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Themenschwerpunkt Transarterielle perkutane Chemoembolisation beim Leberzellkarzinom 123 1 3 Transarterial chemoembolisation in hepatocellular carcinoma Summary Hepatocellular carcinoma is one of the most common cause of cancer related death. e present review gives an overview on the loco-regional therapy performed by transarterial chemoembolization (TACE). TACE combines two different therapeutic approach- es. First, application of chemotherapeutic agents into tumor’s feeding vessels and second, selectively de-ar- terialization by different particle embolization appli- cated during angiography. Different chemoemboliza- tion agents and techniques are described. e methode is save and less invasive. Side effects range from the postembolization syndrom with nausea, vomiting, fever and abdominal pain up to hepatic insufficiency, which is very rare. e aim of the therapy is control clinical symptoms, prolonge progression free survival, stabilize quality of life and survival. Further indications are bridging thera- py prior liver transplantation and TACE is used as a neo- adjuvant therapy. us, TACE plays a role in the therapy of HCC and indication should be tailored to the individual patient’s condition by an interdisciplinary tumor board. Keywords: Hepatocellular carcinoma, Transarterial chemoembolisation, Angiography, Bland embolisation, Drug-eluting bead doxorubicin Zusammenfassung Das hepatozelluläre Karzinom stellt in der westlichen Welt eines der häufigsten tumor- bedingten Todesursachen dar. Der vorliegende Artikel befasst sich mit der transarteriellen Chemoembolisation (TACE) als palliative Behandlungsmethode. Die TACE verfolgt 2 verschiedene therapeutische An- sätze. Es wird kombiniert eine lokale Chemotherapie über die das HCC versorgende Arterie appliziert und anschließend eine Devaskularisation des Tumors durch ein selektives Verschließen der zuführenden Arterie durchgeführt. Verschiedene Embolisationstechniken und Zytostatika werden beschrieben. Die TACE stellt eine sichere und gering invasive erapiemaßnahme dar. Die häufigste Nebenwirkung stellt das Postembo- lisationssyndrom dar mit den klinischen Symptomen Übelkeit, Erbrechen, Fieber und Bauchschmerzen bis hin zu einem sehr selten auftretendem Leberversagen. Das erapieziel ist die Progression der Tumorerkran- kung zu unterbinden, das progressionsfreie Intervall zu verlängern und die Lebensqualität zu erhalten. Weitere erapieindikationen stellen das Überbrücken des Zeit- raumes bis zur Lebertransplantation und das Konzept der neoadjuvanten Behandlung dar. Die TACE gilt daher als eine wichtige Behandlungs- option des HCC. Die erapieindikation sollte jedoch individuell durch ein interdisziplinäres Tumorboard ge- stellt werden. Schlüsselwörter: Leberzellkarzinom, Transarterielle perkutane Chemoembolisation, Angiographie, Embo- lisation, Drug-Eluting Bead Doxorubicin Einleitung Das hepatozelluläre Karzinom (HCC) stellt weltweit eines der häufigsten malignen Tumore beim Mann mit 6,2 % und mit 2,6 % bei der Frau dar. Kürzlich veröf- fentlichte Daten belegen, dass die Inzidenz des HCC in Nordamerika und Europa angestiegen ist. Es gibt hierbei regionale Unterschiede, die stark mit der Verteilung der Hepatitis B und C korrelieren. Weiterer Risikofaktor für die Entstehung eines HCC stellt die alkoholisch indu- zierte Leberzirrhose dar [1]. Das klinische Management erfolgt nach der Barcelona-Clinic Liver Cancer (BCLC) Klassifikation [3] und berücksichtigt die Größenausdeh- Wien Med Wochenschr (2013) 163:123–127 DOI 10.1007/s10354-013-0180-x Transarterielle perkutane Chemoembolisation beim Leberzellkarzinom Johannes Petersen, Benjamin Henninger, Bernhard Glodny, Werner Jaschke Dr. J. Petersen () · B. Henninger · B. Glodny · W. Jaschke Department Radiologie, Medizinische Universität Innsbruck, Anichstraße 35, 6020 Innsbruck, Österreich E-Mail: [email protected] Eingegangen: 10. Januar 2013 / Angenommen: 13. Januar 2013 / Online publiziert: 15. Februar 2013 © Springer-Verlag Wien 2013

Transarterielle perkutane Chemoembolisation beim Leberzellkarzinom

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Themenschwerpunkt

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Transarterial chemoembolisation in hepatocellular carcinoma

Summary Hepatocellular carcinoma is one of the most common cause of cancer related death. The present review gives an overview on the loco-regional therapy performed by transarterial chemoembolization (TACE).

TACE combines two different therapeutic approach-es. First, application of chemotherapeutic agents into tumor’s feeding vessels and second, selectively de-ar-terialization by different particle embolization appli-cated during angiography. Different chemoemboliza-tion agents and techniques are described. The methode is save and less invasive. Side effects range from the postembolization syndrom with nausea, vomiting, fever and abdominal pain up to hepatic insufficiency, which is very rare.

The aim of the therapy is control clinical symptoms, prolonge progression free survival, stabilize quality of life and survival. Further indications are bridging thera-py prior liver transplantation and TACE is used as a neo-adjuvant therapy.

Thus, TACE plays a role in the therapy of HCC and indication should be tailored to the individual patient’s condition by an interdisciplinary tumor board.

Keywords: Hepatocellular carcinoma, Transarterial chemoembolisation, Angiography, Bland embolisation, Drug-eluting bead doxorubicin

Zusammenfassung Das hepatozelluläre Karzinom stellt in der westlichen Welt eines der häufigsten tumor-bedingten Todesursachen dar. Der vorliegende Artikel befasst sich mit der transarteriellen Chemoembolisation (TACE) als palliative Behandlungsmethode.

Die TACE verfolgt 2 verschiedene therapeutische An-sätze. Es wird kombiniert eine lokale Chemotherapie über die das HCC versorgende Arterie appliziert und anschließend eine Devaskularisation des Tumors durch ein selektives Verschließen der zuführenden Arterie durchgeführt. Verschiedene Embolisationstechniken und Zytostatika werden beschrieben. Die TACE stellt eine sichere und gering invasive Therapiemaßnahme dar. Die häufigste Nebenwirkung stellt das Postembo-lisationssyndrom dar mit den klinischen Symptomen Übelkeit, Erbrechen, Fieber und Bauchschmerzen bis hin zu einem sehr selten auftretendem Leberversagen.

Das Therapieziel ist die Progression der Tumorerkran-kung zu unterbinden, das progressionsfreie Intervall zu verlängern und die Lebensqualität zu erhalten. Weitere Therapieindikationen stellen das Überbrücken des Zeit-raumes bis zur Lebertransplantation und das Konzept der neoadjuvanten Behandlung dar.

Die TACE gilt daher als eine wichtige Behandlungs-option des HCC. Die Therapieindikation sollte jedoch individuell durch ein interdisziplinäres Tumorboard ge-stellt werden.

Schlüsselwörter: Leberzellkarzinom, Transarterielle perkutane Chemoembolisation, Angiographie, Embo- lisation, Drug-Eluting Bead Doxorubicin

Einleitung

Das hepatozelluläre Karzinom (HCC) stellt weltweit eines der häufigsten malignen Tumore beim Mann mit 6,2  % und mit 2,6  % bei der Frau dar. Kürzlich veröf-fentlichte Daten belegen, dass die Inzidenz des HCC in Nordamerika und Europa angestiegen ist. Es gibt hierbei regionale Unterschiede, die stark mit der Verteilung der Hepatitis B und C korrelieren. Weiterer Risikofaktor für die Entstehung eines HCC stellt die alkoholisch indu-zierte Leberzirrhose dar [1]. Das klinische Management erfolgt nach der Barcelona-Clinic Liver Cancer (BCLC) Klassifikation [3] und berücksichtigt die Größenausdeh-

Wien Med Wochenschr (2013) 163:123–127DOI 10.1007/s10354-013-0180-x

Transarterielle perkutane Chemoembolisation beim LeberzellkarzinomJohannes Petersen, Benjamin Henninger, Bernhard Glodny, Werner Jaschke

Dr. J. Petersen () · B. Henninger · B. Glodny · W. JaschkeDepartment Radiologie, Medizinische Universität Innsbruck, Anichstraße 35, 6020 Innsbruck, Österreich E-Mail: [email protected]

Eingegangen: 10. Januar 2013 / Angenommen: 13. Januar 2013 / Online publiziert: 15. Februar 2013© Springer-Verlag Wien 2013

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nung, Herdanzahl, die Leberfunktion unter Verwendung des Child-Pugh Score und den Patientenstatus. Im „Very early“ und „Early“ Stadium ist ein kurativer Ansatz das Ziel mit einer operativen Resektion, gleichberechtigten Radiofrequenztherapie [4] oder Lebertransplantation. Nur 20–30  % der Patienten sind bei Diagnosestellung einem kurativem Ansatz zugänglich, weitere 10–15 % der Patienten gelten als potentiell kurativ. Im BCLC – Stadium „Intermediate“ stellt die transarterielle Chemotherapie (TACE) mit einem Gemisch bestehend aus Doxorubicin und Lipiodol oder Applikation von Doxorubicin bela-dene Mikrosphären bis zur arteriellen Flussverlangsa-mung oder Stase, das Therapiekonzept der Wahl dar. Konkurrierend existiert auch die Radioembolisation. Hingegen im Stadium „Advanced“ ist eine systemische Therapie mit einem Multi-Kinase-Inhibitor Sorafenib die Therapie der Wahl, ggf. kombiniert mit anderen Metho-den [5, 6].

Die TACE stellt somit das Standardkonzept der Behandlung des Patientengut dar, die nicht einem kura-tivem Verfahren zugänglich sind und folgende Kriterien erfüllen: Ausreichende Leberfunktion, keine extrahe-patische Metastasierung und keine Gefäßinfiltration aufweisen. Das Ziel des palliativen Settings ist es, die klinischen Symptome zu kontrollieren, die Lebensquali-tät zu erhalten, die Tumorprogression zu vermeiden und das Leben zu verlängern. Desweiteren wirkt sich eine Therapie positiv auf die Psyche des Patienten aus [7]. Ein weiteres Ziel kann es sein, die Wartezeit auf ein Organ zur kurativen Lebertransplantation zu überbrücken, eine Tumorprogression zu verhindern im Sinne eines „Brid-ging“ und bestenfalls durch Tumormassenreduktion einem primär inoperablen Patienten eine Lebertrans-plantation anbieten zu können [8–10].

Prozedur/Prinzip

Im Gegensatz zu normalem Leberparenchym wird das HCC mit einem Durchmesser  > 1  cm nicht durch die hepatisch duale Blutzufuhr versorgt, sondern ausschließ-lich arteriell. Diesen Effekt nutzt man aus, um arteriell eine chemotherapeutische Substanz und ein Embolisat selektiv in die tumorversorgenden Arterien zu applizie-ren. Dadurch kann eine hohe Chemotherapeutikakon-zentration im Tumor über einen langen Zeitraum erzielt werden. Die Katheterisierung der Leberarterien erfolgt über einen transfemoralen Zugang. Die Darstellung von anatomischen Varianten der arteriellen Leberversorgung und der arteriellen Versorgung des Tumors ist eine wich-tige diagnostische Maßnahme vor der Embolisation, um eine inkomplette Tumorembolisation zu vermeiden. Das Ziel der endovaskulären Tumortherapie ist es, das Che-moembolisat möglichst selektiv in die tumorversorgen-den Gefäße zu injizieren. Am Ende des Eingriffes erfolgt die Darstellung der vollständigen Okklusion der tumor-versorgenden Gefäße. Abschließend wird ergänzend eine Computertomographie des Oberbauches durch-geführt zur Beurteilung der Embolisatverteilung und

insbesondere zum Ausschluss einer extrahepatischen Embolisation. Ebenfalls kann bei nicht ausreichen-der Akkumulation im Tumorherd auf eine gegebenen-falls vorhandene externe kollaterale Tumorversorgung geschlossen werden, die bisher durch vorhandene Bild-gebung maskiert war und im Folgeeingriff eine zentrale Rolle in der Embolisation spielen kann. Typisch hierfür ist eine oberflächliche Lage des HCC angrenzend an das Diaphragma, in unmittelbarer Nähe zum Gallenblasen-bett oder subkapsulär. Die typisch aberrant versorgen-den Tumorgefäße wären in diesen Fällen die A. phrenica inferior, A. cystica oder Äste gespeist aus dem Omentum majus, dem Ursprungsgebiet der A. gastroduodenalis. Weitere seltene Varianten existieren, stellen aber die Ausnahmen dar.

Chemotherapeutika/Embolisationsmittel

Die TACE des HCC vereint 2 verschiedene therapeuti-sche Konzepte in einem Eingriff. Es ist auf der einen Seite das Ziel, eine lokal möglichst hohe Dosis Chemothera-peutikum in dem Tumor zu deponieren. Auf der anderen Seite soll die arterielle Versorgung des HCC unterbunden und dadurch eine Ischämie erzeugt werden. Gewünscht ist es, eine möglichst lange Wirkdauer des Chemothera-peutikums lokal zu erreichen und ein frühzeitiges „Aus-waschen“ zu verhindern. Als Chemotherapeutikum wurden in den letzten Jahrzehnten viele verschiedene Medikamente appliziert. In einem von Marelli et al. [11] veröffentlichten Review wurden systematisch die am häu-figsten verwendeten Zytostatika verglichen. Das am häu-figsten verwendete Medikament war Doxorubicin gefolgt von Cisplatin, Epirubicin, Mitomxantrone, Mitomycin C und einigen weiteren Vertretern. Typischerweise werden diese Medikamente mit Lipiodol gemeinsam appliziert. Es handelt sich hierbei um ein öliges Kontrastmedium mit der Eigenschaft, in den HCC-Herden für eine Zeit von mehreren Wochen zu persistieren. Das Lipiodol dient hierbei als Träger und insbesondere Kontrollmedium der selektiven Applikation, da Lipiodol röntgendicht und während der Applikation unter gepulster Durchleuch-tung visualisierbar ist und somit eine dosierte Applika-tion ermöglicht wird. Ebenfalls kann ein Reflux sofort erkannt und darauf die Zytostatika-Lipiodol-Gemisch- applikation beendet werden. Ein weiterer Vorteil ist, dass in einem nativen Oberbauch-CT die Akkumulation int-rahepatisch beurteilt und somit ein Rückschluss über die Vollständigkeit des Auffüllens des Tumorbettes gezo-gen und auch eine Fehlembolisation durch z. B. Reflux erkannt wird. Vogel et al. zeigten, dass die Überlebens-rate vom Grad der Lipiodolspeicherung abhängig ist [12]. Wurde die vollständige Zytostatikadosis appliziert ohne eine Absättigung des HCC-Herdes zu erreichen, kann die tumorversorgende Arterie selektiv mit verschiede-nen Embolisationsmitteln verschlossen werden. Typi-sche Vertreter sind hier insbesondere Gelfoam Partikel, Polyvinylalkoholpartikel (PVA), Gelatinemikrosphären, Embocept, autologe Blutkoagel, DC-Beads, metallene

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Coils oder andere. Die verschiedenen Embolisate unter-scheiden sich hinsichtlich Rekanalisationsfähigkeit und Dauer der Gefäßokklusion, Tolerierbarkeit und ins-besondere in der Handhabung. Verschiedene Studien haben hier unterschiedliche Ergebnisse erzielt, insbe-sondere aber auf Grund der Untersucherabhängigkeit, dem heterogenem Patientengut hinsichtlich Stadium, Klinik und Gefäßvariationen existieren die verschiede-nen Konzepte nebeneinander und sind schwierig mitei-nander zu vergleichen.

Auch eine blande Embolisation wird in der Literatur beschrieben, insbesondere mit Partikeln < 100 µm Größe mit dem Effekt einer tiefen Penetration des Tumorbettes und einer transsinusoidalen Passage auf die portalvenöse Seite. Diese Partikel sind in der Lage, eine komplette isch-ämische Nekrose zu erzeugen und vor einer frühen arte-riellen Kollateralisation zu schützen und stellen somit einen ebenfalls konkurrierenden Ansatz dar. Die Embo-lisation mit kleinen z.  B. 40  µm Partikeln (Embozene®), birgt jedoch das Risiko einer arteriovenösen Passage der Partikel und einer folgenden pulmonalerteriellen Embo-lisation. Ein weiteres Risiko stellt die pulmonale Tumor- embolisation durch ein die Lebervenen infiltrierendes HCC mit fatalen Folgen dar [13]. Es ist jedoch festzuhal-ten, dass vergleichende klinische Studien der konventio-nellen TACE mit einer blanden Embolisation mit 40 µm Partikeln fehlen.

DEB

Eine relativ neue Technik ist die Chemoembolisation mit medikamentenbeladenen Beads. Es handelt sich hierbei um mit Doxorubicin beladene Mikrosphären (DEBDOX; drug-eluting bead doxorubicin), die in Partikelgrößen von 100–300 µm oder 300–600 µm erhältlich sind. Diese beladenen Partikel haben die Eigenschaft das Zytosta-tikum über einen längeren Zeitraum freizusetzen mit der Folge reduzierter Plasmakonzentratspitzen, Ver-minderung der Lebertoxizität und dadurch signifikante Reduktion der Nebenwirkungen [14, 15]. Einige Studien erreichen eine ähnlich hohe Wirksamkeit wie die konven-tionellen TACE, andere berichten von deutlich besseren Ergebnissen mit einer besseren Ansprechrate und Kon-trolle der Erkrankung [14] sowie besseren 1-, 2-, 3- und 5-Jahres-Überlebensraten verglichen mit Reviews und Metaanalysen seit dem Jahre 2000 [16]. Aufgrund der besseren Verträglichkeit und besseren Ansprechrate wird DEBDOX zurzeit als „first-line“ – Behandlung angesehen mit einer standardisierten Durchführung der Interven-tion nach Empfehlungen eines Expertenkomitees des Interventionellen Onkologiekongresses in Florenz, Ita-lien 2011 [17].

Typischerweise werden 2–4 Eingriffe in einem Abstand von 2  Monaten in Abhängigkeit von der anatomischen Situation durchgeführt. Bei nur erfolgter Teilembolisa-tion oder Herden in unterschiedlichen Leberlappen wird eine TACE in kürzeren Abständen wiederholt. Es wurde gezeigt, dass eine Lebensverlängerung durch eine wie-

derholte Embolisation erreicht wird [18, 19]. Das wei-tere Vorgehen nach erfolgter initialer Therapie sollte individuell balanziert erfolgen unter Berücksichtigung der Lebensqualität und Komplikationsrate, da weitere Embolisationen zusätzlich die Gefahr einer Leberschä-digung bergen [16].

Die TACE eignet sich ebenfalls zur Kombination mit der Radiofrequenztherapie, perkutanen Ethanolinjek-tion oder weiteren Verfahren. Es wurde nachgewiesen, dass die kombinierten Behandlungen bessere Ergeb-nisse liefern können, als die einzeln angewandten Ver-fahren erreichen [20, 21], diesbezüglich sollte in einer interdisziplinären Besprechung das Vorgehen entschie-den werden. Ebenfalls wurde von einem potentiellen Vorteil der Durchführung einer perioperativen TACE bei HCC-Resektionen berichtet [22].

Eine weitere Methode für die Behandlung von HCC ist die selektive intraarterielle Radiotherapie (SIRT). Die selektive intraarterielle Applikation von radioakti-ven Mikrosphären, üblicherweise Yttrium-90-Mikro-sphären, über die A. hepatica wird zur Ablation lokaler als auch diffuser und multifokaler Lebertumoren ein-gesetzt. Bei der SIRT steht als Wirkprinzip die Bestrah-lung im Vordergrund. Eine relevante Tumorischämie wird bei der SIRT nicht erzielt, deshalb eignet sich dieses Verfahren auch für die Behandlung von HCC mit Inva-sion der Pfortader. Es wurden gute Ergebnisse erzielt bei Patienten mit primären und sekundären Lebermali-gnomen [23, 24]. Verbunden ist dieser Eingriff mit sehr großem Aufwand. Es erfolgt eine vorbereitende Angio-graphie zur Beurteilung anatomischer Normvarianten, Ausschluss von vaskulären Kontraindikationen wie ein langsamer arterieller Blutfluss oder arterioportalve-nöser Fistel mit anschließender Durchführung einer Embolisation gastrointestinaler Kollateralen, damit eine Verschleppung der radioaktiven Mikrosphären verhin-dert wird. Abschließend werden intraarteriell Techne-tium-99-markierte Albuminpartikel (99mTc-MAA) zur Quantifizierung und Detektion eines pulmonalen und gastrointestinalen Shunts appliziert. Erst in einer zwei-ten Sitzung erfolgt die eigentliche Therapie mit Gabe der Yttrium-90-Mikrosphären.

Insgesamt handelt es sich bei der TACE um ein sehr sicheres Verfahren mit einer geringen Komplikations-rate. Die häufigste Komplikation ist das sogenannte Post-embolisationssyndrom. Dieses tritt in 2–7  % der Fällen auf mit dem klinischen Erscheinungsbild von Übelkeit, Erbrechen, unspezifischen Bauchbeschwerden und Fie-ber [25, 26]. Die Therapie erfolgt symptomatisch. Prophy-laktisch wird periinterventionell ein Antiemetikum und eine Schmerzmedikation intravenös, und intraarteriell Lidocorit unmittelbar vor Zytostatikaapplikation verab-reicht. Eine schwerwiegende Komplikation ist die Leber-schädigung mit Ausfall der Leberfunktion. Meistens ist diese jedoch reversibel [27].

Die Wirksamkeit einer Chemoembolisation kann mit-tels verschiedener Parameter quantifiziert werden z.  B. lokale Tumorkontrolle, Zeit bis zur Tumorprogression oder die Überlebenszeit. Verschiedene Arbeiten haben

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gezeigt, dass eine konventionelle TACE das Überleben bei inoperablem HCC verlängert [28, 29]. Desweiteren wurde gezeigt, dass die TACE mit Verwendung von DEB eine bessere Verträglichkeit mit geringeren Nebenwir-kungen aufweist. Neue Studien belegen eine bessere Ansprechrate und zeigen ein längeres Überleben im Vergleich mit anderen Studien [16]. Ebenfalls ist ein psy-chisch positiver Effekt im Sinne einer aktiven palliativen Behandlung nachgewiesen worden [7].

Insgesamt stellt die TACE eine anerkannte Methode im palliativen Setting für inoperable Patienten mit großem oder multifokalem HCC ohne Nachweis einer Gefäßin-vasion oder extrahepatischen Metastasierung dar. Insbe-sondere die Verwendung von DEB mit einer geringeren Rate an Nebenwirkungen bei gleichen oder zum Teil besseren Ergebnissen wird als „first-line“ – Methode angesehen. Ebenfalls wird die TACE auch neoadjuvant als Überbrückungstherapie vor orthotoper Lebertrans-plantation oder in Kombination mit anderen Verfahren wie der Radiofrequenztherapie verwendet. Die Therapie-entscheidung sollte jedoch in einem interdisziplinären Tumorbord getroffen werden.

Interessenkonflikt Es besteht kein Interessenkonflikt.

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