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Arehiv klin. exper. Ohren-, ~Nasen-und Kehlkopfheilk. 186, 39--51 (1966) t~ber das Yerhalten der beiden Hiirschwellen bei Schallbelastung des einen 0hres Untersuchung zum Problem der binauralen H~iradaptation 0. B~XT~ und W. SCHLO~AVr~* Aus der Klinik ffir Ohren-, I~sen- nr,d I-Ialskranke tier Universit~t Innsbruek (Vorstand: Prof. Dr. L. H5~SST) Eingegangen am 18. September 1965 Einleiten4 sell kurz der Problemkreis der KSradap~ation, dem auch unsere Untersuchungen zuzuordnen sind, in Erinnerung gerufen werden. Ausgangspunkt ist dabei die bekannte Beobaehtung, da~ sieh die Empfindlieh- keit des I-ISrorgans w~hrend und nach der Einwirkung eines iibersehwelligen Schalles ~indert. In der Literatur finden sich fiir diesen Vorgang die Bezeiehnungen I-ISrermfidung (HOOD) und Adaptation (B]~K]~SY;t%AI~KE). Weiterhin werden auch noch andere Bezeichnungen fiir des gleiche Ph~nomen ehlgefiihrt. Des, was naeh Einwirkung eines iiberschwelligen Schallreizes geschieht, nennen L~3SCKEg u. ZWISLOOXI t%eadaptation, andere wieder Ermiidung. Schlie[tlich wir4 des be- schriebene Ph~nomen in zwei Kompanenten geteilt: Der Beginn wird als Adapta- tion aufgefal~t, der die Ermiidtmg folgt (v. GooL). Untersuehm~gen dariiber liegen au~erdem yon BOCCA,K~ETZ und L±I~GENBECK vor. Dieser schreibt: ,,Die Adapta- tion ist naeh etwa 0,15 see auf ihrem S~ttigungswert w~hrend des Sehallreizes an- gelangt und nach 0,15 see wieder vollst&ndig zuriickgebildet nach Beendigung des Schallreizes. Bei Ermfidung hat man je nach Reizart mit )/[inutendauer zu reeh- hen. °' .~hnlieh formnliert KIETZ : ,,Adaptation ist durehwegs ein sehnell verlaufender Vorgang (Zeiten unter 0,1 see). Ermiidung benStigt durehwegs Zeiten yon ~inuten oder Stunden." Die Auffassung, dal~ die Adaptation uncI die Ermiidung ver- schiedene physiologische Grundlagen haben miissen, wurde besonders von LA~aE~- ]~]~CK vertreten. Yiii die Ermiidung seien gewisse Stoffwechselprozesse in den Haar- zellen verantwortlich zu machen, w&hrend die Adaptation mSglicherweise mecha- nisch durek die ver&nderten Sinnesh~rchen im Cortischen Organ zustande k&me. ~an machte also durchwegs periphere Ursachen ftir des Ph&nomen verantwortlieh. Aber aueh Gegenansichten werden vertreten. Unter anderem behaupten BOCCA u. P]SSTALOZZA,dab die Adaptation als Summation der sensorisehen lgeize in den bulb~ren Zentren aufgefa~t werden mfi~te. An dieser Stelle sell noch die Arbeit yon EBEt~LE (,,Anpassung an TSne", Diss., Innsbruek 1952) erwi~hnt werden, in der untersucht wurde, ob sieh bei l~ngerer Darbietung eines akustisehen Reizes auch die Unterschiedsschwe]le ver&ndert. Die Untersuchungen ergaben, dab sehon in den erstert 30 secder Darbietung eines reinen Tones eine ganz bedeutende Zunahme der Unterscheidungsfi~higkeit naehgewiesen werden kann. Diese Zunahme ist gerade in den ersten Sekunden nach dem Ein- sehalten des Tones besonders groB. Wird tier Ton langer angeboten, dann nimmt die Unterseheidungsfghigkeit in gleiehen Abst~nden immer weniger zu. 1%ach einer * In Verehrung zum 85. Geburtstag t{errn Prof. Dr. J. ZA~G~gewidmet.

Über das verhalten der beiden horschwellen bei schallbelastung des einen ohres

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Page 1: Über das verhalten der beiden horschwellen bei schallbelastung des einen ohres

Arehiv klin. exper. Ohren-, ~Nasen- und Kehlkopfheilk. 186, 39--51 (1966)

t~ber das Yerhalten der beiden Hiirschwellen bei Schallbelastung des einen 0hres

Untersuchung zum Problem der binauralen H~iradaptation

0. B ~ X T ~ u n d W. S C H L O ~ A V r ~ *

Aus der Klinik ffir Ohren-, I~sen- nr, d I-Ialskranke tier Universit~t Innsbruek (Vorstand: Prof. Dr. L. H5~SST)

Eingegangen am 18. September 1965

Ein le i ten4 sell kurz der Problemkreis der KSradap~ation, dem auch

unsere Un te r suchungen zuzuordnen sind, in Er inne rung gerufen werden.

Ausgangspunkt ist dabei die bekannte Beobaehtung, da~ sieh die Empfindlieh- keit des I-ISrorgans w~hrend und nach der Einwirkung eines iibersehwelligen Schalles ~indert. In der Literatur finden sich fiir diesen Vorgang die Bezeiehnungen I-ISrermfidung (HOOD) und Adaptation (B]~K]~SY; t%AI~KE). Weiterhin werden auch noch andere Bezeichnungen fiir des gleiche Ph~nomen ehlgefiihrt. Des, was naeh Einwirkung eines iiberschwelligen Schallreizes geschieht, nennen L~3SCKEg u. ZWISLOOXI t%eadaptation, andere wieder Ermiidung. Schlie[tlich wir4 des be- schriebene Ph~nomen in zwei Kompanenten geteilt: Der Beginn wird als Adapta- tion aufgefal~t, der die Ermiidtmg folgt (v. GooL). Untersuehm~gen dariiber liegen au~erdem yon BOCCA, K~ETZ und L±I~GENBECK vor. Dieser schreibt: ,,Die Adapta- tion ist naeh etwa 0,15 see auf ihrem S~ttigungswert w~hrend des Sehallreizes an- gelangt und nach 0,15 see wieder vollst&ndig zuriickgebildet nach Beendigung des Schallreizes. Bei Ermfidung hat man je nach Reizart mit )/[inutendauer zu reeh- hen. °' .~hnlieh formnliert KIETZ : ,,Adaptation ist durehwegs ein sehnell verlaufender Vorgang (Zeiten unter 0,1 see). Ermiidung benStigt durehwegs Zeiten yon ~inuten oder Stunden." Die Auffassung, dal~ die Adaptation uncI die Ermiidung ver- schiedene physiologische Grundlagen haben miissen, wurde besonders von LA~aE~- ]~]~CK vertreten. Yiii die Ermiidung seien gewisse Stoffwechselprozesse in den Haar- zellen verantwortlich zu machen, w&hrend die Adaptation mSglicherweise mecha- nisch durek die ver&nderten Sinnesh~rchen im Cortischen Organ zustande k&me. ~an machte also durchwegs periphere Ursachen ftir des Ph&nomen verantwortlieh. Aber aueh Gegenansichten werden vertreten. Unter anderem behaupten BOCCA u. P]SSTALOZZA, dab die Adaptation als Summation der sensorisehen lgeize in den bulb~ren Zentren aufgefa~t werden mfi~te.

An dieser Stelle sell noch die Arbeit yon EBEt~LE (,,Anpassung an TSne", Diss., Innsbruek 1952) erwi~hnt werden, in der untersucht wurde, ob sieh bei l~ngerer Darbietung eines akustisehen Reizes auch die Unterschiedsschwe]le ver&ndert. Die Untersuchungen ergaben, dab sehon in den erstert 30 secder Darbietung eines reinen Tones eine ganz bedeutende Zunahme der Unterscheidungsfi~higkeit naehgewiesen werden kann. Diese Zunahme ist gerade in den ersten Sekunden nach dem Ein- sehalten des Tones besonders groB. Wird tier Ton langer angeboten, dann nimmt die Unterseheidungsfghigkeit in gleiehen Abst~nden immer weniger zu. 1%ach einer

* In Verehrung zum 85. Geburtstag t{errn Prof. Dr. J. ZA~G~ gewidmet.

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40 O. B~NXTH undW. Sc~LORHAUFER:

lgngeren Pause sinkt die Unterseheidungsfghigkeit wieder. EBEELE zieht daraus den Schlu$ : ,,Aus all' diesen Darlegungen geht wohl hervor, daft es auch beim GehSr eine Adaptation im Sinne einer Zunahme tier Unterseheidungsf/~higkeit ffir Laut- stgrke wghrend der Darbietung eines Tones gibt."

Es lieften sich aufter den genannten Autoren noch eine Reihe weiterer daffir heranziehen, in welch gegensi~tzlichen Auffassungen derzeit die sogenannte monau- rMe ttSradaptation vers~rickt ist.

W i r wollen uns hingegen n icht wel ter mi t den Begriffen A d a p t a t i o n und HSrermi idung und den zusammenh~tngenden P rob lemen begriffs- m/i$ig auseinanderse tzen. W a s uns in dieser Arbe i t interessier t , war eine neue Art von HSradaptations/orschung, mi t der sich in le tz te r Zeit mehrere Au to ren befai~t haben, und zwar die der t t S r a d a p t a t i o n bei Gegenohr- beschMlung.

Ein kurzer Rfickblick fiber den Stand dieser Forschungsriehtung ergibt fol- gendes: Bv~G~oF~ besch~ftigt sieh mit Untersuchungen, wie sich tier Lautheits- abfall eines Tones, der w~hrend der Tong~be eintritt, bei rein monaurMer gegenfiber bin~uraler Bescha]lung verhMt. Er kommt zu dem Ergebnis, daft ein Breitband- ger&usch auf dem Gegenohr den ttSrverlust, der w&hrend der Beschallung mit einem Prfifton auftritt, verringert. Dabei sei die Verminderung des ttSrverlustes um so grSl~er, je inteusiver das Gegengeri~usch war. Aueh MASP~TIO~, MATmEV U. SEM]~TTE stellen eine VerzSgerung der I-ISrermfidung bei gleichzeitiger Gegenohr- beschallung lest. Sie erkl/~ren diese Adaptationsverminderung dutch einen zentr~len Effekt, d. h. durch eine Beeinflussung des peripheren GehSrorganes durch die GehSr- zentralen. Von B~V~ETTI stammt die Beobachtung bei normal hSrenden Menschen, daft sich eine Ver&nderung des Adapta~ionsverlaufes feststellen l/~ftt, wenn gleich- zeitig visuelle Reize oder dem Gegenohr Schallreize angeboten werden. Gunz be- senders interessant ffir nns sind die Untersuchungsergebnisse yon TREPLIN und TO~E~T~, daft dureh die Beleuchtung des einen Auges die Empfindlichkeit bzw. die Sehsch~rfe des anderen Auges beeinflui~t wird. Aus diesen wenigen angeffihrten Beispielen wird ersichtlich, dal~ zwisehen den beiden ttSrorganen (auch zwischen GehSrorgan und anderen Sinnesorganen) irgendein Zusammenhang in bezug auf die Adaptation vorhanden sein kSrmte.

Nach dieser kurzen Einff ihrung wollen wir die Frages te l lung unserer Un te r suehung formulieren, diese besehre iben und ihre Ergebnisse in ter - pret ieren.

Fragestellung Welche Ver/~nderungen lassen sieh bei Schwel lenmessungen an

beiden Ohren im AnsehluB un die Beschal lung eines Ohres naehweisen ?

Untersuehungsmethode a) Einer normalhOrenden Versuchsperson (Vp.) wird auf einem 0hr fiber

langere Zeit (3--4--5 Std) fiberschwelliger, auftergewShnlicher Schall angeboten. b) Wir verwendeten als SchMlquelle versehiedene Arten yon ItSrger~ten. Dieso

1V[ethode gew~hrleistet n/~mlich eine freie Bewegung der Vp. wahrend des Experi- mentes und bewirkt demaaeh eine radikale Ver~,nderung in dem gewohnten ,,nor- malen /~ufteren akus~iseherL Reizmilieu". Wir verstehen darunter die Gesamtheit aller akustischen Eeize, denen ein Lebewesen dutch l~ngere Zeit innerhalb seines Lebensraumes normalerweise ausgesetzt ist.

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Verhalten der beiden HSrschwellen bei Sehallbelastung des einen Ohres 41

c) Unsere Versuchsgruppe bestand aus 12 Vpn. im Alter yon 17--24 Jahren. Sie wiesen in jeder Beziehung normale anatomische und funktioneUe Verh/~ltnisse am GehSrorgan auI. Vor dem eigentlichen Versueh wurcIen mehrere Tage hinclurch Vormessungen (Sehwellenmessungen) durchgefiihrt lind je ~requenz f'ffuf ~e6werte pro Tag abgenommen. Dutch diesen Vorversuch erhielten wir pro Frequenz 20 bis 25 i~eBwerte. AuBerdem wurden die Vorversuehe jeweils zu einer anderen Tageszeit vorgenommen und dabei au~erdem noch die Reihenfolge der gemessenen Frequen- zen geindert. Wir wollten damit evtl. Tageszeiteinfliisse und Ermiidungsfaktoren aussehlieBen.

d) Die Vor- uzLd ~Tachmessungen wurden mit einem ]~eoton-Tonaudiometer durehgeffihrt. Des ]3eoton-Tonaudiometer arbeitet zwar nur mit 5 dB Abstufungen, wir k51men jedoeh annehmen, dab dadurch unsere ~eBergebnisse nieht beeinfluBt wurden. Es ist n~mlich tmserer Ansicht naeh gleiehgfiltig, mit welchem Instrument man diese besonderen Messungen vornimmt; wiehtig ist nur, dab die Skala dieses Instrumentes die ffir den Versuch notwendige Genauigkeit aufweist und die Skaleneinteihmg sieh nicht ver/~ndert. Wie aus den Versuchsergebnissen hervor- gehen wird, genfigt die 5 dB-Stufe des Ger~tes. Au]]erdem interessierten uns keine absoluten Werte, sondern nur die Differenzen zwischen der Vormessung uad der ~essung nach Abn~hme des t{6rgergtes.

e) Sowohl die Vormessungen als auch die Nachmessungen erfolgten aussehlieB- ]ieh fiber Luftleitlmg. Die Naehmessungen (Testmessungen) wurden folgender- reuben durehgeffihrt: Nach dem ein-, zwei-, drei-, vier-, bei einer Versuchsperson fiinfstiindigen Tragen des H6rger/~tes und einer kurzen Pause wurde die ~I6r- schwellenmessung zuerst auf tier Seite vorgenommen, auf weleher der [[-I6rapparat getragen wurde. Die Pause mul~te cIeshalb eingelegt werden, weil es vorkam (bei drei Vpn.), dab nae]k Abnahme des Gerites ungef~hr bis 10 rain lung die Schwellen- messung nieht durchffihrbar war. Die Vpn. gaben an, an einer Art ,,Dureheiuander im Kopf" zu leiden mid nieht zu hSren. Sloi~testens nach 10--15 mia entwirrte sieh diese ,,Unordnung", und die Messungen konn~en vorgenommen werden. Bei allea Vpn. mit Ausnahme yon zweien wurden 25 bzw. 48 Std und 1 Woche spi~ter wieder Kontrollmessungen gemaeht. Bei dem Versueh waren keine dauemden HSrver- luste oder sonst irgendeine besondere Art yon Beschwerden festzustellen.

f) Ffir unsere Untersuehungen hubert wir ffinf verschiedene HSrgeri~te ver- wendet, die der Reihe naeh angefiihrt werden sollen; mit Ausnahme eines handels- fiblichen Ger~tes (Viennatone R4, Nr. 472558) wurden alle Ger/~te yon unserem teehnischen Assistenten modifiziert 1.

Bevor wir @ae Beschre ibung der yon uns ve rwende ten A p p a r a t e gebcn, wollen wir unsere Abb i ldungen und unsere Tabel len erl/~utern:

Ff in f verschiedene Geri~te wurden yon den Vpn. ge t ragen. E ine r Vp. wurde anstel le des A p p a r a t e s ein Ohr versch]ossen. Die Ergebnissc der Vor- u n d Nachmessungen wurden jeweils ffir einen A p p a r a t t y p bzw. f~r des verschlossene Ohr graphisch darges~ellt .

Die d ick ausgezogene Linie zeigt den Mi t te lwer t der Vormessungen an. Die senkrcch ten dfinnen Lin ien mark ie ren die ± dreffache Streuung. Des Feh len yon senkrcch ten Lin ien bedeu te t , dab bei diesen F requenzen die Vormessungen keine S t reuung aufwiesen. Die punk t i e r t e Linie s tel l t

i Die Modifiziertmg der I-I6rgerhte verdanken wir Herrn F. GOTSCH. Folgende MeBger/~te wurden verwendet: Der Tongenerator Typ 1014, der ~requeazanalysator Typ 2107 und tier Pegelschreiber Typ 2305 yon Brfiel & Kjaer.

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42 O. BER~XT~ und W. SC~O~t~AUF]~R:

die Nachmessungen dar. Sehr signifikante Untersehiede sind an den Stellen vorhanclen, wo die punktierte Linie und die senkreohte Linie einander nicht schaeiden.

Die Frequenzkurven der verwendeten Apparate wurden ebenfalls abgebildet. In der Tabelle sind die Me~ergebnisse aller 12 Vpn. ersieht- lich, aa[~erdem deren l~eihenfolge : Vpn. A, B, C . . . usw. Unter ,,Dauer" ist die Stuadenzahl angegeben, wahrend der der ,,HSrapparat" getragen wurde (bzw.) das Ohr verschlossen war; auGerdem ist der Apparattyp z.B. App. 1 (Abb. 1) ~tsw. angefiihrt. Bei jeder Vp. finden wir M -~ Mittel- wert der Vormessung, d= s ~ Standard~bweichung zum Mittelwert tier Vormessungen, Y ~ Nachmessnngen. oder Testmessungen. In der Reihe Y sind einige Ziffern mit Punkten versehen. Dies bedeutet sehr signifikante Werte.

Aus Abb. 1 ist die Freqnenzkurve des Viennatone 1~4 ersiehtlieh. Die akustische Verstarkung wurde bei Vp. A (Abb. 1) auf 38 dB (bei 1000 Hz) eingestellt (d. h. wean in der Umgebung z.B. 50 dB herrsehte, dann betrng tier Sehallpegel 88 dB). Bei Vp. B (Tabelle) war die akusti- sche Verstark~mg 26 riB.

Die Frequenzkarve des zweiten, sehon yon uns hergestellten Appa- rates (Abb.2). Die akustische Verstgrkung betrug bei Vp. C (Abb.2), D nnd E (Tabelle) 37 dB, bei 2000 ttz.

Bei den ersten beiden Typert yon Apparaten ist es nut mSglieh, das MaG tier Verst~rkuag anzugeben. Die verstarkten akustisehen l~eize sind d~her physikaliseh nicht eindeutig zu definieren. Wir kSnnen nar angeben, daG sieh die Vpn. wahrend des Tragens im selben Raum auf- gehalten haben bzw. sieh in der gleichen akustischea Umgebung be- fanden wie bei den Vormessungen. Um dem sehwer definierbaren physika- lischea Faktor auszaweichen, warden folgende Gerate gebaut und ver- wendet:

Die Frequenzkarve des di'itten App~rates (Abb. 3). Er erzeugt ein ,,Raaschen". [tIier wurde also nieht die mittlere Lautst~rke erhSht, sondern die Vpn. warden w~hrend des Tragens folgenden Schalldruck- werten ausgesetzt: Vp. F (Abb.3) und Vp. G sowie Vp. I 77 dB, bei Vp. I-1 85 dB (Tabelle).]

Die Frequenzkurve des vierten Apparates (Abb.4). Dieser Apparat erzeugte ein gefiltertes ,,Rauschen", yon 900--3000 Itz bei 25 dB. Der Sehalldruck betrug 82 dB (Abb. 4).

Die Frequenzkurve und dgs dazugehSrige Oseillogramm unseres ]etzten Apparates (Abb. 5). Der Apparat ist ein Tongenerator mit dem Frequenzgemisch yon 800--1400--2200 Hz. Der Sehalldruek betrttg bei Vp. K 68 dB (Abb. 5).

Vp. L hat keinen Apparat getragen (Abb. 6); als Kontrollversuch wurde ihr d~s reehte Ohr so gut wie mSglich verschlossen.

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Verhalten der beiden HSrschwelten bei Schallbelastung des einen 0hres 43

Beschreibung der statistischen Methoden Unser Vorgehen richtete sich nach der ,,Allgemeinen ~ethodenlehre der Sta-

tistik" (PSA~ZAGL). Wie oben angeffihrt, hubert wir bei jeder Vp. Vormessungen gemaeht, denen alas Tragen des ,,ttSrapparates" mud die Nachmessungen folgten. Wir lieBen uns dabei yon folgenden Gedankengi~ngen leiter~:

Bei Schwellenmessungen zeigt es sich, dab der Sehwellenwert der Vp. weder innerhulb einer ~essung noeh wain'end wiederholter ~essungen konstant bleibt. Das arithmetisehe ){ittel bildet den reprisentativen Weft ffir die erhaltenen h[eB- werte. Die Stremung tier Werte um diese Mittelwerte wird dureh die Standard- abweichung (s ±) ausgedrfiekt.

Wenn wir berechtigt annehmen, dab die l~/~ufigkeitsverteilung der Werte einer Normalverteilung gehorcht, dunn liegen in einem Bereich yon ,,~ittelwert dreifaehe Stundurda,bweichnng" 99,73°/0 aller zu erwartenden Pille. Diese Eigen- schaft der Normalverteilung kSnnen wir bei unserer Auswertung verwendea.

Unseren Testmessungen gingen eine l~eihe yon Vormessungen vorzns, deren Xittelwert und Stundardabweichmug berechnet wurden. Nimmt man diese Kenn- werte, die uus einer endlichen Stichprobe gewonnen wurden, gls beste Sehi~tzungen der Gesam~population der meBburen Schwellenwer~e einer Vp., dunn lussen sieh Voruussugen fiber die Grenzen der nnter diesen Bedingtmgen zu erwartenden Werte machen.

Wird nun eine Experimen~albedingung (z.B. Trugen des ,,HSrappurates") eingefiihrt, deren Wirkung wir ur~tersuehen wollen, dunn kann man sie folgender- reuben defmieren: Fallen die Werte der Testmessung (Nuehmessmug) fiber die oben aagegebene Grenze (Mittelwert -t- dreifuche Streuung) hinaus, dunn kunn man yon einer Wirkung spreehen.

Wir kOnne~ ruhig behuupten, dab miser statistisches Verfuhren ein zu ,,rigo- roses" Verfahren ist. Wir hubert nimlich die Zuhl der ~eBwerte (pro Frequenz und pro Vp.) dabei nicht berficksichtigt; hit ten wir dus getan und die Operation

S 3{ittelwerte ± dreifache Streumlg auf X ~ 2,58 1~ ~ - 1°/0 Zuverlissigkeitspriifung)

r - - .

modifiziert, so wfirden wir noch mehr signifikante Werte erhalten hubert. Wie wir noch sehen werden, hat ~ber sogar unser ,,rigoroses" Verfahren zu-

reichendes statistisches Beweismuteriul geliefert, um unsere Fragestellung zu be- antworten.

Nuch tier Beschreibung unserer s~atistischen Methode stellen wir folgende Null- ttypothese auf:

Es besteht kein signifikanter Untersehied zwischen den ~eBwerbn der Vor- und Nachmessungen bei den zwSlf Frequenzen. Wenn wir die Tabelle und die Abbil- dungen betrachten, sehen wir, dab wir unsere Null-Xypothese, wenn nieht ggnzlich, so doeh teilweise, verwerfen muBtea.

Es besteheI1 sig,aifikante Unterschiede zwischen den ~eBwerten der Vor- und Nachmessungen, jedoch nieht bei allen Frequenzen. Die angegebenen l~reqnenz- kurven der verwendeten Appurate zeigen, in welchem ~requenzbereieh die Appa- rate wirke~ und we wir eine Ver/~nderung annehmen konnten.

Eine globule Wirkung auf alle zw61f gemessenen Frequenzen lag aber im Be- reich des MSgliehen, deshalb haben wir unsere Null-Xypothese ffir alle zw61f gemes- senen l~requenzen aufgestellt. AuBerdem fanden wit an t:Iand tier Abbildungen, dab sieh bei der Ver~,nderung eine gewisse Versehiebung ergeben hat: d.h., ein Apparat arbeitete irt einem bestimmten t~requenzbereich, und die Ver/~nderung kum nicht genau in diesem l~requenzbereich zus~ande, sondern verschob sich etwas nach den h6heren oder tieferen ~equenzen, oder die Ver/~nderung war breiter als die Fre- quenzkurve des Apj?arates.

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44 O. BE~N_~TIt u n d W. SCHnORH~UFE~:

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Verhalten der beiden H6rschwellen bei Schallbelastung des einen 0hres 45

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46 0. BERNiT~ undW. Se~-LO~AVFE~:

Untersuchungsergebnisse Versuchsperson A (Abb. 1). Apparat 1 (Normalapparat, Vienna~one

R 4. Frequenzkurve Abb. 1). Der Aloparat wurde 4 Std lung am ]inken Ohr getragen. Ergebnisse. Links: ab 500--12000 Hz ein sehr signifikanter Un~er-

schied, es entsteht ein tt6rverlust. Die Null-Itypothese ffir 500-- 12 000 t tz rnfissen wir verwerfen.

Rechts : bei allen zwSlf gemessenen Frequenzen ein sehr signifikan~er II6rgewinn. Die Null-I-lypothese mag verworfen werden.

Versuchsperson B. Apparat i (Normalapparat, Viennatone R4. Fre- quenzkarve Abb. i).

I)er Apparat wurde 3 Std fang am rechten Ohr getragen. Ergebnisse. Rechts: bei 125 I-Iz und yon 500--12000 IIz ein sehr

signifikanter Unterschied. Es ents~eht also ein tI6rverlust. Die Null- Hypothese ffir 125 tIz and yon 500--12000 tIz mfissen ~ verwerfen.

Links: bei allen zwSlf gemessenen Frequenzen ein sehr signifikanter H6rgewinn. Die Null-ttypothese mug verworfen werden.

Yersuchsperson C (Abb. 2). Apparat 2 (Frequenzknrve Abb. 2). Der Apparat wurde 3 Std 50 rain lung am linken Ohr getragen. E~yebnisse. Links: ab 2000--6000 Hz ein sehr signifikanter Un~er-

schied, es entsteht ein HSrverlust. Die Null-Hypothese ffir 2000 bis 6000 tIz mfissen wir verwerfen.

Reehts: ab 1000--3000 Hz ein sehr signifikanter tI6rgewinn. Die Null-ttypothese mug verworfen werden.

gersuchsperson D. Apparat 2 (Freqnenzkurve Abb. 2). Der Apparat wurde 3 Std lung am reehten Ohr getragen. Ergebnisse. Rechts: ab 1000--2000 Hz sin sehr signifikanter tI6r-

verlust. Die N ull-IIypothese ffir diese Frequenzen mug verworfen werden. Links: ab 500--6000 tIz finden wir einen sehr signifikanten tISr-

gewinn. Die Null-Hypothese mfissen wir verwerfen.

Yersuchsperson E. Apparat 2 (Frequenzkurve Abb. 2). Der Apparat wurde 3 Std lung am reehten Ohr getragen. Ergebnisse. Reehts: Wir finden bei 125 Hz und ab 2000--6000 tIz

einen sehr signifikanten Unterschied. Es entsteht ein tI6rverlust. Die Null-tIypothese mug verworfen werden.

Links : ab 500--2000 Itz ein sehr signifikanter H6rgewinn. Die Null- IIypothese miissen wir fiir diese Frequenzen verwerfen.

¥ersuehsperson F (Abb. 3). Apparat 3 (Frequenzkurve Abb. 3). Der Apparat wurde 4 Std ]ang am linken Ohr getragen. Ergebnisse. Links : bei 125 Itz lind yon 500--6000 tIz ein sehr signi-

fikanter Unterschied, es entsteht ein I56rverlus~. Die Null-tIypothese miissen wir fiir diese l~requenzen verwerfen.

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Verhalten der beiden I-I6rschwellen bei Sehallbelastung des einen Ohres 47

Reehts: ab 1.000--3000 tIz ein sehr signifikanter I-ISrgew/nm Die Null-Hypothese ffir diese Freqnenzen mug verworfen werden.

Versuehsperson G. Apparat 3 (Frequenzkurve Abb. 3). Der Apparat wurde ¢ Std ]ang am reehten Ohr getragen. Ergebnisse. Reehts: ab 250--4000 Hz ein sehr signifikanter Unter-

sehied. Es entsteht ein H6rverlust. Die Null-Hypothese ffir diese Fre- quenzen mug verworfen werden.

Links: bei 125 I-Iz und von 2000--3000 Hz ein sehr signifikanter H6r- gewinn. Die Null-Hypothese ffir 125 Hz und von 2000--8000 tIz mfissen wit verwerfen.

Versuehsperson II. Appara~ 3 (Frequenzkurve Abb. 3). Der Aploarat wurde 3 Std lang am reehten Ohr getragen. Ergebni88e. l%~,ehts : bei 125, 250 Hz und yon 150--4000 Hz ein sehr

signifikanter ItSrverlust. Die Null-I-Iypo~hese fiir diese Frequenzen mug verworfen werden.

Links: ab 250'--1000 Hz ein sehr signifikanter H6rgewinn. I)ie Null- tIypo~hese fiir diese Freqnenzen mug verworfen werden.

Versuehsperson I. Apparat 3 (Frequenzkurve Abb. 3). Der Apparat wurde 3 Std lung am reehten Ohr getragen. Ergebnisse. Reehts: ab 125--2000 Hz ein signifikanter Untersehied.

Es entsteht ein H6rverlust. Die Null-Hypothese ffir diese Frequenzen mug verworfen werden.

Links: ab 125--2000 Hz ein sehr signifikanter H6rgewinn. Die Null- t typothese ffir diese Frequenzen mug verworfen werden.

¥ersuehsperson J (Abb. 4). Apparat 4 (Frequenzkurve Abb. 4). Der Apparat wurde 5 Std lung am linken Ohr getragen. Ergebnisse. Links: ab 150--6000Hz ein sehr signifikanter H6r-

verlust. Die Null-Hypothese ffir diese Freqnenzen mug verworfen werden. Reehts: bei 250 Itz und yon 1500--6000 I-Iz ein sehr signifikanter

H6rgewinn. Aueh fiir diese Frequenzen miissen wit die Null-Hypo~hese verwerfen.

Versuehsperson K (Abb. 5). Apparat 5 (Frequenzkurve Abb. 5). Der Apparat wurde 3 Std und 50 rain lung am reehten Ohr getragen. Ergebni~.se. I~eehts: bei 500 tIz ein sehr signifikanter tI6rverlust. Ffir

diese Frequenz mug die Null-ttypothese verworfen werden. Links: bei 500 tIz ein sehr signifikanter tI6rgewinn. Aueh fiir diese

Frequenz mfissen wit die Null-Itypothese verwerfen. Versuehsperson L (Abb.6). Das reehte Ohr wurde 8 Std lang mit

einem Vaselinstreifen versehlossen. Ergebnisse. Reehts: bei allen zw61f gemessenen Frequenzen ein sehr

signifikanter H6rgewinn. Die Nnll-IIypothese mug verworfen werden. Links : bei 125, 750, 1000, 2000, 4000 Hz ein sehr signifikanter H6r-

verlus~. Die Null-tIypo~hese mug fiir diese Freqnenzen verworfen werden.

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48 O. B ~ m ~ u n d W . S c ~ L o ~ v ~ a :

&B +~0

,"#0

RE +20 +16

0

-'0

-ZO

T• c~B "~" +//0 ZI

/ 1, I I ~l/'i'4JAIIII[I (~,~) +<,or 211 lil i f I fDll L '"t" +,or

i i t ~ I -20 / i i i i i

zz8 z80 5oo z':o sooo zsoo zooo <,o~ #oo Gooo 8ooo lZOOo 12~ zso 8oo 750 /ooo zoo zooo ~ooo ~oo ~mgo 8uoo szom ttz Hz Abb. i

Abb. i - - 6 . Dick ~usgezogene Linie = Mit telwert der Vormessungen. Senkrechte dfinne Linie = -4- dreif~che Streuung. c o = Nachmcssung

&B &B ÷40 F , +'/O[ZZ

-2o % Ao ~ 1~o ;ooo , b ~Do <,~oo ~ eooo 87o~ dooo"z°" D ~ o D ~ o o ~Aoo e~eo Doo dooo Hz Hz Abb. 2

.+qO

+30 +20

R[ +IO 0

-10 -2O

Hz

Abb. 3

70

Hz

&B &B +;o r ++oru- / ~ +sop App..+ (vp..J) +sop j , \

RE+ZOV +20F I I \

-10 -10 ' V l

-ZO ~ £80 500 7;8010~00 ~ 0 0 0 ~00 80'0012000 - 20 !~5 280 8UO 7~8010~0015~00 20~00 3J00 ~00 80~ 80100 ~000 Hz Hz

Abb. 4

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~B

/P[ + IO

Verhalten der beiden HOrschwellen bei Schallbelas~ung des einen 0hres 49

~B J ctB +~o h z . , 1 (v~..x) +~o~/I + F ~i ~ +~oI 30~ _~ ~ ~ Oszi#ogpamm , F I

-: ° 'b & 500 :D &o &o zo'oo &o Doo eooo dooo boo :°"~5 :50 5~ p)o &o &o :o'oo Jooo ~oo eo~o ~Do e'ooo Hz Hz Abb. 5

EB +¢0 L[

(Vp:/) +so

+20

i 7 . . 4 + o

-15 ~ ' ~ -70

. . . . . . . ' . . . . . 2 0 b ' sJo . . . . . . . . . 2 6 125 Z~O 800 780 1000/500 ZOO0 ]000 ~000 ~'000 80001~000 2so 780 1000 1800 200o aO00 ¢OuO GO00 8000 IZO00 Hz Hz

Abb.6

Bespreehung der Untersuehungsergebnisse Die Untersuehungen, mit der yon uns besehriebenen Methode, haben

ergeben, dab der Sehallbelastung eines Ohres zwar, wie bekann~, ein Absinken der Sehwelle folgL gleiehzeigig aber ein Anheben der Sehwelle am Gegenohr vor sieh geht, ein Vorgang (vergleiehbar der Bewegung eines Waagebalkens), der unseres Wissens nach bislang noch nicht be- schrieben wurde. Die frequenz- und intensit/itsverschiedenen Schall- belastungen zeigten keine eindeutigen Zusammenh£nge mi& der Qualit/it ihrer Folgen, d .h . die Sehwellenver/~nderungen wurden weder in der positiven noch negativen Richtung gleiehf6rmig yon der Frequenz und Intensitgt der Sehalleinwirkung bestimm&.

Zweifelsohne fallt unsere Beobaehtung in jenes viel diskufierte Gebiet der Adaptat ion oder wenigs&ens in den Problemkreis, der damit bezeiehnet wird.

Aus diesem Grunde haben wit aueh einleitend auf die noch bestehen- den Unstimmigkeiten und Uneinheitlichkeiten der Auffassung sowie der Nomenklatur in diesem audiologisehen Bereieh hingewiesen. Dutch unsere Untersuehungen sind wit nat/irheh noch keineswegs in die Lage versetzt, das Wie des Vorganges, weleher das yon uns gefundene Phi - nomen hervorruft und bewirkt, zu erkl/£ren. Weitere, bereits laufende Un&ersuehungen sind dazu notwendig. Trotzclem semen es uns, als ~dirde dureh unsere Beobaehtung die Auffassung bedeutend an Boden

Arch. klin. exp. 0hr.-, Nas.- u, Kehlk./=[eilk., Bd. 186 4

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50 0. BEE~XTE undW. SCELOEHAUFEE:

gewinnen, die ganz oder teilweise Adaptationsvorggnge als zentrale Ge- sehehnisse auffM~t. Dazu noeh einige teleologisehe Bemerkungen: Unser tt6rorgan prgsentiert sieh in nnserem Versnehsfall als eine aus zwei Elementen zusammengesetzte Einheit; es befindet sieh normalerweise, d .h . unter physiologisehen Verhgltnissen, in einem Gleiehgewieht mit seiner akustisehen Umgebung. Dieses Gleiehgewieht wird dureh eine liings~ bekannte Weehselwirkung eharakterisiert : Wie laut wir empfinden, hgngt yon der Empfindliehkeit des H6rorganes ab, die aber wiederum yon der Lautstgrke der aknstisehen Umgebung wesen{lieh beeinflugt wird. Wit k6nnen daher annehmen, dab im Zustand des Gleiehgewiehtes ein Endzustand adaptierter Leistungen erreieht ist. Wird nun dieses Gleiehgewieht dadureh gest6rt, dab ein Ohr fiber lgngere Zei~ lanter h6rt als das andere (dureh das Tragen des I-I6rgergtes), so antwortet das belastete IISrorgan mit einer Abnahme seiner Empfindliehkeit, die Sehwelle sinkt; das nichtbelastete Ohr Mlerdings vermag, wie wit das bewiesen haben, seine Empfindliehkeit zu steigern, die Sehwelle steigt fiber die Normalwerte. Es finde~ also eine Anpassung, eine Adaptation, an das gegnderte aknstisehe Reizmilieu start. Da sieh mit der Abnahme des tt6rger/~tes die akustisehe Situation neuerdings/~ndert, n/~mlich die R/iek- ffihrung in den gewohnten Normalzustand stattfindet, t r i t t aueh das vor- herige Gleiehgewieht wieder ein. Wie lau~ -- so k6nnten wit aueh sagen -- wie laut wir empfinden, h/~ngt yon der Empfindliehkeit unseres H6rorga- nes ab, diese aber wiederum vonde r Lautst/irke des akustisehen Milieus.

Diese weehselseitige Beeinflussung ist bekannt und legt den Gedanken nahe, das yon uns beobachtete Ph~nomen sei ein AnMogon zu dem bekannten Prinzip der Teehnik, dem l~egelkreis, der yon H. GaADMA~N SO definiert wird: ,,Wesentlieh ist nur, dug ein laufender Vorgang dureh Riiekkoppelung so gelenkt wird, dab jede Abweiehung von einem vor- gegebenen Ziel (es braueht nieht immer ein zahlenmagig feststellbarer Wert zu sein) den kiinftigen Vorgang in umgekehrter t~iehtung beein- fluBt."

Zusammenfassung Naeh einem kurzen Uberbliek fiber das Problem der H6radaptation

(sowohl monaurale als aueh binaurale) wurde folgende Frage gestel]t: Welehe Ver~nderungen lassen sieh bei Schwe]lenmessungen an beiden Ohren im AnsehluB an die Besehallung eines Ohres nachweisen ?

Um unsere Frage zu beantworten, haben wir Versuehe mit Hilfe verschiedener , ,H6rapparate" (eines handels/ibliehen und mehrerer sog. ,,Gerguseh"-apparate) durchgefiihrt. Die Apparate wurden mehrere Stunden lung getragen, wobei sie auf eine weit iibersehwellige Lautst/~rke eingestellt waren. Die statistisehe Analyse zeigte, dug anf dem Ohr, wo der , ,H6rapparat" getragen wurde, ein signifikanter tt6rverlust, auf dem anderen Ohr dagegen ein signifikanter tI6rgewinn auftrat.

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Verhalten der beiden H6rschwellen bei Schallbelastung des einen Ohres 51

Summary After a short review of the problem of hear ing-adapta t ion (monaural

as well as b inaural ) the following quest ion was asked: Which audi tory

changes can be demons t ra ted by threshold-determinat ion on both ears

after sound-exposure of one ear ? To this purpose exper iments with hearing aids and different types of

"noise-producing" appara tus were performed. These appara tus were adjus ted to a high-above-threshold-loudness and were worn for several hours. The stat ist ical analysis showed a significant hearing-loss on the ear where these appara tus was worn and a significant improvement of

hearing on the other ear.

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Dr. O. BERNXTtI ttNO-Klinik der Univ. Innsbruck (0sterrcich)

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