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474 Leitlinien DOI: 10.1111/j.1610-0387.2009.07077.x JDDG | 5 ˙ 2009 (Band 7) © Dt. Dermatologische Gesellschaft • Journal compilation © Blackwell Verlag GmbH, Berlin • JDDG •1610-0379/2009/0705 Präambel Ciclosporin gehört zu den wichtigen Medikamenten zur systemischen Thera- pie von entzündlichen Dermatosen. Ne- ben seiner Zulassung zur Behandlung schwerer Formen von Psoriasis und ato- pischer Dermatitis erstreckt sich die An- wendung auf viele andere Erkrankungen der Haut, bei denen Ciclosporin meist eine hohe Effektivität aufweist. Hierbei ist die Anwendung von Ciclosporin im „off-label use“ zu beachten. Nicht nur die Patienten mit Hauterkran- kungen, sondern auch die mit Ciclosporin behandelten Empfänger von Spenderorga- nen und Patienten mit Autoimmuner- krankungen tragen wesentlich zur Ein- schätzung der therapeutischen Sicherheit bei. In der wissenschaftlichen Literatur wird Ciclosporin bis heute klinisch und expe- rimentell intensiv besprochen, daher ist das Wissen um die Charakteristika der Substanz sehr groß. Die hier vorliegenden Empfehlungen zur Behandlung von dermatologischen Krankheitsbildern mit Ciclosporin sol- len als praktischer Leitfaden die behan- delnden Ärztinnen und Ärzte bei der Auswahl der Therapie und deren Durch- führung unterstützen. 1 Indikationen Für Ciclosporin besteht im Bereich der Dermatologie eine Zulassung zur Thera- pie der schweren atopischen Dermatitis und der schweren Psoriasis vulgaris im Erwachsenenalter. Als schwer erkrankt gelten allgemein Patienten mit einem großflächigen Befall des Hautorgans, ho- her Rezidivneigung und/oder einem un- genügenden Ansprechen auf topische Therapie. Auch eine starke Einschrän- kung der Lebensqualität durch die Er- krankung kann eine Behandlung mit Ciclosporin erforderlich machen. Ausreichende Erfahrungen liegen bei Pa- tienten vor, die älter als 18 Jahre sind. Besonders für die schwere, therapiere- fraktäre atopische Dermatitis liegen auch Berichte über die erfolgreiche Behand- lung von Kindern mit Ciclosporin vor. Grundsätzlich gilt, dass Ciclosporin auf- grund seiner guten und schnell einset- zenden Wirkung vor allem in der Induk- tionstherapie (bis zu 6 Monaten) verwendet wird. Der Einsatz in der Langzeittherapie ist aufgrund des Sicher- heitsprofils nur in besonderen Fällen (z. B. bei Fehlen wirksamer therapeuti- scher Alternativen) indiziert. 1.1 Psoriasis In der S3-Leitlinie „Therapie der Psoria- sis vulgaris“ wird die Therapie mit Ciclosporin ausführlich besprochen. Die Bewertung erfolgte aufgrund der Beur- teilung von 15 Studien, die den Kriterien auf der Grundlage der Evidenz-basierten Medizin entsprachen. Demnach zeich- net sich die Therapie der Psoriasis vulga- ris mit Ciclosporin durch eine hohe Effi- zienz aus, ein PASI 75 (mindestens 75%ige Besserung des „psoriasis area and severity index“ im Vergleich zum Aus- gangswert) wird am Ende der Indukti- onstherapie (nach 12 Wochen) bei 50– 70 % der Patienten erreicht. Zusammenfassend wird beurteilt, dass Ciclosporin eine wirksame Option zur systemischen Therapie der mittelschwe- ren und schweren Psoriasis vulgaris dar- stellt. Eine Langzeittherapie ist aufgrund der Vielzahl therapeutischer Alternativen bei Psoriasis weniger zu empfehlen. Die Kombination mit topischen Präpa- raten zur Behandlung ist möglich und sinnvoll, da die Dosis von Ciclosporin durch gleichzeitige Anwendung von to- pischen Vitamin D3-Analoga oder Kor- tikoiden reduziert werden kann. Ciclosporin kann in Einzelfällen auch zur Therapie einer schweren Psoriasis im Kin- des- und Jugendalter eingesetzt werden. Auch bei Psoriasis-Arthritis kann Ciclo- sporin mit Erfolg eingesetzt werden, eine explizite Zulassung besteht jedoch nicht. 1.2 Atopische Dermatitis Im Rahmen der S2-Leitlinie zur Thera- pie der atopischen Dermatitis wurde in der Metaanalyse entsprechender rando- misierter, kontrollierter Studien ein deutlicher Therapieeffekt von Ciclospo- rin gesehen. Leitlinie Therapie mit Ciclosporin in der Dermatologie Cyclosporine therapy in dermatology Ulrich Mrowietz, C. Eberhard Klein, Kristian Reich, Thomas Rosenbach, Thomas Ruzicka, Michael Sebastian, Thomas Werfel Redaktion Prof. Dr. Hans Christian Korting, München English online version on Wiley InterScience

Therapie mit Ciclosporin in der Dermatologie

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474 Leitlinien DOI: 10.1111/j.1610-0387.2009.07077.x

JDDG | 5˙2009 (Band 7) © Dt. Dermatologische Gesellschaft • Journal compilation © Blackwell Verlag GmbH, Berlin • JDDG •1610-0379/2009/0705

PräambelCiclosporin gehört zu den wichtigenMedikamenten zur systemischen Thera-pie von entzündlichen Dermatosen. Ne-ben seiner Zulassung zur Behandlungschwerer Formen von Psoriasis und ato-pischer Dermatitis erstreckt sich die An-wendung auf viele andere Erkrankungender Haut, bei denen Ciclosporin meisteine hohe Effektivität aufweist. Hierbeiist die Anwendung von Ciclosporin im„off-label use“ zu beachten.Nicht nur die Patienten mit Hauterkran-kungen, sondern auch die mit Ciclosporinbehandelten Empfänger von Spenderorga-nen und Patienten mit Autoimmuner-krankungen tragen wesentlich zur Ein-schätzung der therapeutischen Sicherheitbei.In der wissenschaftlichen Literatur wirdCiclosporin bis heute klinisch und expe-rimentell intensiv besprochen, daher istdas Wissen um die Charakteristika derSubstanz sehr groß.Die hier vorliegenden Empfehlungen zurBehandlung von dermatologischenKrankheitsbildern mit Ciclosporin sol-len als praktischer Leitfaden die behan-delnden Ärztinnen und Ärzte bei derAuswahl der Therapie und deren Durch-führung unterstützen.

1 IndikationenFür Ciclosporin besteht im Bereich derDermatologie eine Zulassung zur Thera-

pie der schweren atopischen Dermatitisund der schweren Psoriasis vulgaris imErwachsenenalter. Als schwer erkranktgelten allgemein Patienten mit einemgroßflächigen Befall des Hautorgans, ho-her Rezidivneigung und/oder einem un-genügenden Ansprechen auf topischeTherapie. Auch eine starke Einschrän-kung der Lebensqualität durch die Er-krankung kann eine Behandlung mitCiclosporin erforderlich machen.Ausreichende Erfahrungen liegen bei Pa-tienten vor, die älter als 18 Jahre sind.Besonders für die schwere, therapiere-fraktäre atopische Dermatitis liegen auchBerichte über die erfolgreiche Behand-lung von Kindern mit Ciclosporin vor.Grundsätzlich gilt, dass Ciclosporin auf-grund seiner guten und schnell einset-zenden Wirkung vor allem in der Induk-tionstherapie (bis zu 6 Monaten)verwendet wird. Der Einsatz in derLangzeittherapie ist aufgrund des Sicher-heitsprofils nur in besonderen Fällen(z. B. bei Fehlen wirksamer therapeuti-scher Alternativen) indiziert.

1.1 PsoriasisIn der S3-Leitlinie „Therapie der Psoria-sis vulgaris“ wird die Therapie mitCiclosporin ausführlich besprochen. DieBewertung erfolgte aufgrund der Beur-teilung von 15 Studien, die den Kriterienauf der Grundlage der Evidenz-basiertenMedizin entsprachen. Demnach zeich-

net sich die Therapie der Psoriasis vulga-ris mit Ciclosporin durch eine hohe Effi-zienz aus, ein PASI 75 (mindestens75%ige Besserung des „psoriasis area andseverity index“ im Vergleich zum Aus-gangswert) wird am Ende der Indukti-onstherapie (nach 12 Wochen) bei 50–70 % der Patienten erreicht.Zusammenfassend wird beurteilt, dassCiclosporin eine wirksame Option zursystemischen Therapie der mittelschwe-ren und schweren Psoriasis vulgaris dar-stellt. Eine Langzeittherapie ist aufgrundder Vielzahl therapeutischer Alternativenbei Psoriasis weniger zu empfehlen.Die Kombination mit topischen Präpa-raten zur Behandlung ist möglich undsinnvoll, da die Dosis von Ciclosporindurch gleichzeitige Anwendung von to-pischen Vitamin D3-Analoga oder Kor-tikoiden reduziert werden kann.Ciclosporin kann in Einzelfällen auch zurTherapie einer schweren Psoriasis im Kin-des- und Jugendalter eingesetzt werden.Auch bei Psoriasis-Arthritis kann Ciclo -sporin mit Erfolg eingesetzt werden, eineexplizite Zulassung besteht jedoch nicht.

1.2 Atopische DermatitisIm Rahmen der S2-Leitlinie zur Thera-pie der atopischen Dermatitis wurde inder Metaanalyse entsprechender rando-misierter, kontrollierter Studien eindeutlicher Therapieeffekt von Ciclospo-rin gesehen.

Leitlinie

Therapie mit Ciclosporin in der Dermatologie

Cyclosporine therapy in dermatology

Ulrich Mrowietz, C. Eberhard Klein, Kristian Reich, Thomas Rosenbach, Thomas Ruzicka, MichaelSebastian, Thomas Werfel

RedaktionProf. Dr. Hans Christian Korting,

München

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Leitlinien 475

© Dt. Dermatologische Gesellschaft • Journal compilation © Blackwell Verlag GmbH, Berlin • JDDG •1610-0379/2009/0705 JDDG | 5˙2009 (Band 7)

Die Dauer der Therapie richtet sich nachdem Behandlungserfolg und der Verträg-lichkeit. Hierbei ist eine Kurzzeittherapiehäufig ausreichend, d. h. die Dosis vonCiclosporin wird nach ausreichenderBesserung schrittweise reduziert (s. u.5. Dosierung). Bei Bedarf kann der Be-handlungszyklus wiederholt werden (In-tervalltherapie).Kommt es hierbei zu rasch auftretendenRezidiven, kann eine kontinuierlicheLangzeittherapie mit der individuell er-mittelten niedrigsten wirksamen Dosiserfolgen. Nach einer Dauer von zweiJahren sollte ein Auslassversuch unter-nommen werden.Ciclosporin ist auch bei Kindern und Ju-gendlichen mit atopischer Dermatitiswirksam. Hierzu liegen Daten von Stu-dien mit bis zu 40 Kindern im Alter von2 bis 16 Jahren vor.

1.3 Weitere IndikationenBei den im Folgenden aufgeführten Der-matosen kann Ciclosporin ebenfalls ein-gesetzt werden. Berichte über eine er -folgreiche Therapie sind in derwissenschaftlichen Literatur in Einzelfäl-len und kleinen Fallserien gut dokumen-tiert.Dabei wird ein sehr gutes Ansprechen be-sonders bei folgenden Erkrankungen be-richtet: • Pustulöse Psoriasis• Pustulosis palmo-plantaris (PPP)• Psoriatische Erythrodermie• Pyoderma gangraenosum• Schweres, therapierefraktäres dyshi-

drosiformes Hand- und Fußekzem

Gutes Ansprechen auf eine Ciclosporin-Therapie:• Chronische Urtikaria• ausgedehnter Lichen ruber• M. Behçet*• chronisch aktinische Dermatitis, akti-

nisches Retikuloid

Ciclosporin ist ebenfalls gut einsetzbar für: • Bullöses Pemphigoid • Pemphigus vulgaris• Epidermolysis bullosa acquisita*• Dermatomyositis• therapierefraktäre schwere generali-

sierte Prurigo*Zur Behandlung des M. Behçet undder Epidermolysis bullosa acquisita wur-den höhere Dosen Ciclosporin(> 5 mg/kg) als bei den anderen Indika-tionen eingesetzt.

2 KontraindikationenFür die Therapie mit Ciclosporin geltenfolgende Einschränkungen:

Absolute Kontraindikationen:• Relevante Nierenfunktionsstörungen

(Ausnahme: nephrotisches Syndrom)• Unkontrollierter Hypertonus• Unkontrollierte Infektionen• Relevante Malignome (auch anamnes-

tisch; Ausnahme: Basalzellkarzinom)• Gleichzeitige Lichttherapie

Relative Kontraindikationen:• Relevante Leberfunktionsstörungen• Schwangerschaft und Stillzeit• Gleichzeitige Anwendung von Sub-

stanzen, die mit dem Metabolismusvon Ciclosporin interagieren

Bei Patienten mit hoher kumulativerUV-Belastung und/oder stark lichtge-schädigter Haut sollte Ciclosporin nurunter Vorbehalt und engmaschigen kli-nischen Kontrollen eingesetzt werden.Der Patient ist zu Beginn der Therapieüber ausreichende Lichtschutzmaßnah-men aufzuklären.

3 ArzneimittelwechselwirkungenDie Therapie mit Ciclosporin kann zuverschiedenen Arzneimittelwechsel-wirkungen führen. Die Entscheidungzur Therapie mit Ciclosporin bei einem Patienten, der mit den im Folgenden aufgeführten Medikamen-ten behandelt wird, ist vom Arzt sorg-fältig abzuwägen. Eventuell verhinderteine Umstellung der Begleittherapie(z. B. Wechsel des Kalzium-Kanal-Blockers oder des Antibiotikums) das Risiko unkontrollierbarer Wechsel-wirkungen.Die Einnahme von Ciclosporin kannden Metabolismus anderer Medika-mente verzögern. Hierdurch kann dieToxizität von Substanzen wie Digoxin,Colchicin, Lovastatin, Simvastatin undPrednisolon verstärkt werden.Je nach Art der Interaktionen mit Ciclo -sporin lassen sich drei Gruppen von Me-dikamenten unterscheiden, von denendie wichtigsten im Folgenden aufgeführtsind:

A. Auswahl von Medikamenten, die übereine Hemmung des Zytochrom-P-450-Sys-tems zu einer Erhöhung des Ciclosporin-Spiegels führen können:• Kalzium-Kanal Blocker (Diltiazem,

Nicardipin, Verapamil)

• Azol-Antimykotika (Ketokonazol,Fluconazol, Itraconazol)

• Makrolid-Antibiotika (z. B. Erythro -mycin)

• Doxycyclin• Allopurinol• Orale Kontrazeptiva • Metoclopramid• Ranitidin

B. Auswahl von Medikamenten, die übereine Stimulation des Zytochrom-P-450-Systems zu einer Verminderung des Ciclo -sporin-Spiegels führen können:• Antikonvulsiva (Carbamazepin, Phe-

nobarbital, Phenytoin)• Rifampicin• Metamizol• Ticlopidin• Octreotid• Johanniskraut-haltige Präparate

C. Auswahl von Medikamenten, die zu einer Verschlechterung der Nierenfunktionunter Ciclosporin-Therapie führen können:• Nicht-steroidale Antiphlogistika (z. B.

Diclofenac)• Antibiotika (Aminoglycoside, Cipro-

floxacin, Cotrimoxazol)• FibrateDurch Grapefruitsaft kann über eineWechselwirkung mit dem Zytochrom-P-450-System der Abbau von Ciclosporingehemmt werden. Um unkontrollierbareAuswirkungen auf den Ciclosporin-Blut-spiegel zu vermeiden, sollte Grapefruit-saft während einer Therapie mit Ciclo -sporin nicht getrunken werden. Diemäßige Hemmung des Prednisolonab-baus durch Ciclosporin ist klinisch in derRegel nicht relevant.Eine Verstärkung der NebenwirkungMyopathie kann bei gleichzeitiger An-wendung von Statinen auftreten.

4 UnerwünschteArzneimittelwirkungenUnter der Therapie mit Ciclosporin kön-nen folgende unerwünschte Arzneimit-telwirkungen (UAW) auftreten (Tabelle 1).Die Häufigkeit und die Ausprägung dieserUAW sind zumeist abhängig von der Do-sis und der Therapiedauer und nach Ab-setzen reversibel. Persistierende Nieren-strukturveränderungen können beilangzeitiger Anwendung auftreten. Patien-ten, die älter als 55 Jahre sind, entwickelnhäufiger unerwünschte Arzneimittelwir-kungen wie Nierenfunktionsstörungenund Hypertonus.

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Eine langdauernde Therapie mit im-munsuppressiven Medikamenten wieCiclosporin erhöht das Risiko der Ent-wicklung vor allem kutaner Malignome(besonders Plattenepithelkarzinome).Aus der Therapie von organtransplan-tierten Patienten mit Ciclosporin istein erhöhtes Lymphomrisiko bekannt.Jedoch wurde in einer Studie an über1200 Psoriasis-Patienten mit einermittleren Behandlungsdauer von1,9 Jahren unter niedrig-dosierter(< 5 mg/kg) Ciclosporin-Therapie ineinem Nachbeobachtungszeitraum von5 Jahren zwar ein 6-fach erhöhtesHautkrebsrisiko, zumeist Plattenepi -thelkarzinome, aber kein gehäuftesAuftreten von malignen Lymphomenbeobachtet.

5 DosierungStartdosisDie Startdosis sollte, je nach Schwere derErkrankung, zwischen 2,5 und 5 mg/kg/KG/Tag Ciclosporin (verteilt auf eine

morgendliche und abendliche Gabe) be-tragen. Dies gilt auch für die Behand-lung von Kindern.

DosisanpassungEine Dosisanpassung kann aus folgen-den Gründen nötig werden: • Erfolgreiches Ansprechen auf die

Therapie• Dosis-Reduktion auf eine individuelle

Erhaltungsdosis. Hierzu kann dieCiclosporin-Dosis in Schritten von0,5–1,0 mg/kg KG/Tag in zweiwöchi-gen Abständen (alternativ um 50 mgalle 4 Wochen) reduziert werden.

• Ungenügendes Ansprechen auf dieTherapieDosis-Erhöhung (auf max. 5 mg/kgKG/Tag)

• Entwicklung eines HypertonusAntihypertensive Therapie (empfoh-len: Isradipin, Amlodipin; Cave! Ni-fedipin, Verapamil, Diltiazem); gege-benenfalls Dosis-Reduktion (initialz. B. um 25 %).

• Erhöhung des Serum-Kreatininsvon mindestens 30 % über den individuellen Ausgangswert beimindes tens zwei aufeinanderfol-genden Bestimmungen im Abstandvon 2 Wochen. Dosis-Reduktion(z. B. um 25 % für mindestens4 Wochen)

Normalisieren sich Blutdruck und/oderSerum-Kreatinin, kann mit der reduzier-ten Ciclosporin-Dosis weiterbehandeltwerden.Bleiben Blutdruck und/oder Serum-Kreatinin unter der reduzierten Dosisnach 4 Wochen erhöht, muss Ciclospo-rin abgesetzt werden.

6 TherapieüberwachungVor Beginn der Ciclosporin-Therapiemüssen individuelle Ausgangswerte be-stimmt werden (Tabelle 2).Die Voruntersuchung umfasst weiterhinfolgende Parameter:• Anamnese in Bezug auf Organ-

störungen und Malignome

Tabelle 1: Unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) bei Therapie mit Ciclosporin.

OrgansystemNiere/Herz-Kreislauf

Leber/DarmNervensystem/Muskulatur

Stoffwechsel/Elektrolyte

Haut Blutbild

Sehr häufig> 10 %

keine keine keine keine keine keine

Häufig> 1 %, < 10 %

Nierenfunktions-störungen, irrever-sible Nierenschä-digung beiLangzeittherapie

Gingivahyperplasie, Magen-Darm-Beschwer-den

Tremor,Müdigkeit, Kopf-schmerzen, Bren-nen von Händenund Füßen

Erhöhung derBlutfette

Hyper-trichose

keine

Gelegentlich> 0,1 %, < 1 %

keine Magenulzera Konvulsionen

Gewichtszunahme,Hyperglykämie,Hyperurikämie,Hyperkaliämie,Hypomagnesiä-mie

Akne Anämie

Selten > 0,01 %, < 0,1 %

Ischämische Herz-krankheit

Pankreatitis

Motorische Poly -neuropathie, Myo-pathie, Seh-, Hör-und zentrale Bewe-gungsstörungen

keine JuckreizLeukopenie,Thrombozyto-penie

Sehr selten< 0,01 %

keine keine keine keine keine

Mikroangiopa-thische hämoly-tische Anämie,hämolytisch ur-ämisches Syn-drom

Einzelfälle Kolitis Papillenödem

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© Dt. Dermatologische Gesellschaft • Journal compilation © Blackwell Verlag GmbH, Berlin • JDDG •1610-0379/2009/0705 JDDG | 5˙2009 (Band 7)

• Körperliche Untersuchung mit In-spektion der Haut

• Hinweise auf bestehende Infektionen• Blutdruckmessung (zwei unter-

schiedliche Zeiten)Vor Therapiebeginn sollten Mollusken,Condylome und multiple Warzen abge-heilt sein.Während der Therapie mit Ciclosporinmüssen die genannten Untersuchungennach Woche 2, Woche 4 und dann inmonatlichen Abständen durchgeführtwerden. Bei Langzeittherapie mitCiclosporin können die Kontrollinter-valle bei guter Verträglichkeit 2 Monatebetragen. Die Untersuchung der Krea-tinin-Clearance in der Routinediagnos -tik bringt gegenüber der Bestimmungdes Serum-Kreatinins keinen Vorteilhinsichtlich der Beurteilung der Nierenfunktion unter Ciclosporin-Therapie.Zur Einschätzung des therapeutischenAnsprechens ist bei Patienten mit derma-tologischen Erkrankungen die Bestim-mung der Ciclosporin-Tal-Blutspiegel inder Regel nicht erforderlich, da keineKorrelation zum therapeutischen An-sprechen und den Nierenfunktionspara-metern besteht.Eine Bestimmung der Spiegel kann er-folgen, um die tatsächliche Einnahme(Compliance) oder die Auswirkung einermöglichen Arzneimittelinteraktion ein-schätzen zu können.

6.1 ImpfungenWährend der Behandlung mit Ciclospo-rin wird aufgrund des möglichen Ausblei-bens/Abschwächens eines Impferfolgesvon Schutzimpfungen mit Totimpfstoffenabgeraten. Lebendimpfstoffe sind beifunktionell relevanter Immunsuppressionkontraindiziert. Für die Durchführungvon Impfungen ist daher eine Therapie-pause von zwei Wochen vor und 4–6 Wo-chen nach der Impfung angeraten.

7 TherapiestrategienEs werden heute besonders zwei Thera-pieregime unterschieden:Kurzzeit-Intervall-TherapieBei der Kurzzeit-Intervall-Therapie wirdmit Ciclosporin so lange behandelt, biseine weitgehende Besserung der Derma-tose erreicht worden ist. Anschließendwird die Dosis schrittweise reduziert unddie Behandlung nach Absetzen vonCiclosporin mit anderen Medikamentenweitergeführt. Bei einer möglichen Ver-schlechterung des Hautzustandes kanndie Therapie mit Ciclosporin erneut an-gesetzt werden.Langzeit-TherapieSchwer verlaufende Formen von Psoria-sis, atopischer Dermatitis oder anderenchronischen Dermatosen mit starker Re-zidivneigung können mit Ciclosporinüber einen längeren Zeitraum kontinu-ierlich behandelt werden. Hierbei ist dieindividuelle Anpassung der Dosis beson-

ders wichtig, damit eine möglichst ge-ringe Dosis von Ciclosporin zur Thera-pie verwendet wird.Bei einer Langzeit-Therapie kommt derregelmäßigen Untersuchung der Nieren-funktionsparameter eine besondere Be-deutung zu. In der Langzeittherapie istmit einem Anstieg des Serumkreatininsum > 30 % bei bis zu 50 % der Patientenzu rechnen, der in der Regel dosisabhän-gig und nach Absetzen reversibel ist.Nach einer Therapiedauer von zwei Jah-ren sollte ein Auslassversuch unternom-men werden.

8 TherapieendeDie Behandlung mit Ciclosporin kann ab-rupt ohne die Gefahr eines Rebound-Phä-nomens beendet werden. Eine schrittweiseReduktion („Ausschleichen“) der Therapiekann unter Umständen das rasche Wie-derauftreten eines Rezidivs verzögern.Unter folgenden Bedingungen kann einAbbruch der Ciclosporin-Therapie ange-zeigt sein:• Ungenügendes oder fehlendes An-

sprechen auf die Therapie nach 12–16 Wochen

• Auftreten von unerwünschten Arz-neimittelwirkungen, die auch unterDosis-Reduktion persistieren

• Auftreten schwerer Infektionen• Auftreten von Malignomen• Schwangerschaft unter der Therapie

(nur in Ausnahmefällen, wenn

Tabelle 2: (modifiziert nach Nast et al., 2006).

Zeitraum (Wochen)

Diagnostik vor Therapie 2 4 8 12 16

Blutbild* x x x x x x

Leberwerte** x x x x x x

Elektrolyte*** x x x x x x

Serumkreatinin x x x x x x

Harnstoff x x x x x x

Urinstatus x x x x x

Harnsäure x x x x x

Cholesterin/Triglycereride **** x x x

Magnesium***** x x x

*Erythrozyten, Leukozyten, Thrombozyten**Transaminasen, �GT, AP, Bilirubin***Natrium, Kalium****nüchtern!*****nur bei Muskelkrämpfen

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Ciclosporin die einzige Thera-piemöglichkeit darstellt und der posi-tive Nutzen die möglichen Risikenüberwiegt, kann die Behandlungwährend der Schwangerschaft fortge-setzt werden. Die Gravidität ist dannals Risikoschwangerschaft einzustu-fen und entsprechend interdisziplinärzu überwachen).

Bei Kindern können besondere Um-stände (geplante Impfungen, Expositiongegenüber infektiösen Kindern etc.) eineUnterbrechung oder einen Abbruch derTherapie mit Ciclosporin notwendigmachen.

9 Umstellung von Ciclosporin aufandere TherapienNach Absetzen von Ciclosporin könnenin der Regel andere Medikamente oderTherapieverfahren ohne zeitlichen Zwi-schenraum eingesetzt werden.Bei Umstellung auf ein Biologicum auf-grund unzureichender Wirksamkeit vonCiclosporin kann eine überlappendeTherapie von einigen Wochen zur Ver-hinderung eines schnellen Rezidivs sinn-voll sein.Bei der Umstellung aufgrund uner-wünschter Arzneimittelwirkungen istdas spezifische Sicherheitsprofil vonCiclosporin zur Vermeidung einer ver-stärkten Toxizität des Folgemedikamentszu beachten.

9.1 Umstellung von anderen Therapienauf CiclosporinCiclosporin sollte nicht vor Ablauf von4 Wochen nach Beendigung einer Aci-tretin-Therapie Anwendung finden.Nach langjähriger PUVA Therapie sollteCiclosporin nicht eingesetzt werden, damit dieser Kombination ein erhöhtesHauttumorrisiko besteht.

10 KombinationstherapieDie Therapie mit Ciclosporin kann gutmit topischen Behandlungsverfahrenkombiniert werden. Folgende Kombina-tionstherapien wirken synergistisch:Ciclosporin• mit topischen Kortikosteroiden• mit Anthralin (bei Psoriasis)• mit Vitamin D3 Analoga (bei Psoriasis)

Ferner kann Ciclosporin mit den folgendenTherapien kombiniert werden:• Balneo-Therapie (ohne UV-Thera-

pie, bei Psoriasis und atopischem Ek-zem)

• Salicylsäure (bei Psoriasis)• Harnstoff-haltige Externa• Pflegende Externa

Nicht mit Ciclosporin sollten folgende Me-dikamente oder Therapieverfahren kombi-niert werden:• Photo- und Photochemotherapie• AcitretinIn Einzelfällen kann eine Kombinationvon Ciclosporin mit Methotrexat, Myco-phenolatmofetil bzw. Mycophenolsäureoder Fumarsäureestern erfolgreich sein.Aufgrund möglicher Wechselwirkungenkann eine intensivere Therapieüberwa-chung notwendig sein. Über eine länger-fristige Kombination von Ciclosporinmit Biologika liegen keine ausreichendenErfahrungen vor.

Verfahren zur KonsensbildungErarbeitet durch die Konsensus-Konfe-renz CiclosporinWissenschaftliche Leitung: Prof. Dr.med. Ulrich Mrowietz, KielTeilnehmer: Prof. Dr. med. C. EberhardKlein, Heidenheim; Prof. Dr. med. KristianReich, Hamburg; Priv. Doz. Dr. med.Thomas Rosenbach, Osnabrück; Prof. Dr.med. Thomas Ruzicka, München; Dr.med. Michael Sebastian, Mahlow; Prof.Dr. med. Thomas Werfel, HannoverErstellungsdatum: 09/2008Leitlinien-Niveau: S1Geltung: bis Oktober 2011

KorrespondenzanschriftProf. Dr. med. Ulrich MrowietzAbt. Dermatologie, Venerologie und AllergologieUniversitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus KielSchittenhelmstr. 7D-24105 KielTel.:+49-431-597-1508/1512Fax:+49-431-597-1543E-Mail: [email protected]

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