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Str6mungsmechenik T 181 - ! ZAMM 60, T 181 - T 182 (1970) Theoretische und experimentelle Ergebnisse zum Einflull der ,,Vorgeschichte" bei turbulenten Grenzschichten Von K.-0. FELSOH Die ahnlichen Losungen der turbulenten Grenzschichten (die sog. Bquilibriumsgrenzschichten) sind dadurch gekennzeichnet, daD der Form-Parameter und die Wandbindung unabhangig von x sind. Das heil3t fiir den Fall der Bquilibriumsgrenzschichten ist Fiir beliebige turbulente Grenzschichten ist der Zusammenhang zwischen den Parametern I und 17 nicht mehr eindeutig. Je nach dem Druckverlauf am Rande der Grenzschicht ist die hderung der beiden Para- meter mit der Lauflange x versohieden stark. Der EinfluD der Vorgeschichte macht sich bemerkbar. In diesem Sinne sol1 die Bezeichnung ,,Vorgeschichte" hier definiert sein. In einer fruheren Arbeit wurde vorgeschlagen, die Abweichung vom Bquilibriumszustand durch den im wesentlichen empirisch hergeleiteten Parameter 17 = 17(1) . (3) darzustellen [l] (Rd, ist die mit der Impulsverlustdicke B2 und der Geschwindigkeit ud am Rande der Grenz- schicht gebildete Re-Zahl). Fur dI/d(ln Ad,) = 0, also fiir Bquilibriumsgrenzschichten, geht (4) wieder in (3) uber. Die mit der Funktion (4) in Verbindung mit den Integralbedingungen fiir den Impuls und die mecha- nische Energie bei der Berechnung zweidimensionaler, inkompressibler turbulenter Grenzschichten erzielten Ergebnisse sind befiiedigend, und zwar fiir alle bisher vertiffentlichten Arten von Druckverteilungen [2]. Das Wissen iiber den E M U S der , ,Vorgesohichte" auf die Weiterentwicklung einer turbulenten Grenz- schicht ist noch unbefriedigend. Erst in den letzten Jahren sind einige aufschluDreiche experimentelle Ar- beiten hieriiber veroffentlicht worden (die wichtigsten Beispiele sind in [2] zu finden). Es handelt sich dabei um Grenzschichten mit relativ grol3en Werten des Parameters d I/d(ln RdJ, zumindest in bestimmten Bereichen der Lauflange x. Besonders groD kann der Gradient dI/d(ln R4) in Abloseniihe werden, also bei groDen Werten I und 17. In Abloseniihe sind Experimente bekannt (STRATFORD [3], SPANQENBERQ et a1. [4]). Auch diese Grenzschichten lassen sich mit Hilfe der Funktion (4) berechnen [2]. Man erreicht zwar hier die Grenze der zugrunde gelegten Theorie, kann aber durchaus mit befiiedigenden Resultaten bis an die Grenze heranrechnen. DaO aber auch in beschleunigten Stromungen Grenzschichten mit groDen dI(d(ln Rd,) zu erwarten sind, zeigt eine einfache Oberlegung. dI/d(ln Rd,) llDt sich formal anstelle von dH,,/dx in die Integralbedingung fur die Energie einfiihren (Ha? ist das Verhiiltnis der Energieverlustdicke zur Impulsverlustdicke). Nach d I/d(ln R6,) geordnet erhalt man einen Ausdruck der Form (5) wird abhiingig von H12 fiir Werte von 17 zwischen -0,5 bis -0,76 bei nicht verschwindendem Ziihler unendlich. Untersuchungen an Grenzschichten in beschleunigter Stromung mit grol3em Parameter dI/d(h &,) sind bisher nicht bekannt geworden. Es gibt relativ wenige Messungen an beschleunigten Grenzschichten iiberhaupt. Die bisher veroffentlichten Experimente sind durchweg in gleichmiiDig beschleunigter Stromung durchgefiihrt worden. Da Bquilibriumsgrenzschichten in beschleunigter Stromung relativ stabil sind, erhalt man auf diese Weise praktisch immer nur einen Punkt des I-17-Schaubildes. In einem um n(x) = const = 0 schwankenden Druckverlauf kann eine Grenzschicht erzeugt werden, die ohne die Gefahr der Relaminari- sierung und bei einer mefltechnisch ausreichenden Dicke sehr groDe Gradienten dl/d(ln Rd,) bei negativen l7-Werten hat. Bild 1 zeigt die experimentell gewonnenen Parameter einer solchen Grenzschicht. Es handelt sich um einen mit z konstanten mittleren Geschwindigkeitsverlauf, dem eine sinusformige stationare S t o m g mit einer Amplitude von ca. 6% iiberlagert ist. Die Symbole bedeuten die MeDpunkte. Die Experimente wurden in einem kleinen Windkanal mit geschlossener MeDstrecke durchgefiihrt. Der periodische Druck- verlauf wurde dadurch erzeugt, daS der eigentlichen glatten MeDplatte gegenuber eine wellige Deckplatte angeordnet war. Die im Bild 1 oben verwendete Bezugsgesch*digkeit (iLd)B,, betrug 20,39 mlsec. "raf$ man den gemessenen Formparameter I iiber In Rd, ad, so erkennt man, daB tatsiichlich bei n-Werten um -0,6 die Ableitung dieser Funktion wie erwht gegen 00 geht, dadurch bedingt, daB die Re-Zahl in diesem Bereich bei verlinderlichem I konstant bleibt. Die mit dem Verfahren [l], [2] durchgefuhrte Berechnung ist ebenfalls in das Bild 1 eingetragen. Es sind weitere Experimente dieser Art mit variierter Amplitude und Wellenllinge geplant, vor allem auch bei nicht konstanten mittleren Prvckverteilungen. Aucb die Schwankungsgr6Ben sollen hierbei gemeesen werden.

Theoretische und experimentelle Ergebnisse zum Einfluß der “Vorgeschichte” bei turbulenten Grenzschichten

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Str6mungsmechenik T 181 - ! ZAMM 60, T 181 - T 182 (1970)

Theoretische und experimentelle Ergebnisse zum Einflull der ,,Vorgeschichte" bei turbulenten Grenzschichten Von K.-0. FELSOH

Die ahnlichen Losungen der turbulenten Grenzschichten (die sog. Bquilibriumsgrenzschichten) sind dadurch gekennzeichnet, daD der Form-Parameter

und die Wandbindung

unabhangig von x sind. Das heil3t fiir den Fall der Bquilibriumsgrenzschichten ist

Fiir beliebige turbulente Grenzschichten ist der Zusammenhang zwischen den Parametern I und 17 nicht mehr eindeutig. Je nach dem Druckverlauf am Rande der Grenzschicht ist die h d e r u n g der beiden Para- meter mit der Lauflange x versohieden stark. Der EinfluD der Vorgeschichte macht sich bemerkbar. In diesem Sinne sol1 die Bezeichnung ,,Vorgeschichte" hier definiert sein. In einer fruheren Arbeit wurde vorgeschlagen, die Abweichung vom Bquilibriumszustand durch den im wesentlichen empirisch hergeleiteten Parameter

17 = 17(1) . (3)

darzustellen [l] (Rd, ist die mit der Impulsverlustdicke B2 und der Geschwindigkeit ud am Rande der Grenz- schicht gebildete Re-Zahl). Fur dI/d(ln Ad,) = 0, also fiir Bquilibriumsgrenzschichten, geht (4) wieder in (3) uber. Die mit der Funktion (4) in Verbindung mit den Integralbedingungen fiir den Impuls und die mecha- nische Energie bei der Berechnung zweidimensionaler, inkompressibler turbulenter Grenzschichten erzielten Ergebnisse sind befiiedigend, und zwar fiir alle bisher vertiffentlichten Arten von Druckverteilungen [2].

Das Wissen iiber den E M U S der , ,Vorgesohichte" auf die Weiterentwicklung einer turbulenten Grenz- schicht ist noch unbefriedigend. Erst in den letzten Jahren sind einige aufschluDreiche experimentelle Ar- beiten hieriiber veroffentlicht worden (die wichtigsten Beispiele sind in [2] zu finden). Es handelt sich dabei um Grenzschichten mit relativ grol3en Werten des Parameters d I /d( ln RdJ, zumindest in bestimmten Bereichen der Lauflange x. Besonders groD kann der Gradient dI/d(ln R4) in Abloseniihe werden, also bei groDen Werten I und 17. I n Abloseniihe sind Experimente bekannt (STRATFORD [3], SPANQENBERQ et a1. [4]). Auch diese Grenzschichten lassen sich mit Hilfe der Funktion (4) berechnen [2]. Man erreicht zwar hier die Grenze der zugrunde gelegten Theorie, kann aber durchaus mit befiiedigenden Resultaten bis an die Grenze heranrechnen. DaO aber auch in beschleunigten Stromungen Grenzschichten mit groDen dI (d ( ln Rd,) zu erwarten sind, zeigt eine einfache Oberlegung. dI/d(ln Rd,) llDt sich formal anstelle von dH,,/dx in die Integralbedingung fur die Energie einfiihren (Ha? ist das Verhiiltnis der Energieverlustdicke zur Impulsverlustdicke). Nach d I /d ( ln R6,) geordnet erhalt man einen Ausdruck der Form

(5) wird abhiingig von H12 fiir Werte von 17 zwischen -0,5 bis -0,76 bei nicht verschwindendem Ziihler unendlich. Untersuchungen an Grenzschichten in beschleunigter Stromung mit grol3em Parameter d I / d ( h &,) sind bisher nicht bekannt geworden. Es gibt relativ wenige Messungen an beschleunigten Grenzschichten iiberhaupt. Die bisher veroffentlichten Experimente sind durchweg in gleichmiiDig beschleunigter Stromung durchgefiihrt worden. Da Bquilibriumsgrenzschichten in beschleunigter Stromung relativ stabil sind, erhalt man auf diese Weise praktisch immer nur einen Punkt des I-17-Schaubildes. In einem um n(x) = const = 0 schwankenden Druckverlauf kann eine Grenzschicht erzeugt werden, die ohne die Gefahr der Relaminari- sierung und bei einer mefltechnisch ausreichenden Dicke sehr groDe Gradienten d l / d ( l n Rd,) bei negativen l7-Werten hat. Bild 1 zeigt die experimentell gewonnenen Parameter einer solchen Grenzschicht. Es handelt sich um einen mit z konstanten mittleren Geschwindigkeitsverlauf, dem eine sinusformige stationare S t o m g mit einer Amplitude von ca. 6% iiberlagert ist. Die Symbole bedeuten die MeDpunkte. Die Experimente wurden in einem kleinen Windkanal mit geschlossener MeDstrecke durchgefiihrt. Der periodische Druck- verlauf wurde dadurch erzeugt, daS der eigentlichen glatten MeDplatte gegenuber eine wellige Deckplatte angeordnet war. Die im Bild 1 oben verwendete Bezugsgesch*digkeit (iLd)B,, betrug 20,39 mlsec. "raf$ man den gemessenen Formparameter I iiber In Rd, ad, so erkennt man, daB tatsiichlich bei n-Werten um -0,6 die Ableitung dieser Funktion wie e r w h t gegen 00 geht, dadurch bedingt, daB die Re-Zahl in diesem Bereich bei verlinderlichem I konstant bleibt. Die mit dem Verfahren [l], [2] durchgefuhrte Berechnung ist ebenfalls in das Bild 1 eingetragen. Es sind weitere Experimente dieser Art mit variierter Amplitude und Wellenllinge geplant, vor allem auch bei nicht konstanten mittleren Prvckverteilungen. Aucb die Schwankungsgr6Ben sollen hierbei gemeesen werden.

T 182 Angewandte Mechanik

Bfld 1. Turbulente Qrensschlcht In einer um elnen konatanten Wttelwert stationLr schwankenden Qeachwindlgkelt. 8U)rung einusformlg, Amplitude CB. 6% der Qrundgsachwindfgkelt, WeUenlUnge 0,6 m

An Grenzschichten mit verschiedenen Druckverteilungen wurden numerische Untersuchungen uber den EinfluS der Anfangsbedingungen auf die Weiterentwicklung stromabwkts durchgefiihrt. Zu diesem Zwecko wurden bei der Berechnung die Anfangswerte des Formparameters H12 und der Impulsverlustdicke 6, (weitere Anfangswerte sind fiir die Rechnung nicht notwendig) willkiirlich geiindert. Abhiingig vom Zustand der Grenzschicht selbst (z. B. abliisenah oder nicht) zeigt sich mehr oder weniger immer der gleiche Effekt. Selbst eine kriiftige hderung des Anfangswertes von HI, (bei beibehaltener Anfangsdicked,) hat eine sta- bilisierende Wirkung, HIS kehrt relativ rasch zum urspriinglichen Verlauf zuruck; der da-Verlauf wird prak- tisch iiberhaupt nicht beeinflufit. Hingegen hat die hderung des Anfangswertes von d, (bei beibehaltenem Anfangs-Hl,) einen relativ starken EinfluB auf den weiteren Verlauf sowohl von HIS als auch von 8,. Diem numerischen Experimente interessieren aus zwei Griinden : Sie geben zuniichst dariiber Auskunft, wie dae Rechenergebnis von der zufiilligen Aufgabenstellung abhiingt. Zum anderen entspricht das Ergebnis qua- litativ durchaus dem zu emartenden physikalischen Verhalten infolge des Einflusees der Vorgeschichte. Eine lokale Stiirung des Gesohwindigkeitsprofila in der Grenzschicht wird sehr sohnell eusgegliohen, wie dies z. B. bei einer durch ein Hindernis gestiirten Grenasohicht beobachtet wird, wiihrend die Anderung der Grenz- schichtdioke bei sonst gleiohen Randbedingungen einen nachhaltigen EinfluS auf die Entwicklung strom- abwlirts (z. B. auf das Abliiseverhalten) hat.

Literatur 1 K. 0. FELSOH, Beitrag zur Berechnung turbulenter arenzechichten in zweidimensionaler inkompreeeibler Stromung. DLR-

2 K. 0. FELSOH, D. G~ROPP, A. WALZ, Method for turbulent boundarylayer prediotion. Proceedings AFOSRAFP-Stanford

3 B. 6. STRATKJRD, An experimental flow with zero akin friction throughout ita region of preaeure rise. Journ. Fluid. Mech. 6,

4 b. a. S P A N G E ~ ~ ~ ~ , W. R. ROWLAND, N. E. MEASE, Measurementa in a Turbulent Boundary Layer Maintained in a Nearly

Forachungebericht, S. 66-46 (1966).

1968 Conference on Turbulent Boundary Layer Prediction (1969).

p. 17-36 (1969).

Separating Condition. Fluid Mechanics of Interval Flow, Edited by G. Sovran, Elsevier 1967.

Amchrvt; Dr.-Ing. K. 0. FEWOH, 76 Karlsruhe 41, StraBe des Roten Kreuzes 102