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(Aus dem Anatomisehen Ins~itut der Reiehsuniversit~t Leiden [Direktor: Prof. Dr. J. A. J. Barge] und aus dem Bioehemisehen Institut der Reiehsuniversit/it Leiden [Direktor: Prof. Dr. H. G. Bungenberg de Jong].) Studien am Glaskiil~er. II. Uber den sogenannten Gelclharakter des Glask/il~ers. Von Dr. J. Goedbloed, Prosektor des Anatomischen Institutes. Mit 14 Text~bbildungen. In einer vorigen Mitteilung habe ich ausffihrlicher beriehtet fiber die Struktur des GlaskSrpers. Auf Grund eigener Beobachtungen konnte ich die Auffassungen yon Baurmann und Heeseh best/~tigen, dab der frische Glask6rper eine ultramikroskopisch feine Fadens~ruktur hat. Unter- suchungen fiber die Natur dieser F/~den ergaben weiter, dab sie Bildungen h6herer Ordnung seh~ miissen, welche aus kleineren Teflchen, den eigent- lichen Fadenmicellen, aufgebaut sind auf die Weise eines ein/aehen gerichteten mi(:elliiren Aggregates. In dieser Mitteilung m6chte ich reich nun nigher m it dem Glask6rloer als Ganzes besch~Lftigen. Bekanntlich sind die meisten rezenten Untersucher (Baurmann 1924, 1929; Redstob 1928, 1929, 1932; Duke Elder 1929, 1930; Leplat 1932) der Ansicht, dab der Glask6rper ein Gel ist. 1N~ch Baurmann sollten die Glask6rperf~den das Gelgeriist bilden und die zwischenliegenden Waben die Intermicellarrgume darstellen. Der Gedanke, den Glask6rper als einen kolloidchemischen KSrper aufzufassen, ist wohl 2urn Teil durch sein Aussehen, aber mehr noch durch die Unm6glichkeit, seine Struktur als efile Gewebestruktur zu deuten, vorbereitet worden. Zweifellos hat auch das Problem der Wasserbindungs- verh/~ltnisse im Glask6rper einen StoB in die Richtung der Gelhypothese gegeben. Die T&tsache, dab tier GlaskSrper im lebendigen Auge ver- h/i.ltnism/~tBig groBe Quantit~en Fliissigkeit (Humor vitreus) enth/~lt und offensichtlich sogar entgegen der okularen Tension festzuhalten vermag, tiei] die Vermutung zu, dab bier mSglicherweise dieselben Wasserbildungs- verh/~ltnisse vorl/~gen, wie bei manchen Gelen. Mit anderen Worten, falls der Glask6rper ein Gel w~re, so k6nnte man die Bindung der Glasflfissig- keit einfach als Folge des Quellungsverm6gens eines Glask6rpergels auf- fassen. Die obengenannten Momente bilden gleiehsam die Bedingungen ffir die Entstehung der Gelhypothese. Wie steht es nun aber mit dan tat- s~chtichen Argumenten fiir diese Auffassung ~. Ein (Jberblick tier darauf beziiglichen Literatur lehrt, dab die Gelhypothese des GlaskSrpers sich eigentlich nur auf zwei Argumente stfitzt, n/~mlieh auf seine Struktur und v. Graefes Archiv liir Ophthalmologie. 133. Bd, I

Studien am Glaskörper. II

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(Aus dem Anatomisehen Ins~itut der Reiehsuniversit~t Leiden [Direktor: Prof. Dr. J. A. J. Barge] und aus dem Bioehemisehen Institut der Reiehsuniversit/it

Leiden [Direktor: Prof. Dr. H. G. Bungenberg de Jong].)

Studien am Glaskiil~er. II.

Uber den sogenannten Gelclharakter des Glask/il~ers.

Von Dr. J. Goedbloed,

Prosektor des Anatomischen Institutes.

Mit 14 Text~bbildungen.

In einer vorigen Mitteilung habe ich ausffihrlicher beriehtet fiber die Struktur des GlaskSrpers. Auf Grund eigener Beobachtungen konnte ich die Auffassungen yon Baurmann und Heeseh best/~tigen, dab der frische Glask6rper eine ultramikroskopisch feine Fadens~ruktur hat. Unter- suchungen fiber die Natur dieser F/~den ergaben weiter, dab sie Bildungen h6herer Ordnung seh~ miissen, welche aus kleineren Teflchen, den eigent- lichen Fadenmicellen, aufgebaut sind auf die Weise eines ein/aehen gerichteten mi(:elliiren Aggregates. In dieser Mitteilung m6chte ich reich nun nigher m it dem Glask6rloer als Ganzes besch~Lftigen.

Bekanntlich sind die meisten rezenten Untersucher (Baurmann 1924, 1929; Redstob 1928, 1929, 1932; Duke Elder 1929, 1930; Leplat 1932) der Ansicht, dab der Glask6rper ein Gel ist. 1N~ch Baurmann sollten die Glask6rperf~den das Gelgeriist bilden und die zwischenliegenden Waben die Intermicellarrgume darstellen.

Der Gedanke, den Glask6rper als einen kolloidchemischen KSrper aufzufassen, ist wohl 2urn Teil durch sein Aussehen, aber mehr noch durch die Unm6glichkeit, seine Struktur als efile Gewebestruktur zu deuten, vorbereitet worden. Zweifellos hat auch das Problem der Wasserbindungs- verh/~ltnisse im Glask6rper einen StoB in die Richtung der Gelhypothese gegeben. Die T&tsache, dab tier GlaskSrper im lebendigen Auge ver- h/i.ltnism/~tBig groBe Quant i t~en Fliissigkeit (Humor vitreus) enth/~lt und offensichtlich sogar entgegen der okularen Tension festzuhalten vermag, tiei] die Vermutung zu, dab bier mSglicherweise dieselben Wasserbildungs- verh/~ltnisse vorl/~gen, wie bei manchen Gelen. Mit anderen Worten, falls der Glask6rper ein Gel w~re, so k6nnte man die Bindung der Glasflfissig- keit einfach als Folge des Quellungsverm6gens eines Glask6rpergels auf- fassen.

Die obengenannten Momente bilden gleiehsam die Bedingungen ffir die Entstehung der Gelhypothese. Wie steht es nun aber mit dan tat- s~chtichen Argumenten fiir diese Auffassung ~. Ein (Jberblick tier darauf beziiglichen Literatur lehrt, dab die Gelhypothese des GlaskSrpers sich eigentlich nur auf zwei Argumente stfitzt, n/~mlieh auf seine Struktur und

v. Graefes Archiv liir Ophthalmologie. 133. Bd, I

2 J. Goedbloed:

auf die Tatsaehe, dal~ pg-Ver~nderungen das Glask6rpervolumen beein- fiussen. Ieh m6chte hier die beiden Argumente n~her betrach~en.

Das ultramikroskopisohe Fadennmster ist vornehmlich yon Baur- mann als Argument flit den Gelcharakter des Glask6rpers herangezogen worden. Gegen dieses Argument l~Bt sich aber einwenden, dab die meisten Gele ultramikroskopisch fiberhaupt keine besondere Struktur zeigen. Dies besag~ nieht, da~ Gele keine Struktur haben. Sehr wahr- sehein]ich sind sie mikro- oder ultramikroheterogen. Eine damit unbe- dingt zusammenh~ngende Struktur lil~t sich aber nicht direkt wahr- nehm, en.

Nun hat Baurmann auf dig stabf6rmigen Micellen der Seifengele hingewiesen, aber die stabf6rmigen Micellen kommen nur vo iibergehen4 w~hrend der Gelatiniernng yon Seifen vor. ~Neiter ist man aueh nieht dazu berechtigt stabf6rmige Micellen den Glask6rperfi~den ohne weiteres gleichzustellen. Die ultramikroskopische Struktur des Glask6rpers kann meines Erachtens kein zuverli~ssiges Argument ffir seinen Gdlcharakter bilden.

XVas nun dig Volumen~nderungen betrifft, so haben mehrere Unter- sucher danach gestrebt, festzustellen, dab der GlaskSrper sein Volumen abhi~ngig yon der PH ~nder~. Diese Untersuchungen haben nicht zu fibereinstimmenden Ergebnissen geffihrt, in dcr vorigen Mitteilung habe ich diese Experimente schon kri£isiert. Ich babe darauf hingewiesen, da~ die Untersuchungen Yon Augen in toto, sowie die Versuche mittels der P/e/ /ersehen Zelle nieht dazu geeignet sind, das eventuelle Quellungs- verm6gen des Glaskgrpers zu priifen. Nur die Untersuehungen yon Baur- mann sind in dieser Hinsicht einwandfrei. Er hat yon frisch enuldeierten Glask6rpern das Volumen bestimmt und diese Messungen wiederholt, naehdem die Gtask6rper eine bestimmte Zeit freischwebend in LSsungen vonverschiedener Pt~ gelegen batten. Er erhielt so eine Votumen-pE-Kurve (Abb. 1), woraus ersichtlich war, dal~ der GlaskSrper in alien PH-Bereiehen eine sti~ndige Volumenverminderung erf~hrt, dab aber die Verminderung nicht in allen Gebieten gleich groB ist. Im Gebiete der physiologischen p~ und nach der schwach sauren und schwach alkalischen Seite ist die Volumenabnahme am geringsten. In stark atkalischem und insbesondere in saurem Milieu ist dig Volumenverminderung sehr groG, wahrend hash der stark sauren Seite dig Abnahme wieder etwas geringer ist. Wie Baurmann hervorhebt, hat diese Volumen-pg-Kurve des Glaskgrpers eine gewisse Xhnlichkeit mit der Volumen-pH-Kurve mancher amphoteren Gelen. Baurmann schlieBt denn auch auf Grund dieser Kurve auf einen Geleharakter des GlaskSrpers.

Ieh werde nun welter unten nigher auseinandersetzen, dab die oben- genannte Kurve noeh nicht beweist, dab der GlaskSrper ein Gel ist.

Es sei dabei erstens betont, dab eine deutliehe Definition des Begriffes Gel jeder Beweisfiihrung des Gelcharakters des Glask6rpers vorangehen

Smdien am Glask6rper. II. 3

soll. Eine deutliche Umschreibung des Gelbegriffes vermiB~ man nun bei den verschiedenen Autoren. Zum Tell is~ dies wohl daraus verst/ind- lich, da$ aus der darauf beziigliehen koiloid-ehemischen Literatur hervor- geht, dal~ Gel eigentheh nut der Sammelname ist ffir mehr oder wenig feste KSrper, welche wohl alle kolloidater Natur sind, abet sich in ihren physisch-chemisehen Eigenschaften untereinander noch weitgehend unterscheiden. Wenn man aber tier Einteflung folgt, welche Ostwv~Id (1928) yon den Gelen gegeben hat, so muB der GlaskSrper, falls er ein Gel ist,, zur Gruppe der Hydrogele gehSren.

Ich m6ehte nun folgende Definition eines Hydrogels vorschlagen: Das Hydro~el bildet ein dastisches System miteinander zusammen-

h~ingender kolloiden Teilchen ; inuerhalb dessdben be]indet sic, h ein duflerst

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A b b . 1. V o l u m e n k u r v e des G laskSrpe r s ( n a c h ~Raurman~, Graefes A r c h l y 114, 280).

]eines Wabensystem, welches eine wiisserige LSsung enthiilt, die einerseits an den Micellen ats Hydratationswasser gebunden ist und andererseits capillar i~ den Waben liegt.

Man kSnnte gegen diese Umschreibung einwenden, dal3 sie den Begriff Hydrogel zu sehr beschrZinkt. Mancher m6chte vielleicht zu den Hydro- gelen noch K6rper rechnen, welche nach der obengenannten Definition nicht mehr dazu geh6ren sotlen. Von der Seite der kolloidchemischen Systematik m6chte dieser Einwand richtig sein, fi~ das GlaskSrper- problem jedoch bietet diese Beschr/~nkung eben einen Vorteil. Denn das Problem des GlaskSrpers ist nicht an erster Steile das Problem seiner Klassifizierung, sondern das zentrale Problem bilden seine Wasser- bindungsverhi~ltnisse. Somit soll datum bei der Definition des Begriffes Hydroget, eben mit Riicksicht auf den GlaskSrper, das starke ~¥asser- bindungsvermSgen mancher Hydrogele und ihre Elastizit~t im Vorde~- grund stehen.

1"

4 J. Goedbloed:

Falls nun aus Untersuchungen hervorgeht, dab der GIaskfirper ein Gel ist im oben raitgeteilten Sinne des Wortes, so wfirde sich dann zugleich das Verhalten der Glasfliissigkeit innerhalb des Gerfistes und der Tonus des Glask6rpers erkl/iren. Man w/~re n/iralich dann dazu berechtigt, den Humor vitreus Ms die gebundene Flfissigkeit eines Glask6rpergels auf- zufassen und den Tonus des Glask6rpers als semen Quellungsdruck.

Die Priifung der Bedeutung der von Baurmann gemessenen Voluraen- pn-Kurve des Glask6rpers fordert aber nooh eine kurze Auseinander- setzung fiber den Bau und fiber die wichtigsten Eigenschaften yon Hydi'o- gelen ira allgemeinen.

Ober den Bau des Hydrogels m6chte ieh dera Schema yon Bungenberg de Jong (1929) folgen. Naeh ihm bfldet das Hydrogel eh~ anregelmaBiges

Netzwerk yon raiteinander zusaramen- h~ngenden kolloiden Teilehen. Es wird dabei auBer Betracht gelassen, ob man diese kolloide Teilchen als einzelne Mieellen (wie in einera Sol) oder als Micelkongloraerate auffussen sell. F fir das uns hier beschaf- tigende Problem ist das nieht von besonderer Wiehtigkeit. Zwischen den Teilchen liegen die mit einer w~sserigen L6sung geffillten ~Taben. Die Teflehen sind geladen und hydratiert. Deft, we sie sieh miteinander

/( 2 verbinden, trggt ihre Oberfl/iehe keine A b b . 2. Ger t is t eines H y d r o g e l s

(schematisehe Darstellnng). Ladung, w/~hrend die Hydratat ion da ge- S So lva t i ons sch i ch t ; K capi l la res Wasser. ringer ist (ungeschfitzte relativ hydrophobe

Kittstellen). Abb. 2 gibt eine schematische Darstellung der Teiichen in Gelverband. Das Wasser, das das Gel enth~lt, ist zum Teil an die Mieellen gebunden als Hydratationswasser; dieses Wasser geh6rt also zu den Gelmicellen. Dieses Hydratationswasser mug vorwiegend deft liegen, we alas Teilchen eine freie Oberfl~che hat. An den Xittstellen dagegen ist die Hydrat,~t, ion geringer; sog. relativ hydrophobe Stellen. Das fibrige Wasser liegt eapillar in den Waben des Gelgerfistes. Jedes Gel strebt nach einem Gleichgewichtszustande mit seiner Um- gebung (d. h. rait der Flfissigkeit, worin das Gel sich befindet), Das Gleich- gewicht innerhalb eines Gels wird yon einigen Faktoren beherrseht, welche alle auf dem Gelgeriist angreifen. Die Ladung und die Hydrata t ion ver- suchen die Teilehen auseinander Zu treiben. Der Expansionstendenz ge- genfiber steht abet eine Sehrurapfungstendenz, welehe an den Kittstellen des Gelgertistes angreift rand e'm engeres Zusammentreten der Teilchen an- strebt. Werm nun das Gel sich in Ruhe befindet, sind Expansionstendenz and Schrumpfungstendenz raiteinander im Gleichgewieht. Eine Ver- /~nderung dieser Faktoreu aber verursaeht eine Verschiebung des Gleich- gewichtes und damit eine Ver~nderung der gegenseitigen Lage der

Studien am Glask6rper. II. 5

Teilchen. Bekanntlieh lassen sich solche Verschiebungen durch Veri~nde- rungen der Pti hervorrufen. Ver/inderungen der H-Ionenkonzentration verursachen entweder eine Zunahme der Ladung und damit der Hydra- ration oder aber, wenn die pH verschoben wird in der Richtung des iso- elektr~schen Punktes, eine Verminderung dieser beiden. Falls die Ladung und die Hydratat ion zunehmen, werden die Gelteilchen der Schrumpfungs- tendenz zuwider welter auseinander gedriickt. Demzufolge werden die zwischenliegenden Waben grSl~er, wodurch das ganze Gel an Volumen zunimmt, indem die Waben eine grSl~ere Quantit/£t Fliissigkeit auf- nehmen; das Gel quilR, bis ein neuer Gleichgewichtszustand erreicht ist. Es wh'd auch ohne weiteres verst/~ndlich sein, dal~ eine Verminderung der Ladung und der Hydratat ion durch Verschiebung der p• in der Richtung des isoelektrischen Gebietes eine Schrumpfung (Entquellung) des Gels hervorruft, wobei Fliissigkeit aus den Waben gepreBt wird. Man kann in dieser Weise also eine Volumen-p~-Kurve eines Gels zusammenstellen. Es ist nun eine wichtige Tatsache, dab diese yon der Ladung und Hydra- tation abh/tngigen Volumen~nderungen reversibel sind, d .h . der Volu- menabnahme, welche ein Gel erf£hrt, wenn man es yon einem p~-Gebiet nach dem andern bringt, folgt wieder eine Zunahme in der l~iohtung des urspriinglichen Volumens, wenn das Gel in das erste p~-Gebiet zuriick gebracht wird. Eine vol]kommene Reversibilit£t zeigen die Volumen- ver~nderungen oft nicht. Insbesondere ist dies nicht der Fall, wenn man ein Gel durch PH-Veri~nderungen erst quellen und danach entquellen l~f~t. Doch sind die Ver~nderungen der Ladung und Hydratat ion vollkommen umkehrbar, aber bei einer Quellung yon bestimmtem Umfang k6nnen so starke Ver/£nderungen in der gegenseitigen Lage der Teilchen auf- treten, dab das urspriingliche Geriist teilweise zerrissen wird. Sotche eingehenden Strukturver~nderungen im Gel sind dann aber nicht mehr reversibel, wodurch man schliel~lich bei den Volumenmessungen nicht mehr genau auf das Ausgangsvolumen zurfickkommt. Von diesen iireversibelen Ver/~nderungen abgesehen, zeigen die Gele aber hinsichtlich Quellung und Entquellung eine weitgehende Reversibitit£t.

Das Gel ist elastisch; wenn man das Gel ]eicht zusammenpreBt, so nimmt es nach Aufh6ren des Druckes ziemlich schne]l wieder Wasser auf, bis das ursprfingliche Volumen wieder erreicht ist. Allerdings darf das Gel nicht zu stark gedriickt werden, well dann wieder irreversible Struktur- ver~nderungen auftreten kOnnen.

Es wird auch ohne weiteres verst/~ndlich sein, dab Salze mit einer ent- ladenden und solche mit einer dehydratierenden Wirkung (KC1, K2SO~) eine Volume nverminderung der Hydrogele herv-orrufen, w/thrend hydra- tierende Salze (z. B. konzentriertere KCNS-LSsungen) umgekehrt eine Volumenzunahme verursaehen. Die Volumenzunahme dutch stark hydra- tierende Salze kann schlielllich zu einer vollst/~ndigen Auf15sung des Gels fiihren, werm die starke Zunahme der Hydratat ion den einzelnen

6 X. Goedbloed:

Gelteilehen das GelatiniertbMben unm6glich macht. ])as Gel geht in kolloidale L6sung.

Kehren wir n u n zur Volumen-PH-Kurve des Glask6rpers zurfick. Auf die _;~nliehkeit dieser Kurve mit der Volumen-p~-Kurve der Hydro- gele wurde sehon hinge~4esen. ~ ' i e ieh aber betont habe, bedeutet diese Anatogie noeh nieht, dab der Glask6rper tats/~chlich ein Gel ist. Es dr/~ngt

sieh n/~mlich die Frage auf, ob die dureh pH-Ver/~nderungen verursachten Volumenver/~nderungen aueh reversibel sind. Die Arbeit yon Baurmann gibt hierauf keine Antwort. Ich habe datum die Reversibilit/~t in folgender Weise n/iher

-M untersucht : Von frisch enukleierten GlaskSrpern aus Rinderaugen

wurde das Volumen genau gemessen. Ieh habe dazu den in Abb. 3 wiedergegebenen MeBapparat benutzt. Er besteht aus zwei Teilen, welche mittels eines Schleifstfickes ineinander passen. Der obere Teil endet in einer schmalen Burette. Der untere Teil tr•gt einen Hahn. Wenn die zwei Teile ineinander gesehoben sind, hat der Apparat vom Hahn bis zur Marke M einen bestimmten Inhalt yon x ccm. Man kann nun das Volumen eines Glask6rpers einfach messen, indem man den Glask6rper vorsichtig in den unteren Tell des Megapparates gleiten 1/~gt, danach den oberen Teil auf- setzt und nun sovie] F]fissigkeit beipipettiert, bis diese an die Marke M hinanreieht. Falls man nun dazu y ecru Fltissig- keit beipipettieren mug, so ist tier Inhal t des GlaskSrpers x - - y com.

Der Gebraueh der fibliehen kalibrierten MeBzylinder ist ffir den GtaskSrper nicht zu empfehlen. Sic sind nut genau, wenn de r Durchmesser klein ist, aber in kleinen

Abb. 3. Apparat zur Zylindern wird der Glask6rper zu sehr gepreBt. In unserem 5~ess~ng aes Apparat aber wird der Glask6rper kaum gedrfickt, weil man Glask6rDer- voluraens, es beliebig weir maehen kann, w/ihrend die enge Burette

eine genaue Bestimmung trotzdem gestattet . Nut die Qualitgt des Sehleifstfiekes ist flit die Genauigkeit des Instrumentes maggebend. Der MeBfehler war bei dem yon mir verwendeten Apparat geringer als 0,5%.

Nachdem nun mit dem obenbeschriebenen Apparat das Volumen der frisehen Glask6rper best lmmt worden war, wurden sic in L6sungen yon verschiedener p~ gebracht. Nach 48 Stunden wurde das Volumen aufs neue gemessen und die prozentuelle Volumenverminderung be.rechnet. Ich erhielt so eine Volumen-p~t-Kurve des Glask6rpers (Abb. 4), welche mit der yon Baurmann mitgeteilten Kurve gut fibereinstimmt. Die Glas- k6rper wurden nun wieder in destilliertes Wasser gebraeht, welches einige Male erneuert wurde. Nach 24 Stunden wnrden wiederum die

Studien am. GlaskSrper. II. 7

Volumina bestimmt. Falls die Volumenvergnderungen reversibel wgren, hi~tten die GlaskSrper, welche im sauren und im atkalischen Milieu an Volumen so bedeutend abgenommen hatten, nun eine sehr starke Volumen- zunahme erfg]u'en miissen. }Vie aber aus Abb. 4 ersichtlich ist, sind die Volumenver~nderungen nicht reversibel. Alle GlaskSrper zeigen noch eine weitere Volumenverminderung; nut der im pg-GeSiet 1,8 sehr stark eingeschrumpfte GlaskSrper macht eine Ausnahme, insoweit es eine geringe Volumenzunahme sehen l~gt.

Aus dieser Irreversibilit~t der Volumenver~nderungen des Glas- kSrpers geht somit hervor, dal] das Gerfist des geschrumpften Glas- kSrpers bei Verschiebung der PH sich nicht aufs neue zu entfalten vermag,

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Abb. 4. --- . Vo]umen-p~-~u~e des G]a.skSrpers; ..... Verbindungslinle der Pv_uk~, welche das Gl~k{~rpervolumen angeben, ~chdem die G]ask6rper wieder in desti]]iertes

~Va, sser z u r f i c k g e b r a c h t s in4.

in der Weise wie das bei Hydrogelen der Fall ist. Der GlaskSrper ist nicht imstande, Flfissigkeit in bedeutenden Mengen zu binden oder capillar aufzunehmen. Wohl ist ein Tefl des Humor vitreus als Hydrata- tionswasser an den GlaskSrperf~den gcbunden, denn in einer vorigen Mit- teilung habe ich nachweisen kSnnen; dab die Fi~den hydratier~ sind und da6 diese Hydratat ion sich revcrsibel ver/~ndern l~i~t. Zum iibergro6en Tell aber wir4 die Glasfliissigkeit in keiner ~Veise vom Geriiste fest- gehalten. Die Fliissigkeig, welche dcr GlaskSrper verloren hat, Wird nicht wieder aufgenommcn. Auch kann diese Irreversibilit~t der Volumen- ver~nderungen nicht (lurch StrtLkturver~nderungen im GlaskSrper erld~rt werden, denn wie ich in der vorigen Abhandlung z mitgeteilt habe, bleibt das ultrami~oskopische Fadenmuster in allen pH-Bereichen unver~ndert bestehen. Trotz seiner besonderen Volumen-PH-Kurve zeigt der Glas- kSrper kein Quellungsverm5gen.

In Ubcreinstimmung damit li~I~t sich nun auch feststellen, daft die Fliissigkeit, welche der GlaskSrper durch Druck verliert, nach AufhSren des Druckes nicht mehr aufgenommen wfl'd. Somit zeigt sich dadurch der GlaskSrper als Ganzes als nicht elastisch. Es sei bier betont, dat3 dies nicht besagt, dab das GlaskSrpergerfist an sich nicht elastisch sei. Der

z Graefes Arch. 182, H. 3.

8 J. Goedbloed:

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yon mir in der vorigen Mitteilung gegebene Au~bau der GlaskSrperf£den l~l~t im Gegenteil vermuten, dal~ das Gerfist wohl elastisch sein miisse. Es liegen jetzt Untersuehungen vor yon Robertson und Dulce Elder (1933), worin tats~chlich eine Elastizitgt des GlaskSrpergerfistes nachgewiesen werden konnte. Der GlaskSrper als Ganzes aber ist nicht elastisch. Auch sieht man, dab der GlaskSrper ira Gebiete der physiologischen PH, also im sog. maximalen Quellungsgebiet in st/~ndiger Volumenabnahme begriffen ist.

Aber uueh s tark hydratierende Mittel, wie KCNS-LSsungen sind nicht imstande, eine Volumenzunahme des Glask5rpers herbeizuftihren.

Wie ich schon mitgeteilt habe 1, verursachen / ( c [ konzentriertere L6sungen des obengenarmten /(CH~--'~ Salzes eine ultramikroskopisch-deutlieh wahr-

nehmbare Zunahme der Hydrata t ion des Glas- kSrpergeriistes, bis dies schliel31ich ganz auf- gelSst wird. Diese t Iydratat ionsvermehrung aber ist nicht mit einer Volumenzunahme des Glask6rpers verbunden, wie aus Abb. 5 her-

_L~ r r _~ ~ , ~ ~ ~_ vorgeht. I m G e g e n t e i l n i m m t d e r G l a s k S r p e r o 200 ~o 000 800 zooo trotz der hydratierenden Wirkung des KCNS

Zonz.Sa/zM,,7//~¢~ doch noch in Volumen ab. Aus derselben Abb. 5. Einflutt einiger Sa~ze attf alas Glask6rporvohmcn in Abbfldung ist noeh ersichtlich, dal~ andere

neutralera p~-Gebiet. Salze gleichfalls eine Volumenabnahme ver- (Voll lmen n a e h 48 St,)

ursaehen und dab in dieser Hinsieht tier EinfluB des stark dehydratierenden K2SO 4 am deutlichsten ist. Doch ist die Volumenabnahme der GlaskSrper in konzentrierten KeS04-LSsungen viel geringer als die ira sauren p]~-Bereich.

Aus den oben mitgeteilten Versuchen ergibt sich, kurz zusammen- geraint, also folgendes:

1. Stark hydratierende Einfliisse verursachen, trotz dementsprechen- den Vergnderungen des Geriistes, keine Volumenzunahme des Glas- kSrpers. Die Vermehrung der Hych'atation des GlaskSrpergeriistes ist ira Gegenteil noeh mit einer totalen Volumenabnahme des GlaskSrpers verbunden.

2. Der frisch enukleierte GlaskSrper nimmt auch bei der physiologischen PH st~ndig in Volumen ab.

3. Die starke VoIumenverminderung, welche der Glask6rper in be- s t immten p~t-Bereiehen erf~hrt, sowie die ieichtere Abnahme in anderen Gebieten erweist sich ats irreversibel.

4. Der GlaskSrper als Ganzes ist nieht elastisch. Diese Beobaehtungen berechtigen zur SehluBfolgerung, dab es nicht

gestattet ist, die Volumenkurve des Glask6rpers als die Volumen-pH- Kurve eines Glask6rpergels aufzufassen. Beriieksichtigen wir welter die

1 Gr~efes Arch. 132, H. 3.

Studien am Gl~skSrper. II. 9

im Anfang gegebene Definition eines Hydrogels, so ist es klar, dal3 der Glask6rper die wichtigsten Hydrogelcharaktere (Elastizitat und Quellungs- verm6gen) vermift~. Ich bin deshalb der Meinung, dab es nicht richtig sein kSnne, den Glask6rper als 'ein Hydrogel zu betrachten.

Es erheben sich d~mit zwei Fragen. 1. Wie soil die Volumenkurve des GlaskSrpers denn eigentlich erkl~rt werden ? 2. Wie h~lt der Glask6rper intraokular sein Volumen und seinen Tonus, wenn ein Quellungsver- m5gen dafiir nicht verantwortlich sein kann ? Auf den folgenden Seiten wird nur die erste Frage nghere Beriicksichtigung linden. Den Tonus des GlaskSrpers mSchte in einer folgenden Mitteflung behandeln.

Wie Baurmann schon mitgeteilt hat und auch ich immer beobachten konnte, zeigt der GlaskSrper eben in den PH-Gebieten der st£rksten Vo]umenverminderung eine deutliche Trtibung. Diese Triibung ist im s~nren Gebiet deutlicher ale im alkalischen. Baurmann meint, dab diese Triibungen im sanren sowie im alkalischen Milieu die Folge eines Zu- sammenballens yon Ultramikronen sei, welche im Humor vitreus ent- stehen sollten infolge eines kSrnigen Zerfalls der GlaskSrperfgden. Er betrachtet die Trfibung, jedenfalls die im sauren Gebiet, als eine isoelek- trische Ausflockung des GlaskSrpergels.

In der vorigen Mitteilung habe ich schon nachweisen kSnnen, dab die Trtibungen weder im sauren noch ira alkalischen Gebie~ die Folge eines kSrnigen Zerfalls der GlaskSrperf~den sein kSnnen. A u s am iso- lierten Humor vitreus angestellten Versuchen, ging hervor, da~ die Trtibnngen eine Erscheinnng der Glasfliissigkeit sind und da!~ die Granu- lierung der Faden im sauren Bereich eben als die Folge eines Nieder- schlags yon Ultramikronen aus der getriibten Glasflfissigkeit betrachtet werden mul3.

Kalm nun, so wird man sich auf Grund dieser Beobachtungen fr~gen, die starke Volumenverminderung der Glask6rper in bestimmten Pl~ Bereichen anf irgcndeine ~e i se mit den dort zu gleicher Zeit auftretenden Trfibungen zusammenh~ngen ? In dieser Hinsicht ist es wichtig, dab sich herausgestellt hat, dab die S~Luretriibung sich durch Zuffigung yon neutralen Elektrolyten aufhellen lgBt. Die Einzelheiten dieser Glas- flfissigkeitstrfibungen werden hierunter noch eine ansfiihrliche Besprechlmg linden. I-Iier m6chte ich nur darauf hinweisen, dab eben dab besondere Ver- hal~en dieser SAuretrtibung gegenfiber Elektrolyten die MSglichkeit bot, den eventuellen Zusammenhang der Triibung mit der Volumenverminde- rung zu priifen. Es wurde n~imlich die folgende Versuchsserie eingesetzt. An einer Serie L6sungen mi~ aufsteigender PH wurden verschiedene Quantiti~ten einer neutralen Elektrolyte hinzugeffigt. Ich habe dafiir KC] genommen; das Salz hat an sich, wie aus Abb. 5 hervorgeht, nur einen geringen Einflul3 auf das GlaskSrpervolumen. Es wurde nun eine Serie mit 100 Milligq., eine mit 200 Milli~q. und eine mit 400 Mflligq. KC1 eingesetzt. Von den GlaskSrpern, yon denen vorher das Volumen genau

10 J, Goedbloed:

bestimmt worden war, wurde, naohdem sie 48 Stunden in den LSsungen gelegen hatten, dieses Volumen aufs neue gemessen. Abb. 6 gibt das Resultat dieser Versuche in Kurven wieder. Aus den Kurven geht hervor, dab das zugeftigte KC1 die Volumenabnahme im sauren Milieu deutlich be- einfluBt. Wenn man den PH-Bereich 1,8 betrachtet, so ist ersiohtlich, dab

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Abb. 6. EinfluB yon KOl (Konzentrationen in ~IHli~q,) auf alas Glask6rpervolumen in Yersch~edenen p]~-Bereiehen.

je gr6Bere Quantitgten KC1 hinzugeftigt werden, je geringer die Volumen- abnahme wird. W~hrend ohne KC1 die Abnahme 90% betr/~gt, ist sie im selben pH-Bereich bei Hinzufiigung yon 400 Milligq. KC1 nur noch etwa

35 %. Zugleich lieB sich feststellen, da6 auch yo

60

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25

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co(Ai~)Sz~

i I I I, 50 100 200 q00

l(onz Salz llilli~u. A b b . 7. Einf luB y o n KsSO4, t~C1, CaC12 and. Co(NHs)0C13 au f alas G l a s k S r p e r v o l u m e n bei 1OH

1,8. (Vo lumen n a c h 48 St .)

die S~uretrfibung stark abgenommen hatte. Der GlaskSrper war noch nicht vollkommen aufgehellt, doch zeigte noch eine ]eichte Opalescenz. Wie ich noch mitteilen werde, sind ~00 Milli~q. KC1 mehr als gentigend ffir die Aufhebung der Triibung. DaB abet der Glask6rper nach 48 Stunden trotz dieser hohen Konzentration KC1 noch nicht voll- kommen klar ist, 1/~Bt sich einfach daraus erkl~ren, dab KC1 nur langsam in den Glas- k6rper eindringt, so dab nach 48 Stunden die Konzentration des KC1 innerhalb des Glas-

k6rpers noch bedeutend niedriger ist als auBerhalb desselben. Dabei scheint ttC1 verh/fltnism/~Big schneller einzudringen.

Wit sehen also, dab KC1 in steigenden Konzentrationen eine deutliohe Verminderung der S~uretriibung des Glask6rpers bewirkt und dab damit eine bedeutend geringere Volumenverminderung verbunden ist. Die Trfibung im atkalischen Gebiet wird durch Hinzufiigung 2¢om KC1 keines- wegs beeinfluBt, und auch auf die dortige Volumonabnahme hat das Salz wenig EinflnB. Nur in hSheren Konzentrationen wirkt es der Volu- menabnahme entgegen, ohne jedoch die Triibungen zu beeintr/~chtigen. Andere Salze haben eine ahntiche Wirkung. Es wurde noch bei p~ 1,8 KeSO4; CaC12 und Co (NHs)sC1 s gepriift. Wie aus Abb. 7 ersichtlich ist,

Studien am Glask(irper. II. 11

bewirken alle diese Salze eine Verminderung der Volumenabnahme. K~S04 wirkt am st~rksten, dann folgt KC1; wahrend CaCl~ und Luteo- Co-C1 a erst in hSheren Konzentrationen die Volumenverminderung des GlaskSrpers deutlich beeintr~chtigen.

Bevor nun die Frage beriihrt wird, in welcher Weise die Volumen- verminderung des GlaskSrpers mit der Sguretriibung zusammenh~ngt und wie sich die Abnahme im alkalischen Bereich erld/~ren l~l~t, mSchte ich erst die Triibungen tier GlaskSrperfliissigkeit in sauren und in alkali- schen Medien einer ni~heren Betrachtung unterwerfen. Un~ersuchungen fiber die Natur der Trfibungen fiihrte ni~mlich zu Beobachtungen, welche auch fiir die Beantwortung der obengestellten Frage yon Bedeutung sind. Versuche am isolierten Hu- mor vitreus zeigen, da~ die Triibungen reine Erschei- nungen der Glasfliissigkeit sind. ])as Erlangen reiner Glasflfissigkeit wurde in folgender Weise erreicht:

Frisch enukleierte Glas- k5rper wurden mittels einer Gewebepresse (Abb. 8) vor- siehtig ausgeprel~t. Man er- hgtt in dieser ~%ise eine leicht triibe, e~was schmut-

O A b b . 8. Gewebepresse .

zig gelb gefgrbte Fliissigkeit, wghrend das GlaskSrpergerfist grSSten- tells auf dem Sieb liegen bleibt. Dieser Prel]saft mul~te noch welter gereinigt werden, derm er enthielt noch einige zerrissene GlaskSrper- fi~den, wghrend die gelbe Farbe dutch Beimischung yon Pigment der Ci~arepithelien verursaeh~ wurde. Der Prel~saft wurde darum w~hrend einer halben S~unde zentrifugiert auf 3000 Drehungen pro Min., wonach die ldare obenstehende Flfissigkeit vorsichtig abgegossen und noch einmal durch grobos Filtrierpapier filtriert wurde. Man erhielt in dieser Weise eine vollkommen klare, leich~ fadenziehende Fliissigkeit. Mikroskopisch enthielt sie keine Formelelemente, wi~hrend ultramikroskopisch nur ver- einzelt noeh kleine Stiickchen yon GlaskSrperf~den beobachtet werden konnten. Diese Fliissigkeit st~ll~ praktisch reinen Humor vitreus dar.

An dieser Fliissigkeit wurden nun die Triibungen im sauren sow~e die im alkatischen Gebiete untersucht. Weil sich dabei herausstellte, da6 die Trfibungen verschiedener Natur sind, werde ich sic hierunter gesonder~ besprechen. Es wird mit der alkalischen Tr~ibung angefangen.

Wenn man der Glasfliissigkeit soviel yon einer konzentrierten KOI-I- LSsung zusetzt, dal~ sie eine pu erreieht yon 12--13, so t r i t t eine deut- liche Triibung auf. Ultramikroskopiseh weist der Humor vitreus dann zahlreiche funkelnde Ultramikronen auf, ebenso'wie der GlaskSrper in

] 2 J. Goedbloed:

einer stark alkalisehen L6sung. Es ist nun zur Erkl~rung dieser Trfibung yon Wiehtigkeit, dal] sieh festste]len liel~, dab der Humor vitreus naeh Dialyse keine Trfibung mehr zeigt im alkalisehen Gebiete. Da nun dureh Dialyse die Glasfliissigkeit sa]zfrei gemacht wird, kann wohl mit SicKerheit gesagt werden, dal] also diese Trfibung durch einen Salzniederschlag ver- ursacht wurde. Auch das ultramikroskopisehe Bild wies dureh das funkelnde Aussehen der Teflchen schon auf tCrystallbildung hin. Nun enth~lt der Humor vitreus nebeneinander Caleiumionen und Phos- phationen. Dureh Hinzuffigung yon starken Alkalien entstehen daraus unl6sliehe Phosphate. H6ehstwahrscheinlich sind diese Phosphate fiir den Niedersch]ag verantwortlieh.

Die Triibung ira sauren Bereich ist yon ganz anderem Charakter. Aus Vorversuehen ;rag schon hervor, dal] Salze der Triibung entgegenarbeiten.

10

0 I 2 3 ~ ~- 8 7 8 9 /0 I f IB lYpl I Abb. 9. Triibungs-pi~-]~urve des salzfreien H u m o r vitreus.

Es war darum erwiinscht, die in obengenannter ~Veise gewonnene Glas- fifissigkeit erst noch salzfrei zu machen. Sie wurde darum w&hrend 24 Stunden gegen destilliertes Wasser dialysiert. Von dieser sa]zffeien Glasfliissigkeit wurde nun die Triibung in versehiedenen PH-Bereichen gemessen und die Resultate in Kurven wiedergegeben. Danach wurde der Einflul~ verschiedener Elektrolyten auf die Trfibung geprfift und ebenfalls zahlenmaltig festgelegt. Die Intensit~tt der Triibungen wurde gemessen mit dem Extinctometer yon Moll. Nun weist aber die im sauren Gebiet getrfibte Glasfifissigkeit nach einiger Zeit eine fibrillare Aus- flockung auf, wodurch die anfangs getrfibte Fliissigkeit wieder aufhellt. Eben im Gebiete des Trfibungsmaximums war die fadenf6rmige Aus- flockung sehr intensiv. Dies bildete eine sehr st6rende Komplikation bei der Messung, wodurch ich gezwungen wurde, die Triibung schon 30 Sek., nachdem die Quanta S~ure hinzugeffigt waren, also noch bevor die fibrill~re Ausflockung auftritt, zu messen.

Abb. 9 gibt die Trfibungs-p~-Kurve des salzfreien Humor vitreus wieder. Aus dieser Kurve ist also ersichtlich, dal~ des Trfibungsmaximum bei PH 2,1 ]iegt 1

1 In einer ersten Ver6ffentlichung (Goedbloed: Diss. Leiden 1932) habe ieh als maximales Trfibungsgebiet Pit 3,05 mitgeteilt. Der Untersehied mit der gege- benen Zahl erkl~rt sieh daraus, da] ieh darnels (1932) die Trfibung erst nach 8 Min., start nach 30 Sek., gemessen hatte. Demzulolge fend ieh, dutch eine teilweise fadenfOrmige Ausflockung des ~ukoproteins in stark sanren Medien, des l~[aximum der Trfibung etwas mehr nach der alkalischen Seite.

Studien am Glask6rper. II. 13

Dieses Maximum stimmt also sehr gut tiberein mit dem Volumen- minimum des GlaskSrpers im selben pH-Bereich (Abb. 10). Das Maximum und das Minimum der Kurven fallen nicht vollkommen zusammen. Man muB aber bedenken, dab in der Volumenkurve des GlaskSrpers als PH des GlaskSrpers die PR der AuBerfltissigkeit notier~ wurde. Da aber nach 48 Stunden (die Zeit, wonach die GlaskSrper aufs neue gemessen wurden)

50 106 ~S ,gG

?5 7~

:5 36

o o b : 2 s g 5 ¢ 7pz

&bb, t0. Z u s a m m e n h a n g dot Triibungs-p~-Jg:urve des H u m o r v i treus m i t tier V o l u m e n - p ~ - K u r v e

des GlaskSrpers.

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25

o : 2 s ~ sp/:

Abb. 11. Einf lug yon CaCl.. auf die Trtibung des H u m o r vitreus.

zwischen dem GlaskSrper und seiner AuBenfltissigkeit noeh kein voll- kommenes Gleiehgewicht besteht, wird also die H-Ionenkonzentration des GlaskSrpers noch etwas niedriger gewesen sein. Somit soll also in Abb. 10 die Volumenkurve etwas nach reehts versehoben gedacht werden. Dann aber passen auch die beiden Kurven vollkommen aufeinander.

20

10

0 /- £ 3 g 5p / /

Abb. 12. Einfhlfl y o n ~C1 auf die Trttbung des t I u m o r vibreus.

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20

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Abb, 13. EinfluB iron K..S04 au£ die Triibung des H u m o r vi trens .

Neutrale Elektrolyten haben auf die Sguretriibung des Humor vitreus einen bedeutenden Einflu[~, in diem Sinne, dal~ sie in steigenden Konzen- trationen die getrtibte GtasflLissigkcit immer mehr aufhellen. Dabei ist das AufhellungsvermSgen yon verschiedenen Salzen nicht gleich groB. Es wurde der Eiaflug yon drei Salzen gepriift, ngmlieh im KC1, CaC12 und KeSO 4. Die Abb. 11--13 zeigen in Kurven die ~¥irkungen der drei Salze in steigenden Konzentrationcn auf die Triibung. An Abb, 14 sind die Wirkungen von 50 Miltigq. yon jedem SMze untereinander vergliehen.

14 J. Goedbloed:

Diese Kurve zeigt deutlieh, dab CaC12 einen geringersn Einflul3 auf die Trfibung hat als KCI, w/~hrend K~SOa yon den drei untersuchten Salzen der Triibung am meisten entgegenarbeitet.

Diese ]3eobachtungen fiber die Beeinflussung der S/£uretrfibung des Humor vitreus durch versehiedene Salze stimmt somit sch6n fiberein mit dem EinfluB dsrselbsn Salze auf die Volumenvsrminderung des GlaskSrpers in saurem Bereich. Die Wirkung der Salze auf die Volumen- abnahme zeig~ diesslbs Reihenfolge wie die Wirkung auf die Trtibung (Vergleiehung Abb. 14 mit Abb. 7).

q0

30 A/u//vefsuc/1

~ 2 0 50 "/I/d¢~ C'a~

50 ,~ /(C'l.

5o . z.¢o~

o ~# 1.o 1,5 Zo 2,# 3,0 .~5 ~,o ~,# go 4:Pz

Abb. ].~. Vergle iehung der Einfliisse yon 50 Milli~q. CaOI~, KC1 un4 K~SO4 auf die Trf ibung des H u m o r vi t reus .

Die Beobaehtungen fiber die S~uretrfibung der Glasflfissigkeit lassen sich also in Iolgender Weise zusammenfassen:

Der Humor vitreus zeigt im selben pH-Gebiet,, wo der GtaskSrper eine Trfibung und eine intensive Volumenverminderung erf/~hrt, ebenfatls eine Trfibung, wovon das Maximum zusammenf/~llt mit dem Minimum der Glask6rpervolumenkurve (Abb. 10). Die Trfibung wird dureh Salze in stsigenden Konzentra~ionen aufgehoben.

Es war nun weiter noch wichtig festzustetlen, was ffir sine Erscheinung hier sigentlich vorlisgs mid welehsr Stoff ffir die Trfibung verantwort- lich sei.

TI4ibungen in kolloiden LSsungen infolge Entmischungen und Aus- flockungen, welche eine groBe Empfindlichkeit ffir Elektrolyten aufweisen, sind in den letzten Jahren gut bekannt geworden. Bungenberg de Jong und seine Mitarbeiter haben diese Erseheinungen ausffihrlich untsrsucht. Der physiseh-chemisehe Meehanismus, weteher diesen Erscheinungen zugrunde liegt, konnte durch seine Untersuchungen in maneher Hinsicht erl~utert werden. Fiir eine detail]ierte Beschreibung dieser Unter- suehungen mSchte ich auf die ursprfingliehen Mitteilungen des Autors

Studien am Glask6rper. II. ] 5

verweisen. Fiir unseren Zweek geniigt es, nur das Wesentliehe an diesen Erseheinungen bier kurz zu erwghnen.

Falls eine kolloide L5sung zwei Kolloide enth~lt mit verschiedenem iso- elektrischen Punkt, werden in einem pn-Bereich zwischen diesen beiden isoelektrischen Punkten die Teilchen des einen Kolloids negativ und die des anderen positiv geladen sein. Die LSsung enth~tlt also Teilchen mit entgegengesetzter Ladung. Die Teilchen entladen nun einander nicht, sondern sie ziehen sich auf Grund ihrer entgegengesetzten Ladung gegen- seitig an. Es bilden sich dadurch grSl~ere Aggregate yon Teilchen, die, wenn sie eine bestimmte Gr513e erreichen, eine Triibung der Fliissigkeit verursachen. Wenn die Aggregate (die sogenannte entmischte Phase des Kolloids) sich als flfissige TrSpfchen ausscheiden, so spricht Bungen- berg de Jong yon Koazervatbfldung. Well nun die KoazervattrSpfehen yon zwei Ko!loiden gebildet werden, heiiten diese Koazervate Komlolex- koazervate. Es ist abet aueh mSglich, da~ die sich ausscheidenden Aggregate mehr festen Charakter haben. Man diirfte dann yon Komplex- flockungen reden. Die Entstehungsweise ist aber dieselbe.

Fiigt man nun diesen L6sungen Salze zu, so nehmen diese die Ladungen tier Teilchen weg. Damit f~.llt aber das addierende Moment der Teilehen innerhalb eines Aggregates fort. Die Flockungen 16sen sich wieder auf in den einzelnen Teilchen und die vorher getriibte Fliissigkeit hellt sich wieder auf. Es lassen sich aul3er Salzwirkung an Komplexbildungen noch andere interessante Erscheinungen beobachten, wie besondere Ver- anderungen der Viscosit~t und Desintegrationserscheinungen im elek- trischen Felde; diese mSgen hier aber unbeachtet bleiben.

Die Triibung der Glasfltissigkeit in sauren Medien zeigt nun das gleiehe Verhalten wie die obenbesehriebenen Komplexaggregate. Auch h~er eine Triibung, wetche durch neutrale E]ektrolyten aufgehoben wird. Dies beweist, da9 die Trfibung der Glasfliissigkeit auf der Bfldung eines Komplexaggregates beruht. Die Trfibung geht nach kurzer Zeit in eine fadenfSrmige Ausflockung iiber; die sich bildenden F~den ziehen sich dabei energisch zusammen und hangen sich wie ein Kn~uel an die Ober- fI~che der nun wieder aufgehellten Fliissigkeit. Die ausftoekende Sub- stanz zeigt damit Eigenschaften, welehe auch yon Mucinen bekannt sind (s. Straufl u. Collier in Oppenheimers Handbueh der Biochemie). Mucinen sind konjugierte Eiweil~e, welche einen Kohlenhydratkomplex enthalten. Sie zeigen in m~l~ig saurem Milieu eine fibrin/~hnliche Ausfloekung, welehe durch Salze entgegengearbeitet wh'd. Duke Elder (1929) konnte im Humor vitreus yon Pferdeaugen ein Mukoprotein in geringer Konzen- tration (0,21°/00) naehweisen. Das Mukoprotein kann nun in sauren Medien,einen Komplex bilden, indem es aus zwei Komponenten mit ver- schiedenen isoelektrischen Punkten besteht oder aber die Mukoprotein- teilehen besitzen im sauren pH-Bereich sowohl positive w i e negative Ladungsstellen, wodurch ebenfalls Komplexbildung mSglich ist. Im

] 6 J. Goedbloed:

ersten Falle wiirde eine Komplexflockung, im zweiten dagegen eine sog. Autokomplexfloekung vortiegen (Bungenbsrg de Jong). Welehe dieser zwei MSglichkeiten fiir die GlaskSrpertrfibung zutrifft, konnte nieht mit Sicherheit entschieden werden. Ffir das uns hier beschgftigende Problem is~ das aber nur l\~bensaehe.

Die hier mitgeteilten Versuche am isolierten Humor vitreus fiihren also zum Ergebnis, daf]:

1. die Triibung im alkalischen Gebiet sich auf den Niederschlag eines Salzes, hSchstwahrsehehflich eines Phosphates, zuriickfiihren l~I~t;

2. da~ die Triibung im sauren Bereieh die Folge der Komplexaggrega- tion eines Mukoproteins ist.

Nach diesen Auseinandersetzungen fiber die Natur der GlaskSrper- trfibungen mSchte ich jetzt die Erkl~ung der Volumen-p•-Kurve des GlaskSrpers n£her betraehten. Ich werde dabei mit der starken Volumen- abn~hme im sauren Gebiet anfangen.

~Vie sehon mitgeteilt wurde, konnte zwischen diesel" Volumenver- mh]derung und der im selben pg-Bereich auftretenden Triibung ein deutticher Zusammenhang nachgewiesen werden. Es zeigte sich ja., dai~ eine Aufhebung der Triibung durch Salze mit einer gleichzeitigen Ver- minderung der Volumenabnahme verbunden war. Mart kSnnte nun vielleicht daffir die folgende Erkl£rung erw~gen. Das sieh im GlaskSrper befindende Mukoprotein binder gro~e Quantit~ten Wasser, weil es stark hydratiert sei. Wenn das Eiweil~ aber in saute Medien fgllt und dem- zufolge sein WasserbindungsvermSgen verliert, werden grol3e Quanti- t~ten anfangs gebundenen Wassers frei, wodurch eine starke Volumen- verminderung des GlaskSrpers auftritt. Diese Erkl~rung trifft aber nicht zu. Erstens ist es sehwer anzunehmen, d~B die verh~ltnism£~ig sehr kleJnen Quanten 3J[ukoprotein etwa 90% des GlaskSrpervolumens an ~Vasser zu binden verm6gen. Zweitens abet hgtte dann der Volumen- abnahme, nach Aufhebung der Trtibung durch Ver&nderung der p~ nach tier mehr alkalisehen Seite~ eine Volumenzunahme bis zum urspriinglichen Volumen folgen miissen. Wie ~ber aus Abb. 4 hervorgeht, besteht eine solche Reversibilit~t der Volumenvergnderungen nieht. Wohl ist die Trfibung reversibel, aber mit der Aufhebung derselben kehrt das ur- sprfingliche Volumen des GlaskSrpers nicht zuriick.

Die Erkl~rung mul~ also eine andere sein. Nun gibt die besondere Ausflockung des Mukoproteins wie yon selbst die LSsung. Wie ja nach- gewiesen wurde, floekt das Mukoprotein fibrillgr aus, wobei die sich bildenden F~den eine starke Neigung zum Schrumpfen zeigen. Diese Fi~den bilden sieh auch im sich trfibenden GlaskSrper und werden sich dort auch zum Teil an die bestehende ultramikroskopische Faden- struktm" heften. ~ i der Schrumpfung der neugebitdeten Mukoprotein- f~den wird nun der Glask6rper gleichs~m ausgepre~t werden. ~Tird alas

Studien am Glask6rper. II. 17

gef£11te Mukoprotein dureh pH-Versehiebung wieder gelSst, so wird die einmal aus dem GlaskSrper gepref~te Flfissigkeit nioht mehr aufgenommen, denn der Glask5rper hat kein QuetlungsvermSgen. Die leiehte Vohmen- zunahme naeh Aufhellung der Triibung bei pg 1,8 (s. Abb. 4) darf wohl als eine leichte eapillare Wirkung des noeh rigiden GlaskSrpergeriistes aufgefal~t werden, denn die anfangs zusammengedrgngte Fadenstruktur wird nach Aufhebung der Triibung sich wieder ein wenig zu entfalten versuehen.

Wenden wi:r uns jetzt zu den GlaskSrpern in stark alkalischen LSsungen. Wie naehgewiesen werden konnte, ist die dabei auftretende Trfibung hSehstwahrseheinlieh die Fotge eines Phosphatniedersehlags. Das Zu- sammenfa]len dieses Niedersehlages mit einer in alkalisehen Medien auftret~nden starken Volumenabnahme des GlaskSrpers ist wohl zufgllig. Es ist nicht anzunehmen, dal~ der Niedersehlag eines im Humor vitreus in so geringer Konzentration vorkommenden SMzes eine so starke Volu- menverminderung herbeifiihren kSnne. Man beobaehtet aber an Glas- kSrpern in stark Mkalisehen LSsungen lange Fetzen an der Oberfl~ehe, welehe sich in der umgebenden Flfissigkeit verlieren. Xhnliche Ersehei- nungen zeigen GlaskSrper in konzentrierten KCNS- und KJ-LSsungen. Dies weist darauf bin, dal~ starke Alkalien den GlaskSrper zur AuflSsung bringen, weft sie des Fadengeriist des GlaskSrpers peptisieren. Hiermit erklart sich diese Volumenverminderung in alkalischen LSsungen aueh als ein vollkommen irreversibeler Prozef].

Schlu[3betrachtung. Die in den w)rigen Seit~n ausfiihrlich besprochenen Versuche haben

zu dem Ergebnis geffihrt, dab die Volumenver£nderungen des GlaskSrpers durch pK-Verschiebungen irreversibel sind. Des einmal zusammen- gefallene G.laskSrpergeriist zeigt keine Neigung mehr sieh zu entfalten. Somit hat d~r GlaskSrper kein Que]lungsvermSgen. Welter erwies sich der Fliissigkeitsver]ust, welehen der GlaskSrper erf~hrt durch leiehten Druek, ebenfMls irreversibe]. Der Glask5rper als Ganzes ist also aueh nieht elastisch. Unter Beriicksiehtigung der im Anfang dieser Mitteilung gegebenen Definition eines Hydrogels ist es also klar, dab der GlaskSrper die wiehtigsten Charaktere eines Hydroge]s (Elastizit£t und Quellungs- vermSgen) vermissen l~Bt. Ieh stehe deshalb auf dem Standpunkt, daf~ man den GlaskSrper nicht wie ein Hydrogel auffassen darf.

:Nun kSnnte man aber gegen meinen Standpunkt, dab also der Glas- kSrper kein Hydrogel sei, einwenden, dal~ dutch eine weniger besehr~n- kende Definition des Hydroge]begriffes der GlaskSrper doch noeh zu den Gelen zu reehnen w£re. Ein soleher Einwand wfirde abet den Sinn meiner Beweisfiihrung ganz verkennen. Ob man den GlaskSrper noch ein Hydro- gel nennen wird oder nieht, h£ngt wohl yon der Definition ab, welehe man veto Begriff Hydrogel iiberhaupt geben m5ehte. Eine mehr

v. Graofos Archly fiir Ophthalmologie . 133. Bd. 2

18 J. Goedbloed:

umfassende Umschreibung des Begriffes Gel aber macht den Begriff wert- los fiir die Erkl~rung yon besondern Eigenschaften des Glask6rpcrs als Geleigenschaften. Und eben um die Erli~uterung der G]ask6rpereigen- schaften handelt es sich beim Glask6rperproblem, nicht um die Klassi- fizierung des GlaskSrpers. Letzteres ist eigentlich eine vollkommen gleich- giiltige Nebensache. Nicht gleichgfiltig aber ist die Frage, wie man den Tonus des GlaskSrpers erkl~ren soll. Wie nun aus meinen Versuchen hervorgeht, w~re es falsch, hier yon einem Quellungsdruck zu reden, denn der Glask6rpcr zeigt kein QuellungsvermSgen. Auch bestehen zwischen Glasfliissigkeit und Glask6rpergeriist nich~ die engen Beziehungen wie zwischen dem Gerfist eines Hydrogels und seiner Dispersionsfliissigkeit. Auch die Volumen-PH-Kurve des G]askSrpers erwies sich als nicht iden- tisch mit der Ladungs-Hydratationskurve eines Hydrogels. Ebenfalls stellt auch die Triibung des GlaskSrpers im saurem Milieu keine iso- elektrische Flockung eines ,,GlaskSrpergels" dar, also eine Ver~nderung des Dispersionsgrades eines Gelgerfistes, sondern diese Trfibung erweist sich als die Komplexflockung eines Eiweil3es des Humor vitreus.

Eine mehr eingehende Untersuchung der Eigenschaften und Eigen- tfimlichkeiten des Glask6rpers zeigt also, dab diese ganz besondere Erkl£rungen bediirfen und dal3 bestimmte Eigenschaften von Hydro- gelen zu diesen Erkl~rungen nicht mehr ausreichen. Damit w~re ein eventueller Versuch, den GlaskSrper doch noch zu den Gelen zu rechncn, als nutzlos zu betrachten.

Kurze Zusammen/assung der Ergebnisse.

1. Die Gelhypothese des GlaskSrpers wurde ausffihrlich kritisiert. Es wurde darauf hingewiesen, dal~ weder die Struktur, noch die Vo]umen- p~-Kurve einen zuverl£ssigen Beweis fiir seinen Gelcharakter bilden.

2. Es wurde eine Definition des Begriffes t tydrogel gegeben, worin das WasserbindungsvermSgen und die Elastizit~t als wichtige Eigenschaften im Vordergrund stehen.

3. Es ]ieB sich nachweisen, daI~ die Volumenver~nderungen des Glas- kSrpers durch p~-Veri~nderungen nicht reversibel sind und dal~ der Glas- kSrper kein Quellungsverm5gen hat.

4. Volumenverminderung des GlaskSrpers infolge leichtem Druck zeigte sich ebenfalls als irreversibel. Somit erwies sich der Glask5rper als Ganzes als nicht elastisch.

5. Es wurde nachgewiesen, dab die Trfibung des GlaskSrpers in be- stimmtem p~-Bereich auf Trfibungen der Glasfliissigkeit beruhen. Die Trfibung im sauren Gebiet beruht auf der Komplexflockung eines Muko- proteins, w~hrend die alkalische Triibung hSchstwahrscheinlich durch den Niederschlag yon Calcinmphosphaten verursacht wird.

Studien am GlaskSrper. II. 19

6. Die Volumenvermindcrung des GlaskSrpers in sauren Medien beruh t auf einer mechanischen Auspressung durch Schrumpfung der bei der Mukoproteinf£11ung sich b i ldenden F~den.

7. Die Vo lumenabnahme i:m alkalischen Gebiet ist die Folge einer AuflSsung des GlaskSrpergeriistes durch die peptisierende Wh'kung starker Alkalien.

8. Die Beobachtungen bewiesen somi~, dab die Eigenschaf ten des GlaskSrpers n icht als Eigenschaf ten eines Hydrogels gedeu~e~ werden dtirfen.

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