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l~ ~r. OPPELT: Ein Blick in die Welt der Automaten Die Natur- wissenschaften Die vielfach fiberraschende Ahnlichkeit der masehi- nellen Vorg~nge mit menschlicher Denkt~tigkeit hat AlllaB zu bekannntell Schlagw6rtern, wie ,,Elektronnen- e 1" n" g mr , ,,DenkmascBine" usw. far Einnrichturtgen der Nachrichtellverarbeitullg gegebenn. Es sind ill der Tat zwei Fragen, die sich Bier stellen. Eillmal die Frage, wieweit die Gesetzmiigigkeiten der Nachrichtellfiber- tragung und Nachrichtenverarbeitung auf dell leben- dell Orgallismus allgewenndet werden khllllenn. Die Kybermtik befagt sick mit dieser Frage. Die zweite Frage ist die, wieweit ~berhaupt mellschliche Dennk- t~tigkeiten llachgebildet werdenn khmlen. Es steht heute lest, dag die Nachrichten~ibertra- gung im Zentralnervensystem keine digitale Llbertra- gung ist, wie man fr0her vielfach gedacht hat, sonndern vielmehr eine sog. Analogtibertragung (Fig. tl). Die Nachrichten werdell ill dell Nervenleitungell durch Impulsfolgen dargestellt, wobei die Abst~tnde zwischen zwei aufeinallderfolgellden Impulsell die Nachricht IIIll I I I It Illl I nL$ Fig. t 1. Impulsfolge bei der Naehriehtentibertragung im Nervensystem (das Alphabet) darsteller~. Der NachrichtenfluB ist daher geringer, als es der Hhchstzahl der Impulse je Sekuade entspricht. Das gauze System der Nach- richtellverarbeitunng im Zentralnervellsystem ist kom- plizierter aufgebaut als das der elektrollischen Rechen- mascBinen ulld bennfitzt anndere Prinzipien. Der Rechenautomat stellt also keinn Abbild des menscBiichen GeBirns dar, sollderll bildet gewisse ein- Iache Funktionei1 des Gehirns mit dell der Technik zur Verftigullg stehendell Hilfsmittelu llaeh. Wie weit kanll nun fiberhaupt die Dennkt~itigkeit des Mellschen nachgebildet werden ?Noch vor wenigenn Jahren hat mall vielfaeh an sehr enge Grenzell der MascBille ge- glaubt. Diese Grenzen sollten dadurch gegebell sein, dab die Maschille nur das durchftihren kann, was ihr durch das vom Menschen hergestellte Programm auf- gegeben wird. Das Studium der Lerll- unnd Erkell- nullgsprozesse ulld Versuche zu ihrer Nachbildung haben aber dazu geftihrt, dab diese Grellzell nicht mehr so sicher ulld eillfach formulierbar erscheillell. Es werdenn z.B. bereits erllsthaft Mhglichkeiter~ er- 6rtert fiir das automatische Auffinden yon Gesetz- m~igigkeiten aus Beobachtungenn oder far das auto- matische Aufstellen roll Hypothesen. Das sind Auf- gabell, die llicht mehr im Bereich der deduktiven logi- schell Verkntipfungell liegell. Ihre Lhsung erfordert, dal3 eine groBe ZahI yon Annahmell probeweise allf- gestellt und llach bestimmten /ibergeordlleten Ge- sichtspunktell verglichen werden mug, wobei die Aus- wahlregeln selbst wieder vom Ergebnis abh~illgen. Die Anschauungen sind heute allerdings nnicht ungeteilL ob solche mascBinellell L6sungell wirklich als zum produktivell Denkell geh6rig angesehell werden k611- hen, oder ob nicht dock in verkappter Form das pro- duktive Dellkell beim Programmgestalter oder Erfin- der der Maschine allein liegt. Die Technik kallll diese Frage offell lassen. Das menschliche Gehirn ist infolge der sehr grogen Zahl der Nervellzellen und der wahrscheinlich noch sehr vM gr6geren Zahl der Leitungen zwischen dell Zellen in der Schattf~illigkeit unnd Speickerf~ihigkeit selbst dell gr6gten heutigen elektronischen Maschinenn reiaa ma- teriell betrachtet weir t~berlegenn. Diese Uberlegennheit ist so grog, dag sie dutch die vM gr6gere Schnellig- keit der Maschine nicht ausgeglichell werdell kannll. Die groge Zahl der Leitungen im menschlichen GeBirll erm6glicht einne ,,ParalMverarbeitung", die gleich- zeitige Zufiihrullg der Nachrichten zu ungeheuer vielen Verarbeitungselementen. Die technischen Beschr~in- kunngen der MascBinen machell dagegen einn zeitliches Nacheinannder voll Elemelltarvorg~llgen, eine ,, Serien- verarbeitung" erforderlich. Die gleichzeitige, aber relativ langsame Verarbeitullg im menschlichen Ge- hirn wird durch eine rasche zeitliche Folge voll Ver- arbeitungsstufen ersetzt. Die schnellste elektrollische Maschille braucht heute ftir die Durchftihrung einer Rechenoperation nur einige millionstel Sekunden. Neue Bauelemente machell es wahrscheinlich, dab diese Zeitell lloch erheblich verkttrzt werden k6nnen, vielleicht auf den tauselldsten Teil. Dies reieht wahr- scheinlich nicht aus zum Ausgleich der grogen Zellen- und Leitungszahlen des Gehirns; aber es ist zu er- wartell, dab damit auch weitere Aufgaben, bei denen man bisher den MenscheI1 ft~r notwendig Bielt, ffir die MascBine zug~inglich gemacht werdenn. Was man sicker feststellen kanll, ist, dab llicht nur die Nach- richteniibertragung, sondern auch die Nachrichten- verarbeitung ulld ihre Annwendullgsm6glichkeitell von absoluten Grenzen noch weir entfernt sind. Literatur WIENER, N.: Cybernetics. New York: J. Wiley & Sons 1948. -- SHANNON, C.: Math. Theory of Communicationn. Univ. Illinois t949. -- KOPFM~LLER, K.: Die Elltropie der deutschen Sprache. Fernmeldeteehn. Z. 1954, 265. -- ZE~ANEK, H.: Elementare In- formatiollstheorie. Mfillchen: R. Oldenbourg t959. -- UNESCO, Information Processing. Miinehell: R. Oldenbourg 1960. Darmstadt, Tech~cische Hochschule Eingegangell am 31. Oktober ~960 Technik der Regelung und Steuerung - ein Blick in die Welt der Automaten*) Von WlNFRIED OPPELT, Darmstadt Voll jeher ist die Aufmerksamkeit des Menschen durch aaichts so sehr gefesselt worden wie durch den Menschell selbst. Bereits aus der Vorgeschichte sind *) Ge~nderte mid erghnzte Fassung zweier Vortr~ige: ,,Technik der Regelung nnd Steuermag", gehaltell am 26. 9. 1960 auf der 101. Versammlullg der Gesellsehaft Deutseher Naturforscher ~md 26rzte in Hannover, ulld ,,Ein Bliek in die Welt der Roboter", ge- haltei1 am 25. t0. 1960 bei der Vereinigung voll Freundell der Teeh- nischen Hochschule zu Darmstadt. uns Bildnisse der H6hlenmellschen tiberliefert, und aus dem Altertum sind Skulpturer~ und Bilder yon ein- maliger Sch6nheit in unsere Zeit gelallgt. Aber das Erscheillungsbild des Menschen hat nicht nur den Ktinstler im Menschen angeregt, sondern schon friihzeRig wurde ~ersucht, den lebenden Men- schert selbst mit seineI1 Bewegungen, seiner Sprache ulld seillem Verhalten nachzubildei1. Auch tiber diese

Technik der Regelung und Steuerung — ein Blick in die Welt der Automaten

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Page 1: Technik der Regelung und Steuerung — ein Blick in die Welt der Automaten

l ~ ~r. OPPELT: E i n B l i c k in die W e l t der A u t o m a t e n Die Natur- wissenschaften

Die vielfach fiberraschende Ahnlichkeit der masehi- nellen Vorg~nge mit menschlicher Denkt~tigkeit hat AlllaB zu bekannntell Schlagw6rtern, wie ,,Elektronnen-

e 1" n " g mr , ,,DenkmascBine" usw. far Einnrichturtgen der Nachrichtellverarbeitullg gegebenn. Es sind ill der Tat zwei Fragen, die sich Bier stellen. Eillmal die Frage, wieweit die Gesetzmiigigkeiten der Nachrichtellfiber- tragung und Nachrichtenverarbeitung auf dell leben- dell Orgallismus allgewenndet werden khllllenn. Die Kybermtik befagt sick mit dieser Frage. Die zweite Frage ist die, wieweit ~berhaupt mellschliche Dennk- t~tigkeiten llachgebildet werdenn khmlen.

Es steht heute lest, dag die Nachrichten~ibertra- gung im Zentralnervensystem keine digitale Llbertra- gung ist, wie man fr0her vielfach gedacht hat, sonndern vielmehr eine sog. Analogtibertragung (Fig. tl). Die Nachrichten werdell ill dell Nervenleitungell durch Impulsfolgen dargestellt, wobei die Abst~tnde zwischen zwei aufeinallderfolgellden Impulsell die Nachricht

IIIll I I I It Illl I

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Fig. t 1. Impulsfolge bei der Naehriehtentibertragung im Nervensystem

(das Alphabet) darsteller~. Der NachrichtenfluB ist daher geringer, als es der Hhchstzahl der Impulse je Sekuade entspricht. Das gauze System der Nach- richtellverarbeitunng im Zentralnervellsystem ist kom- plizierter aufgebaut als das der elektrollischen Rechen- mascBinen ulld bennfitzt anndere Prinzipien.

Der Rechenautomat stellt also keinn Abbild des menscBiichen GeBirns dar, sollderll bildet gewisse ein- Iache Funktionei1 des Gehirns mit dell der Technik zur Verftigullg stehendell Hilfsmittelu llaeh. Wie weit kanll nun fiberhaupt die Dennkt~itigkeit des Mellschen nachgebildet werden ?Noch vor wenigenn Jahren hat mall vielfaeh an sehr enge Grenzell der MascBille ge- glaubt. Diese Grenzen sollten dadurch gegebell sein, dab die Maschille nur das durchftihren kann, was ihr durch das vom Menschen hergestellte Programm auf- gegeben wird. Das Studium der Lerll- unnd Erkell- nullgsprozesse ulld Versuche zu ihrer Nachbildung haben aber dazu geftihrt, dab diese Grellzell nicht mehr so sicher ulld eillfach formulierbar erscheillell. Es werdenn z.B. bereits erllsthaft Mhglichkeiter~ er- 6rtert fiir das automatische Auffinden yon Gesetz- m~igigkeiten aus Beobachtungenn oder far das auto- matische Aufstellen roll Hypothesen. Das sind Auf- gabell, die llicht mehr im Bereich der deduktiven logi- schell Verkntipfungell liegell. Ihre Lhsung erfordert, dal3 eine groBe ZahI yon Annahmell probeweise allf-

gestellt und llach bestimmten /ibergeordlleten Ge- sichtspunktell verglichen werden mug, wobei die Aus- wahlregeln selbst wieder vom Ergebnis abh~illgen. Die Anschauungen sind heute allerdings nnicht ungeteilL ob solche mascBinellell L6sungell wirklich als zum produktivell Denkell geh6rig angesehell werden k611- hen, oder ob nicht dock in verkappter Form das pro- duktive Dellkell beim Programmgestalter oder Erfin- der der Maschine allein liegt.

Die Technik kallll diese Frage offell lassen. Das menschliche Gehirn ist infolge der sehr grogen Zahl der Nervellzellen und der wahrscheinlich noch sehr vM gr6geren Zahl der Leitungen zwischen dell Zellen in der Schattf~illigkeit unnd Speickerf~ihigkeit selbst dell gr6gten heutigen elektronischen Maschinenn reiaa ma- teriell betrachtet weir t~berlegenn. Diese Uberlegennheit ist so grog, dag sie dutch die vM gr6gere Schnellig- keit der Maschine nicht ausgeglichell werdell kannll. Die groge Zahl der Leitungen im menschlichen GeBirll erm6glicht einne ,,ParalMverarbeitung", die gleich- zeitige Zufiihrullg der Nachrichten zu ungeheuer vielen Verarbeitungselementen. Die technischen Beschr~in- kunngen der MascBinen machell dagegen einn zeitliches Nacheinannder voll Elemelltarvorg~llgen, eine ,, Serien- verarbeitung" erforderlich. Die gleichzeitige, aber relativ langsame Verarbeitullg im menschlichen Ge- hirn wird durch eine rasche zeitliche Folge voll Ver- arbeitungsstufen ersetzt. Die schnellste elektrollische Maschille braucht heute ftir die Durchftihrung einer Rechenoperation nur einige millionstel Sekunden. Neue Bauelemente machell es wahrscheinlich, dab diese Zeitell lloch erheblich verkttrzt werden k6nnen, vielleicht auf den tauselldsten Teil. Dies reieht wahr- scheinlich nicht aus zum Ausgleich der grogen Zellen- und Leitungszahlen des Gehirns; aber es ist zu er- wartell, dab damit auch weitere Aufgaben, bei denen man bisher den MenscheI1 ft~r notwendig Bielt, ffir die MascBine zug~inglich gemacht werdenn. Was man sicker feststellen kanll, ist, dab llicht nur die Nach- richteniibertragung, sondern auch die Nachrichten- verarbeitung ulld ihre Annwendullgsm6glichkeitell von absoluten Grenzen noch weir entfernt sind.

Literatur WIENER, N.: Cybernetics. New York: J. Wiley & Sons 1948. - -

SHANNON, C.: Math. Theory of Communicationn. Univ. Illinois t949. - - KOPFM~LLER, K.: Die Elltropie der deutschen Sprache. Fernmeldeteehn. Z. 1954, 265. - - ZE~ANEK, H.: Elementare In- formatiollstheorie. Mfillchen: R. Oldenbourg t959. - - UNESCO, Information Processing. Miinehell: R. Oldenbourg 1960.

Darmstadt, Tech~cische Hochschule Eingegangell am 31. Oktober ~960

Technik der R e g e l u n g u n d S t e u e r u n g - e in Blick in die Welt der A u t o m a t e n * ) V o n W l N F R I E D OPPELT, D a r m s t a d t

Voll jeher ist die Aufmerksamkeit des Menschen durch aaichts so sehr gefesselt worden wie durch den Menschell selbst. Bereits aus der Vorgeschichte sind

*) Ge~nderte mid erghnzte Fassung zweier Vortr~ige: ,,Technik der Regelung nnd Steuermag", gehaltell am 26. 9. 1960 auf der 101. Versammlullg der Gesellsehaft Deutseher Naturforscher ~md 26rzte in Hannover, ulld ,,Ein Bliek in die Welt der Roboter", ge- haltei1 am 25. t0. 1960 bei der Vereinigung voll Freundell der Teeh- nischen Hochschule zu Darmstadt.

uns Bildnisse der H6hlenmellschen tiberliefert, und aus dem Altertum sind Skulpturer~ und Bilder yon ein- maliger Sch6nheit in unsere Zeit gelallgt.

Aber das Erscheillungsbild des Menschen hat nicht nur den Ktinstler im Menschen angeregt, sondern schon friihzeRig wurde ~ersucht, den lebenden Men- schert selbst mit seineI1 Bewegungen, seiner Sprache ulld seillem Verhalten nachzubildei1. Auch tiber diese

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Heft 7 W. O~ELT: Ein Blick in die Wel t der Au toma ten 185 ~96~ (Jg. 48)

Versuche ist schon Knnde aus dem Altertum zu uns gedrungen, wenn auch erst das gesteigerte handwerk- liche KSnnen des Mittelalters vergleichbare Ans~ttze in dieser Hinsicht sichtbar werden lieB. Die ~uBere Erscheimmgsform des Menschen erschien tier damali- gen Zeit als wesentliches Merkmal, so dab den ent- sprechenden Ger~iten stets ein ,,menschliches AuBeres" gegeben wurde. An vielen H6fen der Ftirsten Europas fanden sich im Mittelalter nnd in der beginnenden Neuzeit derartige ,,Aatomaten". Sage und echte Uberlieferung verbindet die Namen beriihmter M~nner und Frauen mit diesen Bemtihungen. So wird bei- spielsweise von ALBERTUSMAGNUS (urn t200) be- richtet, er babe einer~ Automaten gebaut, der seinen G~isten die Tfir 6ffnete und yon dem erschreckten TI~OMAS YON AQIJIN dutch Stockschl~ige zerstSrt wur- de [1]. Am Hof der Kaiserin Maria Theresia baute der Kammerrat yon KEMP~LE~ verschiedene Auto- maten (urn 1765) [2], und in der Gestalt der Puppe Olympia in OFrE~BACt~s phantastischer Oper ,,Hoff- manns Erz~hlungen" faaden diese Automaten der damaligen Zeit ein bleibendes Denkmal.

Erst neuere Zeiten erkannten, dab der ~iuBeren Form kein entscheidender Altteil zukommt. Wenn wir in der heutigen Zeit wieder versuchen, ,,k~nstliche Tiere" und ,,kfinstliche Menschen" zu gestalten, dann richten sick unsere Bestrebungen nicht auf die Form, sondern auf das Verhalte~t der lebenden Organismen. Dies soll dnrch ein Ger~tt dargestellt werden, wobei die ~uBere Form des Ger/ites belanglos ist.

Damit die Verwirldichung soIcher Bestrebungen in Allgriff genommen werden kon~te, muBte zuvor die Entwicklang der Technik einen gewissen Stand er- reicht haben. Vor allem die Technik der Regelung and Steuerung zeigt erstaunliche Parallelen zu ent- sprechenden Vorg~ingen im lebenden Organismus, wenn sie auch in Nichtkenntnis dieser Parallelen ent- startden ist und die gegenseitigen Beziehungen erst jetzt aufgedeckt werden.

Technik und Regelung und Steuerung Nachdem die Energietechnik soweit entwickelt

war, dab Energie in geeigaeten Formen und in genii- gender GrSi3e zur Verfiigung stand, ricktete sick das Augenmerk der Ingenieure mehr and mehr auf Ger~te, mit denen die energetischen Zust~ade technischer Anlagen beeinfluBt werde~l k6nnen. Dieses Gebiet tier Regelung und Steuerung ist zwar heate nock nicht abgeschlossen, dock ist sein grunds~tzlicher Aufbau bereits Mar erkennbar [3]. Er besteht im wesentlicken aus dem Zusammenschalten yon drei verschiedenarti- gen Ger~tegliedern, die im folgenden beschrieben seien:

~. Die pkysikalischen Zust~nde einer technischen Anlage, die beeinfluBt werden sollen, z: B. Temperatu- ten, Drucke, Drehzahlen, Drehwinkel, Str6me, Span- nungen, p~-Werte usw., werden durck sog. Me]3- um/ormglieder erfaBt und yon diesen in geeigneter Form weitergegeben. Zur Weitergabe haben sick elektrische GrSBen (StrSme oder Spannnngen) oder pneumat~sche Gr6Ben (Lnftdrucke) als besonders ge- eignet erwiesen.

2. Die weitergegebenen GrSBen werden in anderen Ger~tegliedern ,,verarbeitet". Diese Verarbeitung be- steht bei heatigea Ger~ten zumeist aus linearen Operationen, wie tier Bildung yon Integrationen und Differentiationen nach der Zeit, sowie in der Addition

Naturwissenschaften 196t

und Subtraktiolt mehrerer Gr6Ben, die yon den ent- sprechenden Megumformgliedern geliefert werden.

Ill Zukunft werden auch nichtlineare Operationen in der Ger~tteteclmik gr613ere Bedeutung erhalten, wie sie durck Multiplikation und Division oder dutch geeignete Formung von Kellnlillien (z.]3. Ausbildung yon S~ttigangszust~'inden, anstetigen Kenn]inien mit Sprfingen und dgl.) gegeben sind.

3- Die amgeformten Gr613en werden schlieBlich sog. StelIgliedem zugeleitet, die in der Lage sind, die Energiefltisse und damit die pkysikalischen Zust~tnde des betrachteten Ausgangssystems einzustellen.

Alle drei Formen der Ger~iteelemente, n~mlich ,,Mei3umformgtieder", ,,Verarbeitnngsglieder" nnd ,,Stellglieder", nehmea an ihrer Eingangsseite Zu- standsgrSBeit auf und geben, dadureh ausgel6st, all ihrer Ausga~lgsseite entspreckende Befehle ab. Sowohl bei den eingehenden Ms anch bei den weitergegebe~en GrSBen ist nur ihr Informatioasinhalt yon Bedeutung,

Fig. t. Beeinflussung einer Aus- gangsgr613e x~ dutch eine Ein- gangsgrSBe x~ in einem SteIIg~ied durch Drosselung eines Energie- flusses. Gezeigt sind ger~iteteeh- b nisehe Beispiele. Fall a : Drosse- lung eines Fltissigkeits- oder Gasstromes dnreh ein einstelI- bares Ventil. Fall b : Drosselung eines elektrisehen Stromes dutch C den am Gitter einstellbaren Widerstand einer Elektronen- rShre. Fall e : Wie Fall b, jedoeh unter Verwendung eines Tran- sistol~. Fail d: Wie Fag b, je- doeh unter Verwendnng eines d Widerstandes, der dutch einen

meehaniseh versehiebbaren Abgreifer einstellbar ist o

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der angibt, welche Zahlenwerte der einzelnen Zust~nde yon ihnen dargestellt werden. Der yon Ger~t zu Ger~t flieBende EnergieflHB ist dagegen yon untergeordneter Bedentung. Dies ergibt sick arts einer eingehenderen Betrachtung der Banglieder, wie im folgenden ge- zeigt sei.

Bauglieder der Regdung u~d Steueru~cg Die Beeinflussung der AnsgangsgrSBe eines Bau-

gliedes dutch seine Eingangsgr6Be erfolgt zumeist durch mehr oder weniger starke Drosselung eines Energieflusses. Einige typische ger~itetechnische Bei- spiele dazn sind in Fig. t dargestellt.

Fig. t a zeigt einen Fliissigkeits- oder Gasstrom, der dutch ein einstellbares Ventil gedrosselt wird. In Fig. t b ist das gleiche Verfakren ft~r dell elektrisehen Strom gezeigt, der durch eine zwischengeschaltete ElektronertrShre beeinfluBt wird. An Stelle einer R6hre kann ein Transistor treten, Fig. t c, nnd schlieBlich kann auch ein mechanisch einstellbaxer SchMfwider- sta~d die gleicke Aufgabe tibernehmen, Fig. 4 d.

Gerade an dem letzten Beispiel ist der Mechanismus derartiger Ger~ite am leichtesten zu erkennen. Die yon auBen her eiIlgestellte Eingangsgr6Be x~ ist kier der Weg des Schleifers. Zu seiner Verstellung ist eine gewisse Kraft aotwendig, nm die Schleiferreibnng zu iiberwinden. Bei Verstellung des Schleifers mug somit ein mechanischer Energiebetrag aufgebracht werden. Entscheidend ist nun, dab dieser Energiebetrag nicht im Ausgang des BaugIiedes erscheint. Er flieBt viel- mehr bier nngenntzt als W~irmee~ergie ab. Der mit

t4

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18~ w. Om,~L:r: Ein Blick in die Welt der Automaten Die Natur- wissenschaften

der Ausgangsgr6Be x~ nlitzbare Energieflug ist in diesem Beispiel dagegen elektriscke gnergie, die voll- st~indig aus einer (irt Fig. l d nicht gezeictmeten) elektrischeli Energiequelle stammt. Eingangs- und Ausgangsgr6Be geh6ren somit bier zwei vollst~iudig getreunten Energiekreislgufen an.

Die Stellung des SchIeifers ist ein MaB ffir die Eingangsinformation. Sie,,steuert" den Energiestrom,

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~.hnliche Wirkungen lassen sich auch bei der Emrgieum/ormu~cg erzielen. So kann beispMsweise die am Anker eines eIektrisehen Generators zur Ver- ftigung stehende Energie (als Ausgangsgr6Be) dutch Einstellen des Feldstromes (als Eingangsgr6Be) ge- steuert werden.

Fig. t zeigte typische Ausffihrungsformen yon Stellgliedern. Aber auch die anderen Bauglieder, die als Mel3nmformer oder Informationsverarbeitungs- glider wirken, werden so gebaut, dab sie ebenfalls die Eigensehaffen dues gerichteten, rt~ckwirkungs- freien i3bertragungsgliedes erhalten. Damit kann eine automatisch arbeitende tectmische Aiilage aufgefaBt werden Ms ein Netzwerk aus einzelnen Baugliedern, die untereinartder Information weiterreicheu. Ein sol- ckes Netzwerk ist im allgemeinen in uniibersicktlicher Weise aus vielen Gliedern zusammengesetzt. Unter den mSglicken Zusammenschaltnugen hat die Kreis- schaltung besondere Bedeutung. Sie wird als ,,Regel- kreis" bezeictmet und im folgenden Ii~iher erliilitert:

Fig. 2. Das Signalflugbild des Regelkreises. Die in das obere K~st- then eingezeichnete Kurve stellt seine ,,Kennlinie x2=f(&)" dar. Man denke sick beispielsweise in dem K~istchen eine ElektronenrShre in derin Fig. t b gezeigten Schaltung. Ei~e andere geriitetechnische

Verwirklichung dieses Signalflugbildes zeigt Fig. 3

der mit der Ausgangsgr6Be verbunden ist, und damit die yon tier Ausgangsgr6ge weitergegebene Informa- tion. Dieser Steuervorgang erfolgt nut in einer Rick- tung, n~tmlich vom Eingang zum Ausgang kin lind ist ,,rfickwirkungsfrei", denn Anderungen im (elektri- scken) Ausgangskreis, die yon dritter Seite herrfikren

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Fig. 3. Rin gerXtetechnisches Beispiel eines Regelkreises. Elek- trischer Eingang bei &, mechanischer Ausgang bei xa. Zur Beeiu- flussung der als Weg auftretenden AusgangsgrSBe x~ dient hier der Druck in einem Fliissigkeitsstrom, der durch ein Ventil (Fall a a u s Fig. t) gesteuert wird. Dieses Ventil wird elektromagnetisch dutch zwei Spulen versteltt, yon denen die eine die als elektrische Spamlung auftretende EingangsgrSge ~ aufaimmt. Die andere Spule wird yon der AusgangsgrSl3e x~ her beeinfluBL wobei eine Kondensator- Widerstaud-Schaltung dazwischen gesehaltet ist, die differenzie- rende Wirkung hinzuaddiert und damit die Eigenschwingungen des

Regetkreises d~mpft

(z. B. Erk6kung der Spannung der elektrisckeli Strom- quelle) beeinflussen die Eingangsgr6Be (a~imlick die Schleiferstellung) uicht.

Durck die Trennung tier Energiefliisse yon Ein- gang u M Ausgang l~Bt sick solehen Baugliedern leicht eine Verst~rkereigensehaft geben. In Fig. t d kann beispielsweise die zur Schleiferverstellung ben6tigte meckanische Eingangsenergie alif einfache Weise durck einen reibungsarmeli Schleifer viel geringer gehalten werden Ms die dadureh gesteuerte elektrische Ausgangsenergie.

Der Regelkreis Die einzelnen Gr6Ben im Kreis, die die Informa-

tionen fiber die Zust~nde der Anlage tragen, werdea ,,Signale" genannt. Die Weitergabe dieser Signale von Ger~t zu Ger~t wird in einem ,,SignalfluBbild" dar- gestellt. Fiir den Regelkreis zeigt Fig. 2 eine solche Darstellung. AuBer dem gewfinschten Eingang x, treten meist auch noch unerwfinschte und deshalb st6rende InformationseingSnge auf. In Fig. 2 ist ein solcher Eingang mit z 1 bezeicimet. In der Kreis- schaltung des Regelkreises wird au einer Stelle eine Vorzeichenvertauschung vorgenommen. Sie bewirkt, dab ein im Kreis vorkandenes Signal beim Weiter- laufen mit negativem Vorzeichen an seiner Anfangs- stelle ankommt und damit seine eigene Wirkung abschw~eht.

Der Regelkreis erhSlt darn it die Eigenschaft, st6rende Gr6Beu (vie beispielsweise die Gr6Be zl) in ihrer Auswirkung zu bek~mpfen. Mall benutzt des- halb solche Regelkreise in der Technik, um bestimmte Zustandsgr6Ben einer Anlage auf vorgegebene Werte zli bringen und dort zu hMten. Um am Ausgang des Kreises die dort meist verlangteu groBeu Ausgangs- energien darzustellen, werden im Vorw~rtszweig des Regelkreises Stellglieder verwendet. Der Rfiekw~rts- zweig dagegen kann auch aus energievernichtenden Elementen aufgebaut werden, da an seinem Eingang der hohe Energiespiegel der Ausgangsgr6Be zur Ver- ft~gung steht.

Fig. 3 zeigt als Beispiel dell gergtetechnischen Auf- bau eines Regelkreises. Als Ausgangsgr6Be ist der Verstellweg eines federbelasteten Kolbens vorgesehen. Der Kolben wird hydraulisck Verstellt, indem ein Druckmittelstrom durch ein Drosselventil beeinflul3t wird. Diese Beeinflussuug erfolgt auf elektromecka- niseke Weise, indem auf einen mit dem Drosselventil verbundenen Magnetkern yon zwei feststehenden Spu- len mekr oder weniger groBe Kr~tfte ausgetibt werdeu. Auf die eine Spule wird die Eiugaugsgr6Be x~ gegeben, die kier also eine elektriscke GrSBe (z. B. Strom oder

�9 Spanuung) ist. Auf die andere Spule wirkt die vom Ausgang her zurt~ckgemeldete Gr6Be. Aueh sie muB eiae elektrische Gr6Be sein, weswegen im Rfiekw~irts- zweig ein meehanisch-elektrisches Umformglied in Gestalt eines Stellwiderstandes eingebaut ist, um die

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Heft 7 W. OPPELT: E in Blick in die W e l t der A u t o m a t e n 187 1961 (Jg. 48)

mechanische AusgangsgrSBe x, in eine elektrische GrSBe umznformen.

Die gezeigte Anordnung kann jetzt beispielsweise dazu dienen, u m b e i % eine mechanische Bewegung vorzunehmen, die von x, her gesteuert wird [4]. Falls als Ausgang keiil mechaniscker Weg, sondern bei- spielsweise eine Temperatur, ein Druck oder eine elektrische Spannung geregelt werden soll, &nil wird im Grunde die gleiche Anordnung benutzt, nur dab die entspreckenden Bauglieder jetzt den andersartigell zu regelnden Zust~nden angepal3t sind.

Probleme der Regelu~gstechnik

Aus der Betrachtung des ger~itetechniscken Bildes (Fig. 3) kSilnte der SchluB gezogen werden, dab ge- niigende Kenntnis gefiitetechnischer Bauformen aus- reiche, um die jeweils gestellten Aufgaben durch Zusammenstelhllg geeigneter Bauglieder zu 15sen.

Dies ist nicht der Fall. Dean die Aufgabenstelhng veflangt ein bestimmtes dynamisches Verkalten des Systems. Zu einem gegebenen Verlauf der Eingangs- grSBe soil ein anderer gegebener Verlauf der Ausgangs- grSge gehSren. Der Entwurf der Anlage mnB deshalb zuerst im Abstrakten erfolgert, bevor koilkrete gergte- techiliscke LSsungen gefunden werden kSiiilen. Dies gibt der Theorie nnd der Mathematik ftir das Gebiet der Regelungstecknik ein besonderes Gewicht.

Besondere mathematische Verfahren wurden ertt- wickelt, um die Synthese und Analyse yon Regelvor- g~ngen durckzufiihren.

Diese Verfahren geken aus yon HEAVlSlDEs Opera- torenrechnung, die in der Laplace-Transformation eine strenge matkematische Begrtindung gefunden hat. Jedes Bauglied im Signalflul3bild (z. B. in Fig. 2) wird in seinem Verhalten durch nine Operatorfunktion gekennzeichilet. Der Gesamtstruktur nines Signalflul3- netzes kann dann ebenfails ein Operator zugeordnet werden, tier sich aus den einzelnen OperatoreI1 aufbaut. ])as SignalfluBbild mit seinen ibm zugeordneten mathematischen Beziehungen erMlt auf diese Weise zentrale Bedeutung far die Behandlung eines Regel- problems. In ibm finden alle ftir das Verhalten mal3- gebenden GrSBen ihren Platz, and ans ihm k6nnen alle diesbezi~glicken Aufgabea gelSst werden.

Solche Aufgahen bestehen beispielsweise in der Untersuckung der Stabili~dt eines Regelsystems. Die dutch die Kreissckaltung eines Informationsflusses im Regelkreis gegebene Beeinfhssung einer GrSBe durch sick selbst kann bei ungtinstiger Wahl der Ger~tedaten instabil werden. Der Vorgang beruhigt sich dann nicht mehr in einem ]3eharrungszustand, sondern fiihrt ent- weder atifklingende Schwingungen aus (oszillatoriscke Instabilit~it) oder entfernt sick gleichf6rmig immer welter vom Anfangszustand (monotone Instabilit~t).

Instabile Regelvorg~tnge sind naturgem~ig nieht brauckbar, und es sind eine Reihe yon mathematischen Verfahreil entwickelt worden, urn Regetkreise auf ihre Stabilit~t zu priifen. In Fortftihrung dieser Verfahren k6Imen schlieBlich Beziehungen gefunden werden, denen Zusatzglieder geniigen mtisseil, die zus~tzlich in Regelkreise eingebaut werdeil und so bemessen sind, dab mit iknen zusammen der Kreis ein vorgesckriebe- nes Verhalten zeigt. Diese Verfahren ftihren yon einer analytischen Betrachtung gegebener Anlagen zu einem synthetischen Entwurf gtinstigster Regelanlagen.

Obliche industfielle Regler k6nnen mit verschiede- lien zu regelnden Anhgen gekoppelt werden. Sie sind deshalb so gebaut, dab an Einstellkn6pfen ihre weseIlt- lichen Dateil eillgesteltt werden kSnnen, damit sich zusammen mit der~ Eigenschaften der zu regelnden Anlage ein brauchbarer Regelvorgang ergibt. Diese Einstelhng des Reglers wird im allgemeinen bei der ersten Inbetriebsetzuilg der Anlage durch besonders ansgebildete Ingellieure vorgenommen.

SeIbsteinstelle~de Regelkreise

Der einfache Regelkreis kann nun durch eineil iibergeordneten weiteren Regelkreis zu einem ,,selbst- eiilstellenden" Regelkreis ausgebaut werden. Der iiber-

"geordnete Kreis ver~trdert solange die Einstellung der Daten des untergeordneten Kreises, bis beispielsweise vorgegebene Gtitekriterien fiir den Regelvorgailg er-

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zu rqelnde z21 An lqe

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zur Eihslellmgl R~ ] der A~nnwert~ I ~ I des Reglers R;,'

Fig. 4. Ein Beispiel fiir den Sigrlalflugplan eines selbsteinstellenden Reglers. Als einzustellender Regelkreis ist der in Fig. 2 gezeigte Kreis benutzt und hier durch verst~rkt gezeichnete Linien hervor- gehoben. Die Einsteilung der Daten des Reglers dutch den fiber- geordneten Regelkreis kann ger~tetechnisch beispielsweise durch

nine ELurichtmlg erfolgen, die in Fig. 5 gezeigt ist

MeBumt'ormer

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fiillt sin& Er tibernimmt clamit gMchsam die T~itig- keit des oben genannten Einstellingeilieurs.

Diese Anordnung hat auf diese Weise einen hSheren Grad an Anpassungsf~kigkeit erhaltell, als sie der ein- fache Regelkreis besaB. Dieser konnte zwar im wesent- lichen die Wirkuilg von St6rgr6gen ausgleichen, doch war er verh~iltnism~il3ig machtlos gegea gr613ere Ande- rungen der Eigensckaften der zu regelnden Anlage. Der tibergeordnete Regelkreis veriindert dagegell auch die Eigenscha/ten des untergeordneteil Reglers and pal3t diesen damit den Verfiaderungen der ztt regelnden Anlage an.

Ein Beispiel eines solchen Systems ist in Fig. 4 gezeigt. Stark ausgezogen ist dort der einfache Regel- kreis aus Fig. 2 dargestellt. Die Kennwerte seines Reglers R 1 werden durch einen iibergeordneten Reg- ler Rg. eiilgestellt. Dieser Regler erhiilt seine Befehle voil einem MeBumformer, der beispielsweise die Diimpfullg der im untergeordnete~l Kreis geregelten Gr613e X~ miBt. Diese Messung kailn jetzt llicht nur auf Grund einer Erfassilng der GrSBe x~ selbst erfolgeil, sondem es mug das Bewegungsverhalten der betrach- teten GrSBe x~ in VergMch gesetzt werden zu den verursachenden AnstSBen, die im betrachteten Bei- spiel im wesentlichen yon der St6rgrSBe z 1 ausgehen sollen. Der MeBumformer muB deshalb bier sowohl x~

t 4 '

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Die Natur- 188 W. OPP]~LT: E i n Bl ick in die W e l t der A u t o m a t e n wissenschaften

als auch z 1 erfassen uiid aus dem zeitlicheii Verlauf beider Gr6Ben nach einem sog. Korrelationsverfahren eine geeignete EiiigaiigsgrSBe ftir den Regler R~ bildell.

Ein solches System hat bereits gewisse Eigen- schafteii, die als ,,Lernfgtfigkeit" bezeichiiet werdell k6iiiien, denii es ,,leriit" sich deii Ver~inderuiigeii seiiier Umwelt anzupasseii. Bei der ger~tetechllischenDurch- ftihrung dieses Vorganges zeigen sich neben aiiderem immer wieder zwei typisehe Bauglieder:

Einmal treten MultiPlizierglieder auf, mit derell Hilfe die Daten des einzustelleiideii Reglers ge/iiidert werden.

Zum andereii werden In/ormationsspeicher beniitzt, um die einmal eingestellteii Daten festzuhaltell.

Beide Elemeiite siiid oft ger~tetechrdsch vereinigt niid danii IIicht mehr ohiie weiteres als diese Grulld- formeii zu erkeiillen. So zeigt beispMsweise Fig. 5 eiiien Eiiistellwiderstaiid zur Eiiistelluiig yon Dateii des Reglers. Dieses Ger~it stellt eiiieii Miiltiplikator dar, deiin die abgegebeiie Spallnuiig x a ist das Produkt

Xet ~ l y ~ txa=c~

Fig. 5. Einstellwiderstand zur Einstellung der Daten des Reglers

aus angelegter Spaiiiiung x~ und Einstelluiig y~. Das Ger~it ist jedoch auch gleichzeitig eiii IIIformatioiis- speieher ftir dell Wert y~, da dutch die Schleifer- reibuiig der eiiigestellte Weg y., so lange festgehalten (gespeichert) wird, bis eine Neueillstellullg erfolgt.

Beziehungen zwischen Regelungstechnik und Biologie Der IIIgenieur hat die Regeluiigsanlagen der

Technik entwiekelt, ohr~e zu wissen, dab sich ~ihn- liche Vorg~tiige im biologischeii Bereich abspieleii. Erst in IIeuerer Zeit wurden diese Parallelen auf- gedeckt [5].

Es stellte sich dabei die erstaunliche Tatsache heraus, dab biologische Regelsysteme iii der gleichen Weise aufgebaut siiid wie die Regelsysteme der Technik und dab sie deshalb auch mit deii gleichen Verfahreii zu beschreibeii siiid. Auch ftir biologische Regelvorg~nge lassell sich IIIformatioiisfluBdiagramme aiigebeii, auch biologische Regelsysteme lasseii sich ill Eillzelglieder aufteilen, die Informatioiien gerichtet weitergebeii.

Auf diese Weise siiid viele RegelvorgSnge, die innerhalb des Organismus lebeiider Wesen auftreten, aufgekl~rt wordeii. Erinnert sei beispielsweise IIur an die Blntdruckregelung, an Regelvorg~inge, die mit dem Sehvorgang zusammeiih~iiigell, uiid an die vielen vegetativen Regelungsvorg~iiige.

Aber nicht nur Vorg~llge iiiiierhalb des Organismus sind als Regelvorgiinge zu deuteii. Auch das Verhaltell eiiies lebeiiden Weseiis Ms Gaiizes in seiiieii Wechsel- wirkuiigeii zur Umwelt l~iBt sich auf diese Weise be- schreiben. Damit wird schlieBIich auch das Gruppen- verhalteii mehrerer Einzelwesen durch Signalflugbil- der darstellbar. Vor allem Vorg~nge im volkswirt- schaftlichen Bereieh siiid mit diesen Hilfsmitteln be- haiidelt wordeii [6].

Modellsysteme Das Zurtickftihreii des Verhalteiis voii Regelvor-

g/iiigen auI die Beschreibuiig voii SigiialfluBbildern hat den Ingenieur veraiilaBt, sich Itir solche Signal- fluBbilder Modellsysteme zu schaffeii, um mit deren Hilfe gegebelle Systeme mtihelos abbilden zu k6niiell. Diese Abbilduiig erfolgt im allgemeineii dutch elektro- llische Bauteile, die in ihrer Gesamtheit eine ,,elektro- nische Recheiimaschine" darstelleii.

Mit eiitsprecheiideii elektroiiischen Modelleii ftir das Verhalten lebeiider Organismeii scheiiit der Mensch erneut als Erbauer ,,ktinstlicher Tiere" uiid ,,ktinst- licher Menschen" in Erscheinung treteii zu wolleii. Der Sinn dieser Bemtihuiigen ist jedoch heute darauf gerichtet, dutch solche Modellsysteme tiefereii Ein- blick iii diejenigeii Zusammenh~iige zu erhMteii, welche das Verhalten lebender Wesell bestimmeii. Von diesem Gesichtspuiikt aus kaiin der Weft dieser Modell- systeme IIicht hock geiiug veranschlagt werdell. Vor dem Ball eines solchen Modells -- das auf neuzeitlichen Rechenmaschiiieii Ieicht dutch geeigiietes Zusammell- schalten vorhaiideiier Elemente verwirklicht werdell kaiin -- mul3 ja eine weseiitlich genauere Vorstelhmg voii dem Zusammeiiwirken der IIachzubildelldeii Vor- g~tnge erarbeitet seiii, als es bei der bisherigeii rein beschreibeiiden Behandlung dieses Gebietes llotwendig w a r .

Die Besch~iftigung mit solchen ModellsystemeIi erzwillgt damit eiiierseits eine bis ins Quantitative gehende Pr~izisierung, erm6glicht dann abet auf der andereii Seite altch neue Aussagen tiber das Verhaltell des nachgebildeten Systems, iiidem dieses neuen ~ugereii Gegebellheiten urtterworfeii wird, die bei seiller Naehbildung IIoch nicht in Erw~igung gezogell wurden. Die Uiitersuchuiig des Modells regt so zu weiteren, gezielteii Untersuchungen des wirklichen Systems an, deren Ergebllisse am Elide wieder zu einer Verbesseriiiig des Modells benutzt werden.

Der Raum der In/ormationszusammenhiinge Das' Verhalteii der Modellsysteme kaiin schlieBlich

vollst~ndig durch SignalfluBbilder nnd durch die zu- geh6rigeii mathematischeii Gleichungeii beschriebell werdell, h i dieser Form miiB deshalb auch die am weitesteI1 abstrahierte Darstellung des Verhaltells biologischer Organismeii erfolgen, n~mlich IIicht Ms eiiie Beschreibung im diiiglicheii Raum, soiidern als eille Darstelluiig voii Illformatioiiszusammeiih~llgen.

Wir k6nnen damit lluiimehr IIebeii den drei- dimensioiialeii Raum der Materie uiid Eiiergie, der bisher allein voii der Naturwissellschaft durchforscht wurde, eiiien allderen nichtmaterielleii Raum stellen, in dem eiiie Beschreibung von Zusammeiih~ngell erfolgt, die dutch IIIformatioiisaustausch eiitsteheii. In ihm geltell andere Gesetze, die uns heute erst zu eiiiem kleillell Tell bekaniit siiid. Seine DurcMor- schullg ist voll der Naturwissenschaft her in Aiigriff geiiommeii wordeii [7], obwohl er als nichtmaterieller Raum aueh voii der Geisteswissenschaft her h~tte betreten werdeii k6nneii. Seine weitere Eroberuiig wird an dieser Stelle zu eiiier Ann~iherung voii Natur- and Geisteswissenschaft ftihreii und tiberraschende Aufsehltisse erwartert lasseii.

Siiid doch in eiiiem Weltbild, das nicht llur aus dem materiellen Raum allein besteht, solldern danebell

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Heft 7 B.L.VAN Dt;R WAERDEN : Pollenk6rner, Punktver tef lungen auf der Kugel 1 8 9 t961 (Jg. 48)

als weiteren Raum das Gebiet der Informationszu- sammenh~inge Ms naturwissensehaftlich durchforsch- bar ansieht, attch Erscheinungen einzuordnen, die bisher als aul3erhalb jeder exakten naturwissenschaft- lichen Darstellnng stehend angesehen werden mul3ten.

Literatur [1]Vgl. dazu z.13. JONGER, E.: Das Sanduhrbuch, S. 109.

Frankfurt (Main): W. Klostermann t954. (Die dort ervc~ihnte 13e- gebenheit ist jedoch nicht geschichtlieh tiberliefert.) - - [Z] Vgl. dazu z.13. IKIAULEHN, W.: Die eisernen Engel, S. 117. Hamburg: Rowohlt 1953. - - [3] Vgl. dazu z. 13. OPPELT, W. : Kleines Handbueh teehniseher Regelvorg~inge. Weinheim a.d. ]3.: Verlag Chemie t960. - - [4] Im deutsehen Sprachgebraueh wird zwischen ,,regeln" und ,,steuern" unterschieden, ~gl. z.B. dazu: DIN 19226 Regeh~ng~s-

technik, 13enennungen und Bezeichnungen. Berlin u. KSIn: Beuth- Vertrieb 1952. Naeh der wichtigsten Verbindung zweier Glieder, dem Regelk~:eis, wird das Gesamtgebiet ,,Regelungsteehnik" ge- Haunt. Es umfal3t damit auch die Steuerungsvorg~inge, bei denen die Glieder in Kettenform hintereinandergeschaltet sind. - - [5] Vgl. dazu z. t3. RegelungsvorgS-,lge in der 13iologie, zusammengestelIt yon H. MITTELSTAEDT. Miinchen: Oldenbourg t956. WIENGR, N.: Cybernetics or eontroI and communication in the animal and the machine. New York: J. Wiley t948. - - [6] VgL dazu z.13. Volks- wirtschaftliche Regelvorg~inge im Vergleich zu Regelungsvorg~tngen der Technik, zusammengestellt yon H. GI~YER und W. OPPELT. Miinchen: Oldenbourg 1957. - - [7] Vgl. dazu SHANNoN, C.E.: Bell System Techn. J. 27, 379~423, 623--656 (t948).

Darmstadt, Institut f~r Regel~ngstechnik der Technischen Hoch- schule.

Eingegangen am t6. Dezember 1960

Pollenk6rner, Punktverteilungen auf der Kugel und Informationstheorie*) V o n B. ~,. VAN DER WAERDEN, Z i i r i c h

Es war ein biologisches Problem, das den Anlal3 gab zu der mathematischen Untersuchung, fiber die ich heute berichten will. Es gibt PollenkSrner, die kugelfOrmig sind und auf denen die Austrittstellen fiber die gauze Oberfl~iche verteilt sin& Die Austritt- stellen auf PollenkSrnern sind die Stellen, wo nachher bei der Befruchtung der Pollen austreten karm. Sic sind vorgebildet schon vor der Befruchtung, man kann sic sehen. Das sieht z. ]3. bei der Art Ipomoea purpurea ungef~ihr so arts: Auf der ganzen Kugeloberfliiche be- findet sich eine Anzaht Anstrittstellen, die unregeI- miigig verteilt sind. Bei anderen Arten gibt es weniger Austrittstellen, z.]3. bei Fumaria capriolata. Da gibt es 6, 8 oder t2, in einzelnen Ffillen anch 7, 9 oder t0, meistens aber 6, 8 oder t2 Austrittstellen.

Ich zeichne Bier (Fig. t) einen Fall, in dem es 6 Austrittstellen gibt, eine im Nordpol der Kugel (in meiner Zeichnung gamz vorne, in der Mitte des ge- zeichneten Kreises), ferner 4 Austrittstellen am Aqua- torkreis (eine unten, eine rechts, eine oben und eine links), und dann noch eine Austrittstelle am Sfidpol, die Sie in dieser FigHt nieht sehen kSnnen. Es gibt Arten, die regelm~iBig 6 Anstrittstellen in dieser An- ordnung haben; es gibt andere Arten, die 4 Austritt- stellen haben, in den Eckpunkten eines Tetraeders, das der Kugel einbeschrieben ist.

Nun hat der Biologe TAMMES 1) die Anzahl und Anordnung der Austrittstegen bei vielen Arten unter- sucht, u n d e r hat dabei folgendes gefunden : Die Zahlen 4, 6, 8 und t2 sind bevorzugt; 5 kommt nicht vor, 7 ist selten, 9 und t0 sind auch selten; t l kommt praktisch nicht vor. Ferner hat er festgestellt: Die Anzahl der Austrittstellen ist nicht genetisch kon- stant. Bei derselben Art Fumaria capriolata gibt es manchmal 6, manchmal 8, manchmal 12 Austritt- stellen. Das h~ingt ab yon der GrSt3e des Pollenkorns. Die GrSge des Pollenkorns variiert bei derselben Art, bei derselben Pflamze sogar. Je nachdem, wie grog die Kugel ist, gibt es da 6, 8 oder t2 Austritt- stellen.

Weiter hat TAMMES gefunden, dab der Abstamd zwischerz benachbarten Austrittstellen ungefiihr kon-

*) Vortrag, gehalten auf der 101. Versammlung der Gesellschaft Deutseher Naturforscher und Arzte am 26. September 1960 in Han- nover.

1) TAMMES, P.M.L.: On the origin of number and arrangement of the places of exit on pollengrains. Diss. Groningen 1930.

stamt ist. Die Austrittstellen brauchen offenbar einen Mindestraum. Sie mtissen einen gewissen Mindest- abstand einhalten, und dieser Mindestabstand ist naeh seiner Hypothese genetisch bedingt. Dagegen ist die Gr6Be der Kugel variabel, und je nachdem, wie vide anf der Kugel Platz haben, werden mehr oder weniger Austrittstellen entwickelt. Das hat zur Folge, dab die Anzahl der Austrittstellen ungef~hr proportional der Oberfl~che der Kugel ist.

Dieses Gesetz hat er sehr gut besfiitigt gefunden. Es existiert eine lineare Kor- relation zwischen der Ober- fl/iehe der Kugel und der

Fig. t. Kugel mit sechs Anstrittstellen

Anzahl der Austrittstellen. Diese lineare Korrelation hat einen sehr hohen Korrelations-Koeffizienten, so dab man eine fast lineare Abh~ingigkeit finder.

TAM~ES hat sich die Frage gestellt: Wie viele Punkte haben bei gegebenem Mindestabstand auf einer Kugel Platz ? Er hat diese Frage zun/iehst nicht exakt mathematiseh, sondern empirisch untersucht, indem er einen Gummiball genommen hat und einen Zirkel. Mit clem Zirkel hat er auf dem Gummiball Kreise l~eschrieben von gegebenem Radius. Er hat dann antersucht, wie viele solcher Kreise auf der Kugel Platz haben. Er hat den Radius variiert, ein bigchen grSBer und kleiner gemacht, und er hat empirisch folgende Resultate gefunden: Wenn die Kugel ~o grog ist, dab 5 solctle Kreise Platz haben, damn haben amch 6 Platz, und zwar in den Ecken eines Oktaeders. So erld~irt er die Vorliebe tier Natur ffir die Zahlen 4 mid 6 und die Abneigung gegen die Zahl 5. Ebenso hat er empirisch gefunden: Wenn 1t Platz haben, damn haben auch t2 Platz, n~imlich in den Ecken eines Ikosaeders. Das erkl~irt, warum die Zahl t I nicht vorkommt, sondern nur 12.

Nun fragt er: Warum komlnt die Zahl 7 so selten vor ? Wenn 7 Punkte Platz haben, so braucht man die Kugel nur ein wenig grSBer zu machen oder die Kreise ein wenig kleiner, damn haberr:gleich 8 Platz. Dagegen mug man die Kugel wieder viel grSger machen, damit 9 Platz haben. So erkl~rt sich die Bevorzngung der Zahlen 6, 8 und 12.