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Stand der Immunprophylaxe und -therapie bei perforierender Keratoplastik

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Page 1: Stand der Immunprophylaxe und -therapie bei perforierender Keratoplastik

Abstoßungsreaktionen stellen weiter-hin die größte Bedrohung für das Trans-plantatüberleben und den langfristigenTherapieerfolg nach Keratoplastik dar.Ineiner Analyse von Vail aus dem Jahr 1996wurden unter 201 dekompensierten Trans-plantaten Abstoßungsreaktionen mit 34%als häufigste Ursache gefunden [15]. Be-sonders in der Hochrisikosituation wirddie Abstoßungsrate mit bis zu 50% unddarüber angegeben und liegt damit teil-weise höher als bei der Transplantationsolider Organe. In der klinischen Praxisstehen unterschiedliche Therapiestrate-gien zur Prophylaxe der Immunreaktionzur Verfügung. Aufgrund der geringenZahl von evidenzbasierten klinischen Stu-dienergebnissen ist oft die eindeutigeÜberlegenheit einer Strategie nicht anzu-geben. In den letzten Jahren ist darüberhinaus das therapeutische Spektrum er-heblich erweitert worden, zum einendurch das Hinzukommen neuer operati-ver Verfahren z. B. Limbustransplantati-on, zum anderen durch den Einsatz neu-er Immunsuppressiva wie MycophenolatMofetil [10] oder Tacrolimus [12] und dieOption,diese Immunsuppressiva auch to-pisch [3, 7, 8] einzusetzen.

Ziel unserer Untersuchung war es,einen Überblick über den aktuell inDeutschland klinisch verbreiteten Thera-piestandard zu gewinnen.Vorbild waren

Leitthema

E. Bertelmann1 · T. Reinhard2 · U. Pleyer1

1 Charité, Universitätsmedizin Berlin, Campus Virchow Klinikum, Augenklinik, Berlin2 Universitäts-Augenklinik Freiburg

Stand der Immunprophylaxeund -therapie bei perforierender KeratoplastikEine Umfrage bei Mitgliedern der SektionKornea der DOG

dabei ähnliche Studien aus den USA [11]und aus Australien [1].

Material und Methoden

Ein Fragebogen wurde im 1.Quartal 2003an die Mitglieder der Sektion Kornea derDeutschen Ophthalmologischen Gesell-schaft (DOG) verschickt. Dieser enthielt12 Fragen zur Praxis der Immunprophyla-xe nach Keratoplastik.Gefragt wurde nachder Anzahl der durchgeführten Operatio-nen pro Jahr,der Herkunft der Transplan-tate, dem Einsatz von Steroiden in derNormal- und Risikosituation,der Verwen-dung von gematchten Transplantaten,derWahl und der Dauer des Einsatzes von Im-munsuppressiva sowie dem therapeuti-schen Vorgehen in 3 ausgewählten Risi-kosituationen [vaskularisierte Hornhautin 4 Quadranten (⊡ Abb. 1), Herpeskera-titis (⊡ Abb. 2), Limbusinsuffizienz(⊡ Abb.3)],die anhand von klinischen Bil-dern vorgestellt wurden.Schließlich wur-de auch nach der Therapiestrategie beiakuter fokaler endothelialer Immunreak-tion gefragt (⊡ Abb. 4).

Um eine systematische Auswertung zuermöglichen und die Beantwortung zu er-leichtern,wurden jeweils Antworten nachdem Multiplechoiceverfahren vorgege-ben. Dabei wurden bei jeder Frage auchmehrere Antworten zugelassen.

Ergebnisse

Der Fragebogen wurde von 69 angeschrie-benen Ophthalmologen beantwortet zu-rückgesandt, das entspricht 47% der Be-fragten.Diese stammten aus 69% der ver-tretenen Institutionen (Kliniken und Pra-xen). Die Antworten auf die Frage nachder Zahl der Operationen pro Jahr, derHerkunft des verwendeten Materials undder Verwendung von HLA-gematchtenTransplantaten zeigt ⊡ Tabelle 1. In derMehrzahl der Einrichtungen werden50–100 Keratoplastiken pro Jahr ausge-führt (46%), der Anteil der Operateure,die weniger als 50 Transplantationen proJahr durchführen, liegt bei 39%, in 15%der Abteilungen werden >100 Keratoplas-tiken im Jahr operiert.Es gaben 15 von 69(22%) Befragten an,frische unkultivierteHornhäute zu transplantieren.Der größ-te Teil der Operateure verwendet organ-kultivierte Hornhäute,die von einer ande-ren Hornhautbank bezogen werden(55%).HLA-typisierte Transplantate wer-den von der Mehrzahl der Befragten nurin ausgewählten Situationen eingesetzt(59%); 9 von 69 (13%) bzw. 2 von 69 (3%)Operateuren verwenden nie bzw. immerein typisiertes Transplantat. Auf die Artder Typisierung (HLA-Klasse I,Klasse II,zugelassene Mismatches) wurde bei die-ser Umfrage nicht eingegangen.

Der Ophthalmologe 12 · 2003 | 1031

Ophthalmologe 2003 · 100:1031–1035DOI 10.1007/s00347-003-0953-5Online publiziert: 15. November 2003© Springer-Verlag 2003

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Leitthema

Je 34% der Befragten behandeln <6bzw. >6 Monate mit topischen Steroiden:16 von 69 (24%) Ophthalmologen gebenSteroide nur weniger als 3 Monate, 4 von69 (6,5%) behandeln 1 Jahr und länger mitlokalen Steroiden; 24 von 69 (35%) behan-deln zusätzlich mit systemischen Steroi-den,16 weniger als 2 Wochen,6 von 69 biszu 4 Wochen und 2 von 69 bis zu 6 Mo-naten; 12 von 69 Operateuren geben sub-konjunktivale Steroide bis zu 4 Wochenpostoperativ.

In einer Risikosituation behandeln 41von 69 (65%) mit systemischen Steroiden,14 von 69 (20%) mit subkonjunktivalenSteroiden. Topische Steroide werden von38 von 69 (55%) 1 Jahr und länger gegeben.

Die eingesetzten systemischen Immun-suppressiva zeigt ⊡ Tabelle 2.Am häufigs-ten wird erwartungsgemäß neben Steroi-den Cyclosporin A eingesetzt (92%), ge-folgt von Mycophenolat Mofetil (41%) undMethotrexat (9,5%). Von 40% wird

| Der Ophthalmologe 12 · 20031032

6–12 Monate mit systemischen Immunsup-pressiva behandelt, nur 14% geben syste-mische Immunsuppressiva länger als 1 Jahr.

Auf die Bildfrage (Hornhaut mit tiefenVaskularisationen in 4 Quadranten;⊡ Abb. 1) antworteten 16 von 69 Befrag-ten (23%),dass sie ein untypisiertes Trans-plantat verwenden würden; 31 von 69(45%) gaben an, ein Transplantat mit0 Mismatches in HLA-Klasse I und II ein-zusetzen, 17 von 69 (25%) würden bis zu2 Mismatches auf den Loci A, B, DR ak-zeptieren.

Mit systemischen Immunsuppressivawürden 55 von 69 Operateuren (80%) be-handeln, fast ebenso viele (47 von 69:68%) mit langfristiger lokaler Immun-suppression.

In der Risikosituation Keratoplastikbei Herpeskeratitis mit Neovaskularisa-tionen in 3 Quadranten (⊡ Abb. 2) wür-den 51% der Ophthalmologen mit loka-lem Acyclovir therapieren, dagegen 95%

mit systemischem Acyclovir,26% der Be-fragten würden Acyclovir bis zu 3 Wochensystemisch geben,67% behandeln längerals 3 Wochen mit Acyclovir Tabletten; 34%der Operateure würden ein HLA-typisier-tes Transplantat einsetzen, 37% würdenmit systemischen Immunsuppressiva be-handeln.

Auf das Beispiel Limbusstammzellin-suffizienz (⊡ Abb.3) antworteten 12%,kei-ne KPL durchführen zu wollen.Die Mehr-zahl der Befragten (51%) würde eine Lim-busstammzelltransplantation bevorzu-gen,gefolgt von Amnionmembranaufnä-hung und späterer Keratoplastik (32%),27% empfahlen eine keratolimbale KPLund schließlich 12% würden eine konven-tionelle KPL mit systemischer Immun-suppression durchführen.

Antworten auf die Frage der Therapiebei akuter fokaler endothelialer Immun-reaktion (⊡ Abb. 4) zeigt ⊡ Tabelle 3. DerSchwerpunkt liegt auf der Behandlung

Abb. 1 ▲ Abbildung zu Frage 8: Hochrisikosituation bei tiefer Vaskularisation in 4 Quadranten

Abb. 2 ▲ Abbildung zu Frage 9: Risikosituation bei Herpeskeratitis

Abb. 3 ▲ Abbildung zu Frage 10: Risikosituation bei Limbusstammzell-insuffizienz

Abb. 4 ▲ Abbildung zu Frage 12: akute, fokale endotheliale Immun-reaktion

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Zusammenfassung · Abstract

Ophthalmologe 2003 · 100:1031–1035DOI 10.1007/s00347-003-0953-5© Springer-Verlag 2003

E. Bertelmann · T. Reinhard · U. Pleyer

Stand der Immunprophylaxe und -therapie bei perforierender Keratoplastik. Eine Umfrage bei Mitgliedern der Sektion Kornea der DOG

grafts in every risk KPL and 1.5% always usematched grafts. In normal risk situations 1.5%treat less than 2 weeks with topical steroids, 66%3–12 months, 6.5% >1 year, 35% additionallytreat with systemic steroids.Cyclosporine A (CsA)(92%) is besides steroids (80%) the most com-mon systemic immunomodulatory agent in highrisk situations, while methotrexate is used byonly 9.5%.The duration of immunosuppressivetherapy varies from <3 months (9%) up to >12months (14%).The postoperative therapy afterKPL in herpes includes topical (51%) and system-ic aciclovir <3 (26%) and >3 weeks (67%) andadditional systemic immunomodulatory agents(37%).The acute immune reaction is treated pre-

AbstractPurpose. Different strategies are currently used forprophylaxis and therapy of immunological trans-plant reactions.The aim of the present study was toevaluate clinical practice in planning and treat-ment of perforating keratoplasty (KPL) in Germany.Method. A questionnaire was sent out to 148members of the cornea section of the GermanOphthalmological Society.The return consistedof 69 (47%) questionnaires representing 69% ofinstitutions, 39% of responses returned from in-stitutions performing <50 KPL/year, 15% frominstitutions operating >100 KPL and 4% fromcentres performing >300 KPL/year.Results. Of the responders 13% currently neveruse HLA-matched grafts, 22% choose matched

22% bei jeder Risiko-KPL, von 1,5% bei jederKPL. In der Normalrisikosituation behandeln1,5% <2 Wochen, 66% 3–12 Monate, 6,5%>1 Jahr mit topischen Steroiden, 35% behan-deln zusätzlich mit systemischen Steroiden. Cy-closporin A (CsA; 92%) ist neben Steroiden(80%) das am häufigsten eingesetzte systemi-sche Immunsuppressivum in der Hochrisikosi-tuation, während MTX nur von 9,5% verwendetwird. Die Dauer der immunsuppressiven Thera-pie reicht von <3 Monate (9%) bis zu >12 Mo-nate (14%). Die postoperative Therapie nachKPL bei Herpes umfasst lokales (51%) und sys-temisches Aciclovir <3 (26%) und >3 Wochen(67%), außerdem systemische Immunsuppres-siva (37%). Bei der Limbusinsuffizienz war dieStammzelltransplantation die am häufigstenangegebene Therapieoption (51%), gefolgt von

ZusammenfassungHintergrund. Zur Prophylaxe immunologischerTransplantatreaktionen stehen unterschiedlicheStrategien zur Verfügung.Ziel der vorgelegtenUntersuchung war es, die aktuelle klinische Pra-xis bei Planung und Nachsorge der perforieren-den Keratoplastik (KPL) im deutschsprachigenRaum zu erfassen.Methode. Hierzu wurde ein Fragebogen an148 Mitglieder der Sektion Kornea der Deut-schen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG)verschickt.Der Rücklauf umfasste 69 (47%) Fra-gebögen aus 69% der vertretenen Institutionen;39% der Antworten stammen aus Einrichtungenmit <50 KPL/Jahr, 15% aus Institutionen mit>100 KPL/Jahr, 4% aus Kliniken mit>300 KPL/Jahr.Ergebnisse. Von 13% der Befragten wird nieein gematchtes Transplantat verwendet, von

Current practice of immune prophylaxis and therapy for perforating keratoplasty. A survey from members of the cornea section of the GermanOphthalmological Society

Der Ophthalmologe 12 · 2003 | 1033

Amnionmembranaufnähung (32%) und kera-tolimbaler KPL (27%). Die akute Immunreaktionwird vornehmlich mit Steroiden behandelt: to-pisch (95%), subkonjunktival (29%), intrakame-ral (1,5%). Systemische Steroide werden oral(48%) und i.v. (42%) gegeben,12% behandelnmit topischem CsA.Schlussfolgerung. Neben therapeutischen Op-tionen, die als „common- practice“ einzuschätzensind (z.B.syst.CsA), ist die klinische Praxis in an-deren Punkten sehr heterogen, was der noch ge-ringen Zahl an „evidence-based“ Studienergeb-nissen entspricht.

SchlüsselwörterImmunreaktionen · Keratoplastik · Steroide · Topische Immunsuppression

dominantly with steroids: topical (95%), subcon-junctival (29%), intracameral (1.5%).Systemicsteroids are given orally (48%) and intravenously(42%), 12% treat with topical CsA.Conclusions. Besides therapeutic options thatare accepted as common practice (e.g.systemicCsA) clinical practice varies widely.This may re-flect the lack of evidence-based clinical observa-tions.

KeywordsImmune reactions · Keratoplasty · Steroids · Topical immunosuppression

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Tabelle 3

Antworten zur Therapie der akuten fokalen endothelialen Immunreaktion

Steroide topisch intensiviert 95,0%

Steroide oral 48,0%

Steroide i.v. 42,0%

Steroide subkonjunktival 29,0%

Steroide intrakameral 1,5%

Cyclosporin A topisch 12,0%

Tabelle 2

Bei der Risikokeratoplastik eingesetzte Immunsuppressiva

Cyclosporin A 92%

Mycophenolat Mofetil 41,0%

Steroide 76,0%

Methotrexat 9,5%

Tacrolimus 1,5%

Rapamycin 1,5%

Andere 1,5%

Keine 1,5%

Leitthema

mit Steroiden, 42% würden i.v., 48% oralbehandeln,von 1,5% würde eine rein topi-sche Behandlung empfohlen.

Diskussion

Ziel dieser Studie war es,einen repräsen-tativen Überblick über den aktuell inDeutschland verwendeten Therapiestan-dard bei der Prophylaxe und Therapie derImmunreaktion nach Keratoplastik zu ge-winnen. Mit einem Rücklauf von 69 be-antworteten Fragebögen ist die Befragungauf eine gute Resonanz gestoßen. Dabeiist zu berücksichtigen,dass die Antwortenaus 69% der vertretenen Einrichtungenstammten.Die Zahl der Antworten ist da-mit 3fach höher als in einer vergleichba-ren Studie aus Australien aus dem Jahr2000 [1].

Aufschlussreich sind zunächst die Ant-worten zur Verwendung von gematchtenTransplantaten.Der Großteil der Chirur-gen (63%) verwendet ein gematchtesTransplantat nur in ausgewählten Risiko-situationen.Dieses Ergebnis ist zum einendurch die jahre-/jahrzehntelange Diskus-

sion um die relevante HLA-Klasse erklär-bar [16,2],zum anderen durch die Abwä-gung zwischen Wartezeit und Risikomin-derung bei geringer Verfügbarkeit von op-timal gematchten Hornhäuten.Immerhinwird von einem nicht geringen Teil derOperateure noch frisches, unkultiviertesMaterial verwendet (22%).

Die Verwendung HLA-gematchterTransplantate wird in den nächsten Jahrenaller Voraussicht nach deutlich zunehmen,da neuere Studien sehr eindeutig einenEffekt sowohl bei der Normal- als auchbei der Hochrisikokeratoplastik zeigen [9,17].Außerdem bestehen künftig Möglich-keiten einer Wartezeitanalyse, die in dieBeratung der Patienten einbezogen wer-den kann [4].

Bei den Antworten zur Steroidthera-pie lässt sich festhalten,dass topische Ste-roide – erwartungsgemäß – als Standard-therapie in der Normalsituation angese-hen werden können,während in der Risi-kosituation routinemäßig auf systemischeSteroide zurückgegriffen wird. Auffälligwar, dass auch in der Normalrisikositua-tion immerhin 35% der Operateure mit

Tabelle 1

Verteilung der Antworten auf die Fragen nach Zahl der Operationen pro Jahr,Herkunft des Materials und Verwendung von gematchten Transplantaten (n=69),mehrere Antworten möglich

Zahl der KPL /Jahr <50 50–100 100–200 200–300 >300

26 33 4 3 3

Herkunft des Frisch Eigene Bank: Eigene Bank: Von anderer Von Bio Implant

Materials Kurzzeitkultur Organkultur Bank Services

15 13 25 38 17

HLA-typisierte Nie In ausgewählten Bei jeder Immer In Abhängigkeit

Transplantate Situationen Risikosituation von der berech-

neten Wartezeit

9 40 15 2 2

12354 x 240 mm

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systemischen Steroiden behandeln. Diessteht im Gegensatz zu einer Umfrage ausAustralien [1], bei der in der Normalrisi-kosituation niemand mit systemischenSteroiden therapiert hätte.

Bei den eingesetzten systemischen Im-munsupressiva zeigt sich, dass erwar-tungsgemäß CsA am häufigsten verwen-det wird.Erstaunlicherweise hat sich My-cophenolat Mofetil offenbar als Alternati-ve zu CsA bereits durchgesetzt,da immer-hin 41% der Operateure angeben, auchMMF einzusetzen. Die Wirksamkeit vonMMF ist bereits in klinischen Studien imVergleich zu CsA gezeigt worden [10].Demgegenüber ist der Einsatz von Tacro-limus und Rapamycin in der klinischenPraxis bisher noch unbedeutend,obwohlbezüglich Tacrolimus bereits Ergebnisseeiner klinischen Studie zur Wirksamkeitbei der keratolimbalen KPL vorliegen [12].Diese Ergebnisse unterscheiden sich vonder in Australien dokumentierten klini-schen Praxis.Dort wurden auch Azathio-prin und Cyclophosphamid zur Prophyla-xe der Immunreaktion eingesetzt, wäh-rend Rapamycin, Tacrolimus und MMFnicht angeführt wurden. Die Fortschritteder klinischen Entwicklung im Lauf von3 Jahren zwischen den beiden Studien mö-gen sich hier ebenfalls niederschlagen.

Bei den Antworten zur Therapie beider Herpeskeratitis fällt auf,dass die Lang-zeitgabe von systemischem Acyclovir,wiein einer Studie von 1999 gefordert [13],beiweitem nicht generell praktiziert wird undnur von etwa 2/3 der Operateure angewen-det wird.Wahrscheinlich ist es auch nichterforderlich, alle Patienten mit KPL nachHerpeskeratitis mit systemischem Acy-clovir zu behandeln, da doch viele Pati-enten nur unter gelegentlichen Rezidivenleiden. In Frage kommt diese Vorgehens-weise für alle Patienten, die häufige Rezi-dive z. B. 1–2/Jahr aufweisen. Für die zu-sätzliche Wirksamkeit von lokalem Acy-clovir zur systemischen Therapie,wie vonetwa 50% praktiziert, gibt es keine gesi-cherten Belege.

Bei der Therapie der akuten Immunre-aktion liegt der Schwerpunkt erwartungs-gemäß auf der Steroidtherapie,dabei stehtdie intensivierte topische Steroidtherapieim Zentrum der Therapie. In der Appli-

kationsform der systemischen Steroidga-be bestehen erhebliche Unterschiede. Indieser heterogenen Praxis spiegeln sichdie abweichenden Ergebnisse verschiede-ner Studien wider.Während in einer pro-spektiven Studie von Hudde kein positi-ver Effekt einer systemischen Steroidgabegegenüber intensivierter topischer The-rapie gefunden wurde [6], zeigt eine Stu-die von Hill die Überlegenheit einer i.v.-Pulstherapie gegenüber einer niedrigerdosierten oralen Steroidtherapie [5]. AlsArgument gegen die i.v.-Therapie wiede-rum werden die Nebenwirkungen der Ste-roide angeführt, bis hin zu einem publi-zierten Todesfall als Folge der intravenö-sen Steroidgabe [14]. Schließlich gibt esauch eine Untersuchung, bei der maneinen zusätzlichen Nutzen von systemi-schem CsA zur Steroidpulstherapie gese-hen hat [18]. Die Mehrzahl der Befragtenunserer Umfrage würde sich für eine ora-le Steroidtherapie entscheiden (48%),möglicherweise ist dies als Kompromiss-entscheidung zwischen den verschiede-nen Polen zu werten.

Schlussfolgerung

Diese Umfrage gibt durch einen hohen Rück-lauf aus fast 3/4 der operativen Einrichtun-gen, in denen Keratoplastiken durchgeführtwerden, einen repräsentativen Überblicküber den klinischen Standard der Immunpro-phylaxe und -therapie nach Keratoplastik inDeutschland. Überwiegender Konsens be-steht in der Verwendung von organkultivier-ten Transplantaten, im Schwerpunkt der loka-len Steroidtherapie in der Normalrisikositua-tion und im Einsatz von systemischen Im-munsupressiva in der Risikosituation (CsA).MMF hat sich als Alternative zu CsA bereitsdurchgesetzt. Heterogener ist die Praxis inder Entscheidung über den Einsatz von typi-sierten Transplantaten, in der antiviralen The-rapie bei KPL nach Herpeskeratitis und in derWahl der Applikationsform der Steroidthera-pie bei akuter Immunreaktion.

Korrespondierender AutorDr. E. Bertelmann

Charité, Universitätsmedizin Berlin,Campus Virchow Klinikum, AugenklinikAugustenburger Platz 1, 13353 BerlinE-Mail: [email protected]

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