16

TASPO Online · tenbausektor im Informationszeitalter angekommen ist. Dazu zwingt der harte internationale Wettbewerb ebenso wie die mitunter widersprüchlichen Anforderungen durch

  • Upload
    others

  • View
    2

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: TASPO Online · tenbausektor im Informationszeitalter angekommen ist. Dazu zwingt der harte internationale Wettbewerb ebenso wie die mitunter widersprüchlichen Anforderungen durch

Der Gartenbau 2020Den Wandel gestalten

Positionspapier

Deutsche Gartenbauwissenschaftliche Gesellschaft e.V. - DGG

German Society for Horticultural Science

Page 2: TASPO Online · tenbausektor im Informationszeitalter angekommen ist. Dazu zwingt der harte internationale Wettbewerb ebenso wie die mitunter widersprüchlichen Anforderungen durch

Deutsche Gartenbauwissenschaftliche Gesellschaft - DGG

Impressum

Der Gartenbau 2020 - Den Wandel gestalten - Positionspapier (Titel)© 2009 Deutsche Gartenbauwissenschaftliche Gesellschaft e.V. - DGGHannover, Deutschlandwww.gartenbauwissenschaft.org1. Auflage 2009

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlichgeschützt.Vervielfältigung ist ausdrücklich erwünscht, so lange die Abgabeder gedruckten Broschüren unentgeltlich erfolgt und keinerleiÄnderungen erfolgen.Bei Vervielfältigung wird um entsprechende Mitteilung ge-beten.Die Veröffentlichung aller Angaben erfolgt trotz sorgfältigerBearbeitung ohne Gewähr. Für Fehler und Unrichtigkeitenkann kein Schadenersatz geleistet werden.

Redaktioneller Teil:Vorstand der DGG unter Federführung von Prof. Dr. W. BokelmannLayout und Umschlaggestaltung:Prof. Dr. D. Reymann

Page 3: TASPO Online · tenbausektor im Informationszeitalter angekommen ist. Dazu zwingt der harte internationale Wettbewerb ebenso wie die mitunter widersprüchlichen Anforderungen durch

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung 1

2 Die wirtschaftliche Bedeutung des Gartenbausektors 1

2.1 Produktionswert und Arbeitsplätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2

2.2 Die Rolle des Gartenbaus in Wertschöpfungsketten . . . . . . . . . . . . . . . . . 2

2.3 Beitrag zur Einkommenssicherung im ländlichen Raum . . . . . . . . . . . . . . . 3

3 Leistungen des Gartenbaus für Umwelt und Gesellschaft 4

3.1 Nahrungsmittelsicherheit und Qualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

3.2 Ökologische und soziale Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

3.3 Wohlbefinden/Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

4 Herausforderungen für die Forschung 6

4.1 Qualität und Sicherheit der Nahrungsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

4.2 Klimawandel und Ressourcenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

4.3 Internationale Wettbewerbsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

5 Anforderungen an die Forschung 9

5.1 Besonderheiten des Gartenbaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

5.2 Gartenbauforschung in einer systemwissenschaftlichen Perspektive . . . . . . . . 9

6 Ausbildung 10

Page 4: TASPO Online · tenbausektor im Informationszeitalter angekommen ist. Dazu zwingt der harte internationale Wettbewerb ebenso wie die mitunter widersprüchlichen Anforderungen durch
Page 5: TASPO Online · tenbausektor im Informationszeitalter angekommen ist. Dazu zwingt der harte internationale Wettbewerb ebenso wie die mitunter widersprüchlichen Anforderungen durch

1 Einleitung

Gartenbauliche Produkte und Dienstleistungen sind selbstverständliche Bestandteile unseres Le-bens. Die Erzeugung und Vermarktung dieser Leistungen erfolgt in Deutschland überwiegend inkleinen und mittelgroßen Produktions-, Handels- und Dienstleistungsbetrieben. GartenbaulicheProdukte dienen nicht nur der Ernährung; die hohe Wertschätzung des Gartenbaus in der Gesell-schaft wird auch dadurch dokumentiert, dass nahezu jeder zweite Haushalt in Deutschland eineneigenen oder gepachteten Garten nutzt. Die rasche wirtschaftliche Entwicklung, eine zunehmendegesellschaftliche Arbeitsteilung, wachsende internationale Märkte, globale Umweltprobleme undeine rasch voranschreitende Urbanisierung erfordern heute eine Neubewertung der verschiede-nen gartenbaulichen Leistungsangebote, die sowohl von Unternehmen des Sektors als auch vonPrivatpersonen erbracht werden.

Konzentrierte sich das Interesse in der Nachkriegszeit zunächst auf die Nahrungsmittelpro-duktion, das heißt auf eine ausreichende Versorgung mit qualitativ hochwertigen und gesundenNahrungsmitteln, so trafen mit steigendem Wohlstand auch andere Leistungen des Gartenbausauf wachsende Nachfrage. Die Tatsache, dass beispielsweise Zierpflanzen über alle gesellschaftli-chen Gruppierungen und Altersstufen hinweg sowie nahezu unabhängig von der konjunkturellenEntwicklung gekauft werden, belegt, dass diese Produkte als Güter des täglichen Bedarfs und alsnotwendig für unser Wohlbefinden betrachtet werden. Die Wertschätzung von Gartenbauproduk-ten durch die Gesellschaft zeigt sich auch darin, dass die Produkte und Dienstleistungen - mandenke an die Wohn- und Arbeitsplatzumgebung, ausgedehnte Parkanlagen, die Friedhofskultursowie die Bedeutung von Zierpflanzen als Geschenk - feste Bestandteile auch unseres kulturellenund unseres Arbeitslebens sind. Buchstäblich nicht mehr wegzudenken sind Pflanzen aus unserenStädten. Ihr Beitrag zur Lebensqualität und gesunden psychischen Entwicklung ist unbestritten,lässt sich aber nur schwer in Mark und Pfennig ausdrücken. Ebenso wie die Landwirtschaft erfülltder Gartenbau eine Vielzahl von Funktionen, die nur teilweise vom Markt honoriert werden.

Die Bedeutung des Sektors allein unter ökonomischen Gesichtspunkten zu betrachten, würdealso nur einen verkürzten Ausschnitt der vielen wirtschaftlichen, ökologischen, gesundheitlichen,sozialen, kulturellen und ästhetischen Funktionen beleuchten, die vom Gartenbausektor erbrachtwerden. Diese bisher vornehmlich nationale Perspektive spiegelt nur unzureichend wider, welcheBedeutung der Gartenbau international - speziell in Entwicklungsländern - hat. Ernährungs-sicherung, der Entwicklungsbeitrag durch Exportproduktion sowie Fragen der ländlichen undstädtischen Entwicklung haben in diesem Kontext eine herausragende Bedeutung. Auch in die-sen Themenfeldern liegt eine wesentliche Verantwortung und ein Aufgabenfeld für zukünftigegartenbauliche Forschung.

2 Die wirtschaftliche Bedeutung des Gartenbausektors

Vielfach werden mit dem Begriff Gartenbau traditionelle und klischeehafte Vorstellungen ver-bunden. Es handelt sich um einen dynamischen Sektor mit einem vielfältigen Angebot (sieheAbbildung 2.1). Bei genauerer Betrachtung kann man ohne Übertreibung sagen, dass der Gar-tenbausektor im Informationszeitalter angekommen ist. Dazu zwingt der harte internationaleWettbewerb ebenso wie die mitunter widersprüchlichen Anforderungen durch Politik und Ge-sellschaft an die Unternehmen des Sektors. Sie bewegen sich zwischen Forderungen nach einernachhaltigen Produktion gesunder Lebensmittel und denen nach Extensivierung und Rückgriffauf traditionelle Verfahren. Für Entscheidungsträger des Sektors geht es heute darum, sich mitden veränderten gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Gegebenheiten innovativ und kreativ aus-einanderzusetzen. Um den veränderten Anforderungen gerecht werden zu können, bedarf es einerleistungsfähigen Forschung.

1

Page 6: TASPO Online · tenbausektor im Informationszeitalter angekommen ist. Dazu zwingt der harte internationale Wettbewerb ebenso wie die mitunter widersprüchlichen Anforderungen durch

2 Die wirtschaftliche Bedeutung des Gartenbausektors

����������������

���� ������

�������������

������

�������

�������

���

������

�����

���

�����������

�����������������

������������

��� �������

�������������

�������������

�����

��!���

∀�����������������������

������ �����

������

���

Abbildung 1: Zahl der in der Landwirtschaftsstatistik erfassten Unternehmen des Gartenbaus,deren Flächenausstattung sowie die dort beschäftigten Arbeitskräfte(Statistisches Bundesamt, Gartenbauerhebung 2005: die ausgewiesenen Arbeits-

kräfte sind zu ergänzen um solche, die zwar gartenbauliche Leistungen erzeugen, aber

in anderen gewerblichen Sektoren tätig sind (Kommunen, Baumärkte, Facheinzelhandel

u.a.))

2.1 Produktionswert und Arbeitsplätze

Der Gartenbau hat es in den letzten beiden Jahrzehnten geschafft, seine Bedeutung innerhalbdes landwirtschaftlichen Sektors kontinuierlich auszubauen (siehe Abbildung 2). Das hat zumeinen damit zu tun, dass mit zunehmendem Wohlstand und gleichzeitig abnehmenden körper-lichen Anforderungen im Arbeitsleben Obst und Gemüse einen immer größeren Stellenwert fürunsere Ernährung bekommen haben. ExpertenInnen weisen darauf hin, dass für eine gesunde Er-nährung der Bevölkerung der Anteil von Frischeprodukten in unserem Speiseplan erhöht werdenmuss. Die ebenfalls kontinuierlich wachsende Nachfrage nach Zierpflanzen dokumentiert derenBedeutung für das Wohlbefinden. Insbesondere in einer zunehmend technisierten Umwelt fun-gieren Zierpflanzen als Bindeglied zur Natur und tragen durch ihre Vielfalt und ihren Wandelerheblich zur Qualität von Lebensräumen bei. Die wachsende Bedeutung hat aber auch mit ei-ner zunehmenden Inanspruchnahme von Dienstleistungen durch Unternehmen, Kommunen undPrivatverbraucher zu tun.

Der Stellenwert gartenbaulicher Dienstleistungssparten hat sich in den vergangenen Jahrzehn-ten deutlich erhöht. Das spiegelt sich zum einen in den wachsenden Arbeitskraftzahlen wider.Schwieriger zu bestimmen, aber doch offensichtlich, ist der Dienstleistungsanteil, der unmittelbarmit den Produkten verbunden ist. Leicht erkennbar sind solche ’eingebauten’ Dienstleistungenbeispielsweise in so genannten Convenienceprodukten, die eine schnelle und bequeme Zubereitungvon Mahlzeiten erlauben und derzeit ein großes Marktwachstum aufweisen.

2.2 Die Rolle des Gartenbaus in Wertschöpfungsketten

Der gartenbauliche Sektor tritt als Abnehmer von Verbrauchs- und Investitionsgütern auf undleistet damit für die Unternehmen des Vorleistungsbereiches einen Beitrag zur wirtschaftlichen

2

Page 7: TASPO Online · tenbausektor im Informationszeitalter angekommen ist. Dazu zwingt der harte internationale Wettbewerb ebenso wie die mitunter widersprüchlichen Anforderungen durch

2.3 Beitrag zur Einkommenssicherung im ländlichen Raum

Abbildung 2: Anteil des gartenbaulichen Produktionswertes am Produktionswert des landwirt-schaftlichen Sektors (einschl. Gartenbau)

Entwicklung. Als Lieferant von Rohstoffen und Halbfertigwaren gehen seine Produkte auch in dieVerarbeitung ein. Um diese Verflechtungen aufzuzeigen, wird in der Landwirtschaft der BegriffAgribusiness verwendet. Die Tatsache, dass der Ernährungssektor eine der volkswirtschaftlichgrößten Branchen in Deutschland ist, deutet den Stellenwert an, den auch vorgelagerte Berei-che, wie Gartenbau und Landwirtschaft, für den Umsatz und Markterfolg weiterverarbeiteterProdukte haben.

Gegenüber den forschungs- und entwicklungsintensiven Unternehmen des Sektors, wie denPflanzenzüchtungs- und Jungpflanzenunternehmen, tritt der gartenbauliche Produktionssektorals anspruchsvoller und verbraucherorientierter Abnehmer auf. Er trägt dazu bei, dass, die inder Regel mittelständischen Züchtungsunternehmen auch auf internationalen Märkten erfolgreichsind und einen wesentlichen Teil ihrer Umsätze durch den Export ihrer Produkte erzielen.

2.3 Beitrag zur Einkommenssicherung im ländlichen Raum

Das Thema Ernährungssicherheit steht in Deutschland wie auch in den meisten entwickelten Län-dern aufgrund des immensen Produktivitätszuwachses der vergangenen Jahrzehnte nicht mehrganz oben auf der Agenda der gesellschaftlichen Tagesordnung. Dadurch gerät etwas aus demBlick, dass gartenbauliche Produkte und Dienstleistungen in vielen Entwicklungsländern - be-sonders in und um größere Städte - eine herausragende Bedeutung für das Überleben vielerMenschen besitzen. 2006 war die städtische Bevölkerung erstmals größer als die der Landbe-völkerung. Die damit verbundenen Versorgungs- und Umweltprobleme spiegeln sich nur wenigin der hiesigen Diskussion wider, stehen aber ganz oben auf der Prioritätenliste internationalerEntwicklungshilfeorganisationen.1

Auch in Deutschland findet die Produktion gartenbaulicher Erzeugnisse überwiegend in klei-nen und mittleren Betrieben statt und sichert damit vielen Gärtnerfamilien und beschäftigtenMitarbeitern ihr Einkommen. Durch die fortschreitende räumliche Konzentration der Produktionnimmt tendenziell auch die Bedeutung für die Entwicklung einzelner Regionen zu.

1) vgl. ausführlich Global Horticultural Initiative, Strategic Plan, Version 3, May 2007

3

Page 8: TASPO Online · tenbausektor im Informationszeitalter angekommen ist. Dazu zwingt der harte internationale Wettbewerb ebenso wie die mitunter widersprüchlichen Anforderungen durch

3 Leistungen des Gartenbaus für Umwelt und Gesellschaft

Abbildung 3: Entwicklung der Produktionswerte in verschiedenen Sparten des Gartenbaus

3 Leistungen des Gartenbaus für Umwelt und Gesellschaft

Der gartenbauliche Sektor ist einerseits den veränderten Umweltbedingungen ausgesetzt, trägtauf der anderen Seite durch seine Produktion zwangsläufig auch zum Ressourcenverbrauch undzur Belastung der Umwelt bei. Grundsätzlich muss sich der Gartenbausektor ebenso wie ande-re Wirtschaftszweige den veränderten gesellschaftlichen Anforderungen stellen. Das heißt zumeinen, die Umweltbelastung durch gartenbauliche Produktions- und Absatzsysteme möglichstgering zu halten und auf der anderen Seite einen aktiven Beitrag für eine an die menschlichenBedürfnisse angepasste Umwelt zu leisten. Entsprechend dieser Herausforderungen werden sichdie Aufgabenfelder der Gartenbauwissenschaften erheblich verbreitern. So wird z. B. in Zukunftdie effiziente Nutzung der Ressource Wasser auch im Gartenbau eine herausragende Bedeutunghaben.

3.1 Nahrungsmittelsicherheit und Qualität

Trotz einer immer wieder beklagten Überproduktion hat auch unter europäischen Bedingungendie Produktionsfrage aktuell wieder einen hohen Stellenwert erlangt. Mit der Herausbildung zu-nehmend differenzierter Wertschöpfungsketten, einem wachsenden internationalen Wettbewerb,zunehmender Konzentration auf Einzelhandelsebene und wachsenden Ansprüchen von Verbrau-chern und Gesellschaft erlangt das Thema Nahrungsmittelsicherheit und Qualität mittlerweileeine herausgehobene Bedeutung. Dabei unterliegt auch der Qualitätsbegriff einem deutlichenWandel. Sowohl die Eigenschaften der Produkte als auch die Art und Weise der Produktion(Prozessqualität) werden heute selbstverständlich im Rahmen eines integrierten Qualitätsbegrif-fes als wesentliche Merkmale von gartenbaulichen Leistungen betrachtet. Daraus ergeben sichganz neue Herausforderungen: Wie lassen sich komplexe und arbeitsteilige Lieferketten so orga-nisieren, dass Sicherheit, Gesundheit und Qualität für den Konsumenten gewährleistet werdenkönnen. In diese Überlegungen sind viele Akteure einzubeziehen. Es handelt sich aber um einProblem, zu dessen Lösung nicht allein technisches oder ökonomisches Wissen ausreicht. Vielmehrist interdisziplinäre Zusammenarbeit auf der Suche nach tragfähigen Lösungen notwendig.

4

Page 9: TASPO Online · tenbausektor im Informationszeitalter angekommen ist. Dazu zwingt der harte internationale Wettbewerb ebenso wie die mitunter widersprüchlichen Anforderungen durch

3.2 Ökologische und soziale Funktion

3.2 Ökologische und soziale Funktion

Gartenbauliche Leistungen prägen in vielfälti-ger Weise das Bild heutiger Kulturlandschaf-ten. Sie erfüllen darin verschiedene Funktio-nen und tragen mit zur Landschaftsdiversi-tät bei. Eine abwechslungsreiche Landschaftbraucht Bäume und Sträucher, Felder und He-cken. Wurden diese über Jahre eher als Hin-dernisse für eine wettbewerbsfähige Landwirt-schaft betrachtet, so ist deren Funktion heuteals Windschutz, bei der Schaffung eines güns-tigen Kleinklimas und die Verhinderung vonErosionen ebenso sowie der Wert der mit demStraßenbau verbundenen Begrünungen aner-kannt.

Noch markanter erscheint die Rolle gar-tenbaulicher Leistungen in modernen Städ-ten. Dies wird auch dadurch dokumentiert,dass die Vereinten Nationen 2005 ihren Welt-Umwelttag den ’Grünen Städten’ gewidmet haben. Mehr als 50 der größten Städte weltweit habensich dazu verpflichtet, eine ökologisch nachhaltige, ökonomisch und sozial gerechte Zukunft fürihre Bewohner zu schaffen.

Häuser und Straßen wirken wie ein Wärmespeicher und führen zu einem erheblichen Tempe-raturanstieg in der Stadt. Gleichzeitig ist der Feuchtigkeitsaustausch weitgehend unterbunden.Hier wirkt Stadtgrün puffernd; es mindert die Sonneneinstrahlung, erhöht durch Verdunstungdie Luftfeuchtigkeit und trägt insgesamt zu einer deutlichen Temperaturreduktion und damiteinem angenehmeren Stadtklima bei. Darüber hinaus wird Feinstaub gebunden und der Luft-austausch mit dem Umland gefördert. Erheblich ist auch der Beitrag des Stadtgrüns zur Lärm-minderung in den Städten. Um solche Effekte auch im kleineren Maßstab zu erhalten, werdenzunehmend Dächer und Wände begrünt. Nicht unterschätzt werden sollten diese Pflanzungenauch als Lebensraum für Vögel und Insekten. Mit diesen vielfältigen Funktionen aber auch mitder Bedeutung für das psychische Wohlbefinden der Stadtbewohner bildet das Stadtgrün einenwesentlichen Faktor im Wettbewerb um Unternehmen und Einwohner. Planung, Gestaltung undPflege von Gärten und Kulturlandschaften und Erholungsräumen kommt daher auch zukünftigein wachsender Stellenwert zu. Mehr denn je wird es hier darauf ankommen, ein integriertes Wis-sensangebot zur Verfügung zu stellen, das sowohl wirtschaftliche, sozialwissenschaftliche, ästhe-tische und ökologische Anforderungen berücksichtigt. Möglicherweise wird auch hier zunehmendeine ’Wertschöpfungsbetrachtung’ notwendig sein, um z. B. schon bei der Anzucht von Gehölzenauf die späteren Verwendungsanforderungen Rücksicht nehmen zu können.

3.3 Wohlbefinden/Therapie

Untersuchungen in Japan und den USA beschäftigen sich seit Jahren mit der therapeutischenWirkung von Blumen und Pflanzen. Ganz allgemein führt der Anblick von grünen Pflanzen schonnach kurzer Zeit zu einem deutlichen Stressabbau, Patienten erholen sich deutlich schneller nachOperationen, der Anblick von Grün hat eine entspannende Wirkung, schwierige Situationen wer-den als weniger belastend empfunden. Innenraumbegrünung mit Zierpflanzen wirkt sich positivauf Raumklima und Luftqualität aus.

Auf vielfältige Motive lässt sich auch zurückführen, dass Gartenarbeit für viele Bundesbürgerdie beliebteste Freizeitbeschäftigung ist. Parks und Gärten sind wichtige Plätze für soziale In-teraktion und üben damit eine stabilisierende Funktion in sozialen Systemen aus. Nicht zuletztbieten sie das Potenzial, Kinder und Jugendliche mit Zusammenhängen der Natur vertraut zumachen, Verantwortung zu übernehmen - beispielsweise im Rahmen von Schulgarten-Projekten

5

Page 10: TASPO Online · tenbausektor im Informationszeitalter angekommen ist. Dazu zwingt der harte internationale Wettbewerb ebenso wie die mitunter widersprüchlichen Anforderungen durch

4 Herausforderungen für die Forschung

- und sich damit auch mit den Problemen unserer Umwelt auseinander zu setzen.

4 Herausforderungen für die Forschung

Die Beschreibung der Funktionen undLeistungen des Sektors soll den Stellen-wert des Gartenbaus in der Gesellschaftverdeutlichen; sie ist sicher nicht erschöp-fend und lässt sich vielfältig ergänzen. In-ternational werden Megatrends wie Ur-banisierung und Bevölkerungswachstumdem Thema Ernährungssicherung weiter-hin einen hohen Stellenwert auf der poli-tischen Agenda sichern. Knappe Ressour-cen - Kulturland, Wasser - werden dieSuche nach geeigneten Anpassungsstra-tegien erschweren. Regional angepasste,nachhaltige Lösungsvorschläge zu entwi-ckeln, ist das Anliegen vieler nationalerund internationaler Bemühungen. Erfah-rungen, beispielsweise zur Qualitätssiche-

rung, können in Entwicklungs- und Schwellenländern helfen, die Folgen des unsachgemäßen Ein-satzes von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln zu begrenzen.

Offensichtlich ist, dass viele dieser heutigen Herausforderungen nicht durch Rückgriff auf alteRezepte und Rückverweis auf traditionelle Praktiken zu lösen sind. Vielmehr bedarf es kreativerund innovativer Lösungen, deren Entwicklung biologische Gesetzmäßigkeiten berücksichtigen undtechnischen, ökonomischen und sozialen Anforderungen genügen muss. Ein wesentlicher Innova-tionsschub ist durch die gartenbauliche Pflanzenzüchtung zu erwarten. Hierbei eröffnen aktuelleErkenntnisse und Technologien, beispielsweise in der pflanzlichen Molekulargenetik, der Quali-tätsanalytik als auch in der elektronischen Datenverarbeitung, grundsätzlich neue Möglichkeiten.Jedoch wird sowohl bei der Entwicklung als auch Umsetzung neuer Lösungen die Zusammenar-beit in interdisziplinären, z. T. internationalen Netzwerken immer wichtiger werden. Das BeispielKlimawandel macht auch deutlich, dass zukunftsfähiges Handeln heute erfordert, verantwortlichmit unvollkommenem Wissen umzugehen. Dabei sind die Signale aus Politik, Wirtschaft undGesellschaft zu berücksichtigen. Der Transfer neuer Forschungsergebnisse in die Praxis ist durchenge und effektive Vernetzung zwischen gartenbaulicher Forschung und der Praxis sicherzustellen.

4.1 Qualität und Sicherheit der Nahrungsmittel

Unbestritten ist, dass immense volkswirtschaftliche Kosten durch eine falsche Ernährungsweiseentstehen. Gartenbauliche Produkte bieten ein erhebliches Potenzial, zu einer gesunden Ernäh-rung beizutragen. Gartenbauliche Forschung hat über viele Jahre daran gearbeitet, Verfügbarkeit,Sicherheit, äußere und innere Qualitätsmerkmale der Produkte zu verbessern und gleichzeitigdurch Erhöhung der Produktivität die Versorgung zu günstigen Preisen zu gewährleisten. Aktuellwird das Qualitätsverständnis durch eine Vielzahl unterschiedlicher Anspruchsgruppen geprägt.Neben Merkmalen der Produktqualität treten Ansprüche an die Qualität der Produktionsprozes-se. Die Bedeutung innerer Qualitätsmerkmale nimmt zu. Daraus entstehen viele Fragen sowohlan grundlagenorientierte wie auch angewandte Wissenschaften. Unstrittig ist, dass Züchtungund neue biotechnologische Verfahren mehr denn je Möglichkeiten bereitstellen, den Gesund-heitswert von Produkten zu verbessern und den Ressourcenverbrauch zu mindern (z. B. Energie,Wasser und Pflanzenschutzmittel). Darüber hinaus kommt der Prozessgestaltung sowohl in denProduktionsunternehmen als auch zwischen den beteiligten Unternehmen der Lieferkette für dieQualitätssicherung und Qualitätserhaltung eine immer größere Bedeutung zu. Neue Möglichkei-

6

Page 11: TASPO Online · tenbausektor im Informationszeitalter angekommen ist. Dazu zwingt der harte internationale Wettbewerb ebenso wie die mitunter widersprüchlichen Anforderungen durch

4.2 Klimawandel und Ressourcenschutz

ten ergeben sich aus Entwicklungen der Mess- und Sensortechnik. Um solche Innovationen aucherfolgreich in die Praxis umsetzen zu können, bedarf es Forschungs- und Innovationsnetzwerke, indenen Fragen der Bedarfsgerechtigkeit, Nutzengenerierung und Transfermöglichkeiten simultanmitbedacht werden.

Die Prozesse der Produktion, Aufbereitung,Verarbeitung und Distribution und damit diegesamte Wertschöpfungskette können vielfäl-tig gestaltet werden. Diese komplexe und va-riable Gestaltung von Wertschöpfungskettenführt zu ebenso vielfältigen Möglichkeiten, dieQualität von Frisch- und verarbeiteten Gar-tenbauprodukten auszubilden, zu verbessernund zu erhalten. So wird die Qualität vonGartenbauprodukten im starken Maße durchdie enge Interaktion zwischen den einzelnenStufen der Wertschöpfungsketten – von derProduktion bis hin zum Verbraucher – be-stimmt. Es müssen abgestimmte qualitätsver-bessernde und qualitätssichernde Maßnahmenauf allen Stufen geplant werden, um die an-gestrebte (kundenorientierte) Produktqualitätsichern zu können. Bisherige Untersuchungen beziehen sich jedoch überwiegend auf Einzelmaß-nahmen, die meist nur in einer Stufe der Wertschöpfungskette durchgeführt werden. Diese sin-guläre Betrachtung qualitätsverbessernder und qualitätssichernder Maßnahmen muss zukünftigauf die komplexe Qualitätsausbildung und –sicherung in der gesamten Wertschöpfungskette aus-geweitet werden.

4.2 Klimawandel und Ressourcenschutz

Aufgrund des besonderen Stellenwertes in der Unterglasproduktion kommt dem Energieverbrauchin Form endlicher Ressourcen eine herausgehobene Stellung zu. Neben der Notwendigkeit zur Re-duzierung von Treibhausgasen bilden auch die von Experten zukünftig erwarteten Steigerungender Energiepreise den Hintergrund für diese Diskussion. Derzeit werden bereits eine Reihe mög-licher technischer Alternativen in Unternehmen der gartenbaulichen Praxis ausprobiert. Nachwie vor sind Investitionsentscheidungen aber mit erheblichen technischen, ökonomischen, politi-schen und ökologischen Fragezeichen versehen. Um den Übergang auf langfristig tragfähige undden speziellen Bedürfnissen von Unterglasbetrieben angepasste Entwicklungspfade zu beschleu-nigen, bedarf es noch erheblicher Forschungs- und Entwicklungsbemühungen. Energiefragen imGartenbau sind eng verbunden mit dem Klimawandel.

In der Zwischenzeit findet sich eine erdrückende Zahl von Hinweisen darauf, dass sich dasKlima weltweit deutlich verändern wird. Nahezu einhellig gehen Forscher davon aus, dass dieserKlimawandel anthropogen verursacht wird. Daraus leitet sich die Verantwortung besonders derentwickelten Länder ab, die Folgen der anthropogen verursachten Treibhausgasemissionen zu re-duzieren und gleichzeitig Anpassungsmaßnahmen, die eine Produktion unter diesen verändertenBedingungen möglich machen, einzuleiten. Aktuell sind die Prognosen zu den möglichen Aus-wirkungen aufgrund noch vorhandener Unsicherheiten nur mithilfe von Szenarien abzubilden.Viele Hinweise deuten daraufhin, dass die Vermeidung von Klimaschäden langfristig der Volks-wirtschaft weniger Kosten aufbürdet als eine Inkaufnahme der mit dem Wandel verbundenenSchäden. Die Herausforderung liegt darin, trotz unvollständiger Informationen verantwortungs-bewusst auf die beschriebene Entwicklung zu reagieren. Wissenschaftliche Forschung kann dazubeitragen, die extreme Unsicherheit abzubauen und damit die Entscheidungssicherheit der Ak-teure zu erhöhen.

Konkret soll durch gartenbauliche Forschung die Entwicklung tragfähiger und den regiona-len Gegebenheiten angepasster Produktionssysteme bzw. klimatoleranter Produkte ermöglicht

7

Page 12: TASPO Online · tenbausektor im Informationszeitalter angekommen ist. Dazu zwingt der harte internationale Wettbewerb ebenso wie die mitunter widersprüchlichen Anforderungen durch

4 Herausforderungen für die Forschung

werden. Fragen zur Wasserversorgung, Energieeinsparung, Schädlingsabwehr und des Ressour-censchutzes bilden damit besondere Schwerpunkte. Eine wichtige Aufgabe liegt auch in der Selek-tion und Züchtung von Gehölzen, die den veränderten klimatischen Verhältnissen in den Städtengerecht werden.

Weltweit findet aber auch eine Neubewertung von Produktionsstandorten statt. Einen be-sonderen Stellenwert gewinnt das Thema in Entwicklungsländern, die weniger Verursacher alsvielmehr Betroffene des Klimawandels sind. Fragen des internationalen Handels werden zukünftigunter diesen veränderten Rahmenbedingungen zu untersuchen sein. Diese Herausforderungen be-legen die erhebliche Verantwortung der Gartenbauwissenschaften sowohl im nationalen als auchim internationalen Kontext. Lösungsbeiträge zu diesen Fragen bedürfen sowohl disziplinärer alsauch inter- und transdisziplinärer Ansätze.

4.3 Internationale Wettbewerbsfähigkeit

Der gartenbauliche Produktions-und Dienstleistungssektor hatsich seit jeher in relativ ein-griffsfreien Märkten entwickelnmüssen. Das hat dazu ge-führt, dass sich die überwie-gend kleinen und mittleren Be-triebe schon sehr früh mit Fra-gen des internationalen Wettbe-werbs auseinander setzen muss-ten. Mit der aufkommendenDiskussion um Qualität und Si-cherheit sowie der Forderungnach Rückverfolgung der Pro-dukte sind die Anforderungenan Transparenz und Dokumen-tation und damit der adminis-trative Aufwand sprunghaft an-gestiegen. Dies gilt sowohl für

die hiesige Produktion als auch für die in anderen europäischen und außereuropäischen Ländern.Der intensive Wettbewerb hat in den vergangenen Jahren darüber hinaus zu einem kontinuier-lichen Preisdruck auf gartenbaulichen Märkten geführt. Gleichzeitig sind die Anforderungen anUmwelt- und Ressourcenschutz weiter gestiegen. Die Diskussion um den Klimawandel machtdeutlich, dass gartenbauliche Produktion nach wie vor von natürlichen Standortbedingungen ab-hängig ist und entsprechend Anpassungsstrategien entwickeln muss. Verbunden mit dem Klima-wandel und der Ressourcenverknappung ist langfristig eine Verteuerung der Energie zu erwarten;insgesamt wird es weltweit zu einer Neubewertung von Wettbewerbsbedingungen kommen.

Allein komparative Kostenvorteile reichen heute nicht mehr aus, um die Wettbewerbsfähig-keit von Ländern und Regionen zu erklären. In einer Wissensgesellschaft haben Innovationen,Know-how, Wissenstransfer sowie funktionierende Innovationsnetzwerke eine wachsende Bedeu-tung für die Erklärung der Wettbewerbsfähigkeit erlangt. Anpassungs- und Wandlungsfähigkeitbestimmen über die Position einer Branche in weitgehend globalen Märkten. Der rasche Trans-fer von Forschungsergebnissen führt zu Wettbewerbsvorteilen; durch rechtzeitige Einbeziehungvon Anforderungen der Abnehmer sowie gesellschaftlicher Anliegen kann das Risiko, das natür-licherweise mit Produkt- und Prozessinnovationen verbunden ist, reduziert werden. Rolle undBedeutung internationaler Wertschöpfungsketten haben aber in den vergangenen Jahren durchweiter fortschreitende Öffnung der Märkte sowie Strukturveränderungen auf der Verarbeitungs-und Abnehmerseite deutlich zugenommen; Gartenbauunternehmen sind heute eingebunden inkoordinierte Wertschöpfungsketten. Das heißt auch, dass in die Bewertung der Wettbewerbsfä-higkeit die Leistungsfähigkeit solcher Lieferketten mit einzubeziehen ist.

8

Page 13: TASPO Online · tenbausektor im Informationszeitalter angekommen ist. Dazu zwingt der harte internationale Wettbewerb ebenso wie die mitunter widersprüchlichen Anforderungen durch

5 Anforderungen an die Forschung

5.1 Besonderheiten des Gartenbaus

Der Objektbereich der Gartenbauwissenschaften lässt sich anhand einer Reihe von Besonderhei-ten von angrenzenden Wissenschaftsbereichen unterscheiden:

• Gartenbauliche Pflanzenproduktion ist in der Regel wesentlich flächen- und arbeitsinten-siver als landwirtschaftliche Produktion. Dem Faktor Arbeit kommt dementsprechend imVergleich ein wesentlich höherer Stellenwert zu. Die Betriebsstrukturen sind durch kleineund mittlere Unternehmen (KMUs) geprägt - nach Definition der EU-Kommission handeltes sich überwiegend um Kleinstbetriebe - wobei in der Regel trotzdem Fremdarbeitskräftevorhanden sind. Teilweise spielen befristet beschäftigte Saisonarbeitskräfte eine entschei-dende Rolle zur Bewältigung von Arbeitsspitzen.

• Staatliche Förderung und Marktregulierungen haben nur auf einigen gartenbaulichen Teil-märkten Bedeutung und sicher nicht in dem Umfang, wie dies in der Landwirtschaft derFall ist. Faktisch ergeben sich damit andere Anforderungen an Unternehmensführung, Mar-keting und strategische Planungen als auf regulierten Märkten.

• I. d. R. handelt es sich um frische, nur begrenzt haltbare und mit hohem Aufwand la-gerfähige pflanzliche Produkte. Bei den essbaren Gartenbauprodukten ist die Frische derProdukte maßgeblicher Qualitätsfaktor, bei den nicht essbaren Gartenbauprodukten dieHaltbarkeit der Produkte bei den Kunden. Entsprechend haben sich sehr unterschiedlichdifferenzierte Absatzsysteme entwickelt.

• Die Produkte werden durch gezielte und häufig technisch aufwändige Steuerung entwicklungs-und wachstumsbiologischer Prozesse erzeugt und weiter verarbeitet. Der geschützte Anbaubildet ein Spezialsystem. Hier ist es möglich, klimatische und andere Umweltfaktoren wäh-rend des Produktionsprozesses gezielt zu steuern.

• Der Produktionsgartenbau gliedert sich in verschiedene Sparten, die ihrerseits sowohl imHinblick auf Produktionssysteme, Vermarktung und Betriebsführung Besonderheiten auf-weisen. Die ökonomisch bedeutsamsten Sparten sind der Zierpflanzenbau, der Gemüsebau,der Obstbau und der Baumschulbereich; daneben sehr spezifische Sparten wie z. B. Stau-denproduktion, Gewürz- und Heilkräutern bis hin zum Pilzanbau.

• Der Dienstleistungsbereich gewinnt im Gartenbau eine zunehmende Bedeutung: Garten-und Landschaftsbau, Friedhofsgartenbau und Innenraumbegrünung tragen zu rund fünfzigProzent zur Wertschöpfung des Gartenbaus bei.

• Die Internationalität ist in Teilbereichen sehr ausgeprägt. So finden sich beispielsweisein der Züchtung und Jungpflanzenproduktion weltweit agierende deutsche Unternehmen.Noch stärker ausgeprägt ist die Internationalität im Bereich des Handels und der demGartenbau vorgelagerten Unternehmen.

5.2 Gartenbauforschung in einer systemwissenschaftlichen Perspektive

Anliegen der Gartenbauwissenschaften ist die Verbesserung elementarer Lebensgrundlagen derMenschen. Die Betrachtung richtet sich sowohl auf lokale, regionale als auch internationale Zu-sammenhänge und betont bewusst die globale Bedeutung vieler der angesprochenen Fragestel-lungen. Die Gartenbauwissenschaften haben sich mehr denn je mit Problemen großer gesell-schaftlicher, ökologischer und ökonomischer Relevanz auseinanderzusetzen. Die Bearbeitung die-ser Fragestellungen setzt eine gewisse Kontinuität und langfristige Planungssicherheit voraus.Sie muss deshalb konsequent sowohl inhaltlich als auch organisatorisch verankert und weiter-entwickelt werden. Nur verlässliche Rahmenbedingungen und der Verbund von Universitäten,

9

Page 14: TASPO Online · tenbausektor im Informationszeitalter angekommen ist. Dazu zwingt der harte internationale Wettbewerb ebenso wie die mitunter widersprüchlichen Anforderungen durch

6 Ausbildung

Fachhochschulen, Forschungsinstituten und Versuchseinrichtungen ermöglichen auch langfristigdie Bearbeitung gesellschaftlich bedeutsamer Themenfelder.

Erkenntnisgegenstand der Gartenbauwissenschaften sind komplexe, natürliche, technische undsoziale Systeme2. Grundsätzlich gilt, dass zur Lösung solcher komplexen Fragestellungen einedisziplinübergreifende Zusammenarbeit notwendig ist. Gartenbauwissenschaft bedient sich derInstrumente und Methoden aus den Naturwissenschaften, den technischen Wissenschaften undder Sozioökonomie. Einzelne Problemlösungsbeiträge beruhen auf grundlagenorientierten, dis-ziplinär gewonnenen Ergebnissen. Darüber hinaus bilden solche Ergebnisse wichtige Impulsefür weitergehende Problemlösungen (Genetik, Mess- und Sensortechnik, Molekularbiologie). Umdem Anspruch einer problemorientierten Wissenschaft gerecht werden zu können, ist aber eineVernetzung von Grundlagenforschung und angewandter Forschung unabdingbar.

Wesentliches Merkmal einer systemorientierten Betrachtungsweise ist die Erfassung der Dyna-mik sowie der Interaktionen zwischen den verschiedenen Systemelementen. Ziel ist die umfassen-de Analyse funktionaler Beziehungen auf den Betrachtungsebenen Pflanze, Bestand, Betrieb undÖkosystem unter zahlreichen variierenden äußeren Bedingungen. Die Dynamik ist typischerwei-se durch nichtlineare Zusammenhänge gekennzeichnet und führt zu außerordentlich komplexenWirkungsweisen. Beispiele für solche Wirkungsweisen sind Erkenntnisse über

• Nährstoffdynamik, Pflanzenwachstum und Qualität als Grundlage für Düngestrategien,

• Toleranz von Pflanzen gegenüber abiotischen Stress als Folge der Interaktion von Genotyp,Kulturbedingungen und Nacherntefaktoren,

• Wirt-Schaderreger-Interaktion als Grundlage von Strategien des integrierten Pflanzenschut-zes,

• Adoptionsverhalten von potenziellen Technikanwendern zur Einführung von Produkt- undProzessinnovationen und

• sozialökonomische und ökologische Zusammenhänge zur Analyse der gesellschaftlichen Im-plikationen politischer Entscheidungen z. B. zu Gestaltung des institutionellen Rahmensbeim Klimaschutz.

Die Suche nach Produkten und Verfahren darf aber nicht ausschließlich als Anpassungspro-zess an veränderte Rahmenbedingungen aufgefasst werden. Vielmehr liegt - insbesondere für dieWissenschaft - eine Aufgabe darin, durch Beratung und Aufklärung auch Rahmenbedingungenzu verändern und die Folgen gesellschaftlicher und politischer Weichenstellungen abzuschätzen.Notwendig sind z. B. Aktivitäten, mit denen das Ernährungsbewusstsein der Bevölkerung verbes-sert und durch Aufklärung auch die Einsicht für den Preis nachhaltig produzierter Lebensmittelerhöht wird. Die vorher aufgeführten Probleme enthalten immer Aspekte, die die Grenzen einzel-ner Wissenschaftsdisziplinen überschreiten. Dementsprechend muss Forschung, die an der Lösungpraktischer Probleme orientiert ist, im Kern disziplinenübergreifend sein.

6 Ausbildung

Die Anpassung des Sektors kann nur so gut gelingen, wie auch Wissen und innovative Lösungenzu den verantwortlichen Entscheidungsträgern und Mitarbeitern gelangen. Die Anforderungenan die Unternehmensführung im Gartenbau und an das Qualifikationsniveau der beschäftigtenMitarbeiter wachsen mit den beschriebenen Herausforderungen kontinuierlich. Insofern kommtBeratung und Ausbildung eine besondere Rolle für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit und derNachhaltigkeit des Sektors zu.

Die Einsatzfelder für Absolventen von Universitäten und Fachhochschulen sind traditionellaußerordentlich breit gefächert: Grundlagen- und angewandte Forschung, Verwaltung, Beratung,

2) siehe DFG Denkschrift 2005

10

Page 15: TASPO Online · tenbausektor im Informationszeitalter angekommen ist. Dazu zwingt der harte internationale Wettbewerb ebenso wie die mitunter widersprüchlichen Anforderungen durch

Produktionsbetriebe, Unternehmen der vor- und nachgelagerten Stufen, Institutionen der Ent-wicklungshilfe und Nichtregierungsorganisationen. Aufgrund veränderter Problemlagen ist damitzu rechnen, dass neue Aufgabenfelder für Absolventen von Schulen und Hochschuleinrichtungenentstehen. Zum anderen wird auch das Anforderungsprofil deutlichen Veränderungen unterliegen:

1. Der kritische Umgang mit wissenschaftlichen Erkenntnissen setzt voraus, dass Absolven-ten sowohl mit aktuellen Forschungsmethoden und problemorientierten Lösungsstrategienvertraut sind als auch empfänglich sind für gesellschaftliche Anliegen.

2. Angesichts der Vielzahl neuer Erkenntnisse bildet der sichere Umgang mit Informations-und Wissenssystemen und die Einordnung neuer Erkenntnisse in einen Problemlösungszu-sammenhang ein wichtiges Qualifikationsziel.

3. Die Umsetzung von Innovationen in Unternehmen muss durch Führungs- und Kommuni-kationsprozesse begleitet werden. Insofern kommt sozialen Fähigkeiten eine immer größereBedeutung zu (Kommunikations- und Teamfähigkeit, Fremdsprachenkenntnis, interkultu-relle Kommunikation).

4. Aufgrund der ständigen Erneuerung von Wissensbeständen wird die Fähigkeit zur Gestal-tung selbstorganisierter Lernprozesse (E-Learning, lebenslanges Lernen) immer wichtiger.

5. Nicht zuletzt erweisen sich viele Aufgaben in der Praxis als komplex und schließen dasWissen aus verschiedenen Disziplinen ein. Insofern hat die Fähigkeit zur Lösung kom-plexer Probleme einen hohen Stellenwert in der Ausbildung einzunehmen (problem- undforschungsbasiertes Lernen).

Damit ergibt sich für Universitäten und Fachhochschulen die Herausforderung, Lösungen imSpannungsfeld von Spezialisierung und Generalisierung, Forschungsorientierung und Problem-lösungsfähigkeit anzubieten. Um die zukünftigen Aufgaben in der Ausbildung bewältigen zukönnen muss gewährleistet sein, dass die verschiedenen gartenbauwissenschaftlichen Fachgebie-te, die sich mit pflanzenbaulichen Prozessen, Ökologie, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften,Technikwissenschaften und Bodenwissenschaften beschäftigen, inhaltlich ausreichend vertretensind.

11

Page 16: TASPO Online · tenbausektor im Informationszeitalter angekommen ist. Dazu zwingt der harte internationale Wettbewerb ebenso wie die mitunter widersprüchlichen Anforderungen durch

Deutsche Gartenbauwissenschaftliche Gesellschaft e.V. - DGG

German Society for Horticultural Science

DGG-Mitglieder genießen viele Vorteile, besonders der wissenschaftlicheNachwuchs

- intensive Einbindung in die Gemeinschaft der inGartenbauwissenschaft und Beratung Tätigen

- reduzierter Bezugspreis für die Zeitschrift ´European Journal ofHorticultural Science´ (im Mitgliedsbeitrag enthalten)

- reduzierte Teilnahmegebühr für die "GartenbauwissenschaftlicheTagung"

- reduzierter Mitgliedsbeitrag bei gleichzeitiger Mitgliedschaft in derDeutschen Phytomedizinischen Gesellschaft (DPG)

- reduzierter Mitgliedsbeitrag für Studierende, Doktorandinnen undDoktoranden (Juniormitgliedschaft)

- reduzierte Teilnahmegebühr für Weiterbildungsangebote der AndreasHermes Akademie

- VDL-Stellenhinweisdienst für DGG-Mitglieder abonnierbar- Mentorenschaften für Studierende und Berufseinsteiger- Juniorentreffen- spezielle Exkursionangebote- Bereitstellung von Informationen zu Tagungen und Kongressen- Informationen über Fördermöglichkeiten von Forschungsvorhaben

Weitere Informationen und Formulare zum Antrag auf Mitgliedschaftunterhttp://www.gartenbauwissenschaft.org

Verantwortlich im Sinne des Pressegesetzes:

Deutsche Gartenbauwissenschaftliche Gesellchaft, Der Präsident

Herrenhäuser Str. 2, D-30419 Hannover