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(Aus der Klinik fiir Ohren-, Nasen- nnd Kehlkopfkrankheigen der UniversitKt Hglle [Direktor: Prof. Dr. A. Eskert-MSbius].) Studien fiber Verttnderungen des GehSrorgans, insbesondere StUrungen der Innenohrfunktion nach Sch~idelunf~illen mit und ohne Verletzung des Schl~fenbeins. Fortlaufende Untersuehungen yon 146 Schfidelverletzten. Yon Dr. reed. Johannes Koch, Oberarzt 4er I~21inik. (Eingegangen am 30. September 1933.) Die nach Verletzungen des Sch~dels auftretenden Innenohrst6rungen haben stets das Interesse der Otologen erregt und Anlal3 zu vielen wissen- sehaftliehen Forsehungen gegeben. DaB man die Frage der Entstehung soleher traumatisehen StSrungen des Innenohres dureh genaueste mikro- skopisehe Untersuchung der posttraumatischen Gewebsver~nderungen zu erkl~ren versuchte, kann bei der ]~edeutung, die die Histologie fiir die medizinisehe ~'orsehung hat, nieht verwundern. Ftir diesen Unter- suehungsweg bieten sieh zwei MSgliehkeiten, n/~mlieh die histologisehe Untersuchung der t~elsenbeine yon Henschen, die naeh dem Trauma verstorben sind, und das Tierexperimen~. Wenn es mir aueh vSllig fernliegt, die ]~edeutung dieser Untersuehungen irgendwie sehm/~lern zu wollen, so kann ieh doch nieht umhin, auI einige Unzul~ngliehkeiten und Sehwierigkeiten hinzuweisen. Es sind zun/~ehst einmal zur histologisehen Untersuehung die mensehlichen Felsenbeine yon Fgllen, die an den direkten ~'olgen des Traumas zugrunde gingen, ohne dab eine genaue t~unktionspriifung erfolgen konnte, nieht einwandfrei zu verwerten; und diese F/~lle sind verhttltnism~gig h/tufig. Ferner sind nieht verwertbar die F/~lle, welehe an einer otogenen Komplikation naeh dem Trauma (Labyrinthitis, Meningitis) starben, da hier entziindliehe Vergnderungen im Mittel- und Innenohr, die nicht direkt auf das Trauma zu beziehen sind, die Beurteilung beeintr~tehtigen. Zum Vergleich heranzuziehen sind eigentlieh nut solehe F/~lle, bei denen nach dem Trauma eine sorgf/~ltige Funktionspriifung vorgenommen werden konnte und die spgter an den

Studien über Veränderungen des Gehörorgans, insbesondere Störungen der Innenohrfunktion nach Schädelunfällen mit und ohne Verletzung des Schläfenbeins

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(Aus der Klinik fiir Ohren-, Nasen- nnd Kehlkopfkrankheigen der UniversitKt Hglle [Direktor: Prof. Dr. A. Eskert-MSbius].)

Studien fiber Verttnderungen des GehSrorgans, insbesondere StUrungen der Innenohrfunktion nach Sch~idelunf~illen mit und ohne Verletzung

des Schl~fenbeins. Fortlaufende Untersuehungen yon 146 Schfidelverletzten.

Y o n

Dr. reed. Johannes Koch, O b e r a r z t 4er I~21inik.

(Eingegangen am 30. September 1933.)

Die nach Verletzungen des Sch~dels auftretenden Innenohrst6rungen haben stets das Interesse der Otologen erregt und Anlal3 zu vielen wissen- sehaftliehen Forsehungen gegeben. DaB man die Frage der Entstehung soleher traumatisehen StSrungen des Innenohres dureh genaueste mikro- skopisehe Untersuchung der posttraumatischen Gewebsver~nderungen zu erkl~ren versuchte, kann bei der ]~edeutung, die die Histologie fiir die medizinisehe ~'orsehung hat, nieht verwundern. Ftir diesen Unter- suehungsweg bieten sieh zwei MSgliehkeiten, n/~mlieh die histologisehe Untersuchung der t~elsenbeine yon Henschen, die naeh dem Trauma verstorben sind, und das Tierexperimen~. Wenn es mir aueh vSllig fernliegt, die ]~edeutung dieser Untersuehungen irgendwie sehm/~lern zu wollen, so kann ieh doch nieht umhin, auI einige Unzul~ngliehkeiten und Sehwierigkeiten hinzuweisen. Es sind zun/~ehst einmal zur histologisehen Untersuehung die mensehlichen Felsenbeine yon Fgllen, die an den direkten ~'olgen des Traumas zugrunde gingen, ohne dab eine genaue t~unktionspriifung erfolgen konnte, nieht einwandfrei zu verwerten; und diese F/~lle sind verhttltnism~gig h/tufig. Ferner sind nieht verwertbar die F/~lle, welehe an einer otogenen Komplikation naeh dem Trauma (Labyrinthitis, Meningitis) starben, da hier entziindliehe Vergnderungen im Mittel- und Innenohr, die nicht direkt auf das Trauma zu beziehen sind, die Beurteilung beeintr~tehtigen. Zum Vergleich heranzuziehen sind eigentlieh nut solehe F/~lle, bei denen nach dem Trauma eine sorgf/~ltige Funktionspriifung vorgenommen werden konnte und die spgter an den

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106 Johannes Koch: Studien fiber Ver/~nderungen des Geh6rorgans,

Verletzungsfolgen oder an einer nieht otogenen Komplikation starben. Diese F/~lle Mlein lassen einen Vergleieh zu mit denen, die mi~ dem Leben davonkommen und sparer yore Otologen begutaehte~ werden mfissen. Da nun bei der Querfl'aktur (Labyrinthfraktur) die Funktions- ausf/~lle sehon dutch den festgesgellgei1 ~Bruehverlauf gekl/~rt sind, so interessieren besonders die Sehl~fenbeinl/~ngsfrakturen und die Seh/Ldel- traumen, die zu keiner naehweisbareIl Verletzung des Seh/~dels urtd des Sehl/~fenbeins geffihrt haben (Commotio eerebri et labyrinthi). Solehe F/~lle sind abet auf dem Sektioltstisehe eine Seltenhei~.

Wir sahen bei 70 in den letzten Jahren beobaehteten Seh~delbrfiehert nur 4: Todesf/~lle. Der Tod war 3real infolge Hirnseh/~digung eingetreten, ohne dab eine Funktionslorfifung erfolgen konnte. Im 4. Falle t rat der Tod infolge Pneumonie ein. Hier konnten naeh dem Trauma mehrere Funktionsprfifungen vorgenommen werden. Es bestand auf der Ver- letzungsseite Taubheit und vSlliger Ausfall der Vestibularerregbarkeit. Die Autopsie best~tigte nnsere klinisehe Diagnosg: L/~ngsfraktur des Sehl/~fenbeins. Dieser Fall wurde aueh histologiseh urtgersucht und fiber das Ergebnis dieser Untersuehung soll weiter unten kurz beriehtet werden.

Die Seltenheit zur Untersuehung geeigneter mensehlieher Felsenbeine und die Fehlerquellen, die dem Tierexperimen~ anhaftert und dessert ~BedeuLung ftir lZfieksehltisse auf pathologiseh-anatomisehe mid pa~ho- logiseh-physiologische Ver~Lnderungen der mensehliehen Sinnesorgane sehr strittig maehen, m6gen der Grund daffir sein, dab die vielfaeh ange- stellten Untersuehungen uns noeh nieht restlose Anfklgrung fiber das Zustandekommen der Funktionsst6rungen bei Seh~Ldeltraumen gebraeht haben. Wit kennen die sehweren Ver/tnderungen bei der eigentliehen Labyrinthfraktur. Wit wissen, dab dabei Abrisse des Nervenstammes, :Blutungen zwisehen die Nervenfasern, ~Blutungen in den inneren Geh6r- gang und die Labyrinthhohlr/~ume sowie sehwere Ver/~nderungen des Sinnesepithels vorkommen k6nnen. Wir sehen abet, dab in viele~l F/~llen, und zwar gerade bei den Sehl~fenbeinl~ngsfrakturen sowie den Gehirn- und Labyrinthersehfitterungen h~ufig jedes anatomisehe Substrat zur K1/Lrung der vorhandenen FunktionsstSrungen fehlt. Berberich 3 und Ulrich 62 wollen deshalb den ~egriff ,,Commotio labyrinthi" aufgeben. Ulrich G2, der den ]~egriff der Commotio labyrinthi vSllig ablehn~ und als Grundlage traumatiseher Innenohrst6rungen his~ologiseh naehweisbare Ver~nderungen fordert, beriehtet i~1 seiner Arbeit ,,13bet Verletzungen des Geh6rorgans bei Seh~delbasisfrakturen" fiber 30 F~lle yon ~Basis- fraktur ohne ~Beteiligung der Labyrinthkapsel bzw. reiner Commotio eerebri. 19 dieser F/~lle wurden histologiseh untersueht, und zwar sowohl das verletzte l~elsenbein als aueh das unverletzte. Bei 18 F/~llen war der Tod infolge Hirnseh~digung im komat6sen Zustand eingetreten, eine Funktionsprfifung war nieht erfolgt. ~Bei dem 19. Fall (Commotio eerebri) war naeh dem Unfall noeh normMes H6rvermSgen festgestellt, die

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insbesondere St6rungen der Innenohrfunktion nach Seh/~delunfallen. 107

histologische Untersuchung der Felsenbeine ergab keine wesentlichen Ver/~nderungen. Die fibrigen 11 F/~lle (Basisbrfiche weit ab vom Felsen- bein oder reine Commotio eerebri) wurden nicht histologisch untersucht. Aus der Tatsache, dab diese Patienten nach dem Trauma keine HSr- stSrungen und keinen Spontannystagmus aufwiesen, will Ulrich 6~ rfickschlieBen, dab die Commotio cerebri keine Labyrintherschfitterung und keine Innenohrseh/idigung auslSsen wfirde.

F/~lle yon leichten oder schweren Sch~deltraumen, die keinerlei Innenohrst6rungen aufweisen, hat wohl jeder Untersueher schon gesehen und auch yon den hier berficksichtigten 146 F/illen zeigten 10 keinerlei Cochlear- und 74 keine Vestibularsymptome. Da wir nun in der Ohren- klinik in der fiberwiegenden ~ehrzahl solche Fiflle zur Untersuchung bekommen, die fiber Ohrst5rungen nach dem Unfall klagen, so wird das Verh/~ltnis bei uns immer besonders ungfinstig sein; wi~hrend auf rein chirurgischen Abteilungen sieher viel mehr Schi~delbrfiche und Gehirn- erschfitterungen zu finden sind, die keinerlei Ohrsymptome aufweisen. Aug dieser Tatsache kann man aber nieht die Behauptung ableiten, dab Seh/ideltraumen ohne siehtbare Mitbeteiligung des Schl/~fenbeins keine InnenohrstSrungen auslSsen kSnnen.

Ulrich ~2 bringt nun aueb bei Beschreibung der histologischen Ver- /inderungen an unverletzten Felsenbeinen bei seinen F/illen 9, 10 und 18 eine gewisse Einschr~nkung seiner zun/iehst vertretenen Ansicht. Er beschreibt bei seinem Fall 18 Blutungen zwischen die Endverzweigungen des Nervus cochlearis, bei Fall 9 Blutungen im inneren GehSrgang im Bereich des vulnerablen Nervus ampullaris posterior. Bei l~all 10 aber, den er als eine Seltenheit bezeichnet, land er wesentliche Blutungen ins Ligamentum spirale der Basalwindung, ]31utungen in den Endolymph- ri~umen heranreichend bis an die Prominentia und Stria vascularis, Blutungen in den Aquaedectus vestibuli und ZerreiBung des Saccus endolympbaticus. Absehliegend gibt Ulrich ~2 deshalb zu, dab L/isionen des Innenohres bei Seh/~delbasisbrfichen ohne Felsenbeinfraktur mSglieh seien, dab aber die im Ohrgebiet gesetzten L/~sionen desto geringer wfirden, je welter weg vom Ohr sich die den Sch/idel treffende Gewalt auswirke. Das Auftreten yon innenohrst6rungen naeh reiner Commotio cerebri sieht er aber als nicht anatomiseh bewiesen an und lehnt deshalb den Begriff , ,Labyrintherschfitterung" ab.

Wollte man Ulrich folgen, so mfiBte man alle Patienten, die nach Sch/idelfraktur obne l%lsenbeinbeteiligung fiber Taubheit und Schwindel oder nach Commotio cerebri fiber H6r- und Gleichgewichtsst6rungen klagen, als Neurotiker, Hysteriker oder gar Simulanten betrachten, nur weft man anatomisch noeh keine Erkli~rung ffir die Entstehung der YunktionsstSrung in solehen F/~llen erzielt hat.

Wie will Ulrich das bei Kindern naeh Gehirnerschfitterung gar nieht selten beobachtete Auftreten yon doppelseitiger Taubheit mit

Arch ly f. Ohren-, Nasen- u. !~ehlkopfheilk, mde . Bd. 137. 8

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10S Johannes Koch: Studien iiber Ver/~nderungen des GehOrorgans,

ansehlie~ender Taubstummheit erkl~ren, glattbt er etwa hier an I-Iysterie oder Simulation ? Is t es nicht fiberhaupt unberechtigt, lediglieh den ana- tomisehen Befund im Innenohr als Wertmesser ffir den Funktionszustand des H6r- und Gleiehgewichtsapparates heranzttziehen und die zentralen Abschnitte dieser Sinnesorgane, die bei Seh/~deltraumen sicherlich ebenso gesch/~digt werden k6nnen und die bisher bei der histologiseheI~ Unter- suchung in der Regel vernaehl~ssigt wurden, tmberficksichtigt zu lassen ? Diese Fragen dr~ngen sieh jedem auf, der h~ufig Begutachtungen yon Sch/~delverletzten vorzunehmen hat, und bei Durehsieht des vorliegenden Schrifttums muB er erkennen, dab man in unklaren F/~llen nieht in der Lage ist, dureh Anlehnung an die Mitteilungen im Sehrifttum ein einwandfreies Urteil abzugeben. V611ig uneinheitlich sind auch die Ansichten fiber die Wiederherstellung der gest6rten Innenohrfunktion, fiber die zusammenh/~ngende Untersuchungen bisher nieht vorliegen. Gerade die Beantwortung der Hrage, wie lange z. B. eine Vestibular- sch~digung anhalten kann, welehen Verlauf sie nimmt, wie lange sic mutmaSlieh Beschwerden ausl6sen kann, ist aber ffir die t~enten- festsetzung yon gr6Btem Wert. I m Handbuch der Unfallheilkunde schreibt Berberich 3, dal~ Vestibularst6rungen in der Regel naeh 2 bis 3 Jahren ausgegliehen seien. Er stfitzt sieh dabei lediglich auf Er- fahrungen, die bei ausgew/~hlten F~llen gemacht wurden, nicht aber auf systematische Untersuehungen.

An Hand unseres grol~en, fiber mehrere Jahre hinaus beobaehteten Unfallmaterials will ich nun versuchen, zur Kl~rung der Entstehung yon Innenohrfunktionsst6rungen naeh verschiedensten Sch/~delverletzungen und vor allem zur Kls der verschiedenen Art der Wiederherstellung der gesch/~digten Innenohrfunktion beizutragen.

Ieh habe an unserer Klinik seit 4 Jahren s~mtliche zur Beobaehtung gelangenden frisehen Seh/~delverletzungen in Abst/~nden yon 3 bis 6 Monaten fortlaufend genauestens untersucht und in den l%ahmen der Beobaehtungen auch solehe F~lle mit welter zurfickliegenden Seh~del- verletzungen einbezogen, fiber die seit dem Unfall mehrere genaue otologisehe und eventuell auch neurologische Befunde aus unserer Klinik oder yon anderen Faebs vorlagen. Ausgesehlossen yon der Beobaehtung wurden yon vornherein alle Fs bei denen nur der geringste Verdaeht vorlag, dab die Innenohrerkrankung bereits vor dem Unfall bestanden haben oder dureh irgend eine andere Erkrankung bedingt sein k6nnte. Die Grund|age dieser Ver6ffentliehung bilden bei dieser Auswahl 146 F~lle yon Seh~delverletzungen, die sieh unter Be- rfieksichtigung der Verletzungsart wie folgt aufteilen lassen:

1. Sch~delbriiche mit nachweisbarer Schlgfenbeinverletzung 85 Falle, 2. Sch~delbriiche ohne nachweisbare Sehl~fenbeinverletzung 14 Falle, 3. Traumen des Sch~dels ohne nachweisbare Schgdelfraktur (Commotio cerebri

et labyrinthi) 47 F~l]e.

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insbesondere St6rungen der Innenohrfunktion nach Schi~delunf~llen. ] 09

In all diesen Fifllen hatte eine mehr oder weniger schwere Gehirn. erschiitterung vorgelegen. Bei der Beurteilung der Schl~fenbeinfrakturen wurden die yon Stenger 57, 5s Ulrich 62, Sch6nbauer und Brunner 7 auf- gestellten Richtlinien zugrunde gelegt. Die Diagnose der L#ingsfraktur stfitzt sich auf die Erkennung der Fraktur des knSehernen GehSrganges oder des Warzenfortsatzes, Zerreil~ung des Trommelfells, Blutungen aus dem Ohr und auf den RSntgenbefund. L~ngsbrfiehe, bei denen Verletzungen des Mittelohres und des Warzenfortsatzes, auch der Schl~fenbeinschuppe fast die Regel bilden, lassen sich im RSntgenbild bei verschiedensten Aufnahmerichtungen (Sonnenkalb, Stenvers und E. G. Mayer) recht gut erkennen.

Bei der typischen Querfraktur des Felsenbeines, die also das Labyrinth in querer Richtung durchtrennt, fehlen Abrisse des Trommelfells und Blutungen aus dem GehSrgang sowie Warzenfortsatzverletzungen in der Regel. Als Zeichen der Blutung in das Mittelohr finder man mitunter hinter dem unversehrten Trommelfell ein Hi~matotympanon. Die rSnt- genologische Darstellung tier Queffraktur Jst bedeutend sehwieriger, l~it der Aufnahmerichtung nach Sonnen]calb wird man in tier Regel die Diagnose nicht kl~ren kSnnen. Die Tatsache, da6 die Frakturlinie in querer Riehtung durch das Pyramidenmassiv verl~uft, kann man nur

m i t Hilfe der Aufnahme yon Stenvers, besser noeh mit der Aufnahme yon E. G. Mayer erhi~rten.

Daf3 die Felsenbeinl~ngsffaktur, d .h . also die Sch~delbasisfraktm', die in der mittleren oder hinteren Sehiidelgrube vor dem Felsenbein- massiv ausweichend in dessen Li~ngsrichtung verl~tuft, den weitaus giinstigeren Verletzungsmodus darstellt als die Querfraktur, ist ohne weiteres verst~ndlieh. So wird man yon vornherein bei der Querfraktur die grS~eren FunktionsstSrungen - - meist Taubheit und vSlligen Ausfall der Vestibularfunktion - - zu erwarten haben. Da man aber nach unseren Erfahrungen auch bei Felsenbeinl~ngsfl'akturen sehwerste Cochlear- und VestibularstSrungen beobaehten kann, so mug man es ablehnen, aus dem Funktionsbefund bindende Schliisse auf den Verletzungsmodus zu ziehen. Es w~re meines Eraehtens vSllig abwegig, bei Vorliegen einer Taubheit und sehweren Vestibularsehi~digung auf jeden Fall eine Querfraktur diagnostizieren zu wollen, wie es umgekehrt unrichtig ist, das Vorkommen yon Taubheit bei Li~ngsfrakturen zu verneinen.

Unter Zuhilfenahme der yon Stenger 57, 5s u. a. besehriebenen Rieht- linien - - allerdings unter bewul~ter Vernaehl~ssigung des Innenohr- funktionsbefundes - - finden sieh unter unseren 146 Schitdelverletzungen 80 Felsenbeinl~ngsfrakturen und 5 Felsenbeinquerffakturen. Bei den Sch~delbrfiehen ohne Felsenbeinbeteiligung handelt es sieh 9real um Basisbriiche und 5real um Konvexiti~tsbriiche.

Die Untersuehungen wurden, wie bereits erwi~hnt, in regelm~l~igen Absti~nden fortlaufend wiederholt. An jedem Untersuehungstag wurden

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110 Johannes Koch: Studien fiber Ver/mderungen des Geh6rorgans,

die Prfifungen des Cochlearis und Vestibularis mehrmals ausgefiihrt. Ferner wurden die rneisten der Verletzten eingehend intern und neuro- logiseh zurn Tell auch ophthalrnologisch untersucht, auch wenn keine Begutachtung dureh die entspreehenden Kliniken vorgesehen war. Auf die eingehende Untersuchung tier fibrigen Organe legten wir besonderen Wert, urn andere Erkrankungen ais Ursachc der Inne~ohrstSrungen auszuschliegen, urn einen ~berblick fiber die Konstitution und das Verhalten des Nervensysterns und der Psyche des Verletzten zu gewinnen. Die erste Untersuchung war rneist rnit einer rnehrt~gigen Beobaehtung auf der Station verbunden.

Der Untersuehungsgang. Wird man aufgefordert, einen Sch/~delverletzten Wochen oder iY[onate

naeh dem Trauma otologisch zu begutachten, so hat man nieht nur festzustellen, welche InnenohrfunktionsstSrungen vorliegen, sondern vor allern auch zu kl/~ren, ob die vorhandenen Innenohrfunktionsst6rungen rnit dern Trauma urs/~chhch zusamrnenh/~ngen oder aber durch andere Erkrankungen ausgel6st, vielleicht schon vorher vorhanden gewesen sind. In diesem Zusammenhange habe ieh bereits in frfiheren VerSffent- lichungen (Koch 2~-29) auf die Bedeutung sorgfaltiger internistiseher, neurologiseher und ophthalmologiseher Untersuchung und auf die Beobach- tung des Gefii, gnervensystems yon Sch/~delverletzten hingewiesen.

Selbstverst/~ndlich hat auch die spezielle otologische Untersuchung zu kl/~ren, ob die vorhandenen Funktionsst6rungen nicht etwa durch eine andere, nicht mit dern Unfall zusamrnenh/~ngende, Ohrerkrankung ausgel6st sind. Die Hauptbedeutung kommt natfirlich der eigentliehen Innenohrfunktionsprfifung zu, die sehr sorgfaltig und m6glichst rnehrrnals auszuffihren ist. Auf unsere Methoden der Cochlear- und Vestibular- prfifung soll deshalb etwas ausffihrlicher eingegangen werden. Aul]er der Prfifung der :Flfister- und Urngangssprache und der Feststellung, des Tonh6rvermSgens rnit der Bezoldschen Stirnmgabelreihe oder dem Oto- audion, sind in jedem X~alle von einseitiger Schwerh6rigkeit oder Taubheit mehrere Sirnulationsproben auszuffihren. Die einfachste Methode ist der Lombardsche Leseversuch, zuverl/~ssiger die Prfifung mit dem HSrsehlauch naeh Karl B. Wagner (The Wagner Malinger Phone). Die vollkornmenste Methode, einseitige Taubheit sicherzustellen bzw. einen Simulanten zu entlarven, ist der modifizierte Stengersche Versueh unter Zuhilfenahme der Otoaudionapparatur. Mit Hilfe der in unserer Klinik aufgestellten Apparatur kSnnen wir ihn durch Verwendung yon zwei Lautsprechern oder KopfhSreru mit jedern beliebig zu w/~hlenden Ton ausffihren, aber aueh mit Worten, die eine zweite Person in ein auBerhalb des HSr- priifungszimmers befindliehes Mikrophon sprieht. Der untersuehende Arzt kann mit einern zweiten KopfhSrer T6ne und w o r t e, die dern Unter suchten zu jedem Ohr in verschiedener Lautst/s zugeleitet werden,

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insbesondere StSrungen der Innenohrfunktion nach Sch~delunfallen. 111

mith5ren und die Angaben des Untersuchten priifen. Mit Hilfe einer Fernsprechanlage kann er sich wiederum mit der Hilfsperson im Vor- zimmer verst~ndigen. Mit diesem modifizierten Stengerschen Versuch l~Bt sich jeder Simulant entlarven, es sei denn, dab er doppelseitige Taubheit simuliert oder aber wi~hrend der Untersuchung erkl~rt, verwirrt zu seLa bzw. nicht mehr genau zu hSren. Solches Verhalten weist aber eindeutig auf den b5sen Willen des Untersuchten hin und ist entsprechend zu werten.

Bei Untersuchung yon Kollegen, die mit der Methode des modi- fizierten Stengerschen Versuches vertraut waren, und im Selbstversuch kormte ich einwandfrei zwei sehr wichtige Dinge sicherstellen:

1. Man kann bei guter Absicht, genau anzugeben, sehr rein unter- scheiden, auf welcher Seite man den fraglichen Ton oder das Wort h5rt bzw. lauter hSrt.

2. Auch der Eingeweihte ist nicht in der Lage bei vorhandenem HSrvermSgen eine einseitige Taubheit zu simulieren.

Nach Abschlu~ meiner Untersuchungen hat Langenbeclc * darauf hingewiesen, dal~ der Stengersche Versuch nur dann zuverl~ssig sei, wenn er for Simulation spriiche, und dal] besonders der mit Sprachiibertragung durchgefiihrte Versuch (Hinsberg) wesentliche Schwi~chen aufwiese. Frenzel ** hingegen glaubt, dab bei for jedes Ohr abstufbarer Ton- zufiihrung durch KopfhSrer (Otoaudion) sich ein sehr guter Anhalt fOr die Richtigkeit der HSrangaben gewinnen liege. Da ich bei allen Fiillen mit irgendwie ffagwfirdigem Befund verschiedenste Simulations- entlarvungspriifungen vornahm und mich keinesfalls auf die Hinsbergsche Versuchsanordnung beschriinkte, glaube ich doch beziiglich der Er- kennung einseitiger organischer Taubheit oder hochgradiger Schwer- hSrigkeit in der Regel zuverliissige Resultate erzielt zu haben.

Die Gleichgewichtspriifung erfolgt unter der Bartelsschen Konvex- oder der Frenzelschen Leuchtbrille, die optische Einflfisse ausschalten und gleichzeitig dem Untersucher ein vergrSl]ertes Bild der Augen geben. Der Prfifung auf Spontannystagmus (bei Blick geradeaus), spontanes Vorbeizeigen, Fallneigung, Gangabweichung, folgt die Prfifung des Nystagmus und Vorbeizeigens nach Kopfschiitteln und Lagewechsel.

Die experlmentelle Pri~fung beginnt mit den kalorischen Schwachreiz- prfifungen. Nach Spiilungen mit 5 ccm Wasser yon 27 ~ 47 ~ eventuell auch 170 oder Eiswasser werden Nystagmus, Vorbeizeigen und Fall- neigung beobachtet. Bei einseitiger Unter- oder (~bererregbarkeit, auch bei der Tonusdifferenz empfiehlt sich die gleichzeitige Spi~lung beider Ohren mit kaltem und heil]em Wasser, die man mit einer einfach herstell- baren, der Ruttinschen ~hnelnden Apparatur sehr leicht ausffihren kann. Sodann nehmen wir die Drehschwachreiz- und die Drehstarkreizprfifung

�9 Langenbeck: Z. ttals- usw. I-Ieilk. 84, 250 (1933). �9 * Frenzel: Z. ttals- usw. tteilk. 84, 260 (1933).

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auf dem Baxanyschen Drehstuhl nach dem Vorbild Grahes 15 bzw. Baranys 2 vor.

:Bei der nun folgenden galvanischen Priifung pflegen wir den Nystagmus nach nnipolarer und bipolarer Reizung zu untersuchen, die Fallneigung nach unipolarer Reizung.

Zum Schlul3 erfolgt die Untersuchung auf dem Graheschen zs Lagetisch, bei der die Vertikalempfindung in der Sagittalebene, in der Frontalebene und die Spontanhaltung des Kopfes, sowie der Kopfstellreflex geprfift werden.

W/~hrend dieses ganzen Vestibula, runtersuchungsganges ist besonders auf Koordination bzw. Dissoziation der Symptome zu achten sowie auf vasomotorische Begleiterscheinungen. Ferner sind, worauf Fischer und Oltberg 14 sowie Grahe 15 hingewiesen haben, zwischen den einzelnen Vestibularprfifungen Pausen zu machen, um die Auswirkungen zentral- nervSser Umstimmungen auszuschalten und eine Riickkehr der durch jeden Vestibularreiz sensibilisierten Vestibularappaxate in den Ruhe- zustand abzuwarten; auch ist in Zweifelsf/tllen die mehrmalige Wieder- holung jedes Experimentes zu empfehlen. Es ergibt sich daraus, daft man den Unfallverletzten m6glichst an mehreren Tagen untersuchen, d.h. klinisch beobachten soll. Die in letzter Zeit you vieIen Beh6rden aus Sparsamkeitsgriinden geforderte eint~igiff-ambulante Untersuchung yon Schi~delverletzten ist daher v61lig unzureichend und u~zweckm~iflig.

Die klinische Bedeutung der Untersuchungsmethoden. Kommen wir nun zur Besprechung der Bedeutung der einzelnen

Vestibularpriifungsmethoden, so mfissen wir zun~chst feststellen, dab es auch sog. normale F~lle gibt, die auf Kalorisierung mit 5 ccm Wasser yon 270 oder 470 ka, um oder garnicht reagieren. Man kann in solchen F/~llen zun/ichst versuchen, einen Effekt durch Anwendung grSl3erer Wassermengen (10 oder 20 ccm) zu erzielen oder aber die Sptilwasser- temperatur etwas erhShen oder erniedrigen. Gerade bei der Heil3spiilung habe ich deshalb wtederholt zu TemperaturerhShungen bis 500 gegriffen und dann auch die entsprechende Reaktion auslSsen kSnnen, ttShere Temperaturen kommen allerdings nicht in Frage, da sie erheb/iche Schmerzen auslSsen. Ha t man nun mit Wasser yon 27 o auch bei Anwendung yon 10 oder 20 ccm keinen deutlichen Effekt, so empfiehlt es sich nach meinen Erfahrungen nicht, die Massenspiilung mit dem Briiningsschen Otokalorimeter auszuffihren, sondern die Spfilung mit 5 ccm Wasser yon niederer Temperatur vorzunehmen. Ich gehe in solchen Fiillen in der Rege] sofort auf Wasser yon 170 herab, gegebenenfalls aueh auf 10 ~ abet nicht welter, denn yon der Anwendung von Eiswasser habe ich niemals einen Vorteil gesehen. Es ist mir dagegen wiederholt vor- gekommen, da$ F/~lle, die auf 27 o nicht reagierten, dagegen auf 17 o und 10 ~ auf Eiswasser wiederum nicht ansprachen. Dal3 es bei Anwendung

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insbesondere St6rungen der Innenohrfunktion nach Sch/~delunf~llen. 113

von zu niedrigen Tempera turen un te r Umst/~nden zu einer Bloekierung der kalorischen Reakt ion kommen kann , ist ja bekannt .

Ieh habe n u n aueh bei a l l den F~llen, bei denen die Prfifung mi t 27 und 47 ~ eine geringe einseitige Unter- oder •bererregbarkeit oder aber den Verdaeht auf eine Tonusdifferenz ergaben, die Spfilung mit 10 und 170 angesehlossen und feststellen k6nnen, dab m a n auf diese Art und Weise feinere Unterschiede in der kalorischen Reakt ion ver- grSflern und sieh deutlicher maehen kann. Es wird nach meinen Er fahrungen bis zu 10 ~ herab sowohl die Latenzzeit (thermische Zei tsehwel le--Frenzel) kiirzer, als aueh die Dauer der s ichtbaren schnellen Komponen te und die Intensiti~t des Nystagmus gr6Ber. Geht man aber auf Tempera turen un te r 10 ~ eventuel l Eiswasser, fiber, so erzielt ma n , ' wie ieh bereits erw/~hnte, oft keine Verkfirzung der Latenzzei t und Vergr6~erung der Nystagmusdauer , sondern eher eine schlechtere Reakt ion. An nach- ~olgenden Beispielen aus meiner Beobaehtung k a n n deutlieh gezeigt werden, wie feinere Unterschiede der Vestibularerregbarkeit mi t Hilfe k/ilteren oder heil]eren Wassers vergr6Bert werden k6nnen.

1. Untererregbarkeit rechts. rechts links

27 o Nystagmus 30--50 Sek. nach links 20-- 90 Sek. nach rechts 470 ,, 35--50 . . . . reehts 25-- 85 . . . . links 17 o ,, 25--60 . . . . links 15--120 . . . . rechts 10 ~ ,, 24--63 . . . . links 12--150 . . . . rechts 50 o ,, 30--60 ,, ,, rechts 20-- 92 . . . . links

2. Uberwiegen des Vestibulartonus rechts. 27 ~ Nystagmus 29--53 Sek. nach links 23~ 80 Sek. nach rechts 47 o ,, 25--70 . . . . rechts 30-- 55 . . . . links 170 ,, 25--62 . . . . links 19--103 . . . . rechts 10 ~ ,, 24--63 . . . . links 16--126 . . . . rechts 500 ,, 20--85 . . . . rechts 29-- 57 . . . . links

U m ~iBvers t~ndnissen vorzubeugen, m6chte ich ausdriicklich be- tonen, dab ich durch die besehriebene Ab/inderung der kalorischen Unte r suchung wohl in der Lage bin, feinere Unterschiede deutl ich zu machen, dab ich aber durchaus n icht in jedem Falle aus den bier beschriebenen Befunden Schlfisse auf das Vorhandensein yon Vestibular- funkt ionss t6rungen ziehen m6ehte. Sell)stverst/~ndlich k6nnte auf diese Art und Weise a~eh bei Gesunden eine ~ber - oder Untererregbarkei t gewissermaJ]en h ine inunte rsueht werden. Ieh m6chte nu r in solehen F/~llen, bei denen immer wieder fiber St6rungen des Gleichgewichts geklagt wird und die fiblichen Schwachreizmethoden keinen krankhaf ten Befund ergeben, die beschriebene ~[ethode der kalorischen Prfifung zur Verfeinerung der Unte rsuehung empfehlen.

M. H. Fischer 13 und Rut t in 57 h a t t e n festgestellt, dab bei gleieher Erregbarkei t beider Vest ibularapparate dureh eine gleiehzeitige Reizung

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114 Johannes Koch: Studien fiber Ver~nderungen des GehSrorgans,

beider Seiten mit Wasser gleicher Temperatur und gleieher ~enge kein Nystagmus ausgelSst wird, wghrend bei einseitiger Unter- oder ~ber- erregbarkeit Augenzuckungen auftreten. N[it einer yon mir angefertigten, der Ruttinsehen ghnliehen Apparatur habe ich nun mit dieser sog. Doppelspi~lung zahlreiche Versuche angestellt und fes~stellen k6nnen, dab diese Untersuchungsart sehr wertvoll fiir die Erkennung feinerer Grade einseitiger Erregbarkeits~nderungen ist. Besonders gut lassen sich die zentralen Vestibularst6rungen (Tonusdifferenzen) mit I~ilfe dieser Methode gegen einseitige periphere Unter- bzw. ~bererregbarkeit ab- grenzen. Die Spiilwassertemperatur betrggt wie bei den kalorischen Schwachreizprfifungen 27 bzw. 47 ~ Nut in den F~llen, bei denen sehon bei der einfachen Prfifung mit 27 oder 47 o nur schwaehe Reak~ionen auszulSsen waren, gelangte auch bei der Doppelspiilung k/~lteres oder heiBeres Wasser zur Anwendung.

Die nach Doppelspfilung auftretenden l~eaktionen lassen sich nach meinen Untersuchungsergebnissen durch nachstehendes Schema sehr anschaulich wiedergeben.

Normale Erregbarkeit beiderseits. Doppelseitige Kaltspfilung kein Nystagmus Doppelseitige Heil3spiilung kein Nystagmus.

Periphere Ubererregbarkeit rechts. Doppelseitige Kaltspiilung Nystagmus nach links Doppelseitige tIeiflspfilung Nystagmus nach rechts.

Periphere ~)bererregbarkeit links. Doppelseitige Kaltsptilung Nystagmus nach rechts Doppelseitige Heil3spiilung Nystagmus naeh links.

Periphere Untererregbarkeit revhts. Doppelseitige Kaltspiilung Nystagmus nach rechts Doppelseitige I~eiBspfilung Nystagmus naeh links.

Periphere Untererregbarkeit linlcs. Doppelseitige K~ltspiilung Nystagmus nach links Doppelseitige tteil3spfilung •ystagmus nach rechts.

Zentralbedingte Tonusdi/]erenz (~)berwiegen des Nystagmus nach rechts). Doppelseitige Kaltspfilung Nystagmus naeh rechts Doppelseitige I-Ieil3spiilung Nystagmus naeh rechts.

Zentralbedingte Tonusdi//erenz (~berwiegen des Nystagmus nach links). Doppelseitige Kaltspiilung Nystagmus nach links D0ppelseitige l~eiI3spfilung Nystagmus nach links.

Bei diesen Doppelspfilungen wird der Nystagmus durch den jeweils leichter ansprechenden Vestibularapparat ausgelSst. So findet man also bei peripherer rechtsseitiger ~bererregbarkeit, da der Nystagmus yore recht~n Ohr ausgelSst wird, bei Kaltspfilung Nystagmus nach links, bei

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insbesondere StOrungen der Innenohrfunktion nach Sch/~delunf~llen. ] 15

Heil~spfilung Nystagmus nach rechts. Bei peripherer rechtsseitiger Untererregbarkeit aber geht der Nystagmus yore starker reagierenden linken Ohr aus, er schlagt deshalb bei Kaltspiilung nach rechts, bei HeiBspfilung nach links. Ganz anders aber liegen die Dinge bei den Tonusdifferenzen. Hier zeigt sich, dab der Nystagmus sowohl bei Kalt- als bei I-[eil~spfilung in derselben Richtung schlagt. Die Doppelspiilung klart uns also gewissermal~en fiber die bei der einfachen Kalorisierung gefundenen Reaktionskontraste (z. B. Kaltreaktion rechts starker - - HeiBreaktion links starker) auf und veranschaulicht sehr deutlich, dab wir es hier mit einer Nystagmusneigung in einer bestimmten Richtung zu tun haben, nicht aber mit ~ber- oder Untererregbarkeit eines peri- pheren Vestibularapparates.

Schwierigkeiten bereitet die kalorische Priifung unter Umst~nden, wenn ein Trommelfell perf0riert ist oder auf einem Ohr ein Leitungs- hindernis (GehSrgangsverengerung, Narbe oder Adhasivprozel~) besteht, bzw. eine erleichterte Zuleitung infolge Radikaloperation des Mittelohres.

Viele Otologen pflegen in solchen F~llen die kalorische Prtifung ausfallen zu lassen, andere (Aspissow 1 Kallmann 2a) empfehlen Einblasung kalter oder heiBer Luft oder die Kalorisierung mit Diathermie (Kubo al). Ich habe bei trockenen Trommelfellpefforationen stets yon einer Spfilung abgesehen und auch ~uf die Einblasung kalter oder heil]er Luft sowie auf die Anwendung yon Diathermie- kalorisierung verzichtet. Bei RadikaloperationshShlen und bei bestehender Se- kretion aus der PaukenhShle bei Trommelfellperforation habe ich aber die kalorische Priifung stets auf beiden Seiten mit A]kohollSsung ausgeffihrt.

Es ergeben sich gewil~lich in den Fallen, die auf der einen Seite eine RadikaloperationshShle oder eine Trommelfellperforation aufweisen, gegenfiber dem normalen Ohr Unterschiede in der kalorischen Reaktion. Bei grundsatzlicher Anwendung yon Heft]- und Kaltspfilung auf beiden Seiten wird man aber bei einiger l~bung sehr bald erkennen lernen, ob es sich nur um eine erleichterte Zuleitung des kalorischen Reizes oder aber um eine pathologische Vestibularreaktion handelt. Besonders wichtig ist die Anwendung der kalorischen Untersuchung auch in solchen F~llen ffir die Erkennung yon Tonusdifferenzen, die dem Untersucher bei alleiniger Anwendung der Drehprfifung bestimmt entgehen wfirden. Die drei folgenden Beispiele zeigen uns, wie man auch unter ungleichen Verh~ltnissen an beiden Ohren die kalorischen Prfifungen richtig aus- werten kann.

1. Zustand nach Radikaloperation links. Beiderseits normale Vestibularerregbarkeit ffir Dreh- und galvanischen Reiz.

Untersuchung auf dem Lagetisch ergibt normalen Befund.

Kalorisch : 1~chts links

270 l~ystagmus 25--90 Sek. nach links 4--150 Sek. naeh rechts 470 ,, 30--75 . . . . rechts 7--120 . . . . links.

Diagnose. Normale kalorische Erregbarkeit beider Vestibularapparate. Die Verkiirzung der Latenzzeit und die Verl~ngerung der Nystagmusdauer ist eine

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116 Johannes Koch: Studien fiber Ver/~nderungen des Geh6rorgans,

Folge der dureh die anatomischen Verh/fltnisse bedingten erleichterten Reiz- zuleitung links.

2. Zustand nach Radikaloperation links. ~berwiegen des Vestibulartonus rechts bei abklingender Labyrinthitis links.

4 Wochen nach der Radikaloperation rechts links

270 Nystagmus 29-- 70 Sek. nach links 25--88 Sek. nach rechts 470 ,, 15--135 . . . . rechts 39--59 . . . . links

4 Monate nach der Operation 270 I~ystagmus 26-- 72 Sek. nach links 19--97 Sek. nach rechts 470 ,, 14--116 . . . . rechts 40--58 . . . . links

6 1V[onate nach der Operation 27 o ~ystagmus 26-- 73 Sek. nach links 25--89 Sek. nach rechts 47 o ,, 20--105 . . . . rechts 40--57 . . . . links

7 Monate nach der Operation 270 Nystagmus 25--78 Sek. nach links 37--62 Sek. nach rechts 470 ,, 24-- 82 . . . . rechts 42--57 . . . . links.

Das ~berwiegen des l~ystagmns nach rechts ist besonders deutlich w/~hrend der Ausgleichsvorg~nge in den ersten Monaten. Sp~ter zeigt sich, dab auf dem gesunden Ohr beide Reaktionen wieder ann~hernd gleich ausfallen. Auf dem operierten Ohr bleibt nach Ausheilung der Labyrinthitis nur noch ein Funktionsrest.

3. Stirnhirntumor rechts. Zustand nach Radilealoperation beider Mittelohren. Bei Drehprfifung und galvanischer Prfifung fiberwiegt lebhaft der l~ystagmus

nach links. Kalorisch :

rechts links 27 o Nystagmus 4--200 Sek. nach links 50-- 65 Sek. nach rechts 47 o ,, O 5--180 . . . . links.

Es bestehen hier bei beiderseitiger Radikaloperation fiir die Kalorisierung an sich gleiche Bedingungen. Es zeigt sich auch hier, wie man es bei erleichterter Reizzuleitung in der Regel finder, die Verkfirzung der Latenzzeit und die Ver- 1/~ngerung des Zeitraumes der sichtbaren schnellen I~ystagmuskomponente. Die Tonnsdifferenz is~ eine Folge des Stirnhirntumors. Sie kam auch bei Anwendung der Dreh- un4 galvanischen Prfifung heraus, wird aber gerade durch die Hinzu- ziehung der Kalt- nn4 I-IeiBspfilung noch besonders deutlich hervorgehoben.

Die Priifung der Drehreaktion effolgt unter Zuhilfenahme der Baranyschen 2 Drehstarkreizprf i fung (10 Umdrehungen in 20 Sek. bei allm/ihlicher Beschleunigung) und nach der yon Grahe 15 angegebenen Drehschwachreizmethode, bei der nicht der Nachnystagmus, sondern der w~hrend der Drehung auf t re tende primdre Nystagmus kontrol l ier t wird. Gerade die Drehschwachreizprfifung ist, worauf Grahe zu wiederholten IVIalen hingewiesen hat , als eine sehr empfindliche Methode anzusprechen.

Die exper imentel len Pri i fungen mi t H i l f e der K 6rpe rd rehung sind nicht nur ein wichtiges Merkmal fiir das Ansprechen der Vestibular-

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insbesondere St6rungen der Innenohrfunktion nach Schidelunfillen. 117

organe auf die ad~quaten Drehreize, sondern auch gerade bei den hier in Frage stehenden F/~llen der wesentliche Faktor, der uns erm6glieht, zu entscheiden, ob traumatiseh bedingte St6rungen der Vestibular- funktion ausgegliehen sind oder nicht. Wenn auch die Drehprfifung nicht, wie die Untersuchung mit dem in/~quaten k~lorisehen Reiz eine isolierte Prfifung jedes einzelnen Vestibularorgans gestattet, so 1/~Bt sie doeh siehere Schlfisse fiber den Funktionszustand des gesamten Vesti- bularsystems in seinen peripheren und zentralen Anteilen zu. Die Vor- nahme einer Drehuntersuchung ist deshalb unseres Eraehtens in jedem Falle unerliifllich. Da auch, wit wir aus dem Schrifttum wissen, gerade bei traumatisehen und luetischen Innenohrsch/~digungen ein isolierter Ausfall der Drehreaktion bei erhaltener kaloriseher Reaktion vorkommen kann, so muB bei Sch~delverletzten, die fiber Sehwindelerseheinungen klagen, sowohl die kalorisehe als aueh dig rotatorisehe Prfifung vor- genommen werden.

Die galvanische Priifung.

DaB die Durehleitung tines galvanischen Stromes dureh den Seh/~del Schwindel und Augenbewegungen erzeugt, war schon Ritter 53 und Purkinje 4s bekannt. Hitzig 21, dem wir die ersten systematisehen Unter- suchungen fiber die Galvanisierung verdanken, ffihrte die auftretenden Erseheinungen auf Hirnreizungen zurfiek, w/~hrend Breuer (zit. naeh Grahe) als erster betonte, dab es sich bei der Galvanisierung des Kopfes um Labyrinthreaktionen handele. Seit dieser Zeit wnrde diese Unter- suehungsmethode bei der Labyrinthprfifung mit herangezogen. Sie hat sich aber in der Klinik nie reeht eingefiihrt und tri t t an Bedeutung gegenfiber der Drehprfifung und Kalorisierung welt in den Hintergrund, da man sich trotz zahlreicher Versuehe fiber die Wirkungsart und die Angrif/spunkte des galvanisehen Stromes bisher keine sieheren Vor- stellungen maehen konnte, und da auch die Ausffihrung der Untersuchung viel ~bung erfordert.

Die Beobachtungen des Auftretens yon galvanischem Nystagmus bei Labyrinthektomierten und die Ergebnisse der Tierexperimente yon Dohlmann lo und Huizinga 23 sprechen daffir, dab es sich keinesfalls um eine periphere Rgaktion handelt, wit das Breuer und Bri~nings s annahmen, durch Roizung der NervenendsteUen des Utrieulus und Sacculus oder dureh kataphoretisch bedingte Endolymphstrfmungen hervorgerufen, sondern um eine zentrale R~aktion, die nach Ansicht Dohlmanns yon der Anwesenheit funktionsf~higer Zellen im Ganglion vestibulare Scarpae abhingt.

Vor 2 Jahren hat nun Vogel ss erneut auf die /clinische Bedeutung der galvanischen Reaktion hingewiesen, besonders auf die Vorzfige der unipolaren Reizung, d. h. der isolierten Untersuchung jedes Felsenbeins mit tin- und aussteigenden Strfmen. Angeregt dureh diese l~itteilung

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118 Johannes Koch: Studien fiber Ver~nderungen des Gehdrorgans,

habe ich eine grSl3ere Reihe Ohrgesunder, vor allem aber fast alle Pa t ien ten mit Labya.inthitis, Labyr in thopera t ion, Oktavuskrisen, Schs t rauma und t I i rn tumor , die ich beobachten konnte , galvanisch unte rsucht und sowohl die galvanische Fal l reakt ion als auch den galvanischen Nystagmus mit tIilfe der unipolaren und der bipolaren Reizung gepriift.

Meine Ergebnisse bei Ohrgesunden stimmen mit den Mitteilungen, die mail im Schrifttum fin@t, fiberein. Bei bipolarer Reizung fand sieh Nystagmus mit sehneller Komponente zur Kathode bei 2--5 mA StromstArke, bei unipolarer Reizung Nystagmus erst bei etwa 5--10 mA. Die Fallneigung trat in der Regel schon bei 1--2 mA Stromst~rke ein, und zwar zur Seite der Anode bei auf den Tragus auf- gesetzter Anode und Kathode in der Hand der Gegenseite. Schon bei der Unter- suchung Ohrgesunder zeigte sich ein deutlicher iVaehteil der Methode, nAmlich die Tatsache, dal3 bei einer Reihe yon Menschen der Nystagmus nicht ausgelSst werden kann, oder vielleicht bei einfacher Betraehtung mit dem Auge unter der Konvexbrille, d.h. also ohne Anwendung eines Nystagmographen nicht erkenn- bar ist.

Bei den pathologisvhen Fiillen fanden sich nun wechselnde und zum Teil wider- spruchsvolle Ergebnisse, so bei der Labyrinthitis mit deutlieh herabgesetzter oder erloschener Funktion des peripheren Vestibularapparates normaler Ausfall der galvanischen Prfifung, auch herabgesetzte Reaktion, allerdings niemals ein Fehlen der Reaktion zur Krankheitsseite. Dieselben Erfahrungen konnte ieh bei Laby- rinthektomierten und auch bei einseitiger Ausschaltung des Vestibularapparates dureh SehAdelbrfiehe machen.

Interessant waren nun die Beobaehtungen, die ich bei einer groBen Anzahl von Vestibularfunktionsstdrungen, welche ieh als Vestibulartonusdiffemnzen bezeichnen will und die ich im Gefolge yon SehAdeltraumen, tIirntumoren und Oktavuskrisen land, maehen konnte. Ich werde weiter unten die Tonusdifferenzen noch eingehender bespreehen und habe bereits auf die Bedeutung der kalorischen Untersuehungsmethoden fiir die Erkcnnung soleher StSrungen hingewiesen. Auch die galvanische Untersuehung hat gerade bei dieser Art yon Vestibularstdrungen interessante Ergebnisse gezeigt. Ich fand bei diesen Tonusstdrungen, dab der ]qystagmus zu einer Seite bei den meisten FAllen schon durch ganz schwache Strdme (0,2--0,5 mA) ausgeldst werden konnte und unter UmstAnden dann auch einige lViinuten anhielt. Diesen latenten Spontannystagmus konnte ich in den meisten FAllen aueh durch den Kopfschiittelversueh aktivieren und darstellen under ging, wie ich das in ~bereinstimmung mit Vogel 69 feststellen konnte, auch aus dem Ausfall der iibrigen Reaktionen, dem ?3berwiegen des experimentellen Nystagmus zu einer Seite hervor. Die leiehte AuslSsbarkeit des galvanisehen Nystagmus zur Seite des fiberwiegenden Tonus ist aber naeh meinen Erfahrungen besonders deutlieh und hat bei meinen Fgllen yon Tonusdifferenz nie gefehlt. Der Nystagmus in der entgegengesetzten Riehtung, der aueh bei den anderen Reiz- arten entsprechend sehwAcher war, erschien bei der galvanischen Prilfung ebenfalls erst bei Anwendung grSBerer Stromst~rken, bei einer gewissen Anzahl yon Fgllen abet fiberhaupt nicht.

lJber die Ergebnisse der galvanisehen Prfifung bei Oktavuskrisen und bei ttirnerkrankungen habe ich im Rahmen friiherer Ver6ffentlichungen bereits be- richtet. Ieh fand sowohl bei angioneurotisehen Oktavuskrisen als auch bei Hirn- erkrankungen eine Aufhebung der galvanisehen Reaktion zur Iierdseite bei vor- handenem Oberwiegen des Nystagmus zur gesunden Seite, wAhrend bei ~3berwiegen des Nystagmus zur tterdseite tier galvanische l~ystagmus aueh zur gesunc[en Seite ausgeldst Werden konnte. DaB wir die Vestibulartonusdifferenz auf jeden Fall als Symptom einer zentralen Vestibularerkrankung auffassen, wurde in friiheren

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insbesondere StSrungen der Innenohffunktion nach Sehi~delunfi~llen. 119

VerSffentlichungen bereits ausgefiihrt. Bei 4iesen zentralen Vestibularerkrankungen kommt aber unseres Erachtens tier galvanischen Reaktion noch eine weitere dia- gnostisehe Bedeutung zu, ni~mlieh bei Klarung der Frage, ob eine zentrale Schi~di- gung oder ein zentr~ler Reiz vorliegt. ])as bei Hirntumoren und auch bei Oktavus- krisen stets beobaehtete Fehlen der galvanischen Reaktion zur Herdseite bei vor- handenem Uberwiegen des Nystagmus zur gesnnden Seite haben wir als ein ftir zentrate Schgdigung verwertbares Symptom ~ngesprochen, w~hrend wir bei ~ber- wiegen des Nystagmus zur kranken Seite und vorhandener, wenn uuch herab- gesetzter, galvanischer Reaktion zur gesunden Seite stets eine zentrale Vestibular- reizung angenommen haben. Erh~rtet wurde unsere Ansicht, wie an anderer Stelle schon ausgefiihrt wurde (J. Koch no), durch Beobachtungen bei ffinf autoptisch sichergestellten Tumoren des Kleinhirnbrfickenwinkels, des Akustikusstammes und der !Y[edulla, die vSlliges Fehlen des galv~nischen Nystagmus zur Tumorseite zeigten.

~ber die Ergebnisse der galvanischen ]?riifungen bei den Schi~del- verletzten und die daraus gezogenen Schlul~folgerungen wird welter unten ausffihrlich berichtet. Hier soll zusammenfassend nur gesagt werden, dal~ nach unseren Erfahrungen das Fehlen des galvanischen Nystagmus zur Verletzungsseite sicherlich nicht als Zeichen peripherer Vestibularunerregbarkeit aufzufassen ist, sondern als Zeichen einer zentralen Vestibularsch~digung. ~ber den genauen Sitz dieser Sch~digung - - Ganglion vestibulare Scarpae, Nervenstamm oder Deiterskerngebiet - - kann man allerdings auf Grund kliniseher Beobachtungen kein Urteil abgeben und man muB diese Entseheidung dem Tierexperiment fiber- lassen.

Wie wir sahen, hat die galvanisehe Priifung eine grol]e Bedeutung fiir die Erkennung zentraler Vestibularerkrankungen, sic ist ferner unersetzlich, wenn aus irgend welehen Grfinden die kalorische l~'fifung nicht ausffihrbar ist und der Untersucher sonst auf die alleinige Aus- ftihrung der Drehprfifung ~ngewiesen w~re.

Nun noch einige Worte iiber die Art der galvanischen Untersuchungen. Es wurde schon oben erw~hnt, daI3 Vogel 6s sich flit die unipolare Reizung einsetzt, in der Annahme, damit eine Trennung der Reaktion beider Labyrinthe zu erreiehen. Wir kSnnen, wie sehon an anderer Stelle von Koch 3o ausgefiihrt wurde, auf Grund unserer Beobachtungen in der unipolaren ~ethode keinerlei Vorteile gegeniiber der bipolaren erblieken und wenden jetzt die unipolare Reizung nur noch bei der Prfifung der Fallreaktion an. Nehmen wir z. B. an, es findet sieh bei einer Tonus- differenz im Gefolge yon Oktavuskrise, Hirntumor oder Sehs ein Fehlen des galvanisehen Nystagmus zur Krankheitsseite, so geht das sowohl aus dem Ergebnis der unipolaren als auch der bipolaren Reizung hervor.

Bipolare Reizung : Anode rechts Kathode links

Nystagmus ~ bei 2 mA Kathode rechts Anode links

Nystagmus +- 0

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120 Johannes Koch: Studien fiber Ver~nderungen des GehSrorgans,

Unipolare Reizu~tg : Anode rechte Hand Kathode linker Tragus

Nystagmus --> bei 4 mA Kathode rechte t tand Anode linker Tragus

Nystagmus ~- 0 Kathode rechter Tragus Anode linke Hand

Nystagmus ~- 0 Anode rechter Tragus Kathode linke Hand

Nystagmus -~ bei 5 mA.

Wie das Beispiel wei terhin zeig~, is t andererse i t s der zur gesunden Seite ger ichte te Nys t agmus sowohl bei Ka~hodenreizung der gesunden Seite als bei Anodenre izung der k ranken Seite, als auch bei b ipolarer Reizung auslSsbar. Die gleichen Beobach tungen konn ten wir bei Tonus- differenzen mi t einseitig herabgesetzter galvaniseher R e a k t i o n machen. GewiB bestehen geringe Unterschiede zwischen der St~rke der Ka thoden- reizung und der Anodenreizung. Le tz ten Endes f t ihr t aber nach meinen Er fahrungen die unipolare Prfifung zu demselben Ergebnis wie die bipolare, sie zeigt uns, daft der Nys t agmus in beiden Rich tungen gleich bzw. in einer R ich tung leicht , in der anderen Rich tung gar n icht oder schwer auszulSsen ist. Die Durchfiihrung der unipolaren Pri~fung scheint mir daher iiberfliissig.

Eine sehr bedeutungsvol le und aul]erordent l ich empfindl iche Prii- lung ist

Die Untersuchung der Lagereaktionen, die wir nach dem Vorbi ld yon Grahe 16 und Voss 72 auf dem yon Grahe angegcbenen Untersuchungss tuh l durchfi ihren. Sie is t neben der Dreh- schwachreizprfifung die empfindl ichste Pr i i fung der Gleichgewichts- regulat ion.

~ber die Genese der Lageempfindung kann man sieh auf Grund des vorliegenden Schrifttums noch kein sicheres Bild entwerfen. Fest steht nur, dal3 die Schwer- kraft den ausl6senden Reiz abgibt, und dal~ wir deshalb ganz allgemein jene Re- zeptoren, die uns die Lageempfindung vermitteln, als Gravizeptoren (A. Tschermak) bezeichnen. Ein wesentlicher Tell dieser Gravizeptoren ist sicher in tier sog. Tiefen- sensibilitat, d. h. in den Rezeptoren der Muskeln, B~nder usw. vereint, doch sol1 auch die Oberfl~tehensensibilit~t (Frey zit. bei M. H. Fischer) yon Bedeutung sein, auch ist es wahrscheinlich, dal~ die Eingeweide Gravizeptoren enthalten (M. H. Fischer 12). Die Lageempfindung lediglich mit der Funktion der Sinnesendstellen des Utriculus in Zusammenhang zu bringen, die Otolithen als die einzigen Gravi- zeptoren anzusehen, ist sieherlich unberechtigt. Neuerlich hat Eysvogel n diese Ansicht wieder in Anlehnung an Quix 49 vertreten, wird abet yon M. H. Fischer 12 und Grahe 16 widerlegt. Sowohl Grahe als M. H. Fischer sind weir davon entfernt, die Mitwirkung der Labyrinthe an dem Zustandekommen der Lageempfindungen zu leugnen. Grahe hat im Gegenteil durch seine Untersuchungen gezeigt, dab sich die Lageempfindungen yon seiten der Labyrinthe verandern lassen und damit die Mitwirkung der Labyrinthe beim Zustandekommen der Lageempfindung bewiesen.

Bei der Untersuchung auf dem Graheschen Lagetisch lassen sich zweifelsohne die anderen Gravizeptoren (Tiefensensibilit/~t, Eingeweide usw.) nicht aussehalten. Da aber ihre Mitwirkung stets die gleiche bleibt, ob wir nun einen Norma]en, einen

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insbesondere StSrungen der Innenohrfunktion nach Schadelunfallen. 19,1

Labyrinthlosen oder einen ttirntumorkranken untersuchen, so lassen sich die gefundenen StSrungen der Lageempfindung z. :B. bei einer peripheren Innenohr- erkrankung ohne weiteres auf den Einflul~ des Labyrinthes beziehen und auch bei nachweislich vorliegenden Erkrankungen in zentralen Oktavusabschnitten dtirfte die gefundene LageempfindungsstSrung auf die irritierung der zentralen Vestibular. babm zuriickzuftihren sein. Anders liegen natiirlich die Dinge bei ttirntumoren, die keine topographis~hen Beziehungen zu den Vestibularbahnen haben. Eine Erklgrung der hierbei gefundenen Lagest6rungen haben Grahe u. a. bisher nicht geben kSnnen. Die bei den zentralen oder peripheren Vestibularerkrankungen auf- tretenden LageempfindungsstSrungen diirften aber mit Sicherheit auf diese zu beziehen sein.

Wenn man also mit M. H. Fisvher 12 annehmen will, dab eine so wichtige Funktion wie unsere Lageempfindung mehrfach gesichert ist, durch die Gravi- zeptoren der Tiefensensibilit~t, der Eingeweide, der Oberflgchensensibilitgt und durch Labyrinthfunktionen, so kann man auf Grund der gefundenen charakte- ristischen Vergnderungen bei bestimmten Labyrintherkralxkungen auch annehmen, da~ die gefundonen StGrungen der Lageempfindungen auf die Yergnderungen ira Labyrinth (Sinnesendstellen des Utriculus) oder in den ableitenden Bahnen (Oktavus- stature, Ganglion vestibulare Scarpae) oder auch auf Veranderungen in den Kern- gebieten zurtickzuftihren sind.

A u f die Bedeutung der Lagetischuntersuchung bei Hirnerkrankungen habe ich * an anderer Stelle hinweisen k6nnen, ebenso auf die Bedeutung der Lagetischuntersuchung ftir die Erkennung zentraler Vestibularis- st6rungen bei angio-neurotischen Oktavuskrisen **, die uns mit Hilfe der Erfahrungen, die Grahe u. a. bet peripheren Labyrinthst6rungen gemacht hatten, m6glich war. Gerade mit Hilfe der Lagepriifung konnten wir den Beweis erbringen, dab die Tonusdifferenzen als zentrale St6rungen aufzufassen sind und die Erfahrungen, die wir bei angioneurotisch bedingten Tonusdifferenzen fraher machen konnten, wurden auch, wie welter unten ausgefiihrt wird, bei den Tonusdifferenzen im Gefolge yon Sch~delverletzungen erneut best~tigt.

Es ist naheliegend, dal~ man mit Hilfe einer so feinen ~ethode wie der Lageempfindungsprtifung zur Erkennung yon hysterischem und simuliertem Schwindel wesentlich beitragen kann. DaB z. B. bei Hysterie Spontannystagmus und eventuell auch pathologischer Ausfall der kalorischen Reaktion auftreten kann, ist bekannt. Es ist auch wiederholt beschrieben worden, dab eine Unterdriickung oder St6rung der kalori- schen und rotatorischen Reaktion (Hertwig-Magendiesche Schielstellung u. dgl.) bei Hysterikern vorkommen kann (Mau thner 4o). Bei der Lage- empfindungspriifung liegen die Dinge ganz anders. ~ach t der Untersuchte genaue Angaben, so spricht normaler Ausfa, ll der Lagetischuntersuchung bei unklarer kalorischer und rotatorischer Reaktion mit groBer Sicherheit dafiir, dab eine wesentliche und praktiseh bedeutsame St6rung der Gleichgewichtsregulierung ~ c h t vorliegen kann.

Haben wi res nun mit einem Hysteriker oder einem Simulanten zu tun, so wird derselbe bewuf]t oder unbewu~t den Versuch machen, auch

* Koch, J. 80. ** Koch, J. 29.

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122 Johannes Koch: Studien fiber Ver/mderungen des GehOrorgans,

bei der Lageuntersuchung StSrungen vorzut/iuschen, zu simulieren. Ganz charakteristisch sind die wechselvollen und widersprechenden Angaben schon bei einer Priifung, besonders aber bei mehreren Wiederholungen. Prfift man in solchen F/~llen mehrfach die Lageempfindung in der Sagittal- und Frontalebene, den Kopfstellreflex und dig Spontanhaltung des Kopfes, l~l~t man ferner den Untersuchten bei bestimmten Lagerungen die Winkelneigung sch/~tzen, seine Lage im Raum angeben, und registriert man genau die Untersuchungsergebnisse, so wird man nachher bei Betrachtung des Protokolls ohne weiteres sehen k6nnen, dab man es hier mit ganz wechselvoUen Angaben zu tun hat, die sich in keines der bekannten Krankheitsbilder einordnen lassen. Wir haben diese Erfahrung sowohl bei Hysterikern als auch bei Simulanten zu wiederholten Malen machen k6nnen und betrachten deshalb die Prfifung der Lageempfindung als ausschlaggebend fiir die Erkennung hysterischen oder simulierten Schwindels. Dal~ es auch ffir den Eingeweihten keine MSglichkeit gibt, auf dem Lagetisch ein charakteristisches Krankheitsbild vorzutiiuschen, habe ich bei Untersuchung yon Assistenten unserer Klinik sicherstellen k6nnen. Es ist keinem der Untersuchten gelungen, eine Verschiebung der Lageempfindung in einer bestimmten Richtung vorzut/s auch war er nicht in der Lage, bei Wiederholung der Priifung wenige Minuten sp/iter auch nur anni~hernd denselben Neigungswinkel herauszufinden. Da nun der Gesunde oder aber der organisch Kranke auch bei den Wiederholungsprfifungen meist genau dieselben Angaben macht, so ist man bei stark wechselnden und v611ig dissoziierten Angaben des Unter- suchten auf dem Lagetisch auf das Vorliegen einer hysterischen oder simulierten Gleichgewichtsst6rung zu schlieBen berechtigt. Ich glaube mit diesen Ausfiihrungen gezeigt zu haben, dab die Priifung der Lage- empfindung auf dem Graheschen Tisch als ein wertvoller Bestandteil der Untersuchung des Gleichgewichtssinnes anzusehen ist, und dab uns diese ~e thode erm6glicht, manchen zun/ichst undurchsichtigen Fall aufzukl/~ren. Es w/~r6 zu wiinschen, dal~ die Lageempfindungsprfifung Allgemeingut aller Otologen wtirde, die sich fortlaufend mit der Unter- suehung yon Seh~delverletzten zu befassen haben.

Untersuchung des Gef/illnervensystems.

I m Rahmen der Beschreibung der Untersuchungsmethoden babe ich bereits darauf hingewiesen, dab wir stets eine besondere Untersuchung des Zustandes des Gef/~13nervensystems vornehmen und dal~ wir auf das Ergebnis dieser Untersuchung besonderen Wert legen. Wie ich * an anderer Stelle bereits ausffihrte, sind die Krankheitsbilder ausgesprochener Sympathiko- und Vagotonie 1/~ngst nicht so h/~ufig, wie man frfiher glaubte, und es bestehen welt mehr vegetative Dysfunktionen. Bei der Beurteilung

�9 Koch, J. 29.

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insbesondere StOrungen der Innenohrfunktion nsch Seh/~delunfallen. 123

eines Sch/~delverletzten k o m m t es aber auch gar n ich t darauf an fest- zustel len, ob der Sympa th iko - oder der Vago~onus i iberwiegt, es geni igt die Fes ts te l lung, dab i ibe rhaup t eine abnorme Reak t ion des Gef/~B- nervensys tems besteht , die en tweder durch den Unfal l selbst ausgelSst sein, oder aber sehon vorher bes t anden haben kann. Die Unte r suehung 1/~$t sich bei einiger ~ b u n g sehr raseh ausf~ihren. W i r bedienen uns des A s c h n e r s e h e n Bulbusdruck- , des Karo t i sdruekversuchs , prfifen das E r b -

sehe Ph/~nomen und dam Vorhandense in yon Dermographie . Sodann wird die Puls-, ]~lutdruck- und Al lgemeinreakt ion nach Adrenal in- , At rop in- und P i lokarp in in jek t ion festgestel l t , sowie die eventuel l naeh diesen In j ek t ionen auf t re tenden Ver/~nderungen der Ves t ibularer regbar- kei t . Die In j ek t ionen werden j e t z t nur n o c h subku tan ausgefi ihrt , da ich bei in t raven6sen In j ek t ionen mehrfach unangenehme Zwisehenf/~lle e r leb t habe.

Bei der Bespreehung der vege ta t iven Unte rsuehungsmethoden soil nun noch ausfi ihrl ich auf eine Untersuchung eingegangen werden, der yon M u c k 4 2 - ~ und seinen Schfilern in der neueren L i t e r a tu r ffir die Beur te i lung yon Sch/~delverletzten eine groBe ]~edeutung zugesproehen wird, auf den M u c k s c h e n A d r e n a l i n s o n d e n v e r s u c h .

l~ber dieses von Muck zuerst beschriebene nasale Reflexphanomen sind im Laufe der letzten Jahre ungezahlte VerOffentlichungen erschienen, 27 yon Muck selbst. Von den Nachuntersuchern wurden Mucks Ergebnisse zum Tell bestatigt, zum Teil erganzt und noch auf andere Krankheiten ausgedehnt, zum Teil aber auch widerlegt.

M u c k hat es nicht an Entgegnungen fehlen lassen, und unter ttinweis auf sein grol~es Material (23 000 Falle) unzweideutig merken lassen, dab er die gegenteiligen Ergebnisse auf die Unfahigkeit der Nachuntersucher, den Adrenalinsondenversueh anzustellen und zu deuten, zuriickfiihren m6chte. Wenn nun die Ausfiihrung des Adrenalinsondenversuehs wirklich so schwierig ware, wie Muck betont, so ware die Bedeutung fiir die otologische und neurologische Praxis sehr gering. Muck gibt denn auch in seinen letzten Ver6ffentliehungen selbst zu, dab der rhinologiseh geschulte Arzt -- ,,sllerdings nur unter Vorsussetzung yon YleiB und Gesehick" -- die Ausfiihrung erlernen kann. Es hsben sich denn such einige Faehkollegen, so Utzerath 6e und Riecke 52 die ~iihe genommen, die Technik bei Muck selbst zu erlernen. Aber auch diese komlten wie Mesrin 41, C6ster 9, Vogel 76, Theissing 66 und Wirth 7s bei mehreren Fallen yon einwsndfreier I-Iirnsehadigung negativen Ausfsll der Resktion beobachten, ein Ergebnis, dessen Vorkommen Muck bestreitet. Muck und seine Schtiler heben immer wieder hervor, dab bei sicherer ttirnschadigung dss weiBe Striehphanomen auf der Verletzungsseite mit 100 % Sicherheit auftreten wtirde. Eine sehr objektive Kritik der Muckschen Methode gibt Riecke ~2, der ebenfalls ein Abhi~ngigkeitsverhaltnis zwisehen Trauma und Ausfsll des Adrenalin- sondenversuehs sowie eine ~bereinstimmung des positiven Ausfglls mit der Ver- letzungsseite nicht immer finden konnte/ Wie Muck u. ~. land Riecke bei Gesunden stets normslen Ausfall der Reaktion u n d e r ffihrt sus, dsl3 der positive Ausfsll des Adrenslinsondenversuchs stets der Wegweiser nach einer orgsnischen Urssche sein soll. Wirth ~e hingegen fand such bei Gesunden wiederholt dss weiBe Strich- phanomen.

Aueh an unserer K l in ik wird seit mehreren J ah ren der M u c k s c h e

Adrena l insondenversuch ausgeftihrt . I m M/irz 1932 konnte ich 2s fiber die Ergebnisse nnserer Unte rsuchungen auf der Tagung S/~chsisch-

Archly f. Ohren-, Nasen- u. Kehlkopfhei lkunde. Bd. 137. 9

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124 Johannes Koch: Studien fiber Ver/~nderungen des Geh6rorg~ns,

Thfiringischer I-[als-Nasen-Ohren/~rzte berichten. Damals lag ein Material von 115 F~llen vor: 39 Sch/~delverletzte, 34 ausgew~thlte Erkrankungen, bei denen der Versueh nach Literaturmitteilungen positiv ausfallei1 k6nnte, 21 versehiedene Erkrankungen und 22 v611ig gesunde ~enschen. Es wurde bei Peritonsillarabszessen, be[ Tonsillektomien, bei Larynx- karzinomen, bei Lues III , bei Oktavuskrisen, Asthma und Heufieber fast rege]m/~ltig das weil~e Striehph/~nomen auf einer oder beiden Seiten geftmden. Aueh bei vielen Sch/~delverletzten wurde der wei~e Strieh festgestellt, aueh bei solchen F~llen, bei denen die Vorgeschiehte und der neurologische Befund nicht ffir Hirnseh/~digung sprechen wiirden. Bei zwei Schul3verletzungen des Gehirns konnte dagegen das weil~e Strich- zeichen auch bei wiederholten Versuchen nieht ausgelSst werden, iu einem dritten Falle yon Gehirnkopfsehul~ trat der wei~e Strich stets auf der Gegenseite auf. Bei den 21 Patienten mit Erkrankungen ver- sehiedenster Art, sowie bei den 22 Normalen f i e lde r Adrenalinsonden- versuch stets normal aus. Nach unseren damaligen Beobachtungen kamen wir zu der t3berzeugung, dal~ zun/~chst einma] der ~ethode der grol~e Nachteil anhaftet, dal3 der weil3e Strieh bei so zahlreichen Erkrankungen vorkommen kann und daher keine spezifisehe Reaktion fiir eine Hirn- sch/~digung ist, dal~ andererseits der normale Ausfall keineswegs gegen die Annahme einer Hirnsch~digung verwertet werden kann. Den Adre- nalinsondenversuch haben wir auch weiterhin regelm/if~ig bei allen Oktavuskrisen ausgefiihrt, ferner bei Hirntumoren, Epilepsie, Meningitis usw. und sind bei diesen Untersuchungen zu der Uberzeugung ge- kommen, dab der M u c k s e h e Adrenalinsondenversuch fiir die Diagnose und Lokalisierung einer I-[irnerkrankung keine wesentliche Bedeutung hat*.

Von don dieser Arbeit zugrunde liegenden Sch/~delverletzungen wurden 46 naeh M u c k s Vorsehrift untersueht. ~ber das genaue Ergebnis dieser Untersuchungen wird welter unten berichtet. Auf Grund unserer frfiheren Erfahrungen k6nnen wir nicht abstreiten, daI~ der positive Ausfa]l des Adrenalinsondenversuchs, besondel:s das Dauersymptom, gewisse Bedeutung hat, da der Normalmensch sieherlich einen negativen Ausfall zeigt. Der positive Ausfall soll uns veranlassen, naeh einer organischen Ursaehe hierfiir zu suehen. Er sprieht aber keinesfalls fiir Hirnsch/~digung, wie man ebensowenig beim negativen Ausfall bereehtigt ist, eine Hirnseh/tdigung abzulehnen. Es w/~re zu begriil~en, wenn der Adrenalinsondenversueh von Otologen und Neurologen weiterhin regel- m/~Big angewandt wiirde, damit man am Ausbau dieser zweifelsohne sehr interessanten Reakti0n des Gef/~Bnervensystems mithelfen kann.

Die Untersuehungsergebnisse. Fassen wir nun naeh dieser eingehenden Besprechung des Unter-

suchungsganges und naeh der gegebenen Kritik tier einzelnen Unter-

* Koch, J. a0

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insbesondere St6rungen der Innenohrfunktion nach Sch~delunf~llen. 125

suchungsmethoden die Ergebnisse unserer Beobachtungen zusammen, so kann zun/~chst erw/~hnt werden, daB bei den beobachteten Seh/~del- unf~llen die Beteiligtmg des m~nnlichen Gesehleehtes, und zwar im berufst~tigen Alter, aus naheliegenden Grfinden betr~ehttich fiberwiegt. In meiner Untersuehungsreihe stehen 8 Kinder beiderlei GescMeehtes und 9 weibliche Erwachsene 129 m/~nnliehen Erwachsenen gegenfiber.

:Besonderes Interesse ffir die Klinik hat die Beurteilung der selcund~iren Mittelohrinfektion. Die Einstellung der Otologen zu dieser Komplikation des Sch/~deltraumas ist sehr verschieden. W/~hrend Voss 7~, ~4, Linc]c 36 und Grossmann 17 die frfihzeitige eventuell sogar prophylaktisehe Ope- ra t ion empfohlen haben, wiesen Lange 3~, Uffenorde 62, Sch6nbauer und Brunner 7 darauf hin, dab sowohl beziiglich der Indikation zur Operation als auch bezfiglich der Auswahl des Vorgehens eine konservative Haltung am Platze ist. Die Stellungnahme unserer Klinik wurde yon mir ~5, 26 auf Grund frfiherer Beobaehtungen an anderer Stelle dargelegt. Wir bat ten festgestellt, dab nicht jede akute Otitis media bei Felsenbein- brfichen einer operativen Behandlung bedarf, hat ten aber sowohl fiir die Otitis media als auch fiir die F/~lle yon H/~matom in der Pauke oder im Warzenfortsatz strengste otologisehe Uberwaehung gefordert.

I m Rahmen dieser Untersuehungen beobaehtete ieh bei 85 S chl/~fenbeinverletzungen, 47real eine sekund/~re Mittelohrinfektion, 26 solcher Otitiden heilten unter konservativen MaBnahmen ab,

8 gingen in eine ehronisehe Otitis media fiber, 13 muBten bald nach dem Trauma operiert werden.

Die Operation erfolgte bei diesen akuten Fiillen 9mal wegen be- drohliehen Fortschreitens der Mittelohrinfektion im Warzenfortsatzgebiet, 4mal wegen Meningitis. Auch yon den acht in ein ehronisehes Stadium fibergegangenen Mittelohrentzfindungen muBte ein Fall wegen sekund~rer Cholesteatombildung 2 Jahre nach dem Trauma operiert werden.

Die Art der Operation richtete sieh in erster Linie nach dem Verlauf der Bruchlinien. Es genfigte in 9 F~llen die Antrotomie, 4real wurde die Radikaloperation vorgenommen (davon einmal wegen Cholesteatom- bildung), in einem Fall yon Meningitis nach Labyrinthfraktur muBte die Labyrinthektomie ausgefiihrt werden. Alle 14 F/~lle wurden dureh die Operation geheilt.

Unsere Ergebnisse zeigen einwandfrei, dab die Gefahr der Ohr- komplikation bei Schiidelverletzungen nicht fibersch~tzt werden daft. Wir k6nnen ferner aus unserer Erfahrung sagen, dab man bei erforderlich gewordener Operation in tier Regel mit dem kleinsten Eingriff, der Antrotomie, auskommt. Nur der Verlauf der Bruchlinien, die verfolgt und aufgedeckt werden mfissen, k'ann unter Umst~nden zur Radikal- oder Labyrinthoperation zwingen. Die Labyrinthoperation wird demnaeh nur bei der nach unserer Erfahrung ziemlieh seltenen Felsenbein-

9*

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126 Johannes Koch: Studien fiber Ver~nderungen des GehSrorgans,

querffaktur in Frage kommen. Die yon uns, Lange 34 u. a. gemachten Erfahrungen berechtigen wohl dazu, den yon Voss ~3, 74 frie'her ver- tretenen Standpunkt, jede ]~asisfraktur mit Ohrbeteiligung operativ zu behandeln, abzulehnen. Die Tatsache, daB bei solchen Verletzungen die Hauptgefahr vom Mittelohr ausgeht, veranlaBt uns aber zu der Forderung, die Sch~tdelverletzungen mit Ohrbeteiligung aus der Behandlung des Chirurgen in die des Otologen zu fiberfiihren. Sofort eingeleitete zweck- ms Behandlung der Ohrverletzung bietet die beste M6glichkeit, dis Infektion und damit die Operation zu vermeiden. Von unseren 14 F/~llen, die operiert wsrden muBten, wurden neun erst mit bedrohliehen Er- scheinungen zu uns fiberwiesen und die Ohruntersuchung war erst bei Eintreten des Fiebers bzw. der meningealen Erscheinungsn veranlaBt wordsn.

Nieht nut wegen der prognostischen Beurteilung und der Behandlung der Ohrverletzung, sondern auch wegen der bei diesen Verletzungen auftretenden Funktionsst6rungen, die fiir sp~tere Begutaehtungen groBe Bedeutung haben, ist die sofortige otologisehe Untersuehung und ]]ber- waehung erforderlich. DaB wir sehr h~ufig erst versp~tet zur Ohruntsr- suchung yon Sch/~delverletzten hinzugezogen wurden, ist bereits erw/~hnt. Es mag abet kaum glaubw/irdig klingen, dab wit yon 203 in den letzten 4 Jahren untersuehten Seh~delverletzungen mit Beeintr~ehtigung der Innenohrfunktion dieser Vsr6ffentliehung nur 146 l~/~lle zugrunde legen konnten, da die fibrigen F/~lle, obwohl sis sofort naeh dem Unfall in /~rztliche H~nde kamen und fiber Ohrbesehwerden klagten, erst naeh Woehen, Monaten, ja sogar Jahren der ohren/~rztliehen Untersuchung zugeffihrt wurden. DaB die sp/~tere Begutachtung solcher F/~lle groBe Sehwierigkeiten maeht, dab oft l~ehlentseheidungen die Folge sein wsrdsn, ist leieht versts ~iir Betrachtungen fiber posttraumatisehe ~unktionsst6rungen, wit wir sie bier anstellen wollen, sind solehe F/~lle g~nzlieh unbrauehbar. Es zeigt sich also, dab diese /~rztliehen Unter- lassungen sieh in gleicher Weise zum Sehaden der Verletzten, der Ver- sieherungsgesellsehaften und der ~rztliehen Forsehung auswirken.

Die Funktionsstiirungen. Bei den 146 F~llen war der Cochlearapparat 136real beteiligt. Es

handelte sich bei 30 Verletzten um Taubheit bzw. an Taubheit grenzendc SchwerhSrigkeit, die entweder sofor~ nach dem Trauma in Erscheinung getreten war oder sich innerhalb kurzer Zeit aus elner hochgradigen traumatischen SchwerhSrigkeit entwickelt h~tte.

33mal lag MittelohrschwerhSrigkeit, 37real InnenohrschwsrhSrigkeit und 36real kombinierte SchwerhSrigkeit vor.

Der Vsstibularapparat war nur 72mal beteiligt, 74mal dagegen nicht.

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insbesondere St6rungen der Innenohrfunktion nach Schiidelmffi~llen. 127

Aus naehstehender ~bersicht kann leieht ersehen werden, in welcher Weise sieh die Funktionsst5rungen des Cochlear- und Vestibular- apparates auf die Verletzungsgruppen verteilen.

1. Schddelbriiche mit Schld#nbeinbeteiligung 85 F~lle. Cochlearapparat: beteiligt 85mal, Taubheit 19mal, Innenohr- 14mal, Mittelohr- 32real, kombinierte Schwer- hSrigkeit 20mal, Vestibul~rapparat: beteiligt sofort 44real.

2. Svhgdelbri~vhe ohne Schlg#nbeinbeteiligung 14 F~lle. Cochlearapparat: beteiligt 12mal, Taubheit 4mal, Innenohr- 3mal, Mittelohr- lmal, kombinierte Schwerh6rig- keit 4mal. Vestibularapparat: beteiligt sofort 10mal, sparer 2mal (Tonusdifferenz).

3. Traumen des Svh~idels ohne nachweisbare ScMidel]raktur (Commotio cerebri et labyrinthi) 47 F~lle. Cochlearapparat: beteiligt 39mal, Taubheit 7real, Innenohr- 20mal, Mittelohr- 0mal, kombinierte SchwerhSrigkeit 12real. Vestibularapparat: beteiligt sofort 16mal.

Das Vorliegen einer Taubheit bzw. an Taubheit grenzenden Sehwer- hSrigkeit linden wir demnaeh bei den Sch~delbrtichen mit Schl~fen- beinbeteiligung 19mal, d .h . in etwa 22% der FMle. Nur bei 5 dieser Fiflle lag eine Pyramidenquerfraktur vor. Bei den Schi~delbriiehen ohne Schl~fenbeinbeteiligung Iand sieh sogar noeh h~ufiger eine durch den Unfall hervorgerufene Taubheit, n~mlieh bei etwa 29 % der beobachteten Fs Es handelte sich stets um eine einseitige Taubheit auI der Ver- letzungsseite. Bei 3 F~tl~en von Sch/~delbrfichen land sich eine doppel- seitige Taubheit, 2mal handelte es sich dabei mit grSI~ter Wahrscheinlich- keit um eine doppelseitige Pyramidenfraktur, im 3. Falle lag ein schwerer Sehul3bruch des Schi~dels vor.

Auch bei den leichteren Sehiidelverletzungen ohne naehweisbare Fraktur des knSehernen Seh~dels (Commotio cerebri et labyrinthi) land sich in etwa 15 % der Fi~lle eine Taubheit auf der Verletzungsseite. Bei allen 30 F~llen war die Taubheit verbunden mit mehr oder weniger deutlichen vestibul~ren Spontansymptomen sowie mit starker Be- eintr~chtigung der experimentellen Vestibularerregbarkeit. Aueh bei den F~llen yon doppelseitiger Taubheit fanden sich auf beiden Seiten An- zeichen fiir das Bestehen einer Sch~digung des Vestibularapparates. In keinem der l%lle ergab die neurologische Untersuehung irgendeinen Anhalt ftir eine psychische StSrung. Simulation konnte durch die Art unserer Untersuchung, die bereits geschildert wurde, mit ziemlicher Sicherheit ausgeschlossen werden.

Es konnte ferner festgestellt werden, dal3 bei 29 F/~llen kein wesent' liches Schrecker]ebnis, keine Detonation od. dgl. vorgelegen hatte. Nur in dem einen Falle yon doppelseitiger Taubheit war die Verletzung mit einer Verschfittung einhergegangen. Hier kSnnte der Verdacht aui eine Schreckneurose bestehen. Berficksichtigt man aber, dal~ der Betroffene gleichzeitig durch einen Granatsplitter eine Verletzung des linken Scheitelbeins und des Parietalhirns erlitt, so ist es wohl n~therliegend, auch bier an eine organische Schi~digung zu denken. Au~erdem bestand nicht, wie man alas bei psychogener Taubheit meist finder, die doppeI- seitige Taubheit gleieh nach dem Wiedererlangen des BewuBtseins,

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sondern es lag zun~chst eine erhebliche beiderseitige InnenohrsehwerhSrig- keit vor, aus der sich unter /~rztlicher Beobaehtung in wenigen Woehen eine beiderseitige Taubheit entwiekelte. In allen 30 F/~llen konnte das einmal festgestellte Vorliegen yon Taubheit bei h/s Wiederholungs- untersuchungen auch fiber Jahre hinaus erneut best/~tigt werden. Wie zu erwarten, war also keine Wiederherstellung der Funktion eiugetreten.

MittelohrschwerhSrigkeit fund sich, wie aus der ~bersieht hervorgeht, am h~ufigsten (32mal) bei den Seh/~delbrfichen mit Sehl/~fenbein- beteiligung. Nur einmal konnte eine MittelohrschwerhSrigkeit bei Seh/~delfraktur ohne naehweisbare Ohrbeteiligung festgestellt werden. Bei den 32 F/~llen yon ~ittelohrschwerhSrigkeit, die im Gefolge yon Seh/~delbrfichen mit Seht/ifenbeinbeteiligung beobachtet wurden, lag stets eine Verletzung des Trommelfells, Verletzung des Warzenfortsatzes, Blutung in die Pauke und Blutung in die pneumatisehen Zellen vor. Auf diesen Umstand wird bei Besprechung der Entstehung dieser FunktionsstSrung noehmals hingewiesen. Eine Kombination mit Vesti- bularerscheinungen fund sich bei den Fi~llen yon MittelohrsehwerhSrigkeit nur 9mal, es handelte sieh aueh meist urn rasch vorfibergehende StSrungen.

Reine InnenohrschwerhSrigkeit fund sieh 37mal, eine Besserung war im Laufe der Beobachtung niemals zu verzeichnen. Der Befund blieb bei 34 F/~llen fiber Jahre hinaus ann/~hernd gleich, w/~hrend bei 3 F/illen eine allm/;hliche Versehlechterung beobaehtet wurde. Kombinierte Schall- leitungs- und Empfindungsschwerh~rigkeit fand sieh in 36 Fifllen. Sie besserte sieh 8mal dureh Rfiekgang der Mittelohrkomponente (Sehall- leitung), versehlechterte sieh 3real dureh Verst/irkung der Innenohr- komponente und blieb 25mal ann/~hernd gleieh. Bei diesen 73 kombi- nierten und InnenohrstSrungen, die sich, wie die ~bersieht zeigt, ziemlieh gleichm~tltig fiber alle Verletzungsgruppen verteilen, war der Vestibular- apparat 33mal beteiligt, und zwar immer sofort nach dem Trauma.

Eine Beteiligung des Vestibularapparates fund sich in 72 F~llen. 70real traten die Vestibularsymptome gleich im Ansehlul] an das Trauma in Erscheinung und wurden beim Wiedererlangen des Bewuf3tseins bemerkt, 2ma[ scheinbar erst in sp/~terer Zeit. 69mal waren die Vestibular- symptome mit einer Cochlearsch~digung verbunden, 3mal isoliert auf- getreten. Betraehten wir die sofort in Erseheinung getretenen Vestibular- st5rungen, so haben wlr:

Unerregbarkeit ffir Dreh- und kalorischen Reiz . . . . . . . 30mal Untererregbarkeit fiir :Dreh- und kalorischen Reiz . . . . . . 26mal ~bererregbarkeit fiir Dreh- und kalorisehen Reiz . . . . . . 2real Kalorische Unerregbarkeit bei erhaltener Drehreaktion . . . . 8mal Rotatorische Unerregbarkeit bei erhaltener kalorischer Reaktion 0mal ~berwiegen des Vestibulartonus der Verletzungsseite . . . . . 3real

Bei 2 F/~llen yon Seh~deltraumen ohne Ohrbeteiligung wurden die objektiven Vestibularerscheinungen erst 1/~ngere Zeit nach dem Trauma festgestellt. Beide Patienten hatten aber, wie aus den Unfallakten

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hervorging, sofort nach dem Trauma ~iber Schwindelerscheinungen geklagt und diese Angaben bei mehreren /~rztlichen Untersuchungen wiederholt. 11/2 bzw. 2 Jahre naeh dem Trauma fanden wqr bei der ersten Untersuchung in unserer Klinik latenten Nystagmus zur Ver- letzungsseite und erhebliches Uberwiegen des experimentellen Nystagmus in dieser Richtung. In beiden F~llen war yon anderer Seite wiederholt otologiseh untersucht, aber stets nur unter Anwendung der Drehpr/ifung and der Kaltsptilung. Die Untersuchung hatte den Reaktionskontrast wohl ergeben, dieser wurde abet nicht gedeutet. Damit ist wohl erwiesen, da.B diese Vestibularst6rungen nieht erst sp/~ter aufgetreten waren, sondern dab die vorhandenen Erseheinungen, die ich als zentrale ~ber- erregbarkeit auf der Verletzungsseite deute, bestanden haben.

Die Priifung mit dem galvanischen Strom Untersuehungen bei 64 F/~llen durehgefiihrt,

gleich nach dem Trauma

wurde im l~ahmen dieser und zwar zum Vergleieh

stets die bipolare und die unipolare Reizung. Beachtung wurde sowohl dem galvanischen Nystagmus als auch der Fallneigung gesehenkt. Bei 21 F/~llen yon normaler kalorischer und rotatoriseher Vestibularerregbar- keit fiel auch die galvanische Untersuehung vSllig normal aus. Es handelte sich hierbei um F/s die frfiher StSrungen der Vestibularerregbarkeit aufgewiesen hatten, jetzt aber wieder normal reagierten. Bei 8 F~llen yon kalorischer und rotatoriseher Untererregbarkeit war die galvanisehe Reaktion beiderseits gleichm/~Big und auch bei 2 F/~llen yon ~ber- erregbarkeit der einen Seite fiel die galvanisehe Reaktion normal aus. Besonders wurde auf den Ausfall der galvanisehen Reizung in solehen F/~llen geaehtet, bei denen die rotatorische und kalorische Reaktion oder eine der beiden nieht auszul6sen war. ]3ei 16 F/illen yon kaloriseher und rotatoriseher Untererregbarkeit war die galvanische Reaktion auf der entsprechenden Seite 16mal vSl!ig normal, ebenso bei 5 F/illen yon kalorischer Unerregbarkeit und erhaltener Drehreaktion. Eine Zu- Sammenstellung meiner Ergebnisse bei der Vestibularpriifung mit kalori- seher, rotatorischer und galvaniseher Reizung wfirde also folgendes Bild ergeben:

(Normale Reaktion d-, herabgesetzte Reaktion --, verst/~rkte Reaktion -k-k, nicht ausl6sbare Reaktion 0.)

Rotatorisch -k kalorisch d- galvanisch -~- 21 F~lle ,, -- ,, - - . - 4 - 8 ,, ,, § 2 4 7 ,, + + ,, + 2 ,, ,, ~ ,, ~) ,, + 16 ,, ,, + ,, ~) ,, + 5 ,,

53 der im Rahmen dieser Untersuchungen berfieksiehtigten Sch~del- verletzungen wurden auch beziiglieh ihrer Lagereaktio~en untersucht. Die Untersuehungen wurden auf dem yon Grahe angegebenen Unter- suehungstiseh und nach seinen Untersuchungsvorschriften durchgefiihrt. Spontanhaltung des Kopfes, Kopfstellreflex und Vertikalempfi~dung in

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der Frontalebene zeigten bei einseitiger Unerregbarkeit, aber auch schon bei geringeren Graden yon Unter- und Ubererregbarkeit die entsprechenden Abweichungen. Uber die Ver/~nderungen der Lage- empfindung bei zentralen VestibularstSrungen (Tonusdifferenzen) werde ich bei Bespreehung dieses Krankheitsbildes ausffihr!ieh berichten. Be- sonders interessant war es, daft auch bei isoliertem Ausfall der kaiorisehen Reaktion bei allen 5 auf dem Lagetisch untersuchten F~llen sich eine Verschiebung der Vertikaiempfindung zur kranken Seite zeigte. In einem dieser F/~lle waren bereits 10 Jahre naeh dem Trauma vergangen. Ferner konnte in einem Fall doppelseitiger, traumatiseh bedingter Unter- erregbarkeit dutch den Ausfall der Lagepriifung in Ubereinstimmung mit dem Ergebnis der iibrigen Vestibularreaktionen sehr deutlieh die st/~rker gesch~digte Seite festgestellt werden.

Eine genaue Untersuehung des Gef/~l~nervensystems mit Hilfe der vegetativen Belastungsproben wurde bei 58 F/~llen vorgenommen. Es wurde in der oben beschriebenen Weise die Puls-, Blutdruek- und Allgemeinreaktion nach Einspritzung yon Adrenalin, Atropin und Pilo- karpin geprfift, bei einem groBen Teil der F~lle aueh die Einwirkung dieser vegetativen Pharmaka auf die Vestibularerregbarkeit. Anormale Reaktionen, bzw. Ver/s der Vestibularerregbarkeit nach der Injektion fanden Sieh nur bei den 12 Vestibulartonusdifferenzen, auf die sparer noch genau eingegangen wird.

Als zur Untersuchung des vegetativen Nervensysterns gehSrig be- trachten wir aueh den Adrenalinsondenversueh naeh Muck, den ich bei 46 SchKdelverletzten vornahm. Es land sieh:

Das wei•e Striehph/~nomen auf der Verletzungsseite . . 12mal . . . . . . . . beiden Seiten . . . . . 2mal . . . . . . . . der unverletzten Seite . lmal

normaler Ausfall auf beiden Seiten . . . . . . . . . 31mal

Positiver Ausfall, d .h . weifter Strieh, wurde bei einigen schweren, aber auch bei verh/~ltnism/~ftig leiehten Seh/~delverletzten .gefunden, regelm/~13ig dann, wenn der fibrige Befund ffir eine vasoneurotische Erkrankung sprach. Besonders wichtig ist andererseits die Feststellung, dab sich unter den 31 F/s die bei wiederholter Untersuchung normalen Ausfall zeigten, 20 sehr schwere Sch~deltraumen (Brfiche der Basis odor der Konvexit/s befanden, und daft hier in 3 F/~llen die Hirnseh/s und Piaverletzung einwandfrei fes~s~and. Zusammenfassend kann man fiber die Bedeu~ung des Adrenalinsondenversuehs bei der Untersuehung yon Schgdelverletzungen sagen, daft der positive Ausfalt der Reaktion nicht unbedingt mit der Sehwere der Verletzung gleiehzusetzen ist. Besonders h/~ufig wird das weiBe Striehph~nomen bei vasoneurotisehen StSrungen gefunden. Der Adrenalinsondenversueh kann deshalb lediglich als ein HilfsmitSel zur Diagnose betraehtet und nur mit den gesamten klinischen Untersuehungen gewertet werden.

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insbesondere St6rungen der Innenohrfunktion nach Sch/~delunf/~llen. 181

Die Entstehung der Innenohffunktionsstiirungen. Wollen wir nun versuchen, eine Erkl~rung fiir das Zustandekommen der ver-

schiedenen H6rstSrungen zu geben, so wird es sich empfeh]en, zun~chst auf die wichtigsten im Schrifttum vertretenen Ansichten einzugehen. Das ErlSschen der Coehlearfunktion bei Felsenbeinquerfrakturen ist v61lig gekl/irt. Wie Ulrich 63 u. a. nachweisen konnten, kommt es bei dieser Verlctzungsart in der Regel zu Ab- scherungen un4 AnspieBungen der Nerven im inneren GehSrgang, auch zu Zer- reiBung der h~utigen Labyrinthgebilde und zu Blutungen, in die Endolymphr~ume. Auch bei Felsenbeinli~ngsfrakturen sowie bei Sch~delbasisbriichen ohne l%lsenbein- beteiligung wurden in einzelnen F~tllen bei der histologisehen Untersuchung L~sionen des Innenohres und Zerrungen des Iqervus acusticus, Blutungen in das Innenohr und zwischen die /%rvenfasern gefunden. Ulrich betont, daB die Innenohr- blutungen h~ufiger im Peri-, seltener im Endolymphraum liegen. Den Zerrungen des Acusticus und Blutungen zwischen die Fascrn des ~%rven will er keine groBe Bedeutung beimessen. Die histologischen Untersuchungen yon Voss 72 Lange a2, 3a, Wi t tmaack 7~, 7s u. a. haben gezeigt, dab bei zahlreichen Schi~deltraumen auch ohne makroskopisch nachweisbare Felsenbeinverletzung feinste, nur histologisch nach- weisbare Fissuren in der ganzen Felsenbeinpyramide vorkommen kfnnen. Trotz dieser Beobachtungcn bezweifelt nun Ulrich ~a die Wahrscheinlichkeit yon trau- matischen H6rstSrungen beim Fehlen einer grfberen Kontinuit~tstrennung der Sehadelkapsel in der ~qithe des Felsenbeins und lehnt auf Grund der Tatsache, dab die histologisehe Untersuchung bei leichteren Sch~deltraumen h/~ufig einen nega- riven Befund am Felsenbein ergibt, die Commotio labyrinthi mit organischer Grundlage ab und will die F~lle von Labyrintherschiitterung in den Begriff der traumatisehen Neurose eingliedern, selbst wenn dabei einmal dem Verletzten Unrecht gcschehen sollte.

Brunner 5 und Wit tmaack 7s hingegen kommen auf Grund yon Tierexperimenten und Beobachtungen bei Vcrletzten zu der Ansicht, dab organisch bedingte tIOr- stSrungen bei Sch~deltraumen nicht an die Fraktur der kn5ehernen Labyrinth- kapsel gebunden sind. JBrunuer fund im Tierversuch Blutungen und Exsudate im Innenohr, z. B. im Aquaeduetus cochleae und an der 1V[embran des runden l%nsters. Er glaubt, dab es bei der Commotio eerebri et labyrinthi zu einer betr~chtliehen Steigerung des }tirndrueks, dadurch zu Behinderungen des Abflusses und StoB- bewegungen der Endo- und Perilymphe kommt. Durch den Anprall der Perilymphe erkl~rt er sich auch die Blutungen am runden Fenster. Auf die Bedeutung des LiquorstoBes hatte auch U//enorde ~1 frtiher schon hingewiesen.

W i t t m a a c k n i m m t n u n in seiner neuesten Arbei t fiber die t raumat ische Labyr in thdegenera t ion auf Grund yon klinischen Beobaehtungen, histo- logischen Unte rsuchungen menschlieher Felsenbeine und zahlreichen Tierexper imenten zur En t s t ehung der H5rs tSrungen bei leichten Sch/idel- t r aumen eingehend Stellung. Er lehnt die Blu tungen als Ursache der l%nkt ionss tSrung ab und betont , da$ das Trauma durch Liquordruck- stoB, der Ver/~nderungen im Endol iquor raum hervorruft , wirkt. Diese Ver/~nderungen im Endol iquor raum tre ten unabh/~ngig und in der Regel schon frfiher ein als die im Peri l iquorraum.

Bei scinen Tierversuchen land Wit~maack unmittelbar nach dem kiinstliehen Trauma je nach Schwere des LiquordruckstoBes charakteristische Ver/~nderungen. Das Cortische Organ fehlte zum Teil vollst~ndig oder bestand nur noch aus einigen unregelm/~Big angeordneten Zellresten, die uncharakteristisches Aussehen zeigten, Bei mittelschweren und leichteren Traumen waren meist noch ~ber1~ste der Pfeiler-

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139~ Johannes Koch: Studien fiber Ver~nderungen des Geh6rorgans,

zellen zu erkennen. Auch die Cortische Membran fehlte sowohl bei schweren als auch leichteren Traumen haufig vollst~ndig auf weite Strecken hin. Die 1~eiflnersche Membran fehlte ebenfalls h~ufig auf ganzen Schnittsericn, so dab der Duetus cochlearls und die Scala vestibu]i scheinbar einen gemeinsamen Raum bildeten. Auf den angrenzenden Schnitten war aber ~u erkennen, daft es sich nur um eine RiBbildung in der t~eiflnerschen ~embran und eine starke Retraktion der Riflenden handelte. Auch an der Schneckenspinde] fanden sich schwere Ver~ndcrungen, Absprengungen und Querfrakturen in der Lamina spiralis ossea und Abrisse der Membrana basilaris an ihrer Ansatzstelle am Ligamentum spiralc. Dabei beob- achtete Wittmaaclc erhebliche Dislokationen, so dab in einigen Fallen 4ie untere Wand des I)uctus cochlearis mit den aufliegenden Resten des Cortischen Organs einschlieBlich der Crista spir~lis bis auf die kn6cherne Umrahmung der Scala tympani nach unten verlagert war.

Die Cochlearganglienzellen zeigten schon unmittelbar nach dem Liquordrucksto{3 Vakuolenbildung im homogen erscheinenden Protoplasma, Fehlen der Nisslschen Granula, Reduzierung des Zellvolumens, stellenweise auch schon Zerfall der l)roto - plasmahiil]e und Ver~nderungen des Kernes. Die Wand des Sacculns war in den meisten F/~llen eingerissen, das i~Iacularium meist so welt zerstSrt, dal~ Zelleinzel- heiten nicht mehr zu erkennen waren. Ver~nderungen des Utriculus fanden sich seltener und zwar nut bei Tieren, die nach dem Trauma spontane Labyrinth- symptome gezeigt hatten. Die Wand des Utriculus war ~ber stets erhalten, es bestanden nut in einigen F/~llen Lfickenbildungen im Sensularium, in sp/~teren ]~rkrankungsstadien auch Zerfallserscheinungen. Ahnlich waren auch in einigen l~/~llen, die Labyrinthsymptome gezeigt hatten, die Ver/~nderungen an der Cupula des Bogenganges. Ver/~nderungen im Periliquorraum und Bindegewebsneubildungen land Witt.maa~k erst bei Einwirkung sehr schwerer Traumen.

Die Funkt ionss tSrung , soweit sie den Cochlearappara t betr iff t , wird also nach Wittmaacks ]3efunden durch die ZerstSrung des Cortischen Organs und die sich anschlieBende Degenera t ion und Atrophie des Cochlearneurons verm'sacht . Die Zunahme der Schwerh6rigkei t in den ers ten Tagen und Wochen nach dem T r a u m a erkl/~rt sich durch das For t sch re i t en der Degenera t ion im Cochlearneuron. Wittmaaclc empfiehl t bei fr ischen Sch~delverletzungen, die zur Sekt ion kommen, vor ahem auf das Cortische Organ nnd die Cortische ) /[embran zu ach ten und betont , dab die yon ihm gefundenen t r aumat i schen Veri~nderungen sich yon den fiblichen pos tmor ta len sehr gut unterscheiden lassen. E inen sehr in te ressanten histologischen Sp~tbefund konnte er bei der Unter- suchung des 1%lsenbeins einer F r a u erheben, die 16 Jahre vorher yon e inem ha r t en Schneebal l h in ter dem l inken Ohr getroffen, sei t dieser Zei t schwerhSrig war und fiber SchwindelanfMle klagte, Es fand sich ein fast vSlliger Schwxmd des Cortischen Organs verbunden mi t erhebl icher A t roph ie des loeripheren Neurons.

Du tch Wittmaaclcs Auffassung wird das oft bes tehende MiBverh/iltnis zwischen Schwere des Traumas und Grad der zuri ickgebl iebenen F u n k - t ionss tSrung erkl~rt . Wittmaactc wendet sich mi t Rech t gegen die bel iebte Diagnose , ,~be r t r e ibung oder S imula t ion" und weist darauf hin, dab die Frage, ob ein Sch~del t rauma mi t oder ohne Bas i s f rak tur ver laufen ist, ffir die Schwere der Funkt ionss tSrung weniger wicht ig ist, als die Stelle des

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insbesondere St6rungen der Innenohrfunktion nach Schadelunfgllen. 188

Seh~dels, an der der Aufschlag bzw. der Anprall erfolgt ist und yon der die StoBwelle ausgegangen ist. Auger der bereits erw~hnten Schneeball- verletzung beobachtete Wittmaaclc noeh weitere F~lle, bei denen dutch Sturz auf den Hinterkopf ohne Bewu]tlosigkeit sehr erhebliehe Sehwer- h6rigkeit, ja sogar doppelseitige Taubheit verursaeht wurde. Da keine Anhaltspunkte fiir t3bertreibung oder Simulation vorlagen, so konnte der urs~chliche Zusammenhang zwischen Trauma und Sehwerh6rigkeit nieht bezweifelt werden.

Die traumatische Schwerh5rigkeit braueht nach Wittmaacks Ansicht keinesfalls immer eine reine InnenohrschwerhSrigkeit zu sein, es kann auch zum I-Ieraufrficken der unteren Tongrenze mit verkfirzter Kopf- knochenleitung und zu kombinierten StSrungen kommen, da die Sch/idi- gungen sieh in den versehiedensten Windungen der Sehneekenskala finden. Wittmaacks Experimente zeigen ferner, dal~ das Cortisehe Organ und die ~acula saeeuli gegen den yon ihm hergestellten traumatischen Wirkungsmeehanismus ungemein empfindlieher sind als die Sensulae des Utriculus und der Bogeng/~nge. Daraus erkl/~rt sieh zwanglos die hShere Vulnerabilit/s des akustisehen Organs gegeniiber Sch/~deltraumen nnd ergibt sieh, dab das Fehlen yon VestibularstSrungen bei trau- matiseher SehwerhSrigkeit keinesfalls gegen eine organisehe Innenohr- sch/~digung sprieht.

Wittmaack empfiehlt nun, ffir den alten Begriff ,,Commotio labyrinthi" den neuen ,,traumatisehe Labyrinthdegeneration" einzusetzen nnd zwischen unkomplizierter und komplizierter, d. h. mit Labyrinthfraktur verbundener Labyrinthdegeneration zu unterscheiden. Das Wesentliehe nnd das Prim/~re ist naeh Wittmaack der Liquordruckstol~, der einen Moment frfiher als die l%aktur und auch sehon bei geringerer Intensit/~t des Traumas erfolgt, nnd der die Seh/~digung der Sensulae und damit die FunktionsstSrungen hervorruft.

Die Ansiehten Wittmaacks werden dureh unsere klinischen Befunde weitgehendst best/~tigt. Lassen wir die 5 F/~lle yon l%lsenbeinquerfraktur, die mit Taubheit und sehwersten VestibularstSrungen verbunden waren, unberficksiehtigt, so linden wir, dal3 gar nieht selten die Schwere der InnenohrfunktionsstSrung in einem scheinbaren Widerspruch zu den fibrigen Verletzungsfolgen steht. Versuchen wir aber an Hand der bestehenden Verletzungen und an I-Iand der Aufzeichnungen fiber die Unfallvorg/~nge, den Unfallmeehanismus festzustellen, so sehen wir, dal~ bei all den F~llen yon Taubheit oder hoehgradiger SchwerhSrigkeit der Anprall yon hinten (Hinterkopf) oder yon hinten seitheh in n~chster Ns des Warzenfortsatzes erfolgte. Diese Beobachtung stimmt ja wieder zum Teil mit der Behauptung Ulrichs 63 iiberein, dal3 die im Ohr- gebiet gesetzten makroskopisch und mil~,oskopisch naehweisbaren Ver/~nderungen desto grSl3er sind, je n/~her am Ohr sieh die den Seh/~del treffende Gewalt auswirkt. Anatomiseh bzw. histologisch naehweisbare

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] 34 Johannes Koch: Studien fiber Ver~nderungen des GehSrorgans,

Veriinderungen im Ohrgebiet sollen aber nach Ulrichs Ansicht ffir das Zustandekommen yon Funktionsst6rungen Bedingung sein und Ulrich betont noch weiter, dai3 solche zu Innenohrst6rungen ffihrenden Ver- ~nderungen nur bei Schi~delbasisfrakturen, wenn such au~erhalb des Felsenbeins, vorkgmen.

Es zeigt sich nun aber bei Durchsicht unseres Materials, dab es bei Aufschlag mit dem Sch~del aus grol3er tt6he oder abet bei anderen schweren Schi~delunf/~llen stets zu einer schweren Erschiitterung des Svhd'delinhaltes, keinesfalls aber immer zu einer nachweisbaren _Fraktur kommt. Die nach solchen Traumen auftretenden Labyrintherseheinungen als nicht organisch betrachten und in das Gebie~ der traumatischen Neurose oder gar der I-~ysterie einordnen zu wollen, nut weft gr6bere organisehe Ver/~nderungen klinisch nieh~ nachzuweisen sind, erschein~ uns aber nach unseren einwandffeien funktionellen Untersuchungs- ergebnissen vSllig abwegig, wie man sich unserer Ansicht nach iiberhaupt bezfiglich der Diagnose Neurose oder Hysterie grSBte Zuriickhaltung auferlegen sollte.

Zusammenfassend mul3 ich betonen, dal3 InnenohrfunktionsstSrungen nach Sch~deltraumen sicherlich nicht yore Vorhandensein einer Sch~del- basis- oder gar Felsenbeinfraktur abh~ngig zu machen sind, sondern such bei schweren Erschfitterungen des Schi~dels ohne Fraktur vor- kommen kSnnen. MaBgebend fiir das Zustandekommen der Funktions- stSrungen ist vor allen Dingen die Stelle des Schadels, an der der Anprall erfolgt und yon der die Stol~welle ausgeht.

DaB Simulation und Obertreibung dutch nnsere Untersuchungsanordnung mit ziemlicher Sicherheit ausgesch]ossen werden konnte, wurde bereits erw~hnt. Wir glauben uns deshalb zu der Annahme berechtigt, dab die yon uns beobachteten ttSrstOrungen nach Sch~deltraumen organisch bedingt sinct und vertreten im Gegensatz zu Ulrich as die Ansicht, dab such nach verhi~ltnism~13ig leicht erscheinen- den Sch~deltraumen schwere I-ISrstSrungen vorkommen kSnnen und als die Folge organischer Labyrinthsch~digungen aufzu/assen sind. Um MiBverst~ndnissen vorzu- beugen, wollen wir ansdrticklich hervorheben, daft auch wit bei unserem verhaltnis- m/~13ig groBen Material garnicht selten simulierte oder aggravierte HOrstSrungen fanden, dab such wir hin und wieder die Diagnose Hysterie stellen mu$ten. Diese Falle sind abet in dieser VerSffentlichung nicht berficksichtigt worden.

Das Zustandekommen verschiedenartiger FunktionsstSrungen, reiner Innenohr-, kombinierter Schwerh(irigkeiten, heraufgeriiekter unterer Ton- grenze bei verkfirzter Knochenleitung u. a. wurde yon Wittmaavk dureh den Sitz der Sch/idigung in verschiedenen Windungen der Schnecken- skala erkl/irt. Auch typische ~ittelohrschwerhSrigkeiten sollen bei Sch/ideltraumen ohne Mittelohrbeteiligung vorkommen kSnnen. Sie soUen nieht selten mit isoliertem Ausfall der Dreh- oder kalorischen Reaktion verbunden sein und werden yon Neumann 4~, Ruttin 55 und Urbantschitsch ss als lymphokinetische Innenohrerkrankungen nach Sch~deltrauma bezeichnet. Wohl finden wir unter unserem 1VIaterial, wie ~ r gesehen haben, einige Fitlle yon isoliertem Ausfall der kalorischen

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insbesondere StSrungen der Innenohrfunktion nach Sch~delunfallen. 135

Reak t ion , aber n icht in Verb indung mi t Mit te lohrschwerh5rigkei t . Von unseren 33 F~l len mi t Mit te iohrschwerh6r igkei t entfa l len 32 auf die Sch~de l t raumen mi t gleichzeit iger Ver le tzung im ~ i t t e loh rgeb ie t . Auf Grund der yon uns erhobenen Befunde mfissen wir in diesen F~l len die Mi t te lohrschwerh6r igkei t im w e s e n t l i c h e n als eine Folge der Ver- le tzungen des Trommelfel ls , der Pauke , der Blu tungen in die Pauke und die Zellen des Warzenfor t sa tzes und als Folge der zum Teil aufget re tenen sekund~ren ~ i t t e l o h r e n t z i i n d u n g be t rachten . ~ i t dem Rfickgang dieser Erscheinungen war auch eine erhebl iche Besserung des H6rverm6gens oder sogar Besei t igung der Schwerh6r igkei t verbunden, wie w i r e s bei 20 F/~l|en beobach~en konnten.

D i e E n t s t e h u n g yon Ves t ibu lars tSrungen nach S c h s ls sich in gleicher Weise erkl/~ren wie die En~stehung der Cochlearfunktions- s tSrungen. Bei Querf r~kturen k a n n es sowohl zu einer Kont inu i t~ t s - t r ennung im Schneckente i l als auch im Vorhofbogengangsabschni t t kommen . Ebenso k6nnen Abscherungen u n d Abrisse des Acust icus sowohl den cochlearen als auch den ves t ibu la ren Ante i l treffen. W i r d aber die Funk t ionss t6 rung allein durch Liquordruckstol~ hervorgerufen, so s ind nach W i t t m a a c k s Ansicht Ves t ibulars tSrungen seltener, da die Macula u t r icu l i und die Sensulae der Bogeng~nge n icht so leicht ge- sch~digt werden wie die Macula sacculi und das Cort i sche Organ. Die h6here Vulnerab i l i t~ t des akus t i schen Organs ergibt sich auch bei meinen Beobach tungen , l a n d sich doch bei 146 F~l len 136mal eine Cochlear- s t6rung und n u t 72real eine Ves t ibulars tSrung.

Die Schwere des Funktionsausfalles wird yon der Art der eventuell vorhandenen u des Nerven und des h~utigen Labyrinthes bzw. yon der Starke tier LiquordruckstoBsch~digung abh~ngen. So kann man sich das Zustandekommen v611iger Funktionsausf~,lle und der Reaktionsherabsetzungen yon verschiedener St~rke zwanglos erkl~ren. Auch die Tatsache, crab in der Regel die galvanische Reaktion bei kalorischer und rotatorischer Unter- und Unerregbarkeit erhalten bleibt, erkl~rt sich ohne weiteres, wenn man sich auf die Untersuchungsergebnisse yon Dohbmann lo und Huizinga ~2 stfitzt, aus ctenen einwandfrei hervorgeht, dal~ die galvanische Reaktion lediglich yon der Anwesenheit funktionsfghiger Ganglien- zellen im Ganglion vestibulare, nicht aber yon tier Erhaltung des Sinnesepithels im peripheren Labyrinth abh~ngt. Das Vorh~ndensein der galvanischen Reaktion nach operativer Labyrinthausschaltung wurde ja auch yon Mann 37, Mackenzie 3s, 39, Neumann 46 und Ruttin 56 beschrieben und die Erfahrungen, die wir bei unseren klinischen Untersuchungen, sowohl bei Sch~deltraumen als auch bei Oktavuskrisen und Hirntumoron machen konnten, sprechen ebenfalls daffir, dal~ die galvanische Reaktion nichts mit dem peripheren Labyrinth zu tun hat, sondern in der Regel nur bei zentralen Erkrankungen gest6rt ist.

Schwerer zu erkl~tren sincl die nach Sch~deltraumen auftretenden Ubererregbar- keiten des Vestibularapparates. Wir wissen ja, daI~ es bei beginnenden entzfindlichen Ver~nderungen im Labyrinth zu spontanen Reizerscheinungen, verbunden mit erh6hter oxperimenteller Erregbarkeit des peripheren Labyrinthes auf der Er- krankungsseite kommen kann. Wir wissen ferner, da~ zentral bedingte ~ber- erregbarkeit bei raumbeengenden Prozessen in der hinteren Sch~delgrube h~ufig in Erscheinung tritt . Extrem lange Dauer des experimentell erzeugten Nystagmus

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136 Johannes Koch: Studien fiber Ver/inderungen des Gehfrorgans,

--' unter Umsts auf beiden Seiten -- findet man aueh bei den Neurosen. Hier handelt es sieh hfehstwahrscheinlich eher um eine "~lberempfindlichkeit des Nerven- systems als um eine periphere Vestibularfibere~egbarkeit.

Betraehten wir unsere 3 Falle yon Ubererregbarkeit, so sehen wir, dab in einem Fal! yon l~ittelohrverletzung und sekundarer Otitis media sofort nach dem Trauma das Bild eines Reizzustandes auf der Ver- letzungsseite entstand, das aber naeh 20 Tagen wieder vSllig versehwunden war. In dem 2. und 3. Fall sprach der Ausfall samtlieher Reaktionen ebenfalls ffir eine periphere ~bererregbarkeit auf der Verletzungsseite, auch die Lageempfindungen waren zur gesunden Seite versehoben. M.erkwfirdig war das fast 3 Jahre lange Anhalten der Ubererregbarkeits- erscheinungen. Die Entstehung einer peripheren Ubererregbarkeit kann man sieh ja nut im Zusammenhang mit einer leiehten Irritation im Labyrinth, nieht abet mit einer sehweren Beeintraehtigung tier Funktion des peripheren Sinnesorgans vorstellen. Ffir diesen verzSgerten Aus- gleich ist demnach sicherlich nicht die Verletzung bzw. die traumatische FunktionsstSrung verantwortlich zu machen, sondern der Zustand des Nerven- bzw. Vasomotorensystems.

l~ber die besondere Stellung der mit Tonusdifferenz verbundenen Ubererregbarkeiten wollen wir bei Bespreehung der Tonusdifferenzen genau berichten.

Auf rein hypothetischer Basis bewegt sieh die Erklarung des iso- lierten Ausfalls der Dreh- oder der kalorischen Reaktion, also einer der beiden lymphokinetisehen Reaktionen. Derartige Erscheinungen kommen nicht nur nach Sehadeltraumen, sondern auch bei gewissen Fallen yon serfser Labyrinthitis, sowie bei akquirierter Lues vor. Neumann 47 und Rauch 5o haben dieses Phanomen dureh Konsistenzveranderungen der Endolymphe, plastische Vorg/mge in den Bogengangen, durch Ver- anderungen der Konsistenz der Zellhaare usw. zu erklaren versucht. Die Riehtigkeit dieser Amlahme konnte aber bisher nicht bewiesen werden. Ausfall der kalorisehen Reaktion bei erhaltener Drehreaktion beobachteten wir 8real, das umgekehrte Verhalten niemals. Es handelte sich in 5 Fallen um Sehlafenbeinlangsfrakturen, in 3 Fallen um stumpfe Traumen im Warzenfortsatzgebie~ mit Gehirnerschiitterung. Der Coehlearapparat war stets erheblich beteiligt. Wie wir nun an Hand des M~terials in der Art des Unfalls und seinen Folgen bei den meisten Fallen keine Erklarung fiir die verschiedene Sehwere der Vestibular- funktionsstfrungen linden konnten, so haben wit auch nicht den geringsten Hinweis gefunden, der uns zu einer Erldiirungsmfglichlceit fiir den iso- lierten Ausfall der kalorischen Rea]ction bei den 8 beobaehteten Fallen ffihren wiirde.

Auch aus einem yon uns histologisch untersuehten Fall ergeben sieh wichtige SchluBfolgerungen flit das Zustandekommen yon Innenohr- flmktionsstfrungen nach Schadeltraumen. Die histologische Unter-

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insbesondere StSrungen der Innenohffunktion nach Schadelunf~llen. ]37

suchung zeigte uns, dab es auch bei makroskopisch in der L(ingsrichtunff des Schl~fenbeins verlaufender Fraktur zu einer Verletzung d~s Pyramiden- inneren kommen kann.

Intexessanterweise konnte Brock * auf der letzten Tagung deutscher Hals-, Nasen- und Ohrenarzte ebenfalls fiber einen yon ihm histologisch untersuehten Fall beriehten, der Verletzungen des Innenohres bei Sehlafenbeinl~ngsfraktur zeigte. Damit dfirfte also die bisher al]gemein gfiltige Regel, dab Langsffakturen des Schli~fenbeins die Pyramide unverletzt lassen, einwandfrei widerlegt sein und es ergibt sieh die Folgerung, dab man keinesfalls mehr berechtigt ist, aus dem klinischen Symptomenbild der Schlafenbeinli~ngsfraktur auf eine Unversehrtheit des Pyramideninnern zu schlieBen.

I n unserem Falle traf die F r a k t u r lediglich den h in teren ver t ikalen Bogengang, w~hrend der Knochen im Vorhofs- und Sehneekenabsehni t t unversehr t blieb.

Als Abschlul~ der Betrachtungen fiber die durch Schadelverletzungen hervor- gerufenen VestibularstSrungen mfissen wir noch ausffihrlich auf ein Krankheitsbild eingehen, fiber das Koch ~, 29, do an anderer Stelle sehon ausffihrlich berichtet hat, das im Sehrifttum in der Regel als Vestibulartonusdi/]erenz bezeichnet wird. Dieses Krankheitsbild, das durch ein Uberwiegen des experimentellen Nystagmus zu einer Seite gekennzeichnet ist, wurde bei den Schadelverletzungen insgesamt 12mal beobachtet. Bei 3 dieser Falle, die iibrigens die VestibularstSrungen ohne gleieh- zeitige Cochlearsymptome aufwiesen, land sich der Reaktionskontrast sehon bei der ersten Untersuchung wenige Tage nach dem Trauma, bei 2 weiteren Fallen, fiber die schon weiter oben berichtet wurde, erst geraume Zeit nach dem Trauma. Bei den 7 iibrigen Fallen aber konnte einwandfrei beobachtet werden, daB die Tonusdifferenz erst nach erfolgter Kompensation des Drehnachnystagmus in Erscheinung trat.

~ber die Deutung soleher Vestibulartonusdifferenzen sind die im Schrifttum niedergelegten Ansichten nicht einheitlich. Die meisten Untersucher sind allerdings geneigt, das Vorliegen zentraler StSrungen anzunehmen. Besonders das isolierte Auftreten yon VestibularstSrungen legt diesen Gedanke nahe, da ja Vestibularis und Cochlearis in ihren zentralen Abschnitten getrennt verlaufen und nut 4urch eine Sehadigung in diesen Absehnitten die Tatsaehe, daI3 der Vestibularis geseh~digt wird und der an sich vulnerablere Cochlearapparat nieht, erkl~rt werden kSnnte. DaB tatsachlich Blutungen im Vestibularkerngebiet, die solehe VestibularstSrungen auslSsen kSnnten, vorkommen, konnten Brunner 6 und Zanffe ~9, 8o anatomisch erh~rten.

Alle 12 nach Sch~del t raumen beobaehte ten Tonusdifferenzen wurden mit tElfe der Drehprfifung, der Hell3- und Kaltspfilung, der galvanischen und der Lageempfindungspri i fung untersucht . Unterziehen wir n u n diese 12 Fi~lle eienr kri t ischen Betrachtung, so mfil~te ma n bei den 5 F~llen, die die Tonusdifferenz sofort naeh dem Unfall bzw. bei der ersten Unter- suchung zeigten, auf jeden Fa l l an eine Vestibularfibererregbarkeit auf der Verletzungsseite denken. Es ergaben n~mlieh s~mtliehe Vestibular- prfifungen an sich im R a h m e n des Normalen liegende Werte, nu r fiel jeweils bei dem entspreehenden experimentel len Reiz der Nys tagmus zur Verletzungsseite besonders stark aus. Hs n u n in diesen F~llen dig

�9 Brock: Z. ttals- usw. I-Ieilk. 34, 349 (1933).

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138 Johannes Koch: Studien fiber Ver/~nderungen des Geh6rorgans,

Pr i i fung der Ver t ika lempf indung auf dem Laget isch eine Verschiebung zur gesunden Seite ergeben, so kSnnte man viel leicht das l~berwiegen des Nys t agmus zur Verletzungssei te mi t einer per ipheren l~berer regbarkei t gleichsetzen. Es l and sieh aber bei diesen F~llen, genau wie bei den schon frfiher beschriebenen O k t a v u s k r i s e n / s t e t s eine Verschiebung der Vert ikal- empf indung zur Verletzungsseite .

Schwer zu deuten is t das Auf t re ten der Tonusdifferenzen bei den 7 l~/fllen, die das ~be rwiegen des Nys t agmus zur Verletzungssei te ers t nach erfolgter K o m p e n s a t i o n bzw. Wiederhers te l lung yon wiederhol t festgestel l ter Unter- bzw. Uner regbarke i t auf der Verletzungssei te auf- wiesen. Auch hier fand sich eine Versehiebung der Ver t ika lempf indung zur Verletzungssei te , die an sich auch noch a]s Ausdruek der fr i iher fest- ges te l l ten Ves t ibu la runer regbarke i t aufgefal~t werden k5nnte. Es is t abe r n ieht anzunehmen, dab monate- bzw. jahre lang nach erfolgter Wiederhers te l lung der kalor isehen und ro ta tor i schen R e a k t i o n die Lage- e mpf indungen noch im Sinne einer per ipheren Uner regbarke i t gestSr t sein kSnnen. ~ a n wird vie lmehr auch in diesen F/~llen, wie bei den Oktavuskr i sen und den 5 ba ld nach dem Unfal l fes tgeste l l ten Tonus- differenzen sowohl das ~be rwiegen des Nys t agmus zur Verletzungssei te als auch die Ver/~nderungen der Lageempf indungen als Zeichen zent ra ler Ves t ibu la r i iberer regbarke i t auffassen miissen.

D a diese F/~lle, bei denen die Tonusdifferenz ers t naeh erfolgter Wiederkehr bzw. Kompensa t ion des einseit igen Vest ibularausfa l ls in Erscheinung t ra t , ffir die Begutachtung yon al lergrSBtem Interesse sind, so miissen wir bei der Be t r ach tung dieser F/~lle e twas verweilen.

Drei dieser F/~lle hatten gleich nach dem Trauma kalorische und rotatorische Unerregbarkeit einer Seite aufgewiesen. Unter unserer Bcobachtung war im Verlauf von 2, bzw. 21/2 und 3 Jahren sowohl die kalorische als auch die rotatorische Reaktion auf tier Verletzungsseite allm~hlich wiederhergestellt. An sich his der Verletzte nach vSlliger Wiederherstellung tier Vestibularfunktion beschwerdefrei sein mfissen. Ieh mul~te aber im Gegenteil beobachten, da$ nun fiber versti~rkte Sehwindel- erseheinungen geklagt wurde und im Yerlaufe versehiedenster D'ntersuchungen konnte die nunmehr aufgetretene Tonusdifferenz festgestellt werden.

Drei weitere Fi~lle verliefen i~hnlieh, nur hatte es sich naeh dem Unfall lediglich um einseitige, hoehgradige Untcrcrregbarkeit ffir rotatorischen und kalorischen Reiz gehandelt. Bei dem 7. Fall hatte, wie dutch viele Untersuchungen festgestellt wurde, 4 Jahre nach dem Unfall isolierter Ausfall der kalorischen t~eaktion auf der Verletzungsseite bestanden. Naeh etwa 41/2 gahren war die kalorische Reaktion vSllig wiederhergestellt und erst im AnschluI~ daran entwiekelte sich die Tonus- differenz. Das Funktionspriifungsergebnis war das gleiche wie bei den 5 oben beschriebenen F~llen. Bei beiderseitig normaler kalorischer und rotatorischer Reaktion tiberwog stets der dureh den entspreehenden Reiz ausgelSste Nystagmus zur kranken Seite, besonders lebhaft war der zur kranken Seite gerichtete galvanisehe Nystagmus, der schon mit geringsten Stromst/~rken ausgelSst werden konnte, sin Befund, tier naeh Vogel s, und Koch 29 als Ausdruck latenter Nystagmusneigung gedeutet werden muir. Alle 12 Fi~lle yon Tonusdifferenz zeigten nun in interessanter Weise beim Adrenalinsondenversuch Muck stets auf beiden Seiten das weiBe Strieh- phanomen. In keinem dieser F/~lle war das Sch/~deltrauma so schwer gewesen, dab

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insbesondere St6rungen der Innenohrfunktion nach Sch~delunf/~llen. 189

mit einer Piasch~digung gerechnet werden konnte. Der positive Ausfall des Adxenalinsondenversuchs spricht unseres Erachtens in diesen l~/~llen fiir eine Gefal3nervenst6rung, worauf auch andere Symptome -- Dermographismus, SehweiB- ausbriiehe, Adrenaliniiberempfindlichkeit, starke vasomotorisehe Begleiterschei- nungen bei der Labyrinthpriifung u. a. - - hinwiesen.

Bei den 7 Fs bei denen die Tonusdifferenz ers t nach erfotgter Wiede rkehr a l ler Reak t ionen auf t ra t , mul3 es sich also zun~chst u m zwar schwerwiegende, aber nur vor i ibergehende Ves t ibu lar funkt ionss tSrungen gehande l t haben. Die Wiederkehr der Drehreak t ion kSnnte an sich durch zentra le K o m p e n s a t i o n im Sinne Baranys gedeute t werden. Die nach d e m Ausgleich gefundenen verh~ltnism/~$ig hohen Zahlenwerte ftir den Drehnys tagmus , vor a l lem aber die Wiederkehr einer kalor isehen Reak- t ion, 1/~$t sich aber nur durch per iphere Wiederherstel lungsvorg/~nge im Sinne Giittivhs is erkl~tren. Die yon uns als zentra le ~ b e r e r r e g b a r k e i t gedeu te te Tonusdifferenz, die nach Wiederkehr der normalen R e a k t i o n in Ersche inung t r a t , mu/] demnach zentralnerv6se, vasomotor ische Vor- gange als Ursache haben.

Wie wei ter oben bere i ts erw/~hnt wurde, lassen sich die Tonus- differenzen besonders gu t gegen die einseit ige per iphere Unter- oder ~ b e r e r r e g b a r k e i t du tch die kalorische Doppelspf i lung abgrenzen. Gerade die mi t Hilfe der Doppelspi i lung erhobenen Befunde bes t~rkten mich noch in der Annahme, dab das l~berwiegen des exper imente l len N y s t a g m u s in einer R ich tung (Tonusdifferenz) auf jeden Fa l l als eine zentrale Vesti- b u l a r s t S r u n g anzusehen ist.

Unterberger ~4 konnte auf Grund von Beobaehtungen bei entziindliehen Laby- rintherkrankungen und nach Labyrinthoperationen feststellen, dab kalorisehe Reaktionskontraste auch bei peripheren Labyrintherkrankungen vorkommen k6nnen, solange noch spontaner oder latenter 1Yystagmus besteht, solange der zentrale Ausgleieh peripherer Labyrinthausf/~lle nicht erfolg~ ist. Er glaubt aus diesen Beobaehtungen den SehluB ziehen zu k6nnen, dab die Tonusdifferenzen nieht unbedingt die Folge zentraler Ves~ibularerkrankungen sein mii6ten. Ieh babe im Rahmen meiner friiheren Ver6ffen%lichungen bereits ausgeftihrt, dab Unterbergers Ansichten nicht als Gegenbeweis gegen die yon Vogel sT u. a. bereits vertretene Ansicht, daB die Tonusdifferenzen zentral bedingt sind, herangezogen werden kSnnen und habe darauf hingewiesen, dab Unterberger bei seinen Unter- suehungen vor allem die galvanische Prfifung nicht mit beriicksichtigt hat. Auf Grund meiner Beobachtung bei angioneurotischen Oktavuskrisen und bei Hirn- erkrankungen bin ich zu der SchluBfolgerung gekommen, dab der bei IteiB-Kalt- spiilung un4 Drehung gefundene Reaktionskontrast bei fehlenden entzfindlichen Ver/~nderungen am Mittel- und Innenohr fiir eine zentrale Vestibularerkrankung sprieht, dab das ~berwiegen des Nystagmus zur kranken Seite als Reizsymptom, das ~berwiegen des ~qystagmus zur gesunden Seite und das gleichzeitige Fehlen tier galvanischen Reaktion zur kranken Seite als Zeichen zentraler Seh/tdigung verwertet werden kann.

Meine Beobaehtungen bei Sehiidelverletzten mit und ohne Beteiligung des Mittel- und Innenohres haben reich nun welter zu der Uberzeugung gebracht, dab auch hierbei das Auftreten der Tonusdifferenz als eine zentrale St6rung aufzufassen ist, ganz gleieh, ob bei 4em Trauma das Mittel- und Innenohr mit verletzt wurde bzw. eine konsekutive Mittel- oder Innenohrentziindung auftrat oder nicht.

Archly f. Ohren-, Nasen- u. Kehlkopfheilkunde. Bd. 137. 10

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140 Johannes Koch: Studien fiber Veranderungen des GehSrorgans,

Die Beobaehtungen Unterbergers bei Labyrinthektomierten und abgelaufenen Labyrinthentzfindungen zeigen, dab kalorische l~eaktionskontraste auch bei ein- seitiger peripherer Schadigung, solauge latenter Nystagmus besteht, solange der zentrale Ausgleieh nieht erfolgt ist, eine StSrung des Tonusgleichgewichts beider Vestibularsysteme anzeigen kSnnen. Solange eben keine Kompensation dieser peripheren StSrung erfolgt ist, wiirde der experimentelle Nystagmus zur Seite des fiberwiegenden Vestibularapparates leichter auslSsbar sein und langer andauern, da der latente Spontannystagmus sich zu dem experimentellen hinzuaddiert bzw. yon ihm zu subtrahieren ist. Diese sehr einleuehtende Erkl/~rung hat Unterberger zur Deutung seiner Beobaehtung bei Labyrinthektomierten gegeben. Er gibt damit selbst zu, dal3 er annimrat, dab in diesen Fallen der durch die Kalorisierung des Bogengangsapparates der einen Seite ausgelsste Reiz sich gewissermal3en auf das gesamte Vestibularsystem mitteilt, dessen Gesamtmeehanismus anregt und in Tatigkeit setzt und somit nicht nur als ein Zeichen des Reaktionszustandes des Bogengangsapparates einer Seite, sondern des gesamten Vestibularsystems auf- zufassen ist. Die Ansicht, dab die einseitige Kalorisierung den l~eaktionszustand des gesamten Gleiehgewichtsorganismus beeinfluBt, d~13 z. B. das eine Labyrinth auch durch die Kalorisierung der gegenfiberliegenden Seite sensibilisiert werden kann, hat ja kiirzlich erst Wasowski 7s vertreten.

Ich habe n u n in gleicher Weise wie Unterberger 12 F/~lle yon Laby- r inthi t is mi t l [nnenohrausschaltung und aul3erdem 5 F~lle yon entzfind- richer Labyr in thre izung - - peripherer Vestibularfibererregbarkeit - - auf das Vorhandensein yon Reakt ionskont ras ten gepriift. Die 12 F~lle yon entzfindlicher Innenohrausscha l tung zeigten auf dera HShepunkt der E rk rankung Spontannys tagmus 3. Grades und Vorbeizeigen zur k ranken Seite, experimentel l kalorische und rotatorische Unerregbarkei t auf der k ranken Seite.

Nach Abklingen aller Spontansymptome, in der Regel nach 3--4 Wochen, wurde zunachst die tteil3-Kaltspiilung der gesunden Seite vorgenommen, sowie die galvanische l~eizung. Es zeigte sich dabei annahernct gleieher Ausfall des gal- vanischen Nystagmus zu beiden Seiten, aber deutliehes Uberwiegen des nach HeiBspiilung auftretenden, zur gesunden Seite gerichteten, Nystagmus fiber den nach Kaltspfilung auftretenden Nystagmus. Spater wurde dann aueh die Dreh- priifung angeschlossen, die entspreehend ungleiehe Werte ergab. Nach Abklingen aller entziindlichen Erseheinungen auf der Krankheitsseite (Ausheilung der l~adikal- operationshShle) wurde nun auch die kalorisehe Prfifung auf der kranken Seite wiederholt angestellt und es zeigte sich bei 9 Fallen, dab die kalorische l~eaktion vSllig erlosehen blieb, wahrend sie bei 3 Fallen im Verlaufe von 2 Jahren allm/~hlieh wiederkehrte. Hier konnte dann auch bei Spfilung auf der kranken Seite der l~aktionskontrast, und zwar in diesem Falle ein Uberwiegen des ~ystagmus naeh Kaltspiilung fiber den nach tteil3spfilung festgestellt werdem

Sehr sorgfaltig wurden nun 10 Falle, bei denen naeh Ablauf yon 2 Jahren Kompensation bzw. Wiederherstellung der Drehreaktio~ beobachtet wurde, nach diesem Zeitpunkt untersucht und es ergab sich dann bei 7 Fallen durch Spfilung der gesunden Seite, bei den iibrigen F/~llen aueh dutch Spfilungen der kranken Seite, dal3 auf beiden Seiten der Kontrast zwisehen tteil3- und Kaltreaktion naeh erfolgter Kompensation der Drehreaktion versehwand.

Nach vSlligem Ausgleich des Drehnaehnystagmus durch zentrale Kompensation bzw. zentrale Kompensation plus periphere Wiederherstellung von ~unktionsresten scheint sich also die durch kalorischen l~eaktionskontrast gekennzeichnete, yon Unterberger und mir festgestellte, latente Iqystagmusneigung zur gesunden Seite

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insbesondere St6rungen der Innenohrfunktion nach Sch/~delunf/~llen. 141

verhi~ltnism/~ftig rasch auszugleiehen, es sei dean, daft ~hnlich wie beim Trauma zentralnervSse, vasomotorische Faktoren die Wiederherstellung des Tonusgleich- gewiehtes zwischen beiden Vestibularsystemen verhindera.

Wie ieh bereits ausfiihrte, wurden diese F~lle auch galvaniseh gepriift und es ergab sich stets ein annahernd gleicher Ausf~ll des galvaaischen Nystagmus zu beidea Seiten, abgesehen yon der Zeit, in der noch spontane Symptome bestanden. Auf Grund meiner Beobachtungen mOchte ich deshalb annehmen, daf] die ws des Ausgleichs entziindlieh bedingter einseitiger Innenohrausschaltungen auf- tretenden l~eaktionskontraste als zentrale StSrungen zu deuten sind. Aueh auf dem Lagetiseh wurden die 12 F/~lle yon entziiadlich bedingter Innenohraussehaltung gepriift und es ergab ~ich als Zeichen peripherer Sch/~digung stets eine Versehiebung der Vertikalempfindung zur kranken Seite, die wenige Monate nach dem erfolgten Ausgleieh des Drehnystagmus in der Regel noeh festzustellen war, was ffir die hohe Empfindliehkeit dieser Prtifung sprieht.

Wie bereits erw/~hnt, wurden auch 5 F/~lle yon entztindlicher peripherer Vesti- bulariibererregbarkeit auf das Vorhandensein yon Reaktionskontrasten gepriift. Unter Anwendung yon Heift-Kaltspiilung, Doppelspiilung, galvanischer Priifung und Lageuntersuehung ergab sieh aber hierbei ein Befund, der ledJglich ffir periphere Ubererregbarkeit spraeh. Der galvanische Nystagmus war in beiden Richtungen ann/~hernd gleich auslOsbar, die Lageempfindungen waren zur gesunden Seite verschoben und bei Drehung und Spiilung ergab sich eine deutliehe Ubererregbarkeit der kranken Seite, was besonders eindeutig durch die Doppelspiilungen mit heiftem und kaltem Wasser gezeigt wurde.

Zusammenfassend w~re also zu sagen, dab auch ich in l~hereinstim- mung mi t Unterberger bei entz i indl ichen Innenohrs tSrungen kalorische Reak t ionskon t r a s t e f inden konnte , und zwar bei vSlliger oder tei lweiser Innenohrausscha l tung , n ich t aber bei per ipherer entzfindlicher Vest ibular- reizung. I m Gegensatz zu Unterberger, der die Reak t ionskon t ra s t e noch verh/~ltnism/~Big ]ange naeh dem Ausgleieh des Drehnachnys t agmus land , ergeben meine Untersuchungen, dal] ba ld naeh erfolgter zent ra ler Kompensa t ion auch die kalor isch fes t s te l lbarea Reak t ionskon t r a s t e ver- schwinden. Ich glaube also, daft diese Erscheinungen nut solange vorhanden sind, wie das Gleichgewicht zwisehen den beiden Vestibularsystemen gestS+'t ist und irgendwie mit den zentralen Ausgleichsvorg~ingen, mit den zentral. nervSsen Versuchen, die an der Peripherie ausgelSsten Gleichgewichts- stSrungen auszubalancieren, verbunden sind. I s t aber die a m Ausgleich der Dreh reak t ion e rkennbare zentra le Kompensa t i on erfolgt, so f~llt nach meinen Ef fahrungen der kalorische Reak t i onsko n t r a s t wieder fort , und es e rg ib t sich eine ann/~hernd gleichwert ige Reakt ion . VerzSgert sich der zentra le Ausgleich oder t r i t t e r , wie ich es beobachten konnte , f iberhaupt n i ch t ein, so bes teh t auch die MSglichkeit , dal3 Tonusdifferenzen wel ter bes tehen oder eventue l l sogar erst sparer auf t re ten. Dieses Bestehen- ble iben yon Tonusdifferenzen oder sp/~tere Auf t re ten solcher Ersehei- nungen k o m m t aber nach unseren Er fahrungen in der Regel nur bei ]Kenschen mi t kons t i tu t ione l le r Schw~che des zent ra len oder Gefiil3- ne rvensys tems vor. So habe ich in i ibere ins t immender Weise sowohl bei den Sch~delver le tzungen als auch bei den Oktavuskr i sen und den rein entzf indl ichen L a b y r i n t h e r k r a n k u n g e n gesehen, dal3 der verzSgerte

10"

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149, Johannes Koch: Studien fiber Ver/~nderungen des Geh6rorgans,

Ausgleich yon VestibularstSrungen und das Auftreten yon Tonus- differenzen stets mit vegetativen StSrungen vergesellschaftet war.

Bei den Tonusdifferenzen im Gefolge yon 0ktavuskrisen und Him- erkrankungen konnte ich unter Zugrundelegung der klinisch oder ana- tomisch festgestellten Krankheitsseite aus der Verschiedenartigkeit der Symptomenbilder in den einzelnen :F~llen eine zentrale Vestibularreizung oder zentrale Vestibularsch/~digung annehmen. Aueh bei den Sch~del- traumen sind wit durch Anamnese und Verletzungsbefund stets in der Lage, die Krankheitsseite einwandfrei festzustellen. Merkwiirdigerweise wfirde nun in den beobachteten F~llen mit Tonusdifferenzen das Sym- ptomenbild nur zu einer zentralen Vestibularreizung passen. Wie erwiihnt, traten solehe zentralen Reizungen aueh nach Wiederherstellung schwerer Vestibular funktionsausfi~lle ein.

Berberich a hat im Handbuch der Unfallheilkunde darauf hingewiesen, dab man gegen Vestibularreizungen, ~bererregbarkeiten immer migtrauisch sein soll. Die Tatsache, dab wir in einigen Fallen solche zentralen ~bererregbarkeiten nach dem Ausgleich bzw. 4er Wiederherstellung schwerer Funktionsausf/~lle fanden, d. h. also nach einem Zeitpunkt, wo der Verletzte eigentlieh beschwerdefrei sein sollte, maeht an sich sehon stutzig. Noch bezeiehnender aber ist, dab gerade nach (tern Auftreten der Tonusdifferenz die subjektiven Beschwerden besonders stark wurden, wie fiberhaupt alle Patienten, die Tonusdifferenzen nach Schadeltraumen aufwiesen, fiber besonders starke Sehwindelerscheinungen, Brechreiz Usw: klagten, w/~hrend wir an Vielen Beispielen sehen konnten, dab schwere Funktionsausf/~lle manchmal aueh noch im Stadium der spontanen Ausfallsymptome nur sehr geringe subjektive Beschwerden zur Folge hatten.

Die subjektiven Beschwerden sind sicherlich keinesfalls von der Art und Sehwere des Funktionsausfalles allein abh~ngig, sondern yon der Konstitution des zentralen und vegetativen Nervensystems des Be- troffenen. Die Tatsaehe, dab alle Verletzten mit Vestibulartonus- differenzen auBer sehr starken subjektiven Beschwerden auch bei der Labyrinthprfifung starke vasomotorische ]3egleiterseheinungen und bei der Untersuehung des Gesamtorganismus verschiedene vegetative Stig- mata zeigten, weist uns darauf-hin, dab das Auftreten yon Vestibular- tonusdifferenzen sicherlieh besonders h~ufig bei Mensehen mi$ ])ys- funktionen des Vasomotorensystems vorkommt bzw. von einer konsti- tutionellen Vasomotorenschw~che abhiingig ist.

Wie Ricker 51, Neubiirger 45, Knauer und Enderlen ~4 gezeigt haben, kommen auch nach leichten Sch/~deltraumen Blutungen in die tIirn- substanz, z. ]3. in das Kerngebiet der Medulla, vor. Diese Blutungen werden aber nicht als direkte Unfallfolgen aufgefaBt, sondern als sekun- d/~re Blutaustritte, die dureh die traumatische Sch/~digung des Vaso- motorensystems zustande kommen. Es genfigt also unter Umst/~nden ein leiehtes Schi~deltrauma, um erhebliehe StSrungen der ttirnstrombahn- nerven mit ihren Folgeerseheinungen auszulSsen und manifest werden zu lassen.

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insbesondere StSrungen der Innenohrfunktion nach Schi~delunfiillen. 143

Der Ausgleich der Vestibularfunktionsstiirungen. Als ich den Plan zur Durchffihrung der hier geschilderten Unter-

suchungen faBte, schwebte mir vor alien Dingen die Frage des Ausgleiches der vestibularen StSrungen vor. Dadurch, dab ich den grS~ten Tel! unserer F/ille fiber 4 uncl mehr Jahre hinaus beobachten konnte, verfiige ich in dieser Beziehung fiber Ergebnisse, wie sie meines Wissens in dem bisher vorliegenden Schrifttum nicht zu finden sind.

Ist nach dem Trauma die kalorische und die Dreherregbarkeit vSllig erloschen, so verhalten sich die beiden Reaktionen beziiglich ihrer Wiederkehr ganz verschieden, Auf Grand meiner Beobachtungen 1/i•t sich folgende Einteilung vornehmen:

I)rehreaktion kompensiert -- kalorisch O geblieben . . . . . 11 F/~lle ])rehreaktion wiederhergestellt -- kalorisch wiederhergestellt 9 F~lle Drehreaktion O geblieben -- kalorisch r geblieben . . . . 10 F/~lle

Ich unterscheide also zwischen Kompensation und Wiederherstellung der I)rehreaktion, Will aber auf die Deutung dieser Begriffe erst am Schlul~ eingehen und zun~chst ganz allgemein yon einem Ausgleich der Dreh- reaktion sprechen. Wie wir sehen, ging dieser Ausgleich der Drehreaktion in 9 F~llen parallel mit der Wiederherstellung der kalorischen Reaktion, w~hrend in 11 Fi~llen die kalorische Reaktion auch nach li~ngst erfolgtem Ausgleich des Drehnystagmus nicht wiederkehrte.

Bei der letzten Gruppe, die 10 Fs umfai3t, kehrte auch nach Ablauf mehrerer Jahre weder eine Dreh- noch eine kalorische l~eaktion auf der Verletzungsseite wieder. Ich priifte in diesen F~llen auch den Ausfall der galvanischen Reaktion und konnte feststellen, dab der galvanische Nystagmus zur Verletzungsseite nicht ausgelSst werden konnte. Es scheint also in diesen F~llen, bei denen auch nach Jahren keine Andeutung des Wiederauftretens yon kalorischer und rotatorischer Reaktion zu erkennen ist, auger der peripheren LabyrinthstSrung auch eine Veri~nde- rung in den zentralen Vestibularabschnitten vorzuliegen. Das vSllige :Fehlen der ga|vanischen Reaktion zur Verle~zungsseite wfirde nach meinen Erfahrungen in diesem Sinne zu deuten sein.

Von besonderem Interesse war es mir nun, festzustellen, welche Zeit bis zur Wiederherstellung der ausgelSschten oder gestSrten Vestibular- reaktionen verstreicht. Hier finder sich eine vSllige Regellosigkeit. W/i, hrend der Ausgleich beider Reaktionen schon 5 Monate nach dem Trauma erfolgt sein kann, haben wir 9 F~]le beobachtet, bei denen auch nach vielen Jahren auf der Verletzungsseite weder eine Dreh- noch eine kalorische Reak~ion auszulSsen war.

(Gerhard Mi~del: 3 Jahre; Robert Stengel: 3 Jahre; Willi Wittkowski: 3 Jahre; Eduar4 WeiSenbeck: 3 Jahre; Hanna Ebensperger-Richter: 3 Jahre; Wilhelm Tuchel: 6 Jahre; Kurt Melzer: 12 Jahre; Max Giintzenbach: 17 Jahre nach dem Unfall.)

Den frfihesten Ausgleich der Drehreaktion bei noch erloschener kalorischer Reaktion fanden wir 3 Monate nach dem Trauma, abet auch noch 5 und 6 Jahre nach der Verletzung konnten bei fortlaufender

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144 Johannes Koch: Studien fiber Ver~tnderungen des GehSrorgans,

Beobachtung die ersten Anzeichen ffir eine Wiederkehr der DrehreaIction bemerkt werden. Die Wiederkehr der kalorischen Reaktion erfolgt, wenn fiberhaupt, zu einem spi~teren Zei tpunkt als der Ausgleich des Dre- nystagmus. Die ersten Anzeichen ffir die Wiederkehr der kalorischen l~eaktion fand ich in einem ~alle 1 Jahr nach dem Trauma, in der l~egel aber sparer.

E twas anders liegen die Dinge, wenn nach dem Trauma nur eine herabgesetzte Erregbarkeit ffir kalorischen und Drehreiz besteht. I n der Mehrzahl der F&l]e konnte ich hier eine allmi~hliche Wiederherstellung beobachten. Ich land 17mal die normale Wiederherstellung beider Reaktionen, und zwar frfihestens nach 2 Jahren, spatestens nach 5 Jahren. I n 7 F~llen blieben beide l~eaktionen auf der Verletzungsseite in gleicher Weise, wie naeh dem Trauma fes~gestellt, herabgese~z~. Die Beobachimngs- dauer betrug hier allerdings nur etwa 3 Jahre.

Cbererregbarkeitfiir kalorischenundDrehreizfand i chnur 3real. I n einem Falle handelte es sich um eine Ohrverletzung, bei der es zu einer Vesti- bularreizung gekommen war, die innerhalb weniger Tage wieder zurfick- ging. I n 2 weiteren Fallen lag ein schwerer Schadelbasisbruch, allerdings ohne nachweisbare Ohrbeteiligung vor. Der l~fickgang der l%eizerschei- nungen nahm hier fiber 3 Jahre in Anspruch.

Ebenfalls verh~ltnismaBig selten fand ich bei unserem ~a te r ia l den Ausfall der kalorischen Erregbarkeit bei erhaltener Drehrealction (8 FMIe). 4real kehrte die Erregbarkei t nicht wieder. Die ]3eobachtung erstreckte sich fiber 3 bzw. 31/2, 9 und 12 Jahre. 2mal stellte sich wohl w i d e r eine kalorische l~eaktion ein, sie war aber bedeutend schwacher als auf der gesunden Seite. Der bis zu diesen ersten Anzeichen wiederkehrender l~eaktion verstrichene Zeitraum betrug 7 bzw. 10 Jahre. ]~ei den beiden iibrigen Fallen glich naeh 3 bzw. 4 Jahren die l~eaktion wieder der auf der gesunden Seite.

Den im Schrifttum als charakteristisch ffir traumatische bzw. luetische Innenohr- affektionen bezeichneten Ausfall der Drehreaktion bei erhaltener kalorischer Reaktion habe ich bei unseren 146 F~llen nicht beobachtet.

Ich hatte schon eingangs darauf hingewiesen, dab im l~ahmen dieser Ver- 6ffentlichung nur solche FMle berficksichtigt wurden, bei denen nach dem Trauma wirkliche organische St6rungen des Cochlear- un4 Vestibularapparates vorlagen und dab alle FMle yon Hysterie oder Simulation yon der Betrachtung ausgeschlossen wurden. Wie ieh bereits bei Besprechung der Tonusdifferenzen ausftihrte, hi~ngt aber aueh bei dan ~Mlen, die wirklieh objektive organische St6rungen aufwiesen, die Art und Dauer des Ausgleichs yon dem Zustand des zentralen Nervensystems und dos Vasomotorensystems vor dem Trauma ab. An einigen Beispielen wollen wit die Verschiedenartigkeit des Ausgleichs betraehten.

1. Walter S. Am 1.9.28 Schlii/enbeinl~ings/raktur mit Gehirnersehi~tterung. Gleich naeh dem Unfall hochgradige linksseitige Sehwerh6rigkeit, Nystagmtm zur gesunden Seite, Vorbeizeigen zur kranken Seite, starkes Sehwindelgeftihl. In wenigen Wochen Verschlechterung des I-I6rverm6gens bis zur v611igen linksseitigen Taubheit. 2 Monate nach dem Unfall nach Abheilung der traumatischen Trommel-

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insbesondere StSrungen der Innenohrfunktion nach Schi~delunfallen. 145

fellperforation keine vestibul/~ren Spontansymptome mehr. Der Drehnachnystag- mus ist in beiden Richtungen anni~hernd gleich (30 bzw. 32 Sek.). Die links Seite ist kalorisch unerregbar. 1 Jahr nach dem Unfall unver~nderter Befund. 31/~ Jahre nach dem Uniall einwan4freie Taubheit links, beide Vestibularapparate reagieren auf kalorischen, galvanischen und Drehreiz normal. Spontansymptome nicht vor- handen. S. bekommt jetzt keine Unfallrente mehr. 1/2 Jahr sp/~ter stellt er wegen Verst/~rkung tier Schwindelerscheinungen erneuten Rentenantrag. Bei der Unter- suchung: Taubheit links, Spontannystagmus 1. Grades nach links, der auch durch Kopfschiitteln und Lagewechsel verstiirkt werden kann. Spontanes Vorbeizeigen mit der rechten Hand nach rechts, nach Kopfschiitteln starkes Vorbeizeigen mit beiden l-I/~nden nach rechts. Experimentell iiberwiegt bei allen Reizen der Nystagmus nach links. Bei der Untersuchung starke Unruhe, Zittern der It/male, SchweiB- ausbruch, Lidflattern usw. Der Adrenalinsondenversuch fie] beiderseits positiv aus (weiBer Strich). Ein weiteres I-Ialbjahr sp/~ter wurde S. nochmals untersucht. Es konnte auch mit Hilfe des Stengerschen Versuches am Otoaudion die links- seitige Taubheit sichergestellt werden. Spontan bestan4 leichter Nystagmus nach links und Vorbeizeigen nach rechts, experimentell deutliches ~berwiegen des Nystagmus nach links. Die Untersuchung auf dem Laget, isch ergab in Uberein- stimmung mit unserem Befund, dub eine erhebliche neurotische St6rung vorlag.

Es hande l t sich also hier um eine nach Wiederhers te lbmg einer t rau- mat i sch bed ing ten Aufhebung der kalor ischen R e a k t i o n aufget re tene vasoneurot ische, zentra le Vest ibular f iberer regbarkei t . Die durch das T r a u m a aufgehobene kalor ische E r r egba rke i t der Verletzungssei te wurde im Verlauf yon 21/2 J ah ren allm/ihlich wieder hergestel l t . Die Spontan- s y m p t o m e waren rasch zurfickgegangen, ebenso die anf/ inglichen ]le- schwerden. Nach vSlliger Wiederhers te l lung einer normalen F u n k t i o n entwickel te sich dann ein ] )berwiegen des Nys t agmus zur Verletzungs- seite mi t S p o n t a n s y m p t o m e n und sehr s~arken Beschwerden. Diese S p o n t a n s y m p t o m e waren in ihrer R ich tung den nach dem T r a u m a auf- ge t re tenen gerade entgegengesetzt . Man kann in diesem Fa l l e keinesfalls eine per iphere St6rung annehmen, da die ]~unktion sich bei mehreren ~orhergehenden Unte rsuehungen als no rma l erwiesen ha t te . ]~s kann sieh nur u m eine zentra le vasoneurot ische StSrung hande ln oder aber u m eine reine t r aumat i sehe Neurose. Die vasomotor ischen Beglei t- erseheinungen - - Sehweigausbruch, Urin- und S tuh ld rang - - spreehen ffir eine Vasoneurose. Bezeiehnend ist j a aueh das Auf t r e t en der neuen Besehwerden und der ob jek t iv naehweisbaren Erseheinungen naeh dem endgfi l t igen For t f a l l der Rente .

2. Fritz W. Schld/enbeinliings/raktur mit Gehirnerschi~tterun 9 und Trommel/eU- ruptur links. Sofort nach dem Unfall Taubheit links. Nach Abheilung tier Fraktur ergibt die Untersuchung erhebliche Untererregbarkeit links ffir kalorischen und Drehreiz. 3 Jahre nach dem Unfall Taubheit links, Vestibularapparat bei4erseits erregbar. W. bekommt jetzt keine Rente mehr. i/~ Jahr sp~ter, d. h. 5 Jahre nach dem Unfall, erneuter Rentenantrag wegen verst/~rkter Schwindelerscheinungen. Be/und: Spontannystagmus 1. Grades in der Blickrichtung, der sich rasch erschSpft, aber bei jedem Blickwechsel wieder auftritt. Vorbeizeigen und Fallneigung nicht vorhanden. N'ormale Erregbarkeit beider Vestibularapparate, aber stets Tonus- differenz. Die l~ichtung des iiberwiegenden Nystagmus wechselt bei den Unter- suchungen an verschiedenen Tagen. Befund auf 4em Lagetisch normal. Adrenalin-

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146 Johannes Koch: Studien fiber Ver/~nderungen des GehSrorgans,

sondenversuch beiderseits weil~er Strich. Auch sonst verschiedene vegetative Stigmata. Nachuntersuchung 1/2 Jahr sparer ergibt denselben Befund.

Es handel t sich auch hier u m eine vasoneurotische zentrale Vestibular- stSrung (Tonusdifferenz), aufgetreteu nach bereits erfolgtem Ausgleich ciner t raumat isch bedingte n Vest ibularuntererregbarkei t . Charakteristisch ist hier der wechselnde Vestibutartonus, wie ich ihn auch bei Oktavuskrisen im Zusammenhang mi t Glankom und bei Epilepsie gefunden u n d beschrieben habe *

3. Paul B. S~hl~i/enbeinld~g,/raktur ,nit Gehirnersch~tteru~ W und Trommel/ell- ruptur links. Nach dem Unfall Taubheit links, Nystagmus 3. Grades nach reehts, Vorbeizeigen nach links. 21/2 Monate nach dem Unfall Taubheit links, Nys~agmus 1. Grades nach rechts, Vorbeizeigen nach links, Fallneigung nach links, Gang- abweichung nach rechts. Kalorisehe Erregbarkeit links erloschen. 1~otatorisch: Linksdxehung 40 Sek. Nystagmus nach rechts, Reehtsdrehung: 10 Sek. Nystagmus nach links. 9 Monate nach dem Un~all Taubheit links, kein Spontannystagmns mehr, Vorbeizeigen und Fallneigung nach links. Kalorisch links unerregbar, Drehpriifung wie vorher. 1 Jahr nach dem Unfall kein Spontannystagmus mehr, kalorisch links herabgesetzte Reaktion, Drehnachnystagmus 42 Sek. naeh rechts, 28 Sek. nach links. 21/2 Jahr nach dem Unfall Taubheit links, beide Vestibularapparate sind kalorisch gleichmaBig erregbar, Drehnachnystagmus 36 Sek. nach reehts, 34 Sek. nach links. Galvanische I~eaktion beiderseits gleich. Lagetischbefund normal. Adrenalinsonden- versuch beiderseits weil3er Strich. B. bekommt jetzt keine Rente mehr. 1/2 Jahr sparer erneute Begutachtung. B. kIagt jetzt fiber verst/irkte Schwindelerscheinungen hgufige Anf/~lle mit Erbrechen und Schweii3ausbriichen usw. Er wird in Begleitung in die Klinik gebracht, da er angeblich nicht mehr allein laufen kann. Breitbeinig taumelnd, auf 2 StScke gestfitzt betritt er das Zimmer. Beim Rombergschen Versuch schwankt er in alien Richtungen, ohne hinzufallen. Das Vorbeizeigen ist wegen grotesker Armbewegungen nicht zu prfifen. Bei der Vestibularprfifung, die beiderseits n0rmal ausfMlt, bekommt B. Weinkr/~mpfe, bei der Lagetischuntersuchung macht er weehselnde Angaben, die sich in keiner Richtung verwerten lassen. Der hinzu- gezogene Neurologe bestgtigt uns, dag es sich um ein einwandfreies hysterisches Krankheitsbild handelt.

Es liegt bier eine Schliifenbeinl/ingsfraktur, die zu vSlliger Taubhei t und vorfibergehender Aufhebung der Vest ibularf lmkt ion der Verletzungs- seite gefiihrt laatte, vor. 21/~ Jahre naeh dem Unfall war die Vestibular- reakt ion auf der Verletzungsseite v611ig wiedergekehrt. Naehdem der Verletzte keine Rente mehr erhielL entwickelte sieh ein typisch-hysterischee Krankheitsbild.

Ganz anders verlief der 4. Fall. Edmund W. Lgngs/raktur des rechten Felsenbeins mit schwerer Gehirn-

erschiitterung. Selbstgndiger I)achdeckermeister, der nieht versichert war, stiirzte durch eigene Unvorsichtigkeit 12 m hoch herab auf die StraBe. Nach Wiedererlangung des BewuBtseins Taubheit rechts, Spontannystagmus 3. Grades nach links, Vorbei- zeigen nach rechts. 4 Wochen nach dem Trauma verlieB W. bereits das Bett. Es bestand noch Nystagmus 1. Grades nach links und Vorbeizeigen nach rechts, Taubheit rechts. Der rechte Vestibularapparat war ftir alle Reize unerregbar. 2 Jahre nach dem Unfall keine Spontansymptome mehr. Vestibularapparat rechts kalorisch unerregbar. Galvanischer Nystagmus in beiden Riehtungen gleich. Bei der Drehschwachreizprfifung fiberwiegt der Nystagmus nach links, Drehnach-

* Koch, J. 27--30

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insbesondere StSrungen der Innenohffunktion nach Schi~delunf~llen. 147

nystagmus nach 10 Umdrehungen, 35 Sek. nach links bei Rechtsdxehung un413 Sek. nach rechts bei Linksdrehung. Lagetisch: Spontanhaltung des Kopfes nach rechts, Verschiebung der Vertikalempfindung in der Horizontalebene nach rechts, Fehlen des Kopfstellreflexes bei Rechtsneigung. Adxenalinsondenversuch beidersei~s normal.

Es handelt sich hier u m ein schweres Sch/~deltrauma mit vSlliger Ausschal tung eines Vestibularapparates. Die zentrale Komp~ensation ist 2 Jahre naeh dem UnIM1 noch nicht eingetreten, dennoeh kann der Betroffene sehon seit 11/2 Jahren seinen Beruf Ms Daehdeeker wieder vNlig besehwerdefrei ausiiben. Bezeichnend ist, daft der Verletzte niemals irgendwelche Rentenanspriiche hatte.

Als ein wertvolles Beispiel daffir, dag gerade w/~hrend des Ausgleichs der Vestibularfunktionsst6rungen unter Umst/~nden starke Beschwerden auftreten k6nnen, mag noch fo]gender Fall dienen.

5. Otto K. Doppelseitiger Svh~idelgrundbruch im Oktober 1928. 8 Wochen nach dem Unfall beiderseitige hochgradige SchwerhSrigkeit, vSllige kalorische und rotatorische Unerregbarkeit beider Vestibularapparate. Spontannystagmus nach links und Vorbeizeigen r/ach rechts. 2 Jahre nach dem Unfall kein Spontan- nystagmus, kein Vorbeizeigen, taumeliger Gang und Fallneigung nach rechts. St~rke Beschwerden ! Kalorisch und rotatorisch beiderseits unerregbar, galvanisch nicht geprtift. 21/2 Jahre nach dem Unfall kalorisch und. r0tatorisch beiderseits unerregbar, galvanischer Nystagmus nur nach links ausl6sbar. Nach Kopfschiitteln Nystagmus nach links und Vorbeizeigen nach rechts. 3 Jahre nach dem Unfall rotatorisch beiderseits keine Reaktion. Kalorisch: Rechts geringe Reaktion bei Eissptilung, bei 27 und 470 keine Reaktion, links bei Kaltspiilung keine Reaktion, bei tIeiBspiilung Nystagmus nach links. Galvanisch Nystagmus nur nach links auslSsbar. Nach Kopfschiitteln Nystagmus nach links, Vorbeizeigen nach rechts. 4 Jahre nach dem Unfall taumeliger Gang, Schwindel beim Bficken un4 bei Kopf- bewegungen. Nach Kopfschiitteln Nystagmus nach links und Vorbeizeigen nach rechts. Drehreaktion beiderseits erloschen. Galvanisch nut Nystagmus nach links. Kalorisch: Rechts bei 27 und 47 ~ keine Reaktion, bei Eiswasser Nystagmus nach links und Vorbeizeigen nach rechts. Links: Bei Eiswasser geringer Nystagmus nach rechts, bei 27 ~ keine Reaktion, bei 47 ~ lebhafter Nystagmus nach links. Lagetisch: Verschiebung der Vertikalempfindung in der tIorizon~alebene nach rechts, Kopfstellrellex fehlt bei Rechtsneigung. Spontanhaltung des Kopfes nach reehts geneigt und gedreht.

Es handelt sieh hier sieher um eine beiderseitige periphere Vestibular- ausschaltung. Der Ausgleich wird gestSrt durch eine ungleiehe Wiederkehr der kalorisehen Reaktionen. Es entwiekelt sich dementsprechend ein latenter Spontannys tagmus zur linken Seite, der Seite der st~rkeren kalorischen Erregbarkeit . Auch der Ausfall der galvanisehen Priifung zeigt den latenten Nys tagmus naeh links an. Die Untersuchung auf dem Lagetiseh weis~ deutlieh auf den grSl3eren ]Funktionsausfall der rechten Seite hin.

Wit wollen hier auf die Anfiihrung yon weiteren Einzelheiten ver- ziehten. Diese Beispiele zeigen aber unseres Erachtens mit groger Deut- liehkeit, wie untersehiedlieh der Ausgleieh yon Vestibularst6rungen bei den einzelnen Menschen sein kann. Sie zeigen uns, dab die BesehMfenheit des Zentralnervensystems bzw. des gasomotorensys tems eine sehr groBe

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148 Johannes Koch: Studien fiber Veranderungen des GehSrorgans,

Bedeutung fiir den erschwerten Ausgleich der StSrungen, insbesondere auch ffir die Schwere der subjektiven StSrungen hat. Besonders inter- essant ist das Beispiel 4, welches uns darauf hinweist, dab auBer den genannten Faktoren auch die persSnliche Einstellung des Verletzten wesentliehe Bedeutung haben muB. Der besehriebene Fall des Daeh- deckermeisters zeigt, dab ein Mann, der keinen Anspruch auf irgend- welche Unfallrenten hat, aueh einen vSllig unkompensierten Ausfall eines Vestibularapparates in keiner Weise stSrend zu empfinden braucht.

Es kann auch kein Zweifel bestehen, dab bei den nach Schi~deltraumen auftretenden Ver~nderungen flieBende ~bergi~nge zwischen rein orga- nischen und nervSsen, sei es nun vasoneurotischen oder hysterischen StSrungen bestehen. Diese nervSsen StSrungen kSnnen sich, wie unsere Beispiele zeigen, aus den organischen allms entwickeln oder aber yon Anfang an schon neben den organischen Erscheinungen bestehen, nnd erst nach deren Abklingen mehr und mehr in Erscheinung treten. Da fiir die Beurteilung, insbesondere die Ren~enfestsetzung, die Ab- grenzung vasoneurotischer oder hysterischer StSrungen gegen die rein organischen yon Wichtigkeit ist, so muB bei der Untersuchung yon vornherein nach Symptomcn fiir derartige Erkrankungen gefahndet und der Versuch gemacht werden, festzustellen, ob die organischen oder die nervSsen StSrungen fiberwiegen.

Daraus ergibt sich, dab die Beurteilung eines Schi~delverletzten, der fiber HSr- und GleiehgewichtsstSrungen klagt, niemals allein nach einer ohren&rztlichen Untersuehung erfolgen sollte. Ist eine gleichzeitigc Untersuchung durch einen Neurologen und Internisten nicht mSglich, so muB der untersuchende Ohrenarzt versuchen, durch eine erg~nzende Allgemeinuntersuchung festzuste]len, ob eventuell vasoneurotische oder hysterisehe Symptome oder noch andere, nicht mit dem Unfall zu- sammenh~ngende Erkrankungen bestehen, die die Cochlear- und Vesti- bularsymptome ebenfalls erkli~ren kSnnten.

Der Ausgleich der Funktionsstiirungen bei der Labyrinthitis.

Um nun der Frage, wie der verschiedene Ausgleich yon Vestibular- funktionsstSrungen zu erkl~ren sei, noch n~her zu kommen, habe ich im Laufe tier letzten beiden Jahre s~mtliche zm' ~Beobachtung gelangenden :F~lle ,con Labyrinthitis sorgf~ltig bezfiglich des Ausgleichs vorhandener VestibularfunktionsstSrungen untersucht. Ieh beobachtete insgesamt 12 F~lle von ausgeheilter Labyrinthitis, darunter 2 F~lle yon Labyrinth- ektomie. Es handelte sich bei allen FAllen um schwere Labyrinthitiden mit typischen Spontansymptomen, die auf vSlligen Funktionsausfall des Innenohres hinwiesen (Taubheit, Nystagmus 3. Grades zur gesunden Seite, Vorbeizeigen zur kranken Seite, Unerregbarkeit der kranken Sei~e fiir kalorischen und rotatorischen Reiz). 11 der F~lle wurden bis zu 21/2 Jahren naeh der Erkrankung fortlaufend beobachtet, der 12. sogar

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insbesondere StSrungen der Innenohrfunktion nach Sch~delunfiillen. 149

7 Jahre lang. Interessanterweise war es m6glich gewesen, 2 yon diesen Pa t i en ten bereits vor dem Auf t re ten der Labyr in th i t i s in unserer Kl in ik genau zu untersuchen, da sie zufgllig schon wegen einfacher Mittelohr- en tz i indung in unserer Behandlung waren. Der Auslgeich der Vestibular- s tSrungen vollzog sich wie bei den t raumat ischen StSrungen, so auch bei den entzi indl ichen in verschiedener Weise und auch zeitlich ganz ver- schieden. Nachstehende ~bers ich t zeigt sehr anschaulich die verschie- denen l~ormen der Wiederkehr der Vest ibularfunktion.

I. JDrehreaktion kompensiert - - kalorisch 0 geblieben: 7 JF~lle. Die galvanische Reaktion war bei diesen F~llen stets in Riehtnng der kranken Seite auslSsbar. Die Kompensation der Drehreaktion erfolgte bei 6 Fiillen schon naeh Ablanf yon 2 bis 4 Monaten, bei einem 7. Fall naeh Ablauf yon 2 Jahren. Unter den Fgllen dieser Gruppe befinden sieh auch 2 F~lle yon Labyrinthektomie und es soll ausdriieklieh darauf hingewiesen werden, dab aueh bei 4iesen die g~lvanisehe Reaktion zur operierten Seite ausl6sbar war. Es wurde stets aueh die Untersuchung auf dem Lagetisch vorgenommen, die eine Verschiebung der Vertik~lempfindung in der ttorizontalebene zur kranken Seite ergab, die auch noch einige Monate nach erfolgter Kompensation der Drehreaktion nachzuweisen war.

II. Drehreaktion wisderhergestsllt -- kalorisch wiederhergestellt: 3 F~lle. Bis zur Wiederherstellung beider Reaktionen, die ganz alhn~hlich unter unserer Beob- achtung erfolgte, verstrichen in alien 3 F~llen etwa 2 Jahre. Die galvanische Reaktion war auch bei 4iesen ]~i~llen w~hrend 4er Zeit des Erloschenseins der Dreh- und kalorischen Reaktion stets zur kranken Seite auslSsbar. Auf 4em Lage- tisch wurden die Patienten zum ersten M~le ungef~hr 1/2 Jahr vor der Wieder- herstellung der Reaktionen untersucht. Es fand sich zu diesem Zeitpunkt eine deutliche Verschiebung der Vertikalempfindung in der Frontalebene zur kranken Seite. !VIit vSlliger Wiederherstellung der kalorischen und der Drehreaktion fiel auch die Lageprtifung wieder normal aus.

III. Drehreaktion 0 geblieben -- kalorisch ~D geblieben: 2 Fglle. Bei dem einen dieser Fi~lle konnte 2 Jahre nach der Labyrinthentziindung, bei dem anderen sogar 7 Jahre spiiter weder ein rotatorischer noch ein kalorischer Reizeffekt yon der kranken Seite aus festgestellt werden. Bei diesen l~iillen fiel die wiederholt ange- stellte galvanische Priifung nieht normal aus, d. h. der l~ystagmus zur kranken Seite war nicht, oder nur mit viel st~rkeren StrSmen als zur gesunden Seite, auslSsbar. Die Priifung auf dem Lagetiseh ergab in beiden Fiillen eine deutliche Verschiebung der Vertikalempfindung zur kranken Seite.

]3etrachten wir n u n die Ausgleichsvo~'g~inge nach S c M i d e l t r a u m e n und nach Z a b y r i n t h e n t z i i n d u n g e n ohne Trauma, so zeigt sich, daI~ sowohl bei der t raumat i schen als auch bei der entzi indl ichen Innenohrausschal- t ung beziiglich Art und Zeitdauer der Wiederherstel lung der Vestibular- funk t ion verschiedenste MSglichkeiten bestehen. Wie soll m a n sich n u n die Verschiedenartigkeit dieses Ausgleichs erkl~ren ? Beim Sch~del- t r a u m a kSnnte man sich ja ohne weiteres vorstel]en, dal3 die Ar t des Unfalles und die dami t verbundene Schi~delverletzung eine wesentliche Rolle spielt. Es w~tre ohne weiteres versti~ndlich, dab bei einer Felsenbein- querfraktur schwerere und l~nger dauernde ~unkt ionss tSrungen vor- kommen wiirden als bei e inem s tumpfen Sch~deltrauma ohne F r a k t u r des Labyrinthes . Wir haben n u n unsere hier un te rsuchten F~lle sehr genau nach Unfal lvorgang und nach Art der Verletzung gesichtet u n d

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150 Johannes Koch: Studien fiber Ver~nderungen des Geh6rorgans,

k6nnen keine Abh/~ngigkeit der Sehwere der Funktionsst6rung yon Art und Schwere des Traumas feststellen und k6nnen aueh ebensowenig finden, dab die Art und Dauer des Ausgleiehs der FunktionsstSrungen irgendwelche Abh~ngigkeit vom Trauma zeigt, Wie ich eingangs bereits ausfiihrte, kommen v611ige Ausschaltungen der Vestibularfunktion sowohl bei Felsenbeinquerffaktur, als auch bei Felsenbeinls und bei einfachen Gehirnerschiitterungen vor. Die zentrale Kompensation bzw. die Wiederkehr der Vestibularreaktionen erfolgt aber bei der einfachen Gehirn- erschtitterung keineswegs sehneller als bei der sehweren Labyrinthfraktur.

Die v611ige Regellosigkeit des Ausgleichs, die die Unabh/~ngigkeit yon Trauma.und Verletzungsart geradezu beweist, finder sieh auch bei den entziindlichen Innenohrausschaltungen und gerade die Tatsache, dab bei den 2 F/~llen yon Labyrinthektomie die zentrale Kompensation viel raseher erfolgte als bei den F~llen yon nieht operativ behandelter Labyrin- thitis sprieht dafiir, da2 die Schwere der Zerst6rung des Innenohres nieht maBgeblich ist fiir die Art und fiir die Sehnelligkeit, mit der der Ausgleieh effolgt. Es scheint im Gegenteil naeh meinen Erfahrungen sehr wahr- scheinlich, dab verbleibende Funktionsreste den Ausgleich eher hemmend und st6rend beeinflussen. Auf Grund meiner Beobachtungen m6chte ich mieh im iibrigen der Ansieht Unterbergers 64 anschliel]en, ,,dab der Ausgleich des Drehnachnystagmus, sein frtiheres oder sps Zustandekommen oder auch dauerndes Niehtzustandekommen yon einer pers6nliehen, aller Voraussicht nach in der Konstitution des zentralen und vegetativen Nervensystems beruhenden Veranlagung des Betroffenen abh/~ngt".

Selbstverst~ndlieh ist, und das geht auch aus Unterbergers und meinen Untersuehungen hervor, die Art des Ausgleichs zu einem gewissen Tell von dem Zustand des Innenohres naeh dem Trauma oder der Erkrankung abh/~ngig, n~mlieh yon der Tatsaehe, ob das Sinnesepithel v611ig zerst6rt ist oder ob nnr eine schwere Sch/~digung unter Beibehaltung yon regenera- tionsf/~higen Teilen - - Funktionsresten - - erfolgt ist. Man wird deshalb gut tun, zwischen dem rein zentralen Ausgleich der Drehreaktion (Kom- pensation im Sinne Baranys 2 und Ruttins 54) und einer Wiederkehr bzw. Wiederkehr von Teripheren Funktionsresten mit zentraler Kompensation im Sinne Gi~ttichs 18 lind Zanges sl zu unterscheidenl In diesen letzten F~llen wiirde man also einen qualitativen und einen quantitativen Anteil (Unterberger) zu unterscheiden haben. Bei rein zentraler Kompensation finder man ein allms Gleichwerden bei Verktirzung der Gesamt- dauer des Nystagmus auch auf der gesunden Seite. Bei der yon mir als Wiederkehr der Reaktion bezeichneten Form hingegen wird unter allm/~hlieher Ausgleiehung des beiderseitigen Nystagmus auch die Gesamt- dauer auf der kranken Seite wieder fast so groB wie vor der Erkrankung. Zur besseren Erl/~uterung will ich hier die bei 6 F/~llen (3 Labyrinthitiden und 3 Sch/~deltraumen) angestellten Beobachtungen w/~hrend der Aus- gleiehsvorggnge anffigen.

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insbesondere St6rungen der Innenohr funk t ion nach Sch~lelunfi~llen. 151

1. Robe r t St. E a c h dem T r a u m a N a c h n y s t a g m u s n. 1. 30 Sek. -- Nachnys t agmus n. r. O

3 Monate spi~ter . . . . . . 30 Sek. -- ,, . . . . 15 Sek. 7 . . . . . . . . . . 30 Sek. -- . . . . . . 25 Sek.

14 . . . . . . . . . . 30 Sek- -- , . . . . . 29 Sek.

I n diesem Falle hande l t es sich u m eine reine Wiederkehr der t~unktion des k ranken Labyr in thes . Der Anteil des zentralen Ausgleichs k o m m t hierbei gar nicht zum Ausdruck. Auch die kalorische Reakt ion auf der Krankhei tsse i te war naeh 2 J ah ren wieder fas t normal .

2. Max D. Nach dem T r a u m a N a c h n y s t a g m u s n. 1. 33 Sek. -- Nachnys t agmus n, r. O

4 Monate sparer . . . . . . 28 Sek, -- . . . . . . 6 Sek. 6 . . . . . . . . . . 21 Sek, -- . . . . . . 10 Sek.

13 . . . . . . . . . . . 19 Sek. - - . . . . . . 15 Sek.

:Es hanclelt sich hier u m ein Schulbeispiel reiner zentraler Kompensation. Die kalorische Reakt ion auf der Verletzungsseite kehr te n ieht wieder.

3. Willi G. Nach dem T r a u m a N a c h n y s t a g m u s n. 1. 9 Sek. -- Nachnys t agmus n. r. 31 Sek.

41/2 l~onate sparer . . . . . . 12 Sek. -- . . . . . . 31 Sek. 7 . . . . . . . . . . 15 S e k . - . . . . . . 27 Sek. 9 . . . . . . . . . . 15 Sek. -- . . . . . . 25 Sek.

13 . . . . . . . . . . 20 S e k . - . . . . . . 21 Sek.

Auch in 4iesem Falle hande l t es sich u m eine zentrale Kompensation. Die kalorische Reakt ion war auch hier nach Ablauf yon 2 J a h r e n nicht wiedergekehrt. Der naeh dem T r a u m a festgestellte, 9 Sek. dauernde Drehnaehnys t agmus nach links geht nicht vom linken, sondern vom reehten Ves t ibu la rappara t aus (ampullofugaler Reiz).

4. l~arta H. Nach der Labyrinthektomie

Nachnystagmus n.i. 7 Sek. --Nachnystagmus n. r. 39 Sek.

2 ]V[onate sp~ter. , . . . . . 12 Sek . . . . . . . 38 Sek.

3 . . . . . . . . . . 15 Sek. -- . . . . . . 36 Sek.

2 . . . . . . . . . . 18 Sek. -- . . . . . . 29 Sek.

5 . . . . . . . . . . 20 Sek. -- . . . . . . 23 Sek.

7 . . . . . . . . 21 Sek. -- . . . . . . 23 Sek.

Auch bier dfirfte es sich u m eine zentrale Kompe~sation gehandel t haben. I)er naeh der Operat ion gefundene, 7 Sek. dauernde Drehnys t agmus nach links geht veto gesunden Ohr aus. Die kalorisehe Reakt ion blieb auf der k ranken Seite v611ig erloschen.

Die F~lle 5 u n d 6, die diese Aufstel lung abschliel]en sollen, konn ten dureh Zufall vor der I rmenohre rkrankung , also vor dem Ausfall der Vest ibularfunkt ion gepriift werclen. Beide zeigten vorher normale kalorische Reakt ion u n 4 gleiehen Drehnachnys t agmus in beiden Richtungen .

5. Wilhelm O. Vor der E r k r a n k u n g N achnys t agm us n. 1. 32 Sek. - - Nachnys t agmus n. r. 30 Sek. W~hrend der Labyr in th i t i s . . . , . . . . . 5 Sek. -- , . . . . . 30 Sek. 1 IV[onat sparer . . , . . . . . 7 Sek, --- , . . . . . 31 Sek. 2 Monate . . . . . . . . . . 10 Sek . . . . . . . 22 Sek. 4 . . . . . . . . . . . . 16 Sek. -- . . . . . . 17 Sek.

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152 Johannes Koch: Studien fiber Ver~nderungen des GehSrorgans,

Auch dieser Fall ist ein Musterbeispiel ]~r reine zentrale Kompensation. Die Werte fiir den Drehnachnystagmus -- 16 und 17 Sek. -- ergeben zusammen an- n~hernd sovicl Sekunden wie der Drehnaehnystagmus zu einer Seite vet der Erkrankung (32 Sek.). Die kalorisehe Reak~ion blieb aueh in diesem Falle erloschen.

6. Karl B. Vet der Erkmnkung Nachnystagmus n. 1. 29 Sek. -- Nachnystagmus n. r. 32 W~hrend der Labyrin~hitis . . . , . . . . . 32 S e k . - . . . . . . O 3 Monate spgter . . . . . . 32 Sek. -- . . . . . . 5 Sek. 7 . . . . . . . . . . 32 Sek . . . . . . . 7 Sek.

14 . . . . . . . . . . 27 Sek. -- . . . . . . 10 Sek. 2 Jahre . . . . . . . . 24 S e k . - . . . . . . 22 Sek.

In cliesem Falle war 2 Jahre nach der Labyrinthitis auch die kalorisehe Reaktion wiedergekehr~, sie war allerdings noch e~was geringer als auf cler gesunden Seite. Die Zahlenverhg[tnisse beim Ausgleieh der Drehreak~ion zeigen, dal3 hier neben zentraler Komlgensation aueh eine Wiederkehr yon Fu~]ctio~sresten einge~reten sein mu8. Die Verkfirzung des Drehnachnystagmus auf der gesunden Seite ist die l%lge der zentralen Kompensation c[er ~ivht v61lig wiectergekehrten Funktion. (Vor der Erkrankung 29/32, naeh der Wiederherstellung 24/22.)

Anders verh~lt es sich n u n mit der ]calorischen Reaktion. Hier handel t es sich ja um eine einseitige, vom horizontalen Bogengang ausgehende Reaktion. Reine zentrale Kompensa t ion von Funkt ionsausf~l len ist daher undenkbar . Wenn also die nach dem Trauma bzw. nach der Labyr in th- entzf indung einseitig aufgehobene kalorische Reakt ion ganz odor auch nur in abgeminderter Form wiederkehrt, so k a n n es sich nur um ein Wiederaufleben yon Fun]ctionsresten handeln. Dementspreehend sehen wit sowohl bei unseren Labyrinthi t isfgl len als auch bei den t raumat ischen Erkrankungen , dab die Wiederkehr der kalorisehen Reakt ion stets mi t einer Wiederkehr der Drehreakt ion verbunden ist, w~hrend bei vSlligem Ausbleiben der Drehreakt ion odor bei rein zentraler Kompensa t ion die kalorische Reakt ion in der Regel erloschen bleibt.

In teressant war nun , dal3 ieh sowohl bei 10 Schgdel t raumen als aueh bei 2 Labyrinthi t isfgl len, die aueh nach Ablauf yon Jahren weder eine zentrale Kompensa t ion der Drehreakt ion noch eine Wiederkehr der kalorisehen Reakt ion zeigten (Gruppe: Drehreakt ion 0 geblieben kaloriseh 0 geblieben), f ibereinst immend finden konnte , dab auch kein galvanischer Nys tagmus zur Verletzungs- bzw. Krankhei tssei te auftrat . Dieser Befund und die Ansieht, die ich mir naeh meinen Erfahrungen bei Oktavusl~risen unct t t i r n t u m o r e n fiber das Fehlen der galvanischen Reakt ion gebildet habe, veranlaSt mich zu der Annahme, dab das Ausbleiben jeglicher Ausgleichserseheinungen bei Vestibularfunktions- s t6rungen nicht nu r vom Zus tand des peripheren Labyrinthes , sondern auch yon einer gleichzeitigen Seh~digung der zentralen Vestibular- abschni~te abh~ngt.

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insbesondere StSrungen der Innenohrfunktion nach Schi~delunf~llen. 153

Schluflfolgerungen fiir die gutachtliche Beurteilung yon Innenohrst~rungen nach Sch~ideltraumen.

An Hand unseres Materials habe ich zeigen k6nnen, dab nach Sch~del- t raumen H6rst6rungen jeder Art und jeder Schwere vorkommen k6nnen und dab fiir das Zustandekommen einer Taubheit keinesfalls eine Sch~del- basisffaktur oder gar eine Felsenbeinfraktm" erforderlich ist. Es genfigt vielmehr auch eine Gehirnerschtitterung ohne nachweisbare Verletzung des kn6chernen Sch~dels. Wichtig fiir die Entstehung schwerer Funk- tionsst6rungen ist nur, wie ich aus dem Studium der Unfallvorg~nge erkennen konnte, dab der Anprall auf den Sch~del in n~chster N~he des Geh6rorgans erfolgt. Nach diesen Effahrungen ist man deshalb keines- fails berechtigt, schwere H6rst6rungen yon dem Vorhandensein einer Basis- oder gar Felsenbeinfraktur abh~ngig zu machen und bei einfacher Gehirnerschiitterung Unfallzusammenh~nge abzulehnen. Ganz verfehlt ist es meines Erachtens, wie das Ulrich e3 rut, das Vorkommen yon Taubheit auch bei Felsenbeinl~ngsfraktur in Frage zu stellen und lediglich bei Felsenbeinquerffaktur anzuerkennen.

Wie ein yon uns histologisch untersuchter un4 ein kiirzlich yon Brock beschriebener Fall deutlich zeigen, kann es auch bei typischer L~ngsfraktur des Schl~fenbeins zu einer Verletzung des inneren Ohres kommen. Es bleibt ferner immer noch zu erw~gen, ob man nicht eine ganze Reihe yon Sch~delbasisfrakturen durch Unzul~nglichkeit der Untersuchungsmethoden nicht sichersteUen kann, so dab diese F/~lle klinisch als Gehirnerschiitterungen betrachtet werden, obwohl viel leicht ZerstSrungen im Felsenbein vorliegen.

Auch in den F~llen, bei denen es zu keiner Verletzung der Pyramide gekommen ist, kSnnen durch den vom Trauma ausgelSsten Liquordruck- stoB schwere Ver~nderungen der Sinnesendstellen ausgelSst werden. Wie Wittmaack 7s im Tierexperiment nachweisen konnte, fiihrt der kiinst- lich erzeugte LiquordruckstoB zu ZerstSrungen des Cortischen Organs und der Cortischen Membran. Wittmaack hat ferner an einem Beispiel zeigen kSnnen, daB eine einfache Schneeballverletzung des Ohres zu einer schweren Schi~digung im Schneckeninneren mit Cochlearnerven- degeneration ffihren kann. In ]~bereinstimmung mit den Wittmaackschen Befunden zeigt der yon uns histologisch untersuchte Fall ebenfalls, dab bei vSllig intakter Schneckenwandung das Cortische Organ erheblich ver~ndert sein kann.

Wittmaack hat nun experimentell nachweisen kSnnen - - un4 unsere klinischen Beobachtungen best~tigen das - - , dab der Cochlearapparat in~l allgemeinen gegen Sch~deltraumen empfindlicher ist als der Vestibular- apparat . Dennoch kommen aber auch im Gefolge yon Sch~deltraumen mit und ohne Ohrverletzung zahlreiche GleichgewichtsstSrungen vor, die allerdings in der Regel mit HSrstSrungen entsprechender Schwere verbunden sind.

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154 Johannes Koch: Studien fiber Ver/~nderungen des GchSrorgans,

Gar nicht selten kommt es, wie man aus dem Schrifttum ersehen kann, nach Sch~deltraumen zu einem isolierten Ausfall der kalorischen Reaktion bei erhaltener Drehreaktion. Wir beobachteten eine derartige StSrung bei 8 F/~llen. Da der Gleiehgewichtsapparat ja in erster Linie auf den ad/~quaten Drehreiz anzusprechen hat, und man aueh den Ausgleich einer VestibularstSrung nach dem beiderseits gleiehm/~Bigen Ausfall des Dreh- nachnystagmus zu beurteilen pflegt, so kSnnte man sich auf den Stand- punkt stellen, dab ein isolierter Ausfall der kalorisehen Reaktion keine wesentliche GleiehgewichtsstSrung und keine meBbare Erwerbsminderung hervorruft. Zur Entscheidung dieser Frage babe ich alle derartigen F/~lle auf dem Lagetisch untersucht und festgestellt, dab sieh stets eine Ver- schiebung der Vertikalemp]indung in der Frontalebene zur Verletzungsseite land. Auf Grund dieser mehrfach einwandfrei sichergestellten StSrung der Lageempfindung halte ich es fiir angebracht , auch bei isoliertem Aus]all der kalorischen Reaktion einer Seite eine Beeintrgchtigung der Erwerbs]~higkeit durch GleichgewichtsstSrungen anzuerkennen.

Isolierte Vestibularst6rungen nach Seh/ideltraumen sind selten. In den yon uns beobachteten F/~llen handelte es sieh ausnahmslos um Vestibulartonusdifferenzen, begleitet von verschiedenen vasoneurotischen StSrungen. Wir haben in diesen F/~llen angenommen, dab es sich um zentrale VestibularstSrungen handelt. Treten solche Vestibulartonus- differenzen ohne gleichzeitige H6rst5rung in direktem AnschluB an das Trauma auf, so muB man sie zwar als Unfallfolgen betrachten, man daft aber nicht unberfieksichtigt lassen, dab sicher eine disponierende konsti- tutionelle Schw/~ehe des Vasomotorensystems vorlag. Der Umstand, dab diese isoliert auftretenden Tonusdifferenzen nur bei gleichzeitig vorhan- denen vasomotorischen StOrungen anderer Art gefunden wurden, veran- laBt uns, diese Erscheinungen als Folgen einer durch das Trauma aus- gelSsten oder verschlimmerten Vasoneurose zu betraehten und dement- sprechend zu bewerten.

Treten diese Tonusdifferenzen, wie wir das verschiedentlich beobachten konnten, erst nach bereits erfolgtem Ausgleieh der dureh das Trauma ausgelSsten VestibularstSrungen in Erscheinung, so kann man wohl mit Recht die Frage nach dem Unfallzusammenhang verneinen und die Gew/~hrung einer Rente ablehnen. Es handelte sieh nach unseren Er- fahrungen auch in diesen F/~llen zweifelsohne um vasoneurotisehe StS- rungen, die vielleicht in einen gewissen Zusammenhang mit dem Unfall zu bringen sind. Den Hauptantei l an dem Zustandekommen dieser StSrungen dfirften aber die konstitutionell bedingten, schon vor dem Unfall vorhandenen abnormen Verh/~ltnisse des vegetativen Nerven- systems haben. Ich mSehte reich deshalb auf den Standpunkt stellen, in allen F/~llen, bei denen ein Ausgleich der traumatisch verursachten Vesti- bularstSrungen einwandfrei festgestellt wurde, und sp/~ter erst eine Tonus- differenz auftrat , die Gew/~hrung einer Un/allrente abzulehnen.

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insbesondere StSrungen der Innenohrfunktion nach Sch~delunf~llen. 155

Wir haben weiterhin gesehen, dab der Ausgleich der Vestibular- funktionsstSrungen in ganz verschiedener Weise erfolgt und nicht von der Schwere des Traumas, sondern vielmehr eher v o n d e r Konstitution des zentralen und vegetativen Nervensystems abh~ngt. Wenn Berberich a

i m Handbuch der Unfallheilkunde ausffihrt, dab bei peripheren Vesti- bularstSrungen spi~testens nach Ablauf von 2--3 Jahren eine Kompen- sierung durch das andere Labyrinth erfolgt, so kSnnen wir an zahlreichen Beispielen naehweisen, daI~ diese Behauptung nicht zutrifft. Man kann deshalb nicht ohne weiteres 2--3 Jahre nach dem Trauma jede Herab- setzung der Erwerbsf~higkeit durch GleichgewichtsstSrungen ablehnen. Wie wir an unserem Material gesehen haben, kSnnen auch nach 5 und mehr Jahren noch erhebliche StSrungen der experimentellen Vestibular- erregbarkeit und spontane Vestibularsymptome vorhanden sein, die die Klagen der Verletzten fiber Sehwindelerscheinungen rechtfertigen und je naeh Beruf eine nieht unerhebliche Herabsetzung der Erwerbsf~higkeit bedingen. Solange also noeh grSbere StSrungen der experimentellen Erregbarkeit oder gar noch Spontansymptome bestehen, muB unseres Erachtens bei traumatischen VestibularstSrungen eine unfallbedingte Erwerbsminderung anerkannt werden.

Eine Ausnahme bilden, wie bereits erw~hnt, nur die zentralen Vesti- bulartonusdifferenzen, die naeh unseren Erfahrungen als vasoneurotische Reaktionen aufzufassen sind, und die man zweckm~Bigerweise, wenn sie auch in irgend einem Zusammenhang mit dem Unfall stehen, auch im Interesse des Vcrletzten nicht mit einer Dauerrente, sondern hSchs~ens mit einer kleinen Abfindungssumme entsch~digt.

Zusammenfassung.

Aus dem Material unserer Klinik wurden 146 Sch~delverletzungen ausgew/~hlt, die fiber HSr- und GleichgewichtsstSrungen klagten und die im Verlaufe yon 4 und mehr Jahren in regelm/~13igen Absti~nden unter- sucht werden konnten. Mit diesen Untersuchungen wurde der Versuch unternommen, zur Frage der Entstehung yon InnenohrfunktionsstSrungen nach Schs ihrer Beurteilung und zur Frage der Wiederher- stellung der gestSrten Innenohrfunktion beizutragen. Es wurden

85 Sch~delbriiche mit nachweisbarer Schl/~fenbeinverletzung, 14 Sch~delbriiche ohne nachweisbare SchI~fenbeinverietzung, 47 Traumen des Sch/~dels ohne Sch~delfraktur (Commotio cerebri et labyrinthi)

untersucht. Bei Besprechung des Untersuchungsgangeskonnte darauf hingewiesen

werden, dab man bei den kalorischen Schwachreizprfifungen durch Anwendung k/~lteren oder heil~eren Wassers feinere Reaktionsunterschiede sichtbar machen kann, und dab die Anwendung der kalorischen Doppel- spfilung eine sichere Abgrenzung V0n einseitiger Unter- bzw. l~ber- erregbarkeit gegen eine Tonusdifferenz ermSglicht.

Arch iv f. Ohren-, Nasen- u. Kehlkopfhei lkunde. Bd. 137. 11

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156 Johannes Koch: Studien fiber Veri~nderungen des Geh6rorgans,

Die galvanische Untersuchung eignet sich zur Erkennung yon Tonus- differenzen und zur Aktivierung yon latentem Nystagmus. Ihre Durch- ffihrung empfiehlt sich ferner in solchen F/~llen, bei denen wegen Ohr- ver/~nderungen auf die kalorische Prfifung verzichtet werden muB. Da die bipolare Untersuchungsmethode zu demselben Endergebnis ffihrt wie die unipolare, so genfigt die Beobachtung des galvanischen Nystagmus naeh bipolarer Reizung.

Sehr zuverl/~ssig ist das Ergebnis der Lageempfindungsprfifung. Der Ausfall der Lagereaktionen zeigt einwandfrei an, ob eine periphere 0der eine zentrale St6rung vorliegt. Ferner konnte bei Untersuchung yon Kollegen festgestellt werden, dab man Lageempfindungsst6rungen nicht vortiiuschen kann. Der Untersuchung auf dem Lagetisch ist daher besonders f/it die Erkennung yon Hysterie oder Simulation groBer Wert beizumessen.

Von Muck und seinen Schfilern wird dem Muclcschen Adrenalin- sondenversuch ffir die Beurteilung yon Sch/~delverletzten groBe Bedeutung zugesprochen. In ~bereinstimmung mit zahlreichen im Schrifttum befindlichen Mitteilungen kann ich auf Grund eigener Erfahrungen sagen, dab der Adrenalinsondenversuch Muck nicht als ein sicheres Zeichen liar Hirnschddigung, wohl aber als ein Zeichen gest6rter Vasomotoren/un]ction aufgefaBt werden kann. Er ist meines Eraehtens nach wichtig als Hilfs- mittel bei der Prfifung des Vasomotorensystems, aber keinesfaUs aus- sehlaggebend ffir die Beurteilung der Schwere einer Sch/~delverletzung und ffir die Rentenfestsetzung.

Bei 85 Schl/~fenbeinverletzungen wurde 47mal eine sekund/~re Mittel- ohrinfektion beobachtet. 26 solcher Fi~lle heilten unter konservativer Behandlung ab, 8 gingen in eine chronische Mittelohrentzfindung fiber und 13 mul~ten wegen Fortschreitens der Mittelohrinfektion im Warzen- fortsatzgebiet oder wegen Meningitis operiert werden. Bei der Mehrzahl der F/~lle genfigte die Antrotomie, eine Labyrinthektomie muBte nur einmal vorgenommen werden. Die Indikation zur Operation wurde unter ann/~hernd denselben Gesichtspunkten wie bei der gew6hnlichen akuten Mittelohrentziindung gestellt. Man kann aus diesen Beobachtungen schlieBen, dab die Gefahr der sekund~ren Mittelohrentzfindung bei Schli~fenbeinverletzungen nicht fibersch/~tzt werden daft, und dab man in der Regel bei erforderlich gewordener Operation mit dem kleinsten Eingriff, der Antrot0mie, auskommt. Die Tatsache aber, dal] nach dem hier vorliegenden Material bei mehr als 50% aller Schl/~fenbeinver- letzungen sekund/~re Mittelohrentzfindungen vorkommen, sollte der AniaB sein, jeden Sch/~delbruch mit Ohrbeteiligung in otologische Behandlung zu fiberffihren.

St6rungen der Coehlearfunktion nach dem Sch/~deltrauma fanden sieh bei 136 F/~llen. Es wurde durch sorgf/~ltige Untersuchui~g

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insbesondere St6rungen der Innenohrfunktion naeh Seh/~delunf/~llen. 157

30mal einseitige Taubheit, 33mal Mittelohrschwerh6rigkeit, 37mal InnenohrschwerhSrigkeit, 36mal kombinierte SchwerhSrigkeit

festgestellt. Die MittelohrschwerhSrigkeit land sich fast ausschlieBlieh bei den

F/~llen mit Verletzungen des Mittelohres bzw. Warzenfortsatzes. Sie ist also hier als Folge der Verletzungen des Trommelfells, der Pauke, der Blutungen in die Pauke und die Zellen des Warzenfortsatzes, sowie der eventuell aufgetretenen sekund~ren Mittelohrentzfindung zu betraehten, nicht aber als Ausdruck lymphokinetischer Innenohrerkrankung im Sinne Ruttins. Die InnenohrschwerhSrigkeiten, kombinierten SchwerhSrigkeiten und die Taubheiten verteilen sich ziemlich gleichm~Big auf alle Verletzungs- arten. Die Taubheit kommt keinesfalls nur bei der Labyrinthfraktur (Querfraktur) vor, sie ist auch nicht an das Vorhandensein einer Sch/~del- basisfraktur gebunden, sondern kann auch naeh einfacher Erschfitterung des Sch/~delinhalts auftreten.

StSrungen der Vestibularfunktion ergaben sich bei 72 F~llen: 30mal fand sich Unerregbarkeit fiir Dreh- und kalorischen Reiz, 26mal . . . . Untererregbarkeit . . . . . . . . . . 3real . . . . ~bererregbarkeit . . . . . . . . . . 8mal . . . . kalorisch6 Unerregbarkeit bei erhaltener Drehreaktion, 5mal . . . . ~berwiegen des Vestibulartonus zur Verletzungsseite.

Bei 69 F/~llen waren die objektiv nachweisbaren VestibularstSrungen auch mit krankhaften Erscheinungen yon seiten des Cochlearapparates verbunden, bei 3 F/~llen waren die Vest ibularsymptome isoliert auf- getreten (Tonusdifferenzen).

Auch die VestibularstSrungen vertei len sich gleichm~Big fiber alle Verletzungsgruppen, und es kann aus der Verletzungsart kein SchluB auf das Zustandekommen einer bestimmten VestibularstSrung gezogen werden.

Die Entstehung der traumatischen InnenohrfunktionsstSrungen erkl/~rt sich zum Teil durch anatomisch naehweisbare L/~sionen des Labyrinthes oder des Nervenstammes und nachfolgende Degenerationserscheinungen. Fehlen grSbere Ver/~nderungen am Labyrinth oder Nervenstamm, so 1/~]t sich das Zustandekommen der FunktionsstSrungen zwanglos durch die yon Wittmaaclc aufgestellte LiquordruckstoBtheorie erkls Naeh dem Ergebnis der Wittmaaclcschen Untersuchungen, die durch unsere klinischen Beobachtungen best~tigt wurden, ist der Cochlearapparat vulnerabler als der Vestibularapparat. Die Schwere der StSrung richter sich, wie Wittma, aclc behauptet und auch Ulrich anerkennt, danach, ob der Anprall auf den Sch/~del nahe oder welt weg vom Ohr erfolgt. An Hand der Aufzeichnungen fiber die Unfallvorg/~nge und an Hand der bestehenden Verletzungen kann ich auch bei unserem Material feststellen, da3 bei allen sehweren Innenohrfunktionsst6rungen der Anprall von hinten oder yon hinten seitlich in n~ehster N/~he des Warzenfortsatzes erfolgte.

11"

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158 Johannes Koch: Studien tiber Ver~nderungen des Geh6rorgans,

Wie bei Oktavuskrisen und ttirnerkrankungen, so konnte auch im Gefolge yon Sch/ideltraumen das sofortige oder sp~tere Auftreten yon Vestibulartonusdifferenzen beobachtet werden. Diese yon mir als zentrale StSrungen der Vestibularfunktion gedeuteten Erscheinungen sind in der Regel mit einer abnormen Reaktion des Gefs ver- bunden und beruhen h6chstwahrscheinlich auf vasomotorisehen St6rungen in den zentralen Vestibularabsehnitten, die dureh das Trauma ausgel5st wurden. Fiir das Zustandekommen soleher St6rungen wirkt auch sicher noch eine bereits vorhandene, konstitutionelle Vasomotorenschw~ehe begtinstigend mit.

Der Ausgleich der Vestibularfunktionsst6rungen, insbesondere der v611ig aufgehobenen kalorisehen und rotatorisehen Erregbarkeit erfolgt in versehiedener Weise und auch zeitlich verschieden. Man kann zwischen zentraler Kompensation einseitig ausgefallener Dreherregbarkeit und peri- pherer Wiederherstellung bzw. zentraler Kompensation plus Wiederher- stellung peripherer Funktionsreste unterseheiden. Zeigt die fortlaufende Beobaehtung, dab die beiderseitige Dreherregbarkeit nieht nur gleich wird, sondern dab auch die Dauer des Nachnystagmus auf der Verletzungs- seite allm~hlich wieder ann~hernd normal wird, so sind auf jeden Fall Wiederherstellungsvorg~nge im peripheren Endorgan vorhanden. In diesen F~llen ist dann auch in der Regel eine Wiederherstellung der kalorischen Reaktion auf der Verletzungsseite zu erwarten, ws bei rein zentraler Kompensation der Dreherregbarkeit die kalorisehe Reaktion auf der Verletzungsseite bei unseren F~llen erloschen blieb.

Die Dauer des Ausgleiehs der gest5rten Vestibularfunktion ist grund- versehieden. Der Ausgleieh braucht aueh iiberhaupt nicht zu erfolgen. Vergleichsuntersuchungen bei Innenohraussehaltung naeh Labyrinthitis und Labyrinthektomie fiihrten zu denselben Ergebnissen wie die Beob- aehtungen bei traumatischen Veranderungen. Dem Trauma scheint also beztiglich der Art und Dauer der Ausgleiehsvorgs keine wesentliehe Bedeutung zuzukommen. Fand sich auch noch naeh Ablauf vieler Jahre ein v611iges Ausbleiben der kalorischen und rotatorischen Reaktion, so konnte sowohl bei traumatischen als auch bei entziindlichen St6rungen ein Fehlen der galvanischen Reaktion zur Krankheitsseite beobachtet werden. Es diirften also wahrscheinlich in diesen Fi~llen auch zentrale St6rungen am Werke sein. MaI~gebend ffir die Art und die Dauer des Ausgleichs der gest6rten Gleichgewichtsfunktion ist, wie Unterberger bereits fest- stellen konnte, h6chstwahrscheinlich die Konstitution des Betroffenen.

Unsere Beobachtungen fiihren uns in ~bereinstimmung mit Wittmaavk zu der Erkenntnis, dad man das Vorhandensein schwerer Innenohr- funktionsst6rungen nicht yon einer Schi~delbasisfraktur abh~ngig machen kann und dab man demnach nicht berechtigt ist, bei Gehirnerschfitterungen den Zusammenhang zwisehen Trauma und schweren Innenohrsehgdi- gungen abzulehnen. Bezfiglich der verh~l~nisms h~ufig gefundenen

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insbesondere StSrungen der Innenohrfunktion nach Sch/~delunfallen. 159

V e s t i b u l a r t o n u s d i f f e r e n z e n s ind wi r de r ~ b e r z e u g u n g , dab bei de ren E n t s t e h u n g v o r a l l e m v a s o n e u r o t i s c h e S t S r u n g e n m i t w i r k e n . W i r h a l t e n desha lb e ine l%entengew~hrung n u t in den F~ l l en ffir a n g e b r a c h t , bei d e n e n die E n t s t e h u n g dieser V e s t i b u l a r s t S r u n g im d i r e k t e n AnschluI3 an das T r a u m a e i n w a n d f r e i s i c h e r g e s t e l l t w e r d e n konn t e .

D e r i so l ier te Aus fa l l de r ka lo r i s chen R e a k t i o n bei e r h a l t e n e r Dreh- r e a k t i o n w a r n a c h d e m E r g e b n i s de r U n t e r s u c h u n g e n s te t s m i t dense lben S t S r u n g e n der L a g e e m p f i n d u n g v e r b u n d e n , wie die volls t i~ndige pe r iphe re V e s t i b u l a r u n e r r e g b a r k e i t . W i r h a l t e n desha lb auch in so lchen F ~ l l e n die A n e r k e n n u n g e iner E r w e r b s m i n d e r u n g du rch G le i chgewich t s s tS rungen ffir angeze ig t .

D a de r Ausg le i ch de r V e s t i b u l a r f u n k t i o n s s t S r u n g e n in e iner groBen Z a h l de r F~ l l e ke ineswegs , wie b i sher a n g e n o m m e n wurde , i m Ver l au f y o n 2 - - 3 J a h r e n erfolgt , so k a n n m a n n a c h A b l a u f dieser F r i s t n i ch t e t w a eine E r w e r b s m i n d e r u n g d u r c h G le i chgewich t s s tS rungen ab lehnen .

S ind v i e l m e h r b e i v o r h a n d e n e n K l a g e n des V e r l e t z t e n f iber Gleich- g e w i c h t s s t S r u n g e n n o c h wesen t l i che V e r ~ n d e r u n g e n der e x p e r i m e n t e l l e n E r r e g b a r k e i t , e v e n t u e l l n o c h K o p f s c h f i t t e l n y s t a g m u s ode r ga r Spon tan - s y m p t o m e fes t s te l lba r , so muB, auch w e n n m e h r als 3 J a h r e n a e h d e m U n f a l l ve r f lossen sind, e ine E r w e r b s m i n d e r u n g du rch Gle iehgewich ts - s tS rung a n e r k a n n t werden .

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Fach- und Personalnachrichten. Der Vors tand der Gesellschaft deutscher Hals-, Nasen- und Ohren~irzte ha t seine

Mitglieder Obermedizinalrat Pro:[. Dr. R. Ho/fmann, den frfiheren Direktor der Hals- , Nasen- u n d Ohrenklinik des S tad tkrankenhauses J o h a n n s t a d t , Obermedi- zinalrat Saniti~tsrat Dr. Mann, vormals Direktor 4er Hats-, Nasen- u n d Ohrenklinik des S tad tk rankenhauses Fr iedr ichs tad t u n d S~nit~tsrat Dr. R. Panse, Direktor der t tals-, Nasen- und Ohrenklinik des Diakonissenkrankenhauses in Anerkennung ihrer wissenschaftl ichen Verdienste zu Ehrenmitgliedern ernannt .

Dem Prof. Dr. B. Gompcrz, Vors tan4 des Ohrenambula to r iums 4es I. 5ffent- lichen Kinderkranken ins t i tu t s in Wien wurde das goldene Ehrenzeichen fiir Verdienste u m die Republ ik verliehen.

Prof. Dr. H. Neumann und Prof. M. Hajek, Wien wurden yon der Societas Otolaryngologica Hungarica in Budapes t zu Ehrenmitgl iedern gew~hlt.