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665.345.4 : 66.095.26 STUDIEN UBER DIE POLYMERISATION VON FETTEN OELEN. I11 VON ALPH. STEGER UND J. VAN LOON. Das Verkochen von Leinol im Zusammenhang mit dem Entstehen von Triibungen in daraus bereiteten Standolen ‘1. Einfeitung. Es ist eine bekannte Tatsache, dass frische, anfangs helle Leinolstandole wahrend des Aul hrwahrens bei 2immcrten;Le- ratur (20’ C) langsam triibe werden. und dass sich darin schliesslich oft grossere Flocken von unloslichem Material ausscheiden , Dieses sogenannte ,,Blindwerden” der Leinolstandole wird im aligemeinen als eine weniger erwunschte Eigenschaft angesehen, obwohl man nicht mit Sicherheit die Ursache desselben angeben kann und daher auch nicht genau weiss, welchen Einfluss es auf die mit solchen Standolen hergestellten Produkten hat. In der Literatur ist iiber dieses ’Thema auch nicht vie1 ZLI finden. Die Triibungen werden gewohnlich dem Vorkommen von Schleim- und Eiweisstoffen zugeschrieben oder auch wohl im Oel noch vorhandenen Raffinationsresten, z.B. Spuren von Rleicherde. Zur Beantwortung der Frage. wie die Trubungen in Leinol- standolen entstehen. wurde von uns eirie systematische Priifung der verschiedenen moglicherweise dam beitragenden Faktoren angestellt. Diese sind: 1. Schleim- und Eiweisstoffe, welche wahrend der Erhitzung unloslich werden, oder auch in unlBsliche Produkte zerfallen : 2. Vorkommen von Verunreinigungen im Oel, z.B. von Ra6- nationsresten : 3. Zersetzung des Leinols in in Standol unlosliche Zersetzungs- produkte infolge der Warmepolymerisation ; 4. Aenderung der Eigenschaften des Leinols wahrend der Polyme- risation. 2. B. konnen bei Zimmertemperatur im Leinol leicht ios, liche Bestandteile im Standol weniger loslich sein und sich deshalb darin ausscheiden. 1) Eine Arbeit von Waterrnan und Oosterhof, Rec. trav. chim, 52 895 (1933), fiber die bei der Polymerisation des Leinols auftretenden Erscheinungen veranlasst uns die von uns schon in 1929 ausgefuhrten Untersuchungen uber dasselbe Thema jetzt zu veroffentlichen. LII 37

Studien über die Polymerisation von fetten Oelen. III

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665.345.4 : 66.095.26

STUDIEN UBER DIE POLYMERISATION VON FETTEN OELEN. I11

VON

ALPH. STEGER UND J. VAN LOON. Das Verkochen von Leinol im Zusammenhang mit dem Entstehen

von Triibungen in daraus bereiteten Standolen ‘1.

Einfeitung. Es ist eine bekannte Tatsache, dass frische, anfangs helle Leinolstandole wahrend des Aul hrwahrens bei 2immcrten;Le- ratur (20’ C) langsam triibe werden. und dass sich darin schliesslich oft grossere Flocken von unloslichem Material ausscheiden , Dieses sogenannte ,,Blindwerden” der Leinolstandole wird im aligemeinen als eine weniger erwunschte Eigenschaft angesehen, obwohl man nicht mit Sicherheit die Ursache desselben angeben kann und daher auch nicht genau weiss, welchen Einfluss es auf die mit solchen Standolen hergestellten Produkten hat.

In der Literatur ist iiber dieses ’Thema auch nicht vie1 ZLI finden. Die Triibungen werden gewohnlich dem Vorkommen von Schleim- und Eiweisstoffen zugeschrieben oder auch wohl im Oel noch vorhandenen Raffinationsresten, z.B. Spuren von Rleicherde.

Z u r Beantwortung der Frage. wie die Trubungen in Leinol- standolen entstehen. wurde von uns eirie systematische Priifung der verschiedenen moglicherweise d a m beitragenden Faktoren angestellt. Diese sind:

1. Schleim- und Eiweisstoffe, welche wahrend der Erhitzung unloslich werden, oder auch in unlBsliche Produkte zerfallen :

2. Vorkommen von Verunreinigungen im Oel, z.B. von R a 6 - nationsresten :

3. Zersetzung des Leinols in in Standol unlosliche Zersetzungs- produkte infolge der Warmepolymerisation ;

4. Aenderung der Eigenschaften des Leinols wahrend der Polyme- risation. 2. B. konnen bei Zimmertemperatur im Leinol leicht ios, liche Bestandteile im Standol weniger loslich sein und sich deshalb darin ausscheiden.

1) Eine Arbeit von Waterrnan und Oosterhof, Rec. trav. chim, 52 895 (1933), fiber die bei der Polymerisation des Leinols auftretenden Erscheinungen veranlasst uns die von uns schon in 1929 ausgefuhrten Untersuchungen uber dasselbe Thema jetzt zu veroffentlichen.

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I. Schleim- und Eiweisstoffe. Wenn Schleim- oder Eiweisstoffe die Triibungen verursachen, so

miissen Leinole, welche von diesen Verbindungen befreit sind, auch helle Standole geben.

Die Entfernung der erwahnten Bestandteile wurde in verschiedener Weise durchgefiihrt und zwar wie folgt durch :

a. Langes Lagern: b. Kurzes Erhitzen auf 300'; c. Behandeln mit Bleicherde oder aktiver Kohle ; d. Behandeln mit Sauren ; f . Behandeln mit Salzen; g. Erhitzen mit Wasser oder Wasser- dampf bei verschiedenen Temperaturen ').

Verschiedene Leinole, nach einem oder mehreren dieser Verfahren vorbehandelt, ergaben nach dem Verkochen zu Standol in allen Fallen Produkte, welche sich beim Aufbewahren bei Zimmertempe- ratur triibten.

Schleim- oder Eiweisstoffe verursachen also hier die Triibungen nicht, ebenso wenig die Zersetzungsprodukte, welche Eeim Erhitzen daraus entstehen konnen.

11. Verunreinigungen des Leinols. Reine Leinolfettsauren, mit Glycerol verestert '), und zum Standol

verkocht, gaben ein Produkt, das sich beim Stehen auf Zimmer- temperatur triibte und sich weiter von einem sofort aus Leintil be- reiteten Standol nicht unterschied. Raffinationsreste, u. s. w., konnen also hier die Triibungen nicht verursacht haben. Auch ist dieser Versuch eine Bestatigung der unter I gefundenen Ergebnisse.

111. Zersetzung des Leinols infolge der Erhitzung auf hohere Ternperatti r .

Ein La-Plata-Leinol wurde nach den unten naher beschriebenen Verfahren verkocht und zwar im Kohlendioxydstrom und immer bei 290-300' C.

.

Das reine Leinol zeigte die fo!genden Eigenschaften : Jodzahl nach Wijs 178 : unverseifbare Bestandteile 0.7 o/o : ge-

sattigte Sauren nach Bertram ') 11.6 o/io : nzo = 1.4805. E r s t e r V e r s u c h. Dazu wurde ein Destillationskolben mit

ziemlich hohem Ansatz zum Abfuhren der fluchtigen, beim Erhitzen gebildeten Zersetzungsprodukte verwendet. Diese letzten waren zum Teil flussig, zum Teil auch fest ; auch entstehen gasformige, bei Zimmertemperatur nicht kondensierbare Produkte.

Weil der Aufsatz des Kolbens ziemlich weit aus dem Luftbad hinausragte, kondensierte schon ein Teil der Zersetzungsprodukte an der W a n d des Aufsatzes und floss in den Kolben zuriick.

Nachdem die Polymerisation beendet war (nzo = 1.4900). zeigte sich bald nach Abkiihlung auf Zimmer- oder Eisschranktemperatur

z, Vergl. Schonfeld. Neuere Verfahren zur Raffination. 1931, S. 54 u. f.

4, Z . deut. Oel-Fett Ind. 45, 733 (1925). VergI. van Loon, Diss. Delft L929. S. 92.

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eine starke Triibung im Standol, das eine hohe Saurezahl besass (18). Weil das Destillat des vorigen Versuchs

halbfest war, aber auch beobachtet wurde, dass in dem verwendeten Apparat nicht alle fliichtigen Bestandteile aus dem Standol entfernt wurden, so schien es uns nicht unmoglich zu sein, dass die unge- niigende Entfernung dieser halbfesten Produkte zu der Trubung beitragt.

Unser z w e i t e r V e r s u c h wurde deshalb in einer Retorte aus- gefuhrt, die bei 300" bis zum Rande mit Leinol gefiillt war, damit gebildete, fliichtige Zersetrungsprodukte sofort seitwarts abgefuhrt werden konnten.

Tatsachlich wurde auf drese Weise etwas mehr Destillat erhalten als beim ersten Versuch. Das Standol aber wurde bei Zimmer- oder Eisschranktemperatur wieder triibe, wenn auch weniger stark als beim ersten Versuch.

Wei l das Destillat vie1 freie Fettsauren enthielt, welche zum Teil fest waren, wurde nachgepriift, ob das erhaltene Standol auch noch zur Trubung beitragende freie FettFauren enthielt. Beini Er- hitzen des Standols im Hochvakuum destillierten wirklich halbfeste Fettsauren iiber, untl die Saurezahl sank von 10.8 auf 3.4. Nach diesem Verfahren zeigte das Stand01 bei Zimmertemperatur keine Triibung mehr, wohl aber beim Stehen im Eisschrank. Wei l die Saurezahl so niedrig ist, kann diese. nur bei niedriger Temperatur auftretende, Trubung kaum von noch vorhandcnen freien festen Fettsauren herriihren.

Eine Verkochung des Leinols im Hochvakuum ergab ein mit dem vorigen Versuch iibereinstimmendes Resultat.

Well die Anwendung eines Hochvakuums technisch nicht in Betracht kommt, wurde versucht, ob ein geringeres Vakuum zu ahnlichen Ergebnissen fiihrt '). Die folgenden Versuche wurden deshalb unter Anwendung eines Vakuums wieder in der Retorte bei 290--300' C ausgefuhrt. Ein Vorversuch bei 70-80 mm Quecksilberdruck zeigte schon eine Verbesserung, im Vergleich zu den Versuchen 1 und 2 ohne Vakuum. Das Resultat war noch besser bei einem Vakuurn von 5-6 mm. Das dabei erhaltene Standol war ein transparentes, hellgelbes und fast geruchloses Produkt, das bei Zimmertemperatur sich nicht triibte, und im Eisschrank nur eine ganz geringe Opalescenz zeigte, welche bei Zimmertemperatur wieder verschwand. Das Stand01 zeigte ni0 =

2 w ei t e r V e r s u c h.

1.4920 und gehort zu der extra-dicken Qualitat. Vom Leinol, Standol und Destillat wurden bestimmt :

5, Vergl. Leppert, Rogovin und Rudling. D.R P. 181193 (1903): Verfahren zum Kochen von trocknenden Oelen und Gemischen yon trocknenden Oelen mit Harzen, dadurch gekennzeichnet. dass das Kochen uoter Anwendung vom Vakuum erfolgt.

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1 Leinol 1 Standol 1 Uestillat

I VerseiFungszahl 1 194 194 1 189 Saurezahl 0.37 j 2.3 118 Unverseifbares, "/" 1 0.7 , 0.5 1 100

Die Verseifungszahl hat sich also wahrend der Polymerisation praktisch nicht geandert. Auch beim Arbeiten ohne Vakuum ist dies der Fall. M a n hat daraus geschlossen, dass keine eingehenden Aenderungen in der Struktur der Molekule des Oels stattgefunden haben. W i r werden aber spater zeigen, dass diese Schlussfolgerung nicht zutrifft. Es treten gerade sehr wichtige Aenderungen ein 6), welche aber in der Verseifungszahl, die einen Mittelwert darstellt, nicht in Erscheinung treten.

Die Saurezahl weist auf ungefahr 1 o /o freie Fettsauren im Standol hin iind ist der des im Hochvakuum behandelten Standols praktisch gleich. Das Destillat enthalt vie1 freie Fettsauren aber auch noch Glycerole, weiche wahrscheinlich nur von iibergespritztem Oel her- riihren.

Die abgeschiedenen unverseifbaren Bestandteile des Leinois sind fest, die des Standols fliissig ; letztere sind, ebenso wie die des Destillats, durch Zersetzung entstanden.

Eine Analyse des Destillats ersab folgendes : Unverseif bares Neutralfett 34.4 Fettsauren 50.5 (halbfest, Fluchtige Bestandteile 5.3

10.0 or I) (flussig)

Die fluchtigen Bestandteile bestehen zum Teil aus niedrigeren Fettsauren, hauptsachlich aber aus Unverseif barem. Auch bei Eisschrankternperatur sind nur die freien Fettsauren fest. sodass nur diese bei der Standolverkochung ohne Vakuum zu einer Triibung beitragen konnen und nicht sonstige Zersetzungsprodukte.

Die obenerwahnten Untersuchungen haben also gezeigt, dass die festen, freien Fettsauren eine Triibung des Standols veranlassen konnen. Sie sind aber nicht der einzige Faktor, welchcr diese Erscheinung hervorruft, denn praktisch neutrale Oele triiben sich dennoch bei Eisschranktemperatur, sei es auch wenig.

Die vorigen Untersuchungen haben gezeigt. dass infolge der Polymerisation des Leinols bei hoheren Temperaturen eine starke Zersetzung stattfindet und zwar auf zweierlei Weise :

6, Es hilden sich namlich wahrend der Polymerisation des Leinols infolge einer Zersetzung desselben Verbindungen (oder Polymerisate), welche nach Verseifung und Entfernung des Unverseif baren eine niedrigere Saurezahl und also ein hoheres Mo1ekular;iewicht als die Leinolfettsauren besitzen. Bei der Holzolstandolbereitung trrtt diese Erscheinung nicht auf. wenigstens wenn nicht zu lange oder zu hoch erhitzt wird.

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I . 2.

Jetzt bestehen tblgende Moglichkeiten : a.

Zersetzung unter Bildung von freien Fettsauren : Zersetzung unter Bildung von niedrigmolekularen Sauren und

unverseifbaren Bestandteilen.

Die ungesattigten Bestandteile des Oeles zersetzen sich leichter als die gesattigten, sodass prozentisch eine Zunahme an letzteren stattfindet, welche das Entstehen einer Triibung fordern kann. Es entstehen neue gesattigte Sauren infolge einer Verschiebung der Doppelbintlungen in den ungesattigten Sauren, und einer Zersetzung derselben an der Stelle der Doppelbindungen.

W i r haben zur Priifung dieser Arbeitshypothese aus dem im Vakuum erhaltenen Standol und dem dazugehorigen Destillat die Gesamtfettsauren bereitet und darin die gesattigten Sauren (nach Bertram) zu ermitteln versucht. Bei vorschriftmassiger Bestimmung fanden wir i m Stand01 15..3 @ und im Destillat 15.7 Oi i0 derselben. Dem Anschein nach wiire dies also eine Zunahme von ungefahr 4OI0 gesiittigten Sauren, weil das Leinol nur 11.6 ’/,, derselben enthielt. Es ergab sich aber, dass der Brechungsindex dieser Fettsauren sehr hoch war, was auf das Vorkonimen von polymerisierten Verbin- dungen hinweist, welche infolge ungenugend oxydativer Spaltung nicht beseitiGt wurden. Auch schon die gesattigten Fetcsauren aus Leinol. nach Bertram erhalten, zeigen eine unerwartet hohe Refraktion und zwar n’,” == 1.4362 (Stearinsaure 1.4333) und sind deshalb sehr wahrscheinlich auch nicht ganz ohne polymerisierte Bestandteile ’).

W i r haben deshalb die Oxydation m i t der doppelten Menge Permanganat wshrend zweier Tagc!, statt eines, ausgefuhrt. Das sehr dicke Standol (n’,” = 1.4920) ergab jetzt 13.5 ‘I,, ein normaldickes (.to =I 1.4900) 12.3 @/o gesattigte Siiuren. Diese Zahlen nahern sich schon mehr dem W e r t des Leinols, bleihen aber etwas hoher. Auch ist der ermittelte Gehalt beim stark polymerisierten und also mehr zersetzten Standol doch immer etwi3s hoher als fur das dunncre. O h diese Weree richtig urid also wirklich hoher sind als fur das unbe- handelte Leinol, oder ob die Differenz immer noch dem Vorkonimen von schwer oxydativ zu spaltenden Polymerisaten zuzuschreiben ist, kann infolge der geringen Menge des Materials schwer bestimmt wetden. Jedenfalls wiirde die Zunahme a n gesiittigten Fettsiitlren ja sehr gering sein, und es ist deshalb fraglich, oh sie vie1 zu der Triibung beitragen wiirde.

W i r haben versucht nachzuweisen, oh eine Verschiebung der Doppelbindungen wahrend der Polymerisation stattfindet. Bei der Ozonisation der Standolfettsauren haben wir aber immer nur die Azelainsaure nachweisen konnen. Die ungesattigten Fettsauren ent- halten also immer noch eine Doppelbindung an der 9--10 Stelle;

b.

Ad a.

Ad b.

7 ) Weil die gesattigten Fettsauren des Leinols (m. M. G. 275) fast nur aus Palrnitin- und Stearinsaure hestehen, musste die Refraktion derselbetl noch niedriger sein als die der Stearinsaurc.

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dort findet also keine Verschiebung statt. Weil aber der grosste Teil der Polymerisate Ozonide liefert, welche nach der Zersetzung mit Wasser klebrige, harzartige und nicht weiter zu identifizierende Produkte ergeben, so ware es moglich, dass verschobene Doppel- bindungen sich auf diese Weise der Bestimmung entziehen. Wahr - scheinlich aber ist eine solche Verschiebung nicht.

Wohl konnten wir nachweisen, dass wahrend der Polymerisation niedrigere, gesattigte Sauren durch Zersetzung der Ester entstehen, aber sie komrnen nur in geringer Menge im Standol vor.

IV. Eine Aenderung de t Eigenschaften des Leinols ivahrend der Polymer is a t ion.

Es ist bekannt, dass die Loslichkeit des Leinols in verschiedenen Losungsmitteln grosser ist als die eines Stand&.

Der folgende Befund veranlasste uns nachzupriifen, in wieweit die gesattigten Anteile des Leinols infolge einer Aenderung in den Eigenschaften des Oels wahrend der PolyrnerisaLion zu den Triibungen beitragen konnen.

W i r erhielten einmal ein Leinol, dass an sich schon triibe war. Beim ruhigen Stehen verschwand die Triibung und es schieden sich grosse unlosliche Flocken im Oel ab, welche den in den Standolen vorkommenden flockigen Ausscheidungen ahnlich waren. Bei Filtration einer grosseren Menge des Oels wurde ein Riickstand erhalten, der zur Entfernung von leichtloslichen Oelresten mit Aceton extrahiert wurde. Der in Aceton unlosliche Teil wurde mit Salzsaure zur Entfernung von Mineralbestandteilen erhitzt und weiter aus Alkohol umkrystallisiert. Es ergab sich, dass die schwer losliche Verbindung praktisch reine C e r o t i n s a u r e war (C26H5202).

Bis jetzt wurde diese Same nicht im Leinol nachgewiesen: viel- leicht ist sie nicht so sehr ein Bestandteil des Sarnenoles, sondern des Wachses der Samenschale.

Die Cerotinsaure und die obenerwahnten festen Fettsauren sind im Standol, selbst im Leinol schon wenig loslich. Sie kommen aber auch an Glycerol gebunden vor '). Wie steht es mit der Loslichkeit dieser Glycerole? In Leinolen finden schon bei -10 bis 0' C selbst bis + 5 O C. Ausscheidungen von festen Glycerolen statt "). je nach der Leinolart bei verschiedener Temperatur und in verschiedenern Mass. Bei Standolen treten die Triibungen zwar bei etwas hoherer Temperatur auf (0 bis 10' C bei im Vakuum verkochten Standolen), aber es ist nicht unrnoglich, dass in den beiden Fallen die Triibung derselben Ursache zugeschrieben werden kann, namlich dem Vor- kornmen von Glycerolen, welche gesattigte Sauren enthalten, und die sich unter einer gewissen Temperaturgrenze in den Oelen als unloslich ausscheiden. Die Eigenschaften der polymerisierten Anteile ~ _ _ I _ _

8) Das durch Cerotinsaure getriibte Leinol ergab auch ein sehr triibes Standol. das

9) Vergl. Leinole A und B in der folgenden Tabelle. mit Glycerol veresterte Cerotinsaure enthielt.

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120.7 124.1 124 9 128.3 126.6 121.2 113.0 114.2 114.1 115 5 118.1

konnen zur Folge haben, dass diese Grenze bei den Standolen ein wenig hoher liegt als bei den Leinolen.

W i r untersuchten die folgenden Leinolarten :

8.9 yo 9.0 8 9 8.5 8.2

10 5 15.5 12.5 14.2 12.2 12.3

1. Wiatka-Leinol 2. Polnisches Leinol 3. Riga-LeinoI 4. Perilla-Oel J 5. .I I I 6. LeinoI A 7. ** B 8. Asow-Leino1 9. Hollandisches Leinol

10. La-Plata-Leinol 1 I . Bombay-Leino1 12. Bombay-Leinol (s. 6 0.)

Jodzahl Wijs

196.0 196.8 199.4 202.8 196.9 189.7 184.5 184.4 172.6 176.2 189.0 188.3

Leinol A und B wurden durch Filtration eines auf ungefahr Oo C. gekuhlten Leinols erhalten; A stellt das Filtrat, B der halbfesten, butterartigen Ruckstand bei dieser Temperatur dar. Auch bei Zimmer- temperatur war Leinol B noch halbfest l i ) .

Die Oele 1 bis 5 zeigen nach der Verkochung zu Standolen, sowoh1 mit als auch ohne Vakuum, bei Zimmertemperatur praktisch keine Triibung : bei Kuhlung im Eisschrank entsteht eine geringe Opaleszenz, welche bei Zimmertemperatur wieder verschwindet.

Leinol A, im Vakuum verkochr, zeigte selbst bei Eisschranktem- peratur keine Opaleszenz, obwohl sein Gehalt an gesattigten Sauren etwas hoher war als bei den Oelen 1 bis 5 ; die festen Glycerole, die am wenigsten loslich sind, wurden aber schon bei der Vorbe- handlung entfernt.

Die Leinole 7 bis 12 geben Standole, welche schon bei Zimmer- temperatur eine deutliche Trubung zeigen, die mit dem Gehalt des Leinols an gesattigten Sauren zunimmt.

Mischungen, z.R. aus La-Plata und Wiatka, zeigen nach der Ver- ko,-hung eine geringere Trubung als La-Plata-Standol allein.

Diese Beobachtungen beweisen, dass es die als Glycerol gebundenen

l o ) Berechnet auf den Gesamtfettsanren, nicht auf dem Oel. 11) Rerechnet nach Kaufmann und Keller. %. angew Chem. 42, 20. 73 (1929) ist

die Zusammensetzung der Gesamtfettsauren vom

~ 1 Gesatt Sauren I Oelsaure 1 Linolsaure 1 Linolensaure .~ _ ~ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ ~ _ _ _ - - _ _

Letnol A 10 5 10 8 O i 0 51 7 o/o ., f-3 15 5 1 406

Die Filtration eines gekuhlten, halbfesten Leinols verlauft sehr langsani, well der Niederschlag nicht schon krystallisiert 1st. Die Ausbeute an veredeltem Produkt (I,einol A) 1st auch sehr gertng.

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gesattigten Fettsauren sind, welche infolge einer Aenderung ihrer Loslichkeit in dem Oelmilieu sich im Standol eher ausscheiden als im Leinol. Diese Ausscheidung findet im viskosen Stand01 nur sehr langsam statt.

Diese Schlussfolgerung konnte weiter wie folgt bestatigt werden. W e n n es wirklich dem Vorkommen einer grosseren Menge an

gesattigten Anteilen zuzuschreiben ist, dass die Standole sich triiben, so muss ein Oel ohne diese Verbindungen, oder mit nursehrwenig derselben, nach der Polymerisation klar bleiben. Es gibt aber keine Leinole mit weniger als 8-9 gesattigten Fettsauren. W i r haben deshalb ein synthetisches Leinol bereitet, indem wir die aus Leinol- fettsauren nach Twitchell erhaltenen fliissigen Sauren mit Glycerol verestert haben I*). Dieses Oel enthielt nach Bertram nur 4.0 o/o grsattigte Sauren.

Bei der Verkochung des synthetischen Oels in einer Retorte ohne Vakuum wurde ein fliissiges Destillat erhalten, Das Standol (n:O E 1.4900, Saurezahl 5.0) blieb bei Zimmertemperatur und auch im Eisschrank vollig transparent. Obwohl also noch gesattigte Sauren vorhanden sind 13), ist die Menge derselben zu gerjng urn sowohl im Standol als im Destillat zur Ausscheicurg i L t c ,e ;errcn.

Eine Mischung des synthetischen Oeis mit 7 o/i, Tristearid wurde bis zur voilstandigen Homogenitat kurz auf 100° C erwarmt. Eeim Abkiihlen auf Zimmertemperatur zeigte die Masse eine starke Trubung von ausgeschiedenem Tristearid ").

Bei der Verkochung dieses Gernisches zum Standol ohne Vakuum fand eine allmahliche Umesterung statt ; das Endprodukt enthielt kein Tristearid mehr 15). Das Uestillat dieser Verkochung zeigte wieder eine Ausscheidung von festen Bestandteilen (Stearinsaurr). Im Standol entstand bei Zimmertemperatur schon eine TriiCung. welche wir jetzt mit Sicherheit als unlosliche gemischtsaurige Tri- glyceride angeben konnen, welche gesattigte Sauren enthalten, und auch ein wenig der letzteren, frei im Standol vorhanden, zuzuschreiben ist. D i s Verhalten dieses Standols gleicht a1.o vollig dem des La- Plata-Standols, weil das Ausgangsmaterial desselben auch ungefahr 11 O',, gzsattigte Fettsauren enthalt.

D?.; iynthetische Leinol, gemischt rnit 5 o/io Tristearid. also mit einem Gzhalt von rund 9 '/,, gesattigten Sauren (iibereinstimmend mit %d: n des Wiatka-L?inols, u. S . w.), ergab nach der Verkochung ein '3t i - ~ d o l mit den Eigenschaften eines Wiatka-Standols : es war

~~ ~- _- '2) Verql Fussnote 2 '9 Frei oder a n Glycerol gebunden. 1') , X z w Ausscheidung deutet schon darauf hin. dass tn den Leinolen keine voll-

stan-liq Twattigten Glycerole vorkommen. V-rql. Fussnote 15) 1 5 1 Aur Reqtimmunq der qesattiqten Glv-erole in fliissigen Orlen. werden diese

Ozonisicrt und die Ozonide von den gesattigten Anteilen gr t rernt . W i r hoffen spater noch auf drese quantita'ive Methode zuriickzukommen. Leinole und I.einolstand6le enth7'tc.n keine vollstandig gesattigten Glycerole.

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namlich hell bei Zimmertemperatur, zeigte aber bei Eisschranktem- peratur eine geringe Opaleszenz.

Diese Versuche bestatigen also vollig unsere friiheren Schluss- folgerungen.

Zusammenfassung.

1. Aufgabe der vorliegenden LIntersuchungen war, nachzupriifen, wie das bekannte ,.Blindwerden” der Standole entsteht.

Es ergab sich, dass sowohl rohe als auch vorhehandelte Leinole, welche frei von Schleim- und Eiweisstoffen sind, nach der Ver- kochung immer noch eine charakteristische Triibung zeigen.

Leinole erleiden Zerzetzungen wahrend der Standolbereitung. Die dabei gebildeten unverseifbaren Bestandteile sind auch bei niedriger Temperatur fliissig und ollijslich : sie tragen nicht zur Triibung bei.

Es entstehen aber auch freie Fettsauren, welche schon bei Zimmertemperatur ha1 bfest sind. Je hoher die Saurezahl eines Standols, desto starker triibt es sich infolge des Vorkommens von freien ge- sattigten, wenig loslichen Fettsauren darin.

Standole, welche praktisch keine freien Fettsauren enthalten, zeigen noch immer eine deutliche Opaleszenz, wenn sie auf Eisschrank- temperatur abgekiihlt werden ; bei Zimmertemperatur aber sind sie transparent 16).

4, Vielleicht findet wahrend der Polymerisation eine geringe Anreicherung an gesiittigten Fettsauren, bzw. deren Glycerolen, statt, und zwar infolge der starkeren Zersetzung von ungesattigten Anteilen gegeniiber den gesattigten.

5. In einem Falle konnte aus einem Leinol die sehr unl5sliche Cerotinsaure, C,,H,,O,, isoliert wecden, welche schon in dem unver- kochten Oel eine Triibung verursachte.

Eine systematische Priifung verschiedener Leinole zeigte, dass je niedriger der Gehalt an gesattigten Fettsauren ist, desto weniger die daraus bereiteten Standole sich triiben. Die Glycerole, welche diese gesattigten Sauren enthalten, sind im Standol etwas weniger Ioslich als im Leinol und scheiden sich deshalb im ersteren schon bei etwas hoherer Temperatur a b als im nicht-polymerisierten Material.

7. In der Praxis ist man oft der Meinung, dass die Triibung eines Standols eine weniger erwiinschte Eigenschaft ist und von

2.

3.

6.

‘6) Die kolloiden Bestandteile der Standole verursachen aber bei auffallendem Licht oft eine Zerstreuung desselben, was in gewissem Masse den Eindruck einer schwachen Triibung macht.

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olfremden Verunreinigungen herriihrt. Jetzt ist nachgewiesen, dass ein Standol sich infolge seines Gehaltes an gesattigten Oelkompo- nenten triibt, welche in allen Leinolarten in solcher Menge vor- kommen, dass sie sich, besonders bei niedriger Temperatur, aus den Standolen abscheiden. A m wenigsten tritt eine Triibung in Standolen aus im nordlichen Landklimat gebildeten Leinolen (Nord-Russland und benachbarte Staaten) auf ; diese werden auch anstrichtechnisch als die wertvollsten betrachtet.

Von einer nachteiligen Beeinflussung der Standoleigenschaften durch die geringe Ausscheidung von gesattigten Anteilen kann des- halb wohl kaum die Rede sein 17).

Die vorliegende Arbeit wurde auf Anregung und mit Unter- stiitzung der Oelwerke Noury G Van der Lande, G. m. b. H., Emmerich, ausgefuhrt. Der Direktion sind wir dafiir und fur ihre Zustimmung zur Veroffentlichung dieser Arbeit zu Dankverpflichtet.

D e l f t , Laboratorium fur die Technologie der Oele und Fette der Tech n isch en Hoch sch u le .

(Rep le 24 octobre 1933).

BESTIMMUNG DER HYDROLYSEGESCHWINDIGKEIT VON SAUREANHYDRIDEN MITTELS DER ANILIN-

WASSERMETHODE. (Berichtigung). VON

S. E. VLES.

In Fussnote 44 auf Seite 823 dieses Jahrganges habe ich irrtumlich angegeben, dass Berner seine Reaktionskonstante der Hydrolyse- geschwindigkeit von Glutarsaureanhydrid nicht mit Briggschen Logarithmen berechnet habe. Die Fussnote 44 muss deshalb wie folgt lauten : ,,Da die von Berner bestimmten Reaktionskonstanten mit Briggschen Logarithmen berechnet sind, muss man sie um sie mit den anderen Konstanten dieser Tabelle vergleichen zu konnen mit natiirlichen Logarithmen umrechnen, d.h. mit ___- 1 multiplizie- 0.4343 ren. Die Konstanten werden dann 0.1032 bezw. 0.1075".

( R e p le 29 novembre 1933).

l7) Zu anstrichtechnischen Zwecken werden die Standole doch immer zusammen mit einem Verdiinnungsmittel (Terpentinol, Lackbenzin, usw.) verwendet : darin sind die festen Ausscheidungen leicht Ioslich.