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Samuel Pfeifer. Spirituelle Deutungen psychischer Schwierigkeiten –. Chancen und Probleme. Heinrich Füssli (1741 - 1825). Nachtmahr. Übersicht. A) Definitionen B) Kausalattribution - empirische Forschung C) Psychodynamik und Spiritualisierung D) Implikationen für die Therapie. - PowerPoint PPT Presentation
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Spirituelle Deutungen psychischer
Schwierigkeiten –
Spirituelle Deutungen psychischer
Schwierigkeiten –
Chancen und Probleme
Samuel Pfeifer
Übersicht
A) DefinitionenB) Kausalattribution - empirische
ForschungC) Psychodynamik und
SpiritualisierungD) Implikationen für die Therapie
Spiritualität
ist die Lebenseinstellung auf das letztlich unfassbare Geistige (Gott). Für den spirituellen Menschen ist dieser Bereich Ursprung und Ziel seines Lebens, das seine Lebensführung, Verantwortlichkeit und Ethik fundamental bestimmt.
(vereinfacht nach Scharfetter 1999)
Spiritualisierung
Vorgänge und Erlebnisse werden (einseitig) in einem religiösen Kontext gedeutet.
Diese Deutung bezieht sich auf dieKausalität und auf die Veränderung (Therapie) von Problemen
Subjektives Erleben wird in einen spirituellen Gesamtzusammenhangeingebettet
WARUM?WARUM?Kausalattribution• Kausalität = Ursache• Attribution = Zuweisung• Attribution auf Personen• Attribution auf Situationen
Auswirkungen auf• Sichtweise der andern• Sichtweise meiner selbst• Umgang mit andern• Bewältigung von Schwierigkeiten
Attributionsfaktoren
Locus of Control
• Intern (geistliches Leben, Anstrengung)• Extern (Anfechtung, Belastung, Fluch)
Stabilität• Stabil (persönliche Disziplin,
wirksamer Schutz)• Variabel (Befindlichkeit, Verläßlichkeit
anderer)
Auswirkungen (nach Weiner)
• Bewältigung oder
• Hoffnungslosigkeit
• Zusammenarbeit und Mitgefühl oder
• Schuldzuweisung und Ablehnung
STUDIE: Kausalattributionen beiSchizophrenie (Angermeyer & Klusmann, 1988)
Fünf Bereiche:
• Psychosoziale Belastung
• Familie
• Persönliche Probleme
• Biologische Faktoren
• „Esoterische“ Faktoren
Eur Arch Psychiatr Neurol Sci 238:47-54 (1988)
Familie Zerbrochene Herkunftsfamilie (Broken home) Mangel an elterlicher Liebe Vater war zu streng Eltern hatten zu hohe Erwartungen Überbehütende Mutter Feindlich-abweisende Haltung der Eltern
Vermeidung von Alltagsproblemen zuwenig Willenskraft Alkohol und Drogen zu intelligent zu ehrgeizig allgemeines Versagen
Persönliche Probleme
Eur Arch Psychiatr Neurol Sci 238:47-54 (1988)
«Esoterische Probleme» Mangel an Vitaminen Umweltverschmutzung Besessenheit durch böse Geister schädliche Erdstrahlen Bestrafung von Gott Ungünstiges Horoskop
Offene Frage 1,0 % Mögliche Ursache 54,9 % (sehr) wahrscheinlich 22,3 %
Böse Geister: mögliche Ursache 10,9 % (sehr) wahrscheinlich 3,1 %
Angermeyer & Klusmann (1988)
Eur Arch Psychiatr Neurol Sci 238:47-54
Okkulte Belastung
343 Patienten (114 m, 229 f) alle gläubig im engeren Sinne Landeskirche (kath, ev.) 139 Trad. Freikirchen 164 Char. Freikirchen 40
Schizophrenie 60 Depression 87 Angststörungen 56 Persönlichkeitsstörungen 65 Anpassungsstörungen 75
Pfeifer S. (1994)
Belief in demons and exorcism. An empirical study of 343 psychiatric patients in Switzerland. British Journal of Medical Psychology 67:247–258
Okkulte Belastung
Okkulte Belastung 37,6 %als mögliche Ursache
Freibetung 30,3 %in Anspruch genommen
Deutlicher Zusammenhang mit Diagnose (p < 0.01) mit Konfession (p < 0.005)
Pfeifer S. (1994)
Belief in demons and exorcism. An empirical study of 343 psychiatric patients in Switzerland. British Journal of Medical Psychology 67:247–258
Glaube an dämonische Ursache
0
10
20
30
40
50
60
%
PSY
MO
OD
AN
X
PE
RS
AD
J
DemonicCausality
Rituals ofDeliverance
Nach Pfeifer (1999), Psychopathology (in print)
Nicht-wahnhafteStörungen
Bio-psycho-sozialesModell
Mosaik der Kausalattributionen
Konflikte auseigenen
Erfahrungen KulturelleTraditionen
AlternativeErnährungs-/
Körper-TheorienGlaubens-
Überzeugungen
Esoterisch-magische
Vorstellungen
Pfister, S. & Thiel, S. (1999). Religiosität und subjektive Krankheitstheorie. Eine empirische Untersuchung bei 53 psychiatrischen PatienInnen. Dissertation Medizinische Fakultät der Universität Bern.
Formen der Spiritualisierung
Spirituelle Formen der inneren Kommunikation: „Ich rede mit Gott; Gott redet zu mir.“
Spirituelle Deutung von natürlichen Strebungen und unangepasstem Verhalten
Spirituelle Deutung von Leiden (psychisch und somatisch); d. h. Kausalattribution ohne wahnhafte Anteile
religiöse Wahnideen
Funktion der Spiritualisierung
Deutung (Kausalattribution)z.B. „Anfechtung“ als Grund für Schlafstörung
Abwehrz.B. Gebetskreis statt Änderung eines Verhaltensmustersz.B. Wunschdenken spirituell verbrämt
Bewältigung (Coping)z.B. Zuspruch eines prophetischen Wortes / Gefühl der Befreiung durch „Gebieten“
Unterschiedliche Intensität
Nachfühlbar Verpassen eines Glaubenszieles:
z.B. „Ich bete zu wenig!“z.B. „Ich fühle mich von Gott verlassen“z.B. „Ich schädige mein Karma!“
Extrem Dämon des Stolzes, der Begierde etc.
(uneingestandene Regungen werden auf dämonische Wirkung zurückgeführt)
Dämon als Ursache von Schlafstörungen, Alpträumen, Zwangsgedanken etc.
Formen spiritueller Therapie(im christlichen Raum *)
Traditionell und häufig: Gebet, Beichte, Abendmahl / Eucharistie, Segen durch Handauflegung
Übergangsobjekte und Abwehr von Unglück: Heiligenbilder, Amulette, Kreuz, Schutzbringer etc.
Aktivitäten: Wallfahrten, Teilnahme an religiösen Festen, religiöse Übungen, Aufsuchen von speziellen Heilern
Besondere Formen der Seelsorge: „Bilder“, Prophetie, Freibetung, „Gebieten“ (selbst oder durch andere), Exorzismus
*) vielfältige Variatione
n in anderen
Religionen
Häufig:
Vermischung von spiritueller Hilfe
mit Volksaberglauben (speziell im katholischen und orthodoxen Raum)
mit analytisch orientierter Populärpsychologie(z.T. in charismatischer Literatur)
Umgang mit Spiritualisierung
1. Diagnostik / Assessment "Nur was wir würdigend ansehen,
öffnet sich uns"
Erklärungsmodell oder Begleitphänomen? Wahn oder Subkultur? Psychodynamik: Bewältigung oder Abwehr? Welche therapeutischen Konsequenzen ergeben
sich aus der Spiritualisierung? (traditionell-
christlich, magisch, dramatisch)
Umgang mit Spiritualisierung - 2
2. Evaluation
In Zusammenarbeit mit dem Ratsuchenden Unterschiedliche Frömmigkeits-Stile! Persönliche Integrität des Therapeuten theologische Gewichtung: wichtig, aber nicht
primärer Teil der Therapie
WESENTLICH: Welchen Einfluss hat die Spiritualisierung auf
Symptomlinderung, persönliche Entwicklung und die Lebensbewältigung des Ratsuchenden (soziale Aufgaben, Beziehungen)?
Sym
pto
mli
nd
eru
ng
Persönliche Freiheit -- Beziehungs-fähigkeit -- Lebensbewältigung
Outcomenegativ
Outcome positiv
Ergebnis der SpiritualisierungIDEAL
3. Procedere
Einfühlung in das Leiden des Patienten und Offenheit für seine religiöse Welt zeigen
Zusammenarbeit mit dem Seelsorger (falls möglich)
Psychoedukation: Das spirituelle Leben kann durch psychische Krankheit (z.B. Depression) eingeschränkt werden. Bild: verstimmtes Klavier
Reframing: Spiritualität als Teil eines umfassenderen Krankheits- und Bewältigungsmodells
3. Procedere --- Fortsetzung
Spirituelle Deutung als Hilfe oder als Last? Unterstützung oder Gruppendruck? (Jakobus 1:13)Umgang mit enttäuschtem Glauben, übersensiblem Gewissen, überhöhten Zielen etc.
Nutzen biblischer Bilder und Metaphern (mit Bedacht; keine Streitgespräche!)
Manchmal: „Agree to disagree“ und dennoch zur Verfügung stehen, wenn Not da ist.
Kennzeichen funktionaler Spiritualität
Stärkt das Selbstvertrauen (im Vertrauen auf Gott)
Hilft zu reifer Beziehungsgestaltung und Gestaltung der „sozialen Nische“
Hilft zur Lebensbewältigung
Erhält das Bewußtsein und die Ehrfurcht vor dem Letzten, vor Gott.
(in Anlehnung an Pargament)
Ich plädiere nicht für eine religiöse Psycho-therapie oder eine Psychotherapie nur für Religiöse, sondern für eine Therapie, die – unter anderen spezifisch menschlichen Aus-drucksformen – auch das Phänomen Religion ernst nimmt. Ich plädiere für eine Therapie, die . . . im Detail zu explorieren versucht, was die ganz individuelle, oft sehr unorthodoxe und sich im Laufe des Lebens meist stark verän-dernde «heart religion» für den Patienten, die «Religion seines Herzens» ist.
Hans Küng