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Das XENON- Projekt Dunkle Materie ans Licht gebracht Max-Planck-Institut für Kernphysik Hausanschrift: Saupfercheckweg 1 69117 Heidelberg Postanschrift: Postfach 103980 69029 Heidelberg Tel.: 06221 5160 Fax: 06221 516601 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.mpi-hd.mpg.de Ansprechpartner: Prof. Dr. Manfred Lindner Tel.: 06221 516800 E-Mail: [email protected] Dr. Hardy Simgen Tel.: 06221 516530 E-Mail: [email protected] über ein Edelgas-Massenspektrometer, das so kleine Kryp- ton-Spuren nachweisen kann. Die notwendige Proben-Auf- bereitungsprozedur ist fertig entwickelt, so dass diese Mess- methode dem XENON-Projekt voll zur Verfügung steht. Das radioaktive Edelgas Radon muss sogar permanent aus dem Xenon heraus gefiltert werden, da es durch radioakti- ven Zerfall von Radium auch im Detektor selbst entsteht. Das MPIK setzt die weltweit empfindlichsten Gammastrah- lungs-Detektoren und Proportionalzählrohre ein, um Mate- rialien allerhöchster Reinheit für den Bau von XENON1T auszuwählen. Dennoch lassen sich Spurenverunreinigun- gen mit Radium nicht hundertprozentig vermeiden und eine online Radonentfernung ist notwendig. Radon lässt sich aus Xenon im Prinzip mit Hilfe einer Aktivkohlesäule bei tiefen Temperaturen entfernen. Das MPIK hat für diese anspruchsvolle Reinigungsaufgabe eine Mobile Radon-Extraktions-Anlage (MoREx) entwickelt, mit der die Effizienz der Radon-Extraktion bei realisti- schen Bedingungen getestet wird. Mit MoREx werden die relevanten Parameter bestimmt, die zur Konstruktion der großen Reinigungsanlage für XENON1T notwendig sind. Lichtsensoren Entscheidend für XENON1T sind auch zuverlässige, hoch- empfindliche und reine Lichtsensoren, die lange Zeit pro- blemlos bei etwa –96°C funktionieren. Die vielverspre- chendste Lösung sind für diese Anwendung optimierte PMTs (kurz für englisch: Photo Multiplier Tubes), die eine sehr geringe Radioaktivität besitzen. Diese Lichtsensoren werden zur Zeit unter anderem am MPIK ausgiebig auf Reinheit, Stabilität und Kryokompatibilität getestet. MoREx: Eine Anlage zum Test der Online-Radonreduktion für XENON1T.

Tel.: 06221 5160 Projekt Fax: 06221 516601 E-Mail: info ... · Das XENON-Projekt Dunkle Materie ans Licht gebracht Im Juli 2012 wurden die jüngsten Ergebnisse veröffentlicht: Nie

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Das XENON-Projekt

Dunkle Materie ans Licht gebracht

Max-Planck-Institut für Kernphysik

Hausanschrift: Saupfercheckweg 1 69117 Heidelberg

Postanschrift: Postfach 103980 69029 Heidelberg

Tel.: 06221 5160 Fax: 06221 516601

E-Mail: [email protected] Internet: http://www.mpi-hd.mpg.de

Ansprechpartner: Prof. Dr. Manfred Lindner Tel.: 06221 516800 E-Mail: [email protected]

Dr. Hardy Simgen Tel.: 06221 516530 E-Mail: [email protected]

über ein Edelgas-Massenspektrometer, das so kleine Kryp-ton-Spuren nachweisen kann. Die notwendige Proben-Auf-bereitungsprozedur ist fertig entwickelt, so dass diese Mess-methode dem XENON-Projekt voll zur Verfügung steht.

Das radioaktive Edelgas Radon muss sogar permanent aus dem Xenon heraus gefiltert werden, da es durch radioakti-ven Zerfall von Radium auch im Detektor selbst entsteht. Das MPIK setzt die weltweit empfindlichsten Gammastrah-lungs-Detektoren und Proportionalzählrohre ein, um Mate-rialien allerhöchster Reinheit für den Bau von XENON1T auszuwählen. Dennoch lassen sich Spurenverunreinigun-gen mit Radium nicht hundertprozentig vermeiden und eine online Radon entfernung ist notwendig.

Radon lässt sich aus Xenon im Prinzip mit Hilfe einer Aktivkohlesäule bei tiefen Temperaturen entfernen. Das MPIK hat für diese anspruchsvolle Reinigungsaufgabe eine Mobile Radon-Extraktions-Anlage (MoREx) entwickelt, mit der die Effizienz der Radon-Extraktion bei realisti-schen Bedingungen getestet wird. Mit MoREx werden die relevanten Parameter bestimmt, die zur Konstruktion der großen Reinigungsanlage für XENON1T notwendig sind.

LichtsensorenEntscheidend für XENON1T sind auch zuverlässige, hoch-empfindliche und reine Lichtsensoren, die lange Zeit pro-blemlos bei etwa –96°C funktionieren. Die vielverspre-chendste Lösung sind für diese Anwendung optimierte PMTs (kurz für englisch: Photo Multiplier Tubes), die eine sehr geringe Radioaktivität besitzen. Diese Lichtsensoren werden zur Zeit unter anderem am MPIK ausgiebig auf Reinheit, Stabilität und Kryokompatibilität getestet.

MoREx: Eine Anlage zum Test der Online-Radonreduktion für XENON1T.

Das XENON-Projekt

Dunkle Materie ans Licht gebracht

Im Juli 2012 wurden die jüngsten Ergebnisse veröffentlicht: Nie zuvor hat ein so großer Detektor so lange nach Dunkler Materie gesucht und dabei eine so hohe Reinheit erreicht. XENON100 ist diesbezüglich zur Zeit deutlich besser als seine direkten Konkurrenten. Leider konnte in den Daten keine Dunkle Materie entdeckt werden, aber auch dieses ‚Null-Ergebnis‘ ist bemerkenswert, denn XENON100 konnte damit bereits einige Versionen der populärsten Theorie zur Erklärung von Dunkler Materie ausschließen.

Entwicklung von XENON1TWährend XENON100 weiter Daten nimmt, wird bereits die nächste Phase des XENON-Projekts vorbereitet: Das XENON1T-Experiment soll mit etwa drei Tonnen Xenon praktisch alle populären Dunkle-Mater ie -T heor ien überprüfen und dabei hoffentlich endlich auch Dunkle Materie entdecken. XENON1T wird auf der erfolgreichen Technologie von XENON100 basieren und ebenfalls im Gran-Sasso-Unter-gundlabor aufgebaut werden.Zum Hochskalieren reicht es aber nicht, einfach die Xenon-menge zu vergrößern. Es muss auch die verbleibende Störstrahlung weiter unterdrückt werden. Das betrifft die Spuren von Verunreinigungen sowohl in den Baumateria-lien des Detektors als auch im Xenon selbst.

Problematik radioaktiver EdelgaseDie kritischste Störstrahlung stammt von im Xenon gelösten radioaktiven Edelgasisotopen (Radon und Krypton). Obwohl Krypton nur schwach radioaktiv ist, muss sein Gehalt in kommerziellem Xenon auf ein Niveau von unter 1 ppt gedrückt werden (1 ppt bedeutet, dass auf eine Billion Xe-Atome nur ein Kr-Atom kommt), bevor es in XENON1T eingesetzt werden kann. Deshalb wird das Xenon über eine Destillationskolonne gereinigt. Eine Schlüsseltechnologie ist dabei der hochempfindliche Nachweis von Krypton in Xenon. Das MPIK verfügt als eines von wenigen Instituten

sie im XENON-Projekt anhand ihrer seltenen Wechselwir-kung mit Xenon-Atomkernen detektieren. Eine solche würde sowohl ein promptes Lichtsignal, als auch ein leicht verzögertes Ladungssignal erzeugen. Beide Signale wären sehr schwach, so dass ausgeklügelte Verstärkungsmechanismen erforderlich sind, um sie zu registrieren. Das im Experiment verwendete tiefkalte flüssige Xenon ist für den Nachweis beider Signale optimal geeignet und erlaubt es, sowohl auf die Teilchenart als auch auf die deponierte Energie und den Ort der Wechselwir-kung rückzuschließen. Letzteres ist äußerst wichtig, weil es damit möglich wird, nur das Detektorinnere für die WIMP-Suche zu benutzen. Denn obwohl der Detektor aus Materialien allerhöchster Reinheit gebaut wurde, enthält er immer noch geringste Spuren von Radioaktivität. Diese – obwohl Millionen mal schwächer als die allgegenwärtige Umgebungsradioaktivi-tät – führt insbesondere in den Randbereichen des Detektors zu unerwünschten Störsignalen.

Ergebnisse des XENON100-ExperimentsDas XENON100-Experiment läuft seit Ende 2009 mit 162 kg Xenon gut geschützt vor kosmischer Strahlung im italienischen Gran-Sasso-Untergrundlabor. Die Gruppe am MPIK trägt zur Datenanalyse, zur Überwachung möglicher Störstrahlungs-Bei-träge, zu ‚Monte-Carlo‘-Simulationen des erwarteten Signals, zur Interpretation der Daten und zur Detektorwartung bei.

Eine Reihe astrophysikalischer und kosmologischer Beobach-tungen lässt sich nicht mit unserem derzeitigen Wissen über Materie erklären. Bahn-kurven von Galaxien, Bildung von Galaxienclustern oder der kosmische Mikrowellenhinter-grund legen die Anwesenheit einer noch unentdeckten Art von Materie nahe, die etwa 85% aller Materie im Kos-mos ausmacht. Sie wird „Dunkle Materie“ genannt, da sie nicht leuchtet und, falls überhaupt, nur sehr schwach mit normaler Materie in Wechselwirkung tritt.

NachweisprinzipDas XENON-Projekt sucht nach sogenannten WIMPs (kurz für englisch: Weakly Interacting Massive Particles), hypo-thetischen schwach wechselwirkenden schweren Elemen-tarteilchen. Aus theoretischer Sicht sind WIMPs die vielver-sprechendsten Kandidaten für Dunkle Materie, da derartige Teilchen im frühen Universum in ausreichender Menge ent-standen sein sollten. Wenn WIMPs existieren, würde man

Ergebnis der Suche nach Dunkler Materie mit Xenon100 vom Juli 2012: Die schwarzen Punkte stellen alle aufgezeichneten Wechselwirkungen dar. Nach WIMPs sucht man im grün unter-legten Bereich. Die zwei darin gefundenen Kandidaten können durch die verbliebene Störstrahlung erklärt werden und sind noch kein Hinweis auf Dunkle Materie.

Skizze des XENON1T-Detektors.

Schemazeichnung des XENON100-Detektors.

Detektor-volumen

Lichtsensoren

Lichtsensoren

Gitter

Kathode

Elektronen-drift

„Bullet“-Cluster: Hinweis auf Dunkle Materie.