42
11 In aller Munde – Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik 374 11 In aller Munde – Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik Konzeption des Kapitels Das Kapitel lenkt den Blick auf Tendenzen der Gegenwartssprache, die den Schülerinnen und Schülern in ihrem Alltag begegnen und deren Reflexion eine wichtige Voraussetzung für die Themen des Lernbe- reichs „Sprache“ in der gymnasialen Oberstufe ist. Es bietet eine Mischung aus Texten, die unmittelbar sprachliche Erscheinungen präsentieren, und solchen, die bereits eine Interpretation aktueller Sprach- entwicklungen anbieten. Die Lernenden sind dadurch aufgefordert, Sprachphänomene analytisch zu betrachten und Positionen aus Sekundärtexten darauf zu beziehen. Abschließend führen sie auf der Basis ihrer erworbenen Kenntnisse selbst eine kleine empirische Untersuchung zur Sprache durch. Im ersten Teilkapitel („Denglisch, Dialekt, Digitaldeutsch – Sprachvarietäten und Sprachge- brauch“) werden Facetten des aktuellen Sprachgebrauchs untersucht: Anglizismen, Dialekte und die Sprache des Internets. Mit den Anglizismen wird zunächst ein Phänomen betrachtet, das zur alltägli- chen Sprachverwendung der Jugendlichen gehört und das immer wieder im Zentrum der sprachkriti- schen Diskussion steht. Die Lernenden erwerben mit Hilfe verschiedener Reflexionsangebote eine Grundlage, die ihnen eine eigene Positionierung zu Fragen des Anglizismengebrauchs erlaubt. In der Auseinandersetzung mit Dialekten geht es zunächst darum, verschiedene Dialekte regional verorten zu können; anschließend wird anhand praktischer Übungen zur Lautverschiebung eine systematische Sichtweise angebahnt. Die Sprache des Netzes betrachten die Schülerinnen und Schüler schließlich vor allem unter der Fragestellung, wie sich privater und öffentlicher Sprachgebrauch unterscheiden, denn gerade auf diesem Feld gibt es bei Jugendlichen oft Unsicherheiten in der eigenen Sprachver- wendung. Das Teilkapitel schließt mit binnendifferenzierten Übungen zur Netzsprache und einem Test. Das zweite Teilkapitel („Unser Wortschatz – Sprache im Wandel“) thematisiert den Sprachwandel anhand der Lexik: Zunächst an dem Wortbeispiel „toll“, dann an Veränderungen im Wortschatz des Wörterbuches und schließlich an dem Einfluss, den das so genannte „Kiezdeutsch“ auf den Sprachge- brauch der Jugendlichen hat. Sodann geht es um Gefühlsbegriffe (u. a. das Wort „Freundschaft“ in unterschiedlichen Zeiten und Verwendungszusammenhängen) und um zwei Arten mehrdeutiger Wörter (Homonyme und Polyseme). Ein Test zu Wortbedeutungen im Wandel rundet das Kapitel ab. Im dritten Teilkapitel („‚Political Correctness‘? – Fairer Sprachgebrauch“) wird der politisch korrekte Sprachgebrauch an verschiedenen Beispielen erläutert, um den Schülerinnen und Schülern eine be- gründete Positionierung zu ermöglichen. Das Kapitel endet mit einem Projektvorschlag, der die theore- tischen Einsichten in eine kleine Forschungsaufgabe münden lässt. Literaturhinweise Denkler, Markus u. a. (Hg.): Frischwärts und unkaputtbar. Sprachverfall und Sprachwandel im Deutschen. Aschendorff, Münster 2008 Göttert, Karl-Heinz: Alles außer Hochdeutsch. Ein Streifzug durch unsere Dialekte. Ullstein, Berlin 2011 Keller, Rudi: Sprachwandel. Von der unsichtbaren Hand in der Sprache. Francke, Tübingen/Basel 3 2003 Keller, Rudi / Kirschbaum Ilja: Bedeutungswandel. Eine Einführung. De Gruyter, Berlin/New York 2003 Rotbuch Deutsch. Die Liste der gefährdeten Wörter / Schwarzbuch Deutsch. Die Liste der untergegangenen Wörter. Marix Verlag, Wiesbaden 3 2007 Schlobinski, Peter (Hg.): Von *hdl* bis *clu8r*. Sprache und Kommunikation in den neuen Medien. Dudenverlag, Mann- heim u. a. 2006 Schneider, Frank: Sprachursprung, Sprachskepsis, Sprachwandel. Einfach Deutsch. Unterrichtsmodell. Hg. von Johan- nes Diekhans. Schoeningh, Paderborn 2009 Sprache der Gefühle. Der Deutschunterricht 1/2015 Sprache und Diskriminierung. Der Deutschunterricht 6/2011 Sprache und Generation. Der Deutschunterricht 2/2013 Sprache und Kommunikation im Web 2.0. Der Deutschunterricht 6/2012 Tendenzen der Gegenwartssprache. Deutschunterricht 2/2011

Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik - … · – untersuchen Beispiele geschlechtergerechter ... Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik 376 11 In aller Munde ... weil es

  • Upload
    lamlien

  • View
    224

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik - … · – untersuchen Beispiele geschlechtergerechter ... Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik 376 11 In aller Munde ... weil es

11 In aller Munde – Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik

374

11 In aller Munde – Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik

Konzeption des Kapitels

Das Kapitel lenkt den Blick auf Tendenzen der Gegenwartssprache, die den Schülerinnen und Schülern in ihrem Alltag begegnen und deren Reflexion eine wichtige Voraussetzung für die Themen des Lernbe-reichs „Sprache“ in der gymnasialen Oberstufe ist. Es bietet eine Mischung aus Texten, die unmittelbar sprachliche Erscheinungen präsentieren, und solchen, die bereits eine Interpretation aktueller Sprach-entwicklungen anbieten. Die Lernenden sind dadurch aufgefordert, Sprachphänomene analytisch zu betrachten und Positionen aus Sekundärtexten darauf zu beziehen. Abschließend führen sie auf der Basis ihrer erworbenen Kenntnisse selbst eine kleine empirische Untersuchung zur Sprache durch. Im ersten Teilkapitel („Denglisch, Dialekt, Digitaldeutsch – Sprachvarietäten und Sprachge-brauch“) werden Facetten des aktuellen Sprachgebrauchs untersucht: Anglizismen, Dialekte und die Sprache des Internets. Mit den Anglizismen wird zunächst ein Phänomen betrachtet, das zur alltägli-chen Sprachverwendung der Jugendlichen gehört und das immer wieder im Zentrum der sprachkriti-schen Diskussion steht. Die Lernenden erwerben mit Hilfe verschiedener Reflexionsangebote eine Grundlage, die ihnen eine eigene Positionierung zu Fragen des Anglizismengebrauchs erlaubt. In der Auseinandersetzung mit Dialekten geht es zunächst darum, verschiedene Dialekte regional verorten zu können; anschließend wird anhand praktischer Übungen zur Lautverschiebung eine systematische Sichtweise angebahnt. Die Sprache des Netzes betrachten die Schülerinnen und Schüler schließlich vor allem unter der Fragestellung, wie sich privater und öffentlicher Sprachgebrauch unterscheiden, denn gerade auf diesem Feld gibt es bei Jugendlichen oft Unsicherheiten in der eigenen Sprachver-wendung. Das Teilkapitel schließt mit binnendifferenzierten Übungen zur Netzsprache und einem Test. Das zweite Teilkapitel („Unser Wortschatz – Sprache im Wandel“) thematisiert den Sprachwandel anhand der Lexik: Zunächst an dem Wortbeispiel „toll“, dann an Veränderungen im Wortschatz des Wörterbuches und schließlich an dem Einfluss, den das so genannte „Kiezdeutsch“ auf den Sprachge-brauch der Jugendlichen hat. Sodann geht es um Gefühlsbegriffe (u. a. das Wort „Freundschaft“ in unterschiedlichen Zeiten und Verwendungszusammenhängen) und um zwei Arten mehrdeutiger Wörter (Homonyme und Polyseme). Ein Test zu Wortbedeutungen im Wandel rundet das Kapitel ab. Im dritten Teilkapitel („‚Political Correctness‘? – Fairer Sprachgebrauch“) wird der politisch korrekte Sprachgebrauch an verschiedenen Beispielen erläutert, um den Schülerinnen und Schülern eine be-gründete Positionierung zu ermöglichen. Das Kapitel endet mit einem Projektvorschlag, der die theore-tischen Einsichten in eine kleine Forschungsaufgabe münden lässt.

Literaturhinweise • Denkler, Markus u. a. (Hg.): Frischwärts und unkaputtbar. Sprachverfall und Sprachwandel im Deutschen. Aschendorff,

Münster 2008 • Göttert, Karl-Heinz: Alles außer Hochdeutsch. Ein Streifzug durch unsere Dialekte. Ullstein, Berlin 2011 • Keller, Rudi: Sprachwandel. Von der unsichtbaren Hand in der Sprache. Francke, Tübingen/Basel 32003 • Keller, Rudi / Kirschbaum Ilja: Bedeutungswandel. Eine Einführung. De Gruyter, Berlin/New York 2003 • Rotbuch Deutsch. Die Liste der gefährdeten Wörter / Schwarzbuch Deutsch. Die Liste der untergegangenen Wörter.

Marix Verlag, Wiesbaden 32007 • Schlobinski, Peter (Hg.): Von *hdl* bis *clu8r*. Sprache und Kommunikation in den neuen Medien. Dudenverlag, Mann-

heim u. a. 2006 • Schneider, Frank: Sprachursprung, Sprachskepsis, Sprachwandel. Einfach Deutsch. Unterrichtsmodell. Hg. von Johan-

nes Diekhans. Schoeningh, Paderborn 2009 • Sprache der Gefühle. Der Deutschunterricht 1/2015 • Sprache und Diskriminierung. Der Deutschunterricht 6/2011 • Sprache und Generation. Der Deutschunterricht 2/2013 • Sprache und Kommunikation im Web 2.0. Der Deutschunterricht 6/2012 • Tendenzen der Gegenwartssprache. Deutschunterricht 2/2011

Page 2: Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik - … · – untersuchen Beispiele geschlechtergerechter ... Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik 376 11 In aller Munde ... weil es

11 In aller Munde – Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik

375

Inhalte Kompetenzen

Die Schülerinnen und Schüler

S. 229 11 In aller Munde – Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik

– sammeln Beobachtungen zum Sprachwandel – beurteilen und begründen sie

S. 230 11.1 Denglisch, Dialekt, Digital-deutsch – Sprachvarietäten und Sprachgebrauch Sprachtrends – Anglizismen

– reflektieren, in welchen Bereichen warum Anglizismen häufig anzutreffen sind

– entwickeln und begründen eine eigene Position zum Umgang mit Anglizismen

– untersuchen Denotation und Konnotation von Anglizismen und ihren Übersetzungen

S. 233 Vielerlei Deutsch – Dialekte – übersetzen dialektale Redensarten und ordnen sie dem jeweiligen Dialekt zu

– nutzen eine Systematik in den Dialekten (Lautverschiebung) für die Übersetzung

S. 234 SMS und E-Mails – Öffentlicher und privater Sprachgebrauch

– reflektieren Spezifika der Netzsprache – unterscheiden privaten und offiziellen

Sprachgebrauch in SMS und in E-Mails

S. 236 Fordern und fördern – Netzsprache untersuchen

– identifizieren und erläutern in binnendifferenzier-ten Aufgaben Spezifika der Netzsprache

S. 237 Teste dich! – Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik

– entnehmen einem Text Informationen und ver-knüpfen diese mit vorhandenen Kenntnissen

S. 238 11.2 Unser Wortschatz – Sprache im Wandel „Toll“ – Ein Wort wandelt seine Bedeutung

– untersuchen Sprachwandelprozesse im Wortschatz

– nutzen die Etymologie zur Bedeutungserklärung

S. 239 App statt Adrema – Der Wortschatz ändert sich

– reflektieren das Verschwinden von Wörtern und das Aufkommen neuer Begriffe

S. 240 Kiezdeutsch – Verarmung oder Berei-cherung der Sprache?

– übersetzen Kiezdeutsch und untersuchen sei-nen Einfluss auf das Hochdeutsche

– reflektieren die Bezeichnung „Kanak-Sprak“

S. 242 Der Begriff „Freundschaft“ früher und heute

– vergleichen den Begriff „Freundschaft“ in einem Aphorismus, einem Song und bei facebook

S. 243 Die Maus im Büro – Mehrdeutige Wörter – erkennen u. a. Polyseme und Homonyme

S. 244 Teste dich! – Wortbedeutung im Wandel – testen ihr Wissen über Sprachveränderungen

S. 245 11.3 „Political Correctness“? – Fairer Sprachgebrauch

„PC“ – Geschlechtergerechte Sprache

– untersuchen Beispiele geschlechtergerechter Sprache sowie der Political Correctness und be-ziehen Stellung dazu

S. 247 Neighbour, Nachbar, Nachbarin – Sprachen vergleichen

– reflektieren sprachübergreifend die Verwendung geschlechtsbezogener Berufsbezeichnungen

S. 248 „PC“ – Eigenbezeichnungen statt Fremdbezeichnungen?

– beurteilen die Diskriminierung von Menschen-gruppen durch bestimmte Bezeichnungen

– erschließen die Geusenwort-Strategie

S. 250 Projekt „Bewusster Sprachgebrauch“ – führen selbst Sprachuntersuchungen durch

Page 3: Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik - … · – untersuchen Beispiele geschlechtergerechter ... Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik 376 11 In aller Munde ... weil es

11 In aller Munde – Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik

376

11 In aller Munde – Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik

Die Auftaktseite präsentiert in einer Illustration einige Beispiele aktueller Sprachphänomene, die den Horizont des Kapitels verdeutlichen und zugleich Vorwissen sowie Voreinstellungen der Lernenden abrufen.

Die Aufgabe lenkt den Blick der Schülerinnen und Schüler darauf, dass es aktuelle Sprachphänomene gibt, die aus unterschiedlichen Gründen vor zehn Jahren noch nicht existierten.

a Im Bild sind Anglizismen zu sehen, die es vor zehn Jahren noch nicht gab, insbesondere nicht in dieser Verbindung mit deutschen Wörtern, etwa in der Schaufensterwerbung „delicious Brötchen, fresh belegt“. Die Sprache der Nachricht auf dem Smartphone ist an das Medium gebunden, das in den letzten Jahren eine rasante Veränderung der in SMS und im Netz verwendeten Sprache her-vorbrachte. Deshalb sind vielfältige Elemente der SMS relativ neu, etwa Emoticons wie (-_-) oder die Abkürzungen „WASA“ (Warte auf schnelle Antwort) und „gn8“ (gute Nacht). Einzelne Wörter sind Neuerfindungen bzw. Übernahmen aus dem Englischen („chillen“) oder Türkischen („Lan“ = Alter). Auffällig ist schließlich das Weglassen einzelner Buchstaben oder Satzbestandteile, das offenbar das Textverständnis des Adressaten nicht einschränkt.

Dass auch die Packung mit den Schaumküssen ein Phänomen des Sprachwandels signalisiert, ist den Lernenden vermutlich nicht bewusst. Schon vor zehn Jahren galt die frühere Bezeichnung der Süßigkeit „Negerkuss“ (noch früher „Mohrenkopf “) als politisch nicht korrekt; mittlerweile ist sie na-hezu völlig aus dem öffentlichen Sprachgebrauch verschwunden.

b Gründe für die sprachlichen Neuerungen: – Versuch, Produkte durch Anglizismen aufzuwerten – Anpassung an neue Medien (z. B. Abkürzungen als Tribut an die Kürze von SMS) – Kontakt mit anderen Sprachen (Englisch, Türkisch) – erhöhte Sensibilität für sprachliche Abwertung

c Folgende sprachliche Veränderungen könnten die Schülerinnen und Schüler beispielsweise beo-bachtet haben: – Vermeidung geschlechtsspezifischer Benennungen aus Gründen der Gendergerechtigkeit

(stattdessen z. B. Lernende, Studierende) – Wortneuschöpfungen aufgrund neuer Erfindungen (z. B. Nackt-Scanner, USB-Stick, Tablet,

Smartphone) – das Verschwinden von Wörtern, weil es die Phänomene nicht mehr gibt (z. B. Diskette)

Diese Aufgabe fordert nun zu einer ersten Bewertung der Sprachveränderungen auf. Denkbar ist bei-spielsweise, dass Veränderungen dann akzeptiert werden, wenn sie eine sprachliche Differenzierung erlauben, die mit der bisherigen Sprache nicht möglich war – und dass umgekehrt Veränderungen ab-gelehnt werden, wenn sie Differenzierungsmöglichkeiten einschränken.

Page 4: Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik - … · – untersuchen Beispiele geschlechtergerechter ... Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik 376 11 In aller Munde ... weil es

11.1 Denglisch, Dialekt, Digitaldeutsch – Sprachvarietäten und Sprachgebrauch

377

11.1 Denglisch, Dialekt, Digitaldeutsch – Sprachvarietäten und Sprachgebrauch

Sprachtrends – Anglizismen Die Betrachtung aktueller Sprachtrends beginnt mit dem Phänomen, das die öffentliche Diskussion über Sprachveränderungen traditionell prägt und mit dem Jugendliche immer wieder in Verbindung gebracht werden: mit den Anglizismen. Der Auftakttext führt in humorvoller Weise in das Thema ein. Er liefert dabei eine Fülle von aktuellen Beispielen, zugleich lässt er aber auch schon eine Linie der Be-wertung erkennen.

Maxim Leo: Oldenburger Bacon, geslict

Die Aufgabe fordert zu einer inhaltlichen und sprachanalytischen Auseinandersetzung mit dem Text sowie zu einer eigenen Positionierung auf. a Denkbare Ergebnisse der Auseinandersetzung mit dem Text:

– Akzeptabel findet es der Autor offenbar, wenn in Geschäften wie Jeansläden von „Cashflow“ o-der „Store“ gesprochen wird, weil er die dabei unterstellte Absicht, das Geschäft so „cool“ er-scheinen zu lassen, legitim findet.

– Nicht akzeptabel findet er, wenn dieses Muster auf Bereiche übertragen wird, in denen eine Auf-wertung durch Anglizismen nicht nötig und wohl auch nicht möglich ist, wie eben beim Oldenbur-ger Schinken.

b Indem sie Anglizismen nennen, die sie selbst benutzen, und solche, die sie ablehnen, sind die Ler-nenden zu einer eigenen Positionierung aufgefordert.

c Vorschlag für ein Tafelbild:

Zum Schmunzeln anregende Stellen Wie wird die Wirkung erreicht?

„Aber ehrlich gesagt zählte für mich der ge-schnittene Oldenburger Landschinken in der 150-Gramm-Packung bislang zu den Dingen im Leben, die so etwas [= cool und stylish zu erscheinen] gar nicht nötig haben.“ (Z. 7–11)

ironische Brechung, indem die Details des Produkts genannt werden, die es alltäglich und banal erscheinen lassen

„vor allem der geschnittene“ (Z. 12 f.) Die nachgestellte Erläuterung betont nochmals die Banalität des Produkts.

„Filzpantoffeln, Wärmedecken oder Herpes-Creme als Lifestyle-Equipment“ (Z. 15 f.)

Beispiele, die mit Spießigkeit, Alter und Krankheit verbunden sind, lassen den englischsprachigen Oberbegriff besonders absurd erscheinen.

das Beispiel „Skin-colored Surgical Socks“ mit Erläuterung (vgl. Z. 17–25)

Die Rückübersetzung erzeugt Komik.

„Chicken-Eye-Tapes“, „Foot-Mushroom-Cream“ (Z. 36 f.)

Falsche Anglizismen wirken durch ihre Wort-für-Wort-Übersetzung absurd und lächerlich.

„es darf nur nicht allzu bescheuert sein“ (Z. 44) Stilbruch durch Umgangssprache erzeugt Komik.

Die Aufgabe liefert in einem spielerischen Ansatz ein Korpus an Anglizismen, die anschließend unter-sucht werden können. a Lösungen: 1a – 2c – 3b – 4b – 5b – 6a – 7b – 8b – 9b b Verschiedene Begriffe sind aufgrund ihrer Kürze, ihrer genaueren Spezifizierung und ihrer internati-

onalen Verwendung wohl dem deutschen Wort vorzuziehen, etwa Primetime, Wakeboard, Joint Venture, Shitstorm, Screenshot, Sneakers.

Page 5: Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik - … · – untersuchen Beispiele geschlechtergerechter ... Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik 376 11 In aller Munde ... weil es

11 In aller Munde – Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik

378

„Chief Executive Officer“ ist zumindest in Unternehmen, die nicht mit einer internationalen Belegschaft oder auf internationaler Ebene arbeiten, eine überflüssige Bezeichnung des Vorstandsvorsitzenden. „Eyecatcher“ lässt sich genauso knapp und aussagekräftig durch das Wort „Blickfang“ ersetzen. Die Bezeichnung „Facility Manager“ ist überflüssig, wenn ein reiner Hausverwalter gemeint ist.

Die Lernenden systematisieren nun das Korpus aus Aufgabe 2, um einen Überblick zu erhalten, in wel-chen Bereichen Anglizismen gehäuft vorkommen und warum: a Anglizismen kommen häufig in folgenden Bereichen vor:

– Beruf/Wirtschaft: Chief Executive Officer, Joint Venture, Facility Manager – IT: Shitstorm, Screenshot – Sportartikel (besonders Trendsportarten): Wakeboard – Mode/Sportmode: Sneakers – Medien/Werbung: Primetime, Eyecatcher

b Weitere Bereiche, in denen Anglizismen verwendet werden (mit Beispielen): – Wissenschaft/Technik: Webcam, Actioncam – Handel: Sale, Shop, shoppen, Storemanager – Film/Unterhaltung/Musik: Clip, Director’s Cut, Sneak Preview, Show – Finanzmarkt: Broker, Break-even, Cashflow, Put, Shareholder – Lebensmittel/Gastronomie: Cheeseburger, Fastfood, Junkfood, Hotdog, Shake, Smoothie,

Brunch c Denkbare Gründe, warum gerade in diesen Bereichen besonders viele Anglizismen auftauchen:

– Internationalisierung des Bereichs (Beruf, Wirtschaft, Wissenschaft) – Übernahme des Begriffs (und ggf. des Bezeichneten) aus den USA (Film, Medien, Musik, Sport,

Mode) – Versuch der Aufwertung durch Internationalisierung (Handel, Gastronomie)

Nun werden auch Fremdwörter aus anderen Sprachen in die Betrachtung einbezogen, um ein Be-wusstsein dafür zu schaffen, dass diese meist anders als Anglizismen bewertet werden und auch die Motive für ihre Verwendung vermutlich andere sind. a Vorschlag für ein Tafelbild:

Herkunftssprache Latein Herkunftssprache Französisch

Labor, Praktikant, Diplomand Boutique, Brasserie, Karriere

b Fremdwörter aus dem Französischen werden beispielsweise in der Gastronomie und in der Mode

verwendet, weil das Bezeichnete (z. B. Brasserie oder Boutique) aus Frankreich stammt oder weil man sich davon eine Aufwertung verspricht, da französische Gastronomie und Mode als hochwertig gelten. Hinweis: Viele Fremdwörter aus dem Französischen wurden jedoch bereits in der höfischen Epoche ins Deutsche übernommen, weil man damals in höheren Gesellschaftsschichten den verfei-nerten Lebensstil nachahmte (etwa Salon, Charme, Kompliment, nobel, Balkon, Terrasse, Cousin, Cousine, Mama, Papa) und die edleren Genüsse übernahm (etwa Bouillon, Kotelett, Praline).

Fremdwörter aus dem Lateinischen finden sich besonders häufig in den Bereichen Wissenschaft und Technik, da Latein – neben dem Griechischen – früher die unter Gelehrten universell verständli-che Wissenschaftssprache war. Deshalb gibt es noch heute in diesen Bereichen zahllose Ableitun-gen und sogar Neubildungen aus dem Lateinischen (etwa Motor oder Monitor) und dem Griechi-schen (z. B. Chromosomen, Dynamo, Dynamit).

c Mögliche Vermutung, warum die Benutzung von Begriffen aus dem Lateinischen oft weniger kritisiert wird als die von Anglizismen: Das Lateinische gilt als Bildungssprache, seine Verwendung damit als Zeichen der Bildung und nicht des Imponiergehabes.

Page 6: Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik - … · – untersuchen Beispiele geschlechtergerechter ... Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik 376 11 In aller Munde ... weil es

11.1 Denglisch, Dialekt, Digitaldeutsch – Sprachvarietäten und Sprachgebrauch

379

Rudolf Hoberg: Für mehr Gelassenheit / Bastian Sick: Englische Fremdwörter und was man stattdessen sagen könnte

a Der Text von Hoberg und die Tabelle von Sick präsentieren in aller Kürze zwei konträre Positionen in der Auseinandersetzung über Anglizismen: – Der Sprachwissenschaftler Hoberg vertritt die Position, dass Anglizismen vor allem genutzt wer-

den, um Bedeutungen zu differenzieren, und somit keineswegs deutsche Wörter verdrängen, sondern sie nur ergänzen.

– Der Sprachkritiker Sick stellt für einige Anglizismen Eindeutschungen vor, die die Anglizismen er-setzen könnten.

b Mögliche Aspekte der Diskussion: – „abmelden“ ist keine angemessene Übersetzung für „ausloggen“, denn „abmelden“ ist nicht spe-

zifiziert auf das Abmelden aus dem Netz oder einer Anwendung am PC, das mit „ausloggen“ gemeint ist.

– „Basement“ kann durch „Untergeschoss“ übersetzt werden, doch dieser Begriff dürfte dem Han-del zu profan und abwertend erscheinen.

– „Community“ bezeichnet meist nicht irgendeine Gemeinschaft, sondern eine Gruppe im Internet. – „Neu einspielen“ mag eine Übersetzung von „covern“ sein, macht aber nicht deutlich, dass es

sich um die Fassung eines älteren Musiktitels durch einen oder mehrere neue Interpreten han-delt.

– Ein Display ist nicht irgendein Bildschirm, sondern in der Regel der Bildschirm eines kleinen elektronischen Geräts, zum Beispiel eines Smartphones.

– Als Jogging bezeichnet man auch Läufe, die nicht so lange dauern wie ein Dauerlauf. – „Klapprechner“ ist vielleicht eine zutreffende, zugleich aber absurde Bezeichnung für das Gerät,

das jeder mit dem gebräuchlichen Begriff „Laptop“ benennt. – Ein Posting ist nicht einfach eine Mitteilung, sondern eine Mitteilung in bestimmten Bereichen des

Internets, etwa in sozialen Netzwerken.

a Beispiel für die Erklärung des Unterschieds zwischen Anglizismus und Übersetzung am Beispiel von „Kids“ und „Kinder“:

Zwar haben „Kids“ und „Kinder“ eine ähnliche denotative Bedeutung, aber ihre Konnotationen unter-scheiden sich: „Kinder“ ist eine neutrale Bezeichnung einerseits für sehr junge Menschen und ande-rerseits – unabhängig vom Alter – für die Nachkommen. „Kids“ dagegen betont die jugendliche Ver-spieltheit und Kreativität von Kindern und Heranwachsenden. Der Begriff „Kids“ wird oft von älteren Jugendlichen oder Erwachsenen ironisch benutzt, um die Kindlichkeit zu betonen.

b Beispiele aus Sicks Liste, bei denen die Übersetzung eine andere konnotative Bedeutung hat als der Anglizismus: – ausloggen: Alltagstätigkeit am Computer – abmelden: hört sich nach Bürokratie und Überwa-

chung an – Basement: Konnotation einer Geschäftsetage mit grundlegenden Artikeln – Untergeschoss: kon-

notiert Keller, Abwertung – Jogging: Trendsport, modernes Laufen – Dauerlauf: Konnotation des Altmodischen, Gestrigen – Laptop: leicht, flexibel, modern – Klapprechner: Konnotation eines Notbehelfs für Ausnahmefälle

(wie Klappstuhl, Klapptisch)

Vielerlei Deutsch – Dialekte Auf dieser Seite wird kurz ein Thema aufgegriffen, das bereits im „Deutschbuch“ 8 angesprochen wur-de, nämlich die Dialekte. Die Lernenden verorten einige Dialekte regional, wobei eine Systematik ange-bahnt wird.

Die Schülerinnen und Schüler lernen typische Redensarten verschiedener Dialekte kennen, wodurch diese als Sprachvarietäten sichtbar werden. Sie werden in alltäglichen Zusammenhängen genutzt – oft mit einem humorvollem Augenzwinkern.

Page 7: Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik - … · – untersuchen Beispiele geschlechtergerechter ... Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik 376 11 In aller Munde ... weil es

11 In aller Munde – Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik

380

a Beispiellösung: – Ick brauch ’n richtijen Mann, keene uffjewärmte Leiche. – Übersetzung: Ich brauche einen richti-

gen Mann, keine aufgewärmte Leiche. Bedeutung: Eine Frau lehnt ältere Männer als Partner ab. – Zusammenhang: Reaktion einer Frau auf die Anmache eines älteren Mannes

– Et hätt noch immer jot jejange. – Übersetzung: Es ist noch immer gut gegangen. Bedeutung: In der Vergangenheit hat immer alles geklappt. – Zusammenhang: sich oder anderen Mut zu-sprechen (z. B. in einer Situation, in der andere die Probleme betonen würden)

– Dat löpt, as wenn de Düvel Törf fohrt. – Übersetzung: Das läuft, wie wenn der Teufel Torf fährt. Bedeutung: Es läuft sehr gut. – Zusammenhang: (Selbst-)Lob bei günstigem Verlauf der

Dinge – Nit z’litzel und nit z’viel! – Übersetzung: Nicht zu wenig und nicht zu viel! Bedeutung: Halte

das rechte Maß ein! – Zusammenhang: andere zu einem maßvollen Verhalten auffordern – Der, wo die Aaweid erfunne hot, muss nix zu duun gehabbd hawwe! – Übersetzung: Der die Ar-

beit erfunden hat, muss nichts zu tun gehabt haben. Bedeutung: Arbeit wird negativ einge-schätzt, ihre Erfindung kann nur dem Zeitvertreib gedient haben. – Zusammenhang: allgemeines Stöhnen über die Arbeit mit ironischem Unterton

– Dumm deaf ma scho sei, bloß zhärfa muaß ma se wissen. – Übersetzung: Dumm darf man schon sein, aber man muss sich zu helfen wissen. Bedeutung: Probleme sind nicht allein durch Intelligenz lösbar, sondern auch durch praktische Spitzfindigkeit. – Zusammenhang: Selbstlob mit Augenzwinkern, wenn eine schlichte Lösung für ein Problem gefunden wurde

b/c Vorschlag für ein Tafelbild:

Zuordnung der Redensarten zu Dialekten und Sprachgruppen

Ick brauch ’n richtijen Mann, keene uffjewärmte Leiche.

Berlinisch/Brandenburgisch Niederdeutsch

Dat löpt, as wenn de Düvel Törf fohrt. Nordniedersächsisch (Plattdeutsch)

Et hätt noch immer jot jejange. Ripuarisch (Kölsch) Mitteldeutsch

Der, wo die Aaweid erfunne hot, muss nix zu duun gehabbd hawwe.

Hessisch

Nit z’litzel und nit z’viel! Alemannisch Oberdeutsch

Dumm deaf ma scho sei, bloß zhärfa muaß ma se wissen.

Bairisch

Diese Aufgabe regt mit Hilfe der Tabelle zur Lautverschiebung zu einer systematischen Betrachtung an. a Übersetzungen: Solt: Salz (t z), Melk: Milch (k ch), slapen: schlafen (p f), Panne: Pfanne

(p pf) b Passende Beispiele aus den Redensarten: Ick: Ich (keine Verschiebung k ch), Et: Es (keine Ver-

schiebung t s), Dat: Das (keine Verschiebung t s), löpt: läuft (keine Verschiebung p f), muaß: muss (Verschiebung t s umgesetzt)

SMS und E-Mails – Öffentlicher und privater Sprachgebrauch In diesem Abschnitt richten die Lernenden den Blick auf SMS und die Netzsprache. Dabei wird vor allem die Unterscheidung zwischen öffentlichem und privatem Sprachgebrauch beleuchtet, da viele stilistische Probleme in digitaler Kommunikation aus der Missachtung dieses Unterschieds resultieren.

Page 8: Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik - … · – untersuchen Beispiele geschlechtergerechter ... Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik 376 11 In aller Munde ... weil es

11.1 Denglisch, Dialekt, Digitaldeutsch – Sprachvarietäten und Sprachgebrauch

381

a Die Schülerinnen und Schüler untersuchen zwei Sprachbeispiele aus SMS und entschlüsseln zu-

nächst die verwendeten Kürzel: – BIDUNOWA: Bist du noch wach? – S: offenbar Abkürzung für einen Namen – Ptmm: Please tell

me more – MU: Miss U (you) – SMS: Schreib mir schnell – T+: Think positive – MfG: Mit freundlichen Grüßen

b Auf dieser Grundlage unterscheiden sie zwischen privater und eher offizieller SMS: – Die links stehende SMS mit ihren vielen Abkürzungen und dem Emoticon ist erkennbar an einen

Freund oder eine Freundin adressiert, also privat. – Die rechte SMS ist offenbar an eine offizielle Stelle oder Person gerichtet, etwa eine Lehrerin, bei

der sich Tom abmeldet (weil er beispielsweise nicht am Klassenausflug teilnehmen kann). Darauf verweisen die formelle Begrüßung, die zwar kurzen, aber ausformulierten Sätze und die (aller-dings abgekürzte) formelle Grußformel am Ende.

Die Aufgabe thematisiert das Phänomen der konzeptionellen Mündlichkeit (Koch/Österreicher), das die Netzsprache prägt. Beispiele sind: – Abkürzungen (s. o.) – unvollständige Sätze („S. meint: Lena und Tim. Krass.“) – jugendsprachliche Ausdrücke („Krass.“) – körpersprachliche Simulationen wie das Smiley in der linken SMS

Der Text „8tung SMS“ bietet eine Möglichkeit, die reflektierende Auseinandersetzung mit der SMS-Sprache zu vertiefen und pauschale Abwertungen zu relativieren. a/b Die Untersuchung des Linguisten Crystal spricht nicht für einen Sprachverfall in SMS, weil

– 90 Prozent der Wörter aus der Hochsprache stammen („wie aus dem Wörterbuch entsprungen“, Z. 14 f.),

– viele der in SMS verwendeten Abkürzungen schon vorher genutzt wurden, – unvollständige Sätze schon aus Telegrammen, die auch auf Kürze setzen mussten, bekannt

sind. c Weitere typische Merkmale der SMS-Sprache:

– Emoticons – Wortneuschöpfungen/Übernahmen aus der Jugendsprache (z. B. „Lan“) – ungrammatische Wortstellung (z. B. „Ich geh Schule – tu mit mir“?)

Mögliche Gefahren/Nachteile der SMS- bzw. Chat-Sprache: – Sprachverkürzungen können Anlass für Missverständnisse und Kommunikationsprobleme sein. – Die Toleranz gegenüber Fehlern könnte sich auf den sonstigen Sprachgebrauch ausweiten. – Der Parlandoton kann anspruchsvolle schriftliche Kommunikation lächerlich erscheinen lassen. Mögliche Chancen/Vorteile: – neues Feld für Sprachkreativität, sprachliche Neuerfindungen als Bereicherung für die Sprache,

sprachliche Kürze zwingt zur Verdichtung, zur Konzentration auf das Wesentliche

Inge Kutter: „Hallöchen, Herr Professor“

Mit dem Text wird der Fokus auf die Unterschiede zwischen privatem und öffentlichem Sprachverkehr gelenkt. a Typisierung der im Text genannten sprachlichen Fehlgriffe:

– Jugendslang (Z. 7) – Verwendung von Umgangssprache (Z. 32 f.) – Missachtung von Rechtschreibregeln (Z. 35 f.) – Verletzung der Höflichkeitsregeln (Z. 28 f.) – Bemühungen, besonders förmlich zu klingen (Z. 37) – Problem der Anrede (Z. 46–57)

b Seifert vertritt die Auffassung, dass die Studierenden sprachliche Normen nicht kennen und insbe-sondere nicht wüssten, wie sie eine asymmetrische Kommunikation mit Höhergestellten gestalten müssen.

Page 9: Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik - … · – untersuchen Beispiele geschlechtergerechter ... Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik 376 11 In aller Munde ... weil es

11 In aller Munde – Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik

382

c In dem markierten Textabschnitt (E-Mail eines Studenten an seinen Dozenten) sind für eine offizielle E-Mail unangemessen: – die Anrede (ohne Namen) – der direkte Einstieg mit einer Frage ohne Nennung des Kontextes – die Missachtung der Rechtschreibung (z. B. Kleinschreibung von Nomen und Pronomen der Höf-

lichkeitsanrede) – die umgangssprachlichen Formulierungen („Ich stand grade im wald mit dem ollen ding“, Z. 23 f.) – die Vertraulichkeit („Ich hoffe Sie haben mich heute nicht zu sehr vermisst“, Z. 24 f.; das Emoti-

con) – die fehlende Interpunktion – die Missachtung der Grammatik („einen attest“, Z. 26) – das Vertrauen darauf, eine Lüge offen präsentieren zu können – die fehlende Grußformel und die fehlende Nennung des Namens am Schluss

d Beispiellösung für die Umformulierung:

Sehr geehrter Herr Professor Seifert, bitte entschuldigen Sie, dass ich heute leider nicht an Ihrer Veranstaltung teilnehmen konnte. Ich

hoffe, meine Freundin hat Sie informiert. Mein Zug ist ausgefallen, sodass ich das Seminar nicht er-reichen konnte. Gerne kann ich eine schriftliche Bestätigung des Zugausfalls nachreichen, wenn Sie dies für erforderlich halten.

Mit freundlichen Grüßen …

b Vorschlag für ein Tafelbild:

Tipps für eine offizielle E-Mail

– Verwende eine angemessene Anrede. – Achte auf korrekte Rechtschreibung, Grammatik und Interpunktion. – Vermeide Umgangssprache und Abkürzungen. – Verzichte auf Vertraulichkeiten. – Denke am Schluss an eine angemessene Grußformel sowie an deinen Vor- und Nachnamen.

Fordern und fördern – Netzsprache untersuchen Mit diesem differenzierten Material kann – bei integrierter Wiederholung – eine spezifische Form der Netzsprache untersucht werden.

Die Aufgabe stellt das niedrigste Anforderungsniveau dar, weil nur Beispiele aus den Netzbeiträgen zu suchen und umzuformulieren sind, ohne sie abstrakt zu systematisieren oder zu bewerten. a/b Beispiele für Abweichungen von der schriftlichen Standardsprache und mögliche Umformulie-

rungen: – Auslassen von Satzgliedern / verkürzte Sätze: Wer kommt? Wer kommt mit? – Jugendsprache: ist n gutes Stück geil ist ziemlich gut – Jugendsprache, eigenwillige Schreibung: kewle Sache coole Sache interessante Sache – Auslassen von Buchstaben/Mündlichkeit: ’n bisschen weit Aber das ist sehr weit weg. – Umgangssprache/Dialekt: Awas, für gude Musik is nix zu weit Aber nein, für gute Musik ist

kein Weg zu weit. – fehlerhafte Rechtschreibung: gude, nix – Umgangssprache: wir Rheinländer sin wir Rheinländer sind

Diese Aufgabe stellt höhere Anforderungen, weil die Lernenden ein abstraktes Phänomen (Mündlich-keit) mit Beispielen aus dem Text füllen und Gründe für die Simulation von Mündlichkeit im Netz erläu-tern müssen. a Beispiele und mögliche Umformulierungen vgl. Hinweise zu Aufgabe 1

Page 10: Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik - … · – untersuchen Beispiele geschlechtergerechter ... Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik 376 11 In aller Munde ... weil es

11.1 Denglisch, Dialekt, Digitaldeutsch – Sprachvarietäten und Sprachgebrauch

383

b In der Netzsprache wird häufig Mündlichkeit simuliert, weil die Kommunikation sehr schnell und di-rekt ist; sie wird wie ein Gespräch und nicht wie ein Briefwechsel geführt.

Auf dem höchsten Anforderungsniveau müssen die Lernenden selbst abstrakte Merkmale der Netz-sprache nennen und mit Beispielen aus dem Text belegen sowie erläutern, warum in der Netzsprache die Rechtschreibung ignoriert wird. a Beispiellösung siehe Hinweise zu Aufgabe 1, fehlerhafte Rechtschreibung: z. B. kewle Sache, Awas,

gude Musik, nix b Die Missachtung der Rechtschreibung liegt vermutlich zunächst an der Schreibgeschwindigkeit bei

der schnellen Kommunikation, will aber offenbar auch zeigen, dass hier ein lockerer, nicht formaler Umgang herrscht.

Teste dich! – Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik Mit dem Test können die Schülerinnen und Schüler den erreichten Lernstand selbst ermitteln. Ihre Er-gebnisse können sie anhand der Lösungen auf S. 365 f. im Schülerband überprüfen.

Beispiel für die Beantwortung des Fragebogens: 1 Jennerjahn hält den Antrag für absurd, weil die gesamte deutsche Sprache ohnehin von fremd-

sprachlichen Einflüssen geprägt ist. 2 Er bezeichnet die deutsche Sprache als Bastard, weil sie im Laufe der Jahrhunderte viele Wörter

aus anderen Sprachen, z. B. dem Lateinischen, Französischen und Englischen, übernommen hat. 3 „Computer“ und „Zusammenzähler“ haben unterschiedliche denotative Bedeutungen, weil ein Com-

puter weit mehr leistet, als zusammenzuzählen. 4 „Computer“ und „Zusammenzähler“ haben außerdem unterschiedliche konnotative Bedeutungen, da

„Zusammenzähler“ die Assoziation weckt, dass mit den Fingern gezählt wird. Es klingt nach einem banalen Hilfsmittel. „Computer“ wirkt dagegen viel komplexer und anspruchsvoller.

5 Der Vater kommt aus dem Norden, da er Niederdeutsch spricht (keine Lautverschiebungen t z und k ch).

6 Das Englische ist mit dem Niederdeutschen verwandt: appel Apfel (Lautverschiebung p pf/f), water Wasser (Lautverschiebung t s/ss/tz/z).

Page 11: Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik - … · – untersuchen Beispiele geschlechtergerechter ... Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik 376 11 In aller Munde ... weil es

11 In aller Munde – Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik

384

11.2 Unser Wortschatz – Sprache im Wandel

Im zweiten Teilkapitel steht der Sprachwandel, insbesondere im Bereich der Lexik, im Mittelpunkt. Die Schülerinnen und Schüler lernen verschiedene Beispiele kennen, in denen ein Sprachwandel beobach-tet werden kann, und beschäftigen sich mit den Ursachen von Sprachwandelprozessen.

„Toll“ – Ein Wort wandelt seine Bedeutung An dem Beispiel „toll“ lassen sich Prozesse des Sprachwandels auf verschiedenen Ebenen aufzeigen.

a Die beiden Texte – ein Zitat aus dem „Simplicissimus“ von 1668 und ein aktuelles Beispiel aus ei-nem Bericht über ein Fußballspiel – verdeutlichen den Wandel: – 1668 wird das Adjektiv „toll“ im Sinne von „verrückt“ verwendet. Etymologische Ergänzung: Das

Adjektiv stammt vom mhd./ahd. „tol“ = „getrübt, umnebelt, verwirrt“. Im 17. Jahrhundert taucht der Begriff „Tollhaus“ (= Einrichtung für psychiatrische [„verrückte“] Patienten, „Irrenhaus“) auf.

– Heute ist ein toller Fallrückzieher hingegen ein bemerkenswert schöner Fallrückzieher. Die Be-deutung „verrückt“ schwingt noch im Sinne von „außergewöhnlich“ mit. Nur in einer Nebenbedeu-tung gibt es also eine Schnittmenge mit der alten Wortbedeutung.

b „Du bist toll!“ bedeutete 1668 „Du bist verrückt.“ Heute meint die Aussage: „Du bist wunder-bar / besonders gut / fantastisch.“

a Der Lexikoneintrag über die Tollkirsche macht eine heute noch gebräuchliche Ableitung aus der ursprünglichen Bedeutung des Wortes „toll“ sichtbar. In dem Pflanzennamen scheint die frühere Wortbedeutung von „toll“ auf, nämlich „vernebelt, töricht, verrückt“, denn die Früchte der Tollkirsche rufen Verwirrtheit hervor: Man wirkt „verrückt“, wenn man sie isst.

b Auch in den Worten „Tollwut“ und „herumtollen“ scheint die ursprüngliche Bedeutung des Wortes „toll“ noch auf: – Tollwut: Das Tier ist „toll“, es verhält sich verrückt und unberechenbar, wenn es die Tollwut hat. – herumtollen: wie verrückt herumspringen

Das Wort „Tollpatsch“ für einen ungeschickten Menschen stammt – wie der Lexikoneintrag zeigt – nicht von „toll“ ab, sondern vom ungarischen „talpas“ = „breitfüßig“. Fußsoldaten wurden höhnisch als solche Breitfüßigen bezeichnet, als „talpas“.

Nun klären die Lernenden selbstständig mit Hilfe eines etymologischen Wörterbuchs weitere Begriffe und untersuchen, ob sie mit dem Wort „toll“ verwandt sind: – Tölpel stammt vom mittelhochdeutschen „dörper (dörpel, törpel)“ = „Dörfler, Bauer“ ab. Gemeint ist

damit der einfache, plumpe Bauer im Gegensatz zum edlen Ritter. Später weitete sich der Begriff dann zu der Bedeutung „ungeschickter Mensch“ aus. Das Wort hat also nichts mit dem Wort „toll“ zu tun.

– Das Verb tolerieren wurde seit dem 16. Jahrhundert von lateinisch „tolerare“ = „tragen, ertragen, erdulden“ abgeleitet, es besteht ebenfalls kein Zusammenhang mit „toll“.

– Tolle ist auch keine Ableitung von „toll“, sondern eine Nebenform von „tolde“ (vgl. Dolde) = „Pflan-zenkrone“; im 16. Jahrhundert wird „tolle“ als Bezeichnung für Baumwipfel genutzt. Die Haartolle ist also eine metaphorische Übertragung aus dem Pflanzenreich.

App statt Adrema – Der Wortschatz ändert sich Der Wandel des Wortschatzes wird nun nicht mehr an einem einzigen Beispiel untersucht, sondern auf Wörter ausgeweitet, die im Duden neu aufgenommen oder gestrichen wurden. Da sich das Wörterbuch als deskriptive Instanz versteht, spiegelt es Veränderungen des im Deutschen verwendeten Wortschat-zes.

Page 12: Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik - … · – untersuchen Beispiele geschlechtergerechter ... Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik 376 11 In aller Munde ... weil es

11.2 Unser Wortschatz – Sprache im Wandel

385

Manche der untergehenden oder gefährdeten Wörter sind den Schülerinnen und Schülern vermutlich deshalb unbekannt, weil auch die bezeichneten Phänomene nicht mehr existieren (wie Adrema, Band-salat, Diskkamera, Fernschreiber, Ostzone). Andere werden sie nicht kennen, weil die Begriffe in der Alltagssprache nicht mehr verwendet werden (etwa Backfisch, Trottoir, Leumund) und durch andere (z. B. Teenager, Bürgersteig, Ruf) ersetzt wurden.

a Bedeutungen der untergehenden oder gefährdeten Wörter:

Diskkamera Kamera, bei der die Fotos auf einer runden Scheibe belichtet werden

Manggetreide Mischfutter

Mohammedanismus Islam

Schnatz Kopfputz der Braut / der Taufpatin

Stickhusten veraltet für: Keuchhusten

vetterlich wie mit einem Vetter

Backfisch veraltet für: junges Mädchen, Teenager

Bandsalat Störung in einem Tonbandgerät, fehlerhaft abgespultes, verknäultes Band

Fernschreiber ein Übertragungsgerät für schriftliche Dokumente

Hagestolz veraltet für: (alter) Junggeselle

Leumund Ruf

Ostzone veraltet für: sowjetische Besatzungszone (in der Nachkriegszeit)

Trottoir Bürgersteig (frz., in der Schweiz noch verwendet)

In ihren Wörterbucheinträgen sollten die Lernenden Trennfugen, den bestimmten Artikel sowie die En-dungen von Genitiv Singular und Nominativ Plural ergänzen.

a Es wird den Lernenden vermutlich leichter fallen, die Bedeutung der aufgehenden Wörter zu klären:

App Kurzform von application/Applikation: Anwendungsprogramm, das auf Mobiltelefone, Tablets und PCs heruntergeladen werden kann

Arabellion Aufstände und Proteste in arabischen Ländern

bespaßen ugs. für: durch Spaßmachen zufriedenstellen

Bufdi kurz für: Dienstleistender im Bundesfreiwilligendienst

Crossdressing das Tragen von Kleidung und Schmuck des anderen Geschlechts

Digital Native jemand, der mit digitalen Technologien aufgewachsen ist und routiniert damit umgeht

E-Book-Reader digitales Lesegerät (in Buchformat), mit dem E-Books (elektronische Bücher) gelesen werden können

Enkeltrick das Vortäuschen einer Verwandtschaftsbeziehung zu betrügerischen Zwecken („Ihr Enkel steckt in Schwierigkeiten, bitte geben Sie …“)

E-Zigarette zigarettenförmiges elektronisches Gerät, mit dem eine verdampfte, oft nikotinhaltige Substanz inhaliert und so eine dem Rauchen ähnliche Wirkung erzielt wird

Page 13: Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik - … · – untersuchen Beispiele geschlechtergerechter ... Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik 376 11 In aller Munde ... weil es

11 In aller Munde – Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik

386

Finanztransaktions-steuer

Steuer auf bestimmte Finanzgeschäfte (z. B. Aktienhandel)

Flashmob spontane Aktion vieler Menschen, die sich dazu z. B. über soziale Netzwerke verabredet haben

hartzen ugs. für: von Hartz IV leben

Inklusion gleichberechtigte Teilhabe, Einbeziehung (z. B. von behinderten Schülern in den Regelunterricht)

Laubbläser Gerät zum Zusammentragen von Laub mittels Luftstrahl

Rabaukin weibl. Form zu: Rabauke

Vorständin weibl. Form zu: Vorstand

b Im nächsten Schritt systematisieren die Schülerinnen und Schüler die Neuerungen, indem sie die

Beispiele vorgeschlagenen Gruppen zuordnen:

Bezeichnungen für neue Dinge und Phänomene

z. B. App, Arabellion, Bufdi, Crossdressing, Digital Native, E-Book-Reader, Enkeltrick, E-Zigarette, Finanztransaktionssteuer, Flashmob, Inklusion, Laubbläser

Ableitungen aus Nomen

z. B. bespaßen, hartzen

weibliche Formen bekannter Bezeich-nungen

z. B. Rabaukin, Vorständin

Nun erarbeiten die Lernenden Ursachen für das Entstehen und Verschwinden von Wörtern. Vorschlag für ein Tafelbild:

Gründe für die Entstehung neuer Wörter Gründe für den Untergang von Wörtern

– Benennung neuer Phänomene oder Gegen-stände

– Übernahme von Bezeichnungen aus anderen Sprachen (z. B. Anglizismen)

– Neue grammatische Formen werden für nötig erachtet (z. B. Femininum).

– Bildung von Ableitungen aus Sprachkreativität

– Die Phänomene oder Gegenstände existieren nicht mehr (oder nur noch selten).

– Es haben sich andere Bezeichnungen durch-gesetzt.

Mögliche Erklärung, warum viele Menschen glauben, die deutsche Sprache werde immer stärker von Anglizismen geprägt, obwohl deren Anteil seit Jahren konstant bei 3,5 Prozent liegt: – Der Anteil der Anglizismen am Wortschatz allein ist nicht entscheidend für den Eindruck von deren

Häufigkeit. Es könnte sein, dass dieselben Anglizismen sehr häufig verwendet werden und darum der Eindruck entsteht, sie durchsetzten die Sprache.

– Es könnte sein, dass die Kritiker bestimmte/alle Anglizismen als unsinnig empfinden und deren Ge-brauch deshalb kritisieren.

Page 14: Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik - … · – untersuchen Beispiele geschlechtergerechter ... Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik 376 11 In aller Munde ... weil es

11.2 Unser Wortschatz – Sprache im Wandel

387

Kiezdeutsch – Verarmung oder Bereicherung der Sprache? Dieser Abschnitt beschäftigt sich mit einer Art der Jugendsprache, welche sich durch das urbane Zu-sammenleben Jugendlicher unterschiedlicher Sprachen und Kulturen gebildet hat. Nach einer Heranführung an das Thema über verschiedene Sprachbeispiele setzen die Lernenden sich mit den semantischen und grammatikalischen Besonderheiten des Kiezdeutschen auseinander. Sie werden aufgefordert, den Begriff zu definieren und zu seinem Synonym – „Kanak Sprak“ – kritisch Stel-lung zu beziehen, bevor sie abschließend die Bedeutung dieser Art der Jugendsprache für die deutsche Sprache bewerten.

a Übertragung der Dialoge ins Hochdeutsche – Vorschlag für ein Tafelbild:

Kiezdeutsch Hochdeutsch

– Ey, rockst du, Lan? – Hallo, geht es dir gut, Junge (Kerl)?

– Was guckst du? Bin ich Kino? – Warum schaust du mich so an?

– Isch mach disch Messer! – Ich bringe dich um!

– Ey Alter, gestern Lisa. Die ist blond so. Und da stand und hat mir Hand gegeben, wallah.

– Die blonde Lisa hat mir gestern die Hand gege-ben. (Das ist wirklich so passiert!)

– Machst du U-Bahn? – Nimmst du die U-Bahn?

– Geh ich schwimmen mit Freunden. – Ich gehe mit Freunden schwimmen.

– Nee, ich hab Fahrrad. Ich geh Training. – Nein, ich habe mein Fahrrad dabei. Ich gehe zum Training.

– Lassma hier langgehen. – Lass uns hier langgehen.

– Ey, stopp, machst du rote Ampel?! – Halt! Willst du etwa über die rote Ampel gehen?!

b Besonderheiten des Kiezdeutschen:

– neue Ausdrücke: rockst du, Lan, wallah – Lautweglassung am Ende des Wortes: geh, mach, hab – Die Verben verlieren ihre ursprüngliche Bedeutung, der inhaltliche Fokus liegt auf dem Nomen

(„Bleichung“ der Verben), wird hier v. a. am Verb „machen“ deutlich: Machst du U-Bahn, machst du rote Ampel, isch mach disch Messer

– Weglassen von Artikeln: Machst du U-Bahn, machst du rote Ampel, hat mir Hand gegeben, ich hab Fahrrad

– Ortsangaben ohne Artikel und Präposition: Ich geh Training. – Veränderte Wortstellung: Geh ich schwimmen mit Freunden. – Intensitätspartikel „so“: Die ist blond so. – neue Partikel: Lassma – Ich wird zu isch

Martin Klesmann: Isch mach disch Messer

a Kiezdeutsch ist eine deutsche Jugendsprache mit Besonderheiten in Ausdruck, Wortschatz und Grammatik. Es hat sich im engen Kontakt von Jugendlichen unterschiedlicher Herkunft entwickelt.

Page 15: Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik - … · – untersuchen Beispiele geschlechtergerechter ... Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik 376 11 In aller Munde ... weil es

11 In aller Munde – Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik

388

b Bei der Auseinandersetzung mit dieser Fragestellung spielt die individuelle Vorerfahrung der Ler-nenden bzw. ihre Herkunft eine Rolle. Nach einer Phase, in welcher die Spontanäußerungen inner-halb der Klasse abgefragt werden, empfiehlt es sich, zunächst den Begriff „Kanake“ als ein Schimpfwort zu definieren, das in Deutschland für Einwanderer mit südländischem Aussehen ange-wendet wird. Danach kann man in zwei Stufen vorgehen: 1. Macht der Begriff in Hinsicht auf die zuvor herausgearbeitete Definition überhaupt Sinn? Antwort: Nein, denn Wiese sagt, dass das Kiezdeutsch sich als eine Art „Gemeinschaftsprojekt“

(Z. 45 f.) zwischen Jugendlichen deutscher und nicht-deutscher Herkunft entwickelt hat. 2. Darf man einen solchen Ausdruck überhaupt benutzen? (Die Diskussion darüber berührt bereits

den Aspekt der Political Correctness, der in Teilkapitel 11.3 vertiefend behandelt wird.)

Es ist nicht davon auszugehen, dass die deutsche Sprache durch Kiezdeutsch verarmt, denn: – Jugendsprachen hat es schon immer gegeben, das Kiezdeutsche ist nur eine weitere Variante. – Die Sprache entwickelt sich ständig weiter. – Kiezdeutsch ist eine Art „Zweitsprache“, die Jugendlichen beherrschen meist auch Hochdeutsch.

Der Begriff „Freundschaft“ früher und heute Kants Aphorismus, der Song der „Toten Hosen“ und der Screenshot einer Facebook-Seite ermöglichen eine genauere Untersuchung des Begriffs „Freundschaft“ und seiner historischen Veränderungen.

b Zentrale Unterschiede im Verständnis des Begriffs „Freund“: – Kant: Die Merkmale der Freundschaft sind Liebe und Achtung, welche die Freunde sich im glei-

chen Maße entgegenbringen müssen. – Die Toten Hosen: Freundschaft erscheint als Zueinanderstehen (V. 7), sie basiert auf gemein-

samen Zielen und gemeinsamem Handeln (1. Strophe), als ein Vertrauensverhältnis mit fest-stehenden Werten, die nicht in Frage gestellt werden (V. 8).

– Screenshot: In der sozialen Netzwerken ist der Begriff „Freundschaft“ ein völlig anderer: Hier wird die Verbindung in einem sozialen Netzwerk mit dem Begriff „Freund“ belegt – wobei die Zugriffs-möglichkeiten für „Enge Freunde“ andere sind als für „Bekannte“.

Für Kant ist die Voraussetzung der Freundschaft die Liebe. Seine Beschreibung von Freundschaft ent-hält somit noch die ursprüngliche Bedeutung des Wortes. Das Lied der Toten Hosen beschreibt das Gefühl bedingungsloser Zusammengehörigkeit, das auch eine Basis der Liebe ist. Lediglich der Freun-desbegriff der sozialen Netzwerke hat mit Liebe direkt nicht viel zu tun.

a Zuckerberg macht in dem Zitat deutlich, dass der Begriff „Freund“ im sozialen Netzwerk nichts mit Freundschaft zu tun hat, sondern wohl eher eine praktikable Bezeichnung für eine Funktion darstellt.

c Da kaum ein Nutzer die „Freunde“ im sozialen Netzwerk für echte Freunde halten wird, dürfte vielen Schülerinnen und Schülern die Verwendung des Begriffs unproblematisch erscheinen.

Die Maus im Büro – Mehrdeutige Wörter Die Pointe von Witzen beruht oft auf der Mehrdeutigkeit von Schlüsselwörtern. In diesem Kapitel lernen die Schüler Polyseme und Homonyme als zwei Arten von mehrdeutigen Wörtern kennen.

a/b Die Pointe der Witze beruht jeweils auf der Doppeldeutigkeit einzelner Wörter.

Pointe beruht auf Wort (Wortart) Bedeutung 1 Bedeutung 2

Küche (Nomen) Essen Küche als Raum

einschlagen (Verb) einwickeln zerschlagen

(Im) Prinzip (Nomen) eigentlich Prinzip als Name eines Geschäfts

etwas aufhaben (Verb) Hausaufgaben aufhaben etwas auf dem Kopf haben

Page 16: Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik - … · – untersuchen Beispiele geschlechtergerechter ... Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik 376 11 In aller Munde ... weil es

11.2 Unser Wortschatz – Sprache im Wandel

389

a Beispielsätze zu den mehrdeutigen Wörtern: Bremse – Das Auto hatte einen Unfall, weil die Bremse ausgefallen war. – Die Bremsen haben das arme Pferd heute aber arg geplagt. Ball – Der Ball ist rund. – Mit wem gehst du nächste Woche auf den Ball? Ton – Ich kann beim Singen den Ton einfach nicht halten. – Diese Vase habe ich aus Ton gemacht. Veilchen – Die Veilchen blühen. – Wer hat dir denn das Veilchen am Auge verpasst? Pflaster – Auf die Wunde kleben wir besser mal ein Pflaster. – In unserer Straße wird das Pflaster neu gemacht. Becken – Hinein mit dir ins Becken, das Wasser ist gar nicht kalt. – Beim Bauchtanz lässt man das Becken kreisen. Maus – In der Falle sitzt eine kleine graue Maus. – Ohne Maus kann ich den Computer einfach nicht bedienen. Laster – Sonntags dürfen Laster nur mit Sondergenehmigung fahren. – Mein einziges Laster ist das Rauchen. Gericht – Das Gericht schmeckt heute vorzüglich. – Morgen muss ich als Zeuge vor Gericht erscheinen.

b Polyseme: Nadel, Veilchen Homonym: Ball

Teste dich! – Wortbedeutungen im Wandel Mit dem Test können die Schülerinnen und Schüler den erreichten Lernstand anhand von zwei Auszü-gen aus Grimmelshausens „Simplicissimus“ selbst ermitteln.

Die richtigen Lösungen: 1N – 2O – 3H – 4C – 5B – 6O – 7S Lösungswort: obschon

Page 17: Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik - … · – untersuchen Beispiele geschlechtergerechter ... Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik 376 11 In aller Munde ... weil es

11 In aller Munde – Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik

390

11.3 „Political Correctness“? – Fairer Sprachgebrauch

Das Teilkapitel beschäftigt sich zunächst mit der „politischen Korrektheit“ von Sprache und führt damit auf ein Projekt hin. Den Auftakt bilden Beispiele zur geschlechtergerechten Sprache. Die Lernenden sollen für sich eine begründete Einschätzung entwickeln, in welchem Maß beide Geschlechter sprach-lich berücksichtigt werden sollten und wann eine solche Berücksichtigung zu problematischen Formulie-rungen führt. Bezüglich der Geschlechterproblematik folgt ein Exkurs in den englischen Sprachge-brauch sowie eine Reflexion über männliche und weibliche Berufsbezeichnungen in verschiedenen Sprachen. Dann wird die Aufmerksamkeit gelenkt auf häufig diffamierend verwendete Bezeichnungen wie „Zigeuner“, „Neger“ oder „schwul“. An dem Beispiel des Wortes „schwul“ wird dabei die Umwertung von Abwertungsvokabeln eingeführt – das als „Geusenwort-Strategie“ bezeichnete Phänomen, Schimpfwörtern durch die Verwendung als Selbstbezeichnung ihre diffamierende Kraft zu nehmen.

„PC“ – Geschlechtergerechte Sprache a/b Die Bewertung der Sprachbeispiele führt zu individuellen Ergebnissen; allerdings sollten die Ler-

nenden ihre Beurteilung begründen. c Ein Prinzip für die Verwendung männlicher und/oder weiblicher Formen könnte beispielsweise sein,

dass stets beide Geschlechter sprachlich berücksichtigt werden sollten, wenn beide gemeint sind. Ausnahmen könnten erlaubt sein, wenn dadurch sprachliche Konstruktionen entstehen, die kaum noch verständlich oder hochgradig umständlich sind.

Nur männliche oder nur weibliche Formen sollte man dagegen verwenden, wenn es ausschließlich um weibliche oder männliche Personen geht.

a/b Vorschlag für ein Tafelbild:

Bei- spiel

Verstoß gegen Regel

Beispiel für eine Umformulierung

A 1 Unter den 200 Generalen und Generalinnen gibt es allerdings nur eine Frau.

B 1 Unter den 300 Schülerinnen und Schülern / Lernenden sind nur fünf Jungen.

C 3 Wenn Lernende mit ihren Lehrpersonen über ihre Freundinnen und Freunde sprechen, so wundern sich die anderen Lernenden oft.

D 1 Liebe Schülerinnen und Schüler der Klasse 9b!

E 2 Eine Benutzerin der Damentoilette hat ihren Lippenstift vergessen.

F 3 Alle Hochschullehrenden sind mit ihren Partnerinnen und Partnern herzlich willkommen.

G 3 Du findest Frau Müller im Lehrerzimmer.

H 1 Wir suchen: eine Teamassistentin / einen Teamassistenten für unsere Niederlassung in …

Harald Martenstein: Was ist denn so schlimm an dem Wort „Arzthelferin“?

a Die Schülerinnen und Schüler werden den Text wohl eher urteilend und lustig finden: – Textstellen, die ein Urteil zeigen: z. B. Z. 14 f., 33 – Textstellen, die ironisch/lustig wirken: z. B. Z. 10–13, 19 f., 22–24, 40–46

Page 18: Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik - … · – untersuchen Beispiele geschlechtergerechter ... Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik 376 11 In aller Munde ... weil es

11.3 „Political Correctness“? – Fairer Sprachgebrauch

391

b Aussage B trifft zu, denn es wird erkennbar, dass Martenstein die Grundposition politisch korrekter Bezeichnung, nämlich durch die Sprache niemanden zu diskriminieren oder herabzusetzen, ganz of-fenbar für richtig hält (vgl. Textbeginn, Z. 1–4). Er diskutiert lediglich, warum so manche Bezeich-nung als Diskriminierung eingeschätzt wird, obwohl sie in seinen Augen keine ist.

a Mögliche Gedanken in einer Diskussion über die Berechtigung von Martensteins Kritik: Der Vergleich zwischen dem Juden und dem Menschen mit Behinderung beachtet nicht, dass die

Behinderung ein körperliches Merkmal ist, das in dem Begriff „Behinderter“ benutzt wird, um den ganzen Menschen zu bezeichnen. Damit wird das körperliche Merkmal in ganz besonderer Weise betont. Dieses Merkmal ist aber kein beliebiges, sondern hebt ein Defizit hervor.

Möglicherweise finden es die Lernenden herabwürdigend, wenn ihre eigenen körperlichen Eigen-schaften zur Bezeichnung benutzt werden: die Dicke, der Kleine, die Pickligen usw.

b Beispiellösung für einen Leserbrief zu Martensteins Glosse: Harald Martenstein macht sich in seiner Glosse „Was ist denn so schlimm an dem Wort ‚Arzthelfe-

rin‘“? mit Recht über Beispiele lustig, in denen sich das politisch korrekte Sprechen verselbstständigt hat. Damit wird keine Diskriminierung vermieden, aber es werden möglicherweise hochgradig um-ständliche Formulierungen geschaffen. Die Bezeichnung „Menschen mit Behinderung“ gehört allerdings nicht zu diesen Fällen. Das Wort „Behinderter“ bezieht sich erkennbar auf ein Defizit, und zwar auf ein körperliches Defizit. Solch eine Einschränkung zur Bezeichnung eines Menschen zu benutzen, ist etwas anderes, als ihn einen Chemiker oder einen Gärtner zu nennen. Die Bezeichnung „Mensch mit Behinderung“ verdeutlicht hingegen, dass dieser Mensch zwar ein Handicap in einem Bereich hat, aber dass diese Einschrän-kung ihn nicht vollständig ausmacht.

Neighbour, Nachbar, Nachbarin – Sprachen vergleichen

a Beispiele für Berufsbezeichnungen: Teacher – Lehrer/Lehrerin doctor – Arzt/Ärztin programmer – Programmierer/Programmiererin Die Berufsbezeichnungen im Deutschen implizieren in der Regel das Geschlecht, wodurch Formu-

lierungen, die beide Geschlechter ansprechen sollen, entweder das weibliche Geschlecht auslassen – da die männliche Form im allgemeinen Sprachgebrauch auch verallgemeinernd gebraucht wird – oder oft umständlich klingen. Das Deutsche zwingt den Sprecher also zur Genauigkeit, da er durch die Berufsbezeichnung in der Regel auch gleich das Geschlecht mit angibt. Im Englischen gibt es rein sprachlich bei den Berufsbezeichnungen diesen Zwang meist nicht. Es gibt aber auch Ausnah-men, z. B. waiter/waitress – Kellner/Kellnerin.

b Es ist in Bezug auf Berufsbezeichnungen im Englischen sprachlich einfacher, sich geschlechterge-recht auszudrücken, da es nur in Ausnahmefällen unterschiedliche Bezeichnungen für beide Ge-schlechter gibt. Jedoch wird damit die Sprache auch unpräziser und es ergibt sich die Notwendig-keit, die Information über das Geschlecht gesondert anzufügen.

a Vergleich der Bezeichnungen für „Ministerin“ in verschiedenen Sprachen:

Sprache männlich weiblich Kennzeichnung ♀

Deutsch der Minister die Ministerin Suffix „-in“, Artikel

Englisch the minister the minister keine

Französisch le ministre Madame le ministre Zusatz „Madame“

Spanisch el ministro la ministra Endung „-a“, Artikel

Page 19: Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik - … · – untersuchen Beispiele geschlechtergerechter ... Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik 376 11 In aller Munde ... weil es

11 In aller Munde – Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik

392

„PC“ – Eigenbezeichnungen statt Fremdbezeichnungen?

Petra Rosenberg: Sinti und Roma oder Zigeuner?

Petra Rosenberg fordert, dass auch andere die Bezeichnung akzeptieren und verwenden, mit der die Sinti und die Roma sich selbst benennen. Der Begriff „Zigeuner“ wird von ihr abgelehnt, weil er der Bevölkerungsgruppe von außen zugeordnet wurde – und auch deshalb, weil ihn viele Menschen „abfäl-lig“ (Z. 7) gebrauchen und mit negativen Konnotationen (z. B. ohne feste Bleibe, Unehrlichkeit) verbin-den.

Otfried Preußler: Die kleine Hexe

Argumente des Verlags in der Diskussion, ob Wörter wie „Neger“ in Kinderbüchern zu dulden seien: – Der Begriff „Neger“ sei wie andere aus dem Buch „Die kleine Hexe“ getilgte Bezeichnungen im heu-

tigen Sprachgebrauch nicht mehr üblich. – Kinder würden solche Bücher oft allein lesen, sodass sie die Begriffe ohne Erklärung durch Erwach-

sene falsch verstehen könnten (nämlich als übliche oder mögliche Bezeichnung). – Die Begriffe bedeuteten eine Diskriminierung und diese sei zu vermeiden. Denkbare Gegenargumente: – Die Literatur spiegelt mit diesen Begriffen den Geist ihrer Entstehungszeit, in der es keine Sensibili-

tät für diese sprachliche Diskriminierung gab. – Die Bezeichnungen beziehen sich auf Kunstfiguren, die deutlich von realen Menschen unterschie-

den sind.

Und das war auch gut so / „Schwul“ ist für viele Schüler ein Schimpfwort

a Die historische Bedeutung von Klaus Wowereits Aussage „Ich bin schwul, und das ist auch gut so“ besteht darin, dass sich ein führender Politiker selbstbewusst öffentlich als Homosexueller outete und seine Erklärung sich als der richtige Weg erwiesen hat. Gerade der Zusatz „und das ist auch gut so“ macht deutlich, dass Wowereit nichts bekennt, wofür es sich zu schämen gilt. Diese Position war geeignet, das Selbstbewusstsein der Schwulen und Lesben zu stärken.

Wowereit musste befürchten, dass sein Schwulsein auch ohne seine Erklärung bekannt geworden wäre und zu einer herabwürdigenden Berichterstattung über ihn, etwa in Boulevardblättern, geführt hätte.

c Wowereit hat sich selbst als „schwul“ bezeichnet. Damit nahm er Übelwollenden die Möglichkeit, die Bezeichnung als Beleidigung zu benutzen. Das ist Teil der Geusenwort-Strategie. Allerdings diente der Begriff „schwul“ – lange ein Schimpfwort, mit dem Homosexuelle diskriminiert wurden – schon zuvor als Selbstbezeichnung der Schwulen, um der Beleidigung ihre Kraft zu rauben. Insofern ist Wowereits Äußerung kein Beispiel für die Geusenwort-Strategie. Doch wie bei den Geusen war sei-ne Aussage ein Akt, der die eigene Freiheit erhöht.

d Die Geusenwort-Strategie befreit die Menschen davon, sich ohne Gegenwehr diskriminieren lassen zu müssen. Sie befreien sich von der Beleidigung, indem sie diese unmöglich machen.

a Wenn das Wort „schwul“ als Schimpfwort und Beleidigung benutzt wird (wie von vielen Sechstkläss-lern), wird damit Homosexualität abgewertet. Das aber ist Diskriminierung.

b Möglicherweise gehört es zur Identitätsfindung der Sechstklässler, sich von allem abzugrenzen, was als unnormal erscheint. Zudem birgt der Bereich der Sexualität für sie noch viele Rätsel und Tabus, sodass manche den Begriff vielleicht gar nicht mit einer sexuellen Präferenz in Verbindung bringen. Da Zehntklässler in der Identitätsfindung schon weiter sind, benötigen sie nicht mehr solche abwer-tenden Bezeichnungen.

c Dem Text zufolge können Lehrkräfte durch ihr Handeln verdeutlichen, dass sexuelle Vielfalt der Normalfall ist und nicht allein Heterosexualität.

Page 20: Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik - … · – untersuchen Beispiele geschlechtergerechter ... Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik 376 11 In aller Munde ... weil es

11.3 „Political Correctness“? – Fairer Sprachgebrauch

393

Projekt „Bewusster Sprachgebrauch“ Zum Abschluss des Kapitels sind die Schülerinnen und Schüler aufgefordert, im Rahmen eines Projekts eigene Sprachuntersuchungen anzustellen. Die Themen können aus einem breiten Spektrum gewählt werden, das sich jedoch auf die Felder konzentriert, die in diesem Kapitel wichtig sind. Neben Themen-vorschlägen bietet die Seite im Schülerband Hinweise zur Durchführung und zur Präsentation des Projekts.

Material zu diesem Kapitel auf den folgenden Seiten und auf der CD-ROM – Test – Sprachvarietäten und Sprachgebrauch (mit Lösungshinweisen auf der CD-ROM) – Test – Sprache im Wandel (mit Lösungshinweisen auf der CD-ROM) – Projekt – Briefe gestern und heute: Sprache vergleichen

(mit Hinweisen zum Projekt auf der CD-ROM) – Fordern und fördern – Einen Sachtext zum Sprachgebrauch auswerten:

Markus Reiter: Netzsprache – Mehr Vielfalt oder mehr Einfalt? (auf zwei Differenzierungsniveaus, mit Lösungshinweisen auf der CD-ROM)

– Für Profis – Einen Sachtext zum Sprachgebrauch durch Beispiele ergänzen: Markus Reiter: Netzsprache – Mehr Vielfalt oder mehr Einfalt? (mit Lösungshinweisen auf der CD-ROM; zu diesem Arbeitsblatt gehört der Sachtext von der Kopiervorlage „Fordern und fördern“)

– Diagnose – Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik (mit Lösungshinweisen und Förderempfehlung auf der CD-ROM)

Page 21: Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik - … · – untersuchen Beispiele geschlechtergerechter ... Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik 376 11 In aller Munde ... weil es

11 In aller Munde – Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik Deutschbuch 5 Gymnasium Baden-Württemberg

Autor: Frank Schneider

394 Test 1, Seite 1

Kop

ierv

orla

ge

© 2

016

Cor

nels

en V

erla

g G

mbH

, Ber

lin.

Alle

Rec

hte

vorb

ehal

ten.

D

ie V

ervi

elfä

ltigu

ng d

iese

r Sei

te is

t für

den

eig

enen

Unt

erric

htsg

ebra

uch

gest

atte

t. Fü

r inh

altli

che

Ver

ände

rung

en d

urch

Drit

te ü

bern

imm

t der

Ver

lag

kein

e V

eran

twor

tung

.

Test – Sprachvarietäten und Sprachgebrauch Anglizismen untersuchen

a Anglizismen gibt es häufig im Bereich der Wirtschaft (z. B. Manager, Meeting). Notiere drei weitere Bereiche, in denen Anglizismen häufig auftreten:

1. 2. 3. b Gib für die folgenden Anglizismen eine deutsche Übersetzung an.

Screenshot

Primetime

Laptop c Erkläre an einem Beispiel aus Aufgabe 1b den Unterschied zwischen Denotation und Konnotation

eines Wortes.

Beispiel: Denotation:

Konnotationen: Dialekte untersuchen

a Ordne die Redensarten durch Pfeile dem jeweiligen Dialekt zu.

A Jedem Jeck jefällt sing Mötz. Bairisch B Kopf houch, wen da Hois aa dreckad is. Plattdeutsch (Niederdeutsch)

C De Fuhlen drägen sick doot un de Flitigen

lopen sick doot. Ripuarisch (Kölsch)

b Kreuze das Richtige an: Mitteldeutsch spricht man in Bayern. in Norddeutschland. in Hessen.

c Im Niederländischen heißt Wasser „water“. Kreuze die zutreffende Schlussfolgerung an. Daran sieht man, dass das Niederländische mit einer deutschen Dialektgruppe verwandt ist, nämlich mit dem Niederdeutschen. mit dem Mitteldeutschen. mit dem Oberdeutschen.

SMS-Sprache untersuchen

Markiere in der SMS typische Besonderheiten der SMS-Sprache und benenne sie. Zeichne zur Erklärung Pfeile ein.

fehlende/falsche Interpunktion

Page 22: Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik - … · – untersuchen Beispiele geschlechtergerechter ... Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik 376 11 In aller Munde ... weil es

Deutschbuch 5 Gymnasium Baden-Württemberg 11 In aller Munde – Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik

Autor: Frank Schneider Wörterbucheintrag in Aufgabe 1 nach: Duden. Etymologie. Bearbeitet von Günther 395 Test 2, Seite 1

Drosdowski u. a. Dudenverlag, Mannheim/ Wien/Zürich 1963, S. 112 (verändert)

Kop

ierv

orla

ge

© 2

016

Cor

nels

en V

erla

g G

mbH

, Ber

lin.

Alle

Rec

hte

vorb

ehal

ten.

D

ie V

ervi

elfä

ltigu

ng d

iese

r Sei

te is

t für

den

eig

enen

Unt

erric

htsg

ebra

uch

gest

atte

t. Fü

r inh

altli

che

Ver

ände

rung

en d

urch

Drit

te ü

bern

imm

t der

Ver

lag

kein

e V

eran

twor

tung

.

Test – Sprache im Wandel

Bedeutungswandel untersuchen

Dirne, w: Das auf das deutsche und niederländische Sprachgebiet beschränkte Wort, mittelhochdeutsch dierne, geht zurück auf germanisch bewerno „Jungfrau, Mädchen“. Im Mittelalter wurde das Wort dann auch im Sinne von „Dienerin, Magd“ verwendet. Im 16. Jahrhundert gelangte es zu der heutigen Bedeu-tung „Prostituierte, Hure“. a Lies den Text und streiche unten die falschen Angaben zur Quelle: Der Eintrag stammt aus dem Rechtschreibduden / einem etymologischen Wörterbuch / einem

Fremdwörterbuch.

b Welche Aussagen treffen zu? Kreuze an:

A Wenn man im Mittelalter „Dirne“ sagte, konnte man damit „Mädchen“ oder auch „Dienerin“ meinen.

B Wenn man im um 1400 „Dirne“ sagte, meinte man damit vermutlich keine Prostituierte.

C Die bairische Bezeichnung „Dirndl“ (Mädchen, auch: trachtenartiges Kleid) knüpft an die ursprüngliche Bedeutung des Wortes „Dirne“ an.

D Das Wort „Dirne“ wird in Deutschland und den Niederlanden seit dem 16. Jahrhundert nicht mehr verwendet.

c Im norddeutschen Dialekt wird ein junges Mädchen „Deern“ genannt. Erläutere dies.

Grammatische Veränderungen untersuchen

a In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts sagte man noch „er krisch“. Heute heißt es „er kreischte“. Kreuze an, welcher Satz den Sprachwandel richtig beschreibt:

„Kreischen“ hat sich von einem schwachen Verb zu einem starken Verb gewandelt.

„Kreischen“ hat sich von einem starken Verb zu einem schwachen Verb gewandelt.

„Kreischen“ kann heute stark und schwach konjugiert (gebeugt) werden.

b Hier siehst du einen Teil des Wörterbucheintrags „saugen“. Erläutere die markierte Stelle.

sau|gen; du saugst; du sogst, auch saugtest; gesogen, auch gesaugt

Die Sprache in einem älteren literarischen Text verstehen

Übersetze den Satz aus Goethes „Die Leiden des jungen Werther“ in heutiges Deutsch.

Ich sitze in meinem Jammer, ich harre auf den Morgen.

Page 23: Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik - … · – untersuchen Beispiele geschlechtergerechter ... Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik 376 11 In aller Munde ... weil es

11 In aller Munde – Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik Deutschbuch 5 Gymnasium Baden-Württemberg

Autor: Frank Schneider Illustration: Nils Fliegner, Hamburg 396 KV 35, Seite 1

Kop

ierv

orla

ge

© 2

016

Cor

nels

en V

erla

g G

mbH

, Ber

lin.

Alle

Rec

hte

vorb

ehal

ten.

D

ie V

ervi

elfä

ltigu

ng d

iese

r Sei

te is

t für

den

eig

enen

Unt

erric

htsg

ebra

uch

gest

atte

t. Fü

r inh

altli

che

Ver

ände

rung

en d

urch

Drit

te ü

bern

imm

t der

Ver

lag

kein

e V

eran

twor

tung

.

Projekt – Briefe von gestern und heute: Sprache vergleichen

Friedrich Ludwig Jahn [„Turnvater Jahn“] an Ernst Moritz Arndt

Trantow den 4ten Nov. [1811] H[errn] E[rnst] M[oritz] Arndt Auf einer deinetwegen gemachten Umreise, suche ich Dich schon zwei Tage vergebens, und kann Dir aus Trantow leider nichts als meinen schriftlichen Gruß hinterlassen. Dir nach Rügen zu folgen ist mei-ne Zeit zu kurz. Ich gehe wieder nach Berlin zurück, wo ich nicht weit von der Schleusenbrücke, Un-terwasser Straße No. 7, wohne. Reimer’s Kinder kommen täglich in das Haus. […] Die Zeit über, daß wir uns nicht sahen, habe ich recht tüchtig geschulmeistert. Diesen Sommer habe ich in Berlin eine Gesellschaft für Leibesübungen gestiftet, woran Mitglieder aller 5 Gymnasien von Prima bis Sexta Theil nehmen, außerdem andere Schüler, selbst Studenten und andere junge Leute. Da diese Gesellschaft kein anderes Einkommen hat, als die Beiträge ihrer Mitglieder, so werden Marken ausge-geben, von denen ich Dir Eine überschicke. Laß mir doch gelegentlich wissen, welche Äste und Zweige das alten Stammwort Turn in den Nordi-schen Schwestersprachen getrieben, und welche davon noch leben.1 Stur, kampfstark; ansturen, mit ei-nem Kampfblick ansehen; Sturm, die höchste Kraftäußerung lebender und todter Gewalten, sind ja bei uns noch Erinnerungen alter Zeiten. Im Allemannischen heißt Torner (Tyro) ein Kriegslehrling. Turner, ist ein bekanntes Deutsches Geschlecht. Solltest du wirklich nach der Donau ziehen, so laß mir den 2ten Theil deines Posaunenrufs2, wie ich es am liebsten nenne. So viel bin ich Dir doch wohl auch werth, wie der Hauptmann v. Horn? Kommst Du nach Berlin, so gehe ja nicht [an] dem Vertheidiger von Colberg vorbei. Du hältst nicht viel von Berlin; es ist seit Deiner Abreise merkl. Deutscher dort geworden. […] Schreib mir wenn Du Zeit und Lust hast unter dem Umschlag: „Glasmeister Strecker zu Klockow, über Strelitz“3. Lebe wohl. Auf Wiedersehen. Friedrich Ludwig Jahn.

(Aus: Hellmuth Karasek (Hg.): Briefe bewegen die Welt. Bd. 4: Triumphe und Tragödien des Sports. Te Neues, Kempen 2012, S. 13 f.)

1 in den Nordischen Schwestersprachen getrieben …: Arndt hatte bis 1809 in Schweden im Exil gelebt. 2 Posaunenruf: vermutlich eine Anspielung auf den zweiten Teil von Arndts Werk „Geist der Zeit“ (1809) 3 Strelitz: Ort im heutigen Brandenburg

5

10

15

20

Page 24: Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik - … · – untersuchen Beispiele geschlechtergerechter ... Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik 376 11 In aller Munde ... weil es

Deutschbuch 5 Gymnasium Baden-Württemberg 11 In aller Munde – Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik

Autor: Frank Schneider

397 KV 35, Seite 2

Kop

ierv

orla

ge

© 2

016

Cor

nels

en V

erla

g G

mbH

, Ber

lin.

Alle

Rec

hte

vorb

ehal

ten.

D

ie V

ervi

elfä

ltigu

ng d

iese

r Sei

te is

t für

den

eig

enen

Unt

erric

htsg

ebra

uch

gest

atte

t. Fü

r inh

altli

che

Ver

ände

rung

en d

urch

Drit

te ü

bern

imm

t der

Ver

lag

kein

e V

eran

twor

tung

.

Lausanne-Sports an Herrn Biedermann in Sachen Uwe Seeler

Herrn Biedermann c/o Frumentum G.m.b.H. Hamburg 36

Lausanne, 3. Mai 1954 Sehr geehrter Herr Biedermann, Sie werden überrascht sein, wenn wir uns erlauben, mit einem Begehren an Sie zu gelangen. Sie werden sich aber wohl noch gut an Ihren Aufenthalt in Lausanne erinnern und wir hoffen, dass Sie hierorts an-genehme Stunden verlebt haben. Nun zur Sache. Wir wären Ihnen zu Dank verpflichtet, wenn Sie sich der unterstehenden Angelegenheit annehmen könnten. Es würde sich darum handeln, den Kontakt mit einem jungen deutschen Spieler, den wir wenn möglich nach Lausanne kommen lassen möchten, herzustellen. Es handelt sich um Uwe Seeler. Der Mann spielte kürzlich in der deutschen Junioren-Nationalmannschaft, die den FIFA-Final gegen Spani-en bestritt. Er ist Mittelstürmer und Mitglied des Hamburger Sportvereins. Es dürfte sich zweifelsohne um einen talentierten Spieler handeln. Es wäre nun abzuklären, ob der junge Mann sich für einen Schweizer Aufenthalt entschliessen und in die Reihen des Lausanne-Sports treten könnte. Es wäre viel-leicht tunlich, sich mit den Eltern des jungen Mannes in Verbindung zu setzen und zu sondieren. Es wä-re für uns auch interessant zu wissen, ob der Mann berufstätig ist, was er für ein Handwerk betreibt und ob er Student ist. Wir möchten diesbezüglich sofort einwenden, dass wir dem Mann so oder so behilf-lich sein könnten. Er kann in Lausanne die Studien fortsetzen oder auch hier in Arbeit treten. Es wird uns gelingen, ihm ebenso gute Lebensbedingungen zu bieten (wenn nicht noch bessere), wie in Ham-burg. Dabei hätte er im weitern die Möglichkeit, die französische Sprache zu erlernen. Wäre es Ihnen möglich, in diesem Sinne für uns etwas zu tun und uns möglichst bald Mitteilung zu ma-chen, ob wir vielleicht direkt mit Herrn Seeler in Verbindung treten könnten. Wir würden die Möglich-keit eines Arrangements und diejenige eines Transfers nach Lausanne prüfen. Wir würden natürlich Ih-re Spesen vergüten. Wir interessiren uns für diesen Spieler, speziell wegen seines jungen Alters. Wir benötigen für unsere erste Mannschaft (die in dieser Saison wieder eine hervorragende Rolle gespielt hat) einen qualifizierten Spieler, der den Posten eines Mittel- oder Innenstürmers ausfüllen könnte, wo-bei wir, wie schon erwähnt, erklären, dass wir Herrn Seeler mit sehr günstigen Vorschlägen aufwarten können. Wir hoffen gerne, dass Sie uns diesen Dienst erweisen können; wir danken Ihnen zum voraus für Ihre geschätzten Bemühungen und für Ihre Intervention. Wir gewärtigen gerne Ihre freundliche Nachrichten. Wollen Sie bitte Ihre Zeilen an Herrn Robert Pache, Prêts-Crédits Galeries St-Francois A in Lausanne richten. Mit vorzüglicher Hochachtung Für die Technische Kommission des LAUSANNE-Sport: R. Pache

(Aus: Hellmuth Karasek (Hg.): Briefe bewegen die Welt. Bd. 4: Triumphe und Tragödien des Sports. Te Neues, Kempen 2012, S. 38 f.)

Lies die Briefe von Friedrich Ludwig Jahn und von Herrn Pache aus Lausanne. a Markiere Stellen, die in einer Sprache formuliert sind, die man heute bei uns nicht verwenden würde. b „Übersetze“ einige dieser Stellen in heutiges Deutsch. Schreibe in dein Heft oder auf die Rückseite

dieses Blattes.

5

10

15

20

25

30

Page 25: Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik - … · – untersuchen Beispiele geschlechtergerechter ... Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik 376 11 In aller Munde ... weil es

11 In aller Munde – Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik Deutschbuch 5 Gymnasium Baden-Württemberg

Autor: Frank Schneider

398 KV 35, Seite 3

Kop

ierv

orla

ge

© 2

016

Cor

nels

en V

erla

g G

mbH

, Ber

lin.

Alle

Rec

hte

vorb

ehal

ten.

D

ie V

ervi

elfä

ltigu

ng d

iese

r Sei

te is

t für

den

eig

enen

Unt

erric

htsg

ebra

uch

gest

atte

t. Fü

r inh

altli

che

Ver

ände

rung

en d

urch

Drit

te ü

bern

imm

t der

Ver

lag

kein

e V

eran

twor

tung

.

Führt in Gruppen oder im Team eigene Sprachuntersuchungen zum Thema „Briefe von gestern und heute – Sprache vergleichen“ durch. Geht so vor:

1. Schritt: Planung

a Sucht einen Bereich, aus dem ihr Briefe untersuchen möchtet, z. B. Sport, Literatur, Politik, Privat-briefe.

b Sammelt in einem Brainstorming Ideen und Fragestellungen zum Thema, z. B.: – Wie hat sich die äußere Form der Briefe verändert? – Welche Wörter oder Formulierungen aus früheren Briefen klingen heute ungewöhnlich? – Hat sich die Bedeutung mancher Begriffe verändert? – Welche heute verwendeten Begriffe kommen in älteren Briefen nicht vor? – Wie hat sich der Satzbau gewandelt? – Gibt es stilistische Besonderheiten alter und neuerer Briefe?

c Klärt, wie ihr die Ergebnisse eures Projekts präsentieren wollt, z. B.: – mediengestützter Vortrag in der Klasse – Gestaltung eines Plakats – Kurzfilm mit erläuterten Briefbeispielen

d Plant die notwendigen Schritte und den zeitlichen Ablauf. Erstellt z. B. einen Arbeitsplan und verteilt die Aufgaben.

2. Schritt: Durchführung

a Führt eigene Recherchen zum Thema durch: – Sucht nach möglichst vielen älteren Briefen aus dem Bereich, den ihr gewählt habt. Beginnt im

Internet, sucht aber auch in Büchern und Bibliotheken. TIPP: Ihr könnt die folgende dreibändige Briefsammlung benutzen: Hellmuth Karasek (Hg.): Briefe bewegen die Welt. Te Neues, Kempen 2012

– Sucht aktuelle Briefe aus dem von euch gewählten Bereich – möglichst solche, die ähnliche Themen haben wie die alten.

b Wertet das Material mit Blick auf eure Fragestellung und eure Präsentation aus. Betrachtet eure Rechercheergebnisse aus der Sicht eurer Adressaten: Was interessiert sie?

c Gliedert das Material und bringt die Ergebnisse auf den Punkt. d Erstellt euer Produkt bzw. eure Präsentation. Unterscheidet zwischen Information und Bewertung.

Denkt an konkrete Sprachbeispiele. e Unterzieht euer Produkt einer kritischen Prüfung. Zeigt es Profis, holt ein Feedback ein und über-

arbeitet es anschließend.

3. Schritt: Präsentation

a Präsentiert die Projektergebnisse. Denkt daran, dass ihr für die Adressaten präsentiert. b Klärt abschließend Fragen, die offengeblieben sind. Holt euch eine Rückmeldung ein. Wertet euer

Projekt aus.

Page 26: Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik - … · – untersuchen Beispiele geschlechtergerechter ... Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik 376 11 In aller Munde ... weil es

Deutschbuch 5 Gymnasium Baden-Württemberg 11 In aller Munde – Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik

Autor: Frank Schneider Illustration: Nils Fliegner, Hamburg 399 KV 36, Seite 1

Kop

ierv

orla

ge

© 2

016

Cor

nels

en V

erla

g G

mbH

, Ber

lin.

Alle

Rec

hte

vorb

ehal

ten.

D

ie V

ervi

elfä

ltigu

ng d

iese

r Sei

te is

t für

den

eig

enen

Unt

erric

htsg

ebra

uch

gest

atte

t. Fü

r inh

altli

che

Ver

ände

rung

en d

urch

Drit

te ü

bern

imm

t der

Ver

lag

kein

e V

eran

twor

tung

.

Fordern und fördern – Einen Sachtext zum Sprachgebrauch auswerten

Markus Reiter Netzsprache – Mehr Vielfalt oder mehr Einfalt? (2013)

Achtung, es folgt jetzt eine kurze, aber mühsam zu lesende Passage: „Anitzo scheinet es, daß bey uns übel ärger worden und hat der Mischmasch abscheulich überhand genommen, also daß die Prediger auf der Canzel, der Sachwalter auf der Canzley, der Bürgersmann im Schreiben und Reden, mit erbärmlichen Französischen sein Teutsches verderbet. [. . .] Gleichwohl wäre es ewig Schade und Schande, wenn unsere Haupt- und Helden-Sprache dergestalt durch unsere Fahrlässigkeit zu Grunde gehen sollte, so fast nichts Gutes schwanen machen dörfte.“ So wür-de sich heute niemand mehr ausdrücken. Kein Wunder, denn diese Klage schrieb der Univer-salgelehrte Gottfried Wilhelm Leibniz bereits im Jahre 1682 – sie ist ein sehr frühes Beispiel für populäre Sprachkritik. Grammatik und Wortschatz wandeln sich mit der Zeit. Sehr deutlich wird das an diesem Beispiel: „fater unseer, thu pist in himile, uuihi namun di-nan, qhueme rihhi din, uuerde uuillo diin, so in himile sosa in erdu.“ Ein heutiger Leser kann diesen althochdeutschen Satz aus dem achten Jahrhundert nur mit Mühe als Vaterunser erken-nen. Inhaltlich stimmen viele Deutsche Leibniz

zu. Einer Umfrage im Auftrag der Gesellschaft für deutsche Sprache zufolge fürchten 65 Prozent der Deutschen, die Sprache verkomme immer mehr. Organisationen wie der Verein Deutsche Sprache (VDS), Ausrichter der Podiumsdiskus-sion „Medienkompetenz gut, Deutschkenntnisse ungenügend – wie ist es um die Bildung be-stellt?“ am Dienstag in Halle, pflichten der Kritik bei. Sie konzentrieren sich auf zwei Punkte. Gefahr im Verzug Der erste lautet, dass das Deutsche durch eng-lischsprachige Wörter, so genannte Anglizismen, überflutet werde und dabei seine Identität verlie-re. Es bilde sich eine Mischsprache, das „Dengli-sche“. Ein Satz wie „Erfolgreiche Consultingpro-jekte im Business-Continuity- und Disaster-Recovery-Bereich benötigen zwingend Ma-nagement-Attention“, mit dem eine Schweizer Unternehmensberatung für sich wirbt, kann in der Tat nur Kopfschütteln auslösen. Der VDS-Vorsitzende Walter Krämer kritisierte, dass ein neues Wohnquartier in Düsseldorf „Urban Parklane“ genannt werde und man dort „Seaside Flats“ offeriere. Die englische Zeitung „Times“

5

10

15

20

25

30

35

40

45

Page 27: Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik - … · – untersuchen Beispiele geschlechtergerechter ... Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik 376 11 In aller Munde ... weil es

11 In aller Munde – Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik Deutschbuch 5 Gymnasium Baden-Württemberg

Autor: Frank Schneider

400 KV 36, Seite 2

Kop

ierv

orla

ge

© 2

016

Cor

nels

en V

erla

g G

mbH

, Ber

lin.

Alle

Rec

hte

vorb

ehal

ten.

D

ie V

ervi

elfä

ltigu

ng d

iese

r Sei

te is

t für

den

eig

enen

Unt

erric

htsg

ebra

uch

gest

atte

t. Fü

r inh

altli

che

Ver

ände

rung

en d

urch

Drit

te ü

bern

imm

t der

Ver

lag

kein

e V

eran

twor

tung

.

bezeichne dies als „sprachliche Unterwürfig-keit“, so der VDS. Allerdings gebrauchte das Blatt die Formulierung nur ein einziges Mal – in einem Artikel 1960. Der Sprachwissenschaftler Peter Eisenberg von der Universität Potsdam schätzt die Zahl der Anglizismen im Deutschen auf etwas mehr als 11. 000. Der Gesamtwortschatz umfasse fünf Millionen Wörter. Noch Anfang des letzten Jahrhunderts wurden nur 3,7 Millionen Wörter verwendet, heißt es im „Bericht zur Lage der Deutschen Sprache“ der Akademie für Sprache und Dichtung. Er wurde Anfang März der Öf-fentlichkeit präsentiert. Dennoch sieht der VDS Gefahr in Verzug. Er hat einen Anglizismenindex ins Netz gestellt, der vor vielen englischen Wörtern warnt, die im Begriff seien, ihre deutschen Entsprechungen zu ver-drängen. „Viele der vom VDS monierten Anglizismen werden außerhalb von Marketing und Werbung kaum verwendet“, sagt hingegen der Linguist Thomas Niehr, der sich an der  Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen mit populärer Sprachkritik beschäftigt. Zumal dienten viele von ihnen der Differenzierung. Ein Nerd ist eben nicht nur ein „Sonderling“ oder „Einfaltspinsel“. Die VDS-Bemühungen sind keine neue Erschei-nung. Die Schriftsteller Philipp von Zesen im 17. und Joachim Heinrich Campe im 18. Jahrhundert schlugen unzählige Übersetzungen für Lehnwör-ter vor, die damals vor allem aus dem Griechi-schen, Latein und dem Französischen kamen.

Aus Parterre sollte Erdgeschoss werden, aus Ho-rizont Gesichtskreis, aus Bibliothek Bücherei und aus Karikatur Zerrbild. Vielfach haben beide Wörter überlebt, zum Teil jedoch mit unter-schiedlicher Bedeutung. Verarmung oder Sprachwandel? Der zweite Vorwurf lautet, die Grammatik ver-flache durch Twitter, SMS und Facebook. „Die deutsche Sprache wird immer weniger gepflegt“, beklagte jüngst der Vorsitzende des Recht-schreibrates, Hans Zehetmair. Sie werde in den neuen Medien vereinfacht und ohne Kreativität wiedergekäut. In der Tat bestätigen Wissen-schaftler, dass die grammatische Vielfalt ab-nimmt. „Starke Konjunktive wie ‚hülfe‘ benutzt kaum noch jemand“, sagt Professor Niehr. Sie werden durch Konstruktionen mit „würde“ er-setzt. Auch ließen sich Genitiv und Dativ selte-ner unterscheiden. Dies sei aber Teil einer jahr-hundertelangen Entwicklung, nach der die ge-sprochene Sprache nach Vereinfachung strebe. Wie bei den grammatischen Fällen: Der indo-germanische Instrumentalis, der im Althochdeut-schen noch erkennbar war, verschmolz mit der Zeit mit dem Dativ. Statt von Verarmung spre-chen die Experten deshalb lieber vom Sprach-wandel. Den hat der amerikanische Linguist John McWhorter einmal sehr poetisch so beschrieben: „Sprache gleicht den Wolken. Wir schauen auf Wolkengebilde am Himmel und wissen, dass sie flüchtig sind. Wenn wir eine Stunde später wie-der nach oben blicken, werden sie mit großer Si-cherheit anders aussehen.“

(Quelle: stuttgarter-zeitung.de, 12.03.2013, http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.netzsprache-mehr-vielfalt-oder-mehr-einfalt. 3c7c2b45-a372-4684-bf9f-e74ace10bc3b.html, Stand 15.02.2015)

50

55

60

65

70

75

80

85

90

95

100

105

110

115

Page 28: Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik - … · – untersuchen Beispiele geschlechtergerechter ... Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik 376 11 In aller Munde ... weil es

Deutschbuch 5 Gymnasium Baden-Württemberg 11 In aller Munde – Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik

Autor: Frank Schneider

401 KV 36, Seite 3

Kop

ierv

orla

ge

© 2

016

Cor

nels

en V

erla

g G

mbH

, Ber

lin.

Alle

Rec

hte

vorb

ehal

ten.

D

ie V

ervi

elfä

ltigu

ng d

iese

r Sei

te is

t für

den

eig

enen

Unt

erric

htsg

ebra

uch

gest

atte

t. Fü

r inh

altli

che

Ver

ände

rung

en d

urch

Drit

te ü

bern

imm

t der

Ver

lag

kein

e V

eran

twor

tung

.

Lies den Text „Netzsprache – Mehr Vielfalt oder mehr Einfalt?“.

Im Titel wird eine Frage gestellt. Betrachte den Text unter dem Blickwinkel dieser Frage. a Erkläre, wie der Verein Deutsche Sprache (VDS) die Frage im Titel beantworten würde. Kreuze Zutreffendes an und begründe dein Ergebnis anhand konkreter Textstellen.

Der VDS kritisiert einen angeblichen Sprachverfall und sieht die Netzsprache als ein Beispiel für „mehr Einfalt“.

Der VDS sieht die Sprachentwicklung als normalen Prozess und die Netzsprache als eine Bereiche-rung der Vielfalt.

Beleg: Z. – , – b Stelle dar, welche Meinung der Autor Markus Reiter zur Position des VDS hat. Stimmt er ihr zu oder

steht er ihr eher kritisch gegenüber? Begründe anhand mehrerer Textstellen. Ergänze die Sätze.

.

. Im Text (Z. 35–104) werden zwei zentrale Kritikpunkte am heutigen Deutsch angeführt. a Nenne die beiden Aspekte (jeweils mit Zeilenangabe).

1.

2. b Notiere, für welchen der beiden Aspekte im Text Beispiele gegeben werden, und zitiere diese.

Gerade der letzte Absatz (Z. 105–106) zeigt eindeutig die Position des Autors zum Sprachwan-

del: Er sieht ihn ganz offenbar

Auch die Tatsache, dass er zu jedem Argument des VDS immer sogleich ein Gegenargument

eines Experten anführt (vgl. z. B. Z. – oder Z. – ), verdeutlicht, dass

Beispiele werden für genannt, und zwar

Page 29: Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik - … · – untersuchen Beispiele geschlechtergerechter ... Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik 376 11 In aller Munde ... weil es

11 In aller Munde – Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik Deutschbuch 5 Gymnasium Baden-Württemberg

Autor: Frank Schneider

402 KV 36, Seite 4

Kop

ierv

orla

ge

© 2

016

Cor

nels

en V

erla

g G

mbH

, Ber

lin.

Alle

Rec

hte

vorb

ehal

ten.

D

ie V

ervi

elfä

ltigu

ng d

iese

r Sei

te is

t für

den

eig

enen

Unt

erric

htsg

ebra

uch

gest

atte

t. Fü

r inh

altli

che

Ver

ände

rung

en d

urch

Drit

te ü

bern

imm

t der

Ver

lag

kein

e V

eran

twor

tung

.

c Im Text kommen an insgesamt drei Stellen die Sprachwissenschaftler Peter Eisenberg und Thomas Niehr zu Wort. Nenne ihre Argumente, gib die Zeilenzahl an und begründe, welche Funktion diese Hinweise der Sprachwissenschaftler im Text haben. Orientiere dich an dem Beispiel.

Autor / Argument Zeilen Funktion: Mit diesem Hinweis des Sprachwissen-schaftlers macht Markus Reiter deutlich,

Eisenberg: Es gibt unter fünf Millionen Wörtern nur etwa 11.000 Anglizismen. Zugleich ist der Wortschatz in den letz-ten hundert Jahren deutlich gewachsen.

dass der Anteil der Anglizismen am Gesamtwortschatz relativ gering ist und von einer Überflutung des Deutschen deshalb keine Rede sein kann. Er ent-kräftet also das Argument des VDS (Z. 36–49).

Niehr:

dass die Anglizismen keineswegs ...

dass die beklagte Vereinfachung der Grammatik eine normale ...

Untersuche die ersten beiden Absätze des Textes (Z. 1–34). a Erkläre, welche Funktion die beiden Zitate aus dem Jahr 1682 und aus dem achten Jahrhundert ha-

ben. Ordne die passenden Erläuterungen durch Pfeile zu.

Funktion des Zitats in Z. 2–12

Dies führt vor Augen, dass heutige Sprachkritiker sich auf Gelehrte früherer Jahrhunderte berufen und ihre Kritik sogar mit religiösen Texten belegen können.

Dies zeigt, dass sich die Sprache seit damals sehr verändert hat und unser gegenwärtiges Deutsch das Ergebnis eines umfassenden Sprachwandels ist, den alle akzeptieren.

Funktion des Zitats in Z. 20–22

Dieses Zitat verdeutlicht, dass es schon vor Jahrhunderten Kritik am Sprachwandel gab und Sprachveränderungen of-fenbar immer wieder zu Kritik führen.

Page 30: Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik - … · – untersuchen Beispiele geschlechtergerechter ... Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik 376 11 In aller Munde ... weil es

Deutschbuch 5 Gymnasium Baden-Württemberg 11 In aller Munde – Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik

Autor: Frank Schneider

403 KV 36, Seite 5

Kop

ierv

orla

ge

© 2

016

Cor

nels

en V

erla

g G

mbH

, Ber

lin.

Alle

Rec

hte

vorb

ehal

ten.

D

ie V

ervi

elfä

ltigu

ng d

iese

r Sei

te is

t für

den

eig

enen

Unt

erric

htsg

ebra

uch

gest

atte

t. Fü

r inh

altli

che

Ver

ände

rung

en d

urch

Drit

te ü

bern

imm

t der

Ver

lag

kein

e V

eran

twor

tung

.

b Gib das erste Zitat in modernen Worten wieder. Ergänze den folgenden Text.

Beziehe selbst Position: Welche Gedanken aus dem Text überzeugen dich, welche weniger?

Derzeit hat man den Eindruck, dass die Situation bei uns viel schlimmer geworden ist und die

sprachlichen Vermischungen deutlich zugenommen haben: Sogar

verderben ihr Deutsch mit einem schlechten . Aber es wäre wirklich

höchst bedauerlich und eine Schande, wenn unsere schöne Sprache

Page 31: Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik - … · – untersuchen Beispiele geschlechtergerechter ... Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik 376 11 In aller Munde ... weil es

11 In aller Munde – Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik Deutschbuch 5 Gymnasium Baden-Württemberg

Autor: Frank Schneider

404 KV 36, Seite 6

Kop

ierv

orla

ge

© 2

016

Cor

nels

en V

erla

g G

mbH

, Ber

lin.

Alle

Rec

hte

vorb

ehal

ten.

D

ie V

ervi

elfä

ltigu

ng d

iese

r Sei

te is

t für

den

eig

enen

Unt

erric

htsg

ebra

uch

gest

atte

t. Fü

r inh

altli

che

Ver

ände

rung

en d

urch

Drit

te ü

bern

imm

t der

Ver

lag

kein

e V

eran

twor

tung

.

Lies den Text „Netzsprache – Mehr Vielfalt oder mehr Einfalt?“.

Im Titel wird eine Frage gestellt. Betrachte den Text unter dem Blickwinkel dieser Frage.

a Erkläre, wie der Verein Deutsche Sprache (VDS) die Frage im Titel beantworten würde. Begründe dein Ergebnis anhand konkreter Textstellen.

b Stelle dar, welche Meinung der Autor Markus Reiter zur Position des VDS hat. Stimmt er ihr zu oder

steht er ihr eher kritisch gegenüber? Begründe anhand mehrerer Textstellen.

Im Text werden zwei zentrale Kritikpunkte am heutigen Deutsch angeführt. a Nenne die beiden Aspekte (jeweils mit Zeilenangabe).

1.

2. b Notiere, für welchen der beiden Aspekte im Text Beispiele gegeben werden, und zitiere diese.

Der VDS

Beispiele werden für genannt, und zwar

Page 32: Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik - … · – untersuchen Beispiele geschlechtergerechter ... Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik 376 11 In aller Munde ... weil es

Deutschbuch 5 Gymnasium Baden-Württemberg 11 In aller Munde – Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik

Autor: Frank Schneider

405 KV 36, Seite 7

Kop

ierv

orla

ge

© 2

016

Cor

nels

en V

erla

g G

mbH

, Ber

lin.

Alle

Rec

hte

vorb

ehal

ten.

D

ie V

ervi

elfä

ltigu

ng d

iese

r Sei

te is

t für

den

eig

enen

Unt

erric

htsg

ebra

uch

gest

atte

t. Fü

r inh

altli

che

Ver

ände

rung

en d

urch

Drit

te ü

bern

imm

t der

Ver

lag

kein

e V

eran

twor

tung

.

c Im Text kommen die Sprachwissenschaftler Peter Eisenberg und Thomas Niehr zu Wort. Nenne ihre Argumente, gib die Zeilenzahl an und begründe, welche Funktion diese Hinweise im Text haben.

Autor / Argument Zeilen Funktion: Mit diesem Hinweis des Sprachwissen-schaftlers macht Markus Reiter deutlich,

Eisenberg:

Niehr:

Untersuche die ersten beiden Absätze des Textes (Z. 1–34). a Gib die Textstellen der beiden Zitate aus dem Jahr 1682 und aus dem achten Jahrhundert an und

erläutere, welche Funktion die Zitate im Text haben.

.

. b Gib das erste Zitat in modernen Worten wieder. Schreibe in dein Heft oder auf die Rückseite dieses

Arbeitsblatts.

Beziehe selbst Position: Welche Gedanken aus dem Text überzeugen dich, welche weniger? Schreibe in dein Heft oder auf die Rückseite dieses Arbeitsblatts.

Das Zitat in den Zeilen bis verdeutlicht

Das Zitat in den Zeilen bis zeigt

Page 33: Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik - … · – untersuchen Beispiele geschlechtergerechter ... Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik 376 11 In aller Munde ... weil es

11 In aller Munde – Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik Deutschbuch 5 Gymnasium Baden-Württemberg

Autor: Frank Schneider

406 KV 37, Seite 1

Kop

ierv

orla

ge

© 2

016

Cor

nels

en V

erla

g G

mbH

, Ber

lin.

Alle

Rec

hte

vorb

ehal

ten.

D

ie V

ervi

elfä

ltigu

ng d

iese

r Sei

te is

t für

den

eig

enen

Unt

erric

htsg

ebra

uch

gest

atte

t. Fü

r inh

altli

che

Ver

ände

rung

en d

urch

Drit

te ü

bern

imm

t der

Ver

lag

kein

e V

eran

twor

tung

.

Für Profis – Einen Sachtext zum Sprachgebrauch durch Beispiele ergänzen

Markus Reiter: Netzsprache – Mehr Vielfalt oder mehr Einfalt?

Lies den Text „Netzsprache – Mehr Vielfalt oder mehr Einfalt?“ von Markus Reiter.

Ergänze kleine Absätze, die den Text durch Beispiele bereichern. Gehe so vor:

a Unten findest du einen Ausschnitt aus dem Anglizismenindex des Vereins Deutsche Sprache (VDS). Der Index verzeichnet Anglizismen, die in der deutschen Allgemeinsprache verwendet werden, er benennt Synonyme oder Vorschläge für deutsche Entsprechungen. Er versteht sich als Orientie-rungshilfe für alle, die englische Ausdrücke nicht verstehen oder in eigenen Texten ablehnen.

Schreibe als Ergänzung zu dem Artikel von Markus Reiter einen kurzen Absatz in dein Heft, in dem du die folgenden Beispiele aus dem Anglizismenindex nutzt und kommentierst. Notiere am Schluss, wo dein Text in dem Artikel von Markus Reiter stehen könnte.

Anglizismus Einstufung* deutsche Entsprechung

LAN party 2 Spielertreffen auf vernetzten Rechnern

Ketchup, Ketschup 1 Würzsauce (auf Tomantenbasis)

basement 3 Keller, Tiefgeschoss, Tiefparterre, Untergeschoss

bashing 2 (öffentliche) Abwatschung, Beschimpfung, Verunglimpfung (Beispiel: German bashing = Deutschen-Abwatschung)

* Einstufungen: 1 = ergänzend, 2 = differenzierend, 3 = verdrängend

(Quelle: http://www.vds-ev.de/index, Stand 16.02.2015)

b Lies den Text „8ung SMS“ („Deutschbuch“, S. 234) und nutze die dort aufgeführten Fakten, um ei-nen Absatz zu dem Artikel von Markus Reiter zu verfassen. Schreibe in dein Heft und notiere auch hierzu, an welcher Stelle deine Ergänzung in dem Artikel von Reiter stehen könnte.

Page 34: Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik - … · – untersuchen Beispiele geschlechtergerechter ... Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik 376 11 In aller Munde ... weil es

Deutschbuch 5 Gymnasium Baden-Württemberg 11 In aller Munde – Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik

Autor: Frank Schneider

407 KV 38, Seite 1

Kop

ierv

orla

ge

© 2

016

Cor

nels

en V

erla

g G

mbH

, Ber

lin.

Alle

Rec

hte

vorb

ehal

ten.

D

ie V

ervi

elfä

ltigu

ng d

iese

r Sei

te is

t für

den

eig

enen

Unt

erric

htsg

ebra

uch

gest

atte

t. Fü

r inh

altli

che

Ver

ände

rung

en d

urch

Drit

te ü

bern

imm

t der

Ver

lag

kein

e V

eran

twor

tung

.

Diagnose – Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik

Kläre Denotation und Konnotationen des folgenden Anglizismus und des deutschen Nomens: a Kreuze die für beide Wörter zutreffende Denotation an. b Ordne den Begriffen passende Konnotationen aus dem Wortspeicher zu.

altmodisch – flott – Kinderspielzeug – schnell – plump – Trendsport

Rollschuh Inliner

Denotation eine Art Sportschuh Sportgerät, das aus einem Schuh mit Rollen besteht Schlittschuh für die Straße

Konnotationen

a Untersuche die Dialektäußerung „Et löpt“: Nenne die zwei Laute, an denen man erkennen kann,

dass es sich dabei um Niederdeutsch handelt.

statt hochdeutsch statt hochdeutsch

b Übersetze die Äußerung ins Hochdeutsche. Prüfe deine Kenntnisse zum Sprachwandel. Kreuze an, ob die Aussagen zutreffen oder nicht. richtig falsch

A Die „Tollkirsche“ trägt diesen Namen, weil sie toll (sehr gut) schmeckt, obwohl sie giftig ist und nach dem Genuss zu Verwirrung führt.

B An neuen Einträgen im Wörterbuch und am Verschwinden von Begriffen daraus kann man sehen, dass der Wortschatz ständig im Wandel ist.

C Sprachwandel bezieht sich auf neue Wörter, die Grammatik des Deutschen bleibt dagegen unverändert.

D Was wir heute „wirre Gedanken“ nennen, wurde im 18. Jahrhundert noch „Gril-len“ genannt.

E Der Dialekt Kiezdeutsch weist sowohl neuen Wortschatz als auch eine veränder-te Grammatik auf.

Formuliere die folgenden Äußerungen in geschlechtergerechte Sprache um:

Die Schüler, die die Hausaufgaben nicht haben, melden sich nach der Stunde bei mir.

Luisa Müller ist unser Klassensprecher.

Kreuze an, welche Bezeichnungen politisch korrekt sind, weil sie der Eigenbezeichnung der jeweiligen Gruppe entsprechen:

Zigeuner Inuit Sinti Spanier Eskimo Roma

Page 35: Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik - … · – untersuchen Beispiele geschlechtergerechter ... Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik 376 11 In aller Munde ... weil es

11 In aller Munde – Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik Deutschbuch 5 Gymnasium Baden-Württemberg

Autor: Frank Schneider

KV 35, Seite 4

Lösu

ngsh

inw

eise

© 2

016

Cor

nels

en V

erla

g G

mbH

, Ber

lin.

Alle

Rec

hte

vorb

ehal

ten.

D

ie V

ervi

elfä

ltigu

ng d

iese

r Sei

te is

t für

den

eig

enen

Unt

erric

htsg

ebra

uch

gest

atte

t. Fü

r inh

altli

che

Ver

ände

rung

en d

urch

Drit

te ü

bern

imm

t der

Ver

lag

kein

e V

eran

twor

tung

.

Projekt – Briefe von gestern und heute: Sprache vergleichen Lösungshinweise

Stellen in einer heute nicht mehr gebräuchlichen Sprache und ihre „Übersetzung“ in heutiges Deutsch:

Brief 1: – „Umreise“ (Z. 2): Umweg – „Die Zeit über, daß wir uns nicht sahen“ (Z. 6): Während der Zeit, in der wir uns nicht gesehen haben – „recht tüchtig geschulmeistert“ (Z. 6): eifrig unterrichtet – „eine Gesellschaft für Leibesübungen gestiftet“ (Z. 7): einen Turnverein gegründet – „Theil nehmen“ (Z. 8): teilnehmen – „überschicke“ (Z. 10): schicke, sende – „Laß mir doch gelegentlich wissen“ (Z. 11): Lass mich doch gelegentlich wissen – „welche Äste und Zweige das alten Stammwort Turn in den Nordischen Schwestersprachen

getrieben, und welche davon noch leben“ (Z. 11 f.): welche Ableitungen sich aus dem alten Stammwort „turn“ in den verwandten nordischen Sprachen entwickelt haben und welche davon noch benutzt werden

– „todter“ (Z. 13): toter – „nach der Donau ziehen“ (Z. 16): an die Donau ziehen – „so laß mir den 2ten Theil deines Posaunenrufs, wie ich es am liebsten nenne“ (Z. 16 f.):

Schicke mir den zweiten Teil deines Werkes „Geist der Zeit“ – „werth“ (Z. 17): wert – „unter dem Umschlag“ (Z. 20): an die Adresse

Brief 2: – „mit einem Begehren an Sie zu gelangen“ (Z. 2): mit einer Bitte an sie heranzutreten – „hierorts“ (Z. 3): hier – „der unterstehenden Angelegenheit“ (Z. 5): der unten genannten Angelegenheit – „Es würde sich darum handeln“ (Z. 6): Es geht darum – „die den FIFA-Final gegen Spanien bestritt“ (Z. 8 f.): die das FIFA-Finale gegen Spanien bestritt – „für einen Schweizer Aufenthalt entschliessen“ (Z. 10 f.): für einen Aufenthalt in der Schweiz

entscheiden – „tunlich“ (Z. 12): angemessen – „sondieren“ (Z. 12): Erkundigungen einzuziehen – „in Arbeit treten“ (Z. 15): eine Arbeit aufnehmen – „im weitern“ (Z. 17): im Weiteren, des Weiteren, außerdem – „Mitteilung zu machen“ (Z. 18 f.): Bescheid zu geben – „eines Arrangements“ (Z. 20): einer Übereinkunft – „Wir interessiren uns“ (Z. 21): Wir interessieren uns – „dass wir Herrn Seeler mit sehr günstigen Vorschlägen aufwarten können“ (Z. 24 f.): dass wir Herrn

Seeler sehr günstige Vorschläge anbieten können – „zum voraus“ (Z. 26): im voraus – „für Ihre Intervention“ (Z. 27): für Ihr Bemühen – „Wir gewärtigen gerne“ (Z. 27): Wir erwarten gerne

Page 36: Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik - … · – untersuchen Beispiele geschlechtergerechter ... Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik 376 11 In aller Munde ... weil es

11 In aller Munde – Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik Deutschbuch 5 Gymnasium Baden-Württemberg

Autor: Frank Schneider

KV 35, Seite 5

Lösu

ngsh

inw

eise

© 2

016

Cor

nels

en V

erla

g G

mbH

, Ber

lin.

Alle

Rec

hte

vorb

ehal

ten.

D

ie V

ervi

elfä

ltigu

ng d

iese

r Sei

te is

t für

den

eig

enen

Unt

erric

htsg

ebra

uch

gest

atte

t. Fü

r inh

altli

che

Ver

ände

rung

en d

urch

Drit

te ü

bern

imm

t der

Ver

lag

kein

e V

eran

twor

tung

.

Hinweise zum Projekt Das Briefprojekt bietet den Lernenden die Möglichkeit, anhand einer einfachen und leicht zugänglichen Textsorte den Sprachwandel sehr anschaulich zu untersuchen. (Persönliches) Briefmaterial lässt sich über ältere Verwandte, Nachbarn oder zu Hause vorhandene Post aus alten Zeiten ebenso beschaffen wie über das Internet oder die angegebene Buchquelle. Die Rahmenbedingungen des Projekts lassen sich je nach Zeit und Lerngruppe variieren: – Die Schülerinnen und Schüler können allein oder in kleinen Gruppen arbeiten. – Das Projekt kann außerhalb der Schule durchgeführt werden, aber es kann dafür auch Unterrichts-

zeit zur Verfügung gestellt werden. – Die Präsentationsform kann an schulische Bedingungen angepasst werden; so können die Schüle-

rinnen und Schüler z. B. einen „Tag der offenen Tür“ für eine Ausstellung nutzen oder für Eltern und andere Interessierte eine abendliche Vorstellung der Ergebnisse organisieren.

In jedem Fall muss den Lernenden ein Zeitrahmen zur Verfügung stehen, der auch eine umfassende Materialsuche zulässt. Drei bis vier Wochen werden dafür sicher benötigt. Es ist ratsam, dass die Lehrerin bzw. der Lehrer eine Zwischenevaluation einplant, sich also von allen arbeitenden Gruppen ein- oder zweimal Zwischenergebnisse vorlegen lässt. Von vornherein sollte Transparenz darüber hergestellt werden, in welcher Weise die Arbeiten bewertet werden und was die Kriterien der Notenfindung sein werden.

Zu den einzelnen Schritten:

1. Schritt: Planung

Denkbar ist es, sich die Planungen vorlegen zu lassen, etwa in Form einer Übersicht, die folgende Aspekte berücksichtigt: – Gruppenmitglieder – Bereich, aus dem die Briefe stammen – Wege zur Beschaffung der Briefe – Fragen/Sprachphänomene, die im Zentrum stehen – angestrebte Präsentationsform – Arbeitsschritte – Terminplan – Aufgabenverteilung

2. Schritt: Durchführung

In den Zwischenevaluationen können folgende Fragen gestellt werden: – Wo musstet ihr von der Anfangsplanung abweichen? – Gibt es schon fertige, vorzeigbare Ergebnisse? – Was interessiert nach eurer Meinung eure Adressaten? Wie zeigt sich das in eurer Arbeit? – Welche Gliederung strebt ihr an? – Welchem Profi zeigt ihr euer Material? – Wie plant ihr die Überarbeitung?

3. Schritt: Präsentation

Vor der Präsentation kann überlegt werden, wie die Vortragenden ein Feedback bekommen. Es kann z. B. Expertinnen und/oder Experten für einzelne Fragen geben: – sachliche Differenziertheit – Vielfalt des Materials – Klarheit und Adressatenbezug des Vortrags / der Präsentation – mediale Unterstützung – Aufteilung zwischen den Gruppenmitgliedern Vor dem Feedback zur Präsentation sollte es jedoch ein Gespräch über die sachlichen Inhalte geben. Dazu können die Gruppen eine Moderatorin / einen Moderator wählen, die/der Rückfragen zulässt und eine Diskussion anregt.

Page 37: Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik - … · – untersuchen Beispiele geschlechtergerechter ... Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik 376 11 In aller Munde ... weil es

11 In aller Munde – Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik Deutschbuch 5 Gymnasium Baden-Württemberg

Autor: Frank Schneider

KV 36, Seite 8

Lösu

ngsh

inw

eise

© 2

016

Cor

nels

en V

erla

g G

mbH

, Ber

lin.

Alle

Rec

hte

vorb

ehal

ten.

D

ie V

ervi

elfä

ltigu

ng d

iese

r Sei

te is

t für

den

eig

enen

Unt

erric

htsg

ebra

uch

gest

atte

t. Fü

r inh

altli

che

Ver

ände

rung

en d

urch

Drit

te ü

bern

imm

t der

Ver

lag

kein

e V

eran

twor

tung

.

Fordern und fördern – Lösungshinweise und Einen Sachtext zum Sprachgebrauch auswerten – Markus Reiter: Netzsprache – Mehr Vielfalt oder mehr Einfalt?

a Der VDS kritisiert einen angeblichen Sprachverfall und sieht die Netzsprache als ein Beispiel für „mehr Einfalt“. Belege finden sich in den Zeilen 40 bis 43 und 47 bis 49.

b Beispiel für die Darstellung der Meinung des Autors Markus Reiter zur Position des VDS mit Begründungen aus dem Text:

Gerade der letzte Absatz (Z. 105–116) zeigt eindeutig die Position des Autors zum Sprachwandel: Er sieht ihn ganz offenbar als normalen Prozess der Sprachentwicklung.

Auch die Tatsache, dass er zu jedem Argument des VDS immer sogleich ein Gegenargument eines Experten anführt (vgl. z. B. Z. 54–63, 69–77), verdeutlicht, dass er mit der Sprachkritik des VDS nicht übereinstimmt.

a Im Text genannte zentrale Kritikpunkte am heutigen Deutsch: 1. Anglizismen würden die deutsche Sprache überfluten (vgl. Z. 36 ff.). 2. Die Grammatik des Deutschen verflache durch die Netzsprache (vgl. Z. 90 ff.). b Beispiele werden für die Anglizismen genannt, und zwar der Satz einer Schweizer Unternehmens-

beratung: „Erfolgreiche Consultingprojekte im Business-Continuity- und Disaster-Recovery-Bereich benötigen zwingend Management-Attention“ (Z. 40–43) sowie die Bezeichnung für ein neues Wohnquartier in Düsseldorf als „Urban Parklane“ mit „Seaside Flats“ (Z. 47 ff.).

c Beispiellösung für die Zusammenfassung der Argumente der Sprachwissenschaftler und ihrer Funktion im Text:

Autor / Argument Zeilen Funktion: Mit diesem Hinweis des Sprachwissen-schaftlers macht Markus Reiter deutlich,

Eisenberg: Es gibt unter fünf Millionen Wör-tern nur etwa 11.000 Anglizismen. Zugleich ist der Wortschatz in den letzten hundert Jahren deutlich gewachsen.

54–60 dass der Anteil der Anglizismen am Ge-samtwortschatz relativ gering ist und von einer Überflutung des Deutschen deshalb keine Rede sein kann. Er entkräftet also das Argument des VDS (Z. 36–49).

Niehr: Viele der vom VDS monierten Angli-zismen kommen außerhalb von Marketing und Werbung kaum vor. Andere dienen der Differenzierung (z. B. Nerd).

69–77 dass die Verwendung von Anglizismen keineswegs auf alle Bereiche der Sprache zutrifft und dass außerdem Anglizismen zur sprachlichen Bedeutungsdifferenzie-rung beitragen können.

Niehr: Eine Tendenz zur Vereinfachung der Grammatik ist seit Jahrhunderten zu beobachten.

96–104 dass die beklagte Vereinfachung der Grammatik eine normale Sprachentwick-lung ist, die es schon immer gab und die daher nicht von der Netzsprache ausgelöst sein kann.

a Funktion der beiden Zitate aus dem Jahr 1682 und aus dem achten Jahrhundert:

– Funktion des Zitats in Z. 2–12: Dieses Zitat verdeutlicht, dass es schon vor Jahrhunderten Kritik am Sprachwandel gab und Sprachveränderungen offenbar immer wieder zu Kritik führen.

– Funktion des Zitats in Z. 20–22: Dies zeigt, dass sich die Sprache seit damals sehr verändert hat und unser gegenwärtiges Deutsch das Ergebnis eines umfassenden Sprachwandels ist, den alle akzeptieren.

Page 38: Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik - … · – untersuchen Beispiele geschlechtergerechter ... Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik 376 11 In aller Munde ... weil es

11 In aller Munde – Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik Deutschbuch 5 Gymnasium Baden-Württemberg

Autor: Frank Schneider

KV 36, Seite 9

Lösu

ngsh

inw

eise

© 2

016

Cor

nels

en V

erla

g G

mbH

, Ber

lin.

Alle

Rec

hte

vorb

ehal

ten.

D

ie V

ervi

elfä

ltigu

ng d

iese

r Sei

te is

t für

den

eig

enen

Unt

erric

htsg

ebra

uch

gest

atte

t. Fü

r inh

altli

che

Ver

ände

rung

en d

urch

Drit

te ü

bern

imm

t der

Ver

lag

kein

e V

eran

twor

tung

.

b Beispiellösung für die Wiedergabe des ersten Zitats (Z. 2–12) in modernen Worten: Derzeit hat man den Eindruck, dass die Situation bei uns viel schlimmer geworden ist und die

sprachlichen Vermischungen deutlich zugenommen haben: Sogar die Prediger auf der Kanzel, der Schreiber in der Kanzlei und der Bürger beim Schreiben und Reden verderben ihr Deutsch mit einem schlechten Französisch. […] Aber es wäre wirklich höchst bedauerlich und eine Schande, wenn unsere schöne Sprache, die Sprache unserer Helden, durch unsere Fahrlässigkeit zugrunde gehen würde, doch es ist wenig Gutes zu ahnen.

Individuelle Lösungen. Alle Behauptungen sollten dabei auch begründet und belegt werden, z. B. mit Argumenten aus dem Text.

Page 39: Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik - … · – untersuchen Beispiele geschlechtergerechter ... Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik 376 11 In aller Munde ... weil es

11 In aller Munde – Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik Deutschbuch 5 Gymnasium Baden-Württemberg

Autor: Frank Schneider

KV 37, Seite 2

Lösu

ngsh

inw

eise

© 2

016

Cor

nels

en V

erla

g G

mbH

, Ber

lin.

Alle

Rec

hte

vorb

ehal

ten.

D

ie V

ervi

elfä

ltigu

ng d

iese

r Sei

te is

t für

den

eig

enen

Unt

erric

htsg

ebra

uch

gest

atte

t. Fü

r inh

altli

che

Ver

ände

rung

en d

urch

Drit

te ü

bern

imm

t der

Ver

lag

kein

e V

eran

twor

tung

.

Für Profis – Lösungshinweise Einen Sachtext zum Sprachgebrauch durch Beispiele ergänzen – Markus Reiter: Netzsprache – Mehr Vielfalt oder mehr Einfalt?

a Beispiellösung, die Einträge aus dem Anglizismenindex des VDS aufnimmt und kommentiert: Die vom VDS im Anglizismenindex genannten Beispiele bestätigen geradezu Niehrs Position, dass

Anglizismen zur Differenzierung der Sprache beitragen können. Denn die dort für „Ketchup“ genann-te Übersetzung „Würzsauce (auf Tomatenbasis)“ erfasst das Produkt „Ketchup“ nur unzureichend. Wobei es ohnehin schwer einzusehen ist, dass ein Anglizismus durch das aus dem Französischen stammende Wort „Sauce“ ersetzt werden soll – ähnlich wie im Anglizismenindex für „basement“ das französische „Tiefparterre“ als Ersatz vorgeschlagen wird.

Könnte nach Z. 77 in dem Text von Reiter stehen. b Beispiellösung, die die Fakten aus dem Text „8ung SMS“ (Deutschbuch, S. 234) nutzt: Der Linguist David Crystal hat jedoch in einer Untersuchung gezeigt, dass 90 Prozent aller in SMS

verwendeten Wörter völlig übliche Vokabeln aus dem Wörterbuch sind. Abkürzungen seien eben-falls keine Erfindungen der SMS-Tipper, sondern würden Formen aufgreifen, die früher in Tele-grammen verwendet wurden.

Könnte in Zeile 96 nach „wiedergekäut“ in dem Text von Reiter stehen.

Page 40: Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik - … · – untersuchen Beispiele geschlechtergerechter ... Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik 376 11 In aller Munde ... weil es

11 In aller Munde – Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik Deutschbuch 5 Gymnasium Baden-Württemberg

Autor: Frank Schneider

KV 38, Seite 2

Lösu

ngsh

inw

eise

/För

dere

mpf

ehlu

ng

© 2

016

Cor

nels

en V

erla

g G

mbH

, Ber

lin.

Alle

Rec

hte

vorb

ehal

ten.

D

ie V

ervi

elfä

ltigu

ng d

iese

r Sei

te is

t für

den

eig

enen

Unt

erric

htsg

ebra

uch

gest

atte

t. Fü

r inh

altli

che

Ver

ände

rung

en d

urch

Drit

te ü

bern

imm

t der

Ver

lag

kein

e V

eran

twor

tung

.

Diagnose – Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik Lösungshinweise/Förderempfehlung

Auf

gabe

Teilkompetenzen Lösungshinweise erre

icht

teilw

eise

er

reic

ht

nich

t er

reic

ht

Förder-empfehlung

1 Denotation und Konnota-tionen eines Anglizismus und der Übersetzung er-kennen

gemeinsame Denotation: Sportgerät, das aus einem Schuh mit Rollen besteht – Konnotationen Inliner: Trendsport, schnell, flott – Konnotationen Rollschuh: Kinderspielzeug, altmodisch, plump

SB S. 230–232

2 a Dialektmerkmale erken-nen, einen Dialekt einer Dialektgruppe zuordnen

t statt hochdeutsch s, p statt hochdeutsch f

SB S. 233

b Es läuft.

3 Phänomene des Sprachwandels wahr-nehmen und erklären

Richtig sind B, D und E, falsch sind A und C.

SB S. 238–244 KV S. 399–405, 406

4 Texte in geschlechter-gerechte Sprache um-formulieren

A Die Schülerinnen und Schüler, die die Hausauf-gaben nicht haben, mel-den sich nach der Stunde bei mir.

B Luisa Müller ist unsere Klassensprecherin.

SB S. 245–246

5 Eigenbezeichnungen von Gruppen benennen

Richtig sind: Inuit, Sinti, Spanier, Roma.

SB S. 248–249

Page 41: Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik - … · – untersuchen Beispiele geschlechtergerechter ... Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik 376 11 In aller Munde ... weil es

11 In aller Munde – Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik Deutschbuch 5 Gymnasium Baden-Württemberg

Autor: Frank Schneider

Test 1, Seite 2

Lösu

ngsh

inw

eise

© 2

016

Cor

nels

en V

erla

g G

mbH

, Ber

lin.

Alle

Rec

hte

vorb

ehal

ten.

D

ie V

ervi

elfä

ltigu

ng d

iese

r Sei

te is

t für

den

eig

enen

Unt

erric

htsg

ebra

uch

gest

atte

t. Fü

r inh

altli

che

Ver

ände

rung

en d

urch

Drit

te ü

bern

imm

t der

Ver

lag

kein

e V

eran

twor

tung

.

Test – Sprachvarietäten und Sprachgebrauch

Lösungshinweise Anglizismen untersuchen

a Weitere Bereiche, in denen Anglizismen häufig auftreten: IT/Computertechnik, Sport, Mode, Medien, Werbung

b Mögliche Übersetzungen: Screenshot: Bildschirmkopie – Primetime: Haupteinschaltzeit – Laptop: tragbarer Rechner/Computer c Beispiellösung:

Beispiel Denotation Konnotationen

Screenshot Kopie einer Bildschirmseite Fachbegriff, moderne, internationale Welt der IT

Primetime Haupteinschaltzeit beim Fernsehen Modernität, Internationalität

Laptop tragbarer Rechner/Computer modern, flexibel, international verwendet, Teil der globalen IT-Welt

Dialekte untersuchen

a A Ripuarisch (Kölsch) – B Bairisch – C Plattdeutsch (Niederdeutsch) b Mitteldeutsch spricht man in Hessen. c Daran sieht man, dass das Niederländische mit einer deutschen Dialektgruppe verwandt ist, nämlich

mit dem Niederdeutschen.

SMS-Sprache untersuchen Typische Besonderheiten in der SMS: – Anglizismen (Hi) – fehlende/falsche Interpunktion (Unterstrich statt Komma) – abgekürzte Anglizismen (COLA: Come later – ich komme später) – Zahlen als Wortbestandteil (8ung: Achtung) – Rechtschreibfehler (komt, Spätr) – unvollständige Sätze (Spätr all.) – Abkürzungen (DAD: Denk an dich) – Ersetzung von Körpersprache durch Smileys

Page 42: Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik - … · – untersuchen Beispiele geschlechtergerechter ... Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik 376 11 In aller Munde ... weil es

11 In aller Munde – Sprachgebrauch, Sprachwandel, Sprachkritik Deutschbuch 5 Gymnasium Baden-Württemberg

Autor: Frank Schneider

Test 2, Seite 2

Lösu

ngsh

inw

eise

© 2

016

Cor

nels

en V

erla

g G

mbH

, Ber

lin.

Alle

Rec

hte

vorb

ehal

ten.

D

ie V

ervi

elfä

ltigu

ng d

iese

r Sei

te is

t für

den

eig

enen

Unt

erric

htsg

ebra

uch

gest

atte

t. Fü

r inh

altli

che

Ver

ände

rung

en d

urch

Drit

te ü

bern

imm

t der

Ver

lag

kein

e V

eran

twor

tung

.

Test – Sprache im Wandel

Lösungshinweise Bedeutungswandel untersuchen a Der Eintrag stammt aus einem etymologischen Wörterbuch. b Zutreffende Aussagen: A, B, C. c In der Bezeichnung „Deern“ im norddeutschen Dialekt lebt die ursprüngliche Bedeutung des Wortes

„Dirne“, nämlich „junges Mädchen“, weiter.

Grammatische Veränderungen untersuchen a „Kreischen“ hat sich von einem starken Verb zu einem schwachen Verb gewandelt. b Das Verb „saugen“ kann heute stark („du sogst“), aber auch schwach („du saugtest“) konjugiert

werden. Hier zeigt sich der Übergang von einem starken zu einem schwachen Verb. Die Sprache in einem älteren literarischen Text verstehen Beispiel für eine Übersetzung des Satzes aus Goethes „Die Leiden des jungen Werther“ in heutiges Deutsch: Ich bin sehr traurig und warte auf den Morgen.