts ist wenig vitales Restmyokard erkennbar.

o Massenhaft zerfallende neutrophile Granulozyten innerhalb der Koagulationsnekrose.

o Frischer luminaler geschichteter Abscheidungsthrombus.

o Epikardiale Fibrinauflagerungen: Fibrinöse Perikarditis.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

o Angina pectoris.

o Myokardinfarkt (Beginn der Symptomatik wann?).

o Rhythmusstörungen.

o Resultat der Koronarographie.

o Vorausgegangene Therapien (Thrombolyse, PTCA…).

Präparat Nr 005 aus Kasten S 003

Topographie / Diagnose

Herz links / Subakuter Myokardinfarkt

Einleitung

Morphologie:

Makroskopisch imponiert der subakute Infarkt als gelbe Nekrose mit peripherem rotem eingesunkenem

Randsaum aus Granulationsgewebe von mehr als 1mm Breite. Vier Tage nach Infarktereignis beginnt

vom Rand her die Einwanderung von Granulationsgewebe in das Infarktgebiet. Das

Granulationsgewebe besteht aus Makrophagen, Lymphozyten, Plasmazellen, Kapillarsprossen und

Fibroblasten. Innerhalb von 10 Tagen organisiert es rund 1mm des abgestorbenen Gewebes. Die Breite

des Randsaums erlaubt deshalb eine Abschätzung des Infarktalters. Ein 1cm dicker transmuraler

Page 46: Spezielle Patho Modul 87

Infarkt müsste innert rund 50 Tagen vollständig organisiert sein. Nicht selten verbleiben jedoch noch

nach mehreren Monaten nicht organisierte zentrale Infarktreste, weil die Organisation vom

Subendokard her verzögert erfolgt und nur träge fortschreitet. In der zweiten Woche nach Infarkt

lassen sich im Granulationsgewebe histologisch die ersten zarten Kollagenfasern nachweisen.

Klinik

Therapie:

In den letzten Jahren hat sich die Frühmobilisation nach Myokardinfarkt durchgesetzt. Maßgebend ist

immer der individuelle Zustand des Patienten, Konstitution, Trainingszustand sowie Schweregrad und

Verlauf des Infarktes. Risikofaktoren für die Atherosklerose sollten mit dem Patienten in der

Rehabilitationsphase besprochen und deren Modifikation eingeleitet werden. Besonderen Wert ist zu

legen auf den Verzicht auf das Rauchen, medikamentöse Kontrolle von arterieller Hypertonie und

Hyperlipidämie, richtige Ernährung und regelmässige physische Betätigung.

Prognose:

Die Prognose nach Myokardinfarkt ist besser bei früher Reperfusion.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

o Koagulationsnekrose (Hypereosinophilie, fehlende oder abgeblasste Kerne).

o Um die Nekrose Granulationsgewebssaum mit Gefässen, Entzündungszellen (v.a.

Makrophagen mit gelbbraunem Siderinpigment und Lipofuszinpigment, wenig Lymphozyten

und Plasmazellen) und Fibroblasten.

o Angrenzend and den Granulationsgewebssaum helleres vitales Myokard mit erhaltenen

Zellkernen.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

o Abgelaufener Myokardinfarkt (Zeitpunkt).

Präparat Nr 006 aus Kasten S 003

Topographie / Diagnose

Herz links / Myokardinfarktnarbe

Einleitung

Morphologie:

Eine restitutio ad integrum nach abgelaufener Myokardnekrose ist nicht möglich. Wird das

Ischämieereignis überlebt, kommt es zu einer reparativen Regeneration mit Ersatz der Muskulatur

durch kollagenreiches Narbengewebe. Dieser Vorgang setzt etwa ab dem 9. Tag nach Infarkt ein und

dauert bis zur vollständigen narbigen Ausheilung bei transmuralem Infarkt etwa 50 Tage.

Makroskopisch imponiert die Narbe als fasriges weisses derbes Areal. Von einem Infarkt spricht man,

wenn die Nekroseareale einen Durchmesser von mindestens 3cm Durchmesser haben. Ab dieser

Grösse kann klinisch das Bild eines Myokardinfarktes ausgelöst werden. Kleinere, makroskopisch

sichtbare Narben werden als grobfleckige Myokardfibrose bezeichnet.

Komplikationen:

Im Bereich grösserer Narben ist das Myokard verdünnt. Bei 8% der transmuralen Infarkte entsteht im

Page 47: Spezielle Patho Modul 87

Bereich der Narbe ein Herzwandaneurysma mit oder ohne wandständige Thrombose . In 5-15%

führen die Thromben zu systemischen Embolien. Von der Randzone der Aneurysmen gehen oft

hartnäckige ventrikuläre Rhythmusstörungen aus. Grosse Narben führen zu einer Verminderung der

Pumpleistung mit Herzinsuffizienz.

Klinik

Diagnostik:

Im EKG kommt es meist zur vollständigen Rückbildung der ST-Strecken-Veränderungen. QRS-

Veränderungen persistieren, wobei das Ausmaß ("Tiefe") der Q-Zacke im Verlauf erheblich abnehmen

kann.

Prognose:

Etwa 70% der Patienten mit chronischem Herzwandaneurysma sterben innerhalb von 3 Jahren.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

o Herdförmiger Ersatz der Muskulatur durch zellarme rote Kollagenfaserbündel.

o Hypertrophiezeichen der Herzmuskulatur im Randbereich der Narbenareale (verdickte

Herzmuskelzellen mit vergrösserten hyperchromatischen Kernen).

o Im untersten Biopsiefragment sind die Narbenareale bandförmig subendokardial verteilt.

Zwischen Narbengewebe und Endokard findet sich eine schmale Schicht erhaltener

Muskelzellen (Ernährung dieser Zellen per Diffusion direkt aus dem Herzblut).

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

o Abgelaufener Myokardinfarkt (Zeitpunkt).

Präparat Nr 007 aus Kasten S 003

Topographie / Diagnose

Herz links / Myokardfibrose

Einleitung

-

Klinik

-

Repetitorium

-

Präparat Nr 010 aus Kasten S 003

Topographie / Diagnose

Page 48: Spezielle Patho Modul 87

Arteria coronaris / Koronarsklerose mit Thrombose

Einleitung

Aetiologie:

Der grösste Teil der Koronarthrombosen entsteht auf dem Boden von Rupturen von

atherosklerotischen Plaques. Plaquerupturen sind für etwa 60% der Koronarthromben verantwortlich,

die autoptisch bei akutem Myokardinfarkt oder plötzlichem Herztod gefunden werden. Bei jüngeren

Patienten führen Plaquerupturen zu 35% der tödlichen Koronarthromben. Warum die fibröse

Deckplatte eines atherosklerotischen Herdes einreisst, ist nicht in allen Einzelheiten geklärt. Es wird

vermutet, dass Einblutungen und/oder ein hoher Gehalt an Entzündungsinfiltrate (Makrophagen und T-

Zellen) zur Erweichung der Deckplatte führen können und dass der Konsistenzunterschied von

weichem Atherombrei und steifer Deckplatte eine Ruptur fördert. Bei 5% der akuten Thromben führt

die Ruptur der Deckplatte durch einen daruntergelegenen Verkalkungsherd zu einer nicht okklusiven

Thrombose. Dieser Mechanismus betrifft meist ältere Patienten.

Morphologie:

Makroskopisch sind Thromben am besten auf Querschnitten in 3 bis 5mm Abständen durch die

Koronargefässe darstellbar. Thromben, die zum Tod des Patienten geführt haben, erkennt man meist

makroskopisch. Mikroskopisch findet sich ein Kontinuitätsunterbruch in einer entzündlich veränderten

fibrösen Deckplatte über einem Atherom. Dadurch gerät der lipidreiche Kern des Atheroms in Kontakt

mit dem luminalen Blutstrom und dies führt zur Ausbildung eines Plättchen-Fibrin Thrombus und zur

Einblutung in das Atherom. Meist zeigt der Thrombus Zeichen der beginnenden Organisation.

Histologisch ist bei einer Ruptur die denudierte Endotheloberfläche von einem luminalen Thrombus

bedeckt.

Verlauf:

Der Thrombus kann klein und nicht-okklusiv sein oder das Lumen vollständig verschliessen.

Beide Formen können zum plötzlichen Herztod führen. Teile des Thrombus können sich lösen und zur

Mikroembolisation in intramyokardiale Arterien führen. Detaillierte Untersuchungen der

Koronararterien von Patienten mit schwerer Koronarsklerose zeigen häufig Fissuren und kleine

Rupturen verschiedenen Alters. Wiederholte subklinische Plaquerupturen führen zur

Plaqueprogression. Verheilte Plaquerupturen sind meist stabil.

Anmerkung:

Da ischämische Myokardveränderungen morphologisch nicht sofort nachweisbar sind, ist der

Nachweis einer Koronarthrombose auch bei fehlenden Myokardnekrosen ein starker Hinweis auf eine

Myokardischämie als Todesursache. Allerdings finden sich lediglich bei 40% der plötzlichen

Herztodesfälle frische Thromben. Bei Patienten mit klinisch diagnostiziertem akutem Myokardinfarkt

können bei bis zu 98% autoptisch Koronarthromben nachgewiesen werden, deutlich seltener bei

instabiler Angina pectoris. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine akute Thrombose nachgewiesen werden

kann, ist grösser, wenn der Patient vor seinem Tod Brustschmerzen hatte.

Klinik

Vorkommen:

Erkrankungen der Koronararterien sind für etwa drei Viertel der plötzlichen Herztodesfälle bei über 40

jährigen Patienten verantwortlich. Bei älteren Patienten mit arterieller Hypertonie und

Herzhypertrophie sind letale ventrikuläre Arrhythmien und plötzlicher Herztod häufiger auf

Vernarbungen des Myokards als auf Koronarthrombosen zurückführbar.

Risikofaktoren:

Es gibt eine enge Assoziation zwischen akuten und verheilten Plaquerupturen und einer

Hypercholesterinämie.

Page 49: Spezielle Patho Modul 87

Symptomatik:

Nicht alle Plaquerupturen resultieren in einer klinischen Symptomatik oder in einer Myokardnekrose.

Diagnostik und Therapie:

Die erste Priorität bei Patienten mit akuten Brustschmerzen haben die rasche Diagnosestellung und

Risikostratifizierung (siehe zweiter Literaturlink), die Schmerzbehandlung und die Erfassung und

Therapie von Rhythmusstörungen. Bei vermuteter oder gesicherter Diagnose eines akuten

Koronarsyndroms (instabile Angina pectoris und Myokardinfarkt) sollte eine sofortige Hospitalisation

auf einer Intensivpflegestation erfolgen. Therapeutisch im Vordergrund steht eine frühe

Reperfusionstherapie mit dem Ziel der Wiedereröffnung des thrombosierten Gefässes.

Prognose:

Die Prognose des akuten Myokardinfarkts mit ST-Streckenhebung ist nach wie vor ernst. In den ersten

vier Wochen nach Infarkt versterben 30-50% der Patienten, die Hälfte davon an plötzlichem Herztod in

den ersten zwei Stunden nach Symptombeginn.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

o Atherom mit fibröser Deckplatte.

o Exzentrische Lumeneinengung durch Verdickung der Intima.

o Organisierender geschichteter Abscheidungsthrombus über Defekt in der fibrösen Deckplatte.

Der Thrombus enthält zusätzlich Atherombestandteile (Cholesterinkristalle und nekrotischer

Detritus).

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

o Angina pectoris.

o Myokardinfarkt (wann?).

o Rhythmusstörungen.

o plötzlicher Herztod.

o Risikofaktoren für Atherosklerose.

Präparat Nr 012 aus Kasten S 003

Topographie / Diagnose

Herz / Thrombotische Endokarditis

Einleitung

-

Klinik

-

Repetitorium

-

Page 50: Spezielle Patho Modul 87

Präparat Nr 014 aus Kasten S 003

Topographie / Diagnose

Mitralklappe / Infektiöse Endocarditis ulcero-polyposa

Einleitung

Pathogenese:

Die infektiöse Endokarditis kann entstehen, wenn sich bei einer entsprechenden Prädisposition eine

Endothelläsion ausbildet. Auf dieser wird zunächst Fibrin abgelagert (=sterile Vegetation). Diese

Vegetation wird bei einer Bakteriämie (z.B. nach Zahnarztbesuch, Subclaviakatheter, iv

Drogenabusus) oder einer Sepsis bakteriell besiedelt.

Häufigste Risikofaktoren für eine Endokarditis heutzutage sind:

o Sklerosierte Herzklappen (zunehmend im Alter)

o IV-Drogenkonsum (50% Trikuspidalklappe betroffen)

o Katheter oder implantiertes Fremdmaterial wie Schrittmacherelektroden

o Klappenprothesen

o Schlechter Gebisszustand

o Klappenvitium (Mitralklappenprolaps, bikuspide Aortenklappe…)

o St.n. Endokarditis

Morphologie der Endokarditis in Abhängigkeit von der Ätiologie:

o Infektiöse Endokarditis:

Morphologie: Endokarditis ulcerosa oder ulceropolyposa

o Immunologisch bedingte Endokarditis (bei rheumatischer Herzerkrankung oder systemischem

Lupus erythematodes):

Morphologie: Endokarditis verrucosa

o Thrombotisch nicht bakterielle Endokarditis bei Kachexie oder schwerer Allgemeinerkrankung:

Morphologie: Endokarditis marantica (Fibrinthromben)

Lokalisation:

Befallen sind mit absteigender Häufigkeit Mitralklappe (45%), Aortenklappe (35%), Aortenklappe und

Mitralklappe (11%), Trikuspidalklappe (6%). Vorhofendokard und Pulmonalklappe sind nur sehr

selten betroffen.

Morphologie:

Makroskopisch sind entweder flache rötliche fibrinbelegte Ulzera (=ulcerosa ) oder zusätzlich

weiche gelbbraune bröcklige erbs- bis pflaumengrosse Polypen (=ulceropolyposa ) oder

ausschliesslich polypoide Fibrinbeläge (=marantica) auf einem Endokarddefekt oder einer partiell

zerstörten Klappe erkennbar.

Histologisch findet sich bei ulzeropolypöser Endokarditis ein Fibrin-Thrombozytenthrombus, welcher

von Bakterien durchsetzt ist (=Vegetation). Die Vegetation sitzt auf einem Klappendefekt an dessen

Basis Granulationsgewebe einzusprossen beginnt, welches den Thrombus organisiert. Klappendefekte,

Gefässeinsprossungen, verdickte Sehnenfäden oder Kommissurenverwachsungen der

Taschenklappen weisen morphologisch auf eine abgeheilte Endokarditis hin.

update 30. August 2012

Klinik

Page 51: Spezielle Patho Modul 87

Vorkommen und Risikofaktoren:

Die Inzidenz der infektiösen Endokarditis liegt bei 2-6 pro 100'000 Personen/Jahr. Diese Zahl hat sich

in den letzten Jahren kaum geändert. Die rheumatische Herzerkrankung, früher ein häufiger

Risikofaktor einer infektiösen Endokarditis, ist bei uns, im Gegensatz beispielsweise zu

nordafrikanischen Ländern, fast vollständig verschwunden. An deren Stelle traten neue Risikofaktoren

wie die Implantation künstlicher Herzklappen, intravenöser Drogenkonsum, Hämodialyse,

intravaskuläre Katheter, implantierbare Defibrillatoren und eine Zunahme altersbedingter

degenerativer Klappenveränderungen infolge höherer Lebenserwartung.

Klinische Einteilung der infektiösen Endokarditis:

o Linksseitige Nativklappenendokarditis

o Linksseitige Kunstklappenendokarditis

o Rechtsseitige Endokarditis, inklusive Endokarditis bei IV Drogenabusus und cardiovascular

device-related-Endokarditis

o Healthcare assoziierte Endokarditis (nosokomial im Spital erworben und nicht-nosokomial)

Diese Einteilung dient der besseren Abschätzbarkeit der ursächlichen Erreger. Viridans-Streptokokken

sind die häufigsten Erreger in der Allgemeinbevölkerung bei ambulant erworbenen

Nativklappenendokarditiden. Staphylokokkus aureus und koagulasenegative Staphylokokken

dominieren bei prothetischen Klappen, intravenösem Drogenkonsum und Healthcare assoziierter

infektiöser Endokarditis.

Symptomatik:

Die Symptome einer infektiösen Endokarditis sind sehr unspezifisch. Fieber (90%), Schüttelfrost,

Schwäche, Dyspnoe, Nachtschweiss, Inappetenz, Husten, Herzgeräusche (neu oder verändert), fokal

neurologische Zeichen, (septische) Embolien in den grossen Kreislauf bei Linksherzendokarditis ,

und in die Lunge bei Rechtsherzendokarditis, Retinaläsionen, subkonjunktivale Blutungen,

Janewayläsionen (nicht schmerzhaft), Osler Knötchen (schmerzhaft, heute selten), Splinter

Hämorrhagien (sehr unspezifisch), Petechien, Splenomegalie (heute seltener).

Diagnostik:

Standbeine der diagnostischen Abklärungen bei Verdacht auf infektiöse Endokarditis sind der

Erregernachweis im Blut (Blutkulturen und Serologie), die Visualisierung der Klappenvegetationen

(transthorakale oder transösophageale Echokardiographie) sowie die im Jahr 2000 modifizierten

DUKE-Kriterien (siehe Literaturhinweis). Die häufigste Ursache einer kulturnegativen Endokarditis ist

die bereits vor Entnahme der ersten Blutkulturen begonnene antimikrobielle Therapie.

Therapie:

Grundsätzlich soll die Therapie gezielt, d.h. erregerspezifisch sein, auf einer exakten

Resistenzbestimmung beruhen, hochdosiert und unter Benutzung eines bakteriziden Antibiotikums

erfolgen. Eine antibiotische Endokarditis-Prophylaxe vor operativen oder bestimmten diagnostischen

Eingriffen muß bei allen Patienten mit hohem Endokarditis-Risiko (z.B. Klappenprothesen, Zustand

nach bakterieller Endokarditis, komplexe zyanotische Herzfehler) oder mittlerem Endokarditis-Risiko

(z.B. rheumatische oder andere erworbene Herzklappenfehler, Mitralklappenprolaps mit

Klappenregurgitation) durchgeführt werden.

Komplikationen:

Mögliche Komplikationen einer infektiösen Endokarditis sind Klappenperforation oder

Sehnenfadenruptur mit akuter Klappeninsuffizienz, Klappenstenose durch grosse Vegetationen,

Übergreifen der Entzündung auf das Myokard, Dehiszenz von Klappenprothesen, Klappenvitium,

Sepsis, septische oder sterile, häufig zerebrale Embolien, mykotisches Aneurysma und

Glomerulonephritis.

Prognose:

Die infektiöse Endokarditis ist eine potentiell tödliche Erkrankung mit hoher Morbidität und einer

Page 52: Spezielle Patho Modul 87

Letalität von bis zu 30%. Eine Ursache der hohen Letalität ist die lange Latenz zwischen dem

Auftreten erster Symptome und der definitiven Diagnose mit Einleitung einer adäquaten Therapie. Ein

weiteres Problem stellen die kulturnegativen infektiösen Endokarditiden dar, die nicht

erregerspezifisch antibiotisch behandelt werden können. Neben dem zugrunde liegenden Erreger

bestimmen zahlreiche Parameter von Seiten des Patienten den klinischen Verlauf und die Prognose.

update 30. August 2012

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

o Oben im Bild die Aorta mit abszedierender Entzündung und kleinem Fibroatherom.

o Destruktion des Klappengerüstes (ulcerosa).

o Der zerstörten Klappe aufgelagerte polypöse Vegetation aus Fibrin und Granulozyten

durchsetzt von blauen Bakterienkolonien (polyposa).

o Im Myokardgewebe unterhalb der Klappe findet sich eine ausgedehnte frische

Koagulationsnekrose (unsichtbare Zellkerne, Infiltrate neutrophiler Granulozyten) und mehrere

septikopyämische Streuherde (blaue Bakterienhaufen in Gefässen umgeben von

Mikroabszessen).

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

o Nachgewiesener Erreger.

o Akuter, subakuter oder chronischer Verlauf.

o Risikofaktoren für Endokarditis.

Praxis-Tipp:

o Materialentnahme für die Bakteriologie vor Fixation.

Präparat Nr 016 aus Kasten S 003

Topographie / Diagnose

Herz Vorhof / Vorhofmyxom

Einleitung

-

Klinik

-

Repetitorium

-

Präparat Nr 018 aus Kasten S 003

Page 53: Spezielle Patho Modul 87

Topographie / Diagnose

Niere / Arteriolosklerose der Niere

Einleitung

Aetiologie und Pathogenese:

Bei der benignen Nephrosklerose kommt es als Folge von arterieller Hypertonie, eines Diabetes

mellitus oder einer entzündlichen Umgebungserkrankung zu einer subendothelialen, meist

exzentrischen potentiell reversiblen Insudation von Proteinen (besonders IgM,

Komplementkomponenten und Lipoproteine) in die Wand von Vasa afferentia und Interlobulararterien.

Beim Diabetes mellitus ist auch das Vas efferens betroffen. Funktionell kommt es zu einer

Weitstellung der Arteriole und damit zu einem Verlust der Widerstandsfunktion. Zusätzliche

glomeruläre Schäden gelten als Indizien für eine dekompensierte Form der benignen Nephrosklerose.

Diese äussert sich in einem späten Stadium als segmentale oder globale Vernarbung der Glomerula mit

Atrophie des zugehörigen Nephrons und interstitieller Fibrose mit diskreten lymphohistiozytären

Begleitinfiltraten. Diese fokalen Vernarbungen führen zum makroskopischen Bild der feingranulierten

arteriolosklerotischen Schrumpfniere des Hypertonikers.

Morphologie:

Makroskopisch feingranulierte verkleinerte Niere. Elektronenmikroskopisch ist das Endothel meist

unauffällig. Subendothelial lassen sich knotige osmiophile Depots nachweisen . Die Basalmembran

ist oft verdickt und durch Proteindepots impräginiert. In schweren Fällen können die Myozyten

auseinanderweichen. Nekrosen glatter Muskelzellen kommen aber nicht vor.

Klinik

Vorkommen:

Eine diskrete Arteriolosklerose kann in fast allen Autopsienieren nachgewiesen werden. Die benigne

Nephrosklerose ist in Europa für ca. 10% der chronischen dialysepflichtigen Niereninsuffizienzen

verantwortlich.

Symptomatik:

Klinisch kann eine benigne Nephrosklerose vermutet werden bei lange bestehender Hypertonie, bei

nachgewiesener Albuminurie, bei hypertensiver Retinopathie und bei Linksherzhypertrophie. Bei

ungenügender antihypertensiver Therapie kommt es zu einem langsamen Kreatininanstieg. Schon eine

mässiggradige Hypertonie steigert langfristig das Risiko einer terminalen dialysepflichtigen

Niereninsuffizienz deutlich.

Diagnostik:

Der bioptische Nachweis einer benignen Nephrosklerose kann einen bis dahin nicht erkannten oder

unzureichend behandelten Bluthochdruck anzeigen.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

o Hyaline rote Proteineinlagerungen in der Arteriolenwand (subendothelial) des Vas afferens und

von Interlobulararterien mit Verschwinden der zellulären Gefässwandstrukturen.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

o Diabetes mellitus (Erkrankungsdauer).

o Arterielle Hypertonie.

Page 54: Spezielle Patho Modul 87

Präparat Nr 019 aus Kasten S 003

Topographie / Diagnose

Niere / Polyarteriitis nodosa Makroform

Einleitung

Synonym:

Panarteriitis nodosa, Makroform. cPAN Definition der cPAN:

Nekrotisierende Entzündung mittelgrosser und kleiner Arterien ohne Glomerulonephritis oder

Vaskulitis in Arteriolen, Kapillaren und Venolen. Die Polyarteriitis nodosa kann primär systemisch

oder als isolierte Organvaskulitis auftreten in Haut, Gallenblase, Appendix, Darm, Mamma, Hoden

oder Uterus. Einteilung:

o Idiopathische, primär systemische Vaskulitis

o Isolierte organbezogene Vaskulitis (unterschiedliche Entzündungsformen möglich)

o Sekundäre Vaskulitis als Folge anderer Erkrankungen (zB Kollagenose, Infektion,

Medikament)

o Pseudovaskulitische Veränderungen (zB Gefässe angrenzend an Ulkus oder Nekrose).

Chapel Hill-Klassifikation primär systemischer Vaskulitiden:

o Arteriitis temporalis und Takayasu Arteriitis: grosse Arterien

o cPAN und Kawasaki Syndrom: mittelgrosse Arterien

o Wegener, Churg Strauss Syndrom, Mikroskopische Polyangiitis: Kleingefässvaskulitis, ANCA

assoziiert, pauci-immun

o Purpura Schönlein Henoch, Essentielle kryoglobulinämische Vaskulitis: Kleingefässvaskulitis,

Immunkomplex-assoziiertPseudovaskulitische Veränderungen

o Isolierte kutane leukozytoklastische Vaskulitis: Kleingefässvaskulitis

Grosse Arterien umfasssen die Aorta und ihre Äste, die ganze Körperregionen versorgen (Kopf-, Hals-,

und Extremitätenarterien). Mittelgrosse Arterien entsprechen den Hauptorganarterien (A. renalis, A.

hepatica, Mesenterialarterien, Koronararterien…) und kleine Arterien alle weiteren Arterien. Zu den

Kleingefässen gehören Arteriolen, Kapillaren und Venolen. Aetiologie:

Ätiopathogenetisch wird eine immunmediierte nekrotisierende Vaskulitis angenommen. Als Auslöser

kommen wahrscheinlich Antigene von Hepatitis B- und C-Viren, Streptokokken,

Autoimmunerkrankungen, Tumoren und Kryoglobuline in Betracht.

Lokalisation:

Es handelt sich um eine systemische nekrotisierende Vaskulitis mit Befall mittelgrosser und kleiner

Arterien ohne Befall von Arteriolen, Kapillaren (Glomerula!) und Venolen. Der Nierenbefall ist

Teilaspekt einer Systemkrankheit mit bevorzugtem Befall von Niere, Herz, Leber, Magen-Darmtrakt

und Muskulatur.

Morphologie:

In den beteiligten Organen sind nicht alle Arterien pathologisch verändert und oft ist die Gefässwand

nicht zirkulär sondern nur segmental betroffen. Oft finden sich nebeneinander Gefässveränderungen in

unterschiedlichen Stadien. Folgen der Gefässveränderungen sind Infarkte und Mikroaneurysmata. Die

Nieren sind im akuten Stadium oft vergrössert. An der Oberfläche sind Petechien neben

unterschiedlich grossen Infarkten erkennbar. Gelegentlich erkennt man auf der Schnittfläche

Gefässaneurysmata, thrombosierte Arterien und Papillennekrosen. Im häufigeren chronischen Stadium

sind die Nieren verkleinert und aufgrund von Infarktnarben grob gebuckelt. Befallen sind prärenale

und grössere intrarenale Nierenarterienäste bei meist fehlender Beteiligung der Arteriolen und

Page 55: Spezielle Patho Modul 87

definitionsgemäss fehlendem Befall der glomerulären Kapillaren. Die betroffenen Gefässe zeigen

segmentale transmurale oft durch Thrombosierung komplizierte Wandnekrosen mit initial

granulozytenreichem Infiltrat. Im Verlauf werden die Nekrosen durch Granulations- und

Narbengewebe organisiert. An grossen Arterien kann dies zu Knotenbildungen und Aneurysmata

führen. Oft findet man in ein und demselben Gefäss frische Nekrosen neben reparativen

Veränderungen und Narben. Das übrige Nierengewebe zeigt als Folge der Vaskulitis

Kollapsglomerula, Infarkte und ischämische Tubulusatrophie mit begleitender interstitieller Fibrose

und Entzündung.

Anmerkung:

Morphologisch gleichartige Gefässveränderungen können lokalisiert in der Haut oder als

Zufallsbefund im Genitaltrakt vorkommen. Ein Befall von Gefässen anderer Organe lässt sich in

diesen Fällen nicht nachweisen und die Erkrankung zeigt einen gutartigen Verlauf. Die sehr seltene

cPAN muss von den häufigeren Kleingefässvaskulitiden abgegrenzt werden. Der Befall von Venen,

Arteriolen, Venolen oder Kapillaren (Glomerula!) schliesst die Diagnose einer cPAN aus.

Klinik

Vorkommen:

Die Prävalenz primär systemischer Vaskulitiden ohne die (häufigste) Temporalarteriitis liegt bei

20:100'000 Einwohner.

Symptomatik:

Die klassische Polyarteriitis nodosa geht in vielen Fällen mit einer uncharakteristischen

Prodromalphase mit rheumatischen Beschwerden und Bauchschmerzen einher. Der Befall von

mittelgrossen Arterien führt zu Infarkten in Hirn, Herz und Nieren (Makrohämaturie), Darm (Melaena)

und Extremitäten. Blutungen erfolgen bei Ruptur aus Mikroaneurysmata. Jugendliches Alter und

fehlende Risikofaktoren bei einer Enzephalomalazie oder einem Myokardinfarkt können Hinweis auf

das Vorliegene einer Vaskulitis sein. Die Polyarteriitis nodosa tritt selten primär auf. Am häufigsten

handelt es sich um eine sekundäre Vaskulitis als Folge einer Hepatitis B, seltener einer bakteriellen

Infektion, eines systemischen Lupus oder einer rheumatoiden Arthritis.

Diagnostik:

Für die primär systemischen Vaskulitiden gibt es keine allgemein akzeptierten diagnostischen

Kriterien. Krankheitsdefinitionen der Chapel Hill Konsensuskonferenz von 1992 (CHC Definitionen)

und Klassifikationskriterien der amerikanischen Gesellschaft für Rheumatologie 1990 (ACR

Klassifikation) sind nicht als Diagnosekriterien zu betrachten, sondern dienen als Grundlage für die

Aufnahme von Patienten in klinische Studien. Sie erfassen den typischen Fall und berücksichtigen

Früh- und Abortivfälle nicht. Bei primär systemischer Vaskulitis sollte immer eine histologische

Sicherung der klinischen Diagnose angestrebt werden. Biopsien sollten aber nur aus pathologisch

verändertem Gewebe entnommen werden (Magnetresonanztomographie des Muskels zur Wahl des

Biopsieortes). Blinde Biopsien haben eine Trefferquote von <30%. Da die morphologischen Befunde

verschiedener Vaskulitiden sich überschneiden oder sogar identisch sein können, ist der Pathologe für

die genaue Klassifizierung einer Vaskulitis zwingend auf detaillierte klinische Angaben angewiesen:

Symptome, befallene Organe, ANCA-Titer, Angaben über das Vorliegen von

Autoimmunerkrankungen, Infekten, Neoplasien, Intoxikationen, Medikamenteneinnahme als Hinweis

auf eine mögliche sekundäre Vaskulitis. Ohne präzise Angaben kann der Pathologe lediglich die

Diagnose einer nekrotisierenden Vaskulitis stellen mit Hinweis auf die betroffenen Gefässtypen. Die

Unterscheidung einer mikroskopischen Polyangiitis von einer Panarteriitis nodosa Makroform (cPAN)

ist aufgrund der unterschiedlichen Prognose und Therapie wichtig (die Mikroform verläuft

aggressiver). Für die cPAN sprechen angiographische Mikroaneurysmata, eine renovaskuläre

Hypertonie und eine periphere Neuropathie. Eine rapid progressive Glomerulonephritis oder

Lungenblutungen sprechen für eine Kleingefässvaskulitis. Laborchemisch gibt es keinen

pathognomonischen Befund. Eine positive ANCA Serologie findet sich selten bei der cPAN und bei

gegen 90% mikroskopischen Polyangiitis (bevorzugt p-ANCA). Ein positiver ANCA-Titer beweist

eine Vaskulitis nicht! Vor der Diagnosestellung einer primären systemischen Vaskulitis sollten

Page 56: Spezielle Patho Modul 87

sekundäre Vaskulitiden im Rahmen einer Grunderkrankung ausgeschlossen werden.

Die Diagnose einer isolierten Organvaskulitis vom Typ der Polyarteriitis nodosa kann erst nach

klinischem Ausschluss einer sekundären oder primär systemischen Vaskulitis gestellt werden.

Prognose:

Ohne Therapie ist die Prognose schlecht mit einer 5 Jahres Überlebensrate von weniger als 20%. Unter

einer aktivitätsangepassten immunsuppressiven Therapie hat sich die Prognose entscheidend

verbessert. Die isolierte Organvaskulitis vom Typ der Polyarteriitis nodosa verläuft ohne weitere

Therapie selbstlimitiert.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

o Unauffällige Glomerula.

o Grössere intrarenale Arterien mit teils zirkulären, teils segmentalen, transmuralen fibrinoiden

Gefässwandnekrosen und gemischtem transmuralem Entzündungsinfiltrat.

o Gefässveränderungen unterschiedlichen Alters (frische Nekrosen, Granulationsgewebsbildung,

Narben).

o Frische Tubulusnekrosen (abgeblasste Kerne) im Versorgungsbereich der entzündeten Arterien.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

o Hypertonie.

o Extrarenale Manifestationen.

o Grunderkrankungen wie Autoimmunerkrankung, Infekt, Neoplasie, Intoxikation.

o Medikamente.

o Serologie.

Praxis-Tipp:

o Zur genauen Klassifikation der Vaskulitis sollten Kliniker und Pathologe telefonischen Kontakt

aufnehmen.

o Bei Verdacht auf Vaskulitis immer ANCA bestimmen.

Präparat Nr 020 aus Kasten S 003

Topographie / Diagnose

Arteria temporalis / Arteritis temporalis Horton (Riesenzellarteriitis)

Einleitung

Lokalisation:

Bevorzugt sind die vom Aortenbogen nach kranial abgehenden Gefässe, speziell die Arteria

temporalis, die Arteria ophthalmica und die hinteren Ciliararterien betroffen.

Morphologie:

Histologisch diagnostisch ist der Nachweis von monohistiozytären Entzündungsinfiltraten entlang der

Lamina elastica interna und deren Fragmentierung bzw. Zerstörung über längere Strecken . In

frischen Läsionen findet sich die Entzündung auch in der Intima und am Übergang der Media auf die

Adventitia. In nur 1/3 der Fälle sind mehrkernige Riesenzellen vorhanden. Seltenere Befunde sind

eine Entzündung der Vasa vasorum, Verkalkungen der Lamina elastica, Intimaverdickungen und

Page 57: Spezielle Patho Modul 87

fibrinoide Gefässwandnekrosen. In Abwesenheit einer Entzündung lässt sich eine abgeheilte Arteritis

temporalis nicht von atherosklerotischen Veränderungen unterscheiden.

Klinik

Vorkommen:

Die Arteritis temporalis Horton (=Riesenzellarteriitis) ist die häufigste Vaskulitis mit einer Prävalenz

von 200 und einer Inzidenz von 12 pro Million Einwohner pro Jahr. Die Riesenzellarteriitis tritt in

höherem Lebensalter (Patienten > 50 Jahre) auf und ist häufig (50%) mit der Polymyalgia rheumatica

assoziiert. Das mittlere Alter bei Erkrankungsbeginn ist 75 Jahre. Frauen sind zwei- bis dreimal so oft

betroffen.

Diagnostik:

Der ein- oder beidseitige Schläfenkopfschmerz gilt als wegweisendes Symptom. Die Diagnose kann

gestellt werden, wenn 3 der 5 folgenden Kriterien erfüllt sind:

o Patient bei Erstmanifestation über 50 Jahre

o neu auftretende Kopfschmerzen

o Druckschmerz und/oder Pulslosigkeit der Temporalarterien

o stark erhöhte Blutsenkung (>50mm/h)

o positive Arterienbiopsie

Mittels Farbduplex-Sonographie kann in umschriebenen Bereichen der Temporalarterie der

erfolgsversprechendste Biopsieort markiert werden. Die Indikation zur Temporalarterienbiopsie wird

bei klinischer Unsicherheit vorzugsweise im Ramus posterior der Arteria temporalis superficialis

empfohlen. Der Befall kann segmental ausgeprägt sein. Aus diesem Grund sollte ein möglichst langes

Arterienteilstück exzidiert werden (mindestens 1cm), welches in seiner gesamten Länge histologisch

untersucht wird. Ein negativer Biopsiebefund schliesst wegen möglicher Trefferfehler eine Vaskulitis

nicht aus. Auch bei negativem Biopsiebefund (ca. 30-40% der Patienten) kann bei Erfüllung von drei

der oben genannten Kriterien eine Riesenzellarteriitis diagnostiziert werden.

Therapie:

Bei dringendem klinischem Verdacht ist die sofortige Steroidtherapie auch ohne Bestätigung durch die

Biopsie indiziert. Etwa eine Woche nach Beginn der Steroidtherapie beginnen sich die entzündlichen

Veränderungen zurückzubilden. Die histologische Diagnose ist im besten Fall aber noch bis zu 2-3

Monate nach Therapiebeginn möglich.

Komplikationen:

Gefürchtete Komplikationen sind Visusverlust oder Enzephalomalazie. Warnsymptome sind

Amaurosis fugax, verschwommener Visus, Diplopie, transiente ischämische Attacken oder eine

Claudicatio des Kiefers. Bei 8-13% der Patienten sind extrakranielle Gefässe befallen. Dies kann sich

äussern in einer Aorteninsuffizienz, Ruptur eines Aortenaneruysma, Aortendissektion, Myokardinfarkt,

Claudicatio der Extremitäten oder Darmischämien.

Prognose:

60% der Patienten erleiden nach Reduktion der Steroiddosis ein Rezidiv. Rezidive nach

Therapieabschluss sind ebenfalls bei der Hälfte der Patienten zu erwarten. Die Lebenserwartung von

Patienten mit Riesenzellarteriitis ist nicht reduziert. Die Prognose ist besser bei Patienten, die keine

prolongierte Therapie benötigen und initial keine okulären Symptome haben.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

o Intimafibrose und Stenose des Gefässlumens.

o Mehrkernige Riesenzellen und Makrophagen entlang der Lamina elastica interna.

Page 58: Spezielle Patho Modul 87

o Dichtes mononukleäres Entzündungsinfiltrat auch in den übrigen Wandabschnitten.

o Fragmentierung bzw. Zerstörung der Lamina elastica interna über längere Strecken.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

o Vorliegen typischer Symptome und Befunde.

o Polymyalgia rheumatica.

o Steroidtherapie (Zeitpunkt des Beginns, Dosierung).

o Rezidiv oder Erstbefund.

Präparat Nr 021 aus Kasten S 003

Topographie / Diagnose

Aorta / Zystische Mediadegeneration (Medianekrose)

Einleitung

-

Klinik

-

Repetitorium

-

Präparat Nr 001 aus Kasten S 004

Topographie / Diagnose

Nasenschleimhaut / Chronische polypöse Rhinitis

Einleitung

Aetiologie:

Nasenpolypen treten häufiger in Verbindung mit nicht allergischen als mit allergischen Krankheiten

auf. Multiple Polypen sind assoziiert mit Asthma bronchiale, Mukoviszidose, Heuschnupfen,

allergischer mykotischer Sinusitis, chronischer Rhinosinusitis, primärer ziliärer Dyskinesie,

Aspirinintoleranz, Alkoholintoleranz, Churg Strauss Syndrom, Young Syndrom und nicht allergischer

Rhinitis mit Eosinophilie (NARES). Bei einem einzelnen Polypen kann es sich um einen

Choanalpolypen handeln oder um einen Tumor (Gliom, Encephalozele, Hämangiom, Papillom,

juveniles nasopharyngeales Angiofibrom, Rhabdomyosarkom, Lymphom, Neuroblastom, Sarkom,

Chordom, nasopharyngeales Karzinom oder invertiertes Papillom). Nasenpolypen sollten aus diesem

Grund histologisch untersucht werden. Kinder mit multiplen Polypen sollten auf das Vorliegen eines

Asthma bzw. einer Mukoviszidose abgeklärt werden.

Morphologie:

Makroskopisch sind die Polypen glasig glänzend. Gutartige Polypen liegen meist im mittleren Meatus.

Histologisch sind die Polypen von einem respiratorischen Epithel ausgekleidet. Die Basalmembran

Page 59: Spezielle Patho Modul 87

ist verdickt und das Stroma ödematös. Eosinophile Granulozyten sind bei 80-90% der Polypen

nachweisbar. Vermehrte Plasmazellen, Lymphozyten und Myofibroblasten kommen oft vor. Infiltrate

von neutrophilen Granulozyten treten auf bei Mukoviszidose, ziliärer Dyskinesie und dem Young

Syndrom. Diese Polypen sprechen kaum auf Steroidtherapie an.

Klinik

Vorkommen:

Je nach Untersuchung leiden ca. 1 bis 4% der Bevölkerung an Nasenpolypen. Nasenpolypen können in

jedem Lebensalter vorkommen.

Symptomatik:

Die Polypen behindern die Nasenatmung, so dass verstärkt durch den Mund geatmet werden muss. Oft

finden sich ein eitriger Schnupfen und ein verstärktes Laufen der Nase. Das Riechvermögen ist

eingeschränkt. Die Patienten können eine näselnde Stimme haben. Schnarchen, wiederkehrende

Entzündungen der Nasennebenhöhlen und der oberen Luftwege sowie Mittelohrentzündungen und

Kopfschmerzen können Folge von Nasenpolypen sein.

Diagnostik:

Grössere Polypen sind bereits bei der vorderen Rhinoskopie sichtbar. Kleinere Polypen können

endoskopisch detektiert werden. Zur Beurteilung der Ausdehnung der Polypen wird meist ein

Dünnschicht CT angefertigt. Dieses ist auf jeden Fall vor einer geplanten Operation notwendig. Bei

gleichzeitiger Nasennebenhöhlenentzündung erfolgt ein Abstrich zur Erregerbestimmung.

Therapie:

Steroide topisch oder systemisch sind Therapie der Wahl. Ein operativer Eingriff ist angezeigt bei

Kindern mit multiplen Polypen oder chronischer Rhinosinusitis, die auf medikamentöse Therapie nicht

ansprechen. Die operative Entfernung multipler benigner Nasenpolypen ist mit einer hohen Rezidivrate

behaftet.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

o Polypoides Gewebsfragment bedeckt von mehrreihigem Flimmerepithel.

o Herdförmige Schleimhauterosionen.

o Ödematöses Stroma mit gemischtem Entzündungsinfiltrat: Lymphozyten, Plasmazellen,

Histiozyten und zahlreiche eosinophile Granulozyten.

o Im Zentrum des Polypen Drüsenläppchen und zahlreiche Blutgefässe.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

o Solitär oder multiple Läsionen.

Präparat Nr 003 aus Kasten S 004

Topographie / Diagnose

Bronchus / Chronische Bronchitis / Bronchiektasen

Einleitung

-

Page 60: Spezielle Patho Modul 87

Klinik

-

Repetitorium

-

Präparat Nr 004 aus Kasten S 004

Topographie / Diagnose

Bronchus / Asthma bronchiale

Einleitung

-

Klinik

-

Repetitorium

-

Präparat Nr 005 aus Kasten S 004

Topographie / Diagnose

Lunge / Lobärpneumonie

Einleitung

Definition:

Die meisten bakteriellen und bakteriell superinfizierten viralen Pneumonien verlaufen als alveoläre

Pneumonien. Der Ausbreitung nach werden sie unterteilt in lobäre Pneumonien mit gleichmässigem

Befall grösserer Lungenabschnitte und Herdpneumonien, bei denen sich multiple Herde entwickeln.

Eine Lobärpneumonie tritt auf, wenn die Erreger die Alveolarräume so ausgedehnt und rasch befallen,

daß sie erst vor anatomischen Grenzen (z.B. Lappenspalt) Halt machen.

Aetiologie:

Pneumokokken verursachen die meisten ambulant erworbenen Pneumonien und stellen die typischen

Erreger der Lobärpneumonie dar. Lobär ausgebreitete Pneumonien können aber auch durch Klebsiella

pneumoniae und Staphylococcus aureus hervorgerufen werden.

Morphologie:

Aufgrund der heute rasch einsetzenden antibiotischen Therapie bei klinischer Diagnose einer

Pneumonie, kommen die charakteristischen Stadien der Lobärpneumonie nur noch selten zur

Beobachtung.

Die unbehandelte Lobärpneumonie verläuft in vier Stadien:

Page 61: Spezielle Patho Modul 87

o Anschoppung (1. -2. Tag)

o Rote Hepatisation (2.-3. Tag)

o Graue Hepatisation (4.-6. Tag)

o Gelbe Hepatisation (7.-8. Tag)

Klinik

Vorkommen:

Eine Lobärpneumonie wird bei etwa 1% der an einer Pneumonie Verstorbenen diagnostiziert. Von den

in der Schweiz etwa 1500 pro Jahr hospitalisierten Patienten mit Pneumokokkenpneumonie sind etwa

zwei Drittel über 64 Jahre alt. Die jährliche Inzidenz bei Kindern unter 2 Jahren beträgt 11 Fälle pro

100'000. In Wirklichkeit liegen diese Zahlen wahrscheinlich einiges höher, da ein grosser Anteil

ambulant und ohne Erregerdiagnose behandelt werden.

Symptomatik:

Zu den Symptomen der Lobärpneumonie gehören ein einmaliger, starker Schüttelfrost, gefolgt von

Fieber bis zu 40 °C, atemabhängige pleuritische Thoraxschmerzen, Husten und rostbrauner

(Pneumokokken) bzw. himbergeleeartiger (Klebsiellen) Auswurf. Die Lobärpneumonie bricht im

Gegensatz zur Bronchopneumonie plötzlich aus und ist mit höherem Fieber verbunden.

Komplikationen:

Regelmässig entwickelt sich eine Begleitpleuritis. In seltenen Fällen tritt ein Pleuraempyem, eine

hämatogene Streuung (Pneumokokkenmeningitis, ulzeropolypöse Endokarditis, Arthritis oder

Osteomyelitis), eine intrapulmonale Abszedierung oder eine chronische karnifizierende Pneumonie als

Komplikation einer Lobärpneumonie auf.

Diagnostik:

Die Diagnose einer Pneumonie bzw. Bronchopneumonie ergibt sich aus den klinischen Befunden, dem

Auskultationsbefund und gegebenenfalls aus der Röntgen-Thorax-Aufnahme. Bei leichter Pneumonie

ist eine mikrobiologische Diagnose nicht notwendig.

Therapie:

Die Therapie kann empirisch erfolgen. Bei schwerem Verlauf ist eine Erregeridentifikation unbedingt

anzustreben. Die Antibiotikatherapie erfolgt über 10-14 Tage. Nach 3 Tagen sollte das Ansprechen auf

die Therapie überprüft werden (Rückgang des Fiebers, Verbesserung des Allgemeinzustandes).

Risikogruppen sollten prophylaktisch gegen Pneumokokken geimpft werden.

Prognose:

Die Letalität einer bakteriämischen Pneumokokkeninfektion liegt trotz Antibiotikatherapie bei 15-20%

der Erwachsenen (30-40% der über 64 jährigen) und 6% bei Kindern.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

o Im Gegensatz zur Herdpneumonie sind hier alle Alveolen gleichmässig und diffus pathologisch

verändert und im gleichen Stadium der Entzündung.

o Alle Alveolen angefüllt mit fädigem Fibrin und neutrophilen Granulozyten.

o Zottige Fibrinauflagerungen auf der Pleura (unten im Bild).

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

o Erregernachweis.

Page 62: Spezielle Patho Modul 87

Präparat Nr 006 aus Kasten S 004

Topographie / Diagnose

Lunge / Bronchopneumonie

Einleitung

Aetiologie:

Entzündungen des Lugenparenchyms können mikrobielle, physikalisch-chemische oder allergisch-

toxische Ursachen haben. Bakterien verursachen die meisten Pneumonien bei Erwachsenen über 30

Jahre. Streptococcus pneumoniae steht an erster Stelle bei den ausserhalb des Spitals erworbenen

Pneumonien. Andere häufige Erreger sind Staphylococcus aureus, Haemophilus influenzae, Chlamydia

pneumoniae, C. psittaci, C. trachomatis, Moraxella (Branhamella) catarrhalis, Legionella pneumophila,

Klebsiella pneumoniae und andere gram negative Bakterien. Mycoplasma pneumoniae verursacht eine

atypische Pneumonie bei jugendlichen und jungen Erwachsenen. Häufige pulmonale Pathogene bei

Säuglingen und Kindern sind das respiratory syncytial Virus, Parainfluenzavirus und Influenza A und

B Virus. Influenza A , gelegentlich Influenza B und selten das Varicella-Zoster Virus können bei

gesunden Erwachsenen eine Pneumonie verursachen. Eine Pneumonie wird meist über

Tröpfcheninfektion erworben. Seltener ist eine hämatogene oder lymphogene Ausbreitung oder ein

Übergreifen von benachbarten Infektionsherden.

Morphologie:

Eine Pneumonie kann einen ganzen Lappen befallen (Lobärpneumonie), Alveolen in der Umgebung

eines Bronchus (Bronchopneumonie) oder das Interstitium (interstitielle Pneumonie) mit entsprechend

unterschiedlichen makroskopischen Befunden. Bei einer schweren Bronchopneumonie sind meist

mehrere Lappen befallen und es lassen sich bereits makroskopisch gelbliche, leicht erhabene, brüchige,

unscharf begrenzte, gelegentlich zentral abszedierte Herde von einigen Millimetern bis wenigen

Zentimetern Durchmesser nachweisen. Der Abstrichsaft ist trübe. Die befallenen Lappen sind

vergrössert und aufgrund des entzündlichen Ödems schwerer. In einigen Fällen lässt sich eine fibrinöse

Pleuritis oder selten ein Pleuraempyem nachweisen. Bei einer eitrigen Herdpneumonie ist die

Mukosa der Bronchien und Bronchiolen ganz oder teilweise zerstört und mit einem fibrinös-eitrigen

Exsudat belegt. Im Lungenparenchym selbst sind unterschiedlich grosse Infiltratherde bevorzugt um

die Luftwege erkennbar. Benachbarte Alveolen sind gefüllt mit Granulozyten, Erythrozyten, Fibrin

und eventuell Bakterien. Die Herde können konfluieren oder zentral einschmelzen (abszedierende

Pneumonie) .

Klinik

Vorkommen:

Pneumonien stellen die 6. häufigste Todesursache dar.

Risikofaktoren:

Prädisponierend wirken virale Infekte des oberen Respirationstraktes, Alkoholismus, Rauchen,

Herzinsuffizienz, chronisch obstruktive Lungenerkrankung, Alter (Kleinkinder, hohes Alter), Diabetes

mellitus, chronische Niereninsuffizienz, Bewusstseinsstörung (Aspirationspneumonie ) oder

Dysphagie.

Symptomatik:

Die Patienten haben Fiber, Schüttelfrost bei bakterieller Pneumonie, Tachykardie, Husten mit oder

ohne Auswurf und atemabhängige Thoraxschmerzen bei Begleitpleuritis. Zyanose, Tachypnoe und

Nasenflügeln deuten auf eine schwere Pneumonie mit Hypoxämie.

Diagnostik und Therapie:

Page 63: Spezielle Patho Modul 87

Bei schweren Pneumonien sollte eine mikrobiologische Erregerbestimmung angestrebt werden. Bei bis

zu 50% der Patienten lässt sich jedoch trotz klinischer Diagnose einer bakteriellen Pneumonie kein

Erreger isolieren. Die Indikation zur Hospitalisation und die Wahl der antibiotischen Therapie hängen

ab vom Alter, von vorbestehenden Grundleiden und vom Schweregrad der Erkrankung.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

o Herdförmig unterschiedlich stark ausgeprägte Entzündung.

o Alveolen gefüllt mit hell-eosinophiler Ödemflüssigkeit oder neutrophilen Granulozyten,

Erythrozyten und wenig Fibrin.

o Haufen von blauen kokkoiden Bakterien in einigen Alveolen.

o Gefässhyperämie der Alveolarwandkapillaren.

o Im Zentrum des Pneumonieherdes ist wenig aspiriertes Fremdmaterial umgeben von Bakterien

in den Alveolen erkennbar.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

o Erregernachweis.

Präparat Nr 007 aus Kasten S 004

Topographie / Diagnose

Lunge / Pneumocystis carinii Pneumonie

Einleitung

-

Klinik

-

Repetitorium

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Präparat Nr 008 aus Kasten S 004

Topographie / Diagnose

Lunge / Cytomegalievirus-Infekt der Lunge

Einleitung

-

Klinik

Page 64: Spezielle Patho Modul 87

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Repetitorium

-

Präparat Nr 009 aus Kasten S 004

Topographie / Diagnose

Lunge / Hyaline-Membranen-Krankheit des Neugeborenen

Einleitung

-

Klinik

-

Repetitorium

-

Präparat Nr 011 aus Kasten S 004

Topographie / Diagnose

Lunge / Diffuser Alveolarschaden

Einleitung

Ätiologie:

Der diffuse Alveolarschaden (Syn. diffuse alveolar damage DAD, fibrosierende Alveolitis,

Schocklunge) stellt ein histopathologisches Reaktionsmuster einer akuten progressiven

Lungenschädigung dar, welche durch zahlreiche Noxen ausgelöst werden kann. Der diffuse

Alveolarschaden ist das morphologische Korrelat des klinisch definierten Acute Respiratory Distress

Syndrome (ARDS). Die Schädigung des Lungenparenchyms mündet oft in eine fulminante

hypoxämische respiratorische Insuffizienz. Häufigste Auslöser für ein ARDS sind: Pneumonien (v.a.

virale), Sepsis (v.a. gram negative), Schockzustände (v.a. septisch und traumatisch) und Aspiration von

Mageninhalt. Diese verursachen zusammen rund 85% der Fälle von ARDS. Seltenere Auslöser sind

Ertrinken, Urämie, Inhalation von Toxinen, Lungenkontusion, Polytrauma, Fettembolien, massive

Bluttransfusion, Pankreatitis, Bestrahlung, hohe Sauerstoffkonzentration und Drogen (Heroin,

Methadon, Barbiturate, Salicylate, Chemotherapie). Falls kein Auslöser eruierbar ist, wird das

Krankheitsbild als akute interstitielle Pneumonie bezeichnet. Die Histologie lässt meist keine

Rückschlüsse auf die auslösende Noxe zu.

Makroskopie und Mikroskopie:

Makroskopisch sind die Lungen schwer, luftarm und fest (Hundeohrkonsistenz). Die Bezeichnung

"diffus" bezieht sich nicht auf die makroskopische Verteilung der Veränderungen in der Lunge sondern

auf die Beteiligung aller Komponenten des Alveolus (Epithel, Endothel, interstitieller Raum).

Page 65: Spezielle Patho Modul 87

Entsprechend involviert der DAD die Lunge makroskopisch nicht immer diffus sondern gelegentlich

auch lokalisiert. Je nach Schadensursache betrifft die Schädigung mehr das Endothel (zB Sepsis) oder

das Alveolarepithel (zB Magensaftaspiration).

Der diffuse Alveolarschaden läuft stadienhaft ab. Man unterscheidet ein frühes exsudatives, ein

subakutes fibroproliferatives (organisierendes) und ein spätes fibrotisches Stadium, wobei sich die

Stadien gegenseitig überlagern. Morphologische Veränderungen des akuten und organisierenden

Stadiums können deshalb in derselben Biopsie oft nebeneinander beobachtet werden, insbesondere bei

repetitiver oder anhaltender Schadenseinwirkung. Die Veränderungen verlaufen nicht

notwendigerweise progredient sondern können jederzeit stoppen. Die initiale etwa bis eine Woche

andauernde exsudative Phase mit Schädigung von Endothel und Typ 1 Pneumozyten ist charakterisiert

durch ein interstitielles und intraalveoläres Ödem gefolgt von der Ausbildung hyaliner Membranen .

Die eosinophilen hyalinen Membranen bestehen aus proteinreicher Ödemflüssigkeit, Surfactant, Fibrin

und Bestandteilen abgestorbener Zellen, welche sich entlang der Alveolargänge und -wände ablagern.

Hyaline Membranen sind am prominentesten zwischen Tag 3 bis 7 nach Schadenseinwirkung.

Überlappend mit der exsudativen Phase folgt nach ein bis zwei oder mehr Wochen die Phase der

Organisation (fibropliferative Phase). Sie ist charakterisiert durch (Myo-) Fibroblastenproliferate in

einer myxoiden Matrix innerhalb verdickter Alveolarsepten, Entzündungszellen, Proliferation von

prominenten Typ II Pneumozyten und Auflösung der hyalinen Membranen. Ausgeprägte reaktive

Atypien hyperplastischer Typ II Pneumozyten und eine ausgedehnte Plattenepithelmetaplasie der

Bronchialepithelien können zu einer falsch positiven zytologischen Diagnose oder der Verwechslung

der Metaplasie mit einem Plattenepithelkarzinom führen. Schon 3 bis 4 Wochen nach Einwirkung der

Noxe kann es zu einem architektonischen Remodelling des Lungenparenchyms mit erweiterten

Lufträumen umgeben von Fibrose (Lungenfibrose/Wabenlunge) kommen. Fibrinthromben in kleinen

Arterien als Zeichen der Endothelschädigung sind in jedem Stadium des DAD möglich.

Klinik

Vorkommen:

Das ARDS tritt häufiger bei Erwachsenen auf, kann aber auch Kinder betreffen.

Diagnostik:

Das ARDS stellt die schwerste Form der akuten Lungenschädigung dar. Es ist definiert als akute

Erkrankung charakterisiert durch bilaterale Lungeninfiltrate und schwere Hypoxämie nach Ausschluss

eines kardialen Lungenödems. Klinische Untersuchungsbefunde sind die eines Lungenödems mit

Tachydyspnoe, Zyanose, Tachykardie, Hyperventilation, Rasselgeräuschen und Agitation gefolgt von

Lethargie. Der wichtigste Laborparameter ist die arterielle Blutgasanalyse zur Dokumentation der

Hypoxämie (Verhältnis von Sauerstoffpartialdruck im arteriellen Blut des Patienten zum

Sauerstoffgehalt in der eingeatmeten Luft PaO2/FiO2 bei ARDS weniger als 200, bei akuter

Lungenerkrankung weniger als 300). Im Thoraxröntgenbild kann nach einer gewissen Zeit eine diffuse

Transparenzminderung mit konfluierenden Infiltraten und positivem Bronchoaerogramm (weisse

Lunge) nachgewiesen werden.

Therapie:

Früher Therapiebeginn ist entscheidend für die Prognose. Im Vordergrund steht die Behandlung der

zugrundeliegenden Erkrankung sowie ein dem Stadium angepasstes Beatmungs- und

Flüssigkeitsmanagement. Ziele der mechanischen Beatmung sind eine adäquate Oxygenierung bei

gleichzeitiger Vermeidung der Sauerstofftoxizität. Die häufig vorhandenen Infekte müssen gesucht und

antibiotisch behandelt werden.

Prognose:

Die Mortalität beträgt zwischen 30-40%. Die Patienten versterben meist an der Sepsis oder am

Multiorganversagen. Überlebende haben meist eine gute Prognose mit minimalen persistierenden

pulmonalen Symptomen oder Zeichen einer restriktiven Lungenerkrankung als Folge der Fibrose.

Repetitorium

Page 66: Spezielle Patho Modul 87

Morphologische Merkmale:

o Überlappende Befunde von exsudativer und proliferativer Phase.

o Exsudative Phase: hyaline Membranen tapezieren die Alveolarsepten aus.

o Proliferative Phase: Proliferation von Typ II Pneumozyten (polygonale Zellen mit reaktiven

Atypien) im Alveolarlumen und von (Myo)-Fibroblasten (Spindelzellen) in den Alveolarsepten.

o Organisation der hyalinen Membranen auf den Alveolarsepten durch ein lockeres

Granulationsgewebe. Dadurch starke Verbreiterung der Alveolarsepten.

o Schaumzellansammlungen und Erythrozytenextravasate in den Alveolen.

o Partiell organisierter Thrombembolus in einem Lungenarterienast.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

o Zeitpunkt des Erkrankungsbeginns.

o Herdbefund oder diffuse Lungenveränderungen.

o Radiologischer Befund.

o Vermutete Ätiologie des ARDS Bsp. Aspiration, Urämie, Pankreatitis, Schock…

o Zeitpunkt und Zeitdauer einer Beatmungstherapie.

o Erregernachweis.

Praxis-Tipp:

o Bei offener Biopsie von interstitiellen Lungenerkrankungen nicht nur das Zentrum der

Veränderung (meist unspezifisches Endstadium), sondern auch Randbereich (aktive Läsion)

und Normalgewebe (Referenz) biopsieren.

o Die genaue Klassifikation einer interstitiellen Lungenerkrankung erfordert interdisziplinäres

Vorgehen (Einbezug von Radiologen und Pathologen).

Präparat Nr 014 aus Kasten S 004

Topographie / Diagnose

Lunge / Hämorrhagischer Lungeninfarkt

Einleitung

Pathogenese:

Bei Patienten mit normaler kardiovaskulärer Funktion führen Lungenembolien wegen der

Doppelversorgung des Lungenparenchyms über Pulmonalarterienäste und Bronchialarterienäste nicht

zu einer Gewebsnekrose. Die Bronchialarterie vermag das Gewebe mit genug Sauerstoff zu versorgen.

Einblutungen können unter diesen Umständen entstehen, aber keine Gewebsnekrosen. Nur etwa 10%

der Lungenembolien verursachen Infarkte. Diese treten bei Patienten mit vorbestehenden Herz- oder

Lungenerkrankungen auf. In diesen Fällen kann das Gewebe trotz doppelter Blutversorgung nicht mit

genügend Sauerstoff versorgt werden. Aus diesem Grund sind Lungeninfarkte bei jungen Patienten

selten. Lungeninfarkte können auch entstehen als Folge von gefässobstruierenden Tumorembolien,

Gefässverschlüssen bei Vaskulitis oder Pilzinfektionen.

Lokalisation:

Drei Viertel der Lungeninfarkte sind in den Unterlappen lokalisiert. In der Hälfte der Fälle treten sie

multipel auf.

Morphologie:

Makroskopisch bilden sie ein Dreieck mit der Basis an der Pleuraoberfläche, sind leicht erhaben,

Page 67: Spezielle Patho Modul 87

dunkelrot gefärbt und induriert. Innerhalb von 48 Stunden beginnen die Erythrozyten zu zerfallen und

der Infarkt wird von aussen her narbig organisiert.

Klinik

Symptomatik:

Es bestehen die Symptome einer Lungenembolie.

Diagnostik:

Eine Verschattung im Thoraxröntgenbild wird erst mit einer Latenz von bis zu 4 Tagen sichtbar und

wandelt sich innert 3 bis 5 Wochen in eine streifige Narbe um.

Prognose:

Die Prognose der Lungenembolie mit oder ohne begleitenden Lungeninfarkt ist abhängig vom Ausmaß

der Obstruktion bzw. der Anzahl von Rezidiven und den eingetretenen Komplikationen. Die

Langzeitprognose ist besser, wenn nach der Akutphase keine pulmonale Hypertension aufgetreten ist.

Besonders wichtig für die Langzeitprognose nach Lungenembolien ist die Rezidivprophylaxe

(Rezidivneigung 30-50%).

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

o Scharf begrenzte dreiecksförmige hämorrhagische Nekrose des Lungenparenchyms.

o Alveolen gefüllt mit zerfallenden Erythrozyten, Kerntrümmern und Fibrin.

o Lungengerüst erhalten im Randbereich der Nekrose, nicht mehr erkennbar im Zentrum.

o Abgeblasste Zellkerne in der Nekrosezone.

o Pulmonalarterienast mit frischem, nicht wandhaftendem Thrombembolus am Rand des

Infarktes.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

o Bekannte Thrombose oder Thromboseneigung.

o Symptome einer Lungenembolie.

o Vorbestehende Herz- oder Lungenerkrankung.

Präparat Nr 015 aus Kasten S 004

Topographie / Diagnose

Lunge / Hepatozelluläres Karzinom: Lungenmetastasen

Einleitung

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Klinik

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Repetitorium

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Page 68: Spezielle Patho Modul 87

Präparat Nr 017 aus Kasten S 004

Topographie / Diagnose

Lunge / Grosszelliges Bronchuskarzinom

Einleitung

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Klinik

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Repetitorium

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Präparat Nr 018 aus Kasten S 004

Topographie / Diagnose

Lunge / Plattenepithelkarzinom der Lunge, Resektionsrand

Einleitung

Ätiologie:

Nur wenige Risikofaktoren haben eine so enge Beziehung zur verursachten Krankheit wie das Rauchen

zum Bronchuskarzinom. Das Risiko eines Rauchers ist mindestens zehnmal höher als bei einem

Nichtraucher. Mehr noch als die Menge der gerauchten Zigaretten spielt die Dauer des Rauchens für

das Risiko eine Rolle. Das Risiko fällt besonders hoch aus, wenn jemand schon vor dem 15.

Lebensjahr mit dem Rauchen begonnen hat. Durch das Einstellen des Tabakkonsums könnten in der

Schweiz schätzungsweise 25% aller Krebstodesfälle vermieden werden.

Klinik

Vorkommen:

Von allen malignen Tumoren verursacht das Bronchuskarzinom bei beiden Geschlechtern am meisten

Todesfälle (rund ein Drittel aller Krebstodesfälle). Jährlich werden in der Schweiz gegen 3000

Bronchuskarzinome diagnostiziert. In 8 von 10 Fällen sind Männer betroffen, wobei die Inzidenz bei

Männern eher ab- und bei Frauen eher zunimmt (veränderte Rauchgewohnheiten). Seit 1912 hat sich

die alterskorrigierte Lungenkrebs-Todesrate alle 15 Jahre verdoppelt. Von Bronchuskarzinomen sind

vor allem ältere Patienten betroffen. Die Gruppe der 60- bis 65jährigen hat mit 25% den höchsten

Anteil. Aufgrund der Zunahme des Nikotinabusus in zunehmend jüngerem Alter und bei Frauen ist

jedoch in den nächsten Jahren mit einer erheblichen Zunahme der Erkankungsfälle bei jüngeren

Patienten und Frauen zu rechnen.

Symptomatik:

Nur gerade 5-15% der Patienten werden asymptomatisch erfasst. Meist handelt es sich dabei um einen

Zufallsbefund auf dem Thoraxröntgenbild. Die Symptome treten spät auf und sind unspezifisch.

Symptomatik hängt wesentlich von der Tumorlokalisation ab. Zentrales endobronchiales Wachstum

Page 69: Spezielle Patho Modul 87

führt zu Husten, Hämoptysen, Obstruktion der Atemwege, Dyspnoe und retrostenotischen

Pneumonien. Periphere Tumoren verursachen Schmerzen ausgehend von der Pleura oder der

tumorinfiltrierten Brustwand. Tumornekrosen vor allem bei Plattenepithelkarzinomen können eitrig

einschmelzen und als Lungenabszess imponieren . Lokales Tumorwachstum kann eine Obstruktion

der Trachea, des Ösophagus oder der Vena cava superior mit oberer Einflussstauung verursachen. Aus

einer Recurrensbeteiligung resultiert Heiserkeit, ein apikaler Tumor kann durch Infiltration des achten

zervikalen und des ersten und zweiten thorakalen sympathischen Grenzstrangs zum Horner Syndrom

führen. Die Perikardinfiltration kann eine Herzbeuteltamponade, Arrhythmien oder Herzversagen zur

Folge haben. Die Obstruktion des Lymphabflusses resultiert in einem Pleuraerguss.

Therapie:

Bei einem lokalisierten nicht kleinzelligen Bronchuskarzinom der Stadien I und II ist die Operation die

Therapie der Wahl und potentiell kurativ. Das chirurgische Vorgehen, Lobektomie, Pneumonektomie,

segmentale oder Manschettenresektion, hängt von der Tumorausdehung und vom Allgemeinzustand

des Patienten ab. Im optimalen Fall wird der Tumor bei weitgehender Schonung der tumorfreien Lunge

vollständig entfernt. Die Operationsindikation muss individuell geprüft werden. Hauptziel ist die

Vermeidung explorativer Thorakotomien wegen erst intraoperativ festgestellter Inoperabilität oder

inkomplette Resektionen (wie im vorliegenden Fall). Alle hilären und mediastinalen Lymphknoten

müssen entfernt werden, um eine R0 Resektion garantieren zu können. Bei der kurativen Behandlung

des nicht kleinzelligen Karzinoms wird die Strahlentherapie sowohl im adjuvanten Ansatz postoperativ

als auch als alleinige primäre Therapieform eingesetzt. Mit einer neoadjuvanten Radiochemotherapie

kann für selektionierte Patienten im fortgeschrittenen Stadium eine potentiell kurative Operabilität

erreicht werden. Die Auswahl der Chemotherapie bei nicht kleinzelligen Bronchuskarzinomen basiert

auf der histologischen Unterscheidung des Karzinoms in squamös versus nicht squamös.

Prognose:

Trotz geringerem Ansprechen der nicht kleinzelligen Karzinome auf Chemotherapie sind bei der

Behandlung dieser Tumoren wesentlich grössere Fortschritte erzielt worden als bei den kleinzelligen

Karzinomen.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

o Zwei Bronchuslichtungen. Eine davon verschlossen durch einen Tumorzapfen.

o Infiltration und Destruktion der Bronchialwand.

o Solide Zellstränge eingebettet in lockeres desmoplastisches Stroma.

o Im Zentrum der Zellstränge grosse Mengen von teils nekrotisch zerfallenden Hornlamellen und

Fremdkörperriesenzellen.

o Zytoplasmareiche Tumorzellen mit stachelartigen Interzellularbrücken.

o Vergrösserte hyperchromatische Kerne.

o Mitosen.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

o Radiologischer Befund.

o Tumorverdacht.

o Typ der Resektion.

Praxis-Tipp:

o Chirurgischen Resektionsrand markieren.

Präparat Nr 019 aus Kasten S 004

Page 70: Spezielle Patho Modul 87

Topographie / Diagnose

Lunge / Kleinzelliges Bronchuskarzinom

Einleitung

Morphologie:

Kleinzellige Karzinome entwickeln sich bevorzugt zentral.

Die monomorphen rundlichen, fusiformen oder polygonalen Tumorzellen haben sehr wenig

Zytoplasma, die Kerne sind hyperchromatisch und Nukleolen sind kaum zu erkennen. Die

Tumorzellen bilden lockere Verbände, bandförmige Anordnungen oder Pseudorosetten um Gefässe.

Oftmals zeigen die Tumoren in der Biopsie charakteristische Quetschartefakte. Ein histologisches

Grading wird im Gegensatz zu den nicht kleinzelligen Karzinomen nicht vorgenommen. An kleinen

Biopsien kann die morphologische Unterscheidung eines kleinzelligen Karzinoms von einem

Lymphom bzw. von normalem lymphatischem Gewebe schwierig sein . Diese Unterscheidung

gelingt aber meist problemlos mit Hilfe einer immunhistochemischen Zusatzuntersuchung .

Klinik

Vorkommen:

Kleinzellige Karzinome kommen allein oder zu etwa 20% auch in Kombination mit nicht kleinzelligen

Karzinomen vor.

Symptomatik:

Das Staging beschränkt sich auf eine Einteilung in limited (30%) und extensive disease. Im Stadium

der limited disease sind die Karzinome auf einen Hemithorax und regionäre Lymphknoten beschränkt.

Aus klinischer Sicht sind drei Eigenschaften des kleinzelligen Karzinoms wichtig:

o Der Tumor wächst rasch

o Der Kleinzeller metastasiert früh hämatogen

o Paraneoplastische Syndrome (u.a. Schwartz-Bartter Syndrom, Cushing Syndrom) sind häufig

Die meisten Patienten entwickeln rasch Symptome. Bei der initialen Abklärung weisen die Hälfte bis

zwei Drittel der Patienten Metastasen ausserhalb des initial befallenen Hemithorax auf.

Prognose:

Unbehandelt führt die Erkrankung innert Wochen zum Tode. Die Gesamtremissionsrate beträgt mit

den heute üblichen Kombinationschemotherapien 80%, davon sind 30% Vollremissionen. Die mittlere

Überlebenszeit der therapierten Patienten beträgt ein Jahr. Nur gerade 5-10% aller Patienten überleben

länger als zwei Jahre. Die kombinierte Radiochemotherapie bringt die besten Resultate allerdings zum

Preis einer höhren Toxizität, so dass diese Therapie nur bei jüngeren Patienten in gutem

Allgemeinzustand angewandt werden kann. 40% dieser kombiniert behandelten Patienten überleben

länger als 2 Jahre.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

o Das Lungenparenchym wird durch das kleinzellige Karzinom vollständig destruiert. Es sind

lediglich zwei hyaline bronchiale Knorpelfragmente erhalten.

o Blauer, sehr zelldichter solider Tumor.

o Tumorzellen mit sehr schmalem Zytoplasmasaum ("nacktkernig").

o Eckige, ovale oder rundliche Kerne mit uniform feinkörnigem Pfeffer und Salz Chromatin.

o Tumorzellkerne etwa dreimal so gross wie Lymphozytenkerne.

o Nukleolen sind nicht erkennbar oder sehr klein.

o Herdförmig Quetschartefakte (langgezogene Kernschlieren).

Page 71: Spezielle Patho Modul 87

o Sehr zahlreiche Mitosen und Apoptosen.

o Fokale Tumornekrosen.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

o Radiologischer Befund.

o Tumorverdacht.

o Nikotinabusus.

Präparat Nr 020 aus Kasten S 004

Topographie / Diagnose

Lunge / Typisches Karzinoid

Einleitung

-

Klinik

-

Repetitorium

-

Präparat Nr 021 aus Kasten S 004

Topographie / Diagnose

Pleura / Malignes biphasisches Pleuramesotheliom

Einleitung

-

Klinik

-

Repetitorium

-

Präparat Nr 022 aus Kasten S 004

Topographie / Diagnose

Page 72: Spezielle Patho Modul 87

Pleura visceralis / Pleurakarzinose

Einleitung

-

Klinik

-

Repetitorium

-

Präparat Nr 003 aus Kasten S 005

Topographie / Diagnose

Lymphknoten, inguinal / Sarkoidose des Lymphknotens

Einleitung

Morphologie:

Sarkoidosegranulome bestehen aus Epitheloidzellen mit einem peripheren Lymphozytensaum.

Mehrkernige Riesenzellen, meistens solche vom Langhans-Typ mit hufeisenförmig angeordneten

Kernen und Asteroidkörperchen können zusätzlich vorhanden sein. Diese Granulome enthalten

meist keine Nekroseherde (=produktives Granulom). Man findet diesen Granulomtyp hauptsächlich in

Lymphknoten, aber auch in inneren Organen und in der Haut mit einer in späteren Stadien

charakteristischen perigranulomatösen und die Granulome septierend unterteilenden Fibrose .

Differentialdiagnose epitheloidzelliger Reaktionsformen:

o Kleinherdige Epitheloidzellansammlungen ("sarcoid-like lesions") bei Toxoplasmose oder im

Lymphabflussgebiet von zerfallenden Tumoren. Epitheloidzellgruppen findet man aber auch

bei Seminomen und einigen malignen Lymphomen wie dem M. Hodgkin

(epitheloidzellreiche Form des M. Hodgkin vom Mischtyp) oder bei manchen Non-Hodgkin-

Lymphomen.

o Epitheloidzell-Granulome ohne verkäsende Nekrose (Sarkoidose-Typ) . Bei chronisch-

entzündlichen Darmerkrankungen, hauptsächlich beim M. Crohn und bei der primären

biliären Leberzirrhose können Granulome vom Sarkoidosetyp vorkommen, ebenso nach

Inhalation von Beryllium-, Aluminium- oder organischen Stäuben.

o Epitheloidzell-Granulome mit verkäsender Nekrose (Tuberkulose-Typ) .

o Epitheloidzell-Granulome mit zentralem Abszeß (Pseudotuberkulose-Typ) .

Differentialdiagnose histiozytär granulomatöser Reaktionsformen:

o Granulome vom rheumatischen Typ .

o Granulome vom Fremdkörpertyp .

Klinik

Page 73: Spezielle Patho Modul 87

Symptomatik, Diagnostik und Therapie richten sich nach der Grunderkrankung.

Anmerkung:

Produktive Granulome können bei guter Abwehrlage auch bei einer Tuberkulose auftreten. Es ist

daher wichtig, vor Beginn einer immunsuppressiven Therapie auf jeden Fall eine Tuberkulose

auszuschließen (Ziehl-Neehlsen Färbung, klinische Befunde, Kultur).

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

o Wenig erhaltenes Lymphknotengewebe (blau).

o Konfluierende Granulome aus grossleibigen Epitheloidzellen.

o Wenige mehrkernige Riesenzellen.

o Kleinere Nekroseareale im Zentrum grösserer Granulome. (Die Nekrosen sind untypisch für die

Sarkoidose, können aber bei grossen Granulomen gelegentlich vorkommen).

o Perigranulomatöse Fibrose.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

o Weitere Organmanifestationen, insbesondere Lungenbefund.

o Vorliegen einer anderen Grunderkrankung, die mit Granulombildung einhergehen kann.

o Resultat der Bronchoalveolären Lavage (HS Quotient).

Präparat Nr 004 aus Kasten S 005

Topographie / Diagnose

Lymphknoten, Axilla / Retikulozytär-abszedierende Lymphadenitis

Einleitung

Aetiologie:

Bis vor kurzem war die ätiologische Ursache der Katzenkratzkrankheit umstritten. Inzwischen konnte

der Erreger der Katzenkratzkrankheit identifiziert werden. Es handelt sich um ein kleines

gramnegatives Stäbchen von der Gattung Bartonella (früher Rochalimaea).

Morphologie:

In der mittleren Dermis bilden sich Nekroseareale, welche von palisadierenden Histiozyten,

mehrkernigen Riesenzellen und eosinophilen Granulozyten demarkiert werden. Die regionären

Lymphknoten zeigen ebenfalls eine retikulozytär abszedierende Entzündung. Diese ist jedoch nicht

spezifisch. Sie kommt auch vor bei Yersiniose, atypischer Mykobakteriose, Sporotrichose, Tularämie,

Tumoren, Lymphogranuloma venereum und Coccidiomykose.

Klinik

Vorkommen:

Die Katzenkratzkrankheit ist nicht selten (0.77 bis 0.86 Fälle pro 100 000 Einwohner pro Jahr). Meist

sind Patienten unter 20 Jahren betroffen. Der Infektion geht gewöhnlich ein Katzenkratzer oder –biss

voraus. Auch wenn die Katzenkratzkrankheit in Europa relativ selten vorkommt, sollten bei unklarer

persistierender regionaler Lymphadenopathie anamnestisch nach Kratz- oder Bissverletzungen durch

Katzen gefragt und allfällige diagnostische Schritte eingeleitet werden.

Page 74: Spezielle Patho Modul 87

Verlauf:

In 9 von 10 Fällen zeigt die Erkrankung einen typischen Verlauf mit Ausbildung einer kleinen Papel,

einem Bläschen oder einer Pustel an der Inokulationsstelle, welche zur Einschmelzung neigt. Wenn die

Konjunktiva die Eintrittspforte darstellt, entwickelt sich auf der palpebralen Konjunktiva ein

weissgelbes 3 bis 5mm messendes Knötchen bezeichnet als okuloglanduläres Syndrom. Die

Primärläsion am Ort der Verletzung tritt nach 1 bis 8 Wochen auf. Darauf folgt eine regionale

Lymphadenopathie, die zuweilen das einzige Symptom bleibt. Die Mehrheit der Läsionen heilt

innerhalb von 2 bis 4 Monaten spontan ab. Nur in einem Drittel der Fälle entwickeln die Patienten

Fieber und Allgemeinsymptome, noch seltener auch rheumatische Beschwerden. Bei atypisch

verlaufenden Fällen sind die Symptome vielfältig. Sie umfassen eine Konjunktivitis mit präaurikulärer

Adenopathie, Tonsillitis, Enzephalitis, Myelitis, Radiculitis, Hepatitis, Splenitis, Pneumonie und

Erythema nodosum. Bei immundefizienten Patienten nimmt die Infektion einen ungleich schwereren

Verlauf mit möglicher Ausbildung einer kutanen und parenchymalen bazillären Angiomatose

(Blutgefässproliferation mit Gefahr von starken Blutungen) oder Bakteriämie mit nachfolgender

Endokarditis.

Diagnostik:

Die Diagnose kann bei einer Anamnese von Katzenbissen oder -kratzern durch den Nachweis des

Organismus im Gewebe (Haut, Konjunktiva oder Lymphknoten) mit der Warthin-Starry-Silberfärbung

oder bei positivem Hauttest gestellt werden. Es ist möglich, den Verdacht auf Katzenkratzkrankheit mit

Hilfe von serologischen Methoden zu bestätigen. Untersuchungen zeigen, daß sich in annähernd 90%

der Fälle mit Verdacht auf Katzenkratzkrankheit während der akuten Phase mit dem

Immunfluoreszenz Test IgG-Titer von >1:64 und/oder IgM-Titer von >=1:20 im Serum nachweisen

lassen. Auffällige Titer bei gesunden Personen sind selten. Mit PCR gelingt der Nachweis von

Bartonella henselae DNA aus aspiriertem Eiter von Lymphknoten in 96%. Die Erreger-Kultivierung ist

schwierig.

Therapie:

Die Therapieempfehlungen der Katzenkrankheit sind uneinheitlich. Bei ansonsten gesunden Patienten

wird wegen der Gefahr der Abszedierung eine antibiotische Therapie mit Makroliden oder alternativ

mit Tetrazyklinen bzw. Quinolonen über 3 Tage empfohlen. Bei Immundefizienten ist eine

Behandlungsdauer von 4 Wochen notwendig.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

o Girlandenförmige basophile Nekrosezonen durchsetzt von neutrophilen Granulozyten

(abszedierende Entzündung).

o Demarkierung der Abszesse durch palisadenförmig angeordnete epitheloide Histiozyten (heller

Randwall um die Abszesse).

o Vereinzelt mehrkernige Riesenzellen im histiozytären Randwall.

o Vernarbte verdickte Lymphknotenkapsel.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

o Erregernachweis.

Präparat Nr 005 aus Kasten S 005

Topographie / Diagnose

Lymphknoten, Kopf-cervikal / Klassisches Hodgkin Lymphom, Mischzelltyp

Page 75: Spezielle Patho Modul 87

Einleitung

Morphologie:

Das histologische Bild ist charakterisiert durch ein diffuses oft paracortical betontes Wachstum. Beim

Mischzelltyp des Hodgkin Lymphoms finden sich Hodgkinzellen und Reed-Sternbergzellen innerhalb

eines diffusen oder angedeutet nodulären gemischten Infiltrates aus Plasmazellen, epitheloiden

Histiozyten, eosinophilen Granulozyten und T-Zellen, welche um die Tumorzellen Rosetten bilden.

Die vorhandenen Tumorzellen entsprechen Hodgkin und Reed-Sternbergzellen. Lakunarzellen sind

nicht nachweisbar. Eine Fibrose fehlt.

update 30. August 2012

Klinik

Vorkommen:

Der Mischzelltyp umfasst ca. 15-25% der Hodgkin Lymphome und ist häufiger bei HIV-Patienten und

in den Entwicklungsländern; dieser Subtyp ist auch häufiger EBV-assoziiert. Das mittlere

Erkrankungsalter liegt bei 37 Jahren. Rund 70% der Patienten sind männlich.

Symptomatik:

Häufig sind periphere Lymphknoten befallen. Mediastinaler Befall ist selten. 30% zeigen eine

Milzbeteiligung, 10% Knochenmarkbeteiligung und 3% Leberbeteiligung. Eine B-Symptomatik wie

Fieber, Nachtschweiss oder Gewichtsverlust ist häufig. Anämie und Pruritus können eher im

fortgeschrittenen Stadium vorkommen.

Prognose:

Die vier histologischen Subtypen des klassischen Hodgkin Lymphoms unterscheiden sich bei

Anwendung moderner Therapieverfahren prognostisch nicht mehr voneinander.

update 30. August 2012

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

o Zerstörte Lymphknotenarchitektur.

o Zahlreiche einkernige Hodgkinzellen und mehrkernige Reed-Sternbergzellen mit vergrösserten

eosinophilen Nukleolen.

o Gemischtes reaktives Infiltrat aus nicht neoplastischen Lymphozyten, Plasmazellen,

epitheloiden Histiozyten und eosinophilen Granulozyten.

o Keine Lakunarzellen, keine Fibrose.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

o Ausdehnung der Erkrankung.

o Verdacht auf infektiöse Erkrankung.

Praxis-Tipp:

o Gewebe sofort frisch einsenden in mit NaCl getränkter steriler Gaze.

o Lymphknoten nicht quetschen und Kauterartefakte vermeiden.

Präparat Nr 006 aus Kasten S 005

Page 76: Spezielle Patho Modul 87

Topographie / Diagnose

Lymphknoten, mediastinal / Klassisches Hodgkin-Lymphom, noduläre Sklerose

Einleitung

Histogenese:

Es konnte gezeigt werden, daß die Tumorzellen (Hodgkin Zellen, Reed Sternberg Zellen) des Hodgkin

Lymphoms klonal sind und in der Regel von B-Zellen des Keimzentrums abstammen. In sehr seltenen

Fällen leiten sich die Tumorzellen auch von T-Zellen her.

Klassifikation

Die vorliegende WHO-Klassifikation des Hodgkin-Lymphoms zeigt eine grundsätzliche Zweiteilung

in die seltene Variante des Lymphozyten-prädominanten Hodgkin Lymphoms (5%) und das klassische

Hodgkin Lymphom (95%), das weiter in vier Subtypen eingeteilt wird: Lymphozytenreicher Typ,

nodulär sklerosierender Typ, Mischtyp, lymphozytenarmer Typ. Lymphozyten prädominantes Hodgkin

Lymphom und klassisches Hodgkin Lymphom unterscheiden sich klinisch, morphologisch und

immunphänotypisch voneinander. Immunphänotyp der Tumorzellen des Lymphozyten prädominanten

Typs (CD20+, J-Kette+, CD30-, CD15-, EBV-), des klassischen Typs (CD30+, CD15+, EBV-/+,

CD20-/+, J-Kette-).

Lokalisation:

Das Hodgkin-Lymphom befällt primär lokal eine Lymphknotengruppe meist des Halses und breitet

sich entlang des lymphatischen Gewebes aus. Bei nodulärer Sklerose (75-80% aller Hodgkin

Lymphome) findet sich in den meisten Fällen eine mediastinale Tumormasse.

Morphologie:

Histologisch charakteristisch für diesen Subtyp sind Sklerose, noduläres Wachstumsmuster und

Lakunarzellen. Bei der nodulären Sklerose werden Grad I und Grad II (15-25%) Lymphome

unterschieden. Die prognostische Wertigkeit dieses Gradings ist aber noch nicht zweifelsfrei

nachgewiesen.

Klinik

Vorkommen:

Das klassische Hodgkin Lymphom zeigt eine bimodale Altersverteilung mit einer hohen Inzidenz bei

10-35 Jährigen und im späten Erwachsenenalter.

Symptomatik:

Die befallenen Lymphknoten sind schmerzlos vergrössert. Eine B-Symptomatik ist oftmals vorhanden.

Anämie und/oder Pruritus liegen bei rund einem Viertel der Patienten vor. Etwa 50% der Patienten

sind im Stadium I oder II.

Therapie:

Die stadienadaptierte Therapie umfasst meist eine kombinierte Radio/Chemotherapie.

Prognose:

Ohne Behandlung verläuft der klassische Morbus Hodgkin mässig aggressiv. Mit Behandlung beträgt

das Langzeitüberleben ca 80%.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

o Zerstörung der Lymphknotenarchitektur.

o Von breiten Bindegewebssträngen abgegrenzte Knoten.

Page 77: Spezielle Patho Modul 87

o Die Knoten bestehen vorwiegend aus einem Mischzellinfiltrat reaktiver Zellen: Lymphozyten,

Histiozyten, eosinophile Granulozyten und Plasmazellen.

o Reed-Sternbergzelle mit spiegelbildlich angeordneten Kernen mit sehr grossen eosinophilen

Nukleolen.

o Einkernige Hodgkinzelle mit prominentem Nukleolus umgeben von einem Retraktionsartefakt

(Lakunarzelle).

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

o Ausdehnung der Erkrankung.

o Verdacht auf infektiöse Erkrankung (Bsp. Mononukleose, Parasiten).

Praxis-Tipp:

o Gewebe sofort frisch einsenden in mit NaCl getränkter steriler Gaze (Entnahme von Material

für molekularbiologische Untersuchungen, zytologischer Abstrich).

o Lymphknoten nicht quetschen und Kauterartefakte vermeiden.

Präparat Nr 007 aus Kasten S 005

Topographie / Diagnose

Lymphknoten, abdominal / Follikuläres B-Zell Lymphom

Einleitung

Histogenese:

Das follikuläre Lymphom gehört zu den reifzelligen B-Zell-Lymphomen.

Genetik:

Bei 80% der follikulären Lymphome kann die Translokation t(14;18) nachgewiesen werden. Diese

Translokation bringt das Protoonkogen BCL-2 unter Transkriptionskontrolle des Immunglobulin

Schwerkettengens. Bcl-2 kann in den neoplastischen Keimzentren immunhistochemisch nachgewiesen

werden (in reaktiven Keimzentren negativ). Das Produkt der t(14;18) Translokation kann durch

Polymerase Kettenreaktion oder Fluoreszenz in situ Hybridisierung nachgewiesen werden und wird für

Diagnosestellung und Nachkontrollen eingesetzt.

Morphologie:

Das Lymphom zeichnet sich aus durch ein follikuläres Wachstum mit +/- diffusen und sklerosierten

Arealen. Die neoplastischen Follikel erscheinen unscharf begrenzt, zeigen keine Polarisierung und eine

Mantelzone fehlt oft. Die neoplastische Zellpopulation besteht meist aus einem Gemisch von

Zentrozyten und Zentroblasten. In den neoplastischen Follikeln fehlen Sternhimmelmakrophagen.

Verlauf:

Der Verlauf ist meisten über Jahre (Jahrzehnte) indolent, undulierend, mit rezidivierenden

Lymphknotenschwellungen. In 25-30% der Fälle kommt es früher oder später zur Transformation in

ein grosszelliges B-Zell Lymphom mit rasch progredientem klinischen Verlauf.

update 30. August 2012

Klinik

Page 78: Spezielle Patho Modul 87

Vorkommen:

Das follikuläre Lymphom macht ca. 20% aller B-Zell Lymphome in Europa aus. Es tritt im späteren

Erwachsenenalter auf (Durchschnitt 59 Jahre), selten vor dem 20. Lebensjahr. Frauen sind leicht

häufiger betroffen als Männer. Überdurchschnittlich häufig sind retroperitoneale Lymphknoten

betroffen.

Symptomatik:

Das follikuläre Lymphom befällt vor allem Lymphknoten, aber auch Milz, Knochenmark (40%) und

Haut. Bei Diagnosestellung liegt in zwei Dritteln der Fälle ein ausgedehntes Leiden vor. Abgesehen

von einer persistierenden schmerzlosen Lymphadenopathie sind die Patienten trotz ausgedehnter

Erkrankung meist asymptomatisch. Nur wenige Patienten haben Allgemeinsymptome (im Gegensatz

zum Hodgkin Lymphom).

Diagnostik:

Für die Diagnosestellung ist eine Exzisionsbiopsie eines befallenen Lymphknotens (grösster Knoten)

essentiell, bei extranodaler Erkrankung eine Biopsie aus dem befallenen Organ. Eine

Feinnadelpunktion ist für die initiale Lymphomdiagnose nicht ausreichend.

Therapie:

Da viele Patienten bei Diagnosestellung asymptomatisch und mit konventioneller Chemotherapie nicht

heilbar sind, wird bei vielen Patienten eine watch-and-wait Taktik mit engmaschigen

Kontrolluntersuchungen empfohlen. Ein Grossteil der Patienten braucht im Verlauf eine Therapie

wegen systemischen Symptomen, zunehmender Lymphadenopathie, Splenomegalie oder

Knochenmarkinsuffizienz bei Knochenmarkbefall. Alkylierende Chemotherapeutika wie

Chlorambucil, Cyclophosphamid oder Bendamustin mit oder ohne Steroide kommen in solchen Fällen

oft zur Anwendung. Rituximab, ein Antikörper gegen das CD20 Antigen, welches in den meisten

Tumorzellen vorhanden ist, wird standardmässig in der Behandlung follikulärer Lymphome eingesetzt.

update 30. August 2012

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

o Zerstörung der Lymphknotenarchitektur.

o Dichtstehende monotone neoplastische Follikel in Rinde und Mark (follikuläres

Wachstumsmuster).

o Nicht polare unscharf begrenzte Follikel ohne dunkle Mantelzone.

o Monotone Follikelzentren bestehend aus kleinen Zentrozyten, follikulären dendritischen Zellen

und Zentroblasten mit mehreren randständigen Nukleolen.

o Fehlen von Kerntrümmermakrophagen in den Keimzentren.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

o Ausdehnung der Erkrankung.

o Hinweise auf reaktives Geschehen (Bsp. viraler Infekt).

Praxis-Tipp:

o Gewebe sofort frisch einsenden in mit NaCl getränkter steriler Gaze.

o Lymphknoten nicht quetschen und Kauterartefakte vermeiden.

Präparat Nr 009 aus Kasten S 005

Page 79: Spezielle Patho Modul 87

Topographie / Diagnose

Lymphknoten, abdominal / Diffuses grosszelliges B-Zell Lymphom

Einleitung

Histogenese:

Das diffus grosszellige B-Zell Lymphom stellt eine diffuse Proliferation grosser neoplastischer

lymphoider B Zellen dar, deren Kerne gleich gross oder grösser sind als der Kern eines normalen

Makrophagen und mehr als zweimal so gross wie der Kern eines normalen Lymphozyten. Dieses

Lymphom entsteht gewöhnlich de novo kann aber auch aus der Transformation eines weniger

aggressiven Lymphoms hervorgehen (z.B. CLL/SLL, follikuläres Lymphom, Marginalzonenlymphom

oder Lymphozyten prädominantes Hodgkin Lymphom).

Morphologie:

Befallene Lymphknoten zeigen einen Ersatz der normalen Strukturen durch homogenes

fischfleischartiges grauweisses Tumorgewebe. Einblutungen, Nekrosen oder Fibrose sind möglich.

Histologisch ersetzen die neoplastischen Infiltrate die normalen Strukturen des Lymphknotens bzw.

des extranodalen Gewebes diffus . Der Lymphknotenbefall kann komplett, partiell, interfollikulär

oder seltener sinusoidal sein. Oft wird das perinodale Gewebe infiltriert. Morphologisch lassen sich

mehrere Varianten unterscheiden, welche keine gesicherte prognostische Bedeutung haben.

Klinik

Vorkommen:

In westlichen Ländern macht dieser Lymphomtyp 30-40% aller Non-Hodgkin Lymphome beim

Erwachsenen aus. Die Inzidenz hat in den letzten Jahrzehnten zugenommen. Das mittlere

Erkrankungsalter liegt bei 65 Jahren bei einer grossen Schwankungsbreite. Auch Kinder können

betroffen sein.

Risikofaktoren:

Immundefizienz stellt einen Risikofaktor dar. Lymphome bei immunsupprimierten Patienten sind

häufiger Epstein-Barr Virus positiv.

Symptomatik:

40% der Patienten zeigen einen primär extranodalen Befall am häufigsten im Gastrointestinaltrakt .

Ein primärer Knochenmarkbefall oder eine Ausschwemmung ins periphere Blut ist initial selten.

Typisch ist eine symptomatische rasch wachsende Tumormasse in einer solitären nodalen oder

extranodalen Lokalisation. Bei den Staginguntersuchungen wird dann aber oft ein disseminierter Befall

nachgewiesen.

Prognose:

Diffus grosszellige B-Zell Lymphome sind aggressiv aber mit einer multimodalen Chemotherapie

potentiell heilbar.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

o Teils von einer Kapsel bedecktes Lymphknotenfragment.

o Zerstörung der Lymphknotenarchitektur durch diffuses Lymphominfiltrat.

o Grosse polymorphe Tumorzellen mit unregelmässig geformten vesikulären Kernen und einem

zentralständigen Nukleolus (Immunoblasten) oder multiplen randständigen Nukleolen

(Zentroblasten).

o Wenig nicht neoplastische Zellen: Zytoplasmareiche Histiozyten, Lymphozyten, neutrophile

Granulozyten.

Page 80: Spezielle Patho Modul 87

o Zahlreiche Mitosen und Apoptosen.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

o Ausdehnung der Erkrankung.

o Hämatologische Vorerkrankung.

Praxis-Tipp:

o Gewebe sofort frisch einsenden in mit NaCl getränkter steriler Gaze.

o Lymphknoten nicht quetschen und Kauterartefakte vermeiden.

Präparat Nr 011 aus Kasten S 005

Topographie / Diagnose

Knochenmark, Beckenkamm / Akute myeloische Leukämie (AML )

Einleitung

Einteilung:

Die WHO-Klassifikation (2008) berücksichtigt neben morphologischen auch immunologische,

zytochemische, zytogenetische und molekulargenetische Befunde Befunde für die Einteilung der AML

und unterscheidet folgende diagnostische Kategorien:

o AML mit wiederkehrenden zytogenetischen Abnormalitäten

o AML mit myelodyplasieverwandten Veränderungen

o AML, therapiebedingt (z.B. Alkylantien, Topoisomerase II Inhibitoren)

o AML nicht anderweitig klassifizierbar

o Myeloisches Sarkom

o Myeloische Proliferationen bei Down-Syndrom

o Blastäre Neoplasie plasmoztyoid-dendritischer Zellen

Morphologie:

Die Grösse von Myeloblasten variiert von wenig grösser als reife Lymphozyten bis grösser als

Monozyten. Sie haben reichlich basophiles oft granuliertes Zytoplasma. Die Kerne sind rund bis oval,

enthalten gewöhnlich mehrere Nukleolen. Das Chromatin ist fein. Auer-Stäbchen (=kristalline

kondensierte azurophile Granula) sind in einem Teil der AML Subtypen im Zytoplasma der Blasten

nachweisbar (nur zytologisch, nicht in der Knochenmarkhistologie). Sie sind spezifisch für Zellen der

myeloischen Reihe.

Anmerkung:

Seltenerweise ist eine aute Leukämie aufgrund morphologischer, zytochemischer und

immunphänotypischer Untersuchungen (Flow Zytometrie) nicht eindeutig als myeloisch oder

lymphatisch klassifizierbar (akute undifferenzierte Leukämie) oder es liegt gleichzeitig eine

myeloische und lymphatische Differenzierung vor (akute Leukämie mit gemischtem Phänotyp,

MPAL).

update 30. August 2012

Klinik

Page 81: Spezielle Patho Modul 87

Vorkommen:

Die weltweite Inzidenz der akuten Leukämie liegt bei 4/100'000 pro Jahr. 70% dieser Fälle betreffen

akute myeloische Leukämien. Die AML tritt in allen Altersgruppen auf. Ein Grossteil betrifft aber

Erwachsene (mittleres Erkrankungsalter 70 Jahre). Da immer mehr Patienten mit Tumorleiden nach

intensiver Chemotherapie oder Knochenmarktransplantation überleben, nehmen therapieassoziierte

AML Fälle zu.

Symptomatik:

Die Patienten zeigen Zeichen der Knochenmarkinsuffizienz: Anämie, Leukopenie oder leukozytäre

Dysfunktion, Thrombozytopenie und ihre klinischen Folgen (Blutungen). Gelegentlich findet sich eine

Leukozytose (Blasten im peripheren Blut). Symptome können auch durch Infiltration von Organen

durch leukämische Zellen auftreten. Milz, Leber, Gingiva und Haut sind am häufigsten betroffen. Bei

sehr hoher Leukozytenzahl im Blut können die Leukozyten intravasal aggregieren und verklumpen

(Leukostase). Dies kann zu Dyspnoe oder Bewusstseinsstörungen führen. Tumorinfiltrate im

Knochenmark können Knochenschmerzen verursachen.

Diagnostik:

Gemäss der WHO Klassifikation wird eine akute myeloische Leukämie diagnostiziert, wenn der

Myeloblastengehalt im Blut oder im Knochenmark mehr als 20% beträgt. Für die Klassifikation

werden Blutwerte, Knochenmarkaspirationszytologie, Knochenmarkbiopsie (hier abgebildet) mit

Immunhistochemie, zytogenetische und molekulargenetische Befunde berücksichtigt. Letztere haben

entscheidende prognostische und diagnostische Bedeutung. Die Knochenmarkbiopsie ist notwendig

zur Bestimmung der Knochenmarkzellularität vor und nach Therapie, für die Diagnose hypozellulärer

akuter Leukämien und für Leukämien mit Myelofibrose. Die Klassifizierung kann nur an Biopsien

erfolgen, die vor Therapie entnommen wurden.

Therapie:

Aktuelle Chemotherapieschemata führen nur bei einem Teil der Patienten zur Heilung. Deshalb sollten

alle Patienten wenn möglich im Rahmen einer Studie bzw einem spezialisiertem Zentrum behandelt

werden. Es werden zunehmend spezifischere und risikoadaptierte Therapien eingesetzt. Die

Standardchemotherapie umfasst eine Induktionstherapie und eine Konsolidierungstherapie. Bei

jüngeren Patienten bzw Hochrisiko-patienten kommt eine allogene Stammzelltransplantation in

Betracht.

update 30. August 2012

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

o Ausgeprägte Hyperzellularität (hypozelluläre AML kommen vor) mit kompletter Verdrängung

des blutbildenden Marks und des Fettmarks (packed marrow).

o Mittelgrosse Myeloblasten (12-20 Micrometer) mit grossen rundlichen Kernen und

unterschiedlich prominenten Nukleolen.

o Schmaler agranulärer basophiler Zytoplasmasaum.

o Zahlreiche Apoptosen.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

o Befund der Aspirationszytologie

o Blutbild

o Zytogenetik

o Immunphänotyp

o Erstbiopsie oder Verlaufsbiopsie (Therapie)

o Anamnese einer Chemotherapie u./o. Radiotherapie

o Anamnese eines MDS

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update 30. August 2012

Präparat Nr 013 aus Kasten S 005

Topographie / Diagnose

Knochenmark, Wirbelkörper / Multiples Myelom

Einleitung

Histogenese:

Das multiple Myelom stellt eine multifokale Plasmazellneoplasie ausgehend vom Knochenmark dar.

Lokalisation:

Lytische Knochenherde und tumorale Massen monoklonaler Plasmazellen sind am häufigsten in

Wirbelkörpern, Rippen, Schädelknochen, Becken, Femur, Clavicula und Scapula.

Morphologie:

Makroskopisch sind die runden Osteolyseherde gefüllt mit einer weichen gelatinösen

fischfleischartigen grauroten Tumormasse. Gelegentlich findet sich anstelle von Osteolysen eine

diffuse Osteoporose. In der Knochenmarkbiopsie sind die Plasmazellen vermehrt. Im Gegensatz zu den

kleinen Aggregaten von 5 bis 6 Plasmazellen rund um Markarteriolen bei reaktiver Plasmozytose

bilden Myelome grössere Herde, Knoten oder flächenhafte Infiltrate. Für ein Myelom spricht eine

tumorale Masse von Plasmazellen, welche das ortsständige Knochenmark verdrängt. Wenn über 30%

des Markvolumens von klonalen Plasmazellen eingenommen wird, ist die Diagnose eines multiplen

Myeloms sicher. Die neoplastischen Zellen exprimieren meist monotypische zytoplasmatische Ig

(meist IgG, gelegentlich IgA, selten IgD, IgE oder IgM). 85% produzieren Schwerketten und

Leichtketten, die restlichen 15% ausschliesslich kappa oder lambda Leichtketten .

Klinik

Vorkommen:

Das multiple Myelom ist bei Schwarzen die häufigste, bei Weissen die zweithäufigste lymphoide

Neoplasie. Die Inzidenz hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Das mittlere Alter bei

Diagnosestellung beträgt 70 Jahre. Frauen und Männer sind fast gleich häufig betroffen.

Symptomatik:

Das multiple Myelom ist charakterisiert durch ein monoklonales Serumprotein und multiple

osteolytische Knochenherde, pathologische Frakturen, Knochenschmerzen, Hyperkalzämie und

Anämie (Verdrängung des blutbildenden Knochenmarks, Niereninsuffizienz). Wiederholte bakterielle

Infektionen (reduzierte Menge normaler Antikörper) und eine Niereninsuffizienz (Myelomniere )

sind häufig. Das Erkrankungsspektrum umfasst lokalisierte indolente Verläufe bis zu aggressiven

disseminierten Formen mit Plasmazellinfiltraten in verschiedenen Organen . Selten erfolgt eine

Ausschwemmung ins periphere Blut (Plasmazellleukämie bei 2%).

Diagnostik:

Die Diagnose wird basierend auf radiologischen, klinischen, und pathologischen Befunden gestellt.

Diagnostische Kriterien für das multiple Myelom:

o Major Kriterien:

Plasmozytose im Knochenmark >30%

bioptisch gesichertes Plasmozytom

Page 83: Spezielle Patho Modul 87

M(onoklonale) Komponente im Serum (IgG>3.5g/dl, IgA>2g/dl) oder im Urin (Bence

Jones Proteinurie >1g/24h)

o Minor Kriterien:

Plasmozytose im Knochenmark 10-30%

M Komponente im Serum oder im Urin (weniger als oben)

lytische Knochenläsionen

reduzierte normale Immunglobuline (<50% normal)

Mindestens ein Major plus ein Minor Kriterium oder das erste und zweite Minor Kriterium zusammen

mit einem beliebigen weiteren Minorkriterium bei einem symptomatischen Patienten mit progressiver

Erkrankung etablieren die Diagnose eines multiplen Myeloms. In seltenen Fällen (1%) sezernieren die

neoplastischen Plasmazellen keine Ig Moleküle. Bei diesen kann keine M-Komponente nachgewiesen

werden.

Prognose:

Multiple Myelome sind gewöhnlich nicht heilbar. Das mittlere Überleben nach Diagnosestellung

beträgt lediglich 3 Jahre.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

o Noduläre Hyperzellularität des blutbildenden Marks.

o In den hyperzellulären Arealen dichte Rasen neoplastischer atypischer Plasmazellen.

o Polymorphe, vereinzelt mehrkernige Plasmazellen mit exzentrisch im Zytoplasma lokalisierten

vergrösserten Radspeichenkernen. Die typische paranukleäre Zytoplasmaaufhellung von

Plasmazellen ist im virtuellen Präparat kaum erkennbar. Zellkerne teils mit vergrössertem

Nukleolus.

o Partielle Destruktion der Spongiosabälkchen innerhalb der neoplastischen Plasmazellinfiltrate.

o Ausserhalb der Plasmazellrasen findet sich residuelles blutbildendes Knochenmark.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

o Solitärer Herd oder multiple Herde.

o Osteolysen.

o M-Komponente im Serum oder im Urin.

o Reduzierte normale Immunglobuline.

Präparat Nr 014 aus Kasten S 005

Topographie / Diagnose

Knochenmark, Beckenkamm / Primäre Myelofibrose (PMF)

Einleitung

Histogenese:

Die primäre Myelofibrose (PMF) gehört zu den myeloproliferativen Neoplasien und ist eine klonale

Erkrankung einer pluripotenten hämatopoietischen Stammzelle.

Genetik:

50-60% der PMF weisen eine Punktmutation im JAK2-Gen auf.

Page 84: Spezielle Patho Modul 87

Morphologie:

Die Erkrankung ist charakterisiert durch Knochenmarkfibrose, Hepato-Splenomegalie und

extramedulläre Blutbildung. Diese findet sich am häufigsten in Leber und Milz, seltener in

Lymphknoten, Nieren, Nebennieren, Dura mater, Gastrointestinaltrakt, Lunge, Mamma oder Haut.

Blut und Knochenmark sind immer involviert. Die Krankheit entwickelt sich über ein initiales

präfibrotisches Stadium mit hyperzellulärem Knochenmark zum fibrotischem Stadium (vorliegendes

Präparat). Das fibrotische Stadium ist gekennzeichnet durch eine Vermehrung von Reticulin- und/oder

Kollagenfasern und oft einer Knochenneubildung (=Osteomyelosklerose). Die Zellularität des

Knochenmarks ist dann vermindert und dilatierte Marksinus enthalten intraluminale

Blutbildungsherde. Es besteht eine auffallende Proliferation von Gruppen bildenden atypischen

Megakaryozyten.

update 30. August 2012

Klinik

Vorkommen:

Die primäre Myelofibrose hat eine Inzidenz von 0.5 bis 1.5 Fällen pro 100`000 Einwohner pro Jahr.

Die Erkrankung tritt am häufigsten in der 7. Dekade auf. Sie ist selten bei Kindern.

Symptomatik:

30% der Patienten sind bei Diagnosestellung asymptomatisch. Oft führt die vergrösserte Milz, eine

Anämie oder Thrombozytose zur Diagnose. Mögliche Symptome sind Müdigkeit, Dyspnoe,

Gewichtsverlust, Nachtschweiss, Fieber und Blutungen. Gicht oder Nierensteine können als Folge der

Hyperurikämie auftreten. Eine oftmals massive Splenomegalie besteht bei 90% der Patienten, eine

Hepatomegalie bei 50%. Hauptgründe für Morbidität und Mortalität sind Knochenmarkinsuffizienz

(Infekte, Blutungen), Thromboembolien, portale Hypertonie, Herzversagen und die Entwicklung einer

akuten Leukämie (meist myeloische Zellreihe).

Diagnostik:

Blutausstriche zeigen unreife Zellen: sogenanntes leukoerythroblastisches Blutbild (Zeichen

extramedullärer Blutbildung). Die Knochenmarkspunktion ist aufgrund der starken Fibrose erschwert

(Punctio sicca).

Therapie:

Tyrosinkinase-Hemmer (gegen JAK2) führen zu einer Verbesserung der Symptome im fibrotischen

Stadium. Bei Hypersplenismus oder störender Raumforderung ist eine Splenektomie indiziert. Aus

unbekanntem Grund ist das Risiko für eine blastäre Transformation nach Splenektomie grösser.

Allopurinol hilft gegen die Hyperurikämie. Bei jüngeren Patienten sollte die Indikation einer allogenen

Knochenmarktransplantation geprüft werden.

update 30. August 2012

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

o Osteosklerose: verplumpte und breite Knochenbälkchen.

o Kollagenfibrose.

o Dilatierte Sinusoide mit intrasinusoidaler Blutbildung.

o Vermehrung von atypischen, in Gruppen liegenden Megakaryozyten mit abnorm lobulierten

Kernen.

o Nacktkernige (zytoplasmaarme) und vergrösserte Megakaryozyten.

o Hyperplastische ausreifende Myelopoese.

o Hypoplastische Erythropoese.

o Retikulinfaserfibrose des Marks vorhanden aber in der HE Färbung schwierig quantifizierbar.

Page 85: Spezielle Patho Modul 87

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

o Ausmass der Organomegalie (Hepato-Splenomegalie)

o Blutbild

o Befund der Aspirationszytologie (häufig Punctio sicca)

o Genetische Untersuchungen (JAK2)

o Hämatologische Vorerkrankungen

o Vorbiopsien

update 30. August 2012

Präparat Nr 001 aus Kasten S 007

Topographie / Diagnose

Hirn parietal / Anämischer Hirninfarkt

Einleitung

Aetiologie:

Ein ischämischer zerebrovaskulärer Infarkt ist die Folge einer schweren lokalen Durchblutungsstörung

im Bereich der Hirngefässe mit konsekutiver Nekrose des Hirngewebes. Die Enzephalomalazie

(Hirninfarkt) ist zu 80-85% anämisch (weisser Infarkt) und zu 15-20% hämorrhagisch bedingt (roter

Infarkt). Selten sind primär hämorrhagische Infarkte nach thrombotischem Verschluss einer Hirnvene

oder eines Hirnsinus. Von diesen primär hämorrhagischen Infarkten sind sekundär hämorrhagische

Infarkte abzugrenzen. Diese entstehen, wenn während der Abräumphase eines anämischen Infarktes

der venöse Blutabfluss gestört wird (Hirndruck durch perifokales Ödem) oder eine Reperfusion von

ischämisch geschädigten Gefässen eintritt. Die Form und Ausdehung des Infarktes bleibt dabei aber

durch das betroffene arterielle Versorgungsgebiet bestimmt.

Die Ätiologie anämischer Hirninfarkte lässt sich in 4 Hauptgruppen aufteilen:

o Atherosklerose 20-30% (Makroangiopathie) grosser intra- und extrakranieller Hirngefässe

(Thrombose, hämodynamische Insuffizienz, arterio-arterielle Embolien)

o Kardiogene und aortogene Embolien 20-25%

o Mikroangiopathie der penetrierenden Arterien 20-25% (lakunäre Infarkte subkortikal und im

Hirnstamm bei Mikroangiopathie z.B. bei arterieller Hypertonie oder Diabetes mellitus)

o Nichtatherosklerotische Ursachen 5%(Vaskulopathien, Gefässdissektion, Koagulopathien)

Lokalisation:

Zwei von drei Infarkten betreffen das Karotisstromgebiet, die restlichen das vertebrobasiläre

Territorium.

Morphologie:

Die morphologischen Veränderungen der Kolliquationsnekrose des Hirngewebes bei anämischer

Enzephalomalazie lässt sich in drei Stadien gliedern:

o Frische Nekrose und Demarkation (0-5 Tage): Makroskopisch nach 12 Stunden leichte

Erhabenheit erkennbar (Ödem). Erweichung. Unscharfe Mark-Rindengrenze. Mikroskopisch

eosinophile Degeneration der Neurone und ödematöser Randsaum.

Page 86: Spezielle Patho Modul 87

o Resorption und Abräumung (ab 5. Tag, vorliegender Fall): Mit zunehmendem Alter des

Infarktes wird das Gewebe weicher und zerfällt innerhalb einiger Wochen zerfliessend

kleinzystisch (Kolliquationsnekrose). Mikroskopisch ab dem zweiten Tag Auftreten von

Makrophagen im Randbereich. Durch Phagozytose von Myelinbruchstücken lipidhaltige

Vakuolen im Zytoplasma der Makrophagen (=Fettkörnchenzellen). Nervenzellen im

Randbereich der Nekrose können das Bild einer ischämischen Schädigung zeigen

(Hypereosinophilie). Gefässproliferation. Perifokale Gliose.

o Organisation und Zystenbildung (ab 1-8 Wochen): Übergänge zum Stadium 2 sind fliessend.

Vermehrung von Fettkörnchenzellen rund um proliferierte Kapillaren. Endstadium des

anämischen Infarktes bildet ein zystischer Parenchymdefekt, im Gegensatz zu anderen Organen

(Herz, Niere) findet kein narbiger Umbau statt. Die in der deutschsprachigen Literatur oft

erwähnte "Hirnnarbe" bezieht sich auf die reaktive Gliose im Randbereich des Infarktes. Eine

reaktive Gliose ist unspezifisch und findet sich in der Nachbarschaft verschiedener Läsionen

(beispielsweise Blutungen, Tumoren, Abszesse etc.). Alte abgebaute Infarkte sollen

makroskopisch von alten Kontusionsherden abgegrenzt werden. Diese befinden sich praktisch

ausschliesslich in frontobasaler oder temporobasaler Lokalisation , wo umschriebene

Hirninfarkte nicht vorkommen.

Anmerkung:

Durch die alleinige Untersuchung des Hirngewebes lässt sich die Ursache des Infarktes oftmals nicht

ableiten. Manchmal gelingt eine eindeutigere ätiologische Zuordnung durch Beachtung der

Zusatzbefunde (Makroangiopathie, Emboliequelle...).

Klinik

Vorkommen:

Zerebrovaskuläre Erkrankungen wurden 1990 weltweit als zweithäufigste Todesursache angegeben.

Männer sind häufiger von einem Hirninfarkt betroffen als Frauen. Obwohl die Enzephalomalazie als

Erkrankung älterer Menschen gilt, tritt ein Viertel der Infarkte bei Patienten unter 65 Jahren auf.

Symptomatik:

Das Muster der neurologischen Defekte gibt einen Hinweis auf die Ätiologie (siehe Literatur). Häufig

sind einseitige Lähmungen oder Gefühlsstörungen im Gesicht und/oder Extremität, einseitige

Koordinationsstörungen, Aphasie, plötzliche Blindheit oder Hemianopsien, anhaltender Schwindel mit

Gangunsicherheit.

Diagnostik:

Der genaue Beginn der neurologischen Symptomatik und für eine allfällige Lysetherapie

entscheidende Faktoren wie Antikoagulation, onkologische Leiden oder kürzliche Operationen oder

Unfälle müssen anamnestisch abgeklärt werden. Bei Verdacht auf Enzephalomalazie und weniger als 3

Stunden dauernder Symptomatik muss zum Ausschluss einer Hirnblutung notfallmässig ein Schädel

CT nativ durchgeführt werden. Dabei gilt es zu beachten, dass das Schädel CT innerhalb der ersten 6

Stunden nach anämischem Hirninfarkt einen Normalbefund zeigt. Nach 6 bis 12 Stunden erscheint das

Infarktareal infolge des zunehmenden Ödems hypodens. Die Blutung dagegen ist bereits initial als

hyperdense Läsion erkennbar.

In der Rehabilitationsphase muss die Hirnschlagursache eruiert werden, um eine korrekte

Sekundärprävention einzuleiten.

Therapie:

Je nach Ursache ist ein unterschiedlich grosser Teil des Hirngewebes zwar funktionell gestört aber bei

adäquater und schnell einsetzender Therapie potentiell rettungsfähig. Der zerebrovaskuläre Insult ist

ein medizinischer Notfall, bei dem jeglicher Zeitverlust die Prognose für die Restitution verschlechtert.

Eine Thrombolyse ist nur innerhalb von 3 bis 6 Stunden nach Insultbeginn nutzbringend.

Hirnschlagpatienten sollten wie Herzinfarktpatienten direkt über die Nummer 144 ins Spital

eingewiesen werden. Wenn eine Lysetherapie in Frage kommt, ist es sinnvoll, den Patienten direkt in

Page 87: Spezielle Patho Modul 87

ein Spital mit Lysetherapie einzuweisen und das Spital frühzeitig zu informieren.

Eine intravenöse Lyse kommt in Frage, wenn folgende Parameter erfüllt sind:

o Alter 18-79 Jahre

o Akutes persistierendes oder zunehmendes neurologisches Defizit

o Radiologischer Ausschluss einer intrakraniellen Blutung

o Lysebeginn innerhalb von 3 Stunden nach Ereignisbeginn. Letzterer muss zweifelsfrei bekannt

sein.

Innerhalb von 6 Stunden nach Ereignisbeginn kann eine lokale intraarterielle Thrombolyse erwogen

werden, wenn die 3-Stunden-Limite nicht eingehalten werden kann. Indikation für eine intraarterielle

Lyse sind Basilaristhrombosen, Verschlüsse des Mediahauptstammes und internistische Erkrankungen,

bei denen eine i.v.-Lyse zu riskant ist. Prognose: Die Thrombolyse kann Tod und bleibende

Behinderung nach Hirnschlag deutlich senken. Eine frühzeitige Rehabilitation und eine adäquate

Sekundärprophylaxe nach Abklärung der Infarktursache verbessern die Chance einer Restitution und

verrringern Rezidivrate sowie Langzeitmortalität.

Verlauf:

Patienten mit Hirninfarkten (Bewusstseinsstörung) versterben oft an einer Aspirationspneumonie.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

o Links unten leptomeningeale Gefässe mit partiell rekanalisierten alten thromboembolischen

Verschlüssen.

o Unscharfe Mark-Rindengrenze im Bereich der nekrotischen Rinde.

o Spongiotische Auflockerung der Hirnrinde (hellere Areale).

o In der Hirnrinde sind hypereosinophile nekrotische Neuronen mit stark abgeblassten Zellkernen

erkennbar.

o Perivaskuläre Ansammlungen von phagozytierenden Fettkörnchenzellen mit reichlich

lipidhaltigem Zytoplasma und ovalen Kernen sowie wenige extravasierte Erythrozyten.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

o Radiologische Befunde.

o Mögliche Ätiologie des Infarktes.

o Symptomatik.

Präparat Nr 009 aus Kasten S 007

Topographie / Diagnose

Meningen / Eitrige Leptomeningitis

Einleitung

Definition:

Die Meningitis ist eine Entzündung der Leptomeningen und des Subarachnoidalraums.

Aetiologie:

Als Verursacher einer eitrigen bakteriellen Meningitis kommen vor allem Pneumokokken (ausser bei

Säuglingen), und Meningokokken (kleinere Epidemien unter jungen Erwachsenen) in Frage. Seltener

Page 88: Spezielle Patho Modul 87

sind Gruppe B Streptokokken (Neugeborene), Listerien (Neugeborene, ältere Patienten und

Immunsupprimierte) und Haemophilus influenzae (ungeimpfte Kinder und Erwachsene). Unter den

bakteriellen Pathogenen verursachen die Pneumokokken die höchsten Mortalitätsraten (21%).

Morphologie:

Der makroskopische Befund bei bakterieller Meningitis kann sehr diskret sein. Die meningealen

Gefässe sind hyperämisch und die Hirnoberfläche wird von einem grüngelben Eiterbelag bedeckt (eher

basal bei Hämophilus influenzae, eher über der Konvexität bei Pneumokokken=Haubenmeningitis).

Histologisch ist der Subarachnoidalraum mit Eiter gefüllt. Bei weniger schweren Fällen finden sich die

neutrophilen Granulozyten bevorzugt um die leptomeningealen Gefässe.

Klinik

Vorkommen:

Die Inzidenz beträgt 4-6 Fälle pro 100'000 Einwohner pro Jahr. Vor allem Patienten unter 5 und über

60 Jahre sind von einer bakteriellen Meningitis betroffen, wenn man die vor allem bei Jugendlichen

auftretende Meningokokkenmeningitis ausnimmt.

Symptomatik:

Die Symptomatik kann akut, subakut oder chronisch sein. Die klassische Trias Fieber,

Nackensteifigkeit (ausser bei Kindern unter einem Jahr und bei eingetrübtem Bewusstsein) und

Bewusstseinsstörung findet sich nur bei 44% aller Patienten. Fast alle Patienten haben aber mindestens

2 der folgenden 4 Symptome: Kopfschmerzen, Fieber, Nackensteifigkeit oder Glasgow Coma Scale

<14. Weitere Symptome sind Photophobie, Erbrechen, epileptische Anfälle oder fokal neurologische

Symptome. Akut verlaufende Meningitiden mit einer Symptomatik von weniger als 24 Stunden sind

meist bakterieller Ätiologie. Diese schwer kranken Patienten zeigen Zeichen einer menigealen

Entzündung und systemische Infektzeichen. Sie können rasch dekompensieren und brauchen unter

Umständen innerhalb einer halben Stunde eine adäquate antibiotische Therapie. 25% der Patienten mit

bakterieller Meningitis präsentieren sich akut. Andere Patienten mit bakterieller Meningitis und die

meisten mit viraler Meningitis zeigen einen subakuten Verlauf über 1 bis 7 Tage. Die subakuten

Verläufe sind nicht immer einfach zu diagnostizieren. Auch hier stellt die Untersuchung des Liquors

einen entscheidenden diagnostischen Schritt dar. Chronische, länger als eine Woche dauernde Verläufe

sieht man bei Viren, Tuberkulose, Syphilis, Pilzen (vor allem Cryptococcus neoformans) und

Meningeosis carcinomatosa.

Diagnostik:

Eine Lumbalpunktion zum Erregernachweis und zur Bestimmung der optimalen antibiotischen

Therapie sollte bei jeder akuten Meningitis durchgeführt werden (Cave Hirndrucksymptomatik bei

Ödem). Der zytologische Nachweis von Tumorzellen im Liquor ermöglicht die Diagnose einer

Meningeosis carcinomatosa.

Therapie:

Die antibiotische Therapie sollte so schnell wie möglich begonnen werden.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

o Der verbreiterte Subarachnoidalraum ist mit Eiter und Ödemflüssigkeit ausgefüllt.

o Ein Teil der leptomeningealen Gefässe zeigt eine fibrinoide Nekrose der Gefässwand.

o Ein Teil der Gefässlumina angefüllt mit Fibrin und neutrophilen Granulozyten.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

o Nachgewiesener Erreger.

Page 89: Spezielle Patho Modul 87

Präparat Nr 010 aus Kasten S 007

Topographie / Diagnose

Grosshirn / Zerebrale Toxoplasmose

Einleitung

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Klinik

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Repetitorium

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Präparat Nr 014 aus Kasten S 007

Topographie / Diagnose

Hirn temporal / Multiple Sklerose

Einleitung

Definition:

Die Multiple Sklerose (MS; Encephalomyelitis disseminata chronica) ist eine chronische, entzündliche,

demyelinisierende Erkrankung des ZNS.

Aetiologie:

Die Ätiologie der MS ist bisher ungeklärt. Allgemein geht man heute jedoch davon aus, dass auf dem

Boden einer genetischen Prädisposition verschiedene Umgebungsfaktoren, vermutlich Viren, evtl.

Bakterien, zu einer Dysregulation des Immunsystems und zu einer Autoaggression gegen Bestandteile

der Myelinscheide im ZNS führen. Dabei wird T-Zellen mit Antigenspezifität gegen Bestandteile der

Myelinscheide wie basisches Myelinprotein, Proteolipidapoprotein,

Myelinoligodendrozytenglykoprotein etc. eine zentrale Rolle zugeschrieben. Für die eigentliche

Myelinschädigung scheinen spezifische Antikörper, Komplementwirkungen und Makrophagen

verantwortlich zu sein.

Morphologie:

An Frontalschnitten durch das Gehirn fallen makroskopisch Entmarkungsherde vor allem im

unmittelbar periventrikulären Marklager auf (um die Vorderhörner, die Cella media und um die

Hinterhörner). Nicht selten finden sie sich auch um den Aquädukt und am Boden des 4. Ventrikels. Die

Farbe der Herde hängt vom Alter des Prozesses ab (eher rosa bei frischen, eher grau bei alten Herden),

die Konsistenz ist weich bei frischen, zunehmend derb bei alten Herden durch Gliafaservermehrung.

Histologisch zeigen frische Entmarkungsherde in den ersten Tagen eine Oligodendrogliavermehrung.

Ihr folgt mit beginnendem Markabbau eine Mikrogliareaktion. Mikrogliazellen, Monozyten und

Makrophagen phagozytieren die Markscheidenzerfallsprodukte , die teilweise lichtmikroskopisch

im Zytoplasma erkennbar sind . Lymphozyten und Plasmazellen sind vor allem perivenös an den

Herdrändern lokalisiert. Zusätzlich proliferieren faserbildende Astrozyten . In älteren Herden

Page 90: Spezielle Patho Modul 87

(vorliegendes Präparat) fehlen die Markscheiden praktisch vollständig. Axone bleiben erhalten und es

besteht eine dichte Fasergliose. Diese ausgebrannten Herde überwiegen beim chronisch Erkrankten.

Auch bei ihm können allenfalls noch frischere Stadien gefunden werden.

Klinik

Vorkommen:

Die Prävalenz wird für die Schweiz mit ca. 110/100„000 geschätzt, wobei regionale Unterschiede von

weniger als 50 (Wallis) bis knapp 200 (Basel-Stadt) gefunden wurden. Die jährliche Inzidenz wird

zwischen 2 und 4/100'000 angegeben. Frauen sind etwa doppelt so oft betroffen. Die MS manifestiert

sich zumeist im 3.-4. Lebensjahrzehnt, jedoch beginnt die Erkrankung in ca. 3% aller Fälle bereits vor

dem 17. Lebensjahr, selten sogar schon im Kleinkindesalter.

Verlauf:

Es gibt verschiedene Verlaufsformen der MS. Am häufigsten ist ein schubförmiger Krankheitsverlauf

mit intermittierenden symptomfreien Intervallen: Schubförmig entwickeln sich fokale neurologische

Defizite, die sich rasch manifestieren, über Tage bis Wochen (seltener Monate) persistieren und sich in

der anschließenden Remissionsphase partiell oder komplett zurückbilden. Im Kindesalter sehr selten

und prognostisch ungünstiger ist die primär progrediente Verlaufsform, bei der es zu einer

fortschreitenden Symptomatik ohne Remissionen kommt. Schließlich kann auch ein zunächst

schubförmiger Verlauf in eine sekundär progrediente Erkrankung übergehen. Die Diagnose erfolgt im

wesentlichen klinisch, gestützt auf Zusatzuntersuchungen.

Diagnostik:

Nach Ausschluss anderer Erkrankungen kann mit Hilfe der Poser-Kriterien die Diagnose einer

gesicherten MS bei Vorliegen einer der folgenden Befundkonstellationen gestellt werden:

o 2 Schübe und 2 voneinander räumlich getrennte Herde im ZNS, durch den neurologischen

Befund dokumentiert.

o 2 Schübe, ein Herd im neurologischen Befund, ein zusätzlicher durch paraklinische

Untersuchungen belegter Herd.

o 2 Schübe, ein Herd durch neurologische Untersuchung oder paraklinische Befunde

dokumentiert, zusätzlich Nachweis von oligoklonalen Banden oder/und erhöhter autochthoner

IgG-Produktion im ZNS.

o Ein Schub, 2 Herde im neurologischen Untersuchungsbefund und Nachweis von oligoklonalen

Banden und/oder erhöhtem IgG.

o Ein Schub, ein Herd durch neurologischen Befund, ein Herd durch paraklinische Untersuchung

und Nachweis von oligoklonalen Banden und/oder erhöhtem IgG im Liquor.

Zur Abschätzung der Krankheitsaktivität und zur frühzeitigen Erkennung von Sekundärfolgen sind

regelmäßige Nachsorgeuntersuchungen in 6- bis maximal 12-monatigen Abständen erforderlich.

Therapie:

Im Erkrankungsschub wird eine intravenöse Cortison-Megadosis-Therapie über 3 Tage empfohlen.

Neben der immunsuppressiven Schubtherapie wird bei erwachsenen MS-Patienten, die mindestens 2

Schübe innerhalb der vorangegangenen 2 Jahre hatten, eine immunmodulatorische Dauerbehandlung in

erster Linie mit Beta-Interferon, in Einzelfällen auch mit Glatirameracetat oder Immunglobulinen

empfohlen. Bei unzureichenden Therapieerfolgen und schweren Verlaufsformen sollte individuell über

eine Therapie mit Mitoxantron oder Cyclophosphamid entschieden werden. Zur symptomatischen

Therapie ist regelmäßige krankengymnastische und evtl. ergotherapeutische Übungsbehandlung

erforderlich. Bei schwer beeinträchtigender spastischer Bewegungsstörung evtl. orale, intrathekale

oder lokale Behandlung mit tonusreduzierenden Medikamenten (Baclofen, Botulinumtoxin A).

Versorgung mit orthopädischen Hilfsmitteln. Bei fortgeschrittener neurogener

Blasenentleerungsstörung urologische Behandlungsmaßnahmen, am ehesten intermittierendes

Einmalkatheterisieren.

Page 91: Spezielle Patho Modul 87

Anmerkung:

Die multiple Sklerose beeinflusst mehr die Lebensqualität als die Lebensdauer.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

o Alter, scharf begrenzter Entmarkungsherd mit Verlust der blauen Myelinscheiden in der

Holmes Luxol Färbung.

o Vollständiger Verlust der Markscheiden (fehlende blaue Farbe) bei erhaltenen Axonen

(schwarze Fasern).

o Vereinzelte vorwiegend perivaskulär lokalisierte mononukleäre Entzündungszellen und mit

Myelinbruchstücken beladene Makrophagen.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

o Radiologischer Befund.

o Lokalisation des Herdes.

o Zeitlicher Verlauf.

Präparat Nr 016 aus Kasten S 007

Topographie / Diagnose

Hirn temporal / Senile Demenz vom Alzheimer Typ

Einleitung

Vorkommen:

Die Alzheimer Demenz ist die häufigste neurodegenerativ bedingte Demenzform. Während die

Reinform der vaskulären Demenz seltener ist als früher angenommen, finden sich oft Mischformen

von Alzheimer Demenz und vaskulärer Demenz. Die häufigsten Vertreter der sogenannten "Nicht-

Alzheimer" Demenzen sind die Demenz mit Lewy-Körper, die Silberkorndemenz und die Gruppe der

frontotemporalen Degeneration (frontotemporale Demenz, primär progressive Aphasie, semantische

Demenz).

Aetiologie:

Die meisten Fälle der Alzheimer Demenz sind sporadischer Natur, weniger als 5% sind familiär, d.h.

monogen vererbt. Ein genetischer Risikofaktor ist das Epsilon 4 Allel des Apolipoprotein E vor allem

in homozygoter aber auch in heterozygoter Form.

Morphologie:

Gehirne von Alzheimer Patienten sind makroskopisch durch eine kortikale Atrophie (vor allem

temporo-parietal) charakterisiert. Weiter findet sich meist eine deutliche Atrophie von Hippocampi und

Mandelkernen. Diese geht einher mit einem Hydrocephalus internus (e vacuo), wobei vor allem die

Temporalhörner der Seitenventrikel betroffen sind.

Die wichtigsten mikroskopischen Veränderungen sind die senilen Plaques und die Alzheimer

Fibrillenveränderungen. Wesentlicher Bestandteil der senilen Plaques ist das A-beta Peptid, ein

Spaltprodukt des Amyloidvorläuferproteins. Immunhistochemisch lassen sich verschiedene

Plaqueformen unterscheiden, wobei der Nachweis von neuritischen Plaques entscheidend ist.

Neuritische Plaques bestehen aus einem zentralen Amyloidkern, der von dystrophen neuritischen

Fortsätzen umgeben ist. In der Umgebung der Plaques findet sich meist eine Mikrogliaproliferation

und –aktivierung. Es besteht keine gute Korrelation zwischen der Plaquedichte im Kortex und dem

Page 92: Spezielle Patho Modul 87

Grad der klinisch erkennbaren Demenz. Die Alzheimerfibrillen (=Tangles) sind intraneuronale

Einschlüsse, die aus Aggregaten des Mikrotubulus-assoziierten Proteins Tau in hyperphosphorylierter

Form bestehen. Ausserdem finden sich Tau-Ablagerungen in Neuriten (=Neuropilfäden=neuropil

threads). Im Gegensatz zu den Plaques korrelieren Dichte und Verteilungsmuster von

Alzheimerfibrillen und Neuropilfäden wesentlich besser mit dem klinischen Schweregrad der

neuropsychologischen Beeinträchtigung. Das Auftreten und das Verteilungsmuster von

Alzheimerfibrillen und Neuropilfäden verläuft nach einem stereotypen Muster, das für die

Stadieneinteilung I bis VI nach Braak benutzt wird. Braak unterscheidet ein entorhinales Stadium

(I/II), ein limbisches Stadium (III/IV) und ein neokortikales Stadium (V/VI). Beim Nachweis von

zahlreichen neuritischen Plaques und Neurofibrillenveränderungen entsprechend einem Braak Stadium

V oder VI besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Demenz durch Morbus Alzheimer verursacht

wurde. Die Fibrillenveränderungen lassen sich in der Gallyas-Färbung besonders gut darstellen

(Versilberung).

Klinik

Vorkommen:

Die Prävalenz der Alzheimer Demenz steigt im Alter zwischen 60 und 90 Jahren exponentiell an. Rund

ein Drittel der 95-jährigen sind von der Alzheimer Demenz betroffen.

Symptomatik:

Ein dementielles Syndrom liegt dann vor, wenn Gedächtnisstörungen und intellektuelle Einbussen zu

einer erheblichen Beeinträchtigung der sozialen Kompetenz und der Alltagsfähigkeiten geführt haben,

wenn ein progredienter Verlauf zu beschreiben ist und wenn Defizite in mindestens zwei

verschiedenen Bereichen der Kognition festzustellen sind. Die Kognition umfasst Gedächtnis,

Merkfähigkeit, Sprache, visuell-konstruktive Fähigkeiten und exekutive Funktionen.

Diagnostik:

Die definitive Diagnose einer Alzheimer Demenz kann nur nach autoptischer neuropathologischer

Untersuchung am Hirngewebe gestellt werden. 90% der in Zentren mit gut geschulter

Gedächtnissprechstunde diagnostizierten Alzheimerdemenzen werden autoptisch bestätigt.

Verlauf:

Die Erkrankung dauert zwischen Symptombeginn und Versterben des Patienten durchschnittlich 7-9

Jahre. Der eigentliche Beginn der neurodegenerativen Prozesse (Ablagerung von Plaques und

Neurofibrillenveränderungen) liegt wahrscheinlich 15 bis 30 Jahre vor Erstmanifestation der

kognitiven Störungen.

Therapie:

Die symptomatische Therapie umfasst Verhaltenstherapie und den Einsatz von

Acetylcholinesterasehemmern. Wichtig ist das Erkennen und die Behandlung einer bei

Alzheimerpatienten gehäuft auftretenden Depression und das Vermeiden von zentral anticholinergisch

wirkenden Medikamenten. Neuere Medikamente mit unterschiedlichen Wirkmechanismen sind in

Entwicklung (z.B. Sekretasehemmer).

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

o Schneckenförmiger Hippocampus.

o Methenaminfärbung: Zahlreiche neuritische Plaques im Gyrus parahippocampalis und in der

CA1 Region.

o Gallyasfärbung: Intraneuronale Alzheimerfibrillen (=Tangles) und zahlreiche Neuropilfäden

(=Threads). Neuritische Plaques.

o Abblassung eines Teils der Tangles nach Absterben der Neurone.

Page 93: Spezielle Patho Modul 87

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

o Alzheimerverdacht.

Präparat Nr 019 aus Kasten S 007

Topographie / Diagnose

Hirn temporal / Glioblastoma multiforme (WHO Grad IV)

Einleitung

Histogenese:

Das Glioblastoma multiforme (WHO Grad IV) ist der bösartigste und mit 50-60% auch der häufigste

astrozytäre Tumor.

Lokalisation:

Bevorzugte Lokalisationen sind das Marklager des Frontal- und Temporallappens. Glioblastome des

Hirnstammes sind selten und betreffen meist Kinder. Von dort breiten sie sich oft über den Balken

schmetterlingsförmig auf die Gegenseite aus. Weniger als 5% der Tumoren wachsen multizentrisch.

Eine Aussaat in den Subarachnoidalraum mit Metastasierung über den Liquor findet sich selten. Noch

rarer sind hämatogene Metastasen in extraneurale Organe.

Morphologie:

Die Schnittfläche ist auffallend bunt. Dies ist bedingt durch ein Nebeneinander von graurotem vitalem

Tumorgewebe, gelben Nekrosen, roten Einblutungen und gelegentlich grünlichen Gallertzysten.

Ein Glioblastom liegt vor, wenn mindestens 3 der folgenden 4 histologischen Kriterien erfüllt sind:

Kernatypien (Hyperchromasie und/oder Form- und Grössenvariabilität), Mitosen,

Endothelproliferation (Gefässlumina von mehr als einer Lage Endothelzellen umgeben) und

flächenhafte oder girlandenartig angeordnete Nekrosen. Ein Teil der Glioblastome entwickelt sich

sekundär aus diffusen Astrozytomen Grad II. Bei den übrigen handelt es sich um sogenannt "de novo"

entstandene Glioblastome.

Anmerkung:

Die histologische Abgrenzung eines anaplastischen Oligoastrozytoms (ein Teil dieser Tumoren

sprechen auf Chemotherapie an) von einem Glioblastoma multiforme ist aus therapeutischer Hinsicht

wichtig, kann aber sehr schwierig sein und erfordert deshalb die Beurteilung durch einen

Neuropathologen.

Klinik

Vorkommen:

Die Inzidenz liegt bei 2-3 Fällen pro 100'000 Einwohner pro Jahr. Das mittlere Erkrankungsalter

beträgt 53 Jahre. Männer sind 1.5 mal häufiger betroffen als Frauen.

Symptomatik:

Ausser bei sekundären Glioblastomen, die sich aus einer höher differenzierten Vorstufe entwickelt

haben, dauert die Symptomatik bei mehr als 50% der Patienten weniger als 3 Monate. Epileptische

Anfälle, Kopfschmerzen, unspezifische neurologische Symptome wie zunehmende motorische

Schwäche oder Persönlichkeitsveränderungen und vor allem rasch zunehmende Hirndruckzeichen sind

typische Manifestationen. Schon kleine Tumoren können ein beträchtliches perifokales Ödem mit

Hirndrucksymptomatik verursachen.

Diagnostik:

Page 94: Spezielle Patho Modul 87

Das MRI mit Kontrastmittel ist die radiologische Untersuchungsmethode der Wahl. Im CT zeigt sich

eine zentrale dunkle Nekrosezone umgeben von einer ringförmigen Kontrastmittelanreicherung

entsprechend der stark vaskularisierten vitalen Peripherie des Tumors. Der Ring zeigt aber nicht die

Grenze des Tumors an. Tumorzellen findet man auch noch bis zu 2cm ausserhalb dieser Zone.

Therapie:

Die Therapie ist palliativ und umfasst Chirurgie, Bestrahlung und Chemotherapie.

Prognose:

Die Patienten überleben im Mittel weniger als ein Jahr. Nur gerade 1.8% der behandelten Patienten

leben noch nach 3 Jahren.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

o Zellreicher Tumor mit sehr unscharfer Begrenzung zum normalen Hirnparenchym (rechts

unten).

o Typische streifenförmige Nekrosen mit randständiger Palisadierung der Tumorzellen.

o Im Zentrum der Nekrose thrombosierte Gefässe umgeben von einem Saum vitaler

Tumorzellen.

o Pathologische glomerulumartige zellreiche Gefässknäuel.

o Ausgeprägte Zellpolymorphie und Atypie.

o Mitosen.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

o Radiologischer Befund.

o Diagnose eines niedriggradigeren glialen Tumors in der Vorgeschichte.

o Therapie.

Präparat Nr 020 aus Kasten S 007

Topographie / Diagnose

Hirn frontal / Oligodendrogliom (WHO Grad II)

Einleitung

Histogenese:

Oligodendrogliome sind gliale Hirntumoren.

Vorkommen:

Oligodendrogliome machen weniger als 5% aller primären Hirntumoren aus.

Lokalisation:

Die meisten Tumoren sind solitär und kortikal oder subkortikal in einer Grosshirnhemisphäre

lokalisiert, am häufigsten frontal. Gelegentlich können sie primär intraventrikulär auftreten.

Morphologie:

Makroskopisch sind die Tumoren gut begrenzt, solide und graurosa. Fokale Verkalkungen sind häufig,

Nekrosen und zystische Degeneration können vorkommen. Intratumorale Einblutungen sind oft

vorhanden und können die Todesursache darstellen.

Page 95: Spezielle Patho Modul 87

Histologisch bestehen die Oligodendrogliome aus kompakten Aggregaten runder Zellen mit deutlichen

Zellgrenzen und klarem Zytoplasmasaum um einen dichten runden zentralen Kern (“Spiegelei”). Die

Vakuolisierung des Zytoplasma stellt einen Fixationsartefakt dar und fällt bei Schnellschnitten als

diagnostisches Hilfsmittel weg (Gefrierschnitt!). Charakteristisch sind verzweigte Kapillaren. Die

Tumorzellen infiltrieren die Hirnrinde diffus und können sich bis in die Meningen ausbreiten.

Oligodendrogliome können Anteile eines Astrozytoms enthalten (Oligoastrozytom). Die

Unterscheidung von reaktiven und neoplastischen Astrozyten ist im Einzelfall jedoch sehr schwierig.

Oligodendrogliome umfassen ein kontinuierliches histologisches Spektrum von hoch differenzierten

(WHO Grad II) bis anaplastischen malignen Tumoren (WHO Grad III). Indikatoren für das Vorliegen

eines anaplastischen Oligodendroglioms sind zahlreiche Mitosen, ausgeprägte mikrovaskuläre

Proliferationen und Tumornekrosen.

Klinik

Vorkommen:

Oligodendrogliome kommen in jeder Altersgruppe vor. Das mittlere Alter bei Diagnosestellung beträgt

40-50 Jahre. Männer sind doppelt so oft betroffen.

Symptomatik:

In der Hälfte der Fälle führt ein epileptischer Anfall zur Diagnosestellung und bis zu 80% der Patienten

erleiden im Verlauf der Erkrankung epileptische Anfälle.

Diagnostik:

Die Tumoren erscheinen im T1 gewichteten MRI hypointens oder gemischt hypo- und hyperintens. Im

T2 gewichteten MRI erscheinen sie hyperintens mit oder ohne umgebendes Ödem. Das hoch

differenzierte Oligodendrogliom zeigt nach Kontrastmitteladministration im Gegensatz zum

anaplastischen keine Anreicherung. Die definitive Diagnose wird an der stereotaktisch oder offen

gewonnenen Biopsie erhoben.

Therapie:

Die Behandlungsstrategie reicht von konservativem Abwarten mit wiederholten radiologischen

Untersuchungen bis zur aggressiven multimodalen Therapie einschliesslich Resektion, Radiotherapie

und Chemotherapie. Das Ansprechen auf Chemotherapie eines Teils von reinen Oligodendrogliomen

aber auch von Oligoastrozytomen macht es erforderlich, dass in der Biopsie eines astrozytären Tumors

sorgfältig nach therapierbaren oligodendroglialen Anteilen gesucht wird. Da die meisten Patienten

epileptische Anfälle haben oder solche im Verlauf entwickeln, wird eine antikonvulsive Therapie bei

allen Patienten empfohlen.

Prognose:

Morbitität und Mortalität sind deutlich geringer als bei astrozytären Tumoren, wobei die Prognose

auch von der Lokalisation des Tumors abhängt. Das mittlere Uberleben bei WHO Grad II Tumoren

beträgt 4-10 Jahre, bei anaplastischen Tumoren 3-4 Jahre.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

o Fokale mukoide/zystische Degeneration innerhalb des Tumors mit Ausbildung von

Pseudozysten.

o Dichtes Netzwerk verzweigender Kapillaren.

o Tumorzellen umgeben von einem Halo ("Spiegeleier").

o Die Tumorzellen erinnern an Oligodendrozyten der weissen Substanz, haben aber deutlich

grössere Kerne.

o Im Gegensatz zum Glioblastoma multiforme monomorphes Zellbild.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Page 96: Spezielle Patho Modul 87

o Radiologischer Befund.

o Durchgeführte Therapien.

Präparat Nr 021 aus Kasten S 007

Topographie / Diagnose

Meningen / Meningeom (WHO I)

Einleitung

Histogenese:

Meningeome stammen von neoplastischen meningothelialen (arachnoidalen) Zellen ab.

Lokalisation:

Meningeome sind intrakraniell, im Spinalkanal oder intraorbital lokalisiert. In anderen Organen

lokalisierte Meningeome sind eine exquisite Rarität.

Morphologie:

Die meisten Meningeome sind gutartig und fallen in die Kategorie WHO Grad I. Atypische

Meningeome (WHO Grad II) machen zwischen 4.7-7.2% aller Fälle aus, anaplastische Menigeome

(WHO Grad III) sind noch seltener. Meningeome sind oft multipel bei Patienten mit hereditärer

Prädisposition und bei Neurofibromatose 2 sowie bei 10% der sporadischen Fälle. Meist wachsen

Meningeome langsam. Sie sind in der Regel scharf begrenzt und sitzen der Dura breitbasig auf. Das

Einwachsen von Meningeomgewebe in die Dura mater und/oder die benachbarte Schädelkalotte ist

noch kein Malignitätszeichen und noch durchaus vereinbar mit einem benignen Meningeom WHO

Grad I. Demgegenüber ist das Einwachsen in das benachbarte Hirnparenchym in aller Regel

atypischen oder anaplastischen Meningeomen vorbehalten. Die Konsistenz ist prall-elastisch oder fest

und das Tumorgewebe kann fokal verkalkt sein. Das Meningeom en plaque bedeckt flächenhaft die

Dura als dünne Platte.

Das Meningeom zeigt ein grosses Spektrum histologischer Varianten mit sehr unterschiedlicher

Morphologie. Am häufigsten sind meningotheliale (ihr Präparat), transitionale und fibroblastische

Meningeome. Typisch für das meningotheliale Meningeom sind dicht gepackte Zellen mit unscharfen

Zytoplasmagrenzen, Wirbelbildungen und Kerne mit intranukleären Vakuolen. Ferner finden sich

konzentrische Verkalkungen in Form von Psammomkörperchen .

Klinik

Vorkommen:

Die Inzidenz beträgt 6 Fälle pro 100'000 Einwohner pro Jahr. Meningeome machen ungefähr 20% aller

primär intrakranialen Tumoren aus. Die Inzidenz von Meningeomen nimmt mit dem Alter zu. Am

häufigsten sind sie in der sechsten und siebten Dekade. Frauen sind etwas häufiger betroffen als

Männer.

Symptomatik:

Meningeome können in Abhängigkeit von ihrer Lage vielfältige Symptome verursachen. Lokalisierte

oder unspezifische Kopfschmerzen sind häufig. Die Kompression des Hirns kann epileptische Anfälle,

fokale Schwäche, Dysphasie, Apathie und Somnolenz auslösen. Meningeome der Schädelbasis können

eine Gefässkompression mit konsekutiver Ischämie verursachen. Intraventrikuläre Meningeome

können einen obstruktiven Hydrocephalus verursachen. Meningeome in der Nähe der Sella turcica

können zu einer Unterfunktion der Hypophyse führen. Typische Symptomenkomplexe sind im

Literaturlink tabellarisch dargestellt. Papillenödem, Hirnnervenausfälle, Pyramidenbahnzeichen oder

ein Brown Sequard Syndrom durch einseitige Kompression des Rückenmarks stellen mögliche

Untersuchungsbefunde dar.

Page 97: Spezielle Patho Modul 87

Diagnostik:

Im kontrastmittelverstärkten CT stellen sich Meningeome als duraassoziierte stark und homogen

hyperdense Tumoren dar. Im MRI sind Meningeome nach Gadoliniumgabe hyperintens. Das Ödem

kommt im MRI oft besser zur Darstellung. Die Angiographie zeigt den Bezug des Tumors zu vitalen

vaskulären Strukturen und hilft bei der Operationsplanung.

Therapie:

Bei sehr stark vaskularisierten Tumoren kann eine präoperativ durchgeführte Embolisation der

ernährenden Gefässe von Vorteil sein.

Prognose:

Bei vollständiger Entfernung ist die Prognose exzellent. Rezidive treten vor allem bei inkomplett

entfernten, malignen oder multiplen Tumoren auf.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

o Der Dura breitbasig aufsitzender scharf begrenzter halbkugeliger Tumor.

o Kugelige Tumorzellverbände mit Ausbildung von typischen konzentrischen

zwiebelschalenartigen Formationen und parallele Bündel spindeliger Zellen.

o Tumorzellen mit ovalen Kernen ohne Atypien und reichlich Zytoplasma. Keine Mitosen.

o Psammomkörperchen (konzentrisch geschichtete Verkalkungen).

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

o Tumorlokalisation.

o Tumorinfiltration des Hirngewebes.

o Präoperative Gefässembolisation.

Präparat Nr 022 aus Kasten S 007

Topographie / Diagnose

Nerv peripher / Schwannom (Neurinom)

Einleitung

Histogenese:

Schwannome leiten sich wie Neurofibrome und maligne periphere Nervenscheidentumoren von den

Hüllzellen der peripheren Nerven, der spinalen Nervenwurzeln bzw. der peripheren Anteile der

Hirnnerven ab. Schwannome werden synonym auch als Neurinom, Neurilemmom oder Neurolemmom

bezeichnet. Sie sind gutartig und entarten nur sehr selten.

Vorkommen und Lokalisation:

8% der intrakraniellen und 29% der primär spinalen Tumoren sind Schwannome. Ausser bei

Assoziation mit Neurofibromatose sind die Tumoren meist solitär und wachsen langsam über Jahre.

Meist sind sie in peripheren Nerven der Kopf-Hals Region und den Extensoren der Extremitäten

lokalisiert. Sie können aber auch von der Haut, von spinalen Nerven oder von Hirnnerven ausgehen,

besonders vom 8. Hirnnerven (Acusticusneurinom). Sensorische Nerven sind bevorzugt betroffen,

seltener aber auch motorische und autonome Nerven. Viszerale Tumoren sind selten.

Page 98: Spezielle Patho Modul 87

Morphologie:

Makroskopisch imponieren Schwannome als scharf begrenzte, derbe, teils zystische Tumoren mit einer

Grösse von bis zu 10 cm. Einblutungen sind möglich. Ausser bei Lokalisation im Knochen, in

viszeralen Organen oder der Haut sind Neurinome meist abgekapselt. Gelegentlich erkennt man im

Randbereich des Neurinoms Anteile des zur Seite verdrängten peripheren Nerven. In peripheren

Tumoren lässt sich aber in weniger als der Hälfte der Fälle ein assoziierter Nerv identifizieren. Im

Gegensatz zum Neurofibrom, welches den betroffenen Nerven infiltriert, lassen sich beim Schwannom

intratumoral keine axonalen Strukturen nachweisen (Holmes Luxol Färbung).

Die histomorphologischen Befunde sind sehr variabel. Am häufigsten bestehen die Tumoren aus

Zellzügen mit bipolar orientierten länglichen oder gewellten Kernen und langen Zellfortsätzen. In den

sogenannten Antoni A Arealen sind die Zellen in kompakten Bündeln angeordnet, teilweise in Form

von Verocay bodies (alternierende Anordnung von Kernreihen und Zellfortsätzen). In den Antoni B

Arealen bilden die Fortsätze der eher sternförmigen Tumorzellen ein lockeres Geflecht. Einzelne

grosse, unregelmässig geformte und hyperchromatische Kerne und flächenhafte Nekrosen,

Hyalinisierung oder fokale Verkalkungen sind Ausdruck degenerativer Veränderungen (sogenanntes

ancient schwannoma ) und dürfen nicht als Zeichen der Malignität fehlinterpretiert werden.

Klinik

Vorkommen:

Schwannome treten in jeder Altersgruppe auf. Am häufigsten sind sie zwischen der vierten bis

sechsten Dekade. Die meisten Schwannome treten unabhängig von einem Syndrom auf. Die stärkste

Assoziation besteht mit der Neurofibromatose Typ 2, seltener mit dem Typ 1. Multiple oft subkutane

Schwannome kommen im Rahmen der seltenen vererbten Schwannomatose vor. Schwannome können

nach einer Latenzzeit von durchschnittlich 20 Jahren nach Bestrahlung auftreten.

Symptomatik:

Periphere Schwannome präsentieren sich als asymptomatische Tumormasse, spinale Schwannome mit

radikulären Symptomen bzw. Zeichen der Rückenmarkkompression. Acusticusneurinome verursachen

Symptome einer Kleinhirnbrückenwinkelläsion (Tinnitus, Hörstörungen, Facialisparese). Motorische

Symptome sind selten.

Diagnostik:

Das MRI zeigt eine scharf begrenzte, teils zystische und oft heterogen anreichernde Masse, welche bei

paraspinaler Lage eine Knochenarrosion verursachen kann. Diese ist auch im konventionellen

Röntgenbild sichtbar.

Therapie:

Die Therapie erfolgt operativ.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

o Biphasischer Tumor mit überwiegend kompakten (Antoni A Muster) und kleinen lockeren,

hellen Arealen (Antoni B Muster).

o Antoni A Muster: Parallele Anordnung der Zellkerne und Zellfortsätze (Verocay bodies).

o Antoni B Muster: Lockerer Tumorzellverband mit runden Kernen und spinnwebenartigen

Zellfortsätzen.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

o Tumorlokalisation.

o Vorliegen einer Neurofibromatose.

o Multiple Tumoren.

Page 99: Spezielle Patho Modul 87

Präparat Nr 024 aus Kasten S 007

Topographie / Diagnose

Hirnstamm / Medulloblastom (WHO Grad IV)

Einleitung

Histogenese:

Das Medulloblastom (WHO Grad IV) ist ein maligner embryonaler Tumor mit überwiegend

neuronaler Differenzierung lokalisiert im Kleinhirn oder im Dach des vierten Ventrikels.

Lokalisation:

Dreiviertel der Tumoren entstehen im Kleinhirnwurm und breiten sich von dort in den vierten

Ventrikel aus. Spinale Liquormetastasen bestehen in 15-40%, extraneurale Metastasen vor allem in

Knochen und Lymphknoten in 4%.

Morphologie:

Die Makroskopie ist variabel. Meist sind Medulloblastome unscharf begrenzt, grau und weich,

gelegentlich aber auch scharf begrenzt und derb.

Wegen der hohen Zelldichte und der hohen Kern-Zytoplasmarelation erscheinen die Tumoren in der

HE Färbung blau. Medulloblastome müssen differentialdiagnostisch von morphologisch ähnlichen

kleinzelligen undifferenzierten Karzinomen und Lymphomen abgegrenzt werden. Das klassische

Medulloblastom besteht aus dicht gepackten Zellen mit runden bis ovalen oder karottenförmigen stark

hyperchromatischen Kernen umgeben von wenig Zytoplasma. Runde Zellen mit weniger dichtem

Chromatin sind oft beigemischt. Zahlreiche Mitosen, flächenhafte Nekrosen und Apoptosen sind

typisch. In weniger als einem Drittel der Fälle findet man die typischen Homer-Wright Rosetten. Diese

bestehen aus ringförmig angeordneten Tumorzellkernen um ein fibrilläres Zentrum aus

Zytoplasmafortsätzen.

Klinik

Vorkommen:

jährliche Inzidenz liegt bei 0.5 pro 100'000 Kinder unter 15 Jahren. 30% der Hirntumoren bei Kindern

sind Medulloblastome. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 7 Jahren. 70% der Betroffenen sind

jünger als 16 und nur sehr wenige sind über 50 Jahre alt. 65% der Patienten sind männlichen

Geschlechts.

Symptomatik:

Aufgrund seiner Lage stehen zerebelläre Symptome wie Ataxie, Gangstörungen, Paresen von 4. und 6.

Hirnnerv und Hirndruck wegen gestörter Liquorzirkulation (Lethargie, Kopfschmerzen, morgendliches

Erbrechen) im Vordergrund. Patienten mit Liquormetastasen beklagen sich über extreme Schwäche

(Tumorkompression von Rückenmark oder Nervenwurzeln). Die Anamnese ist meist kurz.

Diagnostik:

Im CT oder MRI erscheinen Medulloblastome als solide, intensiv und homogen Kontrastmittel

anreichernde Tumormassen.

Therapie:

Anschliessend an die Operation wird eine Bestrahlung des Tumorgebietes und der gesamten Neuraxis

durchgeführt. Der exakte Benefit der heute standardmässig durchgeführten Chemotherapie ist noch

nicht völlig geklärt.

Prognose:

Page 100: Spezielle Patho Modul 87

Am besten ist die Prognose bei makroskopisch vollständiger Resektion, fehlendem radiologischem

Nachweis von Liquormetastasen und negativer Liquorzytologie. Rezidive sind häufig und treten meist

innerhalb der ersten zwei Jahre nach Primärtherapie auf. Die 5 Jahres Überlebensrate liegt bei 50-80%.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

o Scharf begrenzter rundlicher sehr zellreicher (deshalb blauer) Tumor.

o Monomorpher Zellrasen mit hyperchromatischen ovalen oder karottenförmigen Zellkernen.

o Kaum erkennbares Zytoplasma.

o Homer-Wright Rosetten aus ringförmig angeordneten Tumorzellkernen um ein fibrilläres

Zentrum aus Zytoplasmafortsätzen.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

o Tumorlokalisation.

o Extrakranielle Tumormanifestation.

Präparat Nr 025 aus Kasten S 007

Topographie / Diagnose

Sella turcica / Kraniopharyngeom

Einleitung

-

Klinik

-

Repetitorium

-

Präparat Nr 002 aus Kasten S 008

Topographie / Diagnose

Niere / Extrakapilläre Glomerulonephritis

Einleitung

Definition:

Die extrakapilläre Glomerulonephritis ist definiert als Glomerulonephritis mit Halbmonden in mehr als

50 bzw. 75% der Glomeruli (je nach Definition).

Aetiologie und Pathogenese:

Die Zusammenfassung von ätiologisch und pathogenetisch unterschiedlichen Glomerulonephritiden

Page 101: Spezielle Patho Modul 87

(Goodpasture Syndrom 3%, Immunkomplex Glomerulonephritis 45%, Pauci-Immun

Glomerulonephritis 50%) in der Gruppe der extrakapillär-betonten Glomerulonephritis ergibt sich aus

der gleichartigen Klinik (rapid progressive Glomerulonephritis) und Prognose (sehr schlecht mit

irreversibler terminaler Niereninsuffizienz bei Halbmonden in mehr als 75% der Glomeruli und

initialer Oligoanurie).

Morphologie:

Histologisch entscheidend für die Diagnose einer extrakapillären Glomerulonephritis sind glomeruläre

Nekrosen mit Fibrinexsudation und der Nachweis fibrindurchtränkter glomerulärer Halbmonde.

Halbmondbildungen allein sind nicht spezifisch für die extrakapilläre Glomerulonephritis. Sie finden

sich auch bei anderen glomerulären Erkrankungen. Das Ausmass der glomerulären Läsionen ist

äusserst variabel. Alle Übergänge von segmentalen und fokalen bis zu diffusen und globalen

Veränderungen kommen vor. Früh- und Spätveränderungen liegen oft unmittelbar nebeneinander.

Spätveränderungen umfassen segmental und fokal sklerosierte Glomeruli oder globale

Glomerulusverödungen .

Immunhistochemisch lassen sich beim Goodpasture Syndrom lineare Antibasalmembran Antikörper

nachweisen und bei einer Immunkomplex Glomerulonephritis granuläre Immunkomplexe. Bei den

Pauci-Immun Glomerulonephritiden (Polyarteritis nodosa Mischform oder Mikroform und Morbus

Wegener) hingegen lassen sich Immunglobuline (IgM, selten andere) und Komplementkomponenten

lediglich innerhalb der Nekrosen, nicht aber in den gut erhaltenen glomerulären Kapillaren

nachweisen. Serologisch finden sich oft c-ANCA (Morbus Wegener) oder p-ANCA (Polyarteritis).

Elektronenmikroskopisch erkennbar sind Basalmembranrupturen , Fibrinpräzipitate und proliferierte

Zellelemente im Bereich der Nekrosen.

Klinik

Symptomatik:

Die nekrotisierende extrakapilläre Glomerulonephritis äussert sich klinisch als rapid progressive

Glomerulonephritis mit Verlust von mindestens 50% der glomerulären Filtrationsrate innerhalb von

wenigen Tagen bis 3 Monaten. Patienten mit Wegener Granulomatose zeigen oft eine Kombination

von entzündlichen Läsionen im oberen Respirationstrakt, Lungeninfiltrate mit Lungenblutungen und

ein Nierenversagen (ca. 70% der Patienten mit Morbus Wegener zeigen eine nekrotisierende

Glomerulonephritis). In der Prodromalphase einer ANCA assoziierten Vaskulitis zeigen die Patienten

grippeartige Symtpome mit Fieber, Arthralgien, Myalgien, Anorexie und Gewichtsverlust.

Diagnostik:

Bei Verdacht auf rapid progressive Glomerulonephritis sollten Serumuntersuchungen auf

Antibasalmembran Antikörper und ANCAs durchgeführt werden. Der Nachweis von c-ANCA zeigt

mit einer Spezifität von etwa 90% und einer Sensitivität von fast 95% eine Wegener Granulomatose

an. Die Panarteritis nodosa Mikroform hingegen ist assoziiert mit p-ANCA.

Therapie:

Die Therapie einer ANCA assoziierten Erkrankung besteht aus einer Kombination von

Kortikosteroiden und Cyklophosphamid. Prognostisch entscheidend für die Nierenfunktion ist der

Serumkreatininwert zum Zeitpunkt der Diagnosestellung. Eine frühe Diagnosestellung mit raschem

Therapiebeginn ist deshalb sehr wichtig.

Repetitorium

Morphologische Befunde:

o Fast alle Glomerula zeigen frische Schlingennekrosen und frischen segmentale oder globale

Halbmonde (Zellproliferation ohne Matrixbildung) im Bowman' Kapselraum.

o Segmentale Schlingennekrosen mit exsudiertem Fibrin (orange) und Protein (rot).

o In einem Teil der Glomerula Ruptur der Bowman‟schen Kapsel und periglomeruläre

Entzündung.

Page 102: Spezielle Patho Modul 87

o Interlobäre Arterien mit sektorförmiger nekrotisierender Vaskulitis.

o Lymphohistiozytäre und teils granulozytäre Entzündung im tubulointerstitiellen Raum.

o Hyalintropfige Eiweissspeicherung in proximalen Tubuli

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

o ANCA-Tests.

o Nierenfunktion.

o Urinbefund.

o Zeitlicher Verlauf der Erkrankung.

o Beteiligung extrarenaler Organe.

Präparat Nr 004 aus Kasten S 008

Topographie / Diagnose

Niere / Membrano-proliferative Glomerulonephritis Typ I

Einleitung

Pathogenese:

Bei den überwiegend immunpathogenetisch bedingten Glomerulonephritiden gibt es primäre und

sekundäre Formen. Die primären Formen sind durch fehlende, die sekundären durch vorhandene

andere Systemerkrankungen definiert. Bei der membrano-proliferativen Glomerulonephritis Typ I

wurde beispielsweise eine Assoziation mit einer Hepatitis B oder C, einem ventrikuloatrialen Shunt

oder Systemaffektionen wie systemischem Lupus oder Kryoglobulinämie (oft in Kombination mit

Hepatitis C) beobachtet.

Morphologie:

Morphologisch handelt es sich bei der membrano-proliferativen Glomerulonephritis um eine durch

Mesangium- und Kapillarwandschädigungen charakterisierte Immunkomplexglomerulonephritis

(Synonym: mesangiokapilläre Glomerulonephritis). Man unterscheidet einen Typ I mit

subendothelialen Depots von einem Typ II mit dichten intramembranösen Ablagerungen (besser als

intramembranöse Glomerulonephritis oder dense deposit disease bezeichnet) .

Verlauf:

Die Erkrankung läuft phasenhaft ab : initial subendotheliale Depots begleitet von neutrophilen

Granulozyten und Monozyten in den Schlingenlumina , später mesangiale Zellvermehrung,

Auswandern in die Schlingenperipherie (mesangiale Interposition) und subendotheliale

Basalmembranneubildung (Tramgleisbild aufgrund einer Basalmembranverdopplung). Schliesslich

Abnahme der subendothelialen Depots und zunehmende mesangiale Matrixvermehrung zum Teil mit

knotiger Umwandlung der Mesangiumfelder.

Immunhistochemisch primär subendotheliale , später auch mesangiale granuläre Depots reich and

Komplement C3 , daneben meist auch IgG, IgM und IgA.

Elektronenmikroskopisch hauptsächlich subendotheliale, später auch mesangiale und gelegentlich

einzelne subepitheliale Depots.

Anmerkung:

Die präzise Diagnosestellung glomerulärer Erkrankungen erfordert neben der Berücksichtigung

klinischer Angaben den kombinierten Einsatz von Lichtmikroskopie, Elektronenmikroskopie und

Immunhistochemie.

Klinik

Page 103: Spezielle Patho Modul 87

Vorkommen:

Glomeruläre Erkrankungen bilden die häufigste Ursache einer akuten oder chronischen

Niereninsuffizienz. Betroffen sind bevorzugt ältere Kinder und junge Erwachsene, daneben auch

Patienten nach dem 50. Lebensjahr. Die Membrano-proliferative Glomerulonephritis Typ I ist selten

und kommt in weniger als 10% der Biopsien bei Erwachsenen mit nephrotischem Syndrom oder

nephritischem Harnsediment vor. Aus unbekanntem Grund wird diese Form der Glomerulonephritis

zunehmend seltener.

Symptomatik:

Klinisch äussert sich die Erkrankung als massive Proteinurie bis zum nephrotischen Syndrom, akutes

nephritisches Syndrom oder rapid progressive Glomerulonephritis. Später im Verlauf besteht bei fast

allen Patienten ein nephrotisches Syndrom mit arterieller Hypertonie auf. Komplement C3 ist

intermittierend erniedrigt. Die

Prognose:

Erkrankung verläuft meist protrahiert progressiv mit langen Remissionen. Die renale 5-Jahres-

Funktionsrate liegt zwischen 30-70%. Die Rekurrenzrate im Nierentransplantat beträgt etwa 10%.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

o Diskrepanz zwischen deutlich geschädigten Glomerula und weitgehend unauffälligem

tubulointerstitiellem Raum.

o Vergrösserte Glomerulumanschnitte.

o Den Kapselraum ausfüllendes lobuliertes Kapillarschlingenkonvolut.

o Verbreitertes hyperzelluläres Mesangium (mehr als drei Zellen pro Mesangiumareal mit

überlappenden Kernen).

o Die glomerulären Basalmembranen wirken schon in der Übersicht deutlich verdickt und

erscheinen verdoppelt.

o Monozyten und neutrophile Granulozyten in den Kapillarschlingen.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

o Nierenfunktion.

o Urinbefunde.

o Resultat der Komplement C3 Bestimmung.

o Assoziierte Systemerkrankung.

Präparat Nr 005 aus Kasten S 008

Topographie / Diagnose

Niere / Disseminierte intravasale Gerinnung

Einleitung

Definition:

Erworbenes Syndrom gekennzeichnet durch eine disseminierte intravasale Gerinnungsaktivierung und

Fibrinablagerungen, welche je nach Ausmass bis zu Multiorganversagen führen kann. Die DIG tritt im

Rahmen definierter klinischer Situationen auf und weist bestimmte laborchemische Merkmale auf.

Aetiologie:

Page 104: Spezielle Patho Modul 87

Eine DIG kann durch verschiedene Grunderkrankungen ausgelöst werden, welche über einen oder

multiple Wege die Gerinnungskaskade aktivieren. Meistens über den extrinsischen Weg mit

Hauptbeteiligung des Gewebefaktors. Mögliche Grunderkrankungen bei DIG:

o Sepsis

o Trauma (ZNS Trauma oder Polytrauma)

o Organnekrosen (Pankreas, Leber)

o Malignom (solide Tumoren, hämatologische Tumoren)

o Schwangerschaftskomplikationen (Abruptio placentae, Uterusatonie, Fruchttod)

o Vaskuläre Anomalien

o Toxische Wirkungen (Schlangenbiss, Amphetamine)

o Immunologische Wirkungen (Transfusionsreaktion, Transplantatabstossung)

Es kommt zu einer Aktivierung der intravasalen Gerinnung mit vermehrter Thrombin- und/oder

Plasminbildung. In der gesamten Mikrozirkulation werden Fibrinthromben gebildet, die zu

Mikroinfarkten und Organversagen führen können. Sekundär kommt es zur Aktivierung der

Fibrinolyse. Der Verbrauch von Gerinnungsfaktoren und Thrombozyten in der Kreislaufperipherie

verursacht sekundär eine hämostatische Insuffizienz mit erhöhter Blutungsneigung.

Anmerkung:

Bei einer thrombotischen Mikroangiopathie (thrombotisch thrombozytopenische Purpura / hämolytisch

urämisches Syndrom) werden ebenfalls Fibrinthromben in der Mikrozirkulation abgelagert. Für eine

korrekte Diagnose ist deshalb die Korrelation mit klinischen Befunden notwendig.

Klinik

Symptomatik:

Es können verschiedene Verlaufsformen von chronisch kompensiert, subklinisch bis fudroyant

lebensbedrohlich beobachtet werden. Bei milden Formen sind lediglich veränderte Laborparameter

nachweisbar bzw. eine leichte hämorrhagische Diathese. Bei schweren Fällen besteht eine massive

hämorrhagische Diathese mit Haut- und Schleimhautblutungen, Hämatomen, Nachblutungen aus

Stichkanälen, GI-Blutungen, Nierenblutungen und intrazerebralen Blutungen. Gleichzeitig können

multiple Mikrothrombosen zu irreversiblen Organschäden führen: akutes Nierenversagen, ARDS

(adult respiratory distress syndrome).

Diagnostik:

Voraussetzung für die Diagnose einer DIC sind das Vorliegen einer auslösenden Grunderkrankung und

bestimmte Labormerkmale. Die Diagnose kann vermutet werden bei erhöhter Blutungs- bzw.

Gerinnungsneigung bei einem Patienten mit einer entsprechenden Grunderkrankung. Pathologische

Veränderungen verschiedener laborchemisch bestimmter Gerinnungsparameter (Thrombozytenzahl,

Fibrinspaltprodukte, verlängerte Thromboplastinzeit, Fibrinogen) bestätigen die Diagnose. Aufgrund

der laborchemischen Veränderungen kann eine fulminante von einer kompensierten DIC abgegrenzt

werden.

Therapie:

An erster Stelle der Behandlung steht die Therapie der Grunderkrankung. Bei Blutungskomplikationen

können Erythrozytenkonzentrate, fresh frozen plasma (FFP) oder Plättchenkonzentrate, Kryopräzipitat,

ATIII und Protein C Konzentrat transfundiert werden. Bei leichten, kompensierten Formen ist unter

Umständen keine Therapie notwendig. Neuere Therapieansätze fokussieren auf die Hemmung des

Gewebefaktors als Auslöser der Thrombinbildung und auf eine Modulation der inflammatorischen

Reaktion, welche ihrerseits zur Gerinnungsaktivierung beiträgt.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Page 105: Spezielle Patho Modul 87

o Rote Fibrinthromben in Kapillarschlingen der Glomerula, Vas afferens und efferens,

peritubulären Kapillaren.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

o Grunderkrankung, die zu DIC führen kann.

o Gerinnungsstörung (Blutungstendenz, Thrombosen, Organdysfunktion, veränderte

Gerinnungsparameter).

Präparat Nr 006 aus Kasten S 008

Topographie / Diagnose

Niere / Diabetische noduläre Glomerulosklerose

Einleitung

Aetiologie:

Die renale Mikroangiopathie bei Diabetes mellitus ist Folge einer Matrixstörung besonders

charakterisiert durch eine Zunahme von Kollagen Typ IV in der mesangialen Matrix und in den

Basalmembranen von Glomerula, Gefässen und Tubuli.

Morphologie:

Im allgemeinen ist die Niere infolge von Glomerulumhypertrophie und Tubulushyperplasie vergrössert

und derb, die Oberfläche ist granuliert. Bei schwerer Atherosklerose und fortgeschrittener

Niereninsuffizienz kann die Niere auch normal gross oder verkleinert sein. Die Kombination von

nodulärer Glomerulosklerose, hyalinen Schlingenkappen (=Proteinthromben in den

Glomerulumschlingen ) oder Kapseltropfen und Arteriolosklerose in Vas afferens und efferens ist

beweisend für eine diabetische Nephropathie. Jede einzelne Läsion für sich genommen ist aber

unspezifisch. Eine noduläre Glomerulosklerose kann auch vorkommen bei membranoproliferativer

Glomerulonephritis , Leichtkettenglomerulopathie oder Amyloidose . Der nodulären

Glomerulosklerose geht bei Diabetikern eine diffuse Glomerulosklerose voraus. Dabei zeigen die

glomerulären Basalmembranen und das Mesangium eine progrediente gleichförmige Verbreiterung.

Bei der nodulären und diffusen Glomerulosklerose handelt es sich aber wahrscheinlich um zwei

pathogenetisch unterschiedliche, sich überlagernde Krankheitsbilder. Typisch bei Diabetikern ist im

Unterschied zur arteriellen Hypertonie die Arteriolosklerose von Vas afferens und efferens und oft

auch der Vasa recta. Intrarenale Arterien können eine Atherosklerose mit Atheromen zeigen.

Subendotheliale Proteinablagerungen teilweise mit Verschluss der Glomerulumschlingen

(Schlingenkappen) und knotige Proteinablagerungen in der Bowman'schen Kapselbasalmebran

(Kapseltropfen) gehören zu den sogenannten exsudativen Läsionen der diabetischen

Nephropathie und führen zu Synechien sowie zur globalen Glomerulosklerose. Gleichzeitig mit den

Glomerulumveränderungen treten tubuläre Basalmembranverbreiterungen auf, später eine

Tubulusatrophie und interstitielle Fibrose mit Begleitentzündung. Auch die Basalmembranen der

peritubulären Kapillaren sind verdickt.

Klinik

Vorkommen:

Die diabetische Nephropathie kommt beim Diabetes mellitus Typ I doppelt so häufig vor wie beim

Typ II. Allerdings zeigen bei Autopsie nur 15% aller Diabetiker (30-50% aller Typ I Diabetiker) eine

noduläre Glomerulosklerose. Die diabetische Nephropathie tritt meist mehr als 10 Jahre, gewöhnlich

15-20 Jahre nach Beginn des Diabetes mellitus auf.

Symptomatik:

Page 106: Spezielle Patho Modul 87

Vor Nachweis der klinischen Proteinurie besteht eine Mikroalbuminurie. Bei 30% der Patienten

steigert sich die Proteinurie zum nephrotischen Syndrom. Eine Hämaturie besteht bei 30% und eine

arterielle Hypertonie bei 75%. Die Niereninsuffizienz entwickelt sich im allgemeinen innerhalb von 3-

5 Jahren nach Auftreten einer konstanten Proteinurie. 80% werden innert 10 Jahren urämisch.

Prognose:

Die diabetische Nephropathie rekurriert im Transplantat zum Teil bereits nach einem Jahr vor allem

bei schlechter Stoffwechselkontrolle. Der Schweregrad der diffusen Glomerulosklerose, die

interstitielle Fibrose und die Tubulusatrophie korrelieren am besten mit den klinischen Symtomen

Proteinurie und Abnahme der glomerulären Filtrationsrate. 6% der Patienten mit nodulärer

Glomerulosklerose sterben an terminaler Niereninsuffizienz, 65% an den Folgen der Hypertonie.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

o Noduläre Glomerulosklerose.

o Exsudative Läsionen: Hyaline Schlingenkappen (Proteinthromben in Glomerulumschlingen, im

virtuellen Präparat nicht sichtbar) und Kapseltropfen (Proteinablagerungen im Bowman‟schen

Kapselraum).

o Arteriolosklerose von Vas afferens und efferens.

o Intrarenale Atherosklerose.

o Verdickte Basalmembranen der peritubulären Kapillaren.

o Verbreiterung der tubulären Basalmembran.

o Tubulusatrophie mit interstitieller Fibrose und Begleitentzündung.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

o Diabetestyp.

o Dauer der Erkrankung.

o Nierenfunktion.

o Proteinurie (Ausmass, Dauer).

o Hämaturie.

o Arterielle Hypertonie.

o Medikamenteneinnahme.

Präparat Nr 007 aus Kasten S 008

Topographie / Diagnose

Niere / Amyloidose der Niere

Einleitung

Definition:

Amyloid ist eine pathologische Aggregation pathologisch gefalteter Proteine und Peptide, die meist

extrazellulär abgelagert werden. Amyloid ist mit Kongorot anfärbbar und zeigt polarisationsoptisch

eine abnormale Polarisationsfarbe (grünlich oder orangegelb). Amyloid besitzt eine fibrilläre

Ultrastruktur (Fibrillen mit 8-10nm Durchmesser unterschiedlicher Länge). In der

Röntgendiffraktion haben die Fibrillen eine Beta-Faltblatt Struktur. Bisher wurden über 30

verschiedene Proteine und Peptide identifiziert, die beim Menschen Amyloid bilden können.

Nomenklatur:

Page 107: Spezielle Patho Modul 87

Die Bezeichnung des Amyloids richtet sich nach dem abgelagerten Amyloidprotein und wird mit

einem Buchstabencode verschlüsselt. Das Amyloid wird mit dem Anfangsbuchstaben "A" bezeichnet,

dem ohne Leertaste die Abkürzung des Vorläuferproteins folgt. Beispiel: ATTR-Aymloidose steht für

das Vorläuferprotein Transthyretin, das sowohl bei der familiären Amyloidneuropathie (mutiertes

Transthyretin) als auch bei der senilen kardiovaskulären Amyloidose (Wildtyp Transthyretin)

abgelagert wird.

Morphologie und Diagnostik:

Amyloidablagerungen können bislang nur histologisch und elektronenmikroskopisch diagnostiziert

werden. Kein klinischer, serologischer oder radiologischer Test ersetzt die histologische Untersuchung.

Makroskopische Befunde: Bei ausgedehntem Befall wird das Gewebe steifer, wächserner, die

Schnittfläche imponiert speckig und die Brüchigkeit ist erhöht. Ein Befall der weissen Milzpulpa führt

zum Bild der Sagomilz und ein Befall der roten Pulpa zur Schinkenmilz. Eine Makroglossie,

Organrupturen und Blutungen können ebenfalls auf eine Amyloidose hinweisen. Bei Nierenbefall

typisch sind grosse, weisse Nieren mit bläulichem Unterton und gummiartiger Konsistenz.

Insbesondere nach Hämodialyse finden sich gelblich-rötliche Schrumpfnieren.

Histologisch finden sich strukturlose azelluläre Ablagerungen, die in der Kongorotfärbung rot (in

der Doppelbrechung grün bis orange-gelb ) und in der van Gieson Färbung gelb zur

Darstellung kommen. Sehr sensitiv aber weniger spezifisch ist der Nachweis von gelb-oranger

Fluoreszenz der Ablagerungen im Fluoreszenzmikroskop. Gelegentlich finden sich Makrophagen oder

mehrkernige Riesenzellen neben oder innerhalb der Ablagerungen. Die Typisierung des Amyloids

gelingt immunhistochemisch mit spezifischen Antikörpern gegen die verschiedenen Amyloid-

Vorläufer . Die Typisierung gibt einen Hinweis auf die assoziierte Grunderkrankung und die

klinische Relevanz der Ablagerungen.

Lokalisation:

Amyloid kann in jedem Organ oder Gewebstyp gebildet und abgelagert werden. Es werden lokale oder

Organ-limitierte (Bsp. AL) von den systemischen, mehrere Organe betreffenden Formen unterschieden

(am häufigsten AA, AL und ATTR). Das Organ-Verteilungsmuster ist abhängig vom Typ des

Amyloidproteins. In der Niere überwiegen AL- und AA-, im Herz AL- und ATTR-, und im

Gastrointestinaltrakt AL-Amyloidablagerungen. Lokale Amyloidablagerungen finden sich auch

assoziiert mit verschiedenen Tumoren Bsp. Hypophysenadenom, medulläres Schilddrüsenkarzinom,

gastroenteropankreatische endokrine Tumoren , Phäochromozytom, Basaliom. Von Immunglobulin

Leichtketten abgeleitetes AL Amyloid kann in verschiedenen Organen lokal abgelagert werden und als

Tumor imponieren (Bsp. Larynx ).

Lokalisation in der Niere:

In der Niere kann Amyloid glomerulär , vaskulär und/oder tubulointerstitiell abgelagert

werden.

update 30. August 2012

Klinik

Vorkommen:

Amyloidablagerungen kommen bei beiden Geschlechtern und in allen Altersgruppen vor. Jenseits des

85. Altersjahres findet sich seniles Amyloid bei jedem Individuum. Männer sind häufiger betroffen.

Hereditäre Amyloidosen kommen lokal gehäuft vor z.B. in Portugal mit einer Prävalenz von bis zu

1:1000.

Symptomatik:

Die Symptomatik hängt ab von der Verteilung und der Menge der Ablagerungen. Die verschiedenen

Amyloidosen weisen eine sehr variable oft unspezifische Klinik auf und können leicht übersehen

werden. Nicht selten wird Amyloid ohne vorausgehenden klinischen Verdacht erstmals vom

Pathologen diagnostiziert. Folgende (unspezifische) Symptome können auf eine Amyloidose

hinweisen: Proteinurie, Nephrotisches Syndrom, Niereninsuffizienz, Karpaltunnelsyndrom,

Page 108: Spezielle Patho Modul 87

sensomotorische und autonome Neuropathie, Herzinsuffizienz, Arrhythmien, Hepatosplenomegalie,

Diarrhoe, Ileus, Infarkte, Makroglossie, Malabsorption, Ulzera, Lymphadenopathie, Hämatome,

makulopapulöse Hauteffloreszenzen oder Purpura. Zeichen einer Nierenerkrankung (Proteinurie) bei

einem Patienten mit einer chronischen infektiösen oder nicht infektiösen Entzündung sollten an die

Möglichkeit einer AA-Amyloidose denken lassen. Bei Patienten mit einer Plasmazellerkrankung muss

bei entsprechenden Symptomen an die Möglichkeit einer AL-Amyloidose gedacht werden.

Diagnostik:

Die definitive Diagnose einer Amyloidose kann nur morphologisch (Biopsie oder Zytologie) gesichert

werden. Eine Nierenbiopsie besonders bei Patienten mit Proteinurie bietet die höchste diagnostische

Ausbeute. Anstelle der Nierenbiopsie kann bei klinischem Verdacht auf eine Amyloidose entweder

eine Aspiration von subkutanem Fettgewebe durchgeführt werden (60% der AA-Amyloidosen positiv,

negativ bei familiärem Mittelmeerfieber) oder eine tiefe Rektumbiopsie (muss Submukosa enthalten,

80-85% positiv). Beide Untersuchungen zusammen ergeben in bis zu 90% der Fälle ein positives

Resultat. Bei negativem Befund sollte dasjenige klinisch symptomatische Organ biopsiert werden, das

das geringste Risiko einer punktionsassoziierten Komplikation aufweist. Die Diagnose der

Leichtkettenamyloidose beruht auf der histologischen Untersuchung der betroffenen Organe. Da die

Amyloidablagerungen in der HE Färbung sehr diskret sein können, muss bei Biopsien mit Frage

nach Amyloidose die Verdachtsdiagnose unbedingt auf dem Anmeldeformular vermerkt werden. Bei

dieser klinischen Fragestellung wird vom Labor zusätzlich eine Kongorotfärbung angefertigt. Bei

Verdacht auf Nierenamyloidose sollte eine Untersuchung mit intravenös applizierten Kontrastmitteln

unterbleiben, da ein Nierenversagen ausgelöst werden kann.

Therapie:

Die Therapie ist je nach Amyloidsubtyp sehr unterschiedlich. Bei einer AA-Amyloidose wird die

Grunderkrankung (chronische Entzündung) behandelt. Eine systemische AL-Amyloidose kann mit

Hochdosis-Chemotherapie und autologer Stammzelltransplantation der Plasmazellneoplasie behandelt

werden. Eine Lebertransplantation oder kombinierte Leber-Nierentransplantation wird nach

molekularbiologischer Sicherung der zu Grunde liegenden Mutation bei bestimmten Formen

hereditärer Amyloidosen durchgeführt.

Prognose:

Die klinische Bedeutung von Amyloidablagerungen kann unbedeutend oder lebensbedrohlich sein.

Entsprechend sollte der Kliniker bei Nachweis von Amyloid in einer Biopsie dessen klinische

Relevanz weiter abklären. Insbesondere sollte die Frage geklärt werden, ob es sich um eine lokalisierte

oder um eine systemische Erkrankung handelt. Bei histologischem Nachweis von Amyloid in

Fettgewebsaspiraten, Biopsien des Gastrointestinaltrakts, peripheren Nerven, Endomyokardbiopsien

aus dem rechten Ventrikel oder Biopsien aus parenchymatösen Organen (Niere, Leber, Lunge, Milz)

muss klinisch nach einer systemischen Amyloidose gesucht werden. Die Nierenamyloidose hat die

schlechteste Prognose aller chronischen Nephropathien. Das 3 Jahres-Überleben beträgt lediglich 25%.

Die Prognose nach Nierentransplantation ist ebenfalls schlechter als bei anderen Erkankungen. In

seltenen Fällen von glomerulärer Amyloidose kann sich bei Ausheilung des Grundleidens die

Amyloidose wieder zurückbilden.

update 30. August 2012

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

o Homogene, zellfreie, extrazelluläre Ablagerungen von kongorotem Material (in der

Doppelbrechung flaschengrün).

o Ablagerungen glomerulär, vaskulär (Gefässwände von Arterien und Arteriolen) und

tubulointerstitiell (tubuläre Basalmembran/interstitiell).

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Page 109: Spezielle Patho Modul 87

o Grunderkrankung: chronische entzündliche Erkrankung oder Infekt, familiäres

Mittelmeerfieber, Plasmazellerkrankung (z.B. multiples Myelom, M. Waldenström).

o Hinweise auf systemische Amyloidose: Herzinsuffizienz, Hepatomegalie, CTS, autonome

Neuropathie, Nephrotisches Syndrom, pathologische Serum- oder Urinimmunelektrophorese).

Praxis-Tipp:

o Zur Beschleunigung der Diagnostik Verdacht auf Amyloidose auf dem Anmeldezettel

vermerken (Kongofärbung wird in diesem Fall vom Labor ohne Umweg über den Pathologen

durchgeführt).

o Bei Amyloidoseverdacht: 1. Fettgewebsaspiration, dann Biopsie anderer Organe.

Präparat Nr 008 aus Kasten S 008

Topographie / Diagnose

Niere / Analgetikanephropathie

Einleitung

-

Klinik

-

Repetitorium

-

Präparat Nr 009 aus Kasten S 008

Topographie / Diagnose

Harnblase / Urothelkarzinom bei Phenacetinabusus

Einleitung

Aetiologie und Pathogenese:

Die kombinierte Einnahme von Paracetamol bzw. Phenacetin und Aspirin bewirkt eine toxische

Schädiung von Kapillarendothelien und Epithelzellen der Henle-Schleife. Die Hauptläsion liegt im

Nierenmark und in den proximalen ableitenden Harnwegen, da hier die Substanzkonzentration am

höchsten ist. Phenacetin, Paracetamol bzw. Aspirin alleine eingenommen führen dagegen nicht zu

einer Analgetikanephropathie.

Morphologie:

Pathomorphologisch unterscheiden sich Urothelkarzinome bei Phenacetinabusus nicht von

sporadischen Urothelkarzinomen abgesehen von ihrer bevorzugten Lokalisation im Nierenbecken und

der allenfalls ausserhalb des Tumors in der Harnwegsschleimhaut nachweisbaren Kapillarosklerose.

Klinik

Page 110: Spezielle Patho Modul 87

Vorkommen:

Der Abusus Phenacetin, bzw. Paracetamol- haltiger Mischanalgetika führt zu einer Vermehrung von

Harnwegstumoren um einen Faktor 10. Die Häufung ist noch markanter für Nierenbeckentumoren und

beträgt für diese Lokalisation das 50 fache verglichen mit Nicht-Abusern. Normalerweise machen

Karzinome des Nierenbeckens etwa vier bis neun Prozent aller Nierenkarzinome aus. In Gegenden mit

gehäuftem Auftreten von Analgetikanephropathie steigt diese Zahl auf bis zu 30 Prozent.

Harnblasentumoren sind sechsmal häufiger. Analgetikaabusus ist definiert als nicht

bestimmungsgerechte tägliche Einnahme von Phenacetin- bzw. Paracetamol- haltigen Mischanalgetika

länger als ein Jahr. Das Risiko für die Entwicklung (terminaler) Nierenschäden steigt ab einer

kumulativen Dosis von 0.5 bis 1 kg Paracetamol in Mischanalgetika.

Seit Verbot der auslösenden Mischanalgetika in der Schweiz hat sich die Zahl der Patienten mit

terminaler Niereninsuffizienz wegen Analgetikanephropathie deutlich verringert und das

Durchschnittsalter der betroffenen Patienten ist angestiegen.

Symptomatik:

Extrarenale Folgeerscheinungen sind Voralterung, Hyperpigmentierung von Haut, Leber und

Rippenknorpel , Verlust der Lunulae, psychische Störungen, Magenulzera und Atherosklerose.

Renale Folgeerscheinungen sind Hyperpigmentierung der Schleimhäute , Kapillarosklerose ,

Analgetika Nephropathie , sekundäre Pyelonephritis und die oben erwähnte Häufung von

Harnwegstumoren.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

o Solider Tumor mit fokalen Entzündungsinfiltraten.

o Polymorphe Tumorzellen mit unscharfen Zellgrenzen und bläschenförmigen (=vesikulären)

Kernen.

o Zahlreiche Mitosen.

o Ureter mit verdickten Kapillaren (Kapillarosklerose).

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

o Phenacetinabusus.

o Tumorlokalisation.

Präparat Nr 010 aus Kasten S 008

Topographie / Diagnose

Niere / Akute Pyelonephritis

Einleitung

Aetiologie:

Eine akute Pyelonephritis ist eine durch Bakterien oder Pilze ausgelöste Entzündung von

Nierenparenchym und Nierenbecken, welche zur Destruktion des Nierenparenchyms führt. Praktisch

jeder Keim kann eine akute Pyelonephritis verursachen. In 85% lassen sich gram negative Erreger der

eigenen Darmflora isolieren: E.coli, Proteus, Klebsiellen, Enterobakter, Streptokokkus faecalis,

Staphylokokken, selten Pilze. Die Infektion erfolgt am häufigsten aszendierend, seltener hämatogen

(=embolisch eitrige Herdnephritis). Virulente Keime verursachen dabei Herde in der Rinde. Bei gering

virulenten Keimen und Pilzen liegen die Herde bevorzugt im Mark (Ausscheidungsnephritis). Die

Nierenschädigung fällt am schwersten aus bei hämatogener Streuung und gleichzeitiger Obstruktion

Page 111: Spezielle Patho Modul 87

der ableitenden Harnwege. Bestimmte Erreger führen zu charakteristischen Sonderformen:

xanthogranulomatöse Pyelonephritis , Malakoplakie , Tuberkulose, Echinokokkose,

Aktinomykose, Histoplasmose, Candidiasis.

Morphologie:

Makroskopisch sind die Nieren vergrössert. Die Oberfläche ist oft von Gruppen stecknadelkopfgrosser

gelblicher Eiterherde mit rotem Randsaum übersät. Auf der Schnittfläche sind streifenförmige

Eiterherde mit rotem Randsaum, gelegentlich Abszesse, akute Papillennekrosen , eine

Pyonephrose (eitergefülltes Nierenbecken) oder eine subpelvine Phlegmone nachweisbar. Beim

akuten Schub einer chronischen Pyelonephritis sind zusätzlich Narben vorhanden. Pyelonephritische

Herde sind histologisch gekennzeichnet durch eine zentrale eitrige Einschmelzung mit

Gewebsdestruktion. Das umgebene Gewebe wird infiltriert von neutrophilen Granulozyten untermischt

mit einzelnen Lymphozyten, Plasmazellen und Histiozyten. Der rote Randsaum wird verursacht durch

die entzündliche Gefässhyperämie.

Klinik

Vorkommen:

Eine akute Pyelonephritis lässt sich bei 3% aller Autopsien nachweisen. Bei der aszendierenden

Infektion erfolgt primär eine Keimbesiedlung der Urethra. Aufgrund der Kürze der weiblichen Urethra

sind Frauen bis 40 Jahre zehnmal häufiger betroffen als Männer. Bei Patienten über 60 Jahre

dominieren Männer aufgrund der myoglandulären Prostatahyperplasie.

Risikofaktoren:

Die wichtigsten Faktoren, die eine Pyelonephritis begünstigen sind:

o Aszendierende Infektion bei Obstruktion durch Tumor, Nephrolithiasis, Prostatahyperplasie,

Gravidität.

o Aszendierende Infektion bei Harnblasendysfunktion, Reflux und Harnblasenkatheter.

o Hämatogene Infektion bei Diabetes mellitus, Gicht, Plasmozytom, vernarbenden

Nephropathien.

o Aszendierende oder hämatogene Infektion bei Analgetika-Nephropathie.

Symptomatik:

Die Patienten haben Fieber über 38°C, Flankenschmerzen, klopfschmerzhafte Nierenlager, Übelkeit,

Erbrechen und ev. einen paralytischen Ileus. Pollakisurie und Dysurie können fehlen.

Diagnostik:

Die Keimzahl ist nicht beweisen für eine akute Pyelonephritis, da auch bei schwerer akuter

Pyelonephritis die Bakterienausscheidung im Urin gering sein kann. Neben Urinstatus, Urinsediment,

Urinkultur, Blutkultur und Laborbestimmungen sollte eine Bilanzierung der Flüssigkeits Ein- und

Ausfuhr vorgenommen werden. Sonographisch können Harnaufstau, Konkremente oder Abszesse

nachgewiesen und die Nierengrösse bestimmt werden.

Therapie:

Bei Pyelonephritis ohne Sepsis kann eine empirische Antibiotikatherapie in der Regel als

Monotherapie durchgeführt werden. Auch bei Ansprechen der empirischen Therapie sollte im Verlauf

eine Adaptation unter Berücksichtigung der Resistenzprüfung, des Toxizitätsrisikos und des

Medikamentenpreises erfolgen. Da die initiale Therapie intravenös erfolgt, wird meist eine

Hospitalisation notwendig.

Komplikationen:

Als gefürchtete Komplikation kann sich eine Urosepsis (und ev. septischer Schock) meist mit gram

negativen Keimen entwickeln. Besonders gefährdet sind Patienten mit Harnwegsobstruktion,

Dauerkatheter, Zystennieren, Schwangerschaft, Diabetes mellitus und Immunsuppression.

Page 112: Spezielle Patho Modul 87

Prognose:

Vor allem bei obstruktiver Ursache ist die Erkrankung potentiell lebensgefährlich.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

o Streifenförmige Entzündungsherde erstrecken sich vom Mark bis in die Rinde.

o Hyperämie des angrenzenden Parenchyms.

o Destruktion der Nierentubuli durch neutrophile Granulozyten innerhalb der Herde.

o Sammelrohre angefüllt mit neutrophilen Granulozyten.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

o Nierenfunktion.

o Urinbefund.

o Risikofaktoren für Pyelonephritis.

o Erregernachweis.

Präparat Nr 013 aus Kasten S 008

Topographie / Diagnose

Niere / Aggressive interstitiell-zelluläre Transplantatabstossung

Einleitung

Klassifikation:

Wegen der zunehmenden Verbreitung der Transplantation werden grosse Anstrengungen

unternommen, die histologischen Kriterien der Abstossung international zu standardisieren. Dies

geschieht in Konsensus-Konferenzen, von denen die Banff-Konferenz die bekannteste ist (Banff: Stadt

in Alberta, Kanada). Sie ist die gebräuchlichste einer Reihe von Klassifikationen und setzt sich auch in

Europa zunehmend durch. Sie ist für Multizenterstudien nicht jedoch für die Beurteilung individueller

Biopsien geeignet. Die Nomenklatur der Abstossungsreaktion ist verwirrend. Klinisch orientiert man

sich am zeitlichen Auftreten der Abstossung (hyperakut, akut, chronisch). Grundsätzlich sollte diese

Nomenklatur durch eine morphologische Nomenklatur (siehe unten) ersetzt werden, da der Pathologe

hyperakut, akut und chronisch nicht "sehen" kann.

Verlauf und Morphologie:

Man unterscheidet verschiedene Formen der Transplantatabstossung, die sich bezüglich bevorzugtem

zeitlichem Auftreten, Pathogenese und Morphologie voneinander unterscheiden:

o Hyperakute Abstossung:

Beginn innert 24 Stunden nach Transplantation. Sie wird verursacht durch die Anwesenheit von

zum Zeitpunkt der Transplantation bereits vorhandenen Antikörpern gegen den Spender. Der

Prozess ist irreversibel und erfordert eine sofortige Reoperation. Thrombosierte Arterien,

Arteriolen und Glomerula sowie die konsekutiven Rindennekrosen sind das morphologische

Korrelat.

o Akzelerierte akute Abstossung:

Innert 1 bis 5 Tagen postoperativ, meist bei mehrfach transplantierten Patienten. Sie wird meist

durch Antikörper gegen den Spender verursacht.

o Akute Abstossung (vorliegendes Präparat):

Typischerweise innert 1 bis 5 Wochen (meist innerhalb der ersten 3 Monate, kann aber

Page 113: Spezielle Patho Modul 87

jederzeit auftreten) nach Transplantation. Es handelt sich in erster Linie um einen

zellvermittelten Prozess mit antigenspezifischer Immunantwort bei Histoinkompatibilität

zwischen Spender und Empfänger (Coombs-Typ IV). Bei einem Grossteil der akuten

Abstossungen mit Gefässbefall (Endarteritis) und/oder Transplantat-Glomerulitis sind

gleichzeitig Antikörper gegen HLA-Antigene nachweisbar. Bei den meisten akuten

Abstossungsreaktionen besteht ausschliesslich eine tubulo-interstitielle Entzündung mit

Lymphozyten, Histiozyten und später Plasmazellen. Der Prozess ist heute meist reversibel.

Histologisch unterscheidet man eine akute tubulointerstitielle, eine vaskuläre, selten eine

glomeruläre Abstossung und Mischformen.

o Chronische Transplantatnephropathie:

Die sogenannte chronisch sklerosierende Transplantatnephropathie ist entweder auf

wiederholte akute Abstossungsreaktionen, auf nicht abstossungsbedingte Ursachen oder eine

Kombination beider Faktoren zurückzuführen. Zu den nicht abstossungsbedingten Ursachen

zählen: Ischämie, Hypertonie, nephrotoxische Medikamente, Infekte, erhöhter Druck in den

ableitenden Harnwegen. Rund die Hälfte der chronischen Transplantatnephropathien wird

verursacht durch wiederholte akute Abstossungen des Transplantats. Sie tritt Wochen bis Jahre

nach Transplantation in Erscheinung und nimmt oft einen schleichenden Verlauf. Die

chronische Abstossung manifestiert sich als Transplantat-Glomerulopathie oder Transplantat-

Vaskulopathie und führt zu Tubulusatrophie und interstitieller Fibrose.

Bei der nicht abstossungsbedingten Transplantatnephropathie stehen Tubulusatrophie,

interstitielle Fibrose, Arterio- und Arteriolosklerose und andere Veränderungen im

Vordergrund.

update 7. September 2011

Klinik

Symptomatik:

Die klassischen Symptome der akuten Abstoßungsreaktion: allgemeines Unwohlsein, Fieber,

Verminderung der Urinausscheidung, Gewichtszunahme, erhöhter Blutdruck, Schmerzen im

Transplantat. Bei regelmäßig durchgeführter Nachsorge werden Abstoßungsreaktionen aber in

der Regel noch vor dem Auftreten klinischer Symptome erkannt.

Diagnostik und Therapie:

Bei einer Verschlechterung der Nierenfunktion nach Transplantation kann eine frühzeitig

durchgeführte Biopsie meist wichtige Hinweise auf die Ätiologie der klinischen Symptomatik

liefern und die Therapieentscheidung massgeblich beeinflussen. Durch eine adäquate und

frühzeitig einsetzende Steigerung der Immunsuppression bei Zeichen einer Abstossung kann

der Transplantatverlust in der Regel verhindert werden.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Grosse Biopsie aus Nierenmark und -rinde, letztere mit 13 Glomeruli, alle mit

normalem Zell- und Matrixgehalt sowie zarten Kapillarschlingen

Tubulärer Apparat der Rinde mit ödematös verbreitertem und herdförmig dicht

lymphohistiozytär durchsetztem Interstitium

Vereinzelt Lymphozyten im Tubulusepithel (Tubulitis)

Eine von 6 grossen bzw. mittelgrossen Interlobulararterien mit segmental verbreiterter,

fibrosierter Intima mit Myofibroblasten und mit subendothelial gelegenen Leukozyten

(Endothelialitis)

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Grunderkrankung, die zur Transplantation geführt hat.

Page 114: Spezielle Patho Modul 87

Datum der Transplantation und bisheriger Verlauf.

Art der immunsuppressiven Therapie.

Vorliegen einer Infektion.

Klinische Zeichen der Abstossung.

update 7. September 2011

Präparat Nr 014 aus Kasten S 008

Topographie / Diagnose

Niere / Hellzelliges Nierenzellkarzinom

Einleitung

Histogenese:

Nierentumoren können sich von unterschiedlichen Komponenten des Nierenparenchyms

ableiten, wobei epitheliale Tumoren (Adenokarzinome) häufiger als mesenchymale Tumoren

sind.

Morphologie:

Entsprechend dem histologischen Wachstumsmuster werden die Nierenzellkarzinome unterteilt

in hellzellige (klarzellige), papilläre und chromophobe Nierenkarzinome sowie

Sammelrohrkarzinome . Hellzellige Karzinome sind mit einem Anteil von über 80% der

häufigste Typ. Klarzellige Karzinome zeigen immunhistochemisch Differenzierungsmerkmale

des proximalen Tubulus, so dass man davon ausgeht, dass sich dieser Tumortyp vom

proximalen Tubulussystem ableitet.

Die Schnittfläche der meist solitären hellzelligen Karzinome ist hellgelb bis grauweiss, oftmals

mit Nekrosen, Blutungen und Zystenbildung. Dadurch entsteht das charakteristische „bunte“

Bild dieser Tumoren. Nierenkarzinome bilden zum angrenzenden Parenchym teilweise eine

Pseudokapsel. Grosse Tumoren können in das perirenale Fettgewebe, das Nierenbecken oder

die Nierenvene einbrechen. In Einzelfällen entstehen Tumorthromben in der Vena cava, die bis

in den rechten Herzvorhof reichen können. Wegen der Ähnlichkeit der Tumorzellen mit den

Zellen der Nebennierenrinde wurden Nierenkarzinome früher als „Hypernephrom“ bezeichnet.

Die Tumorzellen haben aufgrund ihres hohen Glykogen- und Lipidgehaltes ein helles

Zytoplasma und einen pflanzenzellartigen Aspekt. Eine sarkomatoide Differenzierung

innerhalb der verschiedenen Tumortypen geht mit einem erhöhten Progressionsrisiko einher.

Verlauf:

Die Metastasierung von Nierenkarzinomen erfolgt meistens hämatogen nach dem Cava-Typ.

Oft haben Nierenkarzinome bereits vor Diagnosestellung metastasiert. Metastasen werden

häufig in Lungen (über 75%), Knochen (ca. 40%), Leber (30%) , Hirn (15%) und

Nebennieren (20%) gefunden. Eine lymphogene Metastasierung in die regionären

Lymphknoten (Nierenhilus, para-aortal, paracaval) wird in 20% der Fälle beobachtet.

Anmerkung:

Metastasen von Nierenkarzinomen können auch noch viele Jahre nach der Nephrektomie

auftreten. Bei Auftreten eines Zweittumors sollte der Pathologe immer über das früher

diagnostizierte Nierenzellkarzinom informiert werden, da auch andere Organe primär

hellzellige Karzinome ausbilden können (Bsp. Schilddrüse, Speicheldrüse, Pankreas). Das

weitere therapeutische Verfahren hängt stark davon ab, ob es sich um ein metastasierendes

Nierenzellkarzinom oder um einen zweiten Primärtumor handelt.

Page 115: Spezielle Patho Modul 87

Klinik

Vorkommen:

Inzidenz und Mortalität des Nierenzellkarzinoms nehmen im Alter zu und erreichen das

Maximum zwischen 60 und 70 Jahren. Die jährliche Inzidenz wird in Europa mit 4 bis 5 pro

100'000 Einwohner angegeben.

Männer sind 2-3x häufiger betroffen als Frauen.

Risikofaktoren:

Knapp 10% Nierenkarzinome sind familiär gehäuft bzw. auf vererbte Keimbahndefekte

zurückzuführen und treten oft in jüngeren Jahren, bilateral bzw. multizentrisch auf. Am

häufigsten ist das Nierenzellkarzinom beim von Hippel Lindau Syndrom, das auf variablen

Mutationen im VHL Tumorsupressorgen beruht. Für Entstehung und Verlauf sporadischer

Nierenkarzinome sind hingegen komplexe genomische Veränderungen verantwortlich.

Risikofaktoren sind Nikotinabusus, Adipositas und Exposition mit organischen Lösungsmitteln.

Symptomatik:

Die klassische Symptomentrias Makrohämaturie, Flankenschmerz und tastbarer Nierentumor

tritt nur bei etwa 10% der Patienten auf. In den meisten Fällen ist die Hämaturie das klinisch

führende Symptom, begleitet von paraneoplastischen Syndromen wie Polyglobulie (aufgrund

von Erythropoetinbildung durch Tumorzellen), Hyperkalzämie, Hypertonie, Cushing-Syndrom,

Eosinophilie und leukämischen Reaktionen. Gewichtsverlust, Fieber und Hyperkalzämie

weisen auf ein bereits fortgeschrittenes Tumorleiden hin.

Therapie:

Die radikale Resektion bietet praktisch die einzige kurative Chance. Bei kleinen Tumoren kann

eine organerhaltende Tumorenukleation erwogen werden. Bei metastasierten

Nierenkarzinomen gibt es wenig Therapieoptionen, da das Nierenzellkarzinom

strahlenunempfindlich ist und kaum auf eine Chemotherapie anspricht. Bei Entfernung des

Primärtumors ist teilweise eine Regression von Metastasen beobachtet worden.

Prognose:

Die 5-Jahresüberlebensrate beträgt bei Patienten ohne Metastasen 60 bis 80%, während die 5-

Jahresüberlebensrate bei Vorliegen von Fernmetastasen auf etwa 10% sinkt.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Wenig residuelles nicht neoplastisches fibrosiertes Nierenparenchym mit dichtem

gemischtem Entzündungsinfiltrat (links unten).

Multiple expansiv wachsende Tumorknoten.

Reichlich zellarmes Tumorstroma mit frischen Einblutungen, Blutungsresiduen

(Siderophagen) und dystrophen Verkalkungen.

Teils drüsige, teils solide Tumorarchitektur.

Zahlreiche dünnwandige Gefässe und schmale Bindegewebssepten.

Polygonale Tumorzellen mit reichlich klarzelligem oder granulär eosinophilem

Zytoplasma und deutlichen Zellgrenzen.

Hyperchromatische, polymorphe grosse Kerne mit prominenten Nukleolen.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Radiologischer Befund.

Familiäres Nierenzellkarzinom oder Syndromzugehörigkeit.

Page 116: Spezielle Patho Modul 87

Präparat Nr 015 aus Kasten S 008

Topographie / Diagnose

Niere / Wilms Tumor (Nephroblastom)

Einleitung

Histogenese:

Nephroblastome rekapitulieren die embryonale Nephrogenese und bestehen aus wechselnden

Anteilen aller Komponenten des metanephrogenen Blastems der embryonalen Niere. Bei 20-

40% der Nieren mit Nephroblastom lassen sich persistierende Reste metanephrogenen

Blastems nachweisen. Diesen persistierenden metanephrogenen Resten wird die Rolle einer

Präneoplasie zugeschrieben.

Morphologie:

Wilms Tumoren sind typischerweise scharf begrenzt und von einer fibrösen Pseudokapsel

umgeben. Die Schnittfläche ist markig, die Farbe variiert von grau über gelblich bis blassrosa.

Es können Einblutungen und Nekrosen vorkommen. Die Morphologie wird heutzutage von der

präoperativ durchgeführten Chemotherapie bestimmt, die sogar zur vollständigen Nekrose des

Tumors führen kann.

Die klassische Histologie umfasst drei Komponenten, von denen eine quantitativ dominieren

kann:

Tubuläre Strukturen mit Lumina und unreife Glomerula (epitheliale Komponente).

Zellreiche, kompakte, undifferenzierte faserfreie Areale aus zytoplasmaarmen

rundlichen Zellen mit hyperchromtischen Kernen (Blastemkomponente).

Weniger zellreiche Bezirke aus einem fibrösen oder myxoiden Gewebe (Stroma) mit

spindeligen Stromazellen.

Das Stroma kann quergestreifte Muskelfasern, Fettgewebe und hyalines Knorpelgewebe

enthalten. Die neoadjuvante präoperative Chemotherapie führt zu Nekrosen des Blastems und

der unreifen Tubuli, ausgedehnten Hämorrhagien, Pseudozysten, schaumzellreichen myxoiden

Arealen und Fibrosebezirken mit Ansammlungen von Siderophagen. Ein besonders gutes

Ansprechen können blastemreiche Tumoren zeigen, die dann aus vollständig nekrotischem

Tumorgewebe bestehen. Ihr Kurspräparat zeigt einen Tumor ohne Vorbehandlung, der noch

aus der Zeit vor Einsatz der heute üblichen Chemotherapie stammt.

Klinik

Vorkommen:

Das Nephroblastom (Synonym Wilmstumor) ist der häufigste Nierentumor bei Kindern und

Jugendlichen mit einer Inzidenz von 1:10.000. Er macht 6-7% aller malignen Tumoren im

Kindesalter aus. Der Häufigkeitsgipfel der Nephroblastome liegt zwischen 1. und 4.

Lebensjahr.

Symptomatik:

Hauptsymptom ist ein schmerzloser Tumor in abdomine, selten sind Schmerzen, Hämaturie

oder Hypertonie. 10 % der Kinder sind symptomlos (Diagnose über Tastbefund bei

Vorsorgeuntersuchung). Häufiger als andere solide Tumoren des Kindesalters sind

Wilmstumoren verbunden mit Begleitfehlbildungen wie Anomalien des Urogenitaltrakts, des

Bewegungsapparates, des ZNS und der Augen. Beidseitige Tumoren sind 10mal häufiger mit

zusätzlichen Anomalien verbunden. Mutationen und Deletionen des Tumorsupressorgens WT1

sind bei einzelnen Patienten assoziiert mit Wilmstumor, Aniridie und gelegentlich Anomalien

des Urogenitaltrakts, sowie mentaler Retardierung (sogenanntes WAGR-Syndrom). Das WT1

Gen kodiert einen für die normale Entwicklung des Urogenitalsystems wichtigen

Page 117: Spezielle Patho Modul 87

Transkriptionsfaktor. Für das Beckwith-Wiedemann Syndrom (Makroglossie, Exomphalos,

viszeraler Gigantismus, Hemihypertrophie und Nephroblastom) wird ein WT2 Gen postuliert,

ist jedoch im Gegensatz zum WT1 Gen bis heute noch nicht sequenziert worden.

Diagnostik und Therapie:

In Europa wird gemäss Protokoll der "Societé Internationale d'Oncologie Pédriatique (SIOP)

die primäre Diagnose ausschliesslich radiologisch gestellt. In England kommt eine

prätherapeutische diagnostische Stanzbiopsie hinzu. Die histopathologische Beurteilung des

Ansprechens auf die Chemotherapie folgt nach einer präoperativen Chemotherapie am

Nephrektomiepräparat. Standardtherapieelemente sind Tumornephrektomie, systemische

Chemotherapie und Radiotherapie. Durch eine Kombination dieser Therapieelemente sind die

höchsten Heilraten zu erzielen. Eine präoperative Chemotherapie erhöht den Anteil der

Patienten mit einem postoperativen Tumorstadium I und verringert die Rate der intraoperativen

Tumorrupturen. Die Art und Dauer der postoperativen Therapie orientiert sich immer am

histologischen Subtyp und dem lokalen Tumorstadium. Die Behandlung sollte in Zentren

erfolgen, die eine ausreichende Erfahrung in der Therapie maligner Erkrankungen des

Kindesalters besitzen.

Prognose:

Ohne Behandlung ist die Prognose des Nephroblastoms infaust. Mit einer Therapie, wie sie im

Rahmen prospektiver Studien durchgeführt wird, ist die Prognose heute jedoch gut. Sie ist

abhängig vom Stadium der Erkrankung und dem histologischen Subtyp. Die Prognose wird

wesentlich durch das Ansprechen auf die präoperative Chemotherapie und die Resezierbarkeit

bestimmt. Im verbleibenden vitalen Tumorgewebe am chemotherapierten Operationspräparat

ist eine Dominanz tubulärer Strukturen prognostisch günstiger zu werten als eine Dominanz der

Blastemkomponente. Drei bis sieben Prozent der Wilmstumoren zeigen eine Anaplasie, die bei

diffusem Vorhandensein mit einer wesentlich schlechteren Prognose assoziiert ist. Die

Identifikation molekularer prognostischer Marker ist Gegenstand aktueller Forschung. Es ist zu

erwarten, dass die umfassende Diagnostik der Nephroblastome den Routine-Einsatz

molekularer Techniken insbesondere in der Pathologie erfordert. Unter Berücksichtigung der

Prognosefaktoren werden 90 % der Patienten geheilt. Die meisten Rezidive treten innerhalb der

ersten beiden Jahre nach Therapieende auf. Während dieser Zeit sind engmaschige bildgebende

Untersuchungen notwendig.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Scharf begrenzter triphasischer Tumor mit dunklen und hellen Komponenten.

Helle Stromakomponente: mesenchymale Spindelzellen, teils mit

Skelettmuskeldifferenzierung (Zellen mit kompaktem eosinophilem Zytoplasma mit

Querstreifung).

Dunkle Blastemkomponente: Scharf begrenzte Knoten und Bänder aus dichtgepackten,

scharf begrenzten dunklen zytoplasmaarmen Zellen. Zahlreiche Mitosen. Zentrale

Tumornekrosen.

Epitheliale Differenzierung: Innerhalb des Blastems epitheliale Komponente in Form

von Tubuli.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Radiologische Befunde.

Vorbehandlung.

Präparat Nr 016 aus Kasten S 008

Page 118: Spezielle Patho Modul 87

Topographie / Diagnose

Harnblase / Invasives Urothelkarzinom

Einleitung

Lokalisation:

Urothelkarzinome entstehen zu über 90% in der Harnblase, können aber auch von

Nierenbecken, Ureter oder Urethra ausgehen. Nicht selten sind multizentrische Tumoren

(Feldeffekt der einwirkenden Noxen, Implantationsmetastasen). Bei Urothelkarzinomen der

oberen Harnwege wird in einem Drittel bis zur Hälfte der Patienten später ein Blasenkarzinom

gefunden.

Histogenese:

Mehr als 90% der epithelialen Tumoren des Urogenitaltrakts entfallen auf Urothelkarzinome,

der Rest auf Plattenepithelkarzinome, Adenokarzinome ausgehend von Urachusresten und

kleinzellige Karzinome.

Morphologie:

Bei den invasiven Urothelkarzinomen der Harnblase unterscheidet man nach dem

Wachstumsmuster papilläre und solide Karzinome. Invasive Urothelkarzinome weisen oft

deutlichen Zellatypien auf (geringer Differenzierungsgrad). Zumindest herdförmige

plattenepitheliale oder adenomatöse Differenzierungen (Metaplasien) kommen oft vor und

haben keine prognostische Bedeutung. Eine Ausnahme bilden kleinzellige Karzinomanteile, die

die Prognose deutlich verschlechtern. Ausserhalb des invasiven Karzinoms zeigt das Urothel

gehäuft ein Carcinoma in situ. .

Drei histologische Varianten des Urothelkarzinoms (plasmazytoid, nested und mikropapillär)

weisen eine besonders schlechte Prognose auf. Mikropapilläre Karzinome kommen auch in

anderen Organen vor (z.B. Mamma, Lunge) und zeichnen sich durch eine sehr hohe

lymphogene Metastasierungsrate aus.

Genetik:

Invasive und high grade Urothelkarzinome (pTa G3, pT1-4, Carcinoma in situ) sind genetisch

instabile Tumoren mit zahlreichen chromosomalen Veränderungen, Genamplifikationen sowie

Mutationen und Deletionen von p53. Das Progressionsrisiko ist im Vergleich zu den low grade

Urotheltumoren deutlich erhöht.

update 7. September 2011

Klinik

Vorkommen:

20-30% der Urothelneoplasien sind invasiv wachsende Urothelkarzinome. Es sind überwiegend

alte Patienten betroffen. Urothelkarzinome sind beim Mann viermal häfiger als bei der Frau.

Risikofaktoren:

Als Risikofaktoren gelten Nikotinabusus (wichtigster Risikofaktor in den industrialisierten

Ländern mit 50% aller Tumoren), chemische Karzinogene, chronische Urozystitis und

Phenazetinabusus.

Symptomatik:

Die Patienten bemerken eine Hämaturie und/oder Dysurie. Gewichtsverlust, Fieber, Leuko- und

Thrombozytose deuten auf ein fortgeschrittenes Stadium hin. Vielfach sind der Entdeckung des

invasiven Karzinoms zahlreiche transurethrale Resektionen von nicht invasiven papillären

Urotheltumoren vorausgegangen.

Diagnostik:

Page 119: Spezielle Patho Modul 87

Patienten mit Hämaturie nach dem 40. Lebensjahr müssen mit einer Zystoskopie mit Biopsie

und kompletter Abtragung suspekter Befunde sowie mittels Urinzytologie abgeklärt werden.

Da der Tumor makroskopisch oft schlecht sichtbar ist, werden systematisch von verschiedenen

Stellen Biopsien entnommen (sogenanntes Mapping). Die Urinzytologie erfasst auch die

selteneren extravesikalen Tumoren, die der Zystoskopie nicht zugänglich sind. Falls

zystoskopisch ein möglicherweise invasiver Tumor vorliegt, ist zusätzlich eine

Computertomographie notwendig. Aufgrund der grossen Häufigkeit von

Chromosomenveränderungen können invasiv wachsende Urotheltumoren mit molekular-

zytogenetischen Hilfsuntersuchungen (Fluoreszenz in situ Hybridisierung; FISH) von Zellen im

Urin fast immer diagnostiziert werden. Die FISH Untersuchung ist dabei sensitiver und

spezifischer als eine alleinige zytologische Untersuchung des Urins.

Sensitivität und Spezifität von Urin-Streifentests und -Zytologie sind für ein

bevölkerungsweites Screening ungenügend. Zusammen mit der vergleichsweise tiefen Inzidenz

würden ein zu hoher Abklärungsaufwand und zu hohe Kosten resultieren.

Therapie:

Wenn keine Metastasen vorliegen, kann ein Patient durch radikale operative Eingriffe

(Zystektomie mit pelviner Lymphknotendissektion, Nephrektomie) geheilt werden. Bei

inoperablen Patienten sollten eine potentiell kurative Bestrahlung oder Chemo-/Radiotherapie

erhalten. Bei den primär metastasierten Urothelkarzinomen versprechen Chemotherapien einen

guten palliativen Effekt.

Prognose:

Insgesamt ist die Prognose invasiver Karzinome schlecht. Nur 30% dieser Patienten überleben

3 Jahre. Falls eine Zystektomie durchgeführt werden kann, ist die Prognose besser (50% 5-

Jahres Überleben).

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Multiple Fragmente einer transurethralen Resektion.

In der Mitte rechts ist ein Harnblasenfragment mit tumorfreien Anteilen der

Harnblasenmuskulatur erkennbar. Dieses Fragment ist bedeckt von einem aus wenigen

Zellagen bestehenden Urothel mit stark vergrösserten und hyperchromatischen Kernen

(Carcinoma in situ des tumorfernen Urothels).

Fragmente eines papillär aufgebauten Karzinoms.

Tumorzellkerne mit ausgeprägter Pleomorphie und Hyperchromasie sowie prominenten

Nukleolen. Fehlende polare Ausrichtung der Tumorzellen. Zahlreiche Mitosen und

Apoptosen.

Kleinherdige Tumornekrosen.

Invasion der Lamina propria (Tumorfragmente links): Kleine Tumorzellgruppen oder

Einzelzellen haben die Basalmembran an wenigen Stellen durchbrochen und liegen in

der Lamina propria.

Begleitendes dichtes gemischtes Entzündungsinfiltrat.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Genaue Lokalisation des Tumors.

Urotheltumoren in der Vorgeschichte.

Präparat Nr 001 aus Kasten S 009

Topographie / Diagnose

Page 120: Spezielle Patho Modul 87

Knochen, Rippe / Sekundäre Frakturheilung

Einleitung

Aetiologie:

Knochenbrüche infolge einer plötzlichen äußeren Gewalteinwirkung werden als traumatische

Frakturen bezeichnet. Bei chronischen oder wiederholten Mikrotraumen können

Ermüdungsfrakturen auch ohne äußere Gewalteinwirkung auftreten. Von pathologischen

Frakturen spricht man bei spontanen Knochenbrüchen, die in einem primär pathologisch

veränderten Knochen bei inadäquatem Trauma entstehen, z.B. bei Osteoporose,

Knochenzysten, primären Knochentumoren oder Knochenmetastasen.

Vorkommen:

Die primäre Knochenheilung findet ohne Kallusbildung statt, meist bei sehr kleinen

Knochendefekten bzw. schmalen Frakturspalten. Bei bestehendem Frakturspalt oder

ungenügender Fixation der Frakturenden kommt es zur sekundären Frakturheilung.

Verlauf:

eim Frakturvorgang reissen periostale, intrakortikale und endostale Blutgefässe ein. Es bildet

sich ein Frakturhämatom. Innert 7-14 Tagen wird das Hämatom durch einsprossendes

Granulationsgewebe organisiert. Je nach Stabilität der Frakturenden kommt es zur desmalen

Verknöcherung des Bindegewebes bzw. zur metaplastischen Knorpelbildung, die sekundär in

Knochen umgewandelt wird. Nach 4-6 Wochen ist der Kallus vollständig knöchern

umgewandelt. Anschliessend wird das überschüssige Kallusgewebe resorbiert und der Kallus in

lamelläres Knochengewebe umgewandelt. Eine Wiederherstellung der normalen

Kortikalisdichte setzt nach 6 Wochen ein.

Klinik

Diagnostik:

Klinische Befunde bei einer Fraktur sind Achsenfehlstellungen, Hämatom, Druckschmerz,

Stauuchungsschmerz, Bewegungsschmerz oder hörbare Krepitation. Arterieller und venöser

Gefässstatus, neurologische Ausfälle und Weichteilverletzungen sollten bei jeder Fraktur

beachtet werden.

Therapie:

Mit der operativen Frakturversorgung (Osteosynthese) wird die primäre Knochenheilung

angestrebt. Hierbei werden mittels Metallplatten und Schrauben (Druckplattenosteosynthese)

oder intramedullärer Nägel die Frakturteile unter Druck exakt adaptiert und optimal stabilisiert.

Komplikationen:

Die Frakturheilung ist mit zahlreichen möglichen Komplikationen behaftet. Knochennekrosen

im Anschluß an eine Fraktur entstehen aufgrund traumatischer Gefäßzerstörungen. Sie können

zu erheblichen Störungen der primären oder sekundären Frakturheilung führen. Atrophie und

Demineralisierung der Knochen nach Frakturen entstehen meist bei verlängerter

Immobilisierung oder als Folge gesteigerter resorptiver Vorgänge (Sudeck-Atrophie). Die

sekundäre Osteomyelitis stellt die Hauptkomplikation nach offenen oder operativ versorgten

Frakturen dar. Eine ungenügende Kallusbildung beispielsweise unter Kortikosteroidtherapie

führt zur verzögerten Stabilisierung. Bei einer überschiessenden Kallusbildung mit

Knochenbildung in den angrenzenden Weichteilen wird ein statisch minderwertiger Kallus

gebildet. Bei ungenügender knöcherner Überbrückung des Frakturspaltes und vorzeitiger

Belastung bildet sich im Frakturbereich ein Gelenk an falscher Stelle aus (Pseudarthrose).

Frakturen, die die Wachstumsfuge betreffen, haben eine Reduktion des Längenwachstums zur

Folge. Achsenfehlstellungen werden im Kindesalter im Verlauf des nachfolgenden

Längenwachstums ausgeglichen. Beim Erwachsenen müssen Fehlstellungen unter Umständen

mit einer Osteotomie korrigiert werden. Frakturen im Bereich der Gelenkflächen ziehen als

Spätkomplikation eine sekundäre Arthrose nach sich. Besonders bei älteren Patienten ist eine

Page 121: Spezielle Patho Modul 87

Verzögerung der Mobilisierung mit einer erhöhten Morbidität und Mortalität verbunden

(Pneumonie, Venenthrombosen und Lungenembolien, Muskelatrophie, Inaktivitätsatrophie der

Knochen, Dekubitus, Harnwegsinfekte). Eine möglichst rasche Mobilisierung ist deshalb

anzustreben.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Verschiebung der Bruchstücke gegeneinander.

Über dem Frakturspalt senkrecht auf die Frakturlinie ausgerichtete

Faserknochenbälkchen mit Osteoblastensaum und ausgedehnte Bezirke von

neugebildetem Knorpel.

Devitalisierter ortsständiger Knochen mit leeren Osteozytenhöhlen angrenzend an den

Frakturspalt.

Knochenmark zu beiden Seiten der Frakturlinie mit Markfibrose.

Fibrinablagerung und Knorpelneubildung im Frakturspalt.

Enchondrale Ossifiktation des neugebildeten Knorpels.

Auch entfernt von der Bruchlinie Neubildung von Knochenbälkchen im Markraum.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Datum und Therapie der Fraktur.

Präparat Nr 002 aus Kasten S 009

Topographie / Diagnose

Knochen, Tibia / Morbus Paget des Knochens

Einleitung

Aetiologie:

Der Morbus Paget (=Osteitis deformans) des Knochens ist eine chronische Erkrankung des

Skelettes mit fokalen Arealen von gesteigertem Knochenumbau und Ersatz der normalen

Knochenmatrix durch weichen und vermehrten Knochen. Sehr wahrscheinlich handelt es sich

um eine "slow virus" Erkrankung. Gelegentlich tritt die Krankheit familiär auf.

Lokalisation:

Monostotische Formen befallen vor allem Becken, Femur und Tibia. Bei polyostotischer Form

sind besonders Schädel, Wirbelsäule, Becken, Femur und Tibia betroffen.

Morphologie:

An den betroffenen Stellen ist sowohl der Knochenabbau als auch der Knochenanbau

gesteigert. Die Osteoklasten sind auffallend gross und enthalten sehr viele Kerne . Die

aktivierten Osteoblasten produzieren verdickte und grob geflochtene Spongiosabälkchen. Der

neugebildete Knochen ist strukturell und morphologisch abnorm und schlecht mineralisiert. Der

Knochen wird dadurch weich und anfällig auf Frakturen oder Deformation unter Belastung

(nach vorne gebogene Säbelscheidentibia). Das Knochenmark wird ersetzt durch

fibrovaskuläres lockeres Stroma, welches an Granulationsgewebe erinnert. Mikroskopisch

werden eine osteolytische Initialphase, eine Umbauphase mit verstärkter Knochenneubildung

und eine sklerosierende Stabilisationsphase mit strukturellem Umbau und Spongiosierung der

Kortikalis (verbreiterte spongiosaartige Kortikalis) unterschieden.

Page 122: Spezielle Patho Modul 87

Klinik

Vorkommen:

Die Prävalenz bei Personen über 40 Jahre beträgt etwa 3%. Männer überwiegen in einem

Verhältnis von 3:2. Die Erkrankung ist selten bei Patienten unter 55 Jahren und wird im Alter

zunehmend häufig. Am häufigsten ist der Morbus Paget in Ost- und Westeuropa, England,

Australien und Neuseeland.

Symptomatik:

Meist verläuft die Erkrankung asymptomatisch. Einige Patienten klagen über Schmerzen,

Steifigkeit, Ermüdbarkeit, Knochendeformitäten (der Hut ist zu klein), Kofpschmerzen oder

Hörstörungen. Schmerzen können im befallenen Knochen selbst entstehen, durch Kompression

eines Nerven oder eine begleitende Arthrose.

Komplikationen:

Ein Wirbelbefall kann Paresen oder eine Paraplegie durch Kompression des Rückenmarks

verursachen. Die gesteigerte metabolische Aktivität in den betroffenen Knochen kann eine

Herzinsuffizienz zur Folge haben. Weniger als 1% der Patienten entwickeln ein sekundäres

Osteosarkom oder noch seltener andere Tumoren.

Diagnostik:

Oft wird die Diagnose als Zufallsbefund in einem Röntgenbild gestellt. Das Röntgenbild

zeigt eine erhöhte Knochendichte, eine Verdickung der Corticalis, eine Knochendeformität und

eventuell Mikrofrakturen. Die alkalische Phosphatase im Serum ist erhöht, während Kalzium

und Phosphatspiegel im Normbereich liegen. Im Urin und im Serum lassen sich erhöhte

Hydroxyprolinspiegel nachweisen (Kollagenabbau). Eine Knochenszintigraphie kann als

Screeninguntersuchung zur Lokalisierung von Paget Herden verwendet werden.

Therapie:

Die lokalisierte asymptomatische Erkrankung erfordert keine Therapie. NSAR können zur

Schmerzlinderung verabreicht werden. Einigen Patienten kann mit einem orthopädischen

Eingriff geholfen werden. Als medikamentöse Therapie können zur Reduktion des

Knochenumbaus Bisphosphonate oder Calcitonin eingesetzt werden.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Die Spongiosabälkchen sind auffallend verdickt, vermehrt und unregelmässig geformt.

Prominente Zementlinien sind mosaikartig angeordnet.

Riesenosteoklasten mit über 20 Kernen sind an der Knochenoberfläche erkennbar.

Vermehrte kubische aktive Osteoblasten bauen Knochen an.

Lockere Markfibrose.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Radiologischer Befund.

Präparat Nr 003 aus Kasten S 009

Topographie / Diagnose

Knochen, Wirbelsäule / Osteoporose, normaler Knochen

Page 123: Spezielle Patho Modul 87

Einleitung

Definition:

Als Osteoporose wird ein Knochensubstanzverlust bezeichnet, welcher das alterungsbedingte

physiologische Ausmass (ca. 1% Verlust pro Jahr ab dem 35. Lebensjahr) übertrifft, mit

Störungen der Mikroarchitektur einhergeht und zu einer erhöhten Frakturneigung führt. Im

fortgeschrittenen Stadium können vor allem im Bereich der Wirbelsäule Frakturen spontan,

ohne adäquates Trauma auftreten. Häufig sind auch Schenkelhalsfrakturen und

Radiusfrakturen.

Aetiologie:

Man unterscheidet folgende Formen der Osteoporose: postmenopausale Osteoporose, senile

Osteoporose, juvenile Osteoporose und sekundäre Osteoporose (bei Frauen bis zu 30%, bei

Männern bis zu 50%!). Die häufigsten Gründe für eine sekundäre Osteoporose sind

Hypogonadismus, Langzeit-Kortisontherapie, Neoplasien, Alkoholabusus, entzündlich-

rheumatische Erkrankungen, chronische entzündliche Darmerkrankungen oder eine

Hyperthyreose.

Morphologie:

Makroskopisch fällt eine Rarefizierung der Spongiosa und eine erhöhte Maschenweite des

Bälkchengerüstes auf (Röntgenbild: Verminderung der Knochendichte erst ab ~30%

Knochenmasseverlust sichtbar!). Die Spongiosa ist vermehrt eindrückbar. Oft finden sich

multiple Kompressionsfrakturen der Wirbelkörper mit Fischwirbelbildung. Histologisch sind

eine Verschmälerung der Kompakta und verminderte Vernetzung der verdünnten

Spongiosabälkchen sowie Mikrokallusbildungen nachweisbar.

Klinik

Vorkommen:

Etwa jede 3. Frau und jeder 7. Mann erleidet im Laufe des Lebens eine osteoporotische Fraktur.

Risikofaktoren:

Die wichtigsten Risikofaktoren assoziiert mit einem gehäuften Auftreten von osteoporotischen

Frakturen sind niedrige Knochendichte, bereits aufgetretene Fraktur, osteoporotische Fraktur

bei Verwandten ersten Grades, niedriges Körpergewicht (BMI<19kg/m2) und Nikotinabusus.

Therapie:

Osteoporoseprophylaxe: kalziumreiche Ernährung, köperliche Aktivität, Meiden von Nikotin

und Alkohol, ev. postmenopausale Hormonsubstitution (für die Behandlung einer bestehenden

Osteoporose meist ungenügend). Als antiresorptive Medikamente eignen sich Bisphosphonate.

Bei etablierter Osteoporose sollte das Sturzrisiko verringert werden.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Oberer Wirbelkörper mit Osteoporose, unten ein normaler Wirbelkörper zum Vergleich.

Deutliche Rarefizierung und Atrophie vor allem der horizontalen Spongiosabälkchen.

Hochgradige Reduktion der intertrabekulären Vernetzung.

Reaktiv hyperplastisches blutbildendes Mark.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Gründe für die Osteoporose.

Störung des Kalzium-Phosphathaushaltes.

Page 124: Spezielle Patho Modul 87

Präparat Nr 004 aus Kasten S 009

Topographie / Diagnose

Knochen, Becken / Fibroosteoklasie

Einleitung

Definition:

Von einer Fibroosteoklasie spricht man,wenn es im Rahmen eines Hyperparathyreoidismus

(primär, sekundär oder tertiär) zu einer intensiven Knochenresorption und Bindegewebsbildung

an der Knochenoberfläche und in den Resorptionslakunen kommt.

Aetiologie:

Am häufigsten tritt die Fibroosteoklasie im Rahmen einer renalen Osteopathie bei

Dialysepatienten auf und ist dann meist kombiniert mit osteomalazischen (Vitamin D Mangel)

und osteoporotischen Veränderungen. Seltener tritt die Fibroosteoklasie im Rahmen eines

primären Hyperparathyreoidismus auf (Adenom>Hyperplasie>Karzinom der

Nebenschilddrüse).

Morphologie:

Histologisch findet sich beim Hyperparathyreoidismus eine gesteigerte Osteoklastentätigkeit

mit Tunnellierung der Knochenbälkchen und gleichzeitig eine gesteigerte Knochenneubildung

mit Fibrose der peritrabekulären Markräume. Die Maximalvariante eines sogenannten

„Braunen Tumors“ -Osteodystrophia fibrosa generalisata cystica von Recklinghausen- kommt

heute in Mitteleuropa praktisch nicht mehr vor. Die braune Farbe dieses Tumors wird durch

sekundäre Einblutungen und Siderinablagerungen verursacht.

Klinik

Symptomatik:

Urolithiasis, Muskelschwäche, Müdigkeit, gastrointestinale Beschwerden und Polyurie. Ein

Viertel der Patienten klagen über Knochenschmerzen. Pathologische Frakturen können

vorkommen. Die Diagnose stellt oftmals einen Zufallsbefund (Hyperkalzämie) dar.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Dünne Spongiosabälkchen mit herdförmiger peritrabekulärer Fibrose.

Vermehrte Osteoklastentätigkeit: Spongiosabälkchen mit tiefen Resorptionslakunen,

welche die Bälkchen z.T. tunnelartig aushöhlen.

Die Resorptionslakune ist aufgefüllt mit lockerem Bindegewebe gebildet von

Fibroblasten.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Erkrankung der Nebenschilddrüsen.

Frage nach Knochenstoffwechselstörung (erfordert spezielle Gewebsverarbeitung).

Kalzium-, Phosphat-, Vitamin D- und Parathormonspiegel.

Radiologischer Befund.

Page 125: Spezielle Patho Modul 87

Präparat Nr 005 aus Kasten S 009

Topographie / Diagnose

Knochen / Renale Osteopathie

Einleitung

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Klinik

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Repetitorium

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Präparat Nr 007 aus Kasten S 009

Topographie / Diagnose

Synovialis / Synovialitis bei rheumatoider Arthritis

Einleitung

Morphologie:

In Abhängigkeit von der Entzündungsdauer werden unterschiedliche morphologische Befunde

beschrieben. Die proliferative Phase ist charakterisiert durch Vermehrung des synovialen

Gewebes, Fibrinexsudate und Gelenksergüsse. In der destruktiven Phase kommt es zur

Destruktion von Gelenkknorpel und gelenknahem Knochen durch ein intraartikuläres

Pannusgewebe . Die ausgebrannte Phase ist gekennzeichnet durch eine synoviale Fibrose.

Typische histologische Veränderungen sind eine Vermehrung synovialer Zotten, Verbreiterung

der Deckzellschicht unter Einschluss mehrkerniger Riesenzellen, Fibrinexsudate und synoviale

Ulzerationen, Infiltrate von Lymphozyten, Plasmazellen, neutrophilen Granulozyten,

Makrophagen und Siderophagen, Lymphfollikelbildung sowie Einschlüsse von Knorpel- und

Knochenfragmenten (Detritussynovialitis). Histologische Befunde der Synovialis korrelieren

oft nicht mit den klinischen Angaben. Trotz fortgeschrittener Gelenkdestruktion mit

ausgeprägter klinischer Symptomatik können Synovialektomiepräparate nur sehr geringe

pathologische Veränderungen zeigen. Oft ist auch nicht zu eruieren, welche Läsionen Folge der

Grundkrankheit und welche Folge diverser intraartikulärer Therapien oder begleitender

Infektionen sind.

Synovialitisscore nach Krenn:

Bei einem größeren Teil der Gelenkerkrankungen ist die histopathologische Diagnostik

dadurch eingeschränkt, dass nur uncharakteristische Befunde zu erheben sind. Um die

Synovialitisdiagnostik zu standardisieren, wurde ein Gradierungssystem, der so genannte

Synovialitis-Score, erstellt. Gradiert werden die Dicke der Deckzellschicht, die Zelldichte des

synovialen Stromas und das chronische Entzündungsinfiltrat. (0-1 Punkt: keine Synovialitis; 2-

4 Punkte: niedriggradige Synovialitis; 5-9 Punkte: hochgradige Synovialitis). Der Befund einer

hochgradigen Synovialitis als diagnostisches Kriterium für eine rheumatische Erkrankung

besitzt eine Sensitivität von 60.5% und eine Spezifität von 95.5%.

Page 126: Spezielle Patho Modul 87

Klinik

Klinik Vorkommen:

Die rheumatoide Arthritis (RA) ist eine progressive, entzündliche Autoimmunerkrankung mit

einer Prävalenz von 1% in der Schweiz. Diagnostik:

Zur Diagnose der RA können die Klassifikationskriterien des American College of

Rheumatology herangezogen werden, welche sich auf klinische, radiologische und serologische

Befunde stützen. Allerdings werden die ACR-Kriterien in Frühstadien der Erkrankung oft nicht

erfüllt. Der Rheumafaktor ist der einzige serologische Krankheitsmarker, der als ACR-

Kriterium berücksichtigt wird. Er hat eine Sensitivität für die RA von 60-80%, ist aber nicht

sehr spezifisch. Eine deutlich höhere Spezifität (94-99%) bei vergleichbarer Sensitivität hat der

Antikörper gegen cyclisches citrulliniertes Peptid (anti-CCP). Der anti-CCP2 Test kann Jahre

vor der Manifestation einer RA positiv sein und fällt bei 1/3 aller Rheumafaktor negativen RA

Patienten positiv aus. Innerhalb der hochgradigen Synovialitiden (histologischer

Synovialitisscore >4) ist eine sichere Unterscheidung zwischen Psoriasisarthritis, reaktiver

Arthritis und rheumatoider Arthritis nicht möglich, es sei denn, es liegen Rheumagranulome

vor. Entscheidend für die Diagnose einer rheumatoiden Arthritis sind klinische und

serologische Befunde. Typische histologische Befunde können aber die klinische Diagnose

unterstützen.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Synovialis mit verplumpten Zotten.

Stark proliferierte mehrreihige synoviale Deckzellschicht.

Herdförmig geringe Fibrinauflagerungen durchsetzt von neutrophilen Granulozyten.

Leicht hyperzelluläres Stroma mit lymphoplasmazellulärem Entzündungsinfiltrat,

kleinen Lymphfollikeln und Siderophagen.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Anamnese, Laborbefunde und endoskopische Aspekte. Im Idealfall sollte die

Entnahmestelle des Biopsates genau dokumentiert und beschrieben werden.

Präparat Nr 009 aus Kasten S 009

Topographie / Diagnose

Knochen, Femur / Osteosarkom

Einleitung

Definition:

Das Osteosarkom ist ein maligner Tumor bestehend aus neoplastischen mesenchymalen Zellen,

welche Osteoid oder unreifen Knochen produzieren.

Lokalisation:

Aufgrund ihrer Lokalisation im Knochen unterscheidet man intramedulläre (häufigste

Lokalisation) von subperiostalen, parossalen oder juxtacortikalen Osteosarkomen. Bei jungen

Erwachsenen befällt das Osteosarkom vor allem die Metaphyse von distalem Femur ,

proximaler Tibia und proximalem Humerus. Die nicht verschlossene Epiphysenfuge stellt eine

Barriere gegen das Vorwachsen in die Epiphyse dar. Bei älteren Patienten liegen die Tumoren

Page 127: Spezielle Patho Modul 87

eher im axialen Skelett oder den flachen Knochen.

Morphologie:

Bei Diagnosestellung sind Osteosarkome in der Regel grösser als 2cm.

Das histologische Bild kann sehr unterschiedlich aussehen. Der Tumor kann beispielsweise nur

sehr wenig Osteoid produzieren und aussehen wie ein malignes fibröses Histiozytom, kann

massenhaft malignes Knorpelgewebe oder Riesenzellen enthalten. Der Nachweis von

malignem Osteoid ist entscheidend in der Abgrenzung von anderen Sarkomtypen. Die

Mineralisierung unterscheidet Osteoid von Kollagenablagerungen. Es werden niedriggradige

und hochgradige Osteosarkome unterschieden, wobei die konventionellen high grade

Osteosarkome rund 90% ausmachen.

Klinik

Vorkommen:

Osteosarkome stellen die häufigsten primären Knochensarkome dar. Das Osteosarkom tritt am

häufigsten in der zweiten Dekade auf, in der Phase des stärksten Knochenwachstums. Bei

älteren Patienten treten Osteosarkome oftmals sekundär nach Bestrahlung oder bei

vorbestehenden Knochenerkrankungen wie einem Morbus Paget oder einem Knocheninfarkt

auf.

Symptomatik:

Die Patienten klagen über langdauernde lokalisierte Schmerzen und Weichteilschwellung.

Oftmals bestehen bei Diagnosestellung bereits Lungenmetastasen.

Prognose:

Die Heilungsrate liegt heute bei 70-80%, wenn bei Diagnosestellung keine Metastasen

vorliegen und der Tumor vollständig reseziert werden kann. Eine Tumornekrose von mehr als

95% nach neoadjuvanter Chemotherapie scheint der wichtigste Indikator für eine gute Prognose

zu sein.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Tibiametaphyse mit angrenzendem Weichteilgewebe.

Das Sarkom infiltriert diffus den spongiösen Knochen der Diaphyse und hat

präexistente Knochenbälkchen verdrängt.

Der Tumor hat die Korticalis destruiert und infiltriert die angrenzende

Skelettmuskulatur.

Der Tumor besteht aus neugebildetem bereits verkalktem Knochen oder einem

Netzwerk von primitiven Osteoidtrabekeln. Entlang oder innerhalb der Osteoidtrabekel

lokalisierte polymorphe Tumorzellen mit ausgeprägten Kernatypien und zahlreichen

Mitosen. Leicht verwaschene Kernstrukturen als Folge der Gewebsentkalkung.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Genaue Lokalisation.

Radiologischer Befund.

Vorausgegangene Therapie.

Hinweise auf sekundäres Osteosarkom.

Praxis-Tipp:

Markierung der Resektionsränder (ev. Skizze zur Orientierung).

Page 128: Spezielle Patho Modul 87

Präparat Nr 009 aus Kasten S 009

Topographie / Diagnose

Knochen, Femurkopf / Coxarthrose

Einleitung

Aetiologie:

Bei der Arthrose handelt es sich um eine degenerative Gelenkerkrankung mit Zerstörung des

Gelenkknorpels aufgrund übermässiger Belastung eines gesunden Gelenkes oder aufgrund

eines vorgeschädigten Gelenkes (sekundäre Arthrose).

Lokalisation:

Die primäre Arthrose ist vor allem in den distalen und proximalen Interphalangealgelenken und

im Daumengrundgelenk lokalisiert, ausserdem im Hüftgelenk, im Kniegelenk, im ersten

Metatarsophalangealgelenk und in den unteren Abschnitten der Lendenwirbelsäule sowie der

Halswirbelsäule.

Morphologie:

Der progrediente Knorpelverlust führt zum Freiliegen der knöchernen Deckplatte. Der

subchondrale Knochen antwortet mit einer elfenbeinartigen Sklerose in Arealen vermehrter

Belastung (=Eburnisation). Der traumatisierte subchondrale Knochen kann als Folge einer

Knochennekrose pseudozystisch degenerieren (Geröllzystenbildung). Am Rand des Knochens,

ausserhalb der Belastungszonen bilden sich irreguläre Knochenneubildungen

(Randosteophytenbildung ev. mit Verdoppelung des Gelenkknorpels). Fragmentierungen dieser

Osteophyten oder des Gelenkknorpels führen zu intraartikulären freien Körpern

(=Gelenkmäuse) und einer Detritussynovialitis .

Klinik

Vorkommen:

Die Prävalenz beträgt bei 20 jährigen 9%, bei 34 jährigen bis 17% und steigt bei über 65

jährigen bis auf über 90% an. Bei Patienten unter 45 Jahren ist die Arthrose bei Männern

häufiger, ab 55 Jahren bei Frauen. 3% der 45- bis 54 jährigen und 15% der 65- bis 74 jährigen

haben klinische Beschwerden als Folge einer Arthrose.

Risikofaktoren:

Für die Entwicklung einer Arthrose sind folgende Risikofaktoren von Bedeutung: weibliches

Geschlecht, Alter, genetische Störungen, berufliche Überbelastung, Kontaktsportarten mit

häufigen Gelenkverletzungen, Übergewicht (fördert vor allem die Progression),

Gelenkfehlstellungen, entzündliche Gelenkerkrankungen und Kristallarthropathien.

Symptomatik:

Erstes Symptom ist der Schmerz, welcher häufig erstmals nach verstärkter oder ungewohnter

Belastung auftritt. Typisch für die beginnende Arthrose ist der kurze Anlaufschmerz. Im

späteren Verlauf treten belastungsabhängige Dauerschmerzen auf, die bei Exazerbation mit

nächtlichen Beschwerden verbunden sind. Charakteristisch ist ein Wechsel von schmerzhaften

und schmerzarmen Perioden. Schmerzhafte Muskelverkürzungen und funktionelles Defizit

werden vom Patienten oft erst spät wahrgenommen. Hinzu kommen ein Gefühl der

Kraftlosigkeit und eine stärkere Ermüdbarkeit.

Diagnostik:

Bei einer aktivierten Arthrose können eine Überwärmung und ein Gelenkserguss palpiert

Page 129: Spezielle Patho Modul 87

werden. Sehnenansätze und Schleimbeutel können druckschmerzhaft sein. Bei der

Funktionsprüfung finden sich Muskelverkürzungen und bei Provokation ein

Endphasenschmerz. Bei der Durchbewegung des Gelenkes lassen sich Reiben, Knarren und

Knacken provozieren. Blockadenartige Phänomene werden hervorgerufen durch freie

Gelenkkörper, Inkongruenzen der Gelenkfläche und Lockerung des Kapselbandapparates.

Heberden Knoten, welche palpable Osteophyten der distalen Interphalangealgelenke darstellen,

sind typischerweise bei Frauen nachweisbar. Im Frühstadium der Arthrose lassen sich

radiologisch oft keine abnormen Befunde dokumentieren, da der Gelenkknorpel nicht direkt

dargestellt wird. Im fortgeschrittenen Stadium lassen sich die Verschmälerung des

Gelenkspaltes, die Bildung von Osteophyten, subchondrale Knochensklerose, Zysten und

Knochenschwund darstellen.

Therapie:

Eine kausale Therapie der Arthrose gibt es nicht. Der Wirksamkeitsnachweis für die häufig

verordneten Chondroprotektiva, die die Zerstörung des Gelenkknorpels aufhalten und ihn

wieder aufbauen sollen, steht noch aus. Die Patienten sollten instruiert werden, exzessive

Belastungen der betroffenen Gelenke zu vermeiden und Übergewicht abzubauen. Zur Erhaltung

der Gelenkbeweglichkeit kann Physiotherapie (Bewegungsübungen ohne Belastung) hilfreich

sein. Bei Bewegungsschmerzen sollten die betroffenen Gelenke durch Bandagen oder

Schienenverbände gestützt werden. In allen Stadien ist bedarfsorientiert eine medikamentöse

Schmerztherapie sinnvoll.Gelenkspülungen und das Einspritzen von Glukokortikoiden und

Hyaluronsäure können Beschwerden lindern. Bei fortgeschrittener Arthrose des Hüft- oder

Kniegelenks ist das Einsetzen eines Kunstgelenks die einzige Möglichkeit, die Lebensqualität

entscheidend zu verbessern. Die Lebensdauer der Prothesen beträgt durchschnittlich 15 Jahre.

Die Lebensdauer einer zweiten Prothese ist in der Regel kürzer. Deshalb wird versucht, das

natürliche Gelenk so lange wie möglich zu erhalten.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Deformierte Gelenkfläche.

Weitgehendes Fehlen des hyalinen Gelenkknorpels.

Sekundäre Sklerose der freiliegenden Spongiosa mit Anbau von breiten Faser- und

Lamellenknochensäumen an die alten Bälkchen.

Leichte Osteoporose in der craniolateralen Entlastungszone.

Herde von metaplastischem Faserknorpel in der Gelenkfläche.

Randosteophyt, welcher über Resten des dort noch vorhandenen Gelenkknorpels

entstanden ist (Verdoppelung des Knorpels).

Nekrosebezirk in der Spongiosa (Geröllzyste) umgeben von einem

Granulationsgewebssaum und Narbengewebe.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Ätiologie der Arthrose (z.B. alte Femurkopfnekrose).

Tumorverdacht (pathologische Fraktur).

Präparat Nr 010 aus Kasten S 009

Topographie / Diagnose

Knochen, Rippe / Chondrosarkom

Einleitung

Page 130: Spezielle Patho Modul 87

Definition:

Das Chondrosarkom ist ein maligner Tumor, welcher Knorpel, aber kein Osteoid produziert.

Aetiologie:

Chondrosarkome können primär oder sekundär auftreten (nach Radiotherapie, Morbus Paget,

maligne Transformation eines Osteochondroms, einer fibrösen Dysplasie oder eines

Enchondroms).

Lokalisation:

Im Gegensatz zu gutartigen kartilaginären Läsionen sind Chondrosarkome bevorzugt am

Stamm lokalisiert (Os ileum, Rippen, Scapula, Femur und Humerus ). Zentrale Tumoren der

Röhrenknochen sind diaphysär oder metaphysär lokalisiert und breiten sich intramedullär aus.

Periphere Tumoren bilden eine Tumormasse, welche der Corticalis aufsitzt.

Morphologie:

Hochdifferenzierte Chondrosarkome haben makroskopisch das Aussehen von hyalinem

Knorpel. Meist sind die Tumoren lobulär gebaut. Oft sind gelbe Kalkablagerungen,

Zystenbildungen oder fokale gelatinöse Areale nachweisbar, bei wenig differenzierten

Tumoren zusätzlich Nekrosen. Die Aggressivität eines Chondrosarkoms kann vorausgesagt

werden aufgrund des histologischen Grades. Das Grading basiert auf drei Komponenten:

Zellularität, Kernatypien und mitotische Aktivität. Grad 1 Chondrosarkome verhalten sich in

der Regel lokal aggressiv, metastasieren aber kaum. Grad 3 Tumoren metastasieren in die

Lungen, die Haut und in die Weichteile. Rezidivtumoren können eine Malignitätssteigerung

zeigen (höherer Grad als der initiale Tumor).

Klinik

Vorkommen:

Nach den Osteosarkomen bilden die Chondrosarkome die zweitgrösste Gruppe der primär

malignen Knochentumoren. Männer sind doppelt so häufig betroffen wie Frauen. Im Gegensatz

zu den meisten anderen primären Knochentumoren treten Chondrosarkome vor allem bei

älteren Patienten auf (30-50 Jahre) und sind extrem selten bei Kindern. Die meisten malignen

chondroiden Tumoren bei Kindern sind nicht Chondrosarkome sondern chondroblastische

Osteosarkome.

Symptomatik:

Die Patienten klagen über Schmerzen und eventuell eine Schwellung über längere Zeit im

Bereich des Tumors.

Therapie:

Wegen oft langsamen Wachstums und schlechtem Ansprechen auf Strahlen- und

Chemotherapie stehen lokaloperative Maßnahmen im Vordergrund. Ist die vollständige

Resektion nicht möglich, besteht Indikation zur Strahlentherapie. Bei Metastasierung erfolgt

die Therapieplanung nach Wachstumsverhalten, Zahl und Lokalisation der Metastasen. Eine

Chemotherapie wird nur im Einzelfall durchgeführt.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Von Periost bedeckter kortikaler Knochen.

Zellarmer lobulierter Knorpeltumor.

Destruktive Tumorinfiltration des spongiösen und kortikalen Knochens.

Der maligne Knorpel mit reichlich heller chondroider Matrix gleicht nicht

neoplastischem hyalinem Knorpelgewebe.

Im Vergleich zu normalem Knorpel leicht erhöhte Zellularität.

Page 131: Spezielle Patho Modul 87

In Höhlen liegende Tumorzellen mit hyperchromatischen, leicht vergrösserten Kernen.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Genaue Lokalisation.

Wachstumsverhalten.

Radiologischer Befund.

Vollständige oder Teilresektion.

Erstbefund oder Rezidiv.

Praxis-Tipp:

Markierung der Resektionsränder (ev. Skizze zur Orientierung).

Präparat Nr 011 aus Kasten S 009

Topographie / Diagnose

Weichteile Bein / Ewing-Sarkom

Einleitung

Histogenese:

Das Ewing Sarkom und der primitive neuroektodermale Tumor (PNET) sind Tumoren

neuroektodermalen Ursprungs. 90-95% dieser Tumoren zeigen die Translokation

t(11;22)(q24;q12) als gemeinsame zytogenetische Abnormalität. Die beiden Tumoren

exprimieren ausserdem ein vergleichbares Muster von Protoonkogenen, Enzymen und

Glykolipiden und färben sich zu 90% mit dem monoklonalen Antikörper CD99 an.

Lokalisation:

Meist entstehen Ewing Sarkome primär im Knochen und PNET in Weichteilen. Es gibt aber

auch extraskelettale Ewing Sarkome und PNET ausgehend vom Knochen. Ewing Sarkome

können in allen Skelettabschnitten lokalisiert sein. Bevorzugt befallen sind

Extremitätenknochen (diaphysär), Stammskelett, Schädel, Rippen und Beckengürtel.

Extraskelettale Ewing Sarkome liegen am häufigsten paravertebral oder in der Brustwand,

seltener in anderen Weichteilen. PNET sind bevorzugt in den Extremitäten lokalisiert.

Morphologie:

Die Tumoren sind makroskopisch grauweiss, wachsen destruktiv und infiltrativ. Nekrosen und

Einblutungen sind möglich. Histologisch sind diese Tumoren gekennzeichnet durch solide

Massen monomorpher kleiner runder Tumorzellen mit dichtem Chromatin und wenig

Zytoplasma, PAS positive Glykogeneinlagerungen im Zytoplasma (vor allem Ewing Sarkom)

und Rosettenbildung (vor allem PNET). Das Ewing Sarkom stellt die am wenigsten

differenzierte Form dieser Tumoren dar, während der PNET höher differenziert ist und

immunhistologisch neurogene Marker wie Chromogranin und Synaptophysin exprimiert.

Metastasen treten vor allem in der Lunge und in anderen Skelettabschnitten auf. Die

Differentialdiagnose kleiner rundzelliger Tumoren im Kindesalter ist breit. Kleinzellige

Osteosarkome, Neuroblastome, Lymphome und mesenchymale Chondrosarkome können ein

histologisch vergleichbares Bild zeigen und müssen mit Hilfe von Zusatzuntersuchungen und

unter Einbezug klinischer und radiologischer Befunde voneinander abgegrenzt werden.

Klinik

Page 132: Spezielle Patho Modul 87

Vorkommen:

Das Durchnittsalter der Patienten mit Ewing Sarkom liegt bei 13 Jahren. 90% der häufiger

männlichen Patienten sind unter 30 Jahre alt. Das Durchnittsalter der Patienten mit PNET liegt

etwas höher, da häufiger auch Patienten über dem 30. Lebensjahr betroffen sind.

Symptomatik:

Klinisch stehen lokalisierte Schmerzen und eine Schwellung der betroffenen Region im

Vordergrund. Pathologische Frakturen sind selten (5%). Wegen zusätzlichen systemischen

Symptomen wie Fieber, Anämie, Leukozytose und erhöhter Blutsenkungsgeschwindigkeit

werden diese Tumoren nicht selten primär als Osteomyelitis verkannt. Die radiologischen

Veränderungen sind vielfältig und können eine chronische Osteomyelitis, ein Lymphom,

Metastasen, eine Langerhanszell Histiozytose oder ein Osteosarkom imitieren.

Therapie:

Die Patienten werden neoadjuvant chemotherapiert und anschliessend operiert und/oder lokal

bestrahlt. Die 5 Jahres- Überlebensrate liegt etwa bei 55%, bzw. bei 30% der metastasierten

Tumoren. Die Resektion pulmonaler Metastasen kann in ausgewählten Fällen das Überleben

signifikant verbessern.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Durch Bindegewebssepten abgegrenzte Knoten (lobuläre Architektur).

Blauer, klein- und rundzelliger Tumor.

Uniforme Zellen mit schmalem, kaum abgrenzbarem Zytoplasmasaum und unscharfen

Zellgrenzen. Rundliche oder ovale Zellkerne mit leicht vergröbertem Chromatin und

punktförmigen kleinen Nukleolen.

Quetschartefakte (gequetschte Zellen sind dunkler und haben verkleinerte abgeflachte

Zellkerne).

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Genaue Lokalisation.

Radiologischer Befund.

Präparat Nr 014 aus Kasten S 009

Topographie / Diagnose

Haut, obere Extremität / Benignes kutanes fibröses Histiozytom

Einleitung

Histogenese:

Das kutane fibröse Histiozytom (Synonym: Dermatofibrom) ist ein häufiger gutartiger dermaler

mesenchymaler Tumor, der zu den fibrohistiozytären Tumoren gerechnet wird. Als

Ursprungszelle wird eine zur Phagozytose und zur Antigenpräsentation fähige dermale

dendritische Zelle angenommen, die aus dem Knochenmark stammt.

Mikroskopische Befunde:

Die Epidermis über dem dermal lokalisierten Tumor zeigt eine Hyperplasie oftmals mit

basaler Hyperpigmentierung . Histologisch besteht das Histiozytom aus einem Spektrum von

Page 133: Spezielle Patho Modul 87

Zelltypen mit Merkmalen von dermal dendritischen Zellen, (Myo)fibroblasten und Histiozyten.

Zusätzlich können Entzündungszellen, fettspeichernde Makrophagen mit schaumigem

Zytoplasma (=Schaumzellen), hämosiderinhaltige Makrophagen oder mehrkernige

Riesenzellen vorhanden sein. Charakteristisch ist eine wirblige/sternförmige Anordnung von

Spindelzellen und Kollagenfasern (storiformes Wachstumsmuster). Kollagengehalt und

Zellgehalt sind von Tumor zu Tumor sehr unterschiedlich. Frühe Läsionen sind zell- und

gefässreich, spätere zeigen eine vermehrte Fibrosierung und als Folge von Einblutungen

Ansammlungen von Siderophagen und Schaumzellen. Histiozytome können sehr zellreich

oder sehr zellarm sein. Sehr charakteristisch ist die unscharfe Begrenzung des Tumors zum

dermalen Bindegewebe mit Einschluss kompakter Kollagenfasern innerhalb des Tumors und

Ausbreitung von einzelnen Tumorzellen zwischen die tumorangrenzenden Kollagenfasern.

Histologische Varianten:

Es existieren sehr zahlreiche klinische und histologische Varianten. Die grosse Variabilität der

Histopathologischen Befunde kann zu erheblichen Abgrenzungschwierigkeiten gegenüber

verschiedensten benignen und malignen Tumoren führen.

update 30. August 2012

Klinik

Vorkommen:

Meist treten Histiozytome bei jüngeren Erwachsenen auf. In einem Drittel der Fälle treten

multiple Tumoren nacheinander auf. Bei immunsupprimierten Patienten können multiple

Läsionen auch gleichzeitig vorkommen. Als mögliche Auslöser der Tumorbildung werden

anamnestisch gelegentlich lokale Traumata wie Insektenstiche oder eine Follikulitis angegeben.

Symptome und Diagnose:

Histiozytome können überall vorkommen. Am häufigsten sind sie aber in der Haut im Bereich

der Extremitäten oder am Rumpf lokalisiert und bilden dort hautfarbene, bräunliche, rötliche

oder blauschwarze (Hämosiderinablagerungen), eingesenkte, erhabene oder gestielte Knoten

gewöhnlich von maximal 1cm Grösse. Meist sind Histiozytome asymptomatisch, können

gelegentlich aber schmerzen oder Juckreiz verursachen.

Typisches diagnostisches Zeichen: wenn man von beiden Seiten ein Histiozytom

zusammendrückt, wird es in die Tiefe verdrängt und zieht gleichzeitig die Epidermis nach

unten (Eindellung).

Therapie und Prognose:

Eine Therapie ist bei asymptomatischen Histiozytomen nicht unbedingt notwendig. Spontane

Rückbildungen kommen vor. Nach lokaler Exzision rezidivieren 5% der Histiozytome. Einige

seltene Subtypen des fibrösen Histiozytoms (atypische, zellreiche und noch seltenere

aneurysmatische Variante) zeigen eine erhöhte Lokalrezidivrate (20-30%) und sollten deshalb

mit einem Sicherheitsabstand im Gesunden entfernt werden.

update 30. August 2012

Repetitorium

Epidermishyperplasie (Akanthose) und Hyperpigmentierung der basalen Keratinozyten

über dem Tumor.

Unscharf begrenzter dermaler Tumor ohne direkten Kontakt zur Epidermis.

Im Tumor eingeschlossene kompakte Kollagenfasern und am Rand des Tumors

Ausbreitung von Tumorzellen zwischen den dermalen Kollagenfasern.

Erythrozytenextravasate und blutgefüllte Hohlräume.

Page 134: Spezielle Patho Modul 87

Tumor bestehend aus spindeligen fibrohistiozytären Zellen mit länglichen Kernen in

unregelmässiger Anordnung (Zellen mit unterschiedlicher Ausrichtung zueinander), mit

storiformer (sternförmig/wirbelförmig) oder faszikulärer (parallel ausgerichtete

Zellbündel) Architektur.

Unterschiedliche Zelltypen: fettspeichernde Histiozyten (=Schaumzellen),

hämosiderinspeichernden Histiozyten (=Siderophagen), mehrkernigen Riesenzellen

vom Touton Typ, Lymphozyten, spindelzellige (Myo-)fibroblasten und dermal

dendritische Zellen (im Lichtmikroskop nicht unterscheidbar).

An der Tumorbasis (zweitunterstes Fragment) Übergang des Histiozytoms in eine

Narbe: parallel zur Epidermis ausgerichtetes zellarmes kollagenes Bindegewebe mit

Kapillaren.

Praxis-Tipp:

Die charakteristischen Veränderungen der Epidermis helfen bei der manchmal

schwierigen Abgrenzung des fibrösen Histiozytoms von anderen dermalen

Hauttumoren. Deshalb sollte nach Möglichkeit die Epidermis mitexzidiert werden.

update 30. August 2012

Präparat Nr 016 aus Kasten S 009

Topographie / Diagnose

Muskel, untere Extremität / Myxoides Liposarkom

Einleitung

Aetiologie:

Myxoide und rundzellige Liposarkome weisen fast alle die Translokation t(12;16) auf. Aus

dieser Translokation resultiert ein chimäres Gen respektive Protein, dem wahrscheinlich eine

direkte Rolle bei der Onkogenese dieser Sarkomsubtypen zukommt.

Lokalisation:

Im Gegensatz zu den häufigen benignen Lipomen sind Liposarkome meist nicht in

oberflächlichen, sondern in tiefen Weichteilgeweben lokalisiert. Prädiletionsstellen sind untere

Extremitäten, Retroperitoneum und Schulter. Liposarkome metastasieren bevorzugt in Lungen

und Leber. Die seltenen oberflächlichen Liposarkome haben eine ausgezeichnete Prognose.

Morphologie:

Der makroskopische Aspekt ist variabel. Meist erscheinen die Tumoren durch dünne fibröse

Septen lobuliert und scharf begrenzt. Nekrosen und Einblutungen sind nicht selten.

Hochdifferenzierte Sarkome ähneln makroskopisch und mikroskopisch reifem Fettgewebe.

Histologisch, biologisch und molekularbiologisch lassen sich Subtypen mit unterschiedlicher

Prognose unterscheiden (hoch differenziert, myxoid, rundzellig und pleomorph).

Histologisch sind die myxoiden Liposarkome charakterisiert durch Lipoblasten, ein Netzwerk

feiner plexiformer Kapillaren und eine myxoide Matrix reich an sauren Mucopolysacchariden.

Die Zellularität ist von Bedeutung für das biologische Verhalten des myxoiden Liposarkoms.

Hoch differenzierte Tumoren sind hypozellulär. Am anderen Ende des Spektrums steht das

zelldichte rundzellige Liposarkom. Letzteres verhält sich aggressiv und metastasiert oft.

Pleomorphe Liposarkome haben ebenfalls eine schlechte Prognose. Hochdifferenzierte

Liposarkome können sich wie andere Sarkome auch im Verlauf der Zeit in weniger

Page 135: Spezielle Patho Modul 87

differenzierte Neoplasien (z.B. in ein rundzelliges Liposarkom) umwandeln oder

dedifferenzieren (Areale von hoch differenziertem Liposarkom liegen neben Anteilen eines

wenig differenzierten Sarkomtyps z.B. Fibrosarkom). Zur histopathologischen Beurteilung des

Rezidivs gehört deshalb der Vergleich mit den Vorbefunden.

Klinik

Vorkommen:

Die Inzidenz liegt bei etwa 2.5 pro Million Einwohner pro Jahr. Das Liposarkom macht 10-

16% aller Weichteilsarkome aus und 5% der Weichteilsarkome bei Kindern. Liposarkome sind

also primär Tumoren des Erwachsenen. Das mittlere Alter bei Diagnosestellung liegt bei 50

Jahren. Männer sind doppelt so oft betroffen.

Symptomatik:

Meist bemerken die Patienten eine langsam wachsende, recht gut umschriebene, über Monate

langsam an Grösse zunehmende Tumormasse. Einzelne Tumoren können auch schnell wachsen

oder Schmerzen verursachen.

Diagnostik:

Neben den bildgebenden Verfahren stellt die offene Biopsie einen Hauptpfeiler der Diagnostik

dar. Für oberflächliche Tumoren stellt die Exzisionsbiopsie das Vorgehen der Wahl dar. Bei

mehr als 3cm grossen und tiefer gelegenen Tumoren wird eine offene Biopsie durchgeführt.

Beim Biopsieren muss so vorgegangen werden, dass die ursprüngliche Biopsiestelle bei der

nachfolgenden Operation vollständig miterfasst wird. Tumorhistologie und anatomische

Verhältnisse bestimmen das weitere chirurgische Vorgehen.

Therapie:

Die Tumoren dürfen trotz scharfer Begrenzung nicht durch Enukleation entfernt werden, da bei

dieser Prozedur Tumorgewebe zurückbleibt und ein Rezidiv vorprogrammiert ist. Die

Rezidivrate von Liposarkomen ist auch bei adäquater Chirurgie hoch und liegt bei gut

differenzierten Tumoren der Extremitäten bei 43%. Bei retroperitonealen Läsionen liegt sie

sogar bei 90%. Aus diesem Grund sollten die Patienten an einem Zentrumspital mit

entsprechender Erfahrung in der Behandlung dieser seltenen Tumoren therapiert werden. Bei

wenig differenzierten Tumoren besteht die Indikation zur Nachbestrahlung. Die Rolle der

Chemotherapie bei Liposarkomen ist noch nicht klar etabliert.

Prognose:

Die Prognose hängt ab vom histologischen Subtyp, von der Lokalisation und von der Art und

Qualität der angewandten Therapie. Die 5 Jahres Überlebensrate schwankt zwischen 15-80%.

Die Patienten überleben im Mittel 7.4 Jahre.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Am rechten Rand des Präparates komprimierte Skelettmuskulatur.

Links daran angrenzender scharf begrenzter Tumor mit reichlich myxoidem Stroma.

Zahlreiche, überwiegend univakuoläre Lipoblasten. Zellkern durch die Lipidvakuole

komprimiert und zur Seite verdrängt.

Zahlreiche krähenfussartig verzweigte Kapillaren.

Die rundzelligen Anteile erscheinen in der Übersicht aufgrund des Zellreichtums

dunkler. Sie bestehen aus dicht gelagerten zytoplasmaarmen Tumorzellen mit

vesikulären runden Kernen und einem prominenten Nukleolus.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Page 136: Spezielle Patho Modul 87

Genaue Lokalisation.

Radiologischer Befund.

Vollständige oder Teilresektion.

Erstbefund oder Rezidiv.

Praxis-Tipp:

Markierung der Resektionsränder (ev. Skizze zur Orientierung).

Präparat Nr 019 aus Kasten S 009

Topographie / Diagnose

Uterus / Uterines Leiomyosarkom

Einleitung

Histogenese:

Leiomyosarkome können selten aus gutartigen Leiomyomen entstehen und leiten sich wie diese

ab von glatten Muskelzellen.

Morphologie:

Leiomyosarkome sind typischerweise solitär, sind aber oft assoziiert mit Leiomyomen. In

solchen Fällen findet man das Sarkom meist im grössten Knoten. Die durchschnittliche Grösse

beträgt 10cm. Im Gegensatz zu den Leiomyomen sind die Sarkome weniger scharf begrenzt,

die Schnittfläche ist weich, fleischig und fokal nekrotisch oder hämorrhagisch. Die wirblige

Struktur des Leiomyoms fehlt. Myxoide Leimyosarkome sind gelatinös und oft scharf begrenzt.

Typische mikroskopische Merkmale sind eine Hyperzellularität, Kernatypien, eine hohe

Mitoserate (10 oder mehr pro 10 hochauflösendes Gesichtsfeld) und Tumorzellnekrosen. Für

die Diagnose eines Sarkoms sollten mindestens zwei dieser histologischen Merkmale erfüllt

sein. Für extrauterine und die sehr seltenen myxoiden und epitheloiden Leiomyosarkome gelten

andere Diagnosekriterien. Nekrosen vom Infarkttyp können auch in gutartigen Leiomyomen

unter oraler Kontrazeption, bei Schwangeren, post partum und unter Therapie mit GnRH

Analoga vorkommen und müssen von echten Tumornekrosen abgegrenzt werden.

Verlauf:

Das Leiomyosarkom kann umliegende Organe (Harnblase, Rektum) infiltrieren. Die

Metastasierung erfolgt vorwiegend hämatogen in die Lungen.

Klinik

Vorkommen:

Am häufigsten sind Frauen im 6. Lebensjahrzehnt betroffen.

Symptomatik:

Leiomyosarkome führen zu vaginalen Blutungen, Schmerzen und einem vergrösserten Uterus.

Bei Diagnosestellung liegt in einem Sechstel bis der Hälfte der Fälle eine extrauterine

Ausbreitung vor.

Therapie:

Angesichts des relativ schlechten Ansprechens auf Strahlen- und Chemotherapie stellt die

Operation die Therapie der Wahl bei Uterussarkomen dar. Meist wird eine Hysterektomie und

Adnexektomie durchgeführt. In ausgewählten Fällen (längeres krankheitsfreies Intervall, guter

Allgemeinzustand) ist auch bei Vorliegen von Metastasen eine operative Intervention zu

Page 137: Spezielle Patho Modul 87

überdenken (Resektion isolierter Lungenmetastasen).

Prognose:

Die 5 Jahres-Überlebensrate liegt zwischen 15 bis 30%. In der Regel führen Fernmetastasen

zum Tod.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Tumordurchmesser meist mehr als 10cm.

Stellenweise unscharfe Begrenzung des Sarkoms zum nicht neoplastischen

Myometrium (Fragment oben rechts).

Die spindeligen Tumorzellen mit längsovalen Kernen und reichlich kräftig

eosinophilem Zytoplasma bilden Faszikel ähnlich wie nicht neoplastische glatte

Muskulatur.

Alle drei histologischen Malignitätskriterien sind erfüllt:

Tumornekrosen.

Bereits in der Übersicht (10x) erkennbare diffuse signifikante Zellatypien.

Vermehrt Mitosen: mehr als 10 Mitosen / 10 HPF (40x).

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Alter der Patientin (meist postmenopausal)

Rasches Wachstum.

Tumorbedingte Symptomatik: Schmerzen, Dysmenorrhoe, Probleme beim Wasserlösen

oder veränderte Stuhlgewohnheiten.

Präparat Nr 020 aus Kasten S 009

Topographie / Diagnose

Weichteile Kopf / Embryonales Rhabdomyosarkom

Einleitung

Histogenese:

Trotz Skelettmuskeldifferenzierung treten Rhabdomyosarkome auch in Geweben auf, wo

normalerweise keine Skelettmuskulatur vorhanden ist (Ductus choledochus, Harnblase).

Wahrscheinlich stammen die Tumorzellen von primitiven Mesenchymzellen ab, welche die

Fähigkeit zur Ausdifferenzierung in Skelettmuskulatur haben. Immunhistochemisch zeigen die

Tumorzellen positive Reaktionen mit Antikörpern gegen Proteine, die für differenzierte

Muskelzellen typisch sind. Dazu gehören beispielsweise Desmin, Myoglobin, Aktin und

Myogenin.

Lokalisation:

Rhabdomyosarkome können überall im Körper entstehen ausser im Knochen. Am häufigsten

sind sie im Kopf-Hals Bereich, den Extremitäten und im Urogenitaltrakt. Etwas seltener sind

sie am Stamm, in der Orbita oder retroperitoneal lokalisiert. Metastasen finden sich meist in

den Lungen, im Knochen, in Lymphknoten, in der Mamma und im Hirn.

Morphologie:

Das Makroskopische Bild ist uncharakteristisch und hängt ab von der Lokalisation. Fokale

Page 138: Spezielle Patho Modul 87

Nekrosen und zystische Degeneration sind häufig. Es existieren verschiedene histologische

Subtypen, welche charakteristische zytogenetische Aberrationen zeigen und von prognostischer

Bedeutung sind. Die beste Prognose haben botryoide und spindelzellige Rhabdomyosarkome,

embryonale Rhabdomyosarkome haben eine intermediäre Prognose und alveoläre bzw.

undifferenzierte Rhabdomyosarkome haben die schlechteste Prognose. Therapieantwort und

Prognose hängen neben der Histologie auch von der Lokalisation ab. Embryonale

Rhabdomyosarkome zeigen ein weites Spektrum. Dieses reicht von wenig differenzierten

Tumoren, die nur mittels Immunhistochemie und Elektronenmikroskopie diagnostizierbar sind

zu gut differenzierten Tumoren, die fetaler Muskulatur ähneln. Oft findet siche eine Mischung

von wenig differenzierten kleinen runden oder spindeligen Zellen und eine variable Anzahl

differenzierter Rhabdomyoblasten mit reichlich eosinophilem Zytoplasma. Die

Rhabdomyoblasten können rund, spindelig, kaulquappenförmig oder spinnwebenförmig sein.

Besser differenzierte Zellen enthalten reichlich Zytoplasma mit Querstreifung, welche

allerdings teilweise nur elektronenmikroskopisch nachweisbar ist.

Klinik

Vorkommen:

Das Rhabdomyosarkom ist das häufigste Sarkom bei Kindern unter 15 Jahren. Die Inzidenz

beträgt 6 Fälle pro 1 Million Kinder unter 15 Jahren pro Jahr. Das Verhältnis von männlichen

zu weiblichen Patienten beträgt 1.2-1.4:1 und variiert mit der Tumorlokalisation. 87% der

Patienten sind jünger als 15 Jahre. Erwachsene sind nur selten betroffen.

Symptomatik:

Die Patienten bemerken eine Schwellung oder eine wachsende Tumormasse, die in der Hälfte

der Fälle Schmerzen verursacht.

Diagnostik:

Eine offene Biopsie erlaubt die Entnahme einer adäquaten und repräsentativen Gewebsprobe

für Histologie und molekulargenetische oder elektronenmikroskopische Untersuchungen. Zu

diesem Zweck sollte das Material frisch eingesandt werden. Für die Planung des operativen

Eingriffes und der Strahlentherapie wird zusätzlich eine Computertomographie oder eine

Magnetresonanztomographie angefertigt. Zur Staginguntersuchung gehört die Suche nach

Metastasen.

Therapie:

Die Patienten werden meist mit einer Kombination von Chirurgie, Chemotherapie und

Radiotherapie behandelt. Auch beim Vorliegen von Metastasen wird der Primärtumor meist

chirurgisch exzidiert und/oder bestrahlt. Die multimodale Therapie sollte in einem

Zentrumsspital vorgenommen werden.

Prognose:

Bei Patienten mit limitierter Erkrankung haben sich die Überlebensraten mit der kombinierten

Anwendung von Chirurgie, Ratiotherapie und Chemotherapie verbessert. Das 5-Jahres

Überleben aller Tumoren liegt bei 70%. Für Patienten mit Metastasen hat sich die Prognose

jedoch kaum verbessert. Die rezidivfreie 5-Jahres Überlebensrate dieser Patienten liegt bei

weniger als 30%.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Konjunktivalschleimhautfragment. Fibrinauflagerungen anstelle der langstreckig

abgeschilferten konjunktivalen Zylinderepithelbedeckung (unten).

Chronisches lymphoplasmazelluläres Entzündungsinfiltrat im subepithelialen Stroma

mit unscharfer Begrenzung zu einem zellreichen soliden Tumor.

Page 139: Spezielle Patho Modul 87

Dieser besteht aus mesenchymalen Zellen mit unterschiedlicher Ausdifferenzierung.

Die am wenigsten ausdifferenzierten Zellen zeigen wenig amphophiles Zytoplasma und

ovale Kerne.

Dominierend sind in diesem Tumor teils mehrkernige Rhabdomyoblasten mit reichlich

eosinophilem Zytoplasma und exzentrischem Zellkern. Die Querstreifung des

Zytoplasmas ist in der HE Färbung nur andeutungsweise erkennbar.

"Spinnwebenzellen" mit peripheren Zytoplasmavakuolen.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Genaue Lokalisation.

Radiologischer Befund.

Erstbefund oder Rezidiv.

Vollständige oder Teilresektion.

Praxis-Tipp:

Markierung der Resektionsränder (ev. Skizze zur Orientierung).

Präparat Nr 003 aus Kasten S 010

Topographie / Diagnose

Schilddrüse / Chronische lymphozytäre Thyreoiditis Hashimoto

Einleitung

Aetiologie:

Die chronische lymphozytäre Thyreoiditis Hashimoto ist Teil eines Spektrums von

Autoimmun-Erkrankungen der Schilddrüse. Die Follikelepithelien werden zerstört durch eine

Hypersensitivitätsreaktion Typ 2 (zytotoxische Reaktion).

Morphologie:

Die Schilddrüse ist bei der Hashimoto-Thyreoiditis meist symmetrisch vergrößert und zeigt

eine grau-gelblich und leicht knotige Schnittfläche. Mikroskopisch zeigt das Parenchym eine

diffuse Infiltration durch Lymphozyten und Plasmazellen, mit oder ohne Keimzentren. Die

Schilddrüsenfollikel sind klein, das Kolloid ist reduziert und das Follikelepithel atrophiert.

Charakteristisch ist eine fokal ausgebildete oxyphile Epithelmetaplasie Gelegentlich sind

intrafollikuläre Makrophagen mit Riesenzellbildung und eine geringe Fibrosierung sichtbar.

Bei einer ausgedehnten keloidähnlichen Fibrosierung handelt es sich um die fibröse Variante

einer Hashimoto-Thyreoiditis, die in etwa 10% aller chronischen lymphozytären Thyreoiditiden

vorkommt. Ein dominanter oder rasch wachsender Knoten und/oder eine rasche

Grössenzunahme der Schilddrüse sollten zum Ausschluss eines Schilddrüsenkarzinoms bzw.

malignen Lymphoms mittels Feinnadelaspirationszytologie abgeklärt werden.

Klinik

Vorkommen:

In Gegenden mit adäquater Jodaufnahme stellt die Hashimoto-Thyreoiditis die häufigste

Ursache einer Hypothyreose dar. Die Inzidenz beträgt 30-150 Fälle pro 1000 Einwohner pro

Jahr. Die Prävalenz liegt bei 0.8%. Die Patienten sind zwischen 30 bis 50 Jahre alt, wobei die

Krankheit bei Männern 10 bis 15 Jahre später auftritt. Frauen sind 10 bis 15 mal häufiger

betroffen.

Page 140: Spezielle Patho Modul 87

Symptomatik:

Die Symptome der Hypothyreose beginnen meist unmerklich und sind über Monate bis Jahre

progredient. Symptome einer transienten Hyperthyreose durch Ausschüttung von T4 und T3

aus zerstörten Follikelepithelien sind selten zu erheben. Die Symptome der Hypothyreose sind

oftmals subklinisch oder diskret. Am häufigsten wird über Müdigkeit, Obstipation, trockene

Haut, Gewichtszunahme oder depressive Verstimmungen geklagt. Da eine Hypothyreose mit

Hormonsubstitution therapierbar ist, sollte bei Vorliegen eines dieser Symptome immer auch an

die Möglichkeit einer bei älteren Patienten nicht seltenen Hypothyreose gedacht werden.

Zahlreiche andere Autoimmunkrankheiten können mit einer Hashimoto Thyreoiditis assoziiert

sein wie ein Morbus Basedow , ein Morbus Addison, eine perniziöse Anämie, eine primäre

biliäre Zirrhose, ein Diabetes mellitus Typ I u.a. Die Inzidenz von Marginalzonenlymphomen

(=MALT Lymphom) und von Schilddrüsenkarzinomen, insbesondere diejenige von papillären

Karzinomen, ist bei Hashimoto-Thyreoiditis deutlich erhöht.

Diagnostik:

Ein erhöhtes TSH und ein tiefes freies T4 bestätigen die Diagnose eines primären

Hypothyreoidismus. Am häufigsten sind Antikörper gegen Schilddrüsen-Peroxidase (anti-TPO,

70-90%) und gegen Thyreoglobulin (anti-Tg, 40-70%) nachweisbar. Seltener sind Antikörper,

welche den TSH Rezeptor blockieren. 10 bis 15% der Patienten haben keine Antikörper! Für

die endgültige histologische Diagnose sollte der klinische Antikörperstatus bekannt sein (auf

dem Biopsieanmeldezettel vermerken). Die Diagnose wird histologisch gestellt.

Therapie:

Eine kausale Therapie ist nicht möglich. Therapie der Wahl ist eine meist lebenslängliche

Substitution mit Schilddrüsenhormon. Eine Thyreoidektomie ist indiziert bei einer grossen

Struma, die Drucksymptome hervorruft oder kosmetisch stört und bei Schilddrüsenkarzinomen.

Schilddrüsenlymphome sprechen gut auf eine Radiotherapie an.

Repetitorium

Morphologische Befunde:

Leicht fibrosiertes, knotiges mikrofollikuläres Schilddrüsenparenchym.

Dichtes lymphoplasmazelluläres Entzündungsinfiltrat mit Sekundärfollikeln.

Herdförmige entzündliche Zerstörung des Follikelepithels.

Follikelepithel mit reichlich feingranulärem Zytoplasma (onkozytäre

Epitheltransformation) und reaktiven Kernatypien (einzelne vergrösserte

hyperchromatische Kerne).

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Schilddrüsenfunktion.

Autoantikörper.

Vorbehandlung.

Dauer der Erkrankung.

Präparat Nr 004 aus Kasten S 010

Topographie / Diagnose

Schilddrüse / Subakute Thyeroiditis de Quervain

Einleitung

Page 141: Spezielle Patho Modul 87

-

Klinik

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Repetitorium

-

Präparat Nr 005 aus Kasten S 010

Topographie / Diagnose

Schilddrüse / Morbus Basedow

Einleitung

Aetiologie:

Bem Morbus Basedow besteht eine diffuse Hyperplasie der Schilddrüse auf dem Boden einer

organspezifischen Autoimmunerkrankung mit nachweisbaren Autoantikörpern gegen den TSH-

Rezeptor (TSH-R-Ak; bis 99% positiv), Thyreoglobulin (TG-Ak) und die

Schilddrüsenperoxidase (TPO-Ak; 75% positiv). Der Morbus Basedow und die Hashimoto-

Thyreoiditis gehören in die Kategorie der Immunthyreopathien. Beide Erkrankungen können

im Verlauf der Zeit ineinander übergehen.

Morphologie:

Makroskopisch ist die Schilddrüse symmetrisch vergrößert, hyperämisch und von einer zarten

Kapsel umgeben. Das Gewicht der Schilddrüse beträgt zwischen 50 und 150 g. Die

Schnittfläche ist grob lobuliert und dunkelrot-fleischig. Das histologische Bild ist maßgeblich

abhängig vom Therapiezustand. Bei nicht vorbehandelten Basedow-Strumen (derartige

Präparate wird der Pathologe heute kaum mehr zur Untersuchung erhalten) erkennt man eine

Parenchymhyperplasie und -hypertrophie. Mikroskopisch ist der Erhalt der lobulären Struktur

der Schilddrüse typisch. Die endokrine Überfunktion ist erkennbar an kleinen Follikeln, die von

einem hochprismatischen Epithel ausgekleidet werden, makropapillären Proliferaten und der

Ausbildung von Sanderson'schen Polstern . Papilläre Epithelprotrusionen in das

Follikellumen mit fibrovaskulärem Stroma können an ein papilläres Karzinom erinnern.

Zwischen den Follikeln finden sich herdförmige lymphoplasmazelluläre Entzündungsinfiltrate.

Die anti-TSH Rezeptor Antikörper werden von Plasmazellen in der Schilddrüse gebildet. Die

Follikel enthalten wenig blasses oder kein Kolloid. Im Randbereich der Follikel sind typische

Resorptionsvakuolen (Fixierungsartefakt!) nachweisbar. Präoperativ verabreichtes Jod führt zu

einer Abflachung des Follikelepithels, einer fokal vermehrten Kolloideinlagerung sowie einer

deutlich verstärkten Vaskularisierung der Schilddrüse. Eine Radiojodtherapie ist mit leichten

bis deutlich ausgeprägten Kernveränderungen (Hyperchromasie, Pleomorphie) als auch

beträchtlicher Follikeldestruktion, Fibrose und oxyphiler Epithelmetaplasie assoziiert.

Thyreostatika mit Einfluss auf die Hormonsynthese (z. B. Thioharnstoffderivate) fördern über

einen negativen Feedback-Mechanismus durch andauernde TSH-Stimulation die Hyperplasie

der Schilddrüse. Behandlung mit beta-adrenergen verursachen keine morphologischen

Veränderungen.

Differentialdiagnose:

Differenzialdiagnostisch bereitet die Unterscheidung von papillären Karzinomen Probleme.

Psammomkörperchen können auch ohne das Vorliegen eines papillären Karzinoms in

Basedow-Strumen gefunden werden. Die ausgeprägte Hyperplasie des Schilddrüsengewebes

Page 142: Spezielle Patho Modul 87

bei der Basedow-Krankheit kann auch das angrenzende Muskelgewebe miteinbeziehen und ein

organüberschreitend infiltrierendes papilläres Karzinom vortäuschen. Das Fehlen der typischen

zytologischen Charakteristika des papillären Karzinoms sollte jedoch den Ausschluss eines

Karzinoms erlauben. Einiges weist allerdings darauf hin, dass bei der Basedow-Krankheit eine

erhöhte Inzidenz an (papillären) Schilddrüsenkarzinomen besteht

Klinik

Vorkommen:

In Gebieten mit guter Jodversorgung ist die immunogene Hyperthyreose mit 70–90% der

Hyperthyreosefälle deren häufigste Ursache. Der Morbus Basedow betrifft bis zu 2% aller

Frauen und ist bei Frauen zehnmal häufiger als bei Männern. Die Erkrankung beginnt selten

vor der Adoleszenz, typischerweise zwischen dem 20. und 50. Altersjahr.

Symptomatik:

Zeichen und Symptome eines Morbus Basedow sind bei 70-90% der Patienten eine diffus

vergrösserte Schilddrüse und Symptome einer Hyperthyreose (erhöhte Herzfrequenz, eventuell

Exophthalmus, Tremor, Schwitzen, Palpitationen, weiche feuchte Haut, Diarrhoe,

Schlaflosigkeit, Aufmerksamkeitsstörungen, Nervosität und Gewichtsverlust). Die

Bezeichnung Basedow-Krankheit impliziert streng genommen die Kombination der

Hyperthyreose mit einer Struma, Tachykardie und endokriner Orbitopathie (Merseburger

Trias). In der überwiegenden Zahl der Fälle entwickelt sich eine synchron auftretende

endokrine Orbitopathie.

Diagnostik:

Die Diagnose erfodert den Nachweis eines supprimierten TSH Spiegels und erhöhte Werte von

freiem Thyroxin FT4 und/oder Trijodthyroxin T3. Die schwerste Manifestation ist die

potentiell lebensbedrohliche thyreotoxische Krise mit einer Mortalität von fast 100% ohne

Behandlung. Die Mortalität sinkt unter adäquater Behandlung auf 20%. Die Patienten müssen

über die Gefahr einer thyreotoxischen Krise nach Jodadministration (Kontrastmittel!)

aufgeklärt werden. Der Nachweis einer Hyperthyreose ohne Struma diffusa muss an die

Möglichkeit einer exogenen Hormonzufuhr denken lassen (z.B. Medikamentennebenwirkung).

Therapie:

Keine der bekannten Therapien ist voll zufriedenstellend, weil keine die eigentliche Ursache

der Erkrankung anzugehen vermag. In erster Linie werden Thyreostatika verabreicht. Bei

Struma mit Lokalsymptomen oder Rezidiv nach Thyreostatika kann eine subtotale

Thyreoidektomie durchgeführt werden. Bei fehlender Struma, Inoperabilität oder Rezidiv nach

Operation bleibt als letzte Möglichkeit die Radiojodablation.

Repetitorium

Morphologische Befunde:

Lobuliertes Parenchym ohne Knoten.

Lymphfollikel mit Keimzentren.

Interstitielle plasmazelluläre Infiltrate.

Zahlreiche Schilddrüsenfollikel mit Zeichen der gesteigerten hormonellen Aktivität:

hochprismatisches Epithel, helles oder fehlendes Kolloid, grosse Zellkerne.

Herdförmig ist das Epithel mehrschichtig (hyperplastisch) und bildet papillenähnliche

Strukturen (Sanderson'sche Polster).

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Schilddrüsenfunktion.

Autoantikörper.

Page 143: Spezielle Patho Modul 87

Vorbehandlung (Thyreostatika, Radiojodtherapie).

Präparat Nr 006 aus Kasten S 010

Topographie / Diagnose

Schilddrüse / Follikuläres Schilddrüsenkarzinom

Einleitung

Histogenese:

Beim follikulären Karzinom handelt es sich um einen malignen Schilddrüsentumor mit

Follikelzelldifferenzierung ohne die morphologischen Merkmale des papillären Karzinoms.

Einteilung:

Die Subtypisierung der follikulären Karzinome erfolgt gemäss den Richtlinien der WHO nach

dem Ausmass der Invasivität in gekapselte, minimal invasive und grob invasive Karzinome

(sehr selten).

Diagnostik:

Entscheidend für die Diagnose eines minimal invasiven follikulären Karzinoms ist der

Durchbruch der Tumorkapsel oder ein Einbruch in Gefässe innerhalb oder jenseits

der Tumorkapsel. Zytologische Atypien kommen auch bei gutartigen follikulären Adenomen

vor. Grob-invasive Karzinome stellen sich bereits makroskopisch als grau-weiße

Tumoren mit unscharfer Begrenzung dar oder weisen mikroskopisch sehr ausgedehnte

Kapseldurchbrüche und Gefässeinbrüche auf. Unter diagnostischen und therapeutischen

Aspekten ebenfalls wichtig ist der Tumorzelltyp, da sowohl oxyphile wie auch hellzellige

Karzinome beziehungsweise deren gleichartig differenzierte Metastasen keine oder nur eine

deutlich reduzierte Radiojodspeicherung aufweisen. Die Diagnose "follikuläres

Schilddrüsenkarzinom" ist eine Ausschlussdiagnose (DD: follikuläres Adenom, papilläres

Karzinom vom follikulären Subtyp). Die prognostische Relevanz eines Gradings differenzierter

Schilddrüsenkarzinome ist nach wie vor umstritten und gehört zur Zeit nicht zum Standard

einer histopathologischen Beurteilung. Eine verläßliche pN0-Diagnose erfordert die

histologische Untersuchung von mindestens 6 regionären Lymphknoten.

Verlauf:

Im Gegensatz zur lymphogenen Metastasierung des papillären Karzinoms metastasieren

follikuläre Karzinome ganz überwiegend hämatogen in die Lungen, das Skelettsystem und

das Gehirn. Fernmetastasen treten bei rund 10% der minimal-invasiven und 80% der grob-

invasiven Karzinome auf. Lymphknotenmetastasen sind seltener.

Klinik

Vorkommen:

Schilddrüsenkarzinome sind mit einer jährlichen Neuerkrankungsrate von 4,1/100.000 bei

Frauen und 1,5/100.000 Einwohner bei Männern ein seltener Tumor. Obwohl die Inzidenz des

Schilddrüsenkarzinoms mit dem Alter steigt, ist Schilddrüsenkrebs ein relativ häufiger Tumor

bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Die Karzinome der Schilddrüse nehmen ihren

Ursprung mit beträchtlichen geographischen Unterschieden entweder von den Follikelzellen

(88–99% aller Schilddrüsenkarzinome; follikuläres, papilläres, gering differenziertes und

undifferenziertes Karzinom) oder von den kalzitoninproduzierenden C-Zellen (1–12%;

medulläres Karzinom). Rund 17 bis 20% aller Schilddrüsenkarzinome sind follikuläre

Karzinome. In Gegenden mit endemischer Struma wegen Jodmangel ist der Anteil follikulärer

Karzinome erhöht. Das follikuläre Karzinom kommt in allen Altersgruppen vor. Das

Page 144: Spezielle Patho Modul 87

Durchschnittsalter beträgt 49 Jahre bei einer Altersverteilung von 15 bis 84 Jahre.

Diagnostik:

Ultrasonographisch diagnostizierte Schilddrüsenknoten werden in einem ersten Schritt mittels

sonographisch gesteuerter Feinnadelpunktion abgeklärt. Zytologisch können makrofollikuläre

Strumaknoten, mikrofollikuläre Neoplasien (follikuläres Adenom oder follikuläres Karzinom),

papilläre Karzinome und undifferenzierte Karzinome unterschieden werden. Die präoperative

zytologische Diagnose eines papillären Karzinoms hilft, Eingriffe zu vermeiden. Ein negativer

Befund schließt allerdings ein Karzinom nicht aus. Dies gilt insbesondere für follikuläre

Neoplasien, deren Dignität zytologisch nicht bestimmbar ist. Aus diesem Grund beschränkt

sich die zytologische Diagnostik hierbei auf die Feststellung einer "follikulären Neoplasie", ein

Befund, der in aller Regel die weitere operative Abklärung zur Konsequenz hat.

Standardtherapie ist die (totale) Thyreoidektomie mit zentraler Lymphknotendissektion und

Erhaltung mindestens einer Nebenschilddrüse. Die Unterscheidung follikuläres Adenom versus

follikuläres Karzinom setzt den definitiven Nachweis eines Kapseldurchbruchs und/oder einer

Gefäßinvasion voraus. Da dieser Nachweis häufig erst nach kompletter Aufarbeitung der

follikulären Tumoren im Paraffinschnitt gelingt, muß die endgültige Dignitätsbestimmung

follikulärer Tumoren auch im intraoperativen Schnellschnitt häufig offenbleiben.

Therapie:

Ziel der Radiojodtherapie nach totaler Thyreoidektomie ist neben der Ablation von eventuell

noch vorhandenem restlichem Schilddrüsengewebe (z.B. Lobus pyramidalis) der Nachweis

bzw. Ausschluß von speichernden Lymphknoten- und Fernmetastasen. Eine perkutane

Strahlentherapie ist indiziert nach Thyreoidektomie eines auf die Schilddrüse beschränkten

wenig differenzierten oder undifferenzierten Schilddrüsenkarzinoms oder nach Verbleiben

eines mikroskopischen oder makroskopischen Tumorrests (R1- oder R2-Resektion) eines

differenzierten Schilddrüsenkarzinoms, wenn die operative Entfernung (Reoperation) und/oder

eine Ausschaltung mit Radioiod nicht möglich sind. Beim papillären und follikulären Karzinom

erfolgt die Substitution von Levothyroxin in TSH-suppressiver Dosierung lebenslang.

Prognose:

10 Jahre nach Diagnosestellung eines follikulären Schilddrüsenkarzinoms leben noch 60% der

Patienten. Prognostisch ungünstig sind Fernmetastasen, Alter über 50 Jahre,

Tumordurchmesser mehr als 4cm und ausgedehnte Gefässeinbrüche.

Repetitorium

Morphologische Befunde:

Teils mikro- teils makrofollikuläre bekapselte Knoten.

Tumorzellen ohne Kernatypien.

Wenig Kolloid.

Die beiden Malignitätskriterien (Kapseldurchbruch und Gefässinvasion) für ein

follikuläres Karzinom sind hier erfüllt.

Kapseldurchbrüche: Die breite bindegewebige Kapsel wird an mehreren Stellen

pilzförmig vorgewölbt und an einigen Orten vollständig durchbrochen.

Gefässeinbruch: In einem dilatierten dünnwandigen Gefäss der Tumorkapsel (links

unten) finden sich einige von Endothel überkleidete neoplastische Follikel.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Sonographischer und szintigraphischer Befund.

Zytologischer Vorbefund.

Schilddrüsenfunktion.

Praxis-Tipp:

Page 145: Spezielle Patho Modul 87

Bei Hemithyreoidektomie den Resektionsrand mit Faden markieren.

Die intraoperative Schnellschnittuntersuchung ist nur von limitiertem Nutzen bei

follikulären oder onkozytären Neoplasien (zytologischer Vorbefund). Weil der Beweis

der Malignität meist eine ausgedehnte Untersuchung der Kapsel erfordert, kann der

Malignitätsnachweis nur selten intraoperativ erfolgen. Da die meisten follikulären

Neoplasien sich als benigne herausstellen, ist eine Zweitoperation auch nach

unterlassener Schnellschnittuntersuchung meist nicht erforderlich.

Zweiteingriffe zur Restthyreoidektomie sollten aus operationstechnischen Gründen in

der Regel nach spätestens 72 h erfolgen. Chirurgische Eingriffe an der Schilddrüse

deshalb möglichst am Wochenanfang und nicht am letzten Tag vor dem Wochenende

oder an Feiertagen ansetzen.

Präparat Nr 007 aus Kasten S 010

Topographie / Diagnose

Schilddrüse / Papilläres Schilddrüsenkarzinom

Einleitung

Histogenese:

Das papilläre Schilddrüsenkarzinom ist ein von den Follikelzellen ausgehender maligner

Tumor mit papillären und/oder follikulären Strukturen sowie charakteristischen

Kernveränderungen. (Milchglaskerne, dachziegelartiges Überlappen der Kerne,

Kerneinkerbungen).

Morphologie:

Die papillären Karzinome messen bei Diagnosestellung durchschnittlich 2.3cm und sind in bis

zu drei Vierteln der Fälle multifokal. Makroskopisch sind die Tumoren blass, derb und unscharf

begrenzt. Eine Kapsel liegt nur in 10% der Fälle vor. Bekapselte Tumoren haben eine bessere

Prognose. Papilläre Schilddrüsenkarzinome sind nicht selten multifokal. Papilläre

Mikrokarzinome messen definitionsgemäss weniger als 1cm im Durchmesser. Makroskopisch

präsentieren sich Mikrokarzinome oft als grauweisse Narben.

Histologisch finden sich verzweigte Papillen mit einem zentralen fibrovaskulären Stiel

und/oder Follikel, welche von Zellen mit Milchglaskernen und gekerbten Zellkernen

ausgekleidet sind. In der Hälfte der Fälle können Psammomkörperchen nachgewiesen werden.

Bei der follikulären Variante des papillären Karzinoms liegt architektonisch ein follikuläres

Wachstum vor. Die neoplastischen Follikel sind aber von Zellen mit der typischen Morphologie

des papillären Karzinoms (gekerbte Kerne mit aufgelockertem Chromatin und intranukleäre

Vakuolen ) ausgekleidet. Daneben existieren verschiedene weitere histologische Subtypen

des papillären Karzinoms: kolumnärzellige Variante (columnar cell), großzellige Variante (tall

cell), diffuse sklerosierende Variante, onkozytäre Variante, und solide Variante.

Kombinationen dieser Subtypen kommen vor. Die diffuse sklerosierende Variante (2% der

Fälle), welche bei jüngeren Patienten auftritt, kann eine Struma ohne palpable Knoten

ausbilden und klinisch mit einer Autoimmunthyreoiditis verwechselt werden.

Verlauf:

Papilläre Karzinome metastasieren vor allem lymphogen (in die Lymphknoten, 46-90%).

Gefässeinbrüche und Fernmetastasen in Lungen und Knochen sind selten. .

Anmerkung:

Entscheidend für die Diagnose des klassichen papillären Karzinoms ist die typische

Kernmorphologie.

Page 146: Spezielle Patho Modul 87

Klinik

Vorkommen:

Die papillären Schilddrüsenkarzinome machen rund 80% der Schilddrüsenkarzinome aus.

Mikroskopisch kleine papilläre Karzinome lassen sich autoptisch in etwa 10% ! aller

Schilddrüsen nachweisen. Die betroffenen Patienten sind meist zwischen 20-50 Jahre alt. Bei

den klinisch manifesten Karzinomen überwiegen die Frauen in einem Verhältnis von 3:1. Bei

Kindern und autoptisch diagnostizierten Karzinomen ist das Geschlechtsverhältnis

ausgeglichen.

Symptomatik:

Am häufigsten präsentiert sich das Karzinom als schmerzloser palpabler Knoten. Palpable

Schilddrüsenknoten sind allerdings bei 7% aller Frauen vorhanden. Nur 5-12% dieser Knoten

sind maligne, bei multiplen Knoten sogar lediglich 3%. Gelegentlich führt eine zervikale

Lymphadenopathie wegen einer bereits erfolgten Metastasierung des Karzinoms zur Diagnose.

Diagnostik:

Die Feinnadelaspirationszytologie erlaubt in über 90% der papillären Karzinome eine korrekte

präoperative Diagnosestellung. Der Serum-Thyreoglobulinwert kann als postoperativer

Tumormarker eingesetzt werden. Patienten mit papillären Karzinomen können basierend auf

prognostischen Faktoren in Risikokategorien eingeteilt werden. Diese Faktoren beinhalten

Alter, Fernmetastasen, Invasion des extrathyroidalen Weichteilgewebes, Grösse des

Primärtumors und Ausmass von soliden Anteilen.

Therapie:

Bei Mikrokarzinomen wird bisweilen nur eine Hemithyreoidektomie durchgeführt, sonst wird -

mindestens in Basel - bei papillären Schilddrüsenkarzinomen total thyreoidektomiert. Nach

dieser Therapie ist das Rezidivrisiko geringer und die Überlebensrate höher als bei subtotaler

Thyreoidektomie.

Prognose:

Rund 30% der Patienten erleiden ein Tumorrezidiv. Die Prognose ist insgesamt besser bei

Frauen. Die durchschnittliche 10-Jahres-Überlebensrate des papillären Karzinoms liegt bei 80–

90%, wobei (unifokale) papilläre Mikrokarzinome (1 cm) und vollständig gekapselte

Karzinome eine praktisch 100%-ige Langzeitüberlebensrate zeigen. Die kolumnärzellige, die

großzellige und die diffus sklerosierende Variante haben eine schlechtere Prognose.

Repetitorium

Morphologische Befunde:

Scharf begrenzter Tumor mit schmaler Kapsel.

Links im Bild sind Reste von nicht neoplastischem Schilddrüsenparenchym sichtbar.

Der Tumor besteht aus Papillen mit einem fibrovaskulären Stromastiel und

neoplastischen Follikeln.

Dicht gelagerte, einander überlappende Tumorzellen mit der typischen

Zytomorphologie des papillären Karzinoms:

Zentrale Aufhellung des Chromatins (Milchglaskerne).

Kernkerben (Grooves).

Feiner Nukleolus.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Sonographischer und szintigraphischer Befund.

Zytologischer Vorbefund.

Schilddrüsenfunktion.

Page 147: Spezielle Patho Modul 87

Praxis-Tipp:

Falls zytologisch ein papilläres Karzinom diagnostiziert wurde, ist wegen hoher

Sensitivität und Spezifität dieser zytologischen Diagnose eine intraoperative

Schnellschnittuntersuchung in der Regel nicht indiziert.

Falls zytologisch lediglich ein Verdacht auf papilläres Karzinom geäussert wurde, kann

als Alternative zur Schnellschnittuntersuchung eine intraoperative Schnellzytologie

durchgeführt werden. Präparat frisch einsenden.

Der intraoperative Gefrierschnitt anlässlich einer Schilddrüsenoperation kann

ausserdem bei folgenden Indikationsstellungen durchgeführt werden:

Solitärer (szintigraphisch hypofunktioneller) Knoten.

Makroskopischer Malignitätsverdacht.

Auch ohne einen die Schilddrüse betreffenden Malignitätsverdacht sollte jeder

vergrößerte oder anders auffällige Lymphknoten prinzipiell intraoperativ

untersucht werden.

Präparat Nr 009 aus Kasten S 010

Topographie / Diagnose

Schilddrüse / Medulläres Schilddrüsenkarzinom

Einleitung

Histogenese:

Das medulläre Schilddrüsenkarzinom leitet sich ab von den neuroektodermalen parafollikulären

C-Zellen der Schilddrüse, welche Calcitonin produzieren.

Genetik:

Genetisch determiniert sind 20–50% der medullären Schilddrüsenkarzinome. Sie treten

autosomal-dominant vererbt als isoliertes familiäres medulläres Schilddrüsenkarzinom oder im

Rahmen eines MEN-2A- oder -2B-Syndroms auf. Patienten mit hereditärem Karzinom weisen

je nach Syndrom unterschiedlich lokalisierte Keimbahnmutationen am Ret-Protoonkogen

(rearranged during transfection) auf, welches eine Membran-assoziierte Tyrosinkinase kodiert.

Morphologie:

Makroskopisch imponieren sporadische Tumoren als solitäre, scharf begrenzte, manchmal

gekapselte grauweisse Knoten mit rauher Oberfläche. Bei familiären Karzinomen finden sich

häufig bilaterale multiple grauweisse unscharf begrenzte Herde. Fernmetastasen in Lungen,

Leber oder Knochen sind selten. Histologisch sind die Tumoren meist solide und bestehen aus

monomorphen polygonalen und spindeligen Zellen . Das Stroma enthält in ca. 50% der Fälle

Amyloid. Bei familiären Tumoren findet sich zusätzlich eine neoplastische C-Zell-Hyperplasie.

Diagnostik:

Das breite morphologische Erscheinungsbild mit glandulären, papillären und oxyphilen

Varianten macht den Einsatz immunhistochemischer Methoden obligat bei

Schilddrüsentumoren mit ungewöhnlicher Morphologie (medulläre Karzinome sind positiv für

Calcitonin, Chromogranin A und CEA, negativ für Thyreoglobulin). Das histologische

Erscheinungsbild hat keinen Einfluss auf die Prognose.

Klinik

Vorkommen:

Die medullären Karzinome machen weniger als 10% aller Schilddrüsenkarzinome aus. Die

Page 148: Spezielle Patho Modul 87

nicht hereditären sporadischen Karzinome finden sich überwiegend bei über 45-jährigen

Patienten, während das familiäre Karzinom bereits bei wenigen Jahre alten Kindern,

hauptsächlich aber zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr auftritt.

Symptomatik:

Die Patienten bemerken einen Knoten am Hals, welcher Schluckstörungen und in

fortgeschrittenen Fällen Heiserkeit, Dysphagie und Atembeschwerden verursachen kann. Hohe

Plasma Calcitonin Werte können Diarrhoen verursachen.

Diagnostik:

Der Anstieg von Calcitonin im Serum nach Pentagastrinstimulation spricht für das Vorliegen

eines medullären Karzinoms. Zunehmend kommt auch der molekularbiologische Nachweis der

Mutation des Ret-Gens zum Einsatz. Bei Patienten mit hereditären Tumoren sollte bei den

Familienangehörigen nach Missense Mutationen im Ret-Protoonkogen in Leukozyten

gefahndet werden. Die Diagnose kann mit einer Feinnadelaspirationszytologie gestellt werden.

Therapie:

Chirurgisch ist bei allen medullären Karzinomen eine primär-radikale Operation mit zentraler

und lateraler Lymphadenektomie anzustreben. Anhand der nachgewiesen Mutationen bei

hereditären Tumoren werden die betroffenen Kinder bereits vor dem zu erwartenden Entstehen

eines Karzinoms vollständig thyreoidektomiert (z. B. bei Mutationen am Codon 918 vor dem 6.

Lebensmonat). Die postoperative Bestimmung des Calcitoninspiegels dient zur Erfassung eines

Rezidives oder von Metastasen.

Verlauf und Prognose:

Regionäre Lymphknotenmetastasen sind möglich, hämatogene Metastasen selten. Patienten

mit einem MEN Syndrom zeigen einen eher aggressiveren Verlauf. Nach 10 Jahren leben noch

83% der Patienten, nach 20 Jahren 80%.

Repetitorium

Morphologische Befunde:

Zwei unbekapselte Tumorknoten in ansonsten unauffälligem Schilddrüsenparenchym.

Der untere Knoten ist scharf, der obere unscharf begrenzt.

Der untere Tumorknoten besteht aus soliden Zellballen polygonaler Tumorzellen,

welche von schmalen fibrovaskulären Stromasepten begrenzt werden.

Der obere Tumorknoten besteht überwiegend aus spindeligen Tumorzellen, welche in

soliden Nestern, glandulären oder kribriformen Verbänden angeordnet sind. Die

einzelnen Tumorzellverbände werden von breiten fibrovaskulären Stromasepten

voneinander abgegrenzt. Dystrophe Verkalkungen im Stroma.

Reichlich granuläres eosinophiles Zytoplasma.

Überwiegend monomorphe Tumorzellkerne mit feinkörnigem Pfeffer und Salz

Chromatin (Merkmal endokriner Zellen). Nukleolen sind nicht prominent.

Einzelne Tumorzellkerne sind deutlich vergrössert und hyperchromatisch.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

MEN Syndrom.

Serumkalzitonin und Kalzium.

Mutation des RET-Protoonkogens.

Präparat Nr 011 aus Kasten S 010

Page 149: Spezielle Patho Modul 87

Topographie / Diagnose

Nebenniere / Phäochromozytom

Einleitung

Histogenese:

Das Phäochromozytom ist ein Katecholamin produzierendes Paragangliom des

Nebennierenmarks. Funktionelle Paragangliome entstehen auch in extraadrenalen Paraganglien.

Die Paragangliome der sympathischen (retroperitonealen) Paraganglien können Katecholamine,

meist Noradrenalin und Dopamin sezernieren, die Tumoren der parasympathischen

(mediastinalen) Paraganglien sind meist endokrin inaktiv.

Genetik:

Phäochromozytome und Paragangliome sind in 90% der Fälle sporadisch und in etwa 10%

hereditär bei multipler endokriner Neoplasie (Typ 2a oder 2b) oder beim Von-Hippel-Lindau-

Syndrom (VHL-Syndrom). Der Nachweis der Heredität wird heute genetisch geführt (Mutation

im Ret-Protoonkogen bei der MEN 2, Mutation im VHL-Gen bei Von-Hippel-Lindau-

Syndrom).

Lokalisation:

Typische Lokalisationen von Paragangliomen sind entlang der Gefäßstämme von Arteria

carotis, Aorta thoracalis und abdominalis, der Abgang der A. mesenterica inferior

(Zuckerkandl'sches Organ), die Aortenbifurkation, die Aa. Iliacae und die Harnblase.

Hereditäre Phäochromozytome sind häufig bilateral (synchron oder metachron). Sie entstehen

typischerweise auf dem Boden einer erst diffusen, dann nodulären

Nebennierenmarkhyperplasie.

Diagnostik:

Etwa 10% der Phäochromozytome und 20-25% der Paragangliome sind maligne. Der

kombinierte Einsatz histologischer und immunhistologischer erlaubt lediglich die Zuordnung

eines individuellen Phäochromozytoms zu einer Risikogruppe (benigne vs. suspekt), nicht

jedoch die sichere Erfassung von Malignität. Malignität ist ausschliesslich durch den Nachweis

von Metastasen definiert. Folgende Merkmale finden sich häufiger bei malignen

Phäochromozytomen: Grosse Tumoren mit Nekrosen, erhöhte proliferative Aktivität oder

atypische Mitosen, Kapselinvasion oder extrakapsuläre Gefässinvasion, Zellreichtum und

ausgeprägte zelluläre Atypien.

update 30. August 2012

Klinik

Vorkommen:

Die jährliche Inzidenz von Phäochromozytomen und funktionellen Paragangliomen liegt bei

knapp 1/100'000. Patienten mit Hypertonie haben etwa in 0.1-1% der Fälle ein

Phäochromozytom.

Symptomatik:

Die Symptome von Phäochromozytomen oder funktionellen Paragangliomen werden als 6 P

zusammengefasst:

Pressure (arterielle Hypertonie bei ca. 90%)

Pain (Kopf, Brust, Abdomen)

Perspiration (Schwitzen)

Palpitation (Tachyarrhythmien)

Pallor (Blässe)

Page 150: Spezielle Patho Modul 87

Paroxysms (anfallsweise auftretende arterielle Hypertonie bie 40-50%)

Diagnostik:

Aufgrund der geringen Inzidenz wird in der Literatur eine Vorselektion der Patienten

empfohlen, bevor weitergehende Abklärungen (biochemische Diagnostik und Bildgebung)

veranlasst werden. In folgenden Situationen wird die Suche nach einem

katecholaminproduzierenden Tumor durchgeführt:

Verdächtige Symptomatik (6 P)

Arterielle Hypertonie mit Therapieresistenz (mehr als drei Antihypertensiva), Alter

unter 30 Jahre und/oder paradoxer Blutdruckanstieg unter Betablocker oder

Metoclopramid

Bluthochdruckkrisen, auch nach schweren Belastungen wie z. B. Operationen,

Anästhesie, TRH-Applikation

Genetische Prädisposition oder positive Familienanamnese für Phäochromozytom oder

andere endokrine Tumoren

Zufällig in der Bildgebung entdeckter adrenaler Tumor (Inzidentalom)

Selbst mit dieser Vorselektion lässt sich nur bei ca. 1:300 Abklärungen ein Phäochromozytom

oder ein funktionelles Paragangliom nachweisen, da die ersten drei Kriterien eine geringe

Vortestwahrscheinlichkeit aufweisen. Eine mässig bis hohe Vortestwahrscheinlichkeit besteht

bei genetischer Prädisposition/positiver Familienanamnese oder bei Kombination typischer

Symptome mit verdächtiger Bildgebung. Therapie:

Die Operationsindikation ist mit dem Tumornachweis generell gegeben. Jede Operation eines

hyperkatecholaminämischen Tumors erfordert eine spezielle medikamentöse Vorbehandlung.

update 30. August 2012

Repetitorium

Morphologische Befunde:

Unscharf begrenzter, gefässreicher Tumor ausgehend vom Nebennierenmark.

Zungenförmige Infiltration der angrenzenden Nebennierenrinde. Die Zellen der

Nebennierenrinde haben reichlich eosinophiles Zytoplasma und kleinere Kerne als die

Tumorzellen.

„Zellballen“ umgeben von schmalen Bindegewebssepten mit kapillären Gefässen.

Polygonale Tumorzellen mit reichlich granuliertem basophilem Zytoplasma und

rundovalen Kernen mit uniform feinkörnigem Pfeffer und Salz Chromatin sowie

prominentem Nukleolus.

Herdförmig Tumorzellen mit sehr grossen polymorphen Zellkernen (links oben).

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

MEN Syndrom.

Mutation im RET-Protoonkogen oder im VHL-Gen.

Resultat der Hormondiagnostik.

Präparat Nr 012 aus Kasten S 010

Topographie / Diagnose

Page 151: Spezielle Patho Modul 87

Leber / Lebermetastase: Neuroendokrines Karzinom

Einleitung

-

Klinik

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Repetitorium

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Präparat Nr 013 aus Kasten S 010

Topographie / Diagnose

Hypophyse, Vorderlappen / Prolaktinom

Einleitung

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Klinik

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Repetitorium

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Präparat Nr 002 aus Kasten S 011

Topographie / Diagnose

Zervix / Cis und Plattenepithelkarzinom der Zervix

Einleitung

Aetiologie:

Die grosse Mehrzahl der Zervixdysplasien ist ätiologisch mit einer Papillomavirus (HPV)

Infektion verknüpft. In Karzinomen liegt die Nachweisrate von HPV mit PCR bei fast 100%.

Persistierende Infektionen mit den Papillomvirustypen 16, 18 und etwas weniger 31, 33 und 35

sind mit einem erhöhten Progressionsrisiko der leichten zur schweren Dysplasie und zum

Karzinom verbunden.

Lokalisation:

Dysplasien und davon abgeleitete Karzinome treten gleich wie die kondylomatösen Läsionen

vorwiegend in der Transformationszone im Bereich des metaplastischen Plattenepithels auf.

Seltener findet sich auch eine Präkanzerose des endozervikalen glandulären Epithels (Dysplasie

Page 152: Spezielle Patho Modul 87

oder Adenocarcinoma in situ). Mehr als 90% der invasiven Karzinome entstehen in der

Transformationszone, die übrigen im Plattenepithel der Ektozervix.

Morphologie:

Die HPV Infektion kann gelegentlich aufgrund zytopathischer Effekte in den infizierten

oberflächlichen Plattenepithelzellen erkannt werden. Die zytopathisch veränderten Zellen nennt

man Koilozyten. Koilozyten weisen einen hellen perinukleären Hof und einen verdickten

peripheren Zytoplasmasaum auf . Sie enthalten einen oder mehrere hyperchromatische

dunkle Zellkerne. Ein flaches Areal mit zytopathisch veränderten Plattenepithelzellen wird als

flache kondylomatöse Läsion bezeichnet . Die Dysplasie des Plattenepithels wird eingeteilt

in leichte (=CIN I), mässige (=CIN II) und schwere Dysplasie (=Carcinoma in situ; CIN

III) . Invasive Karzinome unterscheiden sich von einem Carcinoma in situ durch

zungenförmige Tumorausläufer, welche die Basalmembran durchbrochen haben oder die

Anwesenheit von kleinen Zellnestern ohne Basalmembran in desmoplastischem Stroma. Das

invasive Karzinom verursacht meist eine Stromareaktion in Form eines Ödems, einer

desmoplastischen Fibrose, chronischer Entzündung oder einer granulomatösen Entzündung.

Makroskopisch können die invasiven Tumoren exophytisch polypoid, papillär, oder

endophytisch wachsen. Bei den invasiven Karzinomen unterscheidet man verhornende und

nicht verhornende Karzinome, wobei der Verhornungsgrad keine prognostische Relevanz

besitzt.

Klinik

Vorkommen:

Im Gegensatz zur Zunahme der Inzidenz von dysplastischen Veränderungen hat die Inzidenz

und die assoziierte Mortalität der Zervixkarzinome in den letzten 30 Jahren dank zytologischen

Screeninguntersuchungen drastisch abgenommen. Die Anzahl der Neuerkrankungen beläuft

sich auf 11 pro 100'000 Frauen pro Jahr in der Schweiz. Die Dysplasien der Cervix uteri sind

etwa 30mal häufiger als invasive Karzinome. Im zytologischen Screening beträgt die

Dysplasiefrequenz 0.5-3% aller Abstriche. HPV Infektion und leichte Dysplasien entwickeln

sich mit Aufnahme der sexuellen Aktivität im Adoleszentenalter. Schwere Dysplasien sind am

häufigsten bei Frauen im Alter von 25 bis 29 Jahren. Mikroinvasive Karzinome mit einer

maximalen Invasionstiefe von 5mm und einer Oberflächenausdehnung von maximal 7mm

treten etwa im Alter von 45 Jahren auf und somit durchschnittlich 10 Jahre früher als die

invasiven Zervixkarzinome insgesamt.

Diagnostik:

Die einzelnen HPV-Typen können am Paraffinschnitt mittels Immunhistochemie (wenig

sensitiv) in-situ-Hybridisierung nachgewiesen werden. Bei wiederholten zytologischen

Abstrichen mit leichter Dysplasie oder unklarer Zytologie kann die HPV Bestimmung das

weitere Procedere beeinflussen. Bei positivem Nachweis wird eine Kolposkopie und allenfalls

eine Biopsie durchgeführt. Bei negativem Befund kann die Zytologie nach 3-6 Monaten

wiederholt werden.

Symptomatik:

Kleine Tumoren sind oft asymptomatisch. Selten werden intermittierende, oft postkoitale

vaginale Blutungen beobachtet. Fortgeschrittene Karzinome verursachen blutigen Ausfluss,

Schmerzen oder Symptome im Zusammenhang mit der Infiltration von Harnblase, Rektum

oder Lymphknoten. Die Karzinomdiagnose wird meist bioptisch gesichert.

Verlauf:

62% der leichten Dysplasien bilden sich innert 3-4 Jahren spontan zurück, 22% persistieren und

16% sind progredient. Von den mässigen Dysplasien heilen 50% innert 4-6 Jahren ab, 15%

persistieren und 30% sind progredient.

Therapie:

Page 153: Spezielle Patho Modul 87

Abwartendes Verhalten ist wegen der hohen spontanen Rückbildungstendenz in der Mehrzahl

der leichten Dysplasien gerechtfertigt. Zervixkarzinome der Stadien I und II werden operativ

therapiert (abdominale Hysterektomie nach Wertheim und paraaortale Lymphadenektomie). In

fortgeschrittenen Stadien wird eine alleinige oder zusätzliche Strahlentherapie durchgeführt.

Prognose:

Im Stadium I beträgt die 5-Jahresüberlebensrate 90-95% (Tumor begrenzt auf die Zervix).

Diese sinkt auf 20% im Stadium IV (Infiltration von Harnblase, Rektum oder distalen

Organen).

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Morphologische Merkmale:

Portio mit vorderer Muttermundslippe, Anteile der hinteren Muttermundslippe

und Zervikalkanal.

Carcinoma in situ der ektozervikalen Schleimhaut und des metaplastischen

Plattenepithels im Bereich der Transitionalzone.

Einwachsen des Carcinoma in situ in vorbestehende endozervikale

Drüsenschläuche.

Invasive solide Tumorzellstränge in desmoplastischem Stroma mit dichtem

lymphoplasmazellulärem Entzündungsinfiltrat.

Zellen des Plattenepithelkarzinoms mit vergrösserten, pleomorphen und

hyperchromatischen Zellkernen, reichlich eosinophilem Zytoplasma und

deutlichen Zellgrenzen.

Zylinderepithel der endozervikalen Drüsen ohne Dysplasie.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Vorbefunde (Dysplasie der Zervixschleimhaut).

Vorausgegangene Eingriffe (z.B. Konisation oder Kurettage).

Praxis-Tip:

Konisat an der vorderen Muttermundslippe bei 12 Uhr mit Faden markieren.

Konisate möglichst intakt lassen und nicht inzidieren.

Fragmentierte Konisate in separaten Gefässen mit genauer Bezeichnung

einsenden.

Präparat Nr 003 aus Kasten S 011

Topographie / Diagnose

Endometrium / Hyperplasie des Endometriums

Einleitung

Aetiologie:

Meist liegen der Hyperplasie langfristige Follikelpersistenzen, wiederholte

anovulatorische Zyklen oder eine exogene Östrogenzufuhr ohne Zusatz von Gestagenen

zugrunde. Allen Ursachen gemeinsam ist der kontinuierlich hohe Östrogenspiegel, der

Page 154: Spezielle Patho Modul 87

durch keine Progesteronsekretion ausgeglichen wird.

Morphologie:

Einteilung der Endometriumhyperplasie nach WHO:

einfache (glandulär-zystische) Hyperplasie

komplexe Hyperplasie

einfache Hyperplasie mit Atypie

komplexe (adenomatöse Hyperplasie mit Atypie)

Die hyperplastische Mukosa ist verdickt (2-3cm statt normal 0.2-1.2cm), homogen-

weisslich glasig und weich. Bei der einfachen Hyperplasie beträgt das Drüsen-Stroma

Verhältnis 1:1. Die Drüsen sind verstärkt verzweigt, zystisch transformiert und

ausgekleidet von mehrreihigem Epithel. Die klassische einfache (=glanduläre zystische)

Hyperplasie mit “Schweizer-Käse” Muster und abgeflachtem Epithel ist ein Endstadium

der einfachen Hyperplasie. Bei einer komplexen Hyperplasie zeigen die Drüsen

stärkere Verzweigungen und pseudopapilläre Epithelaussprossungen. Das Drüsen-

Stroma Verhältnis ist zugunsten der Drüsen verschoben. Atypien treten vor allem

in komplexen Hyperplasien auf. Die Kerne sind vergrössert, abgerundet, polymorph und

hyperchromatisch. Es finden sich grosse Nukleolen und eventuell atypische Mitosen. In

Einzelfällen kann die Abgrenzung einer atypischen komplexen Hyperplasie von einem

Karzinom am Kurettagematerial sehr schwierig sein. Beim invasiven Karzinom sind die

Drüsenarchitekturstörungen noch ausgeprägter und zwischen den Karzinomdrüsen fehlt

das Stroma stellenweise vollständig.

Verlauf:

Weniger als 3% der Hyperplasien ohne Atypien gehen über in ein endometrioides

Adenokarzinom, jedoch bis zu ein Viertel der atypischen Hyperplasien. Entscheidend

für die Prognose ist also das Vorhandensein von Atypien.

Klinik

Vorkommen:

Die Altersgipfel liegen zur Zeit der ovariellen Übergangsphasen in der Pubertät und

insbesondere im Klimakterium.

Diagnostik und Therapie:

Die Diagnose erfolgt am Abrasionsmaterial.

Zur Behandlung der einfachen Hyperplasie kann bei Verdacht auf eine

Follikelpersistenz Medroxyprogesteronacetat (oder ein Äquivalent) vom 12. - 25.

Zyklustag verordnet werden. Bei rezidivierender, dysfunktioneller Blutung sollte die

Kürettage wiederholt und ein hormonbildender Ovarialtumor ausgeschlossen werden.

Bei einer komplexen Hyperplasie muss das Gestagen höher dosiert werden. Nach drei

Monaten wird eine Kontrollkürettage durchgeführt und bei Persistenz der Hyperplasie

die Gestagentherapie wiederholt (prämenopausal mit Kinderwunsch) bzw.

hysterektomiert (peri- und postmenopausal). Bei einer komplexen Hyperplasie mit

Atypie wird eine Hysterektomie mit oder ohne Adnexektomie durchgeführt und bei

Frauen mit Kinderwunsch eine Hysteroskopie durchgeführt und behandelt wie bei

komplexer Hyperplasie ohne Atypie.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Hoch aufgebaute Mukosa.

Das Verhältnis von Stroma und Drüsen ist zugunsten der Drüsen verschoben.

Page 155: Spezielle Patho Modul 87

Die architektonische Komplexität der Drüsen ist in den meisten Fragmenten

gering. Viele Drüsen sind zystisch dilatiert oder verzweigt. Keine kribriformen

Strukturen.

Proliferierendes ein- oder mehrreihiges Epithel mit länglichen hellen Kernen

und Mitosen.

Einige Drüsen werden von metaplastischem tubarem Epithel oder

Flimmerepithel ausgekleidet.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Hyperöstrogenismus.

Medikamentöse Therapie (z.B. Tamoxifen).

Menopausenstatus.

Sonographische oder hysteroskopische Befunde.

Präparat Nr 005 aus Kasten S 011

Topographie / Diagnose

Uterus / Fibroleiomyom des Uterus

Einleitung

Histogenese:

Es handelt sich um gutartige glattmuskuläre Tumoren mit unterschiedlichem

Fasergehalt.

Lokalisation:

Myome können submukös, intramural oder subserös lokalisiert sein. 2% liegen

intrazervikal.

Morphologie:

Myome sind typischerweise rund, scharf begrenzt und nicht bekapselt. Die

Schnittfläche ist weiss mit wirbliger Struktur. Spindelige Zellen mit eosinophilem

Zytoplasma und abgerundeten länglichen Kernen bilden Faszikel. Zell- und Fasergehalt

sind sehr variabel. Degenerative Veränderungen wie Verkalkungen , hyaline

Nekrosen, Einblutungen, Homogenisierung des Kollagens, Ödem oder myxoide

Degeneration und Zystenbildung kommen häufig vor.

Anmerkung:

Gutartige Leiomyome können ein einzelnes Malignitätskriterium aufweisen (vermehrte

Mitosen, signifikante Zellatypien oder Infarktnekrose). Falls mehr als eines dieser

Kriterien vorhanden ist, handelt es sich jedoch um einen leiomyomatösen Tumor mit

unsicherem Malignitätspotential oder um ein Leiomyosarkom.

Klinik

Vorkommen:

Leiomyome sind die häufigsten uterinen Tumoren. Sie sind in bis zu 75% der

Hysterektomiepräparate nachweisbar. Nach dem 30. Lebensjahr sind Myome bei etwa

bei 20-30 % aller Frauen nachweisbar. Bei Kindern finden sich keine Myome.

Symptomatik:

Hauptsymptome sind Blutungsstörungen aller Art (Menorrhagien, Hypermenorrhoe,

Page 156: Spezielle Patho Modul 87

Metrorrhagien) bei intramuralen Myomen infolge Kontraktionsschwäche des Uterus

bzw. bei submukösen Myomen infolge gestörter Schleimhautregeneration. Ausserdem

können Schmerzen auftreten als Folge der Kapselspannung oder Kreuzschmerzen bzw.

Nervenschmerzen in den Beinen durch Druck auf die präsakralen Nervenaustritte.

Grosse Tumoren können zu Druck-, Schwere- bzw. Fremdkörpergefühl im Unterbauch

führen und Pollakisurie, Inkontinenz oder Obstipation verursachen. Besonders gestielte

Myome können hämorrhagisch infarzieren . 50% der Myome sind asymptomatisch.

Therapie:

Als medikamentöse Therapie können Gn-RH Analoga, gestagenbetonte

Ovulationshemmer oder in der Postmenopause gestagenbetonte Östrogen-Gestagen

Gemische verabreicht werden. Einzige dauerhaft effektive Behandlung ist die

Hysterektomie bei symptomatischen Patientinnen.

Verlauf:

Myome wachsen unter dem Einfluss von Östrogenen. Nach der Menopause kommt es

meist zum Wachstumsstillstand und zur Schrumpfung der vorhandenen Tumoren. Eine

Entartung zum Leiomyosarkom ist mit 0.5% der Fälle selten.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Zwei scharf begrenzte Knoten im Myometrium bestehend aus Bündeln glatter

Muskulatur.

Variabler Anteil Fibrose (Kollagenfasern).

Glatte Muskelzelle: eosinophiles Zytoplasma, längliche Kerne mit abgerundeten

Enden (zigarrenförmig).

Keine signifikanten Zellatypien. (signifikant=bereits in der

Übersichtsvergrösserung erkennbar).

Keine Mitosen.

Keine Tumornekrosen.

Das Endometrium über dem Leiomyom ist druckatroph, das übrige

Endometrium zeigt Proliferationszeichen.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Durchgeführte Hormontherapie

Orale Kontrazeptiva

Schwangerschaft

Präparat Nr 006 aus Kasten S 011

Topographie / Diagnose

Uterus / Endometrioides Adenokarzinom des Uteruscorpus

Einleitung

Histogenese:

Karzinome im Bereich des Corpus uteri sind bis auf wenige Ausnahmen

Adenokarzinome ausgehend von Endometriumdrüsen. Die Mehrzahl der

Endometriumkarzinome (80%) sind endometrioide Adenokarzinome

Page 157: Spezielle Patho Modul 87

(Histokurspräparat), die überwiegend östrogenabhängig sind (Typ I). Prototypen des

nicht hormonabhängigen Typ-II-Karzinoms sind das seröse und das klarzellige

Karzinom. Weitere Tumortypen sind das muzinöse Adenokarzinom, das primäre

Plattenepithelkarzinom sowie das undifferenzierte Karzinom. Die Präkanzerose der

Typ-I-Karzinome ist die atypische Hyperplasie. Nach der WHO-Klassifikation wird

zwischen der einfachen Hyperplasie mit einem Karzinomrisiko von < 1%, der

komplexen Hyperplasie (Karzinomrisiko zwischen 5% und 10%) und der atypischen

Hyperplasie (Karzinomrisiko etwa 30%) unterschieden. Basierend auf einer

Kombination molekularer, histologischer und klinischer Verlaufsdaten wurde 1990

zusätzlich die endometriale intraepitheliale Neoplasie (EIN) als Präkanzerose des

endometrioiden Adenokarzinoms definiert. Als Vorstufe der serösen Tumoren gilt das

seröse intraepitheliale Karzinom (=EIC/seröses Carcinoma in situ).

Morphologie:

Endometriumkarzinome bilden sessile oder polypoide hellbrauen oder weisse Massen,

welche das Cavum uteri ausfüllen. Wenig differenzierte Tumoren weisen oft

Einblutungen oder Nekrosen auf. Endometrioide Karzinome bestehen aus tubulären

Drüsen, welche von einem mehrreihigen Epithel ausgekleidet werden. Schleim ist nicht

oder nur apikal in den Zellen vorhanden. Die Ausdehnung der soliden Areale und die

zytologischen Atypien bestimmen den Differenzierungsgrad. Die am Curettagematerial

oder im intraoperativen Schnellschnitt vorgenommene Bestimmung von

Differenzierungsgrad, histologischem Subtyp und Infiltrationstiefe ist wichtig für die

Entscheidung zur Lymphadenektomie bei wenig fortgeschrittenen Karzinomen.

Prognostisch ungünstig sind seröse, klarzellige, undifferenzierte und adenosquamöse

Karzinome. Metaplastisches Plattenepithel findet sich häufig in endometrioiden

Karzinomen und hilft bei der Abgrenzung von anderen Subtypen. Das endometrioide

Karzinom kann sich innerhalb von Adenomyoseherden im Myometrium entwickeln .

In diesen Fällen kann die Bestimmung der Infiltrationstiefe erschwert sein.

Anmerkung:

Endometrioide Adenokarzinome können auch von der Zervix, vom Ovar oder von der

Tube ausgehen. Wenn ein endometrioides Karzinom gleichzeitig im Uterus und im

Ovar vorliegt, kann deshalb nicht immer mit Sicherheit gesagt werden, ob es sich um

zwei unabhängige Primärtumoren oder um ein metastasierendes Karzinom handelt.

Klinik

Klinik Vorkommen:

Die Endometriumkarzinome sind in der Schweiz mindestens doppelt so häufig wie die

Zervixkarzinome. Die Inzidenz in der Schweiz liegt bei 24:100'000 Frauen pro Jahr. Die

meisten Frauen erkranken zwischen 65 und 70 Jahren, nur 4 % vor dem 40. Lebensjahr.

Risikofaktoren:

Als Risikofaktor für das Typ I Karzinom gilt eine alleinige Östrogenstimulation, wie sie

bei chronischer Anovulation, Adipositas, östrogensezernierenden Ovarialtumoren,

exogener Hormonzufuhr oder Langzeit- Tamoxifentherapie auftreten kann. Diesen

Tumoren geht in 20-40% der Fälle eine Hyperplasie des Endometriums voraus.

Karzinome mit assoziierter Hyperplasie sind meist hoch differenziert und haben deshalb

eine bessere Prognose als Karzinome, die Östrogen-unabhängig sind und mit einer

Atrophie des Endometriums einhergehen.

Symptomatik:

Wichtigstes Symptom des Endometriumkarzinoms ist die uterine Blutung bei

postmenopausalen Frauen. Der Blutung geht oft ein Fluor voraus. Eine Zunahme der

Intensität und Frequenz der Blutung bei perimenopausalen Frauen ist ebenfalls

verdächtig.

Page 158: Spezielle Patho Modul 87

Diagnostik:

Auch ohne Früherkennungsmaßnahmen werden bei Abklärung abnormer vaginaler

Blutungen 72.7 % aller Tumoren im Stadium I erfasst (Tumor auf Uteruscavum

beschränkt). Eine transvaginale Sonographie hat bei einer Blutung in der

Postmenopause nur eine ungenügende Spezifität und kann die Abrasio nicht ersetzen.

Bei einer postmenopausalen Blutung ist eine fraktionierte Abrasio mit getrennter

Curettage von Zervikalkanal und Uteruscavum absolut indiziert. In ca. 20% dieser Fälle

wird histologisch ein Karzinom nachgewiesen. Besteht sonographisch der Verdacht auf

ein Endometriumkarzinom, empfiehlt es sich, der Abrasio eine Hysteroskopie

voranzustellen. Auch bei Blutungen und fraktionierter Abrasio mit negativer Histologie

muß die Hysteroskopie eine Klärung herbeiführen. Ein Ovarial- oder Tubenkarzinom

muss ausgeschlossen werden, wenn die Abrasio keinen krankhaften Befund ergibt.

Derzeit werden weder bei Risiko-, noch bei Nicht-Risikogruppen zytologische,

histologische oder vaginalsonographische Untersuchungen zum Screening des

Endometriumkarzinoms empfohlen. Selbst die sonographische Kontrolle des Uterus bei

Mammakarzinompatientinnen unter Tamoxifen wird zwiespältig beurteilt.

Therapie:

Die operative Behandlung des Endometriumkarzinoms ist in den Stadien I - III Methode

der Wahl. Bei Befall der Vagina und Invasion von Harnblase oder Kolonmukosa ist die

Operation allein meist nicht kurativ. Operative Maßnahmen müsssen mit Radiotherapie

kombiniert werden. Typ II Karzinome sollten aufgrund ihres aggressiven Verhaltens in

Analogie zum serösen Ovarialkarzinom behandelt werden.

Bei Diagnose einer komplexen Hyperplasie mit Atypie (WHO Klassifikation) bzw.

einer endometrialen intraepithelialen Neoplasie (EIN) in der Uteruskurettage ist bei

prämenopausalen Frauen mit abgeschlossener Familienplanung und bei

postmenopausalen Frauen aufgrund des Karzinomrisikos von bis zu 40% eine

Hysterektomie zu empfehlen. Da die endgültige Untersuchung des

Hysterektomiepräparates in ca. 20-40% ein invasives Karzinom zeigt, ist bei

postmenopausalen Frauen eine gleichzeitige Adnexektomie anzustreben. Bei Frauen mit

Kinderwunsch und bei Patientinnen mit einem erhöhten Operationsrisiko ist ein

konservatives Vorgehen mit hochdosierter Gestagentherapie möglich.

Prognose:

Da das Endometriumkarzinom aufgrund von Blutungsanomalien meist in einem

Frühstadium diagnostiziert wird, beträgt die kumulative Überlebensrate aller Tumoren

über 85%.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Endomyometranes Gewebsfragment.

Die untere Hälfte des Uteruskavums wird ausgekleidet von flachem atrophem

Endometrium. Im Cavum liegt ein Blutkoagel mit nekrotischem Detritus nach

vorausgegangener diagnostischer Utersukurettage.

Anstelle des Endometriums findet sich in der oberen Hälfte des Uteruskavums

ein Adenokarzinom bestehend aus architektonisch komplexen Drüsen. Die

Drüsen liegen teils dos à dos ohne erkennbares Stroma zwischen zwei

Drüsenschläuchen.

Tumorzellverbände infiltrieren die glatte Muskulatur des Myometriums.

Tumordrüsen ausgekleidet von mehrreihig angeordneten Tumorzellen mit

hyperchromatischen polymorphen längsovalen Tumorzellkernen mit zahlreichen

Mitosen. Die Morphologie der Tumordrüsen erinnert an proliferatives

Endometrium.

Page 159: Spezielle Patho Modul 87

Anmerkung: Typischerweise ist das endometrioide Karzinom des Uterus als

Folge des ursächlichen Hyperöstrogenismus assoziiert mit einem hypertrophen

Endometrium. In diesem Fall erscheint das Endometrium nach

vorausgegangener Kurettage atroph. Atrophes Endometrium findet sich sonst

charakteristischerweise neben serösen Endometriumkarzinomen

postmenopausaler Patientinnen.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Menopausenstatus.

Hormonelle Therapie.

Präparat Nr 007 aus Kasten S 011

Topographie / Diagnose

Ovar / Benignes reifes Teratom des Ovars

Einleitung

Histogenese:

Reife zystische Teratome (=Dermoidzysten) gehören zu den Keimzelltumoren.

Teratome bestehen aus reifen Geweben aller drei Keimblätter, die manchmal organoid

angeordnet sind.

Morphologie:

Makroskopisch sind reife Teratome leicht erkennbar. Ein zystischer Hohlraum ist

gefüllt mit gelbem talgartigem Material durchmischt mit Haaren. Die

Zystenauskleidung gleicht Haut. Eine oder mehrere polypoide Formationen bestehend

aus Fettgewebe ragen in das Zystenlumen (sogenannter Kopfhöcker). Zähne, Knochen,

Knorpel, Schilddrüsengewebe oder Hirngewebe können in manchen Fällen

makroskopisch beobachtet werden.

Histologisch dominiert in fast allen Fällen ektodermales Gewebe einschliesslich

verhornte Epidermis, Talg- und Schweissdrüsen, Haarfollikel und neuroektodermale

Elemente. Mesodermale Anteile umfassen glatte Muskulatur, Knochen, Zähne, Knorpel

und Fettgewebe. Vom Endoderm abgeleitet sind respiratorisches und gastrointestinales

Gewebe, Schilddrüse, Speicheldrüse und selten Retina, Pankreas, Thymus, Nebenniere,

Hypophyse, Niere, Lunge, Mamma und Prostata. In der Zystenwand lässt sich oft eine

lipogranulomatöse Entzündung als Reaktion auf Zysteninhalt nachweisen. Eine maligne

Entartung einzelner Gewebsbestandteile kommt nur in 2% aller Dermoidzysten vor. Am

häufigsten sind Plattenepithelkarzinome oder Adenokarzinome. Monodermale Teratome

enthalten praktisch ausschliesslich einen Gewebstyp. Dazu gehören die Struma ovarii,

Karzinoide , neuroektodermale Tumoren und Talgdrüsentumoren.

Epidermoidzysten sind ausschliesslich von Plattenepithel ausgekleidet und haben keine

Hautanhangsgebilde. Sie leiten sich wahrscheinlich vom Oberflächenepithel ab.

Lediglich 3% der Teratome bei Frauen sind unreife Teratome mit potentiell malignem

Verlauf. Unreife Teratome sind solide oder solid-zystisch , haben eine weiche

fleischige Schnittfläche mit Einblutungen und Nekrosen. Histologisch lässt sich

embryonales, meist neuroektodermales Gewebe nachweisen. In der Regel ist auch

unreifes Gewebe vom fetalen Typ und reifes Gewebe vom adulten Typ aus allen drei

Keimblättern beigemischt.

Sehr selten sind fetiforme Teratome bestehend aus einer Zyste, welche Strukturen

ähnlich einem missgebildeten Fetus (Homunculus) enthält.

Page 160: Spezielle Patho Modul 87

Klinik

Vorkommen:

Teratome machen 58% der benignen Ovarialtumoren aus. 15% der Tumoren sind

bilateral. Mehr als 80% der reifen Teratome treten während der reproduktiven Phase

auf. Selten sind sie bei Kindern oder nach der Menopause.

Symptomatik:

Die Patientinnen sind oft asymptomatisch. Gelegentlich bemerken die Betroffenen eine

Zunahme des Bauchumfanges oder klagen über Bauchschmerzen.

Diagnostik und Therapie:

Wenn Zähne vorhanden sind, lässt sich die Diagnose radiologisch leicht stellen.

Dermoidzysten werden operativ entfernt. Unreife Teratome werden zusätzlich

chemotherapeutisch behandelt.

Komplikationen:

Mögliche Komplikationen sind die Torsion mit Infarkt, Perforation, Hämoperitoneum

und Autoamputation des Tumors. Eine plötzliche Ruptur kann zum akuten Abdomen

führen. Eine Entleerung von Zysteninhalt kann ausserdem eine granulomatöse

Peritonitis verursachen.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Ovar mit ödematösem Stroma.

Zyste ausgekleidet von stark verhornendem Plattenepithel mit Hornlamellen im

Zystenlumen. Hautadnexstrukturen umgeben die Zyste (Haare, Talgdrüsen,

Schweissdrüsen).

Zweite Zyste oben rechts ausgekleidet von Flimmerepithel.

Die mehrreihige Zyste unten im Bild entspricht einer Follikelzyste. Diese gehört

nicht zum Tumor.

Präparat Nr 008 aus Kasten S 011

Topographie / Diagnose

Ovar / Seröses Adenokarzinom des Ovars

Einleitung

Histogenese:

Benigne und maligne Ovarialtumoren teilt man in epitheliale Tumoren (65-70%),

Keimstrang-Stromatumoren (5-10%) und Keimzelltumoren (15-20%) ein. Das seröse

Adenokarzinom gehört zur erstgenannten Kategorie und ist der häufigste histologische

Subtyp der malignen Ovarialtumoren. Das high-grade seröse Karzinome entsteht nach

neusten Erkenntnissen am Fimbrienende des Eileiters (tubares intraepitheliales

Karzinom) oder aus drüsigen Epitheleinschlüssen, die ebenfalls vom Eileiter stammen.

Das Fimbrienende der Tube ist auch der Ausgangspunkt der serösen

Peritonealkarzinome. Entsprechend sind die serösen Ovarialkarzinome in der Mehrheit

eigentlich Tubenkarzinome. Diese Erkenntnis ist aber noch nicht in die TNM-

Klassifikation der Tuben- respektive Ovarialkarzinome eingeflossen. Alle in der Tube

und im Ovar auftretenden serösen Tumoren können seltener auch im Endometrium

Page 161: Spezielle Patho Modul 87

vorkommen . Seltenere Subformen der epithelialen Ovarialkarzinome wie das

endometrioide und das klarzellige Karzinom entstehen aus einer Endometriose des

Ovars. Die TNM Klassifikation und die FIGO Stadieneinteilung gelten für

Ovarialtumoren des Epithels und des Stromas sowie für Borderlinetumoren des Ovars.

Molekulare Pathogenese:

Man unterscheidet low- und high-grade Karzinome des Ovars. Low grade Neoplasien

(Typ I Tumoren) entstehen aus sogenannten papillären Hyperplasien der

Tubenschleimhaut und entwickeln sich über klar definierte Vorstufen und wenigen, für

den histologischen Typ charakteristischen genetischen Veränderungen. High-grade

seröse Karzinome (Typ II Tumoren) sind schnell progredient und werden meist erst im

fortgeschrittenen Stadium entdeckt. Diese Tumoren zeigen eine ausgeprägte genetische

Instabilität mit häufigen Mutationen des Tumorsupressorgens TP53 (80%) sowie sehr

zahlreiche chromosomale Anomalien.

Low grade seröse Karzinome sind in 3/4 der Fälle assoziiert mit einer nichtinvasiven

Tumorkomponente (atypisch proliferierender seröser Tumor und nicht invasives seröses

low-grade Karzinom (auch Borderlinetumoren genannt)). Diese Vorstufen zeigen eine

enge morphologische und molekulare Verwandtschaft mit den low-grade serösen

Karzinomen. K-RAS, BRAF oder ERBB2 zeigen aktivierende Mutationen in etwa zwei

Dritteln aller serösen Borderlinetumoren und low-grade Karzinome.

Morphologie:

Makroskopisch können seröse Karzinome überwiegend zystisch-papillär,

ausschliesslich solid oder exophytisch imponieren. In zwei Drittel der Fälle sind beide

Ovarien betroffen. Im Gegensatz zum Borderlinetumor zeigt das invasive seröse

Karzinom eine destruktive Stromainvasion . Lamellär geschichtete Verkalkungen

(Psammomkörperchen ) lassen sich in variabler Anzahl in serös papillären Tumoren

nachweisen.

Histologisch sind high grade seröse Karzinome charakterisiert durch solide

Tumorareale, komplexe, verzweigte Papillen und Drüsen, welche enge schlitzförmige

Lumina bilden. Die Zellkerne der high grade Karzinome sind pleomorph, deutlich

vergrössert und hyperchromatisch.

Grading von serösen Karzinomen:

High grade seröse Karzinome sind charakterisiert durch deutliche

Kerngrössenschwankungen (>3:1), ausgeprägte Kernatypien und zahlreiche Mitosen

(>12/10 HPF).

update 30. August 2012

Klinik

Vorkommen:

Die Inzidenz der Ovarialkarzinome insgesamt beträgt in der Schweiz 16:100'000 pro

Jahr. Die serösen Tumoren machen etwa 30% aller Ovarialtumoren aus, wobei 60%

dieser Tumoren gutartig , 10% vom Borderline Typ und 30% maligne sind.

Benigne seröse Tumoren treten in jedem Alter auf. Seröse Borderlinetumoren und

Karzinome sind selten vor dem 20. Altersjahr. Das Durchschnittsalter für

Borderlinetumoren beträgt 46 Jahre, für seröse Karzinome 56 Jahre.

Diagnostik:

Die Dignität von jedem palpatorisch festgestellten Ovarialtumor sollte in jedem

Lebensalter möglichst bald abgeklärt werden.

Therapie:

Die Basis der Behandlung stellt die Operation dar. Nach Eröffnung der Bauchhöhle

Page 162: Spezielle Patho Modul 87

werden für das Staging Aszites bzw. Abdomenspülflüssigkeit für die zytologische

Untersuchung entnommen. Bei zweifelhafter Dignität kann eine intraoperative

Schnellschnittuntersuchung durchgeführt werden. Handelt es sich um ein Karzinom,

wird eine Hysterektomie und Exstirpation der kontralateralen Adnexe durchgeführt.

Zusätzlich werden das grosse Netz, die Appendix vermiformis, pelvine und paraaortale

Lymphknoten entfernt. Für ein korrektes Staging werden multiple peritoneale Biopsien

entnommen. Bei verbleibendem Tumor bzw. adjuvant ab Stadium FIGO IC, bei allen

wenig differenzierten Tumoren und bei allen klarzelligen Karzinomen wird eine

adjuvante Polychemotherapie mit einer Cis-Platin-Taxol-Kombination angeschlossen.

update 30. August 2012

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Rechts unten sind Restanteile der Ovarialrinde mit mehreren Corpora albicantia

erkennbar.

Überwiegend solider und teils zystischer Tumor.

Mischung von papillärem, glandulärem und solidem Wachstumsmuster.

Grosse und komplexe Tumorpapillen. Mehrreihiges Epithel kleidet die Papillen

aus und bildet charakteristische schlitzförmige Spalträume.

Heterogene neoplastische Zellen mit starken Kerngrössenschwankungen, hoher

Kern-Plasmarelation, Hyperchromasie der Zellkerne und prominenten

Nukleolen. Einzelne bizarre, stark vergrösserte und hyperchromatische

Tumorzellkerne.

Zahlreiche Mitosen.

Kleine Nekroseareale.

Konzentrische Verkalkungen (Psammomkörperchen) sind in diesem Präparat

nicht erkennbar. Zahlreiche Psammomkörperchen finden Sie im ersten virtuellen

Präparat eines serösen low grade Karzinoms (vSlide 777, rechts oben).

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Intraoperativer Befund.

Tumorbedingter Kapseldurchbruch oder operationsbedingte Kapseleinrisse.

Praxis-Tipp:

Ovarialtumoren unfixiert einsenden. (Zystenflüssigkeit kann zytologisch

untersucht werden).

update 30. August 2012

Präparat Nr 010 aus Kasten S 011

Topographie / Diagnose

Ovar / Granulosazelltumor des Ovars

Einleitung

Page 163: Spezielle Patho Modul 87

-

Klinik

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Repetitorium

-

Präparat Nr 012 aus Kasten S 011

Topographie / Diagnose

Plazenta / Blasenmole

Einleitung

Aetiologie:

Die komplette Blasenmole gehört zu den gutartigen neoplastischen gestationsbedingten

Trophoblasterkrankungen in der Folge einer Befruchtungsstörung. Die gängige

Hypothese besagt, dass eine leere Oozyte, welche den mütterlichen Chromosomenanteil

verloren hat, von einem Spermatozyten mit väterlichem haploidem Chromosomensatz

(23 X) befruchtet wird. Der väterliche Chromosomensatz wird verdoppelt. Das Genom

in der Zygote ist zwar diploid, aber homozygot und ausschliesslich väterlichen

Ursprungs (46XX), was als Diandrie bezeichnet wird. Selten wird eine leere Oozyte von

zwei Spermatozyten befruchtet (diploid, heterozygot, 46XX oder XY). Neuere

Hypothesen beziehen neue Erkenntnisse über Imprinting mit ein und haben biparentale

komplette Blasenmolen nachweisen können, bei welchen zwar eine normale

Vereinigung von normalem haploidem Spermium und normaler haploider Eizelle

stattfindet. Es wird aber postuliert, dass pathologische Imprinting-Mechanismen zur

Entwicklung einer kompletten Blasenmole führen, trotz "normalem" dizygotem

biparentalem Chromosomensatz.

Morphologie:

Makroskopisch ist die Plazenta deutlich grösser als erwartet für das

Schwangerschaftsalter. Sie ist diffus von bis 2cm grossen Zottenblasen durchsetzt,

welche nach Kollaps jedoch der makroskopischen Entdeckung entgehen können. Beim

Aufschwemmen in Flüssigkeit entfalten sich die Blasen wieder. Mikroskopisch sind die

Zotten aufgrund einer grobblasigen pseudozystischen Hohlraumbildung im

Zottenstroma überwiegend grosskalibrig. Im Zottenstroma sind nur ganz vereinzelt

Kapillaren nachweisbar. Im Gegensatz zu hydropisch geschwollenen Zotten im Sinne

eines Regressionsphänomens zeigen die Zotten bei Blasenmole zusätzlich eine

zirkumferentielle Hyperplasie von Synzytio- und Zytotrophoblast mit fakultativer

Zellatypie. Bei herdförmiger Mole sind diese Veränderungen nur in einem Teil der

Plazentarzotten ausgeprägt.

Klinik

Vorkommen:

Die Häufigkeit liegt in Europa bei 1:2000 bis 1:3000 Schwangerschaften. In asiatischen

Ländern ist sie häufiger. Das Krankheitsbild manifestiert sich zwischen 11. Und 25.

SSW mit einem Maximum in der 16. bis 18. SSW.

Page 164: Spezielle Patho Modul 87

Symptomatik:

Bei zwei Dritteln der Patientinnen ist der Uterus grösser als dem Gestationsalter

entsprechend. Die Patientinnen können uterine Blutungen und selten Abgang von

Bläschen beobachten. Das beta HCG ist stark erhöht (serologisch 500000 bis 1 Mio. IE

und mehr).

Diagnostik:

Diagnostisch wegweisend ist die Kombination von grossem Uterus, Schneegestöber im

Ultraschall bei fehlendem Embryo und sehr hohem beta HCG-Titer im mütterlichen

Serum oder Urin (seltener auch im Normbereich oder tiefer). Gehäuft tritt eine

Präeklampsie bereits in der 1. Schwangerschaftshälfte auf. Trophoblastembolien mit

plötzlich auftretender Dyspnoe sind möglich. Mit zunehmend sensitiverer

Ultraschalldiagnostik gelangen immer früher abortive Schwangerschaften ohne

nachweisbaren Embryo zur Abortkürettage. In den ersten Schwangerschaftswochen sind

die morphologischen Charakteristika der kompletten Blasenmole noch nicht voll

ausgebildet, so dass deren affirmative Diagnose Zusatzuntersuchungen wie

Flowzytometrie oder Immunhistochemie (p57) erfordert.

Therapie:

Nach Diagnosestellung wird eine Kürettage durchgeführt. Bei Frauen über 35 Jahre

oder als Notfallmassnahme kann als primäre Therapie eine Hysterektomie erfolgen. In

manchen Zentren wird eine Chemotherapie mit Methotrexat durchgeführt.

Verlauf:

Nach einer Molenschwangerschaft besteht ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung

einer persistierenden oder metastasierenden Trophoblasterkrankung. In 15% der Fälle

wird ein Übergang in eine invasive Mole und in 2.5% der Fälle die Entwicklung eines

Chorionkarzinoms beobachtet. Das HCG sollte initial wöchentlich, nach mehreren

negativen Kontrollen noch monatlich über 6 Monate kontrolliert werden. Für die

folgenden Schwangerschaften besteht ein zehnfach erhöhtes Risiko einer

Molenschwangerschaft.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Auffallend grosse Plazentarzotten.

Hydropisch umgewandeltes Zottenstroma ohne Gefässe mit Ausbildung von

pseudozystischen Hohlräumen (Blasen).

Überschiessend proliferiertes Trophoblastepithel in der gesamten Zirkumferenz

der Zotten mit Kernatypien.

Kein Embryo.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Schwangerschaftsdauer.

Vorausgegangene Aborte und Geburten.

Verdacht auf Molenschwangerschaft (beta-HCG Wert).

Präparat Nr 014 aus Kasten S 011

Topographie / Diagnose

Page 165: Spezielle Patho Modul 87

Tuba uterina / Tubargravidität

Einleitung

-

Klinik

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Repetitorium

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Präparat Nr 015 aus Kasten S 011

Topographie / Diagnose

Mamma / Fibrös zystische Mastopathie mit Mikroverkalkungen

Einleitung

Aetiologie:

Die fibrös-zystische Mastopathie umfasst ein ganzes Spektrum von hormonell

induzierten gutartigen Veränderungen des Mammaparenchyms.

Morphologie:

Makroskopisch bildet das mastopathisch veränderte Parenchym weisse kompakte

fibröse Areale mit Einschluss von Zysten, welche oftmals eingedicktes Sekret enthalten.

Neben einer Stromafibrose und zystisch ausgeweiteten Gängen mit Sekretretention

findet sich oft eine unterschiedlich ausgeprägte intraduktale Proliferation von luminalen

und basalen Epithelzellen. Nicht selten liegen als Begleitbefund kleine Fibroadenome,

eine sklerosierende Adenose oder Gänge mit apokriner Metaplasie vor. Oftmals finden

sich auch intraduktale Mikroverkalkungen. Die duktale Hyperplasie ist im Gegensatz

zur atypischen Hyperplasie und zum Carcinoma in situ charakterisiert durch eine bunte,

ungeordnete Proliferation ungleich grosser polygonaler bis spindeliger Zellen mit

Ausbildung von schlitzförmigen Hohlräumen oder dünnen epithelialen Brücken. Die

euchromatischen Kerne variieren in Grösse, Form und Lagerung. Bei paralleler

Lagerung der Kerne entsteht der Eindruck eines Strömens und Fliessens der Zellen. Das

duktale Carcinoma in situ ist von gutartigen intraduktalen Epithelproliferationen

abzugrenzen aufgrund seiner Monomorphie , Hyperchromasie der Zellkerne und

starrer geometrischer Muster (runde scharf begrenzte wie ausgestanzte Lumina ,

breite Brücken und Bögen, Mikropapillen). Eine intraduktale Epithelproliferation mit

Atypie wird dann diagnostiziert, wenn nur ein Teil der Gänge oder Läppchen die

typischen Veränderungen eines Carcinoma in situ zeigt. Die Abgrenzung der atypischen

Hyperplasie von der Hyperplasie ohne Atypie erfolgt aufgrund qualitativer Merkmale

und die Abgrenzung der Hyperplasie mit Atypie vom Carcinoma in situ aufgrund

quantitativer Merkmale.

Klinik

Vorkommen:

Die Häufigkeit liegt in Autopsiestudien bei 58%. Die Mastopathie tritt zwischen dem

Page 166: Spezielle Patho Modul 87

30. und 50. Lebensjahr auf und entwickelt sich langsam über Monate oder Jahre.

Symptomatik:

In etwa 50% klagen die Frauen über eine prämenstruelle Mastodynie und in 5-10% liegt

eine pathologische Sekretion vor.

Diagnostik:

Klinisch fallen diffuse, oft harte oder noduläre Indurationen auf. Das Auftreten von

Mikroverkalkungen in der Mammgraphie kann Zeichen von Epithelproliferationen oder

Atypien sein. Zu unterscheiden sind lobuläre und duktale Verkalkungen. Lobuläre

Verkalkungen sind nahezu ausnahmslos benigne, sind uniform, homogen, dicht, scharf

begrenzt und rundlich. Kalkmilchzysten zeigen typischerweise Spiegelbildungen.

Duktale Verkalkungen sind granulär oder linienförmig, differieren in Dichte, Form,

Grösse und Homogenität und sind als Hinweis auf das Vorliegen von Atypien oder

Karzinomen zu werten. Bei grüppchenförmiger Anordnung von mehr als 5-7

Verkalkungen ist eine bioptische Abklärung angezeigt. Mikroverkalkungen entziehen

sich aufgrund ihrer geringen Grösse dem sonographischen Nachweis.

Verlauf:

Epidemiologische Untersuchungen haben gezeigt, dass etwa 4% der Frauen mit einer

floriden, die Gänge ausfüllenden intraduktalen Epithelproliferation in einem Zeitraum

von 15 Jahren ein invasives Karzinom entwickeln. Das entspricht einem zweifachen

Karzinomrisiko. Die duktale Hyperplasie stellt somit eine Indikatorläsion für ein

erhöhtes Karzinomrisiko dar und erfordert regelmässige klinische Nachkontrollen. Die

atypische duktale Hyperplasie stellt ebenfalls eine Indikatorläsion mit bis zu achtfachem

Karzinomrisiko dar.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Ausgeprägte Fibrose und zystisch erweiterte Gangstrukturen in organoider

Anordnung.

In der Mitte rechts einige Gänge mit gewöhnlicher intraduktaler

Epithelhyperplasie ohne Atypie: Polymorphe, sich überlagernde spindelige

Zellen. Fliessende Anordnung der Zellen. Schlitzförmige und irregulär geformte

Lumina.

Herdförmig apokrine Metaplasie des Drüsenepithels: hochprismatische Zellen

mit sehr reichlichem feingranulärem eosinophilem Zytoplasma und runden

Kernen.

Rundlicher blauvioletter Mikrokalk in den Azini benigner Drüsenläppchen.

Kolumnarzellveränderung: erweiterte Drüsen ausgekleidet von

hochprismatischem Epithel mit apikalen Nasen (snouts) gefüllt mit Sekret und

teilweise assoziiert mit Mikrokalk.

Im Zentrum des Präparates stark erweiterte Gänge mit intraduktalen peripheren

Papillomen.

Alle Drüsen zeigen eine erhaltene äussere abgeflachte Myoepithelschicht mit

hellem Zytoplasma.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Karzinomverdacht.

Radiologischer Befund.

Praxis-Tipp:

Page 167: Spezielle Patho Modul 87

Bei Mikroverkalkungen Röntgenbilder mitschicken.

Bei Probeexzisionen wegen Mikrokalk und bei nicht palpablen Mammaläsionen

sollte keine Schnellschnittuntersuchung verlangt werden. Von Tumoren, die

kleiner sind als 1x0.5cm sollte ebenfalls kein Schnellschnitt gemacht werden.

Präparat Nr 016 aus Kasten S 011

Topographie / Diagnose

Mamma / Fibroadenom der Mamma

Einleitung

Histogenese:

Fibroadenome leiten sich ab vom Epithel und vom intralobulären Stroma der terminalen

duktulolobulären Einheit.

Pathogenese:

Das Fibroadenom entsteht aufgrund einer durch hormonelle Dysregulation induzierten

Hyperplasie des lobulären Stromas. Diese führt zu einer Verformung und Kompression

der duktulo-lobulären Gangsegmente.

Morphologie:

Makroskopisch haben die runden knolligen weissen Tumoren eine mittlere Grösse von

1-2cm. In 15% der Fälle finden sich multiple Fibroadenome. Auf Schnitt sind die

komprimierten Gänge als spaltförmige Zeichnung erkennbar.

Das Stroma ist myxoid, fibrös-zellulär oder sklerotisch. Das zweireihige Epithel,

welches die Spalten auskleidet, kann dieselben Veränderungen zeigen wie das normale

Drüsenepithel (Epithelhyperplasie, Epithelmetaplasie, sklerosierende Adenose,

Zystenbildung). In 0.2% aller Fibroadenome entwickelt sich ein in situ Karzinom (95%)

oder ein invasives Karzinom (5%). Das juvenile Fibroadenom ist charakterisiert durch

zellreiches Stroma, Epithelhyperplasie, rasches Wachstum und beträchtliche Grösse.

Klinik

Vorkommen:

Am häufigsten erkranken Frauen zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr. Weniger als

5% der Patientinnen sind älter als 50 jährig oder postmenopausal. Juvenile

Fibroadenome treten meist vor dem 20. Lebensjahr auf. Das Fibroadenom ist der

häufigste Mammatumor bei Frauen unter 30 Jahren.Gehäuft treten Fibroadenome nach

exogener Östrogenersatztherapie auf während die Einnahme von oralen Kontrazeptiva

mit einer geringeren Inzidenz assoziiert ist.

Diagnostik:

Fibroadenome und Zysten sind palpatorisch und mammographisch zuweilen nicht

unterscheidbar. Palpable Tumoren bei Frauen unter 30 Jahren sollten mittels Ultraschall

abgeklärt werden. Sonographisch ist es oft möglich Fibroadenome von Zysten und

Karzinomen zu unterscheiden. Bei Unklarheit kann die Läsion sonographisch gesteuert

biopsiert werden.

Therapie:

Eine Exzisionsbiopsie ist therapeutisch ausreichend.

Page 168: Spezielle Patho Modul 87

Verlauf:

Im Alter kann es zur spontanen Regression von Fibroadenomen kommen.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Zwei scharf begrenzte Tumorknoten.

Biphasischer organoid aufgebauter Tumor bestehend aus kompaktem zellarmem

fibroblastärem Stroma, das in konzentrischen Lamellen um verzweigte,

miteinander anastomosierende Drüsenschläuche angeordnet ist.

Die Drüsenschläuche werden durch das Stroma komprimiert.

Das Stroma erscheint herdförmig bläulich und aufgelockert durch

Muzineinlagerungen.

Stellenweise gewöhnliche intraduktale Epithelproliferation ohne Atypie.

Die Drüsen werden ausgekleidet von einer inneren kubischen bis

hochprismatischen Zellschicht und einer äusseren abgeflachten

Myoepithelschicht mit klarem Zytoplasma.

Präparat Nr 017 aus Kasten S 011

Topographie / Diagnose

Mamma / Invasives duktales Mammakarzinom

Einleitung

Morphologie:

Makroskopisch bilden invasiv duktale Karzinome knotige weissgelbe Tumoren von

harter Konsistenz mit sternförmigen Ausläufern. Das Fettgewebe in der

Tumorperipherie ist meist auf einer Breite von 1-3mm orange verfärbt.

Mammakarzinome können multifokal (mehrere Herde innerhalb eines Quadranten mit

Abstand von weniger als 4cm) oder multizentrisch (Tumorherde in verschiedenen

Quadranten mit mehr als 4cm Abstand) wachsen.

Histologisch bildet das Karzinom in Abhängigkeit vom Differenzierungsgrad drüsige

und solide Tumorzellverbände. Etwa zwei Drittel der invasiven Karzinome weisen in

ihrer Peripherie eine intraduktale Komponente auf . Das duktale in situ Karzinom

breitet sich kontinuierlich oder diskontinuierlich in den Milchgängen aus und kann

sekundär in die Läppchen vorwachsen. Im Gegensatz zum invasiven Karzinom ist das

in situ Karzinom von Myofibroblasten und einer Basalmembran umgeben. Invasiv

duktale Karzinome stellen mit 70 % den häufigsten histologischen Subtyp des

Mammakarzinoms dar. Da seltenere Subtypen wie lobuläre , tubuläre , muzinöse

und medulläre Karzinome eine bessere Prognose haben, ist die genaue

histologische Tumorklassifizierung wichtig.

Der Pathologe beurteilt mehrere Parameter, die für Prognose und Therapie von

entscheidender Bedeutung sind:

Tumorgrösse

Tumorbefall axillärer Lymphknoten

Differenzierungsgrad (B.R.E. Grading: Tubulusbildung, zytologische Atypien,

Mitoserate)

Expression von Östrogen- und Progesteronrezeptoren (Immunhistochemie)

Amplifikation des HER2 Onkogens (Fluoreszenz in situ Hybridisierung)

Page 169: Spezielle Patho Modul 87

Klinik

Vorkommen:

Das Mammakarzinom stellt bei der Frau nach dem Bronchuskarzinom die häufigste

Krebstodesursache dar. Die Inzidenz des Mammakarzinoms nimmt mit dem Alter zu.

Über 65% der Frauen mit Mammakarzinom sind älter als 60. Lediglich 0.8-2.5% der

Mammakarzinome treten bei Männern auf. Jährlich werden in der Schweiz 5000 neue

Fälle diagnostiziert und 1350 Frauen sterben am Tumorleiden.

Risikofaktoren:

Ein substantiell bedeutsames Risiko stellen höheres Alter, sowie eine positive

Familienanamnese dar, die in etwa 5% aller Mammakarzinome vorliegt. Vererbbare

Faktoren spielen aber bei bis zu 27% der Tumoren eine Rolle, wobei Mutationen von

BRCA1 und BRCA2 nur in 30-40% der familiären Karzinome nachweisbar sind.

Unumstritten ist die Rolle der Östrogene als Wachstumsfaktoren für das

Mammakarzinom.

Diagnostik:

Durch klinische Untersuchung werden 5-10 % der Mammakarzinome entdeckt, die

mammographisch dem Nachweis entgehen. Der Anteil der nur klinisch aufgedeckten

Frühkarzinome ist aber sehr klein. Eine erste Basis-Mammographie kann ab dem 35.

Lebensjahr durchgeführt werden. Ab 40 Jahren sind Mammographien in 2-3 jährigen

Abständen zu wiederholen, ab dem 50. Lebensjahr dann alle 1-2 Jahre. Mit 100.000

Screening-Mammographien werden 600 bis 1.000 Karzinome entdeckt (meist

Frühkarzinome) und die Mortalität wird dank Früherkennung um 17-25% gesenkt.

Tumorverdichtungen können bis zu einer Größe von 2-3 mm, Mikroverkalkungen bis

zu einer Größe von 0.1 mm dargestellt werden. Jede Mammographie muss mit einer

klinischen Untersuchung (Palpation und Inspektion) gekoppelt sein und bildet

gemeinsam mit der Anamnese (Risikoerhebung) die Basis der Diagnostik.

Mammographisch suspekte Befunde können durch radiologisch gesteuerte

Feinnadelpunktion (Zytologie) oder Feinnadelbiopsie (Histologie) weiter abgeklärt

werden. Der Hauptwert des Ultraschalls liegt in der Unterscheidung zwischen soliden

und zystischen Prozessen. Bei Vorliegen einer Zyste kann in vielen Fällen eine Biopsie

vermieden werden (nur Punktion).

Therapie:

Das duktale in situ Karzinom und das invasive Karzinom werden nach Möglichkeit

brusterhaltend operiert. Die neoadjuvante Chemotherapie erhöht die Rate brusterhaltend

operabler Tumoren. Sehr wichtig ist eine standardisierte Markierung der

Operationspräparate durch den Operateur, damit der Pathologe den minimalen

Abstand der Läsionen vom Resektionsrand festlegen und die genaue Tumorgrösse

bestimmen kann. Zunehmend wird bei invasiven Karzinomen anstelle einer

Axilladissektion eine intraoperative Schnellschnittuntersuchung des

Sentinellymphknotens durchgeführt. Bei tumorfreiem Sentinel Lymphknoten kann eine

vollständige Entfernung der axillären Lymphknoten vermieden werden. Nach

brusterhaltender Therapie und bei erhöhtem Risiko für ein Lokalrezidiv ist eine

Nachbestrahlung indiziert. Bei Hormonrezeptor-positiven Tumoren ist eine endokrine

Therapie indiziert (Aromatasehemmer, Tamoxifen). In Abhängigkeit von

Hormonrezeptorstatus, Alter der Patientin und Risikofaktoren für ein Tumorrezidiv

wird zustätzlich eine Chemotherapie durchgeführt. Ein monoklonaler Antikörper

(Trastuzumab) gegen den HER2 Rezeptor bzw. der Tyrosinkinaseinhibitor Lapatinib

bei Tumoren mit Amplifikation des HER2 Gens wird erfolgreich adjuvant und bei

metastasiertem Tumorleiden eingesetzt. Wichtig für eine optimale Patientenbetreuung

ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Radiologen, Gynäkologen oder Chirurgen und

Page 170: Spezielle Patho Modul 87

Pathologen.

Verlauf:

Das Mammakarzinom wird meist schon bald nach seinem Entstehen zu einer

systemischen (metastasierenden) Erkrankung. Eine Vielzahl der palpablen Tumoren

befinden sich aufgrund ihrer Größe bereits in diesem Stadium . Eine wirkliche

Heilung kann vielfach nur dann erreicht werden, wenn die Tumoren in einem nicht

palpablen Frühstadium diagnostiziert und behandelt werden.

Prognose:

Der Status der axillären Lymphknoten ist der wichtigste prognostische Faktor. Bei ca.

50 % der Patientinnen bestehen bei der Primärdiagnose axilläre

Lymphknotenmetastasen. Prognostisch relevant bei nodal negativen Tumoren sind

Tumorgrösse, histologisches Grading (schlechter bei geringer Differenzierung),

Hormonrezeptorstatus (besser bei erhaltener Expression), HER2 Status (schlechter bei

Amplifikation) und Alter prognostisch relevant.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Umschriebener Tumorknoten bestehend aus tubulären und kribriformen

Karzinomdrüsen, sowie schmalen soliden Trabekeln.

Die Karzinomdrüsen sind eingebettet in teils muzinhaltiges desmoplastisches

Tumorstroma.

Karzinomdrüsen mit fehlender Myoepithelschicht.

Karzinomdrüsen infiltrieren das Fettgewebe.

Herdförmige Tumornekrosen.

Mässig zahlreiche Mitosefiguren und Apoptosen.

Lymphgefässinvasion in der Peripherie des invasiven Karzinoms.

Die Tumorzellkerne sind deutlich pleomorph, hyperchromatisch und weisen eine

irreguläre Kernmembran auf.

Intra- und peritumorales duktales Carcinoma in situ, teils vom mikropapillären,

teils vom kribriformen Typ ohne Comedonekrosen (Achtung: eine zentral

verkalkte Comedonekrose ist im zweiten Präparatlink der Mammastanzbiopsie

erkennbar). Erhaltene Myoepithelschicht im Bereich des in situ Karzinoms.

Übriges Mammaparenchym mit Kolumnarzellveränderungen mit intraduktalem

Mikrokalk und flacher epithelialer Atypie.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Radiologischer Befund.

Ergebnis vorausgegangener Untersuchungen (Zytologie, Stanzbiopsie).

Praxis-Tipp:

Anzahl und Lokalisation von Tumorherden in einer Skizze einzeichnen!

Probeexzisate in drei Dimensionen (mammillennah, mammillenfern und lateral

oder medial) mit unterschiedlichen Fäden (kurz-lang) markieren.

Mastektomiepräparate kranial und lateral bzw. medial markieren.

Präparat Nr 018 aus Kasten S 011

Topographie / Diagnose

Page 171: Spezielle Patho Modul 87

Mamma / Invasives lobuläres Mammakarzinom

Einleitung

Morphologie:

Invasiv lobuläre Karzinome sind in bis zu 80% mit einem lobulären in situ Karzinom

und in 36% der Fälle mit einem duktalen Karzinom (in situ oder invasiv) assoziiert. Ein

Viertel der Tumoren wächst multizentrisch. Das klassische invasive lobuläre Karzinom

besteht aus kleinzelligen monomorphen Infiltraten, welche anstelle von Drüsen

einreihige Tumorzellstränge bilden. Diese wachsen zirkulär um vorbestehende

Drüsenläppchen und durchsetzen den Drüsenkörper diffus. Oft lassen sich

intrazelluläre muzinhaltige Zytoplasmavakuolen nachweisen, die wie Siegelringzellen

imponieren. Die Tumorzellen induzieren eine ausgeprägte desmoplastische

Bindegewebsvermehrung.

Klinik

Vorkommen:

Invasiv lobuläre Karzinome bilden mit 10-20% aller Mammakarzinome den

zweithäufigsten histologischen Subtyp.Das mittlere Alter von Patientinnen mit invasiv

lobulärem Karzinom liegt bei 55 Jahren. Sie sind damit durchschnittlich 10 Jahre älter

als Patientinnen mit lobulärem in situ Karzinom. Das Risiko von Patientinnen mit

lobulärem Carcinoma in situ , ein invasives Karzinom zu entwickeln, ist 10 bis 11

mal größer als in einer altersentsprechenden Vergleichspopulation. Das Karzinomrisiko

ist für beide Mammae erhöht. Das Intervall bis zur Entwicklung eines invasiven

Karzinoms (duktal oder lobulär) kann sich von wenigen Jahren bis zu mehr als 20

Jahren erstrecken.

Diagnostik:

Invasive lobuläre Karzinome sind Tumoren ohne scharfe Demarkierung und

palpatorisch an der indurierenden Wirkung der Desmoplasie (=tumorinduzierte

Bindegewebsbildung) erkennbar. 8-16% dieser Karzinome sind mammographisch nicht

diagnostizierbar. Aufgrund des häufigen multizentrischen Wachstums und der klinisch

oft nicht eindeutig bestimmbaren Tumorausdehnung ist eine brusterhaltende Therapie in

fortgeschrittenen Stadien kontraindiziert.

Prognose:

Die Tumoren sind langsam progredient. Die 5 Jahresüberlebensrate beträgt 75%, nach

10 Jahren leben noch 53% der Patientinnen. Der klassische Typ des invasiv lobulären

Karzinoms verhält sich im Vergleich zum invasiv duktalen Karzinom günstiger.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Multifokale Infiltrate eines invasiv lobulären Mammakarzinoms: Kleine

monomorphe, zytoplasmaarme Tumorzellen bilden einreihige Ketten

(gänsemarschartig = Indian files) oder sind konzentrisch um nicht neoplastische

Drüsen angeordnet.

Das Karzinom bildet keine Drüsen.

Zytologisch blande Tumorzellen mit kleinen runden hellen Kernen.

Reichlich dichtes desmoplastisches Tumorstroma.

Lobuläre Neoplasie (=nicht invasiver intralobulärer Karzinomanteil): Neben den

zystisch erweiterten Drüsen finden sich Mammaläppchen, deren Azini teilweise

leicht vergrössert sind durch Ansammlungen von atypischen Zellen mit

Page 172: Spezielle Patho Modul 87

vergrösserten Kernen und prominenten Nukleolen. Die Basalmembran der

tumorbefallen Azini ist erhalten.

Nich neoplastisches Mammaparenchym mit Fibrose, erweiterten Gängen

ausgekleidet von metaplastischem apokrinem Epithel.

Praxis-Tipp:

Anzahl und Lokalisation von Tumorherden in einer Skizze einzeichnen!

Probeexzisate mamillennah, mamillenfern und lateral oder medial mit

unterschiedlichen Fäden (kurz-lang) markieren.

Mastektomiepräparate kranial und lateral oder medial markieren.

Präparat Nr 020 aus Kasten S 011

Topographie / Diagnose

Hoden / Seminom des Hodens

Einleitung

Einteilung:

95% der Hodentumoren sind Keimzelltumoren. Bei den übrigen 5% handelt es sich um

Keimstrang- und Stromatumoren, neuroendokrine Tumoren, hämatologische

Neoplasien oder Metastasen. Bei den Keimzelltumoren des Hodens unterscheidet man

Seminome (40%), embryonale Karzinome (25%), Teratokarzinome (25%), Teratome

(5%) und Chorionkarzinome (1%). Die Unterscheidung von Seminomen und nicht

seminomatösen Keimzelltumoren (darunter fallen auch Seminome mit nicht

seminomatösen Anteilen) ist entscheidend für Therapie und Prognose.

Morphologie:

Makroskopisch imponieren Seminome als gut begrenzte weiche crèmefarbene Knoten

oder diffuses Intiltrat. Mikroskopisch findet sich eine uniforme Population grosser

Zellen mit prominentem zentralem Nukleolus, welche durch schmale

Bindegewebssepten voneinander getrennte Nester bilden. Ein leukozytäres

Entzündungsinfiltrat, synzytiotrophoblastäre Riesenzellen und Mikroverkalkungen

können zusätzlich vorhanden sein. Gelegentlich induziert der Tumor eine ausgeprägte

granulomatöse Entzündung. Dies kann zur Fehldiganose einer granulomatösen Orchitis

führen.

Die intratubuläre Keimzellneoplasie (atypische Keimzellen in Hodentubuli) ist

Vorläufer fast aller Keimzelltumoren beim Erwachsenen und kann fast immer in der

Nachbarschaft eines invasiven Tumors nachgewiesen werden.

Verlauf:

Seminome entstehen aus einer intratubulären Keimzellneoplasie mit sekundärer

Invasion des Stromas . Bei 75% der Patienten ist das Seminom bei Diagnosestellung

lokalisiert. 15% haben aber bereits Metastasen in regionären retroperitonealen

Lymphknoten oder viszerale Metastasen. In Einzelfällen ist der Primärtumor im Hoden

trotz ausgedehnter Metastasierung nicht palpabel. Histologisch findet sich wenig oder

gar kein Tumorgewebe und eine fibröse Narbe (sogenannter “ausgebrannter

Hodentumor”) .

Klinik

Page 173: Spezielle Patho Modul 87

Vorkommen:

In der Schweiz erkranken jedes Jahr etwa 300 Männer an Hodenkrebs. Die Patienten

sind typischerweise zwischen 25-45 Jahre alt. Nach dem 50. Lebensjahr findet man fast

nur noch Seminome.

Risikofaktoren:

Patienten mit einem Kryptorchismus in der Anamnese haben ein 10 bis 40 faches

Risiko für die Entwicklung eines Hodentumors. 10% der Patienten mit Hodentumoren

hatten einen Kryptorchismus. Weitere Risikofaktoren sind Down oder Klienefelter

Syndrom, HIV Infektion, Atrophie, Infertilität, gonadale Dysgenesie, chemische

Karzinogene, Orchitis, Keimzelltumor oder intratubuläre Keimzellneoplasie im

kontralateralen Hoden und positive persönliche oder Familienanamnese für

Hodentumor.

Symptomatik:

Die Patienten suchen den Arzt wegen eines schmerzlosen Knotens im Hoden auf. Selten

klagen die Patienten über Schmerzen im Bereich des Hodentumors oder im Rücken bei

Lymphknotenmetastasen. Seltener liegt eine Hydrozele, Varikozele, Spermatozele oder

ein Hämatom vor. Verzögerungen in der Diagnose sind häufig, weil der Patient den

Knoten nicht bemerkt oder den Arzt nicht darauf hinweist bzw. wegen Fehldiagnose als

Epididymoorchitis oder Trauma.

Diagnostik:

Sonographisch können Hodenläsionen ab 1 bis 2mm Durchmesser erfasst werden. Ein

erhöhtes AFP im Serum (sezerniert von Dottersacktumoren) schliesst ein reines

Seminom aus, auch wenn im Hoden ausschliesslich Seminomanteile nachweisbar sind.

Bei 5-10% der Patienten mit einem Seminom ist das beta HCG erhöht, welches von

syncytiotrophoblastären Zellen im Tumor sezerniert wird. Die Bestimmung der

Tumormarker ist wichtig für Diagnose, Prognose, Therapieüberwachung und

Nachsorge.

Therapie:

Nach der hohen inguinalen Semikastration folgt in weniger fortgeschrittenen Stadien

eine externe Bestrahlung der retroperitonealen Lymphabflussgebiete. Bei Patienten mit

ausgedehnten Metastasen wird anstelle der Radiotherapie eine Chemotherapie und

anschliessende Extirpation des Residualtumors durchgeführt. Sowohl Seminome als

auch nichtseminomatöse Tumoren sind hochgradig chemotherapiesensibel. Auch in

fortgeschrittensten Tumorstadien besteht prinzipiell die Chance auf Heilung. Nur 50%

der Patienten haben präoperativ eine Spermaqualität, die eine Kryokonservierung

sinnvoll erscheinen läßt. Rezidive treten in über einem Drittel mehr als drei Jahre nach

Ende der Ersttherapie auf. Die Nachsorge muss entsprechend lange erfolgen.

Prognose:

Bei Seminomen kann bei stadiengerechter konsequenter Behandlung im Stadium I eine

nahezu 100%ige Heilungrate, bei Fernmetastasierung eine Heilung bei bis zu 85% der

Patienten erreicht werden.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Scharf begrenzter Tumorknoten mit eosinophilen Nekrosearealen.

Unterschiedlich breite solide Tumorzellstränge aus monomorphen Zellen mit

grossen hyperchromatischen Kernen und einem solitären zentralen prominenten

Nukleolus. Reichlich helles Zytoplasma mit scharfen Zellgrenzen.

Page 174: Spezielle Patho Modul 87

Schmale bindegewebige Septen mit Kapillaren und lymphoplasmazellulärem

Entzündungsinfiltrat.

Tubuläre Atrophie des angrenzenden Hodenparenchyms. Einige Hodentubuli

enthalten stark atypische pleomorphe Keimzellen (testikuläre intraepitheliale

Neoplasie).

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Serumwerte von beta HCG und alpha Fetoprotein.

Neoadjuvante Therapie.

Praxis-Tipp:

Tumor nicht einschneiden (Beurteilung wird erschwert).

Gewebe möglichst rasch und vorzugsweise frisch einsenden.

Präparat Nr 021 aus Kasten S 011

Topographie / Diagnose

Hoden / Embryonales Karzinom des Hodens

Einleitung

Histogenese:

Primäre Keimzelltumoren des Hodens, welche aus der malignen Transformation von

primordialen Keimzellen entstehen, machen 95% aller Hodentumoren aus. Zu den nicht

seminomatösen Hodentumoren gehören embryonale Karzinome, Teratome,

Chorionkarzinome und Dottersacktumoren. Diese Subtypen können allein oder in

Kombination auftreten und werden dann als gemischter Keimzelltumor bezeichnet mit

Angabe des Prozentanteiles der einzelnen Formen. Gemischte Keimzelltumoren mit

Seminomanteilen werden zu den nicht seminomatösen Hodentumoren gerechnet, da

sie sich therapeutisch und prognostisch wie diese verhalten.

Morphologie:

Makroskopisch bilden die embryonalen Karzinome unscharf begrenzte, weiche,

graubraune Tumorknoten mit Einblutungen und Nekrosen.

Histologisch bilden die Tumorzellen solide Zellplatten, Drüsen oder papilläre

Strukturen mit Einblutungen und Nekrosen. Die Tumorzellen sind polygonal, kubisch

oder zylindrisch, haben reichlich Zytoplasma und unscharfe Zellgrenzen. Die grossen

Kerne haben grob verklumptes Chromatin und enthalten oft mehrere sehr grosse

unregelmässige Nukleolen. Gefässeinbrüche und eine testikuläre intratubuläre

Neoplasie sind in der Tumorumgebung häufig nachweisbar

Verlauf:

Nichtseminomatöse Hodentumoren metastasieren früh in retroperitoneale Lymphknoten

und die Lunge.

Klinik

Vorkommen:

Jährlich versterben in der Schweiz 30 Männer an einem Hodentumor. Die Mortalität

erscheint zwar insgesamt niedrig, gehört aber im Ländervergleich zu den höchsten in

Page 175: Spezielle Patho Modul 87

Europa. Embryonale Karzinome treten am häufigsten bei 15 bis 35 jährigen Patienten

auf.

Symptomatik:

Fast alle Hodentumoren lassen sich durch die Palpation erfassen und führen den

Patienten zum Arzt. Selten sind Symptome bedingt durch Metastasen oder eine

Gynäkomastie. Bei 40% der Patienten ist der Tumor bei Diagnosestellung auf den

Hoden beschränkt (Stadium I), bei 40% bestehen retroperitoneale

Lymphknotenmetastasen (Stadium II) und bei 20% supradiaphragmatische

Lymphknotenmetastasen oder Metastasen in viszeralen Organen (Stadium III).

Diagnostik:

Bei Verdacht auf Hodentumoren sind perkutane Biopsien nicht indiziert; die Diagnose

wird im Zweifelsfall nach Hodenfreilegung im Schnellschnitt oder am

Orchiektomiepräparat gestellt. Eine Erhöhung des beta hCG findet sich bei etwa 60%

der Patienten. Das hCG wird von syncytiotrophoblastären Zellen im Tumor gebildet.

Ein erhöhtes AFP deutet auf eine zusätzliche Komponente eines Dottersacktumors hin.

AFP und hCG eignen sich als Tumormarker, die das Ansprechen auf Therapie und oder

ein Tumorrezidiv anzeigen können.

Therapie:

Die testikulären Keimzelltumoren gliedern sich therapeutisch in die Gruppe der reinen

Seminome und die Gruppe der Nichtseminome (hierzu gehören u. a. Tumoren, die

neben Seminomanteilen auch nichtseminomatöse Areale aufweisen). Für alle Stadien ist

die operative Primärbehandlung gleich. Nach der Ablatio testis erfolgt die

Zusatztherapie stadiengerecht und beinhaltet eine operative Entfernung der

retroperitonealen Lymphknoten und/oder eine Chemotherapie. Eine nach

Chemotherapie verbliebene Tumormasse muss reseziert werden, da sie oft reife

Teratomanteile enthält, die nicht auf Chemotherapie ansprechen.

Prognose:

Bei nichtseminomatösen Keimzelltumoren kann im Stadium I mit einer

Fünfjahresüberlensrate von 100% gerechnet werden. Die Fünfjahresüberlebensrate bei

Fernmetastasen beträgt zwischen 50 und 90%. Der histologische Nachweis von Blut-

oder Lymphgefässinvasion und Anteile eines embryonalen Karzinoms in einem nicht

seminomatösen Keimzelltumor sind die wichtigsten Risikofaktoren für ein Rezidiv. Die

Nachkontrollen zur Erfassung eines Rezidivs müssen über mehrere Jahre regelmässig

erfolgen.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Kein residuelles nicht neoplastisches Hodengewebe.

Polymorphe Tumorzellen bilden miteinander anastomosierende Stränge, solide

Zellplatten, glanduläre und kribriforme Strukturen.

Sehr grosse, pleomorphe und hyperchromatische Zellkerne mit prominenten

Nukleolen.

Tumornekrosen.

Mitosen und Apoptosen.

Reichlich ödematöses Stroma mit einzelnen synzytiotrophoblastären

Riesenzellen.

Gefässeinbrüche in peritumoralen Gefässen.

Tumorinfiltration des peritestikulären Fettgewebes.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Page 176: Spezielle Patho Modul 87

Serumwerte von beta HCG und alpha Fetoprotein.

Neoadjuvante Therapie.

Praxis-Tipp:

Tumor nicht einschneiden (Beurteilung wird erschwert).

Gewebe möglichst rasch und vorzugsweise frisch einsenden.

Präparat Nr 022 aus Kasten S 011

Topographie / Diagnose

Prostata / Myoglanduläre Prostatahyperplasie

Einleitung

Aetiologie:

Androgene, Östrogene, Stroma-Epithel Interaktionen, Wachstumsfaktoren und

Neurotransmitter spielen möglicherweise eine Rolle bei der gestörten Zellproliferation.

Lokalisation:

Im Gegensatz zum Prostatakarzinom, welches in der Aussendrüse lokalisiert ist, finden

sich die hyperplastischen Knoten vor allem in der Innendrüse. Makroskopisch ist die

Prostata meist vergrössert und weist zentral weisse Knoten auf. Die myoglanduläre

Prostatahyperplasie ist pathomorphologisch charakterisiert durch eine Proliferation von

stromaler und epithelialer Komponente der Prostata im periurethralen Bereich. Die

histologische Untersuchung von transurethral reseziertem Gewebe dient dem

Ausschluss eines klinisch okkulten Karzinoms.

Klinik

Vorkommen:

Die Prostata beginnt sich etwa ab dem 40. Altersjahr zu vergrössern. Normal ist ein

Gewicht von 25 bis 30 Gramm . Klinisch wird eine Prostatahyperplasie bei rund 70%

aller Männer zwischen 60 und 70 Jahren diagnostiziert. Ungefähr 20 Prozent müssen

sich wegen tatsächlicher Beschwerden auch einer Therapie unterziehen. Die klinischen

Symptome entstehen wahrscheinlich aus der Kombination von erhöhtem urethralem

Widerstand sowie Obstruktions- und altersbedingter Detrusordysfunktion. Die

wichtigsten klinischen Zeichen sind der abnehmende Harnstrahl und das Gefühl der

unvollständigen Blasenentleerung. Weitere Zeichen sind Startschwierigkeiten, ein

(mehrfach) unterbrochener Strahl, Nachtröpfeln und Nykturie.

Komplikationen:

Als Folge der Restharnbildung können chronische Harnwegsinfekte enstehen, welche

mit einer lästigen Pollakisurie verbunden sind. Jederzeit im Verlauf kann es zum akuten

Harnverhalt kommen.

Diagnostik:

Ursprünglich wurde die Hyperplasie aufgrund der Grösse der Prostata diagnostiziert,

obwohl Grösse und Symptomatik nur schlecht korrelieren. Später wurden auch

urodynamische Messresultate einbezogen, welche einen erhöhten Entleerungsdruck

oder einen verminderten Fluss anzeigten. Bei entsprechender Symptomatik sollte

mittels Urinuntersuchung ein Harnwegsinfekt ausgeschlossen werden. Nach

Blasensteinen, Harnretention und obstruktiver Nephropathie sollte bei Vorliegen einer

Page 177: Spezielle Patho Modul 87

Prostatahyperplasie gesucht werden. Die digitale rektale Untersuchung dient dem

Nachweis karzinomverdächtiger Herde in der Prostata (hart) bzw. des Rektums.

Therapie:

Bei einer unkomplizierten Prostatahyperplasie und mäßigen Beschwerden ist keine

unmittelbare Therapie erforderlich. Verbreitet, aber wissenschaftlich wenig geprüft,

sind prostatotrope Phytopharmaka. Als Standardtherapieverfahren ist die transurethrale

Prostataresektion anzusehen. Die Therapieindikation richtet sich nach der Symptomatik.

Eine Operation ist insbesondere dann angezeigt, wenn Restharn oder bereits eine

Niereninsuffizienz als Folge der Prostatahyperplasie vorliegen.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Knotiges Parenchym.

Organoid angeordnete, teils dilatierte grosse Drüsen eingebettet in ebenfalls

vermehrtes fibroleiomyomatöses Stroma.

Drüsen ausgekleidet von hochprismatischen sekretorischen Zellen (innen) mit

unscheinbaren Nukleolen und durchgehender flacher Basalzellschicht (aussen).

Konzentrisch geschichtetes hypereosinophiles Sekret in einigen Drüsenlumina

(Corpora amylacea).

Herdförmig geringes chronisches Entzündungsinfiltrat.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Karzinomverdacht (PSA).

Präparat Nr 002 aus Kasten S 012

Topographie / Diagnose

Haut, Rumpf / Naevuszellnaevus

Einleitung

Histogenese:

Melanozytäre Naevi entstehen durch Proliferation von Melanozyten, welche teilweise

intrazytoplasmatisches Pigment enthalten und in Nestern zusammenliegen.

Melanozytäre Naevi sind gutartige angeborene oder erworbene Neoplasien.

Lokalisation:

Naevi treten bevorzugt an sonnenexponierten Stellen auf.

Verlauf:

Am Anfang der Entwicklung steht die Lentigo simplex , welche durch Vermehrung

einzeln liegender Melanozyten im Bereich der basalen Epidermis zustande kommt und

makroskopisch als scharf begrenzte braune Makula imponiert. Daraus entwickeln sich

junktionale Naevi mit Nestern von fünf oder mehr Naevuszellen an der

dermoepidermalen Grenze . Bei Compound Naevi (= dermoepidermaler

Naevuszellnaevus) finden sich zusätzlich intradermal gelegene Naevuszellnester .

Compound Naevi zeigen ein sehr variables makroskopisches Bild von gering erhabenen

bis zu polypoiden, gestielten oder verrukösen Läsionen. Die Farbe variiert von braun

Page 178: Spezielle Patho Modul 87

über grau bis zu fleischfarben. Diese Naevi bleiben über Jahre weitgehend unverändert

und entwickeln sich schliesslich weiter zu dermalen (=corialen) Naevi mit

ausschliesslich intradermal gelegenen, oftmals unpigmenierten Naevuszellenestern, um

schliesslich vollständig zu verschwinden.

Morphologie:

Kennzeichnend für einen gutartigen Naevuszellnaevus ist die Ausreifung der

intradermalen Naevuszellen von oberflächlich gelegenen grossen, runden, pigmentierten

Zellen, zu tiefer gelegenen kleineren, runden, nicht pigmentierten Zellen und in älteren

Läsionen zu spindeligen Zellen von neuralem Phänotyp mit Verlust der melanozytären

Differenzierung (sogenannter Neuronaevus). Es existieren verschiedene Varianten

erworbener Naevi, welche klinisch oder histologisch Melanome imitieren können. Zu

diesen Varianten gehören Halo Naevi, Spitz Naevi, blaue Naevi, kongenitale Naevi und

dysplastische Naevi.

Klinik

Vorkommen:

Naevi treten in der frühen Kindheit auf und erreichen ihre maximale Anzahl im frühen

Erwachsenenalter. Mit zunehmendem Alter nehmen sie an Zahl wieder ab.

Diagnostik:

Das Dermatoskop dient als Hilfsmittel in der Diagnostik von Hautläsionen. Es handelt

sich dabei um ein dem Otoskop ähnliches Gerät, dessen Aufsatz eine achromatische

Linse besitzt. Diese vergrößert oberflächliche Hautstrukturen und ermöglicht die

genauere Untersuchung von pigmentierten Hautveränderungen. Ein retikuläres

Pigmentmuster, Pigmentstreifen, Pigmentpunkte oder Pigmentschollen, weisen auf eine

melanozytäre Veränderung hin. Die Dignität melanozytärer Pigmentherde wird analog

zur klinischen ABCDE-Regel beurteilt. Auch in der Dermatoskopie steht A für

Asymmetrie, B für Begrenzung in der Peripherie und C (Color) für unterschiedliche

Farbtöne. D steht für Differentialstruktur, wobei homogene Areale, Punkte, Schollen,

Streifen und ein Pigmentnetz unterschieden werden. Die einzelnen Merkmale können

semiquantitativ erfaßt werden. Das Ergebnis der Untersuchung kann dementsprechend

als Punktwert angegeben werden. Besonders geeignet für die dermatoskopische

Differentialdiagnostik melanozytärer Hautveränderungen sind flache Pigmentherde wie

atypische Nävi, in situ und superfiziell spreitende maligne Melanome. Manche benigne

melanozytäre Naevi haben ein charakteristisches dermatoskopisches Bild.

Naevi und Melanomrisiko:

Die Gesamtzahl der Naevi gilt als Indikator für ein erhöhtes Melanomrisiko. Das

Melanomrisiko ist bei Personen mit über 100 Naevi verglichen mit Personen mit

weniger als 10 Naevi 7.6 mal höher. Ob diese Naevi Vorläufer von Melanomen

darstellen oder lediglich ein erhöhtes Melanomrisiko anzeigen, wird kontrovers

diskutiert, da Melanome nur zu etwa 22% mit einem Naevus assoziiert sind. Die

übrigen Melanome scheinen de Novo zu entstehen. Da die Exzision eines Naevus in der

Regel für den Patienten keine grosse Belastung darstellt, ist die Entfernung

melanomverdächtiger oder atypischer Läsionen empfehlenswert. Klinisch gutartige

Naevi bedürfen keiner Therapie.

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Symmetrischer leicht exophytischer Tumor.

Die Tumorzellen bilden Nester in der Epidermis und in der Dermis

(=dermoepidermaler compound Naevus).

Page 179: Spezielle Patho Modul 87

Oberflächliche Tumorzellen enthalten teilweise körniges braunes

Melaninpigment.

Angrenzend an die pigmentierten Zellnester sind Melanophagen erkennbar,

deren Zytplasma mit Melaningranula angefüllt sind.

Die oberflächlichen Naevuszellen zeigen reichlich helles, teils pigmentiertes

Zytoplasma und helle ovale Kerne mit kleinen Nukleolen. Zur Tiefe hin werden

die Naevuszellen kleiner, haben weniger Zytoplasma und dunkle kleine Kerne

ohne erkennbaren Nucleolus. Die Zellnester werden zur Tiefe hin ebenfalls

kleiner (=Ausreifung).

Keine Mitosen, keine Zellatypien.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Genaue Tumorlokalisation (lokalisationsspezifische morphologische

Eigenheiten von Naevi).

Kongenitaler oder erworbener Naevus.

Melanompatient.

Melanomverdacht (ABDCE Regel).

Kürzlich vorausgegangene UV Bestrahlung oder mechanische Irritation (kann

melanomartige Veränderungen verursachen).

Rezidiv (kann ein Melanom imitieren).

Präparat Nr 004 aus Kasten S 012

Topographie / Diagnose

Haut, untere Extremität / Malignes Melanom vom superfiziell spreitenden Typ

Einleitung

Aetiologie:

Hauptrisikofaktor für die Melanomentwicklung stellt die UV-Bestrahlung dar. Ungefähr

10% der Fälle haben einen familiären Hintergrund. Zwei Genodermatosen, das

Xeroderma pigmentosum und das familiäre dysplastische Nävussyndrom sind mit

einem stark erhöhten Risiko der Melanomentwicklung verbunden.

Lokalisation:

Über 90% der Melanome entwickeln sich in der Haut. Darüber hinaus gibt es auch

Melanome der Schleimhaut und in Organen, die entwicklungsgeschichtlich mit dem

Neuroektoderm in Verbindung stehen. Dazu gehören die Uvea des Auges, das Innenohr,

das Zerebrum und die Leptomeningen.

Histologische Subtypen:

Klinisch und histologisch lassen sich vier Haupttypen unterscheiden: das superfiziell

spreitende Melanom , das noduläre Melanom , das Lentigo maligna Melanom

hervorgegangen aus einer Lentigo maligna (=Melanoma in situ in chronisch

sonnengeschädigter Haut ) und das akral lokalisierte akrolentiginöse Melanom .

Molekulare Klassifikation des Melanoms:

Die molekularen Veränderungen hängen zusammen mit der Ätiopathogenese und der

Lokalisation der Tumoren. Der Nachweis bestimmter molekularer Veränderungen ist

relevant für den Einsatz gezielter Therapien bei fortgeschrittenen Melanomen (zB

Einsatz eines BRAF Inhibitors nur bei Nachweis einer BRAF Mutation). Auf

Page 180: Spezielle Patho Modul 87

molekularer Ebene lassen sich maligne Melanome grob in 5 Gruppen mit ähnlichen

genetischen Veränderungen einteilen:

Melanome in intermittierend UV exponierter Haut (Sonnenbrände in der

Anamnese): BRAF Mutation (ca. 50%), seltener NRAS Mutation. Starke

Inzidenzzunahme. Histologisch oft superfiziell spreitendes Melanom. Gezielte

Therapie von BRAF mutierten metastasierenden Tumoren mit BRAF

Inhibitoren möglich.

Melanome in chronisch UV exponierter Haut: Kit Mutation. BRAF Mutation

selten. Mässige Inzidenzzunahme. Histologisch oft Melanoma in situ (Lentigo

maligna) über schwerer solarer Elastose. Sehr langsam wachsend.

Akrales Melanom: Früh im Tumorverlauf genomische Instabilität mit

Genamplifikationen. Histologisch oft akrolentiginöses Melanom.

Mukosamelanom: Früh im Tumorverlauf genomische Instabilität mit

Genamplifikationen. Histologisch oft lentiginöses Wachstumsmuster mit

Einzelzellen entlang der basalen Epidermis.

Uveamelanom und Melanom ex blauer Naevus: Mutationen in GNAQ, GNA11.

Morphologie:

Makroskopisch verdächtig sind asymmetrische, unregelmässig begrenzte,

unregelmässig pigmentierte, erhabene Hauttumoren mit einem Durchmesser von über

6mm, welche sich anamnestisch verändert haben (ABCDE Regel).

Es gibt zahlreiche histologische Kriterien, die für das Vorliegen eines Melanoms

sprechen: asymmetrischer Aufbau, unscharfe seitliche Begrenzung , pagetoide

Ausbreitung atypischer Melanozyten in der Epidermis (Melanozyten durchsetzen die

gesamte Breite der Epidermis ), unterschiedlich grosse melanozytäre Nester ,

Melanozyten durchsetzen Adnexstrukturen, unregelmässige Melaninverteilung ,

flächenhafte Melanozytenverbände im Korium , Polymorphie und Atypie ,

Mitosen , fehlende Abnahme der Zell- und Kerngrösse zur Basis des Tumors (=

fehlende Ausreifung) u.s.w.

Im einzelnen Tumor sind nie alle möglichen Malignitätskriterien nachweisbar und

keines der Kriterien ist für sich allein genommen pathognomonisch für ein Melanom.

Naevuszellnaevi, die einzelne Malignitätsmerkmale zeigen, werden als

Melanomsimulatoren bezeichnet (zB Spitz Naevus, dysplastischer Naevus, Naevi in

speziellen Lokalisationen). Umgekehrt können maligne Melanome benigne

Naevuszellnaevi imitieren (zB naevoides Melanom). Bei etwa 2% aller melanozytären

Tumoren lässt sich die Dignität aufgrund überlappender morphologischer Kriterien

deshalb nicht mit letzter Sicherheit bestimmen. Der Nachweis typischer genetischer

Aberrationen mittels Fluoreszenz in situ Hybridisierung (FISH Untersuchung) kann in

solchen Fällen gelegentlich die Melanomdiagnostik unterstützen. Melanome werden im

Gegensatz zu den meisten anderen Tumoren nicht gradiert. Entsprechend entfällt die G

Kategorie in der TNM Klassifikation.

update 30. August 2012

Klinik

Vorkommen:

In der Schweiz erkranken jährlich ca. 1200 Personen am malignen Melanom der Haut.

Etwa 20% versterben am Tumorleiden. Die Schweizer Melanominzidenz von 14/100

000 pro Jahr gehört zu den höchsten Europas. Das mittlere Alter bei Diagnose des

malignen Melanoms beträgt 53 Jahre. Bei Frauen zwischen 25-29 Jahren ist das

Melanom der häufigste maligne Tumor.

Symptomatik:

Farbveränderungen, Grössen- oder Dickenzunahme und unregelmässige Begrenzung

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eines pigmentierten Hauttumors führen die Patienten zum Arzt. Seltener sind

Blutungen, Juckreiz, Ulzeration oder Schmerzen ausgehend von einem pigmentierten

Tumor.

Therapie:

Die Therapie ist primär chirurgisch. Melanomverdächtige Läsionen sollten primär

vollständig exzidiert werden (Exzisionsbiopsie und anschliessende Nachresektion in

Abhängigkeit von der histologisch bestimmten Tumordicke). Die empfohlenen

Sicherheitsabstände betragen beim Melanoma in situ 5mm, beim Melanom bis 1mm

Dicke 1cm, beim Melanom von 1-4mm Dicke 2cm und ab 4mm Dicke 2-3cm. Wenn

histologisch eine perineurale Infiltration nachgewiesen wird, sollte der

Sicherheitsabstand auf 3-5cm erhöht werden. Bei Melanomen ab einer Dicke von 1mm

wird eine Exzision des Sentinel Lymphknotens durchgeführt. Durch intradermale

Injektion einer radioaktiven Markersubstanz im Tumorbereich kann der

Sentinellymphknoten präoperativ identifiziert werden. Bei Tumorbefall des Sentinel

Lymphknotens wird eine regionäre Lymphknotendissektion angeschlossen. Für

fortgeschrittene Tumoren existieren verschiedene adjuvante und palliative

Therapieprotokolle, welche auch molekulare und immunologische Eigenheiten des

Tumors berücksichtigen.

Im Rahmen der Tumornachsorge werden Patienten mit Melanomen nachkontrolliert,

um frühzeitig ein Rezidiv zu identifizieren oder weitere maligne Hauttumoren

rechtzeitig zu entdecken. Das Zweitmelanomrisiko beträgt bei Melanompatienten etwa

5-8%. Zudem ist die Häufigkeit von anderen Hauttumoren erhöht.

Prognose:

Entscheidend für die Prognose sind Tumordicke nach Breslow (Dickenmessung am

histologischen Schnitt vom Stratum granulosum bis zur tiefsten Infiltration in der

Dermis), Ulzeration, mitotische Aktivität, und Lymphknotenbefall. Die 5 Jahres

Überlebensrate bei weniger als 1mm dicken Melanomen beträgt bis zu 95%. Das

Überleben sinkt auf 67% bei mehr als 4mm dicken Tumoren ohne Ulzeration und 45%

mit Ulzeration. Das Überleben von Patienten mit Fernmetastasen hat sich Dank Einsatz

gezielter Therapien leicht verbessert. Je nach Lokalisation der Metastasen leben nach 5

Jahren noch 7-19% der Patienten.

update 30. August 2012

Repetitorium

Morphologische Merkmale:

Stark asymmetrische unregelmässig pigmentierte Läsion.

Die epidermale Melanomkomponente besteht aus in der Epidermis

aufsteigenden atypischen Melanozyten (=pagetoide Ausbreitung), zahlreichen

entlang der Epidermis aufgereihten Einzelzellen und unterschiedlich grossen,

unregelmässig verteilten Zellnestern.

Epidermis mit unregelmässiger Akanthose neben atrophen Abschnitten. Keine

Ulzeration der Epidermis.

Verschieden grosse Tumorzellnester in der Dermis mit unterschiedlicher

Morphologie: Grosse Nester von sehr kleinen Zellen mit hyperchromatischen

Kernen, grosse Zellen mit reichtlich Zytoplasma und polymorphen Zellkernen

mit grossen Nukleolen.

Tumorinfiltration der retikulären Dermis.

Fehlende Ausreifung zur Tiefe hin (keine Abnahme der Zellgrösse, der Grösse

der Zellnester oder der Pigmentierung).

Fokale Ansammlungen von stark pigmentierten Melanophagen in der dermalen

Tumorkomponente.

Page 182: Spezielle Patho Modul 87

Über sehr grossen Tumornestern im Zentrum der Läsion ist die Epidermis stark

verdünnt an andern Stellen ist sie verdickt.

Dermale Mitosen.

Am rechten Rand der invasiven Komponente sind Reste eines vorbestehenden

Naevuszellnaevus mit kleinen dermalen Naevuszellnestern erkennbar.

Solare Elastose.

Das sollte der Kliniker dem Pathologen mitteilen:

Melanompatient.

Klinischer Melanomverdacht (ABDCE Regel).

Genaue Tumorlokalisation.

Vorbestehende, neu entstandene oder sich verändernde Läsion.

Metastase oder Primärtumor.

Positive Familienanamnese bezüglich Melanom.

Praxis-Tipp:

Bei melanomverdächtigen Läsionen wird primär die vollständige

Exzisionsbiopsie empfohlen. Die Inzisionsbiopsie bleibt grossen Läsionen an

kritischen Lokalisationen (Gesicht, akral) vorbehalten.

Seitenmarkierung am besten mit Skizze für die genaue Orientierung der

Resektionsränder.

update 30. August 2012