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8. APRIL 1933 KLINISCHE WOCHENSCHRIFT. I2. JAHRGANG. Nr. 14 535 Hypoglyk~imie zu vermeiden. Stgrkere Schwankungen bzw. Senkullgen des Blutzuckers, wie sie auf hohe Dosen Insulin nicht ohne weiteres zu vermeiden sind, ffihren meist zu un- angenehmen Sensationen und danfit verbundener Arbeits- unfghigkeit. Eine Vermeidung dieser gr6Beren Schwankungen B/ulzmq % d00 -- Ze// Kurve z --- Blutzuekertageskurve bei 25 E. Insulin und 6og Kohlehydrate ~/~ Std. nach der Insulininjektion. Blutzuckertageskurve bei 25 E. Insulin und 6o g Kohlehydrate in ansteigender ~raktionierter Verteilung (log 4- 2og + 3og). w~re nut durch eine Vermehrung der heute fiblichell Injek- tionszahl innerhalb 24 Stullden m6glich, was man natfirlich im Interesse des Patienten nnterlassen m6ch• st6gt man doch schon bei 2 und fast immer bei 3 Injektionell pro die auf begreifliche Schwierigkeiten roll seiten des t(rankell. ~50 ,5# ~ "c ~', \ / " r Ze// Kurve 2. ------ Blutzuckertageskurve bei 28 E. Insulin und 60 g Kohlehydrate ~/~ Std. nach Insulininjektion. Blutzuckertageskurve 5el 28 E. Insulin und 6o g Kohle- hydrate in ansteigender fraktionierter Verteilung (~o g + 2o g + 3o gL An einem grogen Material yon etwa 200 station~irell und ambulanten Diabetesfiillell habe ich ~z seit 2 Jahren eine an- steigelld fraktiollierte I~ohlehydratverteilung nach der In- sulinilljektion angewalldt und am geeignetsten gefullden, um besonders bei schweren Diabetikern allzu starke Blut- ~lutz m, % ,,'D<,,f \ 3o0 200 ~- ,? ,so k,, I 0 dk ,.qk 10~ qla IZa IdA 144 ,dr ISr 17 ~ 181,..1,,o, ~ Zeil Kurve 3. -- -- -- Blutzuckertageskurve bei 30 E. Insulin und 60 g Kohlehydrate 1I~ Std, nach Insulininjektion. ------ Blutzuekertageskurve bei 3o E. Insulin und 3o + 3o g Kohlehydrate ~/, bzw. 2 Std. nach Insulininjektion. Blutzuckertageskurve bei 3o E. Insulin und 6o g Kohlehydrate in ansteigender fraktionierter Verteilung (IOg -{- 2og -[- 3og). zuckerschwankungen und Hypoglykgmiell zu vermeiden; z. ]3. verteileu wir bei 2o Eillh. Insulin eille Menge yon 6o g Brot r 1/e Stunde nach der Injektion io g, i Stunde nach der Injektion 2o g und I1/=--2--21/~ Stunden spgter 3 ~ g. Die geringen I(ohlehydrate in der ersten Stunde genfigen zur Vermeidung eines anf~nglich zu raschen Absfiegs des Blutzuckers, ulld die Resorption der letzten 3 ~ g trifft in ihrer Wirkung meist gerade mit dem Maximum der Insulin- wirkung zusammen ulld kompensiert diese in der richtigen Weise. Durch diese Verteilung der Kohlehydratgaben erzielten wir immer flaeh absinkende Glyk~iniekurven (Kurvell 17-4). Ill den I~urven geben wit zum Vergleich die Blutzueker- reaktioll bei einmaliger Kohlehydrataufnahme bei. Man sieht, dab bei fraktiolliert allsteigender Verteilung der I~ohle- hydrate die Kurven weft ilacher ulld ruhiger sind, die Insulin- wirkung l&ilger anh&lt llnd dab ein Sinken der Kurve auf hypoglyk~mische Werte nie eintritt. Einen weiteren Vorteil sehen wit ill dieser Verteilullg der Kohlehydrate darin, dab man selten gezwungen ist, alltihypoglyk~misierellde MaB- nahmen, wie erneute Zuckerzufuhr per os, Citronelllimonade 81ulz.my % ) X N 150 ,, oc ,o~ Zeit Kurve 4. ------ Blutzuekertageskurve bei 25 E. Insulin und 30 + 4o g Kohlehydrate 1/2 bzw. z Std. naeh Insulininjektion. B]utzuckertagesknrve bei 25 E. Insulin und 7o g Kohlehydrafe in ansteigender iraktionierter Verteilung (iog + 2o g + 30 g). oder gar Ephetonin oder Sympathol geben zu mfissen. Gerade bei der ambulanten Diabetesbehandlullg erschweren die hypo- glykgmischen Neigungen sehr den gewfinschtell regelm&Bigen Blutzuekerabfall nnd die hierdurch erforderliehen Kohle- hydrataufllahmen zur I~onlpensatioll der hypoglykgmisehen Erseheinungell rllfell, da sie hgufig yon den Patientell selbst fiberdosiert werden, groBe und unn6tige Blutzuckersehwan- kullgell hervor. Diese die Behandlung st6renden hypoglyk&mi- seheI1 Insulte werden ant diese Weise zweckm~Big vermieden. Zztsammen/assung: Es wird fiber die Erfahrullg eiller ansteigend ]raktionierten Kohlehydratverteilung nach Insulin- injektion an station~ren und ambulanten Diabetikern zur Vermeidung starker Blutzuckerschwankungen berichtet. Literatur: 1 HOLTZ, Biochem. Z. I931, Nr 35- -- ~ KRONER, Arch. Verdgskrkh. 48 , 346 (193o). -- 3 THANNHAIJSER, Stoff- wechsel und Stoffwechselkrankheiten. Mflnchen: J. F. Bergmann i929 . _ a GOTTSCHALK, Verb. dtsch. Ges. inn. Med. 1928 , 275 -- GOTTSCHALK-SPRINGBORN, I~lin. Wschr. 1928, 1129. -- 5 PRIESEL U. WAGNER, Wien. klin. Wschr. I926, Nr 8, 3Ol. -- 6 GILLIVRAY U. WAGNER, Biochem. Z. 2o6, 136 (1929). -- ~ DIAMANT, Sv. L~kartidn. i929 II, 1449. -- s ~5~ATSURA, Dtsch. Arch. Min. Med. I64, 34 (1929). -- 9 ENGER, l~]in. Wschr. I932, 61. --- lo HOLM, IZlin. Wschr. I926, Nr 46 -- Arch. f. exper. Path. z21, 368 (1927). - - 11 BERTRAM, Erg. inn. Med. 43 (1932). -- ~2 MEYTHALER U. JAeOBI, Erfahrungen einer Diabetikerambulanz. Dtsch, reed. Wschr. I932 , 16oo. UBER ACETYLCHOLIN UND MAGENSAFT. Von F. GEBHARDT und J. KLEIN. Aus der ~edizinischen Universit~ts-Poliklinik zu Leipzig (Direktor: Prof. Dr. R. SCHOEN). Die pharmakologische Wirkung des Aeetylcholins, des Essigs~ureesters des Cholills, ist ilI1 Laufe der Zeit Gegellstand zahlreieher Untersuchullgen geworden. Vide Arbeiten be- schMtigen sich mit dem EillfluB dieses Stoffes auf den Darm- kanal, aber fiber die Eimwirkung auf dell Magen selbst ist bisher nur wenig bekannt. Die umfangreiche Literatllr fiber Cholin und Acetylcholin wurde kfirzlieh zusammengestellt 1, aber aueh hier finden sich keine nXheren Angaben fiber die Wirkung des Acetylcholins auf Motilit~t und Sekretionsverh~lt- nisse des Magensaffes. Ebenso sind in der Mitteilung G. A.

Über Acetylcholin und Magensaft

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Page 1: Über Acetylcholin und Magensaft

8. APRIL 1933 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . I2. J A H R G A N G . N r . 14 535

Hypoglyk~imie zu vermeiden . Stgrkere Schwankungen bzw. Senkul lgen des Blutzuckers , wie sie auf hohe Dosen Insul in n icht ohne weiteres zu ve rme iden sind, ffihren meis t zu un- angenehmen Sensat ionen und danfi t ve rbundene r Arbeits- unfghigkeit . E i n e Vermeidung dieser gr6Beren Schwankungen

B/ulz mq % d00 --

Ze// Kurve z - - - Blutzuekertageskurve bei 25 E. Insulin und 6og Kohlehydrate ~/~ Std. nach der Insulininjektion. Blutzuckertageskurve bei 25 E. Insulin und 6o g

Kohlehydrate in ansteigender ~raktionierter Verteilung ( log 4- 2og + 3og).

w~re n u t durch eine Ve rmehrung der heu te fiblichell In jek- t ionszahl innerha lb 24 Stul lden m6glich, was m a n natfir l ich im Interesse des P a t i e n t e n nnter lassen m6ch• s t6gt m a n doch schon bei 2 und fast i m m e r bei 3 In jekt ionel l pro die au f begreifl iche Schwier igkei ten ro l l seiten des t ( rankel l .

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Ze// Kurve 2. - - - - - - Blutzuckertageskurve bei 28 E. Insulin und 60 g Kohlehydrate ~/~ Std. nach Insulininjektion. Blutzuckertageskurve 5el 28 E. Insulin und 6o g Kohle-

hydrate i n ansteigender fraktionierter Verteilung (~o g + 2o g + 3o gL

An einem grogen Mater ia l yon e twa 200 station~irell und a m b u l a n t e n Diabetesfi i l lel l habe ich ~z seit 2 Jah ren eine an- steigelld f rakt iol l ier te I~ohlehydra tver te i lung nach der In- sul ini l l jekt ion angewal ld t und a m geeignets ten gefullden, u m besonders bei schweren Diabe t ike rn allzu s tarke Blut -

~lutz m , %

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200 ~ - , ? ,so k,, I

0 dk ,.qk 10~ qla IZa IdA 144 ,dr ISr 17 ~ 181,..1,,o, ~

Zeil Kurve 3. -- -- -- Blutzuckertageskurve bei 30 E. Insulin und 60 g Kohlehydrate 1I~ Std, nach Insulininjektion. ------ Blutzuekertageskurve bei 3o E. Insulin und 3o + 3o g Kohlehydrate ~/, bzw. 2 Std. nach Insulininjektion. Blutzuckertageskurve bei 3o E. Insulin und 6o g Kohlehydrate in ansteigender fraktionierter Verteilung

( IOg -{- 2 o g -[- 3og) .

zuckerschwankungen und Hypoglykgmie l l zu ve rme iden ; z. ]3. ver te i leu wir bei 2o Eillh. Insul in eille Menge yon 6o g Bro t r 1/e S tunde nach der In jek t ion i o g, i S tunde nach der In jek t ion 2o g und I1/=--2--21/~ S tunden spgter 3 ~ g. Die geringen I (oh lehydra te in der ers ten Stunde

genfigen zur Vermeidung eines anf~nglich zu raschen Absfiegs des Blutzuckers , ulld die Resorp t ion der le tz ten 3 ~ g t r i f f t in ihrer Wi rkung meis t gerade mi t d e m M a x i m u m der Insul in- wi rkung zusammen ulld kompens ie r t diese in der r icht igen Weise. Durch diese Ver te i lung der Koh lehyd ra tgaben erziel ten wir i m m e r flaeh absinkende Glyk~in iekurven (Kurvel l 17-4).

Ill den I~urven geben wi t zum Vergleich die Blu tzueker - reakt iol l bei e inmal iger Koh lehyd ra t au fnahme bei. Man sieht, dab bei f rakt iol l ier t a l ls te igender Ver te i lung der I~ohle- hyd ra t e die K u r v e n weft i lacher ulld ruhiger sind, die Insul in- wi rkung l&ilger anh&lt l lnd dab ein Sinken der K u r v e auf hypoglyk~mische Wer te nie e in t r i t t . E inen wei te ren Vortei l sehen wi t ill dieser Vertei lul lg der Koh lehydra t e darin, dab man sel ten gezwungen ist, a l l t ihypoglyk~misierel lde MaB- nahmen, wie erneute Zuckerzufuhr per os, Ci t ronel l l imonade

81ulz.my %

) X N 150 ,, oc ,o~

Zeit Kurve 4. - - - - - - Blutzuekertageskurve bei 25 E. Insulin und 30 + 4o g Kohlehydrate 1/2 bzw. z Std. naeh Insulininjektion. B]utzuckertagesknrve bei 25 E. Insulin und 7o g Kohlehydrafe in ansteigender iraktionierter Verteilung ( iog + 2o g + 30 g).

oder gar Ephe ton in oder Sympa tho l geben zu mfissen. Gerade bei der ambu lan t en Diabe tesbehandlu l lg erschweren die hypo- g lykgmischen Neigungen sehr den gewfinschtell regelm&Bigen Blu tzuekerabfa l l nnd d i e h ierdurch erforderl iehen Kohle- hyd ra t au f l l ahmen zur I~onlpensatioll der hypog lykgmisehen Erseheinungel l rllfell, da sie hgufig yon den Pa t ien te l l selbst f iberdosiert werden, groBe und unn6t ige Blu tzuckersehwan- kullgell hervor . Diese die Behand lung s t6renden hypoglyk&mi- seheI1 Insul te werden ant diese Weise zweckm~Big vermieden .

Z z t s a m m e n / a s s u n g : Es wird fiber die Er fahru l lg eiller a n s t e i g e n d ] r a k t i o n i e r t e n Kohlehydra tve r t e i lung nach Insul in- in jek t ion an s ta t ion~ren und a m b u l a n t e n Diabe t ike rn zur Vermeidung s tarker B lu tzuckerschwankungen ber ichte t .

L i t e r a t u r : 1 HOLTZ, Biochem. Z. I931, Nr 35- - - ~ KRONER, Arch. Verdgskrkh. 48 , 346 (193o). -- 3 THANNHAIJSER, Stoff- wechsel und Stoffwechselkrankheiten. Mflnchen: J. F. Bergmann i929 . _ a GOTTSCHALK, Verb. dtsch. Ges. inn. Med. 1928 , 275 - - GOTTSCHALK-SPRINGBORN, I~lin. Wschr. 1928, 1129. -- 5 PRIESEL U. WAGNER, Wien. klin. Wschr. I926, Nr 8, 3Ol. - - 6 GILLIVRAY U. WAGNER, Biochem. Z. 2o6, 136 (1929). -- ~ DIAMANT, Sv. L~kartidn. i929 II, 1449. -- s ~5~ATSURA, Dtsch. Arch. Min. Med. I64, 34 (1929). - - 9 ENGER, l~]in. Wschr. I932, 61. --- lo HOLM, IZlin. Wschr. I926, Nr 46 - - Arch. f. exper. Path. z21, 368 (1927). - - 11 BERTRAM, Erg. inn. Med. 43 (1932). - - ~2 MEYTHALER U. JAeOBI, Erfahrungen einer Diabetikerambulanz. Dtsch, reed. Wschr. I 9 3 2 , 16oo.

UBER ACETYLCHOLIN UND MAGENSAFT. V o n

F. GEBHARDT u n d J . KLEIN. Aus der ~edizinischen Universit~ts-Poliklinik zu Leipzig

(Direktor: Prof. Dr. R. SCHOEN).

Die pharmakologische Wi rkung des Aeetylcholins, des Essigs~ureesters des Cholills, is t ilI1 Laufe der Zeit Gegel ls tand zahlreieher Untersuchul lgen geworden. V i d e Arbe i ten be- schMtigen sich mi t dem EillfluB dieses Stoffes auf den D a r m - kanal, aber fiber die E i m w i r k u n g auf dell Magen selbst is t bisher nur wenig bekannt . Die umfangre iche Li te ra t l l r fiber Cholin und Acetylchol in wurde kfirzlieh zusammenges te l l t 1, aber aueh hier f inden sich keine nXheren Angaben fiber die Wirkung des Acetylchol ins auf Moti l i t~t und Sekret ionsverh~l t - nisse des Magensaffes. Ebenso sind in der Mit te i lung G. A.

Page 2: Über Acetylcholin und Magensaft

536 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 12. J A H R G A N G . N r . 14 8. APRIL ~933

FISCHER ~ fiber 2~/~ Jahre klinische E r f a h r u n g e n mi t Acetyl- cholin keine A ngaben fiber die t he rapeu t i s che Brau ch b a rk e i t dieses Stoffes bet S t6 rungen der Magensaf tabso i lde rung ge- mach t . B e k a n n t s ind lediglich einige auslgildische Arbe i t en fiber dieses Thema, auf die ausff ihrl icher noch e ingegangen werden wird.

W i t h a b e n nun an 5o unsere r pol ikl inischen Pa t i en te i l Un te r suchu i lgen fiber den Ein]lufl des Ace~ylcholins au] die Magensa#verh~ltnisse anges te l l t a n d h a b e n insbesondere be- obach te t , ob sich Ve rgnde rungen der Acidi tg tsverh~l tn isse , der wggr igen und der Chlor idsekret ion sowie der 1Vfotili~gt erkennei l lassen, und ob nach lgngerer Verabre ichung des Acetylchol ins ein t he rapeu t i s che r Effek~ zu erzielen ist, so, wie das zum Tell in der ausl~indischen Li t e r a tu r angegeben ist.

:Es war zu erwar~en, dab das Acetylcholi i l als Vagusreiz- s toff die Mot i l i tg t des Magens sowie die Sekre t ion des Magen- saf tes in f6 rde rndem Sinne beeinfluBt, so, wie es die g la t te ~ u s k u l a t u r des Darmes und die Sekre t ion ande re r Drfisen ailregt.

Voil I4~ATSCtt und I~ALK 3 wird angenommei l , dab n e b e n der Sguresekre t ion eine se lbs tgndige Wasser - nnd auch eine Chlor idsekret ion im Magen be s t eh t ; wir h a b e n desha lb bet unseren Un te r suchn i lgen fiber die Ei i lwirkni lg des Acetyl - cholins auf den Magensaf t unser Auge i lmerk besonders auch auf diese Pui lk te ger ichte t .

Methodisches: Zu nnseren Versuchen verwendeten wir das Acetylcholin ,,Roche". Es ist das salzsaure Salz (Chlorid) des Essigs~ureester des Cholins und entspricht der Formel CYIsCOsCH s- CHsN (CHs)aCI*.

Nachdem wit angenommen hatten, dab das Acetylcholin f6r- dernd im Sinne ether S~iureproduktion ant den Magensaft einwirkt, stellten wir unsere Untersuchungen bei 5 ~ Patienten mit Sub- und Anacidit~t an.

An Normaciden haben wit keine Versuche gemacht; ihre Kurven k6nnen physiologischerweise in gewissen Grenzen so schwanken, dab ein positiver EinfluB des Acetylcholins nicht ohne weiteres als ein Effekt des Mittels zu erkl~ren ist. Diese VerhMt- nisse liegen anders bet sub- und anaciden Kurven, deren Verlauf regelm~Biger ist.

Alle Patienten wurden nach der fiblichen Methode nach Coffein- probetrunk fraktioniert ausgehebert.

Einer Gruppe von 12 Patienten injizierten wir nach Entfgrbung der eingeifihrten Reizl6sung o,I g Acetylcholin ,,Roche" intra- muskul~r.

Bet einer zweiten Gruppe yon 14 Patienten wurde bezfiglich des Acetylcholins genau so verfahren wie bet der ersten, nur wurde diesen Patienten wetter nach 2o bzw. 3 ~ 1Vfinuten nach der Acetylcholin- injektion o,5--I,O (eine Ampulle) Histamin (Imido-Roche) sub- cutan appliziert. Alle io 1Viinuten wurden bet den Patienten Magen- saftportionen aspiriert, jede Portion wurde genau gemessen und darin die Aciditgt durch Titration besiimmt.

Bet einer drit ten Gruppe yon io Patienten wurde verfahren wie bet der ersten, aber in den Magensaftportionen neben den S~iure- werten Gesamtchlor nach VOLHARD bestimmt.

Schlieglich wurden 14 Patienten mit Sub- bzw. Anacidit~t des Magensaftes fiber l~ngere Zeit mit Acetylcholin behandelt. 4 er- hielten w~hrend 12 Tagen o,I g Acetylcholin tgglich injiziert, 5 er- hielten 2 Serien yon je 12 Injektionen and 5 weitere 3 Serien yon insgesamt 36 Injektionen. 12 dieser Patienten bekamen auBerdem noch tliglich je i Suppositorium zu o, 3 g Acetylcholin.

Wir heberten die Patienten vor der Behandlung zweimal aus, um auf diese Weise eine gewisse Garantie fiir konstante Werte zu haben.

Uber dan Ein]lufl ether einmal~gen Inyektion yon Acetylcholln au] die wSflrige und S4uresekretion des Magensa]tes. Bet 9 yon 12 P a t i e n t e n sahen wi t nach der In j ek t ion yon Ace ty lchol in e inen Ailst ieg der S~nrewerte . Die S te igerung ist im all- gemeinen n ich t sehr hoch, sie s c h w a n k t zwischen 2o -- 4 ~ Ti t ra - t ionseinhei tei l , sie i s t also vim weniger ausgesprochen, als wir sie Ilach der Appl ika t ion yon H i s t a m i n zu sehen g ew o h n t sind ; auch kl ingt die Wi rkung schnel l wieder ab. Eine l~inger daue rnde Beeinf lussung der Sguresekre t ion h a b e n wi t bei unse ren lV~illen n ich t gesehen.

Ganz anders a b e t ve rhg l t sieh die wgBrige Sekret ion. Ih re Ai l regung d u t c h das Acety tchol in is t deu t l i cher und an-

* Das Prliparat wurde uns yon der Firma F. Hoffmann-La Roche in ausrelehender Menge zur Verfiigu~g gestelIt, woffir wir auch an dieser Stelle unseren Dank aus- spreehen mSchtem

ha l t ende r im Vergleich zur SS~uresekretion; sie t r a t in d e r Mehrzahl unsere r Fglle ein.

Die Verhgl tn isse werden am bes t en d u t c h die be iden K u r v e n d e m o n s t r i e r t (Abb. i n. 2),

Neben d e m Acetytchol in haben wir in 14 wei te ren Fgl len auch noch H i s t ami n ( Imido-Roche) injiziert , um m6glicher- weise Ui l terschiede in der W i r k u n g be ider P h a r m a c a tes t -

70

CCITL ~ ~ i" OCTiZ ~ eo F o eo F ~or- lo , 5oF_zo t J . . . . .

op-eo / eet_eo V-d~ , o > , o - . , ,or- ,o eel--Co - eel-ca " -

" 0 10 ZO dO~OddMZdHI;Z O" 0 10 20 ,SO ~050~0 70<qOMIh

Abb. I. EiniluB auf die Abb. 2. EinfluB auf die S~iuresekretion. w~flrige Sekretion.

[] = wiiBrige Sekretion = Gesamtacidit~t, -- -- -- = Ireie HCI.

s te l len zu k6nnen. Dabei f anden wir, dab auch bet den Fgllen, bet denen Acety lchol in keinen EinfluB auf die Sgurewer te h a l H i s t a m i n doch w i rk s am is t (Abb. 3).

Wie zu e rwar ten , war bet den b i s t amin re f r ak tg ren Fgl len auch das Acety lehol in u n w i r k s a m (Abb. 4).

Aus diesen beideil Abb i ldungen is t wieder ers icht l ich, dab eine deut l iche Y e r m e h r u n g der wgBrigen Sekre t ion nach

, 8 0 50 410 30 20

Oc~ 70 eo F o ~

20~ -r

Ol.= v ~ 0 10 ZOdO 405000 70,~0<90~'00#1~

Abh. 3. Acetyleholffl ohne Einflug auf die S~uresekretion, aber deut- ]iehe Wirkung auf die w~Brige Sekretion. Umgekehrte Verh~ltnisse

beim Histamin.

80 F a 50~-qO I "" ~o~-zo " ~" ~

Or- O 10 20 30 a0 50 gO TO 3011fl~

Abh. 4. Acetylcholin unwirk- sam bet hist aminrefraktiirerA n- acidit~t wieder deutliche Wir- kung auI die w~grige Se-

krefion. Zeichenerkl~irung wie Abb. i und 2.

de r Ace ty lcho l in in jek t ion auf t r i t t , wghrend der spg te r e in- se tzende His taminre iz keine wei tere S te igerung he rvor ru i t .

Den f6 rde rnden EinfluB auf die wgBrige Sekre t ion f anden wir bet IO yon diesen 14 Pa t i en t en .

Unsere Ergebn i sse decken sich mi t denen voI1 REGGIANI4, BAGNARESI 5, WILKINSON 6, die auch eine Vermehrung del- Sguresekretion feststellen konnten. Aueh diese Untersucher fanden, dab die Steigerung Ilicht so ausgeprggt wie beim Histamin und nur yon geringer Dauer ist. Allerdings hat WILKINSON seine Untersuchungen an Gesunden angestellt. Zu etwas gfinstigereil Resultaten bet seillen Untersuehungen ist ALLODI 7 gekommen, der fast stets eine Zunahme der S~iurewerte des Magensaltes konstatiert hat und deshalb auch die Verwendung des Acetylcholins bet Zustgnden yon Anacidi- tgt empfiehlt. Auch eine Vermehrung der Magensaftmellge. sahen diese Autoren auftreten.

Weiter stellen unsere ]3efunde eine 13esi~itigung der Unter- suchungen dar, die unl/ingst KALK s ver6ffentlicht hat. 1~r fand, dab es im reiilen menschlichen IViagensaft keiile strenge Parallelitgt zwischen Sgure- und wgl3riger Sekrefion gibt und dab es m6glich ist, durch verschiedene Pharmaca Sekretmenge uncl Acidit~it in verschiedenem Sinne zu beeinflussen. Auch.

Page 3: Über Acetylcholin und Magensaft

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Ilach der Injektion von Acetylcholin sahen wir in der Mehrzahl Ilnserer F~lle eine ailsgesprochene Anregung der w~iSrigen Sekretion, w~ihrend der Einflul3 auf die S~ureproduktion sowie mengen- als aueh zahlenm~Big ge:dnger war.

tiber die Einwirkung au] die Chloridsekretion nach ein- maliger Acetylcholinapplikation. Nachdem yon KAmSCH und KALK a dargelegt worden ist, dab der Magen neben der Sgure auch Chloride sezerniert, Ilnd dab dieser Chloridsekretion aueh eine besondere Funktionsbedeil tung zukommt, haben wir bei IO weiteren Pat ienten in allen ausgeheberten Magen- saftportionen das Gesamtchlor nach VOLI-IARD bestimmt. Wir haben gefunden, dab es mit einer Ausnahme bei allen unseren Fgllen nach einer einmaligen Injektion yon o,I g Aeetylcholii1 zu einer Chloridvermehrung kommt (Abb. 5).

Ebenso wie bei der Sguresekretion klingt auch hier die Wirkung bald wieder ab.

Es ergibt sich somit naeh den~bisherigen Untersuehungeil nach einer einmaligen Injektion yon o,I g Aeetylcholin eiil

geringer, bald abklingender An- stieg der S~uresekretion nur in 9 yon 26 F~illen. Uild zwar be- ginnt der Anstieg der Kurve im Durchschnit t Io Minuten nach der Injektion, er betr~tgt un- gef~hr 15-- 3o Titrationseinheiten. Nach 25--35 Minuten f~llt die Kurve wieder ab.

Konstanter ist die Einwir- kung des Acetylcholins auf die w~iBrige Sekretion, wobei aul3er-

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0 10 ~OdO~OdO8070#O,eOd/I;~ Abb. 5. ~ Chloridkurve.

dem die Wirkung deutlicher Ilnd l~nger anhaltend ist. t3ei den bisher untersuchten 26 F~illen t ra t hier eine Wirkung 16 real auf.

Auch der Einflul3 auf die Chloridsekretion ist nach unseren ]3eobachtungen regelm~Biger zu erzielen als der auf die S~ure- produktion, jedoch ist auch hier die Steigerung nicht hoch und yon kurzer Dauer.

Ober die f6rdernde Wirkung auf die Motilit~t konnten wit allein mit der fraktionierten Ausheberung nichts Sicheres beobaehten.

Ober die therapeutisehe Wirkung des Acetylcholins. Um beobachten zu k6nnen, ob eine fiber l~ingere Zeit durch-

geftihrte Acetyleholintherapie in Gestalt yon Injektioilen uild Verabreichung voil Suppositorien eiileil Effekt bei Patienten mit Anaeidit~it des Magensaftes ausiibt, w~hlten wir 14 Patien- ten aus, die die Poliklinik wegen Magenbeschwerden aug gesucht hatten, die einmal alle ailamnestisch fiber Appetit- losigkeit klagten und unter denen einige Ilnter hartilSckiger Obstipation litten. Bei mehreren dieser Patienten handelt es sich nach dem Ergebnis der Magenausheberung und des R6ntgenbefuildes um eine Gastritis anacida. Ein Anhalts- puilkt ffir eiil Ulcus ventriculi oder duodeni war bei ihnen auch rSntgenologiseh nicht festzustellen.

Wir heberten die Pat ienten vor Beginn der Kur an ver- sehiedenen Tagen zweimal aus, um so eine Garantie zu haben, dal3 die Kurve der Magens~urewerte eine Konstanz aufweist, dab es sich nicht um den einmaligen zuf~illigeil ]3efund einer An- bzw. Subacidit~it handelt.

Nach den Ailgaben von FAROY und DERON 9 t f i t t nach einer Serie yon 12 Injektionen voil 0,2 g Acetylcholin bei Subaciden ein fortschreitender Anstieg der S~urewerte im Magensaft eiil bzw. bleiben im Vergleich zum Zustand vor Beginil der Kur auf Histaminreiz die S~iurewerte l~tngere Zeit hoch oder es erfolgt ein h6herer Anstieg. ]3ei Achylieil be- obaehteteil sie allerdings auch ein wechselndes Verhalten der S~iurewerte, indem bei einem Tell zwar ebenfalls ein all- m~Lhliches Steigeil der Werte eintrat, ein Tell abet nnbeeinfluBt blieb. Sie empfehlen deshalb die Verabreichung yon Aeetyl- choliil bei Subaciden. Diese Beobachtungen sind deshalb voil besonderem Interesse, weil der erzielte therapeutische Effekt auf einer S/iureproduktion dutch den 1Reiz des Acetyl- eholins auf die Magendrfisen beruht. Im Gegensatz dazu stellt die sonst iibliehe Behandlung der Sub- bzw. Anacidit~it ja

nur eine Substitufionstherapie durch Zufiihren der fehlenden~ S~iure dar.

Wir injizierten nun unseren Patienten t~iglich o, I g Acetyl- cholin, und zwar gaben wir einer Gruppe von 4 Patienteil diese Injektionen w~ihrend 12 Tagen, bei zwei weitereil Grupper~ yon je 5 Patienten ffihrten wir die Kur ill 2 bzw. 3 Selden yon je I2 Injektioilen durch. AuSerdem haben wir 12 Patieil ten nebeil den Injektionen noch Acetylcholiil in Form yon Supposi- torien zu 0,3 g verabreicht, Da wir unsere Patienten ambulant behandeln muBten und aus iiuBeren Grfinden so nur eine Injektion t~iglich vornehmen konnten, haben wir davon ab- gesehen, mehr als o,i g pro dosi zu injizieren, da sich sonst nach einmaliger Injektioil gr68erer Mengen gelegentlich un- angenehme Nebenerscheiilungen bemerkbar macheil.

Nach Durchffihrung dieser Kuren mit 12, 24 und 36 Injek- tionen zu o, I g Acetylcholin sahen wir im Gegensatz zu FAROY und DERON bei IIIlseren 14 Pafienteil mit Sub- und Anacidit~it keiilen EinfluB auf die S~uresekretion. Auch konnten wi t bei der Priifung der Acidit~itsverh~iltnisse wiihrend der IKuren keinen Effekt bei den einzelnen Pafienteil in Gestalt einer voriibergehenden Erh6hung der S~urekurve erkennen.

Ob die Zufuhr gr6Berer Mengen yon Acetylcholin einen besseren Effekt hat, verm6geil wir nicht zu sagen. Aber wi t koilnten auch hier wieder bei diesen 14 Patienten sehen, daB. die w~iBrige Sekretion dureh Acetylcholin angeregt und ver- mehrt wird.

Ob diese Anreguug der w~iBrigen Sekretion mit der An- gabe der Patieilten, dab ihre subjektiveil Beschwerden w~ih- rend der Kur zum groBeil Tell recht erheblich nachgelasse~ haben, dab sich insbesondere die Appetitlosigkeit in auf- fallender Weise gebessert habe, in Zusammenhang gebracht werden kailn, ist nicht sicher zu entscheiden. Jedenfalls verdient dieser EinfluB auf die subjektiven Beschwerdeil de r Patienteil gegenfiber der geringeil objektiv feststellbaren Wir- kung des Acetylcholins in unseren F$illen hervorgehoben zu werden.

Im fibrigen hatteil wir bei einigen Pat ienten dieser Grilpp~ an Hand der S~iurekurve dell Eindruck, dab die 1Vfotilit~it durch die Acetylcholiilverabreichung in f6rderndem Sinile beeinfluBt wurde.

SchlieSlich bedarf noeh die giinstige Einwirkung der Acetyl- cholinapplikation auf die Obstipation bei einigen unserer Patienten der Erw~hnung. Sic gaben fibereinstimmend an, dab die zum Teill recht hartn~ickige Stuhltritgheit durch die angewandten 1VfaBnahmen behoben worden sei, und dab sie w~hrend der Acetylcholinverab-- reichung einen regelmABigen Stuh]gang gehabt h~itten. Die giinstige- Wirkung auf die Darmtlitigkei~ hat allerdings in allen F~illen nur w~ihrend der Acetylcholinmedikation angehalten und nach Ab- setzen derselben trat der alte Zustand wieder ein. Ohne Zweifel beruht dieser • Effekt auf der peristaltikanregenden Wirkung des Aceiylcholins bzw. auf der Einwirkung auf die glatte Muskulatur des Darmes.

Zusammenfassung: I. t3ei 5 ~ Pat ienten mit sub- und anaci- den Werten des Magensaftes wurde die Einwirkung des Acetylcholins auf die S~uresekretion sowie auf die Wasser- und Chloridsekreti0n untersucht.

2. WShrend nun bei einer kleinen Zahl yon Patienten eine geringe, schnell abklingende Steigerung der S~urekurve ein- trat, land sich bei mehr als der H~ilfte eine deutliche Yer- mehrung der w~iBrigen Sekretion. Dieser Befund bestStigt die t3eobachtung yon KALK, dab Acidit~t und wSBrige Sekre- tioil durch verschiedene Pharmaca in verschiedenem Sinne beeiilflu/3t werden k6nnen.

3. Auf die Chloridsekretion fibt das Acetylcholin einen f6rdernden Einflu8 bei fast allen hierauf untersuchten Pat ien- ten aus.

4- Den nach l~ilgerer Yerabreichuilg des Acetylcholins be- schriebenen therapeutischen Effekt (allm~ihlicher Anstieg der S~Lurekurve) konnten wir nicht beobachten.

5. /Die Acetylcholinverabreichung hat te eineil gfinstigen EinfluB auf den Allgemeinzustand der Patieilten (Besserung der Appetitlosigkeit, ]3ehebung bestehender Obstipation w~hrend der Dauer der ]3ehandlung).

L i t e r a t u r : z ALBERTS, Erg. inn. Med. 43. -- ~ G. A. FlSeI~ER~ Ther. Gegenw. I932, H. 6. -- ~ IKATSCH u. KALK, iKlin. Wschr. I926,

Page 4: Über Acetylcholin und Magensaft

538 K L I N I S C H E W O C H E N S C t i R I F T . 12, J A H R G A N G . N r . 14 8. APRIL 1933

Nr 20, 881. - - 4 RXGGIANI, Scritti med. in onore Gabbi 1, 231--237 (193o) . _ s t3AGNARt~SI, Arch. Sci. ned , 55, 1--24 (1931). - - 6 WIL- KlXSOI% Brit. J. exper. Path. z 3, 141--148 (1932). -- 7 ALLODI, Minerva ned . (Torino) 193o II, 185--I89. - - s KALX, Xlin. Wschr, 1932, Nr 7, 27o- -- 9 FARoY et DEI~ON, Arch. des. Mal. Appar, digest. 2I, 777--793 (1931) �9

UBER EINEN BESONDEREN SYMPTOMENKOM- PLEX BEI TUMOREN IM BEREICH EINER

GROSSHIRNHEMISPHARE. V o n

F. E. FL1JGEL. Aus der Psychiatrischen und Nervenklinik der Universit/it Leipzig

(Direktor: Professor P. SCHRODER).

Bei e iner Re ihe y o n K r a n k e n mi~c T u m o r e n e iner Grol3- h i r n h e m i s p h ~ r e k o n n t e n wir fo lgenden S y m p t o m e n k o m p l e x f inden.

Es b e s t e h t eine le ich te Fac ia l i spa rese yon z e n t r a l e m T y p e iner Gesichtsse i te . Diese Pa rese i s t m a n c h m a l r e c h t schwer zu e rkennen , weft sie in de r R u h e u n d bei den f ib l ichen t?roben wie Z/ihne zeigen, Mundsp i t zen , B a c k e n au fb l a sen usw., of t n i e h t in E r s c h e i n u n g t r i t t . Sie wird e r s t be t a u t o m a t i s i e r - ten , e m o t i o n a l e n B e w e g u n g e n deut l ich . Bei de r U n t e r h a l t u n g n i t d e m K r a n k e n , w e n n das Gespr~ch eine gewisse L e b h a f t i g - ke i t e r re icht , w e n n de r K r a n k e h a r m l o s lacht , k a n n das Zu- r t i ckb le iben des e inen M u n d w i n k e l s d a n n deu t l i ch e r k a n n t werden. B e i m N a c h s p r e c h e n l a s s e n u n d be im Aufsagen yon G e d i c h t e n usw. b r a u c h t dagegen dieses Zur f ickb le iben n i c h t in E r s c h e i n u n g zu t r e t en , v ie l le icht , well de r K ranke , in d e m Bewuf3tsein, geprf if t zu werden , auf seine S p r e e h b e w e g u n g e n besonde r s ach te t* .

Aul3erdem zeigt de r K r a n k e au f de r gegenf iber l iegenden K6rper se i t e Kra nkhe i t s ze i chen , welche als A u s d r u c k e iner P y r a m i d e n b a h n l ~ s i o n g e d e u t e t werden k 6 n n e n (Babinski - sches, Rosso l imos , O p p e n h e i m s c h e s usw. P h ~ n o m e n , eine le ieh te E r h 6 h u n g des T o n u s de r E x t r e m i t X t e m n u s k u l a t u r ode r eine A b s c h w ~ c h u n g de r B a u c h d e c k e n r e f l e x e usw.).

Dieses geschi lder te S y m p t o m e n b i l d k a n n die einzig er- k e n n b a r e n K r a n k h e i t s z e i c h e n bei de r neuro log i schen U n t e r - s u c h u n g dars te l len . Es k 6 n n e n s ich h i e r m i t a b e t a u c h noch a n d e r e S y m p t o m e yon se i t en des N e r v e n s y s t e m s v e r b i n d e n , u n d i m Laufe de r we i t e r en E n t w i c M u n g des K r a n k h e i t s - prozesses pf leg t dies s te t s e inzu t r e t en , so d a b d a n n das o b e n geze ichnete Bild v e r w i s c h t wird.

Kurze kasuistische Notizen:

Ea l l l . Frau G. Kl inikaufnahme wegen Stauungspapille. Be~und: Gutes Ailgemeinbefinden. Leichte emotionale Facialis- parese links. Rossolimo rechts + , Oppenheim rechts + . Encephalo- gramm zisternal: sehr starke Verdr~ngung der Seitenventrikel im Vorderhornbild nach links. Operationsbefund: GroBer, weicher, n icht abgrenzbarer Tumor im vorderen TeiI des rechten Stirnhirns.

Ea~ 2. Herr St. 48 Jahre. Klinikaufnahme wegen Stauungs- papille. Befund: Der Kranke ist leicht benommen. Mundfacialis links leicht paretisch. Babinski rechts angedeutet. Pat.S.R. und Achill.S.R. rechts lebhafter als links. Encephalogramm ventrikul~r: Starke Verdr~ngung der Seitenventrikel nach links. Obduktions- befund nach Operation: Grol3er Tumor dicht unter der Rinde im hinteren Teil des rechten $tirnlappens.

Fall 3. Frau H. 33 Jahre. Klinikaufnahme wegen Verdacht auf Orbitaltumor. Befund: Gutes Allgemeinbeiinden. Keine Stau- ungserscheinungen am Augenhintergrund. Mundfacialis rechts leicht paretisch. Oppenheim links + . Babinski links angedeutet. Abducensparese links. Leichte Ptosis links. Par~sthesien im Be- reich des linken Trigeminus. Encephalogramm ventrikul~r: Deut- liche Seitenverdr~ngung der Ventrikel nach rechts. Operation abgelehnt. Exi tus nach etwa i ]ahr . Obduktionsbefund: Faust- grol3er, mi t dermoidcystenartiger Masse geft~llter Tumor an der Basis des linken Schl~,tienlappens.

Falt 4. Frau C1. 3 8 Jahre. Xlinikaufnahme wegen Stauungs- papille. Befund: Allgemeinbelinden gut. Linker Mundfacialis leicht paretisch. Pat.S.R. und Achill.S.R. rechts Spur lebhafter als links. Rossolimo rechts + . Mendel rechts + . Linksseitige

* BARRt~ RT trONTAINE Revue neut. 1, 37 (I93O) haben eine ~hnliche Faeialis- parese bei einem Tumor des Septum besehriebem

homonynle Hemianopsie mi t Aussparung der Macula. Encephalo- gramm ventr ikular : Deutliche Verdr~ngung der Seitenventrikel nach links. Das rechte Hinterhorn ist s tark nach vorw~rts gedrXngt. Operationsbefund: Mehr als hfihnereigrol?er Tumor in der iRinde des rechten Occipitallappens.

Fal~ 5. Herr M. 39 Jahre. Klinikaufnahme wegen iKopf- schmerzen und zunehmender Vergel31ichkeit. Befund : Gutes Allgemeinbefinden. Augenhintergrund und Gesichtsfeld o .B. Linker Mundwinkel leicht paretisch. Bauchdeckenhautreflexe rechts schw/~cher als links. Babinski rechts + . Ventr ikelpunktion str ikt verweigert. Sparer Auftreten yon l~aumsinnst6rungen. Je tz t Encephalogramm ventrikul~r : Darstellung eines cystischen Tumors im rechten Occipitallappen und hinteren Scheitellappen. Obduko t ionsbefund nach Operation: Grol3er, derber, teilweise cystisch erweichter Tumor im rechten Occipital- und hinteren Scheitel- lappen.

Die au fge f f ih r t en PMle ze ig ten alle den o b e n gesch i lde r t en S y m p t o m e n k o m p l e x m e h r oder weniger re in ausgeb i lde t . Es h a n d e l t e sich s t e t s u m eine Geschwul s tb i l dung i m Bere iche e iner GroBhi rnhemisph~re , u n d zwar der Hirnse i te , welche de r z e n t r a l e n Fac ia l i sparese zugeo rdne t werden k a n n , also gek reuz t zu r ge l / ihmten Gesichtssei te . Das E n c e p h a l o g r a m m liel3 in a l len F~tllen n i t V e n t r i k e l d a r s t e l l u n g eine e rheb l i che Se i t enve rd f i t ngung e rkennen . Zweimal w a r de r Sitz de r T u m o r e n i m S t i rnh i rn , zweimal i m Occ ip i t a lh i rn u n d e i n m a l a n d e r Basis des Sch l~fen lappens .

E ine begr f inde te Erkl~trung ftir das Z u s t a n d e k o m m e n unseres S y m p t o m e n b i l d e s l~13t sich bei de r A r t des zug runde l i egenden Prozesses a u c h bei e iner fe ineren h i s to log i schen Ana lyse n i c h t geben. W i t m 6 c h t e n d a h e r n u t v e r m u t u n g s - weise ~uBern, d a b die be sch r i ebene le ich te Fac ia l i spa rese als A u s d r u c k e iner D r u c k w i r k u n g des T u m o r s au f die mo to r i s che Region bzw. den S t a b k r a n z aufgefa/3t werden kann . In unse r en F~tllen wa r die Zen t r a lgegend se lbs t n iemaIs yon de r Geschwuls t befal len, die T u m o r e n g r u p p i e r t e n sich ~aber al lsei t ig u m dieselbe h e r u m . Die P y r a m i d e n z e i c h e n , welche au f die gegent iber l iegende Hi rnse i t e h inweisen , l a ssen sich v ie l le ich t als G e g e n d r u c k w i r k u n g auf die H i r n s c h e n k e l u n d Brf ickente i le de r a n d e r e n H i rn se i t e erkl/~ren. Es wfirde s ich d a m i t u m eine t yp i s che K o m b i n a t i o n yon N a c h b a r s c h a f t s - s y m p t o m e n h a n d e l n .

Die K e n n t n i s des g e n a n n t e n S y m p t o m e n k o m p l e x e s h a t v o r a l l em eine p r a k t i s c h Minische B e d e u t n n g . Die be- schr iebene geringe Parese des e inen 5fundfac ia l i s ist, wie o b e n ausgeff ihr t , of t schwer zu e rkennen . W e n n m a n n i c h t besonders n a c h ih r f a h n d e t u n d den K r a n k e n i m m e r wieder ab l enk t , 1/igt sie sich h~uf ig n i c h t s i c h t b a r m a c h e n . W e n n m a n d a n n berf icks icht ig t , d a b die P y r a m i d e n z e i c h e n de r a n d e r e n Seite als A u s d r u c k e iner sich en twicke lnd en spas t i schen H M b s e i t e n p a r e s e au fge laBt werden k 6 n n e n , so i s t ve r s t~nd - lich, daB, falls i m f ibr igen U n t e r s u c h u n g s b e f u n d ke ine we i t e r en Hinweise ffir eine Loka l i s a t i on gegeben sind, die Geschwnls t au f die d iesen Zeichen gew6hnl ich zugeordne te , gekreuz te Hi rnse i t e lokal i s ie r t wird. Die F~lle I, 2, 5 unse re r kasu is t i - s chen No t i zen wt i rden bei N ich tbe r f i cks i ch t i gung de r ge- n a n n t e n Fac ia l i sparese wahr sche in l i ch fa lsch lokal i s ie r t wor- den sein.

QUANTITATIVE BESTIMMUNGEN VON SEXUAL- HORMONEN (HYPOPHYSENVORDERLAPPEN- UND FOLLIKELHORMONE) BEI GESUNDEN,

GEISTES- UND NERVENKRANKEN*. I. Mitteilung.

Fragestellung und Methodik des Nachweises der vermehrten Prolanausscheidung im Hame.

Von Dr . V~ALTHER 0STERREICHER.

Aus der Universitiits-Nervenklinik Halle (Direktor: Prof. Dr. HAUPTMANN).

Unse re q u a n t i t a f i v e n H o r m o n b e s t i m m u n g e n be t r e f f en die S e x u a l h o r m o n e des H y p o p h y s e n v o r d e r l a p p e n s (HVH. A = P r o l a n A, H V H . B = P r o l a n B) u n d das F o l l i k e l h o r m o n des

* Mit Unterstfitzung der 0sterreichisch-Deutsehes Wissenschaftshilfe.