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1042 0. I~r~GE: Toxisehe Hepatose bet Halothan-Narkose Klinisehe Wocheaschrift Toxische ltepatose bei Italothan-Narkose* Von 0. K~INGE Aus dem Pathologischen Institut der Universitgt Wiirzburg (nirektor:Prof. Dr. H.-W. An~HAN~) 1956 wurde als hoehwirksames Inhalations-Nar- koticum Halothan (= Fluothane, 2-Bromo, 2-chloro- 1,1,1-trifluoroi~than) in die klinisehe Praxis eingeffihrt. ZSgerte man anfangs -- wegen der sehlechten Erfah- rungen mit dem ehemiseh verwandten Chloroform -- wiederum einen halogenierten Kohlenwasserstoff als Narkoticum einzusetzen, so schien doch bald der Vor- tell des fltiehtigen, dabei nicht explosiven und hervor- ragend steuerbaren Pharmakons so grog, dab die Sub- stanz heute beliebt und welt verbreitet ist. Bu~xE~ und BLUMENFELD sch/itzten die Zahl in Amerika durchgeffihrten Halothan-Narkosen 1963 auf etwa 6 Mill., HENKE and SCHVSTE~ 1964 die Gesamtzahl auf arm/~hernd 10 Mill. Der EinfluB yon Ita]othan auf die Leber wurde in zahI- reiehen Versuchen fiberprii~t, so z. ]3. an M/iusen und Ratten (JONES u.Mitarb. 1957; GIBSON 1959) oder an Hunden und Affen (STEPHEN et al. 1958). Naeh langdauernden Halothan- Narkosen zeigten sich im Tierexperiment lediglich leichte l~pp- chenzentrMe Leberveffettungen, and erst nach hgufig wieder- holten, mit hohen Dosen durchgefiihrten Narkosen konnten Einzelzellnekrosen und eine gewisse mitotisehe Aktivit~t in der Leber beobaehtet werden. Zungchst entsprach auch die klini- sche Er/ahrung diesen zufriedenstellenden tierexperimentellen Ergebnissen (z.B. LITTLE U. Mitarb. 1958; S~EEECKE~ u. Nitarb. 1960; SADOVEu. WALLACE 1962; W~SON u. Mitarb. 1964). F~EDE~IeKS (1961) sowie )/IvsHIN u. Mitarb. (1964) erkl~ren das Fluothane aueh bet Leberkrankheiten ffir ein hervorragendes Anaes~heticum. Dennoch scheint eine gewisse Zurfickhaltung in der Frage nach der Unschiidlichkeit von ttalothan berechtigt. Denn seit 1957 werden immer wieder Einzelf~ille yon Leberschgdigungen mitgeteilt, die sich im AnschluB an Halothan-Narkosen bet 0perationen versehiedenen Typs, untersehiedlicher Dauer und Schwierigkeitsgrade eingestellt haben. Es handelt sich dabei in den leichten Fgllen klinisch um einen fliichtigen Ikterus, der gewShnlich 1--10 Tage, in Extremfgllen aber aueh bis zu 4 Wochen, nach dem Eingriff auftritt, mit Fieber, Erbrechen und Nausea einhergehen kann und der, soweit geprfift, yon ether pathologischen Bromsulfalein-Probe (L~TTLE U. lgitarb. 1958; Bu~N~ u. Mitarb. 1958) und yon unterschiedlicher ErhShung der alkalisehen Serum-Phosphatase- und Serum- Transaminase-Werte begleitet sein kann (Bv~F u. Mitarb- 1958; B~a~TON1959 ; L~SrDV.~rB~VM U. LErFFER 1963 ; C~aNBE~- r~iN 1963 ; HEmENnERe U. Mitarb. 1963; ttENKE U. Se~VSTE~ 1964; BLACKBURIV U. Mitarb. i964). Ob und wie welt aueh die halothannarkotisierten Patienten yon P~c~¥~ u. ST~C~ (1962) hierher gehSren, ist aus den Daten nieht abzulesen. Vier- mal (Bu~N~ u. Mit~rb. 1958; B~woN 1959; TOg~rETTa U. Taym~ 1963; BLACKBURN U. Mitarb. 1964) verst~rkte sieh der Ikterus derart, dab unter dem Verdacht auf Versehlugikterus relaparotomiert wurde. In schweren Fgllen kann die Leber- affektion his zum Coma hepatieum fiihren und in den Exitus let. mfinden, set es nach einmaliger Anwendung des Narkoti- cures [BugNs u, Mitarb. (1Fall) 1957; V~vE u. PAYEE (1 Fall) 1958; Bvg~xe u. lVIitarb. (2 Fglle) 1958; Vou~'c~ u. Mitarb. (1 Fall) 1960; Lr~DEm~AvN u. LEI~E~ (1 Fall) 1963; BU:N~Xl:B U. BLUI~ENFELD (1 Fall) 1963; BRODY Uo SWEET (2Fgtle) 1963; TOg~XETTAU. T~MrK~ (I Fall) 1963; BLACK- BV~; U. Miterb. (2 FgIle) 1964], oder nach zwei- und mehr- f~eher Halothan-Narkose in kurzen zeitliehen Abst/inden [TE~E u. l~fitarb. (1 Tall) 1962; BVx~E~ u. B~W'~E~'C~ELD (I Fall) 1963; B~oD¥ u. SWEET (1 Fall) 1963; Cm~BE~,~N (1 Fall) 1963; DEACON (i Fall) 1963; BLAC~rv~N u. Mitarb. (3 Fglle) 1964; H.~NN (1 Fall) 1964]. Der Berieht yon t~RT~A~'_~ (1964) ist der bisher einzige im deutsehen Schrift- ann tiber einen Exitus im Leberkoma n~ch Halothan-Narkose. SehlieBlieh vefffigen auch DAWSON u. )~tarb. (1963) -- die in ether vergleiehenden Studie fiber Halothan- und ~ther- Anaesthesie bet der Chirurgie din" Gallenblase keinen signifikan- * Herrn Professor Dr. reed. M. NO~DMA~r~" zum 70. Ge- burtstag gewidmet. ten Untersehied zwischen beiden Narkotica hinsichtlich einer Leberseh~idigung bemerkten --, fiber einen zumindest nicht vollst~ndig gekl~rten Fall postoperativen tSdliehen Leber- versagens nach wiederholter Halothan-Narkose. Bet der groBen Zahl komplikationslos verlaufener Halothan-Anaesthesien stellen die bis hente bekannt gewordenen 21 F/ilte mit zum Tode ffihrenden Leber- sehgdigungen im Ansehlng an Halothan-Narkosen freflich nur einen verschwindend kleinen Bruchteit dar. Zu Recht geben allerdings BuNK]~ u. BLVMENFELD (1963) zu bedenken, dab die effektive Anzahl deutlieh hSher iiegen dfirfte. Andererseits haben zwar alle Autoren- mit Ausnahme yon Bu~s u. Mitarb. (1957), bei deren Fall allerdings eine diffuse metastati- sche Tumorinfiltration in den Periportalfeldern der Leber vorhanden war --, einen Zusammenhang zwi- schen Halothan-Narkose und LeberscMdigung er- wogen oder gar ffir wahrscheinlich gehalten, doch £st es Nsher nie gelungen, einen solchen Zusammenhang bet den Ietai endenden oder der mehr als doppelt so groBen ZahI yon gfins~ig verlaufenen Fallen (Lit. s. HENXE U. SC~US~E~ 1964; BLACKBU~ u. Mitarb. 1964; Kolloquium fiber Halothan 1964) sicherzustel- len. Zum Teil beruht das darauf, dug in der Regel prae und intra operationem auger Halothan zahlreiche andere Medikamente verabfolgt wurden. Aueh konn- ten VorscMdigungen der Leber (Alkoholismus, Cir- rhose oder vorbestehende Hepatitis) nicht immer aus- geschlossen werden. Folgt man dem ,,Leading Article" des Lancet 1963 fiber ,,Halothane Jaundice", so liegt die Zahl postoperativ an einem Ikterus Erkrankter statistisch nicht signifikant hSher als die yon akuten Hepatitiden innerhalb einer gleich grogen Gruppe der Norma]bev61kerung. Bier wird also Koinzidenz yon Operation und vorher nicht bemerkter Virushepatitis angenommcn. Sic ist auch zufolge des Council of Drugs (1963) m6glich, doeh wird eine weitere Prfifung fiir notwendig erachtet. Demgegenfiber weist HA~T- X~A~X (1964) lfir den Kanton Basel naeh, dab auf Halothan-Narkosen eine einwandffei gr6gere Ikterus- rate folgt als bet zufiflligem Zusammentreffen mit einer Hepatitis zu erwarten w/ire. Bei solcher Unsieherheit kann es nicht wunder- nehmen, wenn rccht untersehiedliehe Folgerungen ge- zogen werden. Fgmr u. OE~Mm (1964) u.a. halten die Halothan-Narkose ffir vollkommen unseh/idlieh, B~omr u. SWEET (1963) erseheint sic bet Leberkranken ge- fi~hrlich. FaZ4RLX~DE~ (Kolloquium fiber Halothan 1964) lehnt wiederholte tIMothan-Narkosen ab, wenn nach der ersten ein Ikterus anfgetreten war. DEACON (1963) spricht dagegen davon, dab die Beobaehtungen ffir das ttatothan diskriminierend seien und hglt eine Uberprfifung atler bisher zur Unseh/idliehkeit des Nar- koticums angestellten Studien ffir no twendig. Er wen- det sich vor allem gegen die Ansicht (F~EDE~ICK 1961 ; 5iACBY 1962), Halothan set bei Leberkranken das Anaestheticum der Wahl. Auch das morphologische Bild - - post mortem oder auf Grund ether Leberbiopsie gewonnen -- ist bislang nicht ein- heitlieh umrissen. So finder man u.a. die Beschreibung yon mehr oder weniger ausgedehnten Verfettungen, zonal oder vor- nehmlich in den inneren L~ppchenabschnitten der Leber,

Toxische Hepatose bei Halothan-Narkose

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1042 0. I~r~GE: Toxisehe Hepatose bet Halothan-Narkose Klinisehe Wocheaschrift

Toxische ltepatose bei Italothan-Narkose* Von

0. K~INGE Aus dem Pathologischen Institut der Universitgt Wiirzburg (nirektor:Prof. Dr. H.-W. An~HAN~)

1956 wurde als hoehwirksames Inha la t ions -Nar - ko t i cum Halothan ( = F luo thane , 2-Bromo, 2-chloro- 1,1,1-trifluoroi~than) in die kl inisehe P rax i s eingeffihrt . ZSgerte m a n anfangs - - wegen der sehlechten Er fah- rungen m i t dem ehemiseh v e r w a n d t e n Chloroform - - w iede rum einen ha logenier ten Kohlenwassers tof f als N a r k o t i c u m einzusetzen, so schien doch ba ld der Vor- te l l des fl t iehtigen, dabe i n ich t explos iven u n d hervor- r agend s t eue rba ren P h a r m a k o n s so grog, dab die Sub- s tanz heu te be l ieb t u n d wel t ve rb re i t e t ist . B u ~ x E ~ u n d BLUMENFELD sch/ i tz ten die Zahl in A m e r i k a durchgeff ihr ten H a l o t h a n - N a r k o s e n 1963 auf e twa 6 Mill., HENKE a n d SCHVSTE~ 1964 die Gesamtzah l auf arm/~hernd 10 Mill.

Der EinfluB yon Ita]othan auf die Leber wurde in zahI- reiehen Versuchen fiberprii~t, so z. ]3. an M/iusen und Ratten (JONES u.Mitarb. 1957; GIBSON 1959) oder an Hunden und Affen (STEPHEN et al. 1958). Naeh langdauernden Halothan- Narkosen zeigten sich im Tierexperiment lediglich leichte l~pp- chenzentrMe Leberveffettungen, and erst nach hgufig wieder- holten, mit hohen Dosen durchgefiihrten Narkosen konnten Einzelzellnekrosen und eine gewisse mitotisehe Aktivit~t in der Leber beobaehtet werden. Zungchst entsprach auch die klini- sche Er/ahrung diesen zufriedenstellenden tierexperimentellen Ergebnissen (z.B. LITTLE U. Mitarb. 1958; S~EEECKE~ u. Nitarb. 1960; SADOVE u. WALLACE 1962; W~SON u. Mitarb. 1964). F~EDE~IeKS (1961) sowie )/IvsHIN u. Mitarb. (1964) erkl~ren das Fluothane aueh bet Leberkrankheiten ffir ein hervorragendes Anaes~heticum.

Dennoch scheint eine gewisse Zurfickhaltung in der Frage nach der Unschiidlichkeit von ttalothan berechtigt. Denn seit 1957 werden immer wieder Einzelf~ille yon Leberschgdigungen mitgeteilt, die sich im AnschluB an Halothan-Narkosen bet 0perationen versehiedenen Typs, untersehiedlicher Dauer und Schwierigkeitsgrade eingestellt haben. Es handelt sich dabei in den leichten Fgllen klinisch um einen fliichtigen Ikterus, der gewShnlich 1--10 Tage, in Extremfgllen aber aueh bis zu 4 Wochen, nach dem Eingriff auftritt, mit Fieber, Erbrechen und Nausea einhergehen kann und der, soweit geprfift, yon ether pathologischen Bromsulfalein-Probe (L~TTLE U. lgitarb. 1958; Bu~N~ u. Mitarb. 1958) und yon unterschiedlicher ErhShung der alkalisehen Serum-Phosphatase- und Serum- Transaminase-Werte begleitet sein kann ( B v ~ F u. Mitarb- 1958; B~a~TON 1959 ; L~SrDV.~rB~VM U. LErFFER 1963 ; C~aNBE~- r~iN 1963 ; HEmENnERe U. Mitarb. 1963; ttENKE U. Se~VSTE~ 1964; BLACKBURIV U. Mitarb. i964). Ob und wie welt aueh die halothannarkotisierten Patienten yon P ~ c ~ ¥ ~ u. ST~C~ (1962) hierher gehSren, ist aus den Daten nieht abzulesen. Vier- mal (Bu~N~ u. Mit~rb. 1958; B~woN 1959; TOg~rETTa U. Taym~ 1963; BLACKBURN U. Mitarb. 1964) verst~rkte sieh der Ikterus derart, dab unter dem Verdacht auf Versehlugikterus relaparotomiert wurde. In schweren Fgllen kann die Leber- affektion his zum Coma hepatieum fiihren und in den Exitus let. mfinden, set es nach einmaliger Anwendung des Narkoti- cures [BugNs u, Mitarb. (1Fall) 1957; V ~ v E u. PAYEE (1 Fall) 1958; Bvg~xe u. lVIitarb. (2 Fglle) 1958; Vou~'c~ u. Mitarb. (1 Fall) 1960; Lr~DEm~AvN u. LEI~E~ (1 Fall) 1963; BU:N~Xl:B U. BLUI~ENFELD (1 Fall) 1963; BRODY Uo SWEET (2Fgtle) 1963; TOg~XETTA U. T~MrK~ (I Fall) 1963; BLACK- BV~; U. Miterb. (2 FgIle) 1964], oder nach zwei- und mehr- f~eher Halothan-Narkose in kurzen zeitliehen Abst/inden [ T E ~ E u. l~fitarb. (1 Tall) 1962; BVx~E~ u. B~W'~E~'C~ELD (I Fall) 1963; B~oD¥ u. SWEET (1 Fall) 1963; Cm~BE~,~N (1 Fall) 1963; DEACON (i Fall) 1963; BLAC~rv~N u. Mitarb. (3 Fglle) 1964; H . ~ N N (1 Fall) 1964]. Der Berieht yon t~RT~A~'_~ (1964) ist der bisher einzige im deutsehen Schrift- ann tiber einen Exitus im Leberkoma n~ch Halothan-Narkose.

SehlieBlieh vefffigen auch DAWSON u. )~tarb. (1963) - - die in ether vergleiehenden Studie fiber Halothan- und ~ther- Anaesthesie bet der Chirurgie din" Gallenblase keinen signifikan-

* Herrn Professor Dr. reed. M. NO~DMA~r~" zum 70. Ge- burtstag gewidmet.

ten Untersehied zwischen beiden Narkotica hinsichtlich einer Leberseh~idigung bemerkten - - , fiber einen zumindest nicht vollst~ndig gekl~rten Fall postoperativen tSdliehen Leber- versagens nach wiederholter Halothan-Narkose.

Bet de r groBen Zahl kompl ika t ions los ver laufener Ha lo than -Anaes thes i en stel len die bis hen te b e k a n n t gewordenen 21 F/il te m i t zum Tode ff ihrenden Leber- sehgdigungen i m Anseh lng an H a l o t h a n - N a r k o s e n freflich nu r einen verschwindend kle inen Bruchte i t dar . Zu R e c h t geben al lerdings B u N K ] ~ u. BLVMENFELD (1963) zu bedenken , d a b die effekt ive Anzah l deu t l i eh hSher i iegen dfirfte. Andererse i t s h a b e n zwar al le A u t o r e n - m i t A u s n a h m e yon B u ~ s u. Mi ta rb . (1957), bei deren Fa l l a l lerdings eine diffuse me ta s t a t i - sche Tumor in f i l t r a t i on in den Per ipor ta l f e lde rn der Leber vo rhanden war - - , e inen Z u s a m m e n h a n g zwi- schen H a l o t h a n - N a r k o s e u n d L e b e r s c M d i g u n g er- wogen oder ga r ffir wahrscheinl ich gehal ten , doch £st es Nsher nie gelungen, e inen solchen Z u s a m m e n h a n g bet den Ietai endenden oder de r mehr als doppe l t so groBen ZahI yon gfins~ig ver laufenen Fa l l en (Lit . s. HENXE U. SC~US~E~ 1964; BLACKBU~ u. Mi ta rb . 1964; Ko l loqu ium fiber H a l o t h a n 1964) s icherzustel- len. Zum Teil be ruh t das darauf , dug in de r Regel prae und in t r a ope ra t ionem auger H a l o t h a n zahlreiche andere Med ikamen te verabfo lg t wurden. Aueh konn- t en VorscMdigungen der Leber (Alkoholismus, Cir- rhose oder vorbes tehende Hepa t i t i s ) n ich t i m m e r aus- geschlossen werden. F o l g t m a n dem , ,Leading Ar t ic le" des Lance t 1963 fiber , ,Ha lo thane J aund i ce" , so l iegt die Zahl pos tope ra t i v an e inem Ik t e ru s E r k r a n k t e r s ta t i s t i sch n ich t s igni f ikant hSher als die yon aku t en H e p a t i t i d e n innerha lb einer gleich grogen Gruppe der Norma]bev61kerung. B ie r wird also Koinz idenz yon Opera t ion und vorher n icht bemerk t e r Vi rushepa t i t i s angenommcn. Sic is t auch zufolge des Council of Drugs (1963) m6glich, doeh wird eine weitere Prf ifung fiir no twendig e rachte t . Demgegenf iber weist HA~T- X~A~X (1964) lfir den K a n t o n Basel naeh, dab auf H a l o t h a n - N a r k o s e n eine e inwandffe i gr6gere Ik t e rus - r a t e folgt als bet zufiflligem Zusamment re f fen m i t einer H e p a t i t i s zu e rwar ten w/ire.

Bei solcher Uns ieherhe i t k a n n es n ich t wunder- nehmen, wenn rcch t untersehiedl iehe Fo lge rungen ge- zogen werden. F g m r u. OE~Mm (1964) u . a . ha l t en die H a l o t h a n - N a r k o s e ffir vo l lkommen unseh/idlieh, B ~ o m r u. SWEET (1963) erseheint sic bet L e b e r k r a n k e n ge- fi~hrlich. FaZ4RLX~DE~ (Kol loquium fiber H a l o t h a n 1964) l ehn t wiederhol te t I M o t h a n - N a r k o s e n ab, wenn nach der ersten ein Ikterus anfgetreten war. DEACON (1963) spr ich t dagegen davon , d a b die Beobaeh tungen ffir das t t a t o t h a n d i skr imin ie rend seien u n d hgl t eine Uberprf i fung at ler b isher zur Unseh/ id l iehkei t des Nar - ko t i cums anges te l l ten S tud ien ffir no twendig. E r wen- de t sich vor a l lem gegen die Ans ich t (F~EDE~ICK 1961 ; 5iACBY 1962), H a l o t h a n set bei L e b e r k r a n k e n das Anaes the t i cum der Wah l .

Auch das morphologische Bild - - post mortem oder auf Grund ether Leberbiopsie gewonnen - - ist bislang nicht ein- heitlieh umrissen. So finder man u.a. die Beschreibung yon mehr oder weniger ausgedehnten Verfettungen, zonal oder vor- nehmlich in den inneren L~ppchenabschnitten der Leber,

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5g. 43, Heft 19 O. KLINOV,: Toxische Hepatose bei Ha lo than-Narkose 1043 1, Oktober 1965

herdfSrmigen oder aeinozentraten Nekrosen und schliefilieh massiven Leberzellnekrosen, die bis zur vollst~ndigen Auf- lSsung der Organstruktur fiihren k6nnen. Ein Ikterus fehlt nur selten. Gelegentlich ist eine passive Hyper~mie vermerkt. Btra~A~e u. Mitarb. (1958), BU~rK~R u. BLV~E~EI~D (1963) weisen auf eine Verwandtsehaft mit dem Bild bei Ch]oroform- und Tetrachlorkohlenstoff-Vergiftungen bin. Lr~D~XBA~ U. L~rP~ (1963) sowie BLAOKBUt¢-~ u. Mitarb. (1964) heben eine Gewebs-Eosinophilie in je drei ihrer Fiille hervor. I-IEIDENBERG U. Mitarb. (1963) sahen eine ,,toxische Hepatitis" - - die bei- gegebene Abb. 1 kSnnte tatsachlich der einer Virushepatitis entspreehen. B~on¥ u. SWE~T (1963) schliel~lieh guBern die Ansieht, die Untersehiede zwischen ,,infiltrat~iver" und ,,toxi- seher" Hepatitis seien so subtil, dal~ eine Entscheidung fiber die Genese meist unm6glieh sei.

Darfiber hinaus sind die versehiedensten Bezeiclmungen gew~ihlt: Toxische Hepatitis, ttepatose, Halothane-Jaundiee, massive Leberzel]nekrose, Chloroffom-Dystrophie, Leber- atrophie, akute gelbe Leberdystrophie.

Desha lb sell a n h a n d von fiinf in den l e tz ten beiden J a h r e n in unserem Ins t i~ut obduz ie r t en F~l len F o r m u n d AusmM~ yon Lebersch/~den aufgezeigt werden, die im AnschluB an H a l o t h a n - N a r k o s e n auf t ra ten , u n d es sell ve r sueh t warden, eine gewisse Ordnung der Be- funde zu erreichen. Das Sekt ionsgut schein~ dazu geeignet , wedl ein Tell de r Pat ien~en n ieh t dem Leber- leiden, sondern der zur Opera t ion f i ihrenden Grund- k r a n k h e i t er lag u n d sich dahe r verschiedene Sehwere- g rade der OrganMtera t ion ablesen lassen. Dabe i wi rd die F r a g e zu e r6 r t e rn sein, ob i t be rhaup t die beobachte - t en Leberver /~nderungen der Narkose - - u n d im enge- ren Sinne d e m Halo~han - - zur Las~ geleg~ werden dtirfen, ob es auf Grund des pa~hologiseh-ana~omischen Biides nahe]iegt , an eine auf die Anaes thes ie zu bezie- hende L e b e r i n t o x i k a t i o n zu denken u n d sehliel~lich, ob u n d auf welehe Weise sich eine Trennung solcher na rkosebed ing te r Sehadigungen yon anderen vor- bes t ehenden Leberaffek~ionen durchff ihren I/~B~.

Besprechung der Fdille 1 1. 23j~hrige Frau, sei~ etwa 8 Wochen zunehmende cere-

brale Ausfattserscheinungen. Operation eines eystischen Klein- tfirnastroeytoms. Pr~medikation mit Luminal, Atropin, I)ro- moran. Inhalationsnarkose, halbgeschlossenes Kreislaufsystem, mit I-Ialothan. Operationsdauer etwa 6 Std. 3 × 500 cm 3 Kon- servenblut. Blutdruck pr~operativ um 130 systolisch, w~hrend der Operation um 90 mm Hg. Versagen der Spontanatmung nach Tumorexstirpation ffir etwa 3 Std. 30 Std post operatio- nem Traeheotomie wegen peripherer Atemst6rnngen infolge starker Verschleimung. 6 Tage naeh der Operation Exitus let. info]ge akuter Verlegung der Atemwege.

Obduktion (329/63). lV[orphoIogisehe Diagnose: Zustand nach Operation eines iniiltrativ wachsenden cystischen Klein- hirnastroeytoms mit Ver]egung des Aquaeduktes und miil~i- gem Hydrocephalus int. EpidurMes H~matom infolge Dura- punktion.

Zustand nach Traeheotomie. Mediastinalemphysem bei paratraehealer Verbindung zwischen Tracheotomiewunde und Mediastinum.

Eitrige Bronchitis und Bronchiolitis. Umfangreiehe Teil- atelektasen bMder Lungen, besonders der Unterlappen. H~mor- rhagische Infarziertmg des re. Oberlappens. l~[~Biges, z.T. h~morrhagisches LungenSdem. Kein Anhalt ffir zentrale Ateml~hmung. Als Grundkra~xkheit bestand ein operiertes Kleinhirnastrocytom, Todesursache war eine pulmonale In- suffizienz.

Histologi~ehe Untersuchung der )5eber. L~ppehenaui?oau er- halten. Periportale Felder zell- nnd faserarm. Erhebliche mittel- bis groStropfige auf die L~.ppohenperipherie besehr~nkte Verfettung. Verarmung an PAS-positiver Substanz. Zahlreiche Einzetnekrosen, diffus verstreut und ohne Bevorzugung eines besonderen L~ppchenabschnittes. Versehiedentlich Mitosen.

1 Herrn Prof. Dr. W. WAC~S~VT~, Direktor der Chir. Univ.-Klinik Wfirzburg, und I-Ierrn Prof. Dr. J. G ~ A o ~ , Vorstand der l~eurochir. Abt. der Universit~t -Wfirzburg, danke ich f~ die Uberlassung der Xra.nk~ngesehieh~en.

Nucleolen Meht vergrSBert, deut~Iich basophil. Sternzellen leicht geschwollen. Intrasinusoidal h~ufige Plasmazellen nnd eosinophile Leukoeyten. Keine Siderinspeicherung.

E2~ikrise. Die klinisch beobaehteten Atemst6rungen sind dureh die Befunde an den Atemwegen and den Lungen durch- aus erkl~rlich. Die pulmonale Insuffizienz stellt die Todes- ursache dar, sie daft aber nicht als Ursache der rein peripheren Leberverfettung angesehen werden. Der Verdacht auf eine akute toxische Sch~digung liegt nahe, zumM wenn man die relativ lange Narkosedauer yon 6 Std bedenkt. Die Narkose- wirkung dfirfte durch die niedrigen Blutdruckwerte w~hrend der Operation verst~rkt sein.

2. 55j~hrige Frau mit seit 1/2 Jahr rasch zunehmender motorischer Aphasie, zentrMer Facialisparese und latenter Parese re.

Operation eines groBen fibromat6sen Meningeoms der mittteren Seh~idelgrube. Pramedikation mit Luminal, Atropin, Dromoran. Inhalationsnarkose im halbgeschlossenen Kreis- laufsystem mit I-Ia]othan. Operationsdaner 51/~ Std. 6 real 500 ems KonservenbIut. W~ihrend der Operation kein Blnt- druekabfall. Sofort post operationem ansprechbar. 9 Std nach dem Eingriff Ausbildung eines nicht deutbaren genera]isierten hoeh~adigen 0dems. Am Folgetag Revision und Absaugen 5dematSsen Hirngewebes im Bereieh der Operationswunde. Leichter Ikterus. Einen Tag darauf ausgepr~igter Ikterus nnd Lebersehwellung - - Annahme einer Transfusionskomplika- tion. Am selben Tag p]Stzlicher Exitus.

Obduktionsbe[und (473/63). Zustand naeh Operation eines 350 g schweren tinksseitigen Kei]beinflfige]meningeoms. Er- weiohung des umgebenden ttirngewebes. Frisehe Erweichung grol~er Teile des li. Parieta]lappens und basaler Abschnitte des Oeeipitallappens. hleningeale Blutung im Bereieh yon Him- stature und Brficke li. Starkes HirnSdem. Ausgepr~gtes 0dem der Kopfhaut und dot Extremit~ten. Sehwere diffuse, vor- nehmlieh mitteltropfige Verfettung nnd deutliche intrahepati- sche Cholostase der Leber. Leiehter allgemeiner Ikterus. Bron- chitis, bronchopneumonische Ilffiltrate im li. Oberlappen. Grundkrankheit IMeningeom (Zustand nach Operation). Zen- traler Ted.

ttistologische Untersuchung der Leber (Abb. 2). Erhebliche diffus ausgebreitete rein-, mittel- und grobtropfige Verfettung. Intracellul~re Galletropfen, wenige intercellul~re GalIethrom- ben mit Erweiterung der Capillaren. Deutliche Verminderung der PAS-positiven Schollen. ZellkeI~e geschwollen, blaB, Nueleolen groin, tells basophil, tells auffallend hell. Reich]ich diffus verstreute Einzelnekrosen, t~ppchenzentral h~tfige Gruppenzellnekrosen. Keine Mitosen. Kr~ftige capill~re Hyper. ~tmie, besonders acinozentral, begleitet yon leichter Eosino- philie. Stel~zellen gesehwollen. Negative Eisenreaktion. Peri- portale Felder ohne nennenswerte zellige Infiltration.

Epikrise. Die sehweren Leberver~nderungen waren kombi- niert mit einem gleiehzeitig mit dem Ikterus sich entwickeln- den, ausgepr~igten, generalisierten 0dem. Dem zeitlichen Zusammenhang nach kSmlte - - vgl. sparer - - eine gemeinsame _~tiologie zugrunde liegen, wenn man die versehiedenen lViani- festationen auf ein allergisehes Gesehehen zurtiekffihrt. Eine Transfusionsunvertr~glichkeit ist - - bei negativem Siderin- befund in )1ilz trod Leber - - auszuschliM3en.

3. 66j~hrige Fran mit den typisehen Zeiehen eines Aeusti- eusneurinoms. Operation eines wMnuBgroBen Aeustiousneuri- noms re. Pr~medikation mit Luminal, Atropin, I)romoran. Intubationsnarkose im halbgesehlossenen Kreislaufsystem mit I-IMothan. Operationsdauer 4I/~ Std. 5 × 500 em 3 Konserven- blur. Intraoper~tiv kein Absinken des Blutdrucks. Der Ein- grill wird gut iiberstanden. Rasch zunehmender Ikterus am 1. Tag naeh der Operation (Bilirubin bis 8,02 rag-%, ver- mehrt Urobilinogen im Ham). Exitus 2 Tage naeh dem Ein- griff.

Obduktionsergebnis (558/63). Zustand nach reehtsseitiger femporo-occipitaler Sehiideltrepanation mit Exsth~ation eines Aeusticusneurinoms. Geringes subdurales H~matom der re. hinteren Seh~delgrube. Thrombose des Sinus transversus und sigmoideus re. l~I~13ige VoInmenvermehrung der re. Kleinhirn- hemisphere mit Druckconus der gleichseitigen Kleinhirn- tonsille.

Ausgepr~gte feintropfige, vornehmlich l~ppchenzentrale Verfettung der Leber. Disseminierte Einzelnekrosen. Intra- hepatische Cholestase. Allgemeiner Ikterus. Leichte toxisohe Tubulopathie mit kleintropfiger Verfettung der distalen Tubu. lusepithelien.

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1044 O. K n ~ : Toxische Hepatose bei Halothan-Narkose Klinische Wochenschrff~

Kr'dftige fibrinSs-eitrige Bronchopneuraonie des if. Lungen- ober- und -unterlappens. Dilatation der li. Herzkaramer. Lungen5dem.

Todesursache: Toxische Hepatose, Bronchopneumonie. Histvlogische Unter~uchung der Leber. Deufliehe rein- bis

hSchstens raitteltropfige Verfettung der Epithelien in den inncren L~ppchenabschnitten. Intrahepatische Cholestase. Zahlreiche diffus verstreute Einzelzellnekrosen, einige Mitosen. Verarraung der Zellen an PAS-positiver Substanz, insbesondere acinozentral. Nucleolen vergrSl3ert und krgftig basophil bei sonst unauffglligem Kernbild. Sternzellen geschwotlen. L[~pp- ehenzentrale Hyper~raie mit tt~ufung yon PlasraazelIen und einigen eosinophilen Leukocyten. Periportalfelder scharf be- grenzt und nicht zellig infiltriert.

Epikrise. Das histologische Bild der Leber entspricht dem einer toxischen Hepatose, ein toxisches Geschehen legen auch ausgedehnte tt~raorrhagien der Leberoberflgche und die fein- tropfige Verfettung der Tubulusepithelien nahe. A]Ierdings ist dcr Umschlag der Erkrankung zum Letalen nicht allein den Leberver~nderungen, sondern danebcn tier Bronchopneumonie zur Last zu legen.

4. 61j~hriger Mann. Ulcustr~ger seit 1956. 1963 erstraaIs Bluterbrechen. Klinikeinweisung nach Itgraateraesis in prg- kollaptischem Zustand (RE syst. 60 mm Hg). Blut~ransfusio- hen. Erneut kr~ftiges BIuterbrechen. Sofortige Magenopera- tion nach Billroth I I in Intubationsnarkose, halbgeschlossenes System, raft Halothan. Operationsdauer 1~/~ Std. Vom ersten postoperativen Tags an raseher Anstieg des Serum-Bilirubins von 1,8 rag-% auf 16 rag-% am 5. Tage nach dera Eingriff. Exitus im Coma hepaticura ara 8. Tag nach der Magenresektion.

Bei der Obduktion (279/64) kormte ats Gnmdlcrankheit ein Status nach Magenresektion wegen blutenden Ulcus ventriculi erraittelt werden, als Todesursache sine schwere toxische Hepatose. Im einzelnen lauteten die Befunde: Status nach Magenrcsektion (BII) wegen blutcndem hochsitzendem ~agenulcus. Retrocolische Gastro-Entero-Anastoraose. Naht- insuffizienz im Bcreich der GE, davon ausgehend Blutung in den Magen und in sine dutch das Omentum mains abgedeckte HShle in 0bcrbauchmitte. Lokale fibrinSse Peritonitis. 850 cm s sanguinolenter Ascites. Oliggmische Tubulopathie der Nieren.

Frischer toxischer Leberschaden mit ausgedehnter Ver- fettung, Einzel- und Grnppenzellnekroscn und schwerer intra- hepatischer Cholestase. I~r~ftiger generalisierter Ikterus.

Hyperplastische Milz. KrEftiges chronisches substantielles Lungenemphysera.

Zylindrische Bronchiektasien. Hypertrophie der re. Herz- kamraer. Pulmonalsklerose. Katarrhalische Traeheobronchitis und Bronchiolitis.

Histologische Untersuchung der Leber (Abb. 3). Mittel- bis grol~tropfige Verfettung nahezu sgmtlicher Epithelien der Leber. PAS-positives hL~erial kaum raehr nachzuweisen. Geh~uft intracellul~re Galletropfen und interce]luNire Galle- thromben. Sinusoide prall blutgefiillt. Disseminierte hyaline Einze]zellnekrosen und reichlieh Gruppenzellunterggnge, oft in Form hgmorrhagischer Nekrosen mit ZerstSrung des Capil- largeriistes. Kerne vielfach geschwo]len, blal], ihre Nucleolcn vergrSBert und ebenf~lls oft blatL Keine Mitosen, Sternzetlen - - neben deutlicher Schwellung - - nur leieht diffus verraehrt. Kcine Siderinspeicherung. Periportale Felder nicht verbrei- tert, vereinzelt enthalten sic Plasmazellen und eosinophile Leukocyten, Eleraente, die such innerhalb der Sinusoide gelegentlich zu beobachten sind.

E~ikrise. Wiederum handelt es sich um sine, in diesera Fall besonders schwere toxische Hepatose. Die Giftwirknng traf auf eine infolge des starken ]~lutvcrlustes bereits vor- geschgdigte Leber. Operation und ]~arkose sind also nur sin Glied in einer :Kerfs, aueh daD_n, wenn sie den letztlich aus- 15scnden Faktor fi~r das Leberversagen darstellen.

5.33jghriger Mann, seit Juni 1964 Schwindel, Geschraacks- stSrungen, Paraesthesien der re. KSrperh~lfte. RSntgeno- logisch rauraverdrgngender ProzeI~ der li. mittleren Schadel- grubs, ira EEG hier sin t~erdbefund.

Operation sines sich weft na, ch medial erstreckenden, regressiv vergnderten Astrocytoras. Prgmedikation raft Lumi- nal, Atosi], Atropin, Dromoran. Inhalationsnarkose, halb- geschlossenes Kreislaufsystem, raft Halothan und Lachgas. Oper~tionsdauer 4 Std. 450 cm s Konservenblut. Kein Blut- druckabfa]l. Postoperativ SprachstSrungen, sonst guter All- geraeinznstand. Exitus 5 Tags post operationem im akuten KreisI~ufversagen.

Obduktion (54/65). Zustand nach unvollst~ndiger Ent- fernung eines grol]en Astrocy~oras li. temporal, weft in die

medialen Hirnanteile infiltrierend. Krgftige Volumenvermeh- rung des Gehirns. Ausgeprggte Uncusfurche und Druekconus der Kleinhirntonsillen. Gastroraalacia acida. Ektasie der Ham- blase. Zentrales Lungen6dera.

Schwere toxisehe ttepatose rait diffuser Zellverfettung, disserainierten Einzelzellnekrosen und krgftiger intrahepati- scher Cholestase.

Sinusitis frontatis (bakt.: Staphylococcus aureus). Grundkrankheit: Astrocytora. Todesursache: ttirndruck. Histologische Untersuchung der Zeber (Abb. 1). Periportale

Fe]der seharf begrenzt, yon einze]nen Plasmaze]len und selte- hen eosinophilen Leukocyten durchsetzt, ohne Faservermeh- rung. L~ppehenaufbau gewahrt. Diffuse raittel- his groB- tropfige Verfettung der raeisten Leberzellen, schraaler Iett- freier peripherer Zellsaum. Zellkerne oft geschwollen und blaB. Nucleolen plump, teils kr~ftig basophil, tells abgeblal~t. R, eichlich disseminierte Einzelzellnekrosen, gewShnIieh in Forra hyaliner KSrper ira Bereich der Verfettung. Einige Teilungsiiguren. Deutliche l~ppchenzentrale ttyper~mie. Stern- zellen raKl~ig geschwollen. Keine Siderinablagerlmg. Deutliche Cholestase.

Epikrise. Ftir den Ted des Patienten ist in erster Linie der kr'dftige Hirndruck verantwor~lich, der sich ira AnschIuB an die Operation eines besonders tiefgreifenden Astrocytoms entwickelte. Die Sinusitis frontalis hatte auf den Krankheits- verlauf keinen erkennbaren EinfluB. Unterstiitzend mag die akute toxische Hepatose gewirkt haben, deren Vollbitd - - Ver- fettung, Cholestase, Nekrosen-- histologisch nachznweisen war.

ErSrterung Uberblickt man das Sektionsgut, so ergibt sich, dub

ausgedehnte und in sehweren F~llen tSdliehe Leber- parenchymseh~digungen durchaus nicht nur im An- schluB an Narkosen bei intraabdominel len Eingriffen (vgl. Kol loquium fiber Ha]ethan) , sondern ebenso nach anderen chirnrgischen Intervent ionen, beispielsweise nach Opermtionen im Bereieh des Zentrmlnerven- systems, vo rkommen kSnnen.

Obwohl die einzelnen Fa~e recht versehieden ge- ar te t sind, seheint es uns doch gerechtfertigt, sic unter dem gemeinsamen Gesichtspunkt postnarkotiseher toxischer Lebersehaden zu betrachten. Dmzu ist es jedoch notwendig, sine k h r e begriffliche Abgrenzung des morphologischen Krmnkheitsbildes zu umrei•en: Wi t sprechen yon toxischer Hepatose nnd verstehen darunter den 0berbegriff, der alle mSglichen toxischen Leberpmreneh~nsch£den einschlie~t. Je naeh dem histologisehen Bild ]assen sieh - - jedenfalIs morpho- logiseh - - versehiedene Formen unterseheiden: Nach Vergfftungen mi t Tetrachlorkohlenstoff, Chloroform, Essigs~ure, Alkohol oder durch Pilze ist der feingeweb- liehe Befund durch Zellverfettung und -nekrosen der Leber best immt. I m seharfen Gegensatz dazu kann der sog. Drogenikterns als eine durch ein wohldefiniertes elektronenmikroskopisches Bfld (vgl. SCHA~'s~v~ u. K ~ t s s ~ 1963) gekennzeichnete und - - much nach eigener Erfahrung ~ nicht dureh Verfet tung kompli- zierte reins intrahep&tisehe Cholestase naeh Arznei- mit telunvertr~glichkeit abget rennt werden. Das fein- gewebliehe Bild unserer F£lle dagegen wird dureh Cholestase und Verfet tung - - bei gleichzeitiger Glyko. genverarmung - - der Leberzellen, verbunden mit mehr oder minder musgedehnten Nekrosen - - C~4olysen ~de Coaguht ionsnekrosen - - ehmrakterisiert. Die Zellkerne kSnnen, je nmch dem Grad der Sch~digung, gesehwol- len und blal~, die Nncleolen vergrSl3ert sein. Eine dif- fuse Sternzellschwellung ist gew6hnlich zu beobaehten, m a n e h m a l fehlt much eine gewisse Mesenehymwnehe- rung nieht. Dmgegen sind Zeiehen einer &kuten t tepa- titis epidemiea ,nit den bezeichnenden periportmlen

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Jg. 43, tteft 19 O. KLINGE: Toxische Hepatose bei HalothamNarkose 1045 1. Oktober 1965

Infiltraten vornehmlich aus l~undzellen nicht zu erken- nen. St/irkere Leukoeyteninv~sionen sind da.rauf ver- d/~chtig, dal~ sie sieh auf den Abbau verfetteten Par- enehyms beziehen. Eine die ehronische Hepatitis u.a. kennzeiclmende Bindegewebsvermehrung geh6rt nieht zum Bild der unkomplizierten toxisehen tIepatose. Die Hepatitis in ihrer akuten und chronischen Form sollte deshalb yon der toxischen Hepatose getrennt und auch nomenklatoriseh eindeutig untersehieden werden, wie das u.a. auch ]3LACKBUI~N U. N[ita.rb. (t964~) erstreben. Die besonders im amerikanisehenSchrift- turn gebr£uchliehe Bezeichnung ,,toxisehe Hepatitis" ftir die Folgen yon Leber- intoxikationen erseheint verwirrend, d~ hier zwei voneinander unabh~ngige Noxen in einer Bezeichnung zusammen- gefagt werden, obschon sieh histologiseh gewShnlieh eine Unterseheidung sehr wohl treffen 1/~f3t. Schwierig wird erst die Differenzierung bereits 1/~nger be- stehender toxiseher Itepatosen.

Hi/It ngmlich die Giftwirkung an und kann der ents tandene und for tdauernde Zelldefekg nieht oder nieht vollkommen dureh Parenehym- ersatz gedeckt werden, so kommt es zur Ver- s tgrkung des Gitterfasergeriistes im Bereieh ausgefallenen Parenehyms, zur 2~Iesenehym- wueherung und Bindegewebsvermehrung. Dazu gesellt sieh - - in manehen Fgllen - - eine Rund- zellinfiltration yon den peripor~Men Feldern ~us, es herrseht also ein buntes Bild, das - - jedenfalls ohne Kenntnis der genauen Ana- mnese - - yon dem einer lgnger bestehenden Hepati t is sehwer zu unterseheiden sein kann, da hier grundsiitzlieh derselbe Schgdigungs- modus vorliegt. POPPEt und Se~A]rFSrER (1959) sehlagen daher f~r diese Zust/i.nde die Be- zeichnung ,,unspezifisehe reakt ive Hepat i t i s" (,,nonspeeifie reactive hepat i t is") vor. Mag damit das feingewebliehe Bild hinreiehend umrissen sein, so seheint uns die Bezeiehnung doeh niehg glfieklieh, da sie - - entspreehend der einer toxisehen Hepati t is - - e i n e gedanMiche Verbindung zum Hepat~itisbegrifI sehaff~, den wir der Klarhei t halber Mlein fiir die eehte Virushepati t is reserviert wissen mSehten. Ge- nauer, weil eindeu~iger abgrenzend, seheint uns die einfaehe Besehreibung des histologi- sehen Befundes als einer toxisehen tIepatose mi t reakt iver Mesenehymaktivit~g und sekun- dgrer Bindegewebsvermehrung. Jedoeh wird diese - - sieher etwas umstgndliehe - - Diagnose jeweils nnr in enger Zusammenarbei t zwisehen Kliniker und Pathologen zu stellen sein, eine solehe setzen aueh P o P P ~ und S O ~ A ~ N ~ voraus, wenn sie die morphologiseh zumindest in diesen F~llen nieht exakt - - und nur im Gegensatz zu den echten spezifisehen Entzf indungen - - beleg- baren Kennzeietmungen: ,,unspezilisch und reakt iv" an- wenden.

Aus dem Gesag~en geh~ endlieh hervor, dab die Diagnose immer dann in :Prage gestellt ist, und das auch bei Kenntnis des klinischen Verlaufes, werm es sehlieglieh nieht doeh zur Rest i tut io ad integrum, sondern zur bindegewebigen Ausheilung kommt. Den Narbenstadien diirfte, wie aueh BLACKBUI:I,N U. Mitarb. (1964) hervorheben und wie A~ws~xsrsr (1957) fiir die Cirrhose be tont hat , nur in giinstig gelagerten Fg]len anzusehen sein, ob sie auf eia infektiSses Gesehehen zuriiekgehen oder auf Grund toxiseher Einfliisse ents tanden sind.

I n d e s s e n - - h i e r s t e h t zun/~ehs t d a s a k u t e S t a d i u m t o x i s e h e r L e b e r s c h g d i g u n g e n in F r a g e . Dal3 be i f u l m i - n a n t e m V e r l a u f k e i n e f e i n e n D i f f e r e n z i e r u n g e n aus- g e b i l d e t w e r d e n u n d h/~ufig l e d i g l i e h d a s b e k a n n t e B i l d d e r L e b e r n e k r o s e r e s u l t i e r t , sei n u r n e b e n b e i be-

merkt. Ftir die leiehten, mittelschweren und such schweren F/~lle dagegen t~t~t sich ein typisehes mor- phologisches Bild durehaus aageben.

Um die Churakteristika der toxischen Hepatose in der veto Grad der Organalter~tion abh~ngigen Stufung am ]eingeweblichen Bild unserer Fglle abzuleiten, be- darf es einer gruppierenden Anordnung. Es entsteht dann eine l~eihung yon der kr/~ftigen zonalen VelVet-

Abb. I (S.-Nr. 54/65). Fein- bis mi~teltropfige Verfe~fung der Leber, die Grenzlamellen als sehraa, ler Saum fe~ffrei. Zellarmes periportales Feld. Gold_net. 210 ×

Abb. 2 (S.*Nr. 473/63). Vornehmlich fein- bis raitteltropffge Verfettung. Auffallend plumpe basophile Nucleolen. Im Zentrum frische hyaline Diinzelzellnekrose. lt.-E. 430 x

tung mit Einzelnekrosen (329/63) ztml gleichen Bild mit intrahepatiseher Cholestase (558/63); der n£chste Sehritt (54/65) ist die diffuse Verfettung (Abb. 1), wiederum mit Einzelnekrosen (Abb. 2) und Cholestase, und schlieglieh treten mehr oder minder ausgedehnte Unterg/~nge yon Zellgruppen hinzu (473/63), ~eilweise in der sehwersten Form, der h~morrhagiseher Nekrosen (279/64, Abb. 3). Das histologische Bild erweist die Bereehtigung, in allen F~llen yon einer besonderen F o r m d e r t o x i s c h e n H e p a t o s e - - f r e i l i eh in u n t e r s e h i e d - l i ch s c h w e r e r A u s p r ~ g u n g - - zu s p r e c h e n , D a s e r g i b t s i eh n i e h t n u r a u s d e r z u n e h m e n d e n V e r f e t t u n g u n d Cho le s t a se , v e r b u n d e n m i t f r i s c h e n N e k r o s e n i n weeh - s e l n d e r H g u f u n g , s o n d e r n es ze ig t s i ch d a r f i b e r h i n a u s , d a b V o r s e h ~ d i g u n g e n d e r L e b e r n i n F o r m e i n e r per i -

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1046 O . KI . , txc~E: Toxische Hepatose bei Halothan-Narkose Klinische Wochenschrift

portalen Fibrose oder gar von Umbauvorggngen in unseren Fallen ebenso wenig zu beobaehten sind wie altere lappchenzentrale Sklerosen. Mit derselben Sicherheit konnten frische entzfindliehe Prozesse, etwa im Sinne einer akuten Virushepatitis ausgeschlossen werden, da irgendwelche Mesenehymwncherungen und Zellinfiltrationen starkeren AusmaBes mit Verwischung der Parenchym-Bindegewebs-Grenze nicht auftraten. Das vielfaeh diskutierte Zusammentreffen (Leading Article 1963, Council of Drugs 1963, B~oDY u. SW~T

b

Abb. 3 (S.-Nr. 279/64). a Intracelluli~re Galletropfen neben kr/~ftiger Ver- fettung and Zellnekrosen. b GalIe~hromben in erweiterten SchMtstficken.

Einige eosinophile Leukocyten und l~undzellen im pm'iport.alen Feld. It.-E. 550 x

1963 - - aber HAI~TMANN 1964) der Operation mit einer zu diesem Zeitpunkt noch nieht erkennbaren und erst dureh den Eingriff und seine Folgen verst~.rkten Virus- hepatitis kommt also bei unserem Krankengut ent- sprechend dem postmortal erhobenen feingeweblichen Befund nieht in Betracht.

Dennoch bMben auch morphologisch zunachst noch einige Unstimmigkeiten hinsichtlich der histo- logisehen Charakteristika einer toxischen IIepatose, und zwar sowohl was die degenerativen wie die repara- riven AbI/iufe angeht. Sic betreffen in erster Linie den Ort der Parcnehymverfettung, zumindest bei den leich- teren Formen. Die schwere ist unstreitig dureh eine diffus fiber das ganze Leberlappehen vertei]te Zell- verfettung ausgezeiehnet, wobei gewShnlich fein-, mit- tel- und grobtropfige Ablagerungen yon sudanophiter Substanz gleichzeitig und nebeneinander vorkommen. Dagegen sind leiehtere Formen toxiseher Zellverfet- tung sowohl in den acinoperipheren Zellen einerseits wit auf der anderen in den L/£ppchenzentren beschrie-

ben, aueh in unseren Fallen lug nicht gMehsinnig derselbe Schadigungstyp vor (vgl. S.-Nr. 329/63, aber 558/63). Doch handelt es sieh hier um nur scheinbare Gegens/itze, denn es zeigt sich, wie ALTMANN (1949) am Beispiel der schweren akuten Hypoxydose ftir die Zellvacuolisierung ausfiihrtich dargelegt hat, dab der Wirknngsgrad einer Noxe ganz allgemein abhangt yon ihrer Toxicitat einerseits und zum anderen yon dem Zustand der betroffenen Zellen zum Zeitpunkt der Einwirkung. Mit anderen Worten: In ihrem Stoff- wechsel reduzierte Epithelien kSnnen aueh dann auf eine Sehadigung starker reagieren als bislang besser gestellte Zellen, wenn sic von einer Noxe weniger unvermittelt getroffen werden. Das besagt, dab die ]/~ppehenperipheren Leberepithelien eine Intoxikation des Organismus ohne - - tiehtoptisch erkennbaren - - Schaden fiberstehen kSnnen, soIange sie mit Nahrstoff und Sauerstoff reichlieh versorgt werden, wahrend die Zellen in dem yon vornherein ungfinstigeren Milieu der Acinuszentren bereits einer Verfettung anheimfallen. Besteht dagegen zusatzlich eine KreislaufstSrung - - sei es generell, sei es IokM - - oder ist die Wirkung eines Giftstoffes so stark, dab sic der Unterstfitzung durch den relativen Mangelzustand im Bereich der Lappehen- zentren nicht bedarf, dann vermag das in Rede stehende Gift bereits in die Zellen der Peripherie einzudringen and ~4rd hier abgefangen, so dab die zentral ge]egenen Zellen weniger betroffen werden. Das differierende Sehadigungsmuster gilt f/Jr die toxisehe Verfettung ebenso wie ffir die Deutung der unterschiedliehen LokMisation yon Gruppenzellnekrosen. Die diffus ver- teilten Einzelzellunterg/~nge erklaren sieh aus der diffe- renten Stoffweehsellage der betroffenen Epithelien (vgl. AI~TMA~N 1949). Das weehselnde Ansmag der Schadigung dient schlieBlieh der Interpretation der von Fall zu Fall in ihrem Umfang unterschiedlichen reparativen Aktivit/it. Eine immer ¢~deder best/~tig~e - - und aus dem vorliegenden Obduktionsgut erneut betegbare - - Beobachtung hat gelehrt, dab in F~.llen sehwerer Parenchymsehadigung nur sparliche oder gar keine Mitosen auftreten, wogegen sic bei Mchteren mit vergleiehsweise geringer Nekrosezahl einen relativ h/~ufigen Befund darstellen k6nnen. ALTMANN hat in fiypoxie-Versuehen (1949) naehgewiesen, dag mit zu- nehmender Zellseh/~digung aueh das I~eparationsver- mSgen abnimmt, also die Mitoserate sinkt, und er hut dargetegt (1957, 1961), dab dieser mangelnde Zell- ersatz das wesentliehe Moment ffir das Zustande- kommen yon Bindegewebsnarben und schlieNieh yon Umbauvorgangen in der Leber ist. Die Abhangigkeit des Reparationsverm6gens yon der Intensit/it der wirksamen Noxe stellt also ein allgemeines Phanomen dar, mit anderen Worten: Die Zahl nachweisbarer Mitosen bedeutet einen zusatzlichen Iiinweis auf den Grad der ZelIseh/idigung, und zwar sowohl bei einer Hepatitis wie bei einer Hepatose: Das Fehlen yon Teilungsfiguren in akuten Leberdystrophien, seien sic entzfindlicher, hypoxischer oder toxiseher Natur. ist ein weiteres - - und nicht das geringste =- Zeichen ftir die vollstandige Uberlegenheit des seh~digendenAgens.

Demgegenfiber geht offenbar die intrahepatische Cholestase (vgl. Abb. 3) nieht streng parallel, jedenfalls ist das in den yon uns untersuchten Lebern nicht der Fail. Unter den Lebern mit kraftiger diffuser Verfet- tung zeigt die eine (S.-Nr. 473/63) nur eine maBige Galleablagernng, gewShnlich in Form feiner intra-

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Jg. 43, Heft 19 O. KL~NGE : Toxische Hepatose bei HMothan-Narkose 1047 1 . 0 k t o b e r 1965

eetlulgrer Tropfen, insbesondere im Bereieh der L/~pp- ehenzentren. Worauf dieser Untersehied im einzelnen beruht, ist nieht sieher anzugeben. Man kann sowohl an eine weehselnde Quantitgt und Wirksamkeit des aufgenommenen Narkotieums denken, aber aueh er- w£gen, ob die Zellen bei liehtoptiseh nieht fagbarer, aber funktionell st~rkerer Seh~digung nur noeh zu einer geringen geriehteten Abgabe der Galle imstande sind. SeNieNieh weist die Beobaehtung abet noeh in eine andere giehtnng. Denn bei unserem 1%11 mit zentraler Verfettung (S.-Nr. 558/63) sahen wit neben einer mittelgradigen Chotestase besonders die Ver- legung yon Galleeapillaren dutch intraeanalient£re Eiweigausf~llungen, yon denen nur ein Tell gallig imbibiert war, also sog. ,,Galle-Thromben" darstellt. Die EiweiBausseheidung in das galleabffihrende System hinein, gemeinhin als Albuminoeholie oder Proteino- eholJe gekennzeiehnet, darf als Hinweis ,,auf eine St6rung der geregelten, zelldierRiehen Funktionen der eytoplasmatisehen Ribonukleoproteide" (ALTs~A~N 1955) gelten, zumM REES und S~OTLA~DE~ (1963) auf bioehemisehem ~rege Alterationen des Ergastoplasmas naeh Lebervergiftungen mit versehiedenen Substanzen naehweisen konnten, l~berhanpt seheint hier eine Ge- meinsamkeit sowohl der in Frage stehenden Narkose- Seh~digung wie der Leber-Alteration naeh Gabe ande- rer Drogen zu liegen. Ist doeh bekannt, dab weder die ausgedehnte Verfettung noeh die Zellnekrose, allein oder gemeinsam, sehon yon einem Ikterus begleitet zu sein brauehen. Der frfiher mehr als Ansdi'nek einer funktionellen Insuffizienz der Leberzette gedeuteten Gelbsueht k6rmte also eine - - wie aueh immer ge- artete - - Abwandlung des Ergastoplasmas zugrunde liegen. Sic stellt wahrseheinlieh aueh die Ursaehe der weehselnd ausgepr/~gten Cholestase bei Virushepati- tiden ~nd dekompensierten Cirrhosen dar.

Wir glauben, auf diese Weise siehergestellt zu haben, dab die toxisehe Hepatose - - trotz maneher Abwandlungen, die sieh im Einzelfall aus dem wirken- den Giftstoff einerseits und der Ausgangslage des be- troffenen Zellverbandes andererseits ergeben - - gene- rell Nn relativ gleiehf6rmiges Krankheitsgesehehen mit wohl definiertem, gegen entzfindliehe Leberver'~nde- rungen abgrenzbarem morphologisehen Bild darstellt.

Als ngehstes ist daher zu fragen, ob und wie weir sieh ans dem Mngewebliehen Befund direkte Sehlfisse anf die Art des Toxins ziehen lassen, t i ler zeigt sieh nun s@eieh, dab eben die retativ gleiehf6rmige Re- aktionsweise der Leber nieht gestattet, solehe direkten Beziehungen naehzuweisen. Ergeben sieh doeh im wesentliehen identisehe Bilder unabh£ngig yore ehemi- sehen Aufbau des wirkenden Agens, die sieh nur hin- siehtlieh cles Sehweregrades der Ver/~nderungen unter- seheiden. Wir kennen solehe histologisehen Befunde sowohl naeh 1/~ngerer Applikaton der versehiedensten Medikamente (vgl. D6LLE n. M~t~T~NI 1959, 1962, 1964; POP~E~ U. SCHaF~E~ 1959) - - und ganz abgesehen vom reinen Drogenikterus - - . Es handelt sieh dem- naeh bei der toxisehen ttapatose nm ein zwar typisehes, keineswegs abet spezifisehes morphologisehes Bild. Daraus leitet sieh - - im Verein mit der aueh klinisch vieldeutigen Symptomatik - - die Unsieherheit her, die sieh in der Frage naeh der toxisehen Leberwirksam- keit yon Halothan abzeiehnet. Sie entsteht u.a. aueh dadureh, dag sieh bislang keinerlei Kriterien erarbeiten liegen, naeh denen man eine Seh/~digung des Patienten

Klin. Wschr., 43. Jahrg .

dureh das Narkoticum voraussehen kann. Dennoeh seheint es uns unrealistiseh, eine toxisehe Wirkung des Halothans generell nut deshatb ablehnen zu wollen, weft sie nieht exakt beweisbar ware. Vielmehr legt die Tatsache, dages sieh in unseren FNlen um nieht vor- geseh/~digte, akut alterierte Lebern handelt, den Ver- daeht auf eine Narkoseseh£digung nahe; er wird da- durch bekrMtigt, dal~ die toxische Natur dieser Sehfi~di- gung im histologisehen Bild ablesbar wird.

Indessen t r i t t eine Leberintoxikation nur bei ver- gleiehsweise wenigen Patienten im Ansehlug an die Narkose in Erseheinung. Das weist darauf hin, dab es sieh im Falle des tIalothan - - im Gegensatz zu Tetraehlorkohlenstoff und Chloroform - - um ein Hepatotoxin handelt, das nnr fakultativ oder bei einer besonderen, bisher nieht n/~her bestimmbaren Dis- position des Patienten wh'ksam wird. Diese Eigenart des Anaesthetieums erklgrt fiber die geringe Zahl be- troffener Patienten hinaus aueh die untersehiedlieh ausgeprggte seh~digende Wirkung nnd damit den weehselnden Umfang der morphologisehen Befunde. Gleichzeitig besteht die M6gliehkeit, dab aueh ein allergisehes Gesehehen unterstfitzend im Spiele sein kann. Haben wit doeh bei allen nnseren FNlen - - und aneh LINDENI~AUM n. LEIFER (1963) sowie BLACK- :BUX~ U. Mitarb. (1964) weisen in einem Tell ihrer Beobaehtungen darauf hin - - eine Gewebseosinophilie gesehen, die freilieh manehmal reeht diskret sein kann. Die Tatsaehe, dal~ dureh manehe Toxine hervor- gerufene Lebera]terationen oft yon allergisehen Er- seheinungen begleitet werden - - 0deme, Urticaria, Eosinophilie u. a. m. - - , gibt uns die Bereehtigung, ffir unseren zweiten Fall (S.-Nr. 473/63) fiber den zeit- lichen Zusammenhang hinaus auch einen pathogeneti- sehen zwisehen Ikterus und generalisiertem 0dem als wahrseheinlieh anzunehmen. SchlieNieh w~re die An- nahme eines wie aueh immer gearteten allergisehen Gesehehens --AI~FOLTE~ (1964) denkt an eine hapten- artige ~rirkungsweise - - geeignet, manehe Unstimmig- keit der verSffentliehten Halothan-Zwisehenf£lle zu erM~.ren. So wfirde z.B. versta~ndlieh, dab beim Men- sehen beobaehtete Seh/~digung im Tierexperiment nieht oder nnr unter erschwerenden Bedingungen reprodu- zierbar waren. Und aueh die h/~ufig gegen einen Zu- sammenhang zwischen Halothan-Narkose und Ikterus angeffihrte Variation des Zeitintervalls z~dsehen dem Eimvirken des Anaesthetieums und der Manifestation der Seh/~digung daft unter den angeffihrten Voraus- setzungen als ffir die Fragestellung unerheblieh an- gesehen werden.

Wit sehen also im Halothan ein t tepatotoxin, das nur bei einer besonderen Disposition des Patienten, also fakultativ nnd nicht voraussehaubar wirkt und zu Leberseh~digungen ebenfalls ira einzelnen nieht bestimmbaren AusmaBes ffihren kann, wobei mitunter allergische Prozesse eine Rolle spielen kSnnten.

Der Angriffspunkt der Snbstanz innerhalb der Einzelzelle steht noch in Frage. I talothan kSnnte, wie das fiir zahlreiehe andere Lebergifte (vgl. JUDA~ u. REES 1958) angenommen wird, primgr in den mito- ehondrialen Fermentbestand und -haushalt eingreifen und ~de diese fiber eine energetisehe Insuffizienz zur mehr oder minder sehweren, u.U. in den Ze]ltod mfin- denden StSrnng des cellul~ren Stoffwechsels ffihren. Andererseits maehen REES u. SHOTLA~I)E~ (1963) auf Grund bioehemiseher Untersuehungen insbesondere

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Page 7: Toxische Hepatose bei Halothan-Narkose

1048 O. XLIlgGE: Toxische tIepatose bei HMothan-Narkose Ktinische Wochenschrift

ffir die Zel lver fe t tung nach App l ika t ion yon Leber- gif ten in ers ter Linie At te ra t ionen des Ergas top lasmas verantwor t l ieh . Wi r se]bst sehen dar in eine wesent- liehe Ursa.che der in t rahepa t i schen Cholestase (vgl. oben) und haben sonst Veranderungen des organi- s ier ten Ergas top la smas an b iopt i sch gewonnenen Leberzy l indern nur bei 1/~nger bes tehenden toxischen Hepa tosen gesehen. Insbesondere in Lebere i r rhosen geben A b w a n d l a n g e n des endoptasmat i sehen Ret i - culums wichtige diagnost ische Hinweise auf die einer Leberze]le noch innewohnende Kompensa t ionsm6gl ieh- kei t ( A L T ~ A ~ 1961). I m vor l iegenden Fal le a k u t e r Narkoseschadigungen k5nnen wi t jedoeh zu der F rage nach dem entscheidenden Angr i f f spunkt des Ha lo thans an den submikroskopischen Cytop]asmaorganel len kei- hen Bei t rag leisten. Sind doch die ~einsten Zel ls t ruk- t u r en k a u m an der normalen Leichen]eber, viel weniger an der gesch/idigten zu beurtei len.

Es erweist sieh also, dag einige der morphologischen Befunde bei de r toxisehen Hepa tose wei te rer Kl/~rung bedfir~en. Dar i iber h inaus sollte m a n al lgemein danach t raeh ten , Besehre ibung und N o m e n k l a t u r tox i seher Lebersch/~digungen zu vereinhei t l ichen. I m Fal le des Ha]o thans erseheinen neben einer sorgf/~ttigen Samm- lung kl inischer Beobach tungen weitere t i e rexper imen- te]le Unte r suchungen notwendig , insbesondere an Hun- den, bei denen a m ehesten den mensehl iehen vergleich- bare Gegebenhei ten vorliegen. SchlieBlieh ha l t en wit angesichts der v ie ldeut igen ld inischen S y m p t o r a a t i k des Leberschadens naeh t I a l o than -Narkosen die frfih- zeit ige diagnost ische Lebe rpunk t ion - - denn n u t das tfistologisehe Bi ld der frfihen , , reinen" S tad ien e r laubt die sichere Diagnoseste l lung - - ffir gerecht fer t ig t und keineswegs nur yon rein akademisehem Interesse (HE~KE u. SCHUSTE~ 1964). Denn sie erst er6ffnet einen gangbaren Weg, um Fehlinterpretationen zu vermeiden and der umstrittenen Frage nach der Leberschi~digung dutch I-Ialothan n~iherzukoramen.

Zusammenlassung. Es wird fiber ffinf Fgl le yon toxischer Hepa tose nach I I~ lo than -Narkose ber ich te t , yon denen zwei un te r den Zeichen des Leberversagens a d e x i t u m kamen.

Die widersprechenden Angaben fiber eine Leber- seh/~digende W i r k u n g yon H a l o t h a n werden erSr ter t . Sie s ind erkl/~rbar un te r tier Vorste]lung, dab das Nar- ko t i cum ein t t e p a t o t o x i n dars te l l t , das f a k u l t a t i v oder bei besonderer Disposi t ion des P a t i e n t e n ~drkt .

Der Begriff der toxisehen t I epa to se wird umrissen und gegen Leberseh~den andere r Ursaehe abgegrenzt . Trotz v ie ldeut iger kl inischer S y m p t o m a t i k des halo- t hanbed ing t en Leberschadens wh'd das morphologische Bi ld - - bei Kenn tn i s der Vorgeschiehte - - ffir unzwei- deut ig e raehte t . KI~rung du tch Unte r suehungen bi- opt iseh gewonnener Leberzy l inder is t in der l~egel m6gtieh. Anf die Sehwier igkei t der Dffferent ia ldiagnose in Sp/i t fNten wird hingewiesen.

Summary. Report oi five cases of toxic hepatosis follow- ing Halothane anesthesia, ~vo of which died under the symptoms of hepatic insufficiency.

The contradictory statements concerning a hepa.tof~)xi- city of HMothane are discussed. They may be explained by the idea of Halothane acting upon the liver only facnltatively or in patients with a special disposition.

The term ,,toxic hepatosis" is defined and discriminated from liver damages of other origin.

Despite the indefinite clinical symptomatology of liver damage caused by tIMothane the morpholoeicat appearances- -- correlated with the patients history -- seem to be typical.

HIistologicM evaluation by liver biopsy is usually possible. There are pointed out the difficulties of morphological differ- ential diagnosis later in the course of the liver disease.

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Anschri/t: Dr. O. KLIXeE Pathologisches Institut Wiirzburg

H~imoglobin-Kiiln-Krankheit: Familiiire hypoehrome hiimolytische Aniimie mit H~imoglobinano malie*

Von W. PI%IBILLA, P. KLESSE, K. BETKE, ]~[. LEtIS{ANN U. D. BEALE

Aus der Medizinischen Poliklinik der Vniversit'~t ]~61~t (nirektor: Prof. Dr. If. SCltVI~rENT) und alex II. Medizinischen Klinik des St/ida. ]ilrankenhauses ]gerlin-~[oabit (Direktor: Prof. Dr. W. PI~B~I,~), der Kinderklinik der Universit~t Tiibingen (Direktor: Prof. Dr. K. BETKlZ) and der Abnormal

ttaemogtobin I[esearch Unit (Universit/~ts-Instilut flip :Biochemie), Cambridge (Direktor: Prof. Dr. I=I. L~3~AN)~)

Naehdem PAUHN~, IT~NO, S ~ N ~ u. W~ImS im J a h r e 1949 darf iber be r i ch te t ha t t en , da$ sich das I-I/~moglobin yon P a t i e n t e n mi t Siehelzellan/~mie ve to H/ imoglobin gesunder Menschen unte rsche ide t , h a t sich die wissenschaft l iche Forschung in tens iv mi t der S t r u k t u r a n a l y s e des H/~moglobins beschMtigt . Es wu_rde dabe i festgestell~ (Lit. bei D A c ~ , L~H~ANN, INGt~A±N[, BETKE U.a.) , da$ as zahlreiche genet isch de te rmin ie r t e Va r i an t en des mensehl iehen tIa.mo- globins g ib t u n d dab aueh - - bei t ier Tha]ass/imie - - quan t i t a t i ve Versehiebungen innerha lb der normaler- weise vo rhandenen I t /~moglobinkomponenten vor- kommen. Die kl inische Bedeu tung solcher Anomal ien is t rech t verschieden. Die Mehrzahl der abno rmen H/imoglobine h a t f/ i t den Tr/~ger ke inen Krankhe i t s - wert , so dab es be rech t ig t ist, bei solchen F/~llen yon H/ imog]obinanomal ien zu spreehen. Andererse i t s g ib t es abnorme H/imoglobine, deren Tr/~ger eine mehr oder weniger sehwere h/ imolyt ische An/~mie haben, so dab m a n bei diesen yon H~moglob inopa th ien sprechen sol]re. I n Deu t sch land s ind I t /~moglobinanomalien a n d H/£moglobinopathien ungew6hnheh; die Thalass/ imie is t dagegen n ich t ganz sel ten (P~ImLLA; HEILMEYEt¢, Mi)LLER u. SCtlUBOTIJ£E; MAI~TIN; BETKE und KLEI- ~A-~E~ U. a.). E in in Deu t sch land bodenst/~ndiges ab- normes H/~moglobin is t offenbar das H/~moglobin M, fiber das mehrma l s ber ich te t wurde (H6~LEIN u. WEBER; HECK U. WOLF; BETKE, GR6SCKNER U. BecK; K w o ~ ~, LOO~E~, MffRTZ U. Sc~rff~ImLZ; S~- ~Aw~, HU?CCER u. BET,:E; T6NZ, S~MON n. HASSEL- FELD; KERSTEN U. KLEmAUER). Vereinzel t win'den auch andere anomale H/~moglobine bei deu t schen Personen gesehen. So bcobach te t en MARTIN, HEUPKE, PFLEIDERER U. ~YORNER eine Fami l i e mi t Hgmo- globin D, BETKE und H~I~M~¥ER Nne Fami l i e m i t H/~moglobin E. Es hande l t sich in al ien diesen F£11en um genet isch de te rmin ie r t e Var i an t en der H a u p t - komponen t e des Blu t fa rbs tof fs (Hb A~).

Auge r H b A~ f indet m a n im Blur eine gew6hnlich nur 2% ausmachende N e b e n k o m p o n e n t e : I t b A~. Aueh yon ihr k e n n t m a n eine anomale Variant, e:

* Die Arbeit wnrde durchgefiihrt mit Unterstiitzung der Deugsehen Forschungsgemeinschaft.

Herrn Dr. Hu~ss~x, Augusta, USA, darken wir fiir sein Interesse an der Aufklgrung des ttgmoglobin K6ln.

I t b A~ oder auch Bz genann t (C~PP~LLINI; HO~TON, PAYEE, BRIDGES U. HUIS?CIAN). Sie wurde bisher fas t ausschliel31ieh bei Fa rb igen bcobach te t ; doeh konnte BETKE aueh zweimal H b A~ bei deu t sehen Personen findeR.

Hie r sell fiber eine Fami l i e be r i eh te t werden, bei tier eine abnorme, bisher unbekann t e tdeine H/~mo- g lob inf rak t ion naehgeudesen werden konnte , die e lek t rophore t i sch zwischen dem H b A 1 und d e m H b A 2 wander te . Diese neue H/~mog]obinfrakt ion wurde yon uns als H/~moglobin K61n bezeichnet . Da die Tr/~ger de r Anomal ie eine deut] iche h/~molytische An/~mie hatteR, also eine I t /~moglobinopathie vorlag, m6ch ten wi t das Leiden als H/~moglobin-K61n-Krank- heir, bezeiehnen. Uber die Fami l i e ~ r d e yon P~I- mLLA in kurzer F o r m schon auf den H/£matologen- KongreB in "Wien (1961) und Lissabon (1963) be- r ichter , t t i e r sel l eine ausffihrliche Dars te l lung u n t e r Berf icksicht igung der inzwischen yon LEH~ANN und B~ALE durehgef / ihr ten I t amog lob inana lyse erfolgen.

Methodik Die allgemeinen h~matologischen Daten, wie H~moglobin-

konzentration, Erythroeytenzahl, Reticulocytenzahl u.a. , wurden mit den iiblichen Methoden bestimmt. Die aus Venen- blut ermittelten H~imatekritwerte wurden entsprechend der zwisehen den Blutk6rperchen verbleibenden Plasmamenge korrigiert (E~-~vG~, LE'¢I~E u. EMErSOn). Die Messung der Erythrocytendurchmesser effolgte mit einem Oeularmikro- meter. Mit den gewomlenen Werten wurde eine Price-Jones- Kurve angefertigt.

H~moglobinanalyse: H~molysate gewaschener EiTthro- eyten, durch Ausschiitteln mit Tetrachlorkohlenstoff gereinigt und mit 1/30 Vet. 5% KCN (teilweise auch mit CO) vor Oxy- darien zu Meth~moglobin gesehiitzt, wurden auf der Stgrke- block-Etektrophorese bei p~// 6,8 aufgetrermt. Der Anteil an fetalem Hiimoglobin (Hb F) wurde mit dem Alkali-Denatu- rierungstest nach BETKE, ~¢[AI~TI und Sc~LIer~ ermittelt. Das H/~molysat wurde aul3erdem mit folgenden Verfahren unter- sueht: Papierelektrophorese mit Ti%IS-Puffer yon pH 8,9 (CRADOGK-WATSON.~ FEXTON U. LEttMANX 1959), St~rkegel- Elektrophorese mit Tt~IS-Borate-L5sung (I)ocLr~ 1957), " Agargel-Elektrophorese bei p i t 6 (t~oB~rsox, t~o~sox, HAR~- SON u. Z~YELzE~ t957). Ffir die ttybridisierungsversuche mit Hundehi~moglobin wurde die yon Hv~mcs, S~ooTE~ u. BEA- VEX (1962) angegebene Mikromethode benutzt. Das abnorme It/imoglobin wurde isoliert dureh Elution der entspreehenden Bande der Papierelektrophorese, im Vakuum konzentriert und durch zweimalige erneute Elektrophorese yon allen Hb A- Spuren befreit. Die Peptidstruktur dieser isolierten und

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