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878 F. HEEPE, W. STt~OBEL, W. KAI~, ~:~. OTTO, K. ABDEt~I~AH}IAN und H. GUNTt~ER: Blu~serum Klinische Wochensebrift Neben angeborenen ]VIi~bildungen kSnnen die ver- sehiedensten Erkrankungen der Lunge in Betraeht kommen. Die eigene Beobachtung ist sehr wahrscheinlich dysgenetiseher Natur und liel~e sich auf eine irfih- zeitige intrauterine Fehlbildung der Bronchien und der Lungenarterien zuriickfiihren. Dal~ der Bronchial- verschlul~ erst sekund/~ infolge einer primgren Hypo- ptasie der Lungen~rterie auftreten k~nn, ist unwahr- seheinlich, da die Aussprossung der grol~en Pulmonal- arterien sp£ter erfolgt aIs die Anlage tier Lunge (Mt~nnE~). Bronchus~tresie und Pulmon&larterien- hypoplasie miissen vielmehr als eine nebeneinander bestehende Dysgenesie aufgef&~t werden. Andere, ins- besondere entziindliche Ursaehen sind auszusehlie~en gewesen. Fiir die Annahme einer Dysgenesie spricht unter anderem der N~chweis einer kleinen isoliert liegenden unreifen Knorpelspange im Bereich des Bron- ehialversehlusses, die sich yore anliegenden BronchigI- knorpeI durch eine grSf~ere Zelldichte und abweiehende histoehemische Zus~mmensetzung der Knorpelgrund- substanz f~rberisch deutlich unterscheidet. Gleiehartige Fehlbildungen der Lunge sind bekannt. W~sT~R beriehtet fiber eine Atresie des rechten Hauptbronehus und vergr5~erte reehte Lunge bei einer weibliehen Friihgeburt. ZoRs, GROSSE-BROCK- ~OFS, JA~K~ und SCHAEDE h~ben angiographiseh anl~gem/~ig bedingte asymmetrische Pulmonalarte- rienhypoplasien nachweisen kSnnen. Zusammen/assung. Anhand kliniseher Angaben und des 0bduktionsbefundes wird fiber eine progres- sive Lungendystrophie bei einem 13j//hrigen M£dchen berichtet. In dem erkr&nkten Lungenlappen fanden sich ein Verschlu]~ des Lappenbronehus und eine Pul- monalarterienhypoplasie. Die Isotopic bolder Ver- /~nderungen wird ffir die Dystrophic des Ltmgen- gewebes veruntwortlich gemacht und die Vermutung ausgesprochcn, dal~ bei der progressiven Lungen- dystrophic eine Beteiligung der A£em- und der Blut- wege des erkrankten Lungenbezirkes vorliegt. Die eigene Beobaehtung wird au~ Grund der makro- und mikroanatomischen Befunde als Dysgenesie aufgefal~t. Literatar. ALLISON, ST. T. : Ann. Int. Med. 17, 139 (1942).-- Ass~A~s, H.: Ffiinch. meal. Wschr. 1920, 134. - - :BURKE, R. M. : Radiology 28, 367 (1937). - - GgOSSlS-BROCKKO~F, F., ]~. JANKER U. A. SCHAEDE : Dtsch. reed. Wschr. 1949, 1044. -- HE~GLI~, R.: Schweiz. reed. Wschr. 1956, 1401. -- HEIL- MEYEI~, L. : Miinch. reed. Wschr. 19~7, 440. -- HEILMEYER, L., u. F. Sc~IDw: D~sch. reed. Wschr. 1956, 1293, 2118. -- K~6K~g, P. : RSntgenprax. 17, 127 (1948). - - Verh. dtsch. Gcs. Kreislaufforsch. 17, 105 (1951). - - Dtsch. reed. Wschr. 1956, 2117. - - LAUER, A., u. H. W. WEDLEI~: Fortschr. t~Snt- genstr. 82, 302 (1955). -- MiiLL~g, H.: Handbuch der spe- ziellen pathologischen Anatomic und Histologie yon HENKE- LUBARSCtt, :Bd.III/1, S. 531. Berlin: Springer 1928. -- WEt~BTEg, F.: Virchows Arch. 255, 26 {1925). - - Zog~, O.: Verh. dtsch. Ges. Kreislaufforsch. 17, 99 (1951). ~'BER DAS VERHALTEN DER KOLLOIDSTABILITAT DES BLUTSERUMS BEI DENTALEN UND TONSILLXREN HERDINFEKTE~ ~* Von FRITZ ~7IEEPE, V~OLFGA:NG STROBEL, V~EI~NER ~7~AHX, YkLAUS OTTO, ~LA.~A ABDEI~RAHMAN und HA~ELIESE GffNTHER Aus der ~iedizinisehen Klinik und Poliklinik (Direktor: Prof. Dr. W. H. HAVSS), der Poliklinik und Klinik ffir Zahn-, ~und- Had Kieferkrankheiten (Direktor: Prof. Dr. Dr. E. WANNENHACHER)~nd der Hals-, Nasen- und 0hrenklinik (Direktor: Prof. Dr. H. :LoEBELL}de~ Universit~ Mfinstor Es gilt allgemein als gesichert, d~l~ ein klinisch stummer Infektionsherd an Z/~hnen oder Tonsil]on {Focus) beim Vorhandensein einer bestimmten Reak- tionslage zu folgenschweren Allgemeinerkr~nkungen des Organismus (Herderkrankungen) fiihren kaHn 1. Die Absehgtzung des Krankheitswertes eines Herdes und die Bestimmung seiner ,,Aktivitiit" bereiten im Einzelfall jedoeh framer noch grol~e Sehwierigkeiten; hierauf vor allem beruht aueh der so uneinheitliehe St~ndpunkt, wie er yon soften der K]iniker in der Frage der pathogenetisehen Bedeutung der Fokalinfektion bisher eingenommen wird. Auf sehr verschiedenen Vv~egenbemiihte man sich um Methoden zur Erkennung des Vorliegens einer Herdinfektion (l~bersicht bei HAHN; Beriehte der Nauheimer Tagung 1. c. THIELE- * Auszugsweise vorgetragen auf der 49. Tagung der Nordwestdeutschen Gesellschaft fdr Innere )/[edizin am 5. Juli 1957 in Bad 0eynhausen. Anmer~ung zur Terminologie. Ein pulpatoter Zahn mit pathologischen Ver~nderungen ira apikalen Parodontium (z. B. Gra~ulomen) oder eine chronische Tonsillitis sind noch nicht ohne weiteres ein ,,Herd", sondern ers~ daun, wean Fernwirkungen yore lokalen KrankheitsprozeB ausgehen; man sollte deshalb den Ausdruck ,,Herd", ,,Herdinfekt", ,,Focus" o. it. ffir die Fiille reservieren, bei denen eine Fernwirkuug wahrscheinlich ist. Dabei w~re danrt besser yon ,,tterdeffekt", ,Herdwirkur~g" odor ,,J~erd- erkrankuilg" zu spreohen als yon ,,J~erdinfektio~", da ]a auch Focus- wirkungen toxischer odor allergischer Art im Bereieh der }iOgliehkeit llegert (WANNENMA¢~ER). Da jedoch die Bezeichnungen ,,Herd", ,,Herd- infekt" und ,,Focus" fiir btoBe Lokalprozesse der genartn~en .dxt an Z~ihnen und Tonsillen uad die Bezeichnung ,,Herdinfektior~" ffir deren Fe.rnwir- kungen auf den Organismus im allgemeinell mediziuisohen Sprachgcbrauch noch sehr eingebflrgert sind, werden sie auch in der vorliegeaden Mi~ teilung noch benutzt und sind dann in diesem Sinne als Terminus sensu strictioris bzw, seusu latioris zu verstehen. NANN); keines der zghlreichen hierffir empfohlenen Verfahren erwies sich jedoeh als zuverlgssig genug, um die vermutete Aktivita.t eines Hordes beweisen zu kSnnen. Einer sehr eingehenden Prfifung ~-arde in diesem Zusammenhang auch das Verhalten des cellu- liiren Blntbildes [H. J. SCHMIDT, BIRCHER, APPEL, LAUTE:S~ACE (1) U. V. a.] und der Blutsenkungsreak- tion [SCtIALM,KLEES, LAUTENBAC~!f (2), HEI~TEL U. a.] unterzogen; es zeigte sieh, dai~ beide Methoden als Indicator der Anwesenheit odor Aktivit/~t eines tterd- infektes yon nur sehr geringem Weft sind, vor allem woden ihrer zu geringen Empfindliehkeit und ihrer groBen Unspezifit/~t. Angesichts der Erfolglosigkeit aller bisherigen Be- miihungen war es naheliegend, aueh das Serumeiweifi- bild auf seine Eignung als Such- und Aktiviti~tsreak- tion flit die Diagnostik der Herdinfektion zu prfifen. Chroniseh-entztindliehe Prozesse pflegen bekanntlich zur Vermehrung der 7-Globuline mit einer entspre- ehenden Kolloidlabilisierung im BJutserum zu fiihren [l%eehtsversehiebung des Weltmann-Bandes, positiver Ausfall der Zinksulfat-, Thymol-, Cephalin-Cholesterin- und vieler ghnlicher Reaktionen; ~bersicht beiWu/~R- ~IANN u n d ~VUb¢DE~LY, ANTWEILER., HEEPE (i)]; bei vielen Krankheitsgruppen hat das Phgnomen der y- Globulinvermehrung und KolloidIabilisierung eine be- tr/ichtliche praktiseh-diagnostisehe Bedeutung erlangt. Uber die bei dent~len und tonsfll~ren tterdinfekten

Über das Verhalten der Kolloidstabilität des Blutserums bei dentalen und tonsillären Herdinfekten

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Page 1: Über das Verhalten der Kolloidstabilität des Blutserums bei dentalen und tonsillären Herdinfekten

878 F . H E E P E , W . STt~OBEL, W . K A I ~ , ~:~. OTTO, K . ABDEt~I~AH}IAN u n d H . GUNTt~ER: B l u ~ s e r u m Klinische Wochensebrift

Neben angeborenen ]VIi~bildungen kSnnen die ver- sehiedensten Erkrankungen der Lunge in Betraeht kommen.

Die eigene Beobachtung ist sehr wahrscheinlich dysgenetiseher Natur und liel~e sich auf eine irfih- zeitige intrauterine Fehlbildung der Bronchien und der Lungenarterien zuriickfiihren. Dal~ der Bronchial- verschlul~ erst sekund/~ infolge einer primgren Hypo- ptasie der Lungen~rterie auftreten k~nn, ist unwahr- seheinlich, da die Aussprossung der grol~en Pulmonal- arterien sp£ter erfolgt aIs die Anlage tier Lunge (Mt~nnE~). Bronchus~tresie und Pulmon&larterien- hypoplasie miissen vielmehr als eine nebeneinander bestehende Dysgenesie aufgef&~t werden. Andere, ins- besondere entziindliche Ursaehen sind auszusehlie~en gewesen. Fiir die Annahme einer Dysgenesie spricht unter anderem der N~chweis einer kleinen isoliert liegenden unreifen Knorpelspange im Bereich des Bron- ehialversehlusses, die sich yore anliegenden BronchigI- knorpeI durch eine grSf~ere Zelldichte und abweiehende histoehemische Zus~mmensetzung der Knorpelgrund- substanz f~rberisch deutlich unterscheidet.

Gleiehartige Fehlbildungen der Lunge sind bekannt. W ~ s T ~ R beriehtet fiber eine Atresie des rechten Hauptbronehus und vergr5~erte reehte Lunge bei einer weibliehen Friihgeburt. ZoRs, GROSSE-BROCK- ~OFS, J A ~ K ~ und SCHAEDE h~ben angiographiseh

anl~gem/~ig bedingte asymmetrische Pulmonalarte- rienhypoplasien nachweisen kSnnen.

Zusammen/assung. Anhand kliniseher Angaben und des 0bduktionsbefundes wird fiber eine progres- sive Lungendystrophie bei einem 13j//hrigen M£dchen berichtet. In dem erkr&nkten Lungenlappen fanden sich ein Verschlu]~ des Lappenbronehus und eine Pul- monalarterienhypoplasie. Die Isotopic bolder Ver- /~nderungen wird ffir die Dystrophic des Ltmgen- gewebes veruntwortlich gemacht und die Vermutung ausgesprochcn, dal~ bei der progressiven Lungen- dystrophic eine Beteiligung der A£em- und der Blut- wege des erkrankten Lungenbezirkes vorliegt. Die eigene Beobaehtung wird au~ Grund der makro- und mikroanatomischen Befunde als Dysgenesie aufgefal~t.

Literatar. ALLISON, ST. T. : Ann. Int. Med. 17, 139 (1942).-- Ass~A~s, H.: Ffiinch. meal. Wschr. 1920, 134. - - :BURKE, R. M. : Radiology 28, 367 (1937). - - GgOSSlS-BROCKKO~F, F., ]~. JANKER U. A . SCHAEDE : Dtsch. reed. Wschr. 1949, 1044. - - HE~GLI~, R.: Schweiz. reed. Wschr. 1956, 1401. - - HEIL- MEYEI~, L. : Miinch. reed. Wschr. 19~7, 440. - - HEILMEYER, L., u. F. Sc~IDw: D~sch. reed. Wschr. 1956, 1293, 2118. - - K~6K~g, P. : RSntgenprax. 17, 127 (1948). - - Verh. dtsch. Gcs. Kreislaufforsch. 17, 105 (1951). - - Dtsch. reed. Wschr. 1956, 2117. - - LAUER, A., u. H. W. WEDLEI~: Fortschr. t~Snt- genstr. 82, 302 (1955). - - MiiLL~g, H.: Handbuch der spe- ziellen pathologischen Anatomic und Histologie yon HENKE- LUBARSCtt, :Bd. III/1, S. 531. Berlin: Springer 1928. - - WEt~BTEg, F.: Virchows Arch. 255, 26 {1925). - - Zog~, O.: Verh. dtsch. Ges. Kreislaufforsch. 17, 99 (1951).

~'BER DAS VERHALTEN DER KOLLOIDSTABILITAT DES BLUTSERUMS BEI DENTALEN UND TONSILLXREN HERDINFEKTE~ ~*

V o n

F R I T Z ~7IEEPE, V~OLFGA:NG S T R O B E L , V~EI~NER ~7~AHX, YkLAUS O T T O ,

~ L A . ~ A A B D E I ~ R A H M A N und HA~ELIESE GffNTHER

Aus der ~iedizinisehen Klinik und Poliklinik (Direktor: Prof. Dr. W. H. HAVSS), der Poliklinik und Klinik ffir Zahn-, ~ u n d - Had Kieferkrankheiten (Direktor: Prof. Dr. Dr. E. WANNENHACHER) ~nd der Hals-, Nasen- und 0hrenklinik (Direktor: Prof. Dr. H. :LoEBELL} de~ Univers i t~ Mfinstor

Es gilt allgemein als gesichert, d~l~ ein klinisch stummer Infektionsherd an Z/~hnen oder Tonsil]on {Focus) beim Vorhandensein einer bestimmten Reak- tionslage zu folgenschweren Allgemeinerkr~nkungen des Organismus (Herderkrankungen) fiihren kaHn 1. Die Absehgtzung des Krankheitswertes eines Herdes und die Bestimmung seiner ,,Aktivitiit" bereiten im Einzelfall jedoeh framer noch grol~e Sehwierigkeiten; hierauf vor allem beruht aueh der so uneinheitliehe St~ndpunkt, wie er yon soften der K]iniker in der Frage der pathogenetisehen Bedeutung der Fokalinfektion bisher eingenommen wird. Auf sehr verschiedenen Vv~egen bemiihte man sich um Methoden zur Erkennung des Vorliegens einer Herdinfektion (l~bersicht bei HAHN; Beriehte der Nauheimer Tagung 1. c. THIELE-

* Auszugsweise vorgetragen auf der 49. Tagung der Nordwestdeutschen Gesellschaft fdr Innere )/[edizin am 5. Juli 1957 in Bad 0eynhausen.

Anmer~ung zur Terminologie. Ein pulpatoter Zahn mit pathologischen Ver~nderungen ira apikalen Parodont ium (z. B. Gra~ulomen) oder eine chronische Tonsillitis sind noch nicht ohne weiteres ein , ,Herd", sondern ers~ daun, wean Fernwirkungen yore lokalen KrankheitsprozeB ausgehen; man sollte deshalb den Ausdruck , ,Herd", , ,Herdinfekt", , ,Focus" o. it. ffir die Fiille reservieren, bei denen eine Fernwirkuug wahrscheinlich ist. Dabei w~re danrt besser yon , , t terdeffekt", ,Herdwirkur~g" odor ,,J~erd- erkrankui lg" zu spreohen als yon ,,J~erdinfektio~", da ]a auch Focus- wirkungen toxischer odor allergischer Art im Bereieh der }iOgliehkeit llegert (WANNENMA¢~ER). Da jedoch die Bezeichnungen , ,Herd", ,,Herd- infekt" und , ,Focus" fiir btoBe Lokalprozesse der genartn~en .dxt an Z~ihnen und Tonsillen uad die Bezeichnung ,,Herdinfektior~" ffir deren Fe.rnwir- kungen auf den Organismus im allgemeinell mediziuisohen Sprachgcbrauch noch sehr eingebflrgert sind, werden sie auch in der vorliegeaden Mi~ teilung noch benutzt und sind dann in diesem Sinne als Terminus sensu strictioris bzw, seusu latioris zu verstehen.

NANN); keines der zghlreichen hierffir empfohlenen Verfahren erwies sich jedoeh als zuverlgssig genug, um die vermutete Aktivita.t eines Hordes beweisen zu kSnnen. Einer sehr eingehenden Prfifung ~-arde in diesem Zusammenhang auch das Verhalten des cellu- liiren Blntbildes [H. J. SCHMIDT, BIRCHER, APPEL, LAUTE:S~ACE (1) U. V. a.] und der Blutsenkungsreak- tion [SCtIALM, KLEES, LAUTENBAC~!f (2), HEI~TEL U. a.] unterzogen; es zeigte sieh, dai~ beide Methoden als Indicator der Anwesenheit odor Aktivit/~t eines t terd- infektes yon nur sehr geringem Weft sind, vor allem woden ihrer zu geringen Empfindliehkeit und ihrer groBen Unspezifit/~t.

Angesichts der Erfolglosigkeit aller bisherigen Be- miihungen war es naheliegend, aueh das Serumeiweifi- bild auf seine Eignung als Such- und Aktiviti~tsreak- tion flit die Diagnostik der Herdinfektion zu prfifen. Chroniseh-entztindliehe Prozesse pflegen bekanntlich zur Vermehrung der 7-Globuline mit einer entspre- ehenden Kolloidlabilisierung im BJutserum zu fiihren [l%eehtsversehiebung des Weltmann-Bandes, positiver Ausfall der Zinksulfat-, Thymol-, Cephalin-Cholesterin- und vieler ghnlicher Reaktionen; ~bersicht beiWu/~R- ~IANN und ~ V U b ¢ D E ~ L Y , ANTWEILER., HEEPE ( i ) ] ; bei vielen Krankheitsgruppen hat das Phgnomen der y- Globulinvermehrung und KolloidIabilisierung eine be- tr/ichtliche praktiseh-diagnostisehe Bedeutung erlangt. Uber die bei dent~len und tonsfll~ren t terdinfekten

Page 2: Über das Verhalten der Kolloidstabilität des Blutserums bei dentalen und tonsillären Herdinfekten

Jg. 35, heft 17 F. HE~'E, W. S~OSEn, W. HAx4~, K. 0~o, K. A~D~A~A~ und H. Gti~Tg~: Blutserum 879 1. September 1957

mSglicherweise vorkommenden Ver/~nderungen der Ei- weigzusammensetzung und der Xolloidst&bilitii~t des Blutserums ist dagegen bisher nur wenig bekannt. Von Interesse sind hier besonders die Kolloid-Labititats- reaktionen, da diese in den meisten Kliniken aIs l%outineverfahren in Benutzung sind und einige yon ihnen mit einer grSi3eren Empfindlichkeit, als diese den elektrophoretischen Methoden eigen ist, aneh auf kli- nisch stumme chronisch-entzfindliche Prozesse anzu- sprechen vermSgen. Die praktische Bedeutung der an- gesehnittenen Frage ergibt sich aus der grogen H~iufig- keit des Vorkommens yon Herdinfekten als Neben- befund bei Erkrankungen aller Art.

Der Arzt sieht sich nicht selten vor die ?'rage ge- stellt, ob dentale oder tonsilIgre Beherdungen in der Lage sind, den AusfaIi empfindlicherer Bluteiweig- reaktionen (Weltmann-Band, Thymol-, Zinksulfat- Reaktion u. a.) zu beeinflussen; bejahendenfMls ent- fiele in vielen tSgllen yon ungektarten BIuteiweigver- anderungen der genannten Art, in denen zugleieh eine apikale Zahnbeherdung oder eine ehronisehe Tonsillitis vorliegt, die weitere Suehe naeh sonstigen als Ursaehe ffir die abnorme Serumbesehaffenheit in Frage kom- menden Krankheitszustanden (Iatente I-[epatopathien usw.). Die gleiehe Frage kann sich bei aIlen Erkran- kungen ergeben, die das Bluteiweil3bild zu verandern pflegen, wenn g!eiehzeitig ein dentaler oder tonsiIlgrer I{erdinfekt naehweisbar ist. Bei abklingenden rheu- matisehen Erkrankungen, Endokarditiden, Nephri- tiden und Tuberkulosen ist oftmMs zu entseheiden, ob eine verbtiebene Ieiehte Kolloidlabitisierung anf den jeweiligen internen Krankheitsprozeg zu beziehen ist und somit dessen noch vorhandene Aktivit//t anzeigt, oder ob sie lediglieh dureh die Anwesenheit yon ,,Zahn- beherdungen" oder einer ehronisehen Tonsillitis er.- klart werden kann. Besonders haufig sieht sieh der Internist in dieser Situation bei der BeurteiIung leieh- ter Posthepatitissyndrome, bei welchen der fiber lgn.. gere Zeit bestehende pathologische Ausfalt einzelner unspezifiseher BlnteiweiBreaktionen bekanntIieh oft.. mals das einzige verbliebene objektive Krankheits.. zeichen darstellt. Bei Zustgnden yon sog. vegetativer Dystonie ist haufig eine BluteiweiBver/~nderung der ge- nannten Art diagnostisch abzukl/~ren; neben latenten tIepatopathien kommen aueh bei diesem Krankheits- bild differentialdiagnostiseh oftmals 5rtlich stumme Foei an Zahnen und Tonsitlen in Betraeht. Ahnliehes gilt schIieBlieh ffir den nieht ganz seltenen Befund pathologischer Kolloid-Labilitgtsreaktionen im Serum bei idiniseh Gesunden [z. B. Blutspender; vgl..DAVID, t~E~PE (2)], wobei es ebenfalls naheliegend ware, stumme Herdinfekte in Anbetracht ihres verbreiteten Vorkommens als mSgliche Ursaehe in Erw/~gung zu ziehen.

Dag Herdinfekte die Kolloidstabilit//t des Blur- serums zu beeinflussen vermSgen, erseheint aul Grund einzelner Mitteilungen des Schrifttums m6glich. B ~ - _~cc~ sowie t~AUC~ beobaehteten einen positiven Aus- fall der Cadmium-Reaktion bei chronischer Tonsillitis; BECKMANN land diesen bei 100 t~/illen yon ehroniseher Tonsillitis 12real. S. l~cc~s sah unter 52 schweren chronisehen Tonsillitiden 8 F£11e mit pathologischer Mikro-T~kata-, ZinksuIfat- oder Thymol-I~eaktion. Die Zahl der bisher mitgeteilten Untersuchungen ist jedoch noch nieht groi3 genug, um ein sicheres Urteil fiber das VerhMten der Kolloid-L~bilitgtsreaktionen bei ehro-

niseher Tonsillitis zu erm6gliehen. Nach KL D. SC~IDT soil bei ehroniseher Tonsillitis und anderen HerdilHekten der y-Globulingeh~lt des Blutsernms er- hSht sein kSnnen und d~nn nach Herdsanierung zur Norm abfallen. B~RK beschrieb den Befund einer st//r- keren y-Globulinvermehrung mit entsprechend posi- tivem Ausfall der Xolloid-Labflita~sreaktionen im Se- rum bei einem Fail yon multip]er apikaler Zahnbeher- dung, wobei deren Beseitigung zu prompter Normali- sierung der Serumeiweil3re~ktionen ffihrte. EL. D. SO,MInT berichtet fiber 2 ahnlieh gelagerte F//lte. Weitere Mitteilungen fiber das Vcrhalten der Blutei- weiBe bei dentaler HerdbiIdung, insbesondere auf einem grSl~erenUntersuchungsmateri~t beruhende, sind bisher lficht bek~nnt geworden. Naoh W ~ m ~ A ~ und Wtr~DE~LY bleibt die ehronisehe Tonsillitis eiweil3ehe- misch meist stumm, und die Trfibungs- und Flockungs- reaktionen spielen im Symptomenbild der I-Ierdinfek- tion keine RoIle. Umfassendere diesbezfigliehe Unter- suehungen an einem geeigneten grSBeren Personen- kreis seheinen jedoeh bisher nooh nicht durehgeftihrt worden zu sein; das gilt besonders f fir die Gruppe der neuzeitlichen, in der Klinik meist benutzten unspe- zifischen BluteiweiBreaktionen, das Weltmann-Band, die Takata-, Zinksulfat- und Thymol-Eeaktion. Ledig- lich yon W. Fuc~s und W. STANDEL wurde das Er- gebnis einer unHangreicheren Untersuchungsreihe (3198 Patienten mit manifesten Erkrankungen aus dem rheumatisohen Formenkreis) mitgeteilt; bei 1222 F/il- len mit naehgewiesener Beherdung im Bereieh des Kopfes f~nden sie keinen haufigeren p~thologischen Ausfall der Thymol-geaktion sowie der Chloroform- geaktion nach K~fJC~EL als in 1976 Fallen ohne Be- herdung. Trotz der grol3en Fatlzahl erscheint uns dieser Befund wegen der unkontrollierbaren Uberlage- rung yon dutch die rheumatisehe Erkrankung beding- ten Bluteiweil3ver~inderungen ffir die Beantworttmg der hier zur Diskussion stehenden Frage nicht ohne weiteres verwertbar. Beim VorIiegen die Bluteiweig- zusammensetzung beeinflussender Sekundarerkran- kungen kSnnen auch die Kolloid-Labilit/ttsreaktionen keinen brauchba, ren Indicator ffir rein herdbedingte Blut~iweiBvergnderungen mehr darstellen, da die even- tuelle Einwirkung des Herdes auf die Plasmakolloide yon derjenigen der Sekundgrerkrankung bluteiweil3- ehemisch nicht zu unterseheiden ist. Eine siehere Be- urteilung des Verhaltens tier Kolloid-LabiIit~itsreak- tionen ist unseres Erachtens nur mSglieh, wenn das Interferieren yon Bluteiweil3ver~nderungen aus an- darer Ursaehe (Polyarthritis rheumatiea, Endokarditis, sonstige ehroniseh-entzfindliehe Prozesse) sowohl ffir die Gruppe der Probanden mit Iterdinfekten Ms auch f fir die Kontrollgruppe weitestmSglich ausgeschlossen wird. Eine derartige Studie an einem ,,reinen" M~- terial yon Herdtragern ist unseres ~Vissens bisher nieht angestellt worden. Wir versuehten deshglb, an Hand einer grSBeren Untersuehungsreihe an Probanden ohne Begleiterkrankungen die Beziehungen aufzukl/~ren, die zwisehen dem Vorkommen dentaler oder tonsill/~rer Herde und der Besehuffenheit der Serumkolloide be- stehen. Dabei sollte insbesondere die Frage be~nt- wortet werden, ob Z&lmgranulome, devitale Z/~hne ohne apika]e Beherdung oder chronisehe Tonsillitiden zu einer Veranderung des Weltmann-Bandes, der Mikro-Takata-, ZinksuIfat- oder ThymoI-Re~ktion zu ffihren vermSgen.

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Page 3: Über das Verhalten der Kolloidstabilität des Blutserums bei dentalen und tonsillären Herdinfekten

880 F. HEEPE, W. STROBEL, W. I~AIt2~', K. OTTO, K. A ~ ] ) ~ : ~ N und H. Gi~NTttER: Blutserum Klinische Wochenschrift

Eigene Untersuehungen ~Vir gingen aus von 2 Re ihen kl iniseh gesunder

Versuchspersonen, bei denen, abgesehen yon dentMen oder tonsill i iren Herdinfekten, keine krankhaf te StS- rung naehweisb~r war, welehe die Kolloidsta.bilit/it des Blu tserums hgt te bee inf lussenkSnnen. Es handel te sieh um insgesamt l l ~ 0 S tuden ten und S t u d e n t i n n e n der Univers i t / / t Miinster, deren Durehsehni t tsMter 22 Jab- re be t rug u n d bei denen im l%~hmen der s tudent i schen t~eihenuntersuehung eine umfassende Anamnese a n d ein e ingehender kSrperlieher Befund erhoben worden waren. Bei jedem P r o b a n d e n wurde die Kolloid- s tabil i t / i t des Blutserums migtels We l tmann-Band , l~Iikro-Takata-, Zinksulfa t - u n d Thymol -Reak t ion be- s t immt .

Wir benntzten fiir die 3 erstgenannten Serumrea~tionen die Mlgemein iibliche, bei H ~ (1) ansfiihrlieh besehriebene Methodik, ftir die Thymol-Reaktion die Abwandlung nach n]~ La ttvn~a~ nnd P o ~ n m Beim Weltmann-Band wurden Flockungswerte ab RShrchen 7~/~ (= 0,175°/00 CaCl~) Ms patho- logisch gewertet. Die Triibwertsbestimmung erfotgte bei den nephelometrischen Reaktionen im Zeiss-Elko II bei 1 em Schichtdieke mit dem Filter J 62; der Normalbereieh umfagt bei dem yon uns benutzten Geri~t Extinktionswerte bis 0,100 fiir die Nikro-Takata-Reaktion, 0,240 fiir die Zinksulfat- Reaktion und 0,125 fiir die Thymol-Reaktion. Die Blutent- nahme erfolgte 1~/~--3 Std naeh dem Mittagessen in der Zeit zwisehen 14 und 17 Uhr. Dis Verarbeitung des Serums war jeweils bis zum Abend des Entnahmetages beendet.

Die so erhMtenen Serumbefunde warden bei 895 P r o b a n d e n in Beziehung gesetzt zum Ergebnis der zahngrzt l ichen Un te r suehung (Tabelle 1) u n d bei 86I P robanden zum Ergebnis der Tons i l lenuntersuchung in der t IMs-Nasen-Ohrenkt in ik (Tabelle 2).

Tabelle 1. Hiiu]ig~eit pathologischer Serumbe/unde (verliingertes Weltmann~Band, positive Mikro-Talcata-, Zinlcsul]at- und Thymol-l~eaktion) bei 895 zah~ffirzt~ich untersuehten Probanden

(ohne pathologischen Tonsillenbe/und)

Befund

a~) Caries (Mle Z~hne vital) . . . . b) Devitale Ziihne ohne apikale Ver-

iinderu~gjen (ohne l~iicksicht auf daneben vorliegende Caries) . .

c) Apilcal beherdete Ziihne (ohne t~iieksieht auI weitere devitMe Ziihne und auf Caries) . . . . .

d) ZahnSrztlich ohne Be/und (alle Z~h- ne vital, keine C~ries) . . . . .

Gesamtzahl

Anzahl AnteilderProban- der Pro- den mi~ pat.holo- banden ! gischem Serum

238 39 = 16,~%

132 21 ~ 15,9%

321 45 == 14,0%

204 27 = 13,2 % 895 132 = 1~,7%

Die Ms ZufMlsbereich (KoLL]~g, 1. c.) er]aubte maximale Differenz im prozentuMen Anteil pathologiseher Seren betr~igt zwischen a) und d) 11,6%, zwischen b) und d) 10,8%, zwischen c) und d) 10,8 %. Keine der Differenzen ist somit signifikant.

Bei der zahniirztlichen Unter~uchung wurde nach griind- licher Anamnese ein genauer Mundstatus aufgenommen, der Palpations- und Perkussionsbefund hinzugenommen und unter Beriieksichtigung des Befundes an den regioniiren Lymph- knoten in ZweifelsfMlen eine faradische Vitalit~tsprobe durch- gefiihrt. Bei allen Z~hnen, die auf Grund des dabei erhobenen Befnndes auf ein Abgestorbensein der Pulpa verd~ehtig waren, and bei allen Z~hnen mit grSBeren Fiillungen wurde eine R6ntgenuntersuchung angeschlossen; insgesamt warden so im Verlauf unserer Untersuehungen fiber 2000 R6ntgenauf- nahmen angefertigt. Bei der Beur~eilung and Einstufung der Probanden mit Zahngranulomen sowie mit devitalen Z~hnen ohne apikMe Beherdung (Gruppe e und b in Tabelle 1) wurde in jedem Fall der R6ntgenbefund zugrunde gelegt. Probanden mit Gingivitis, Parodontitis and Parodontose wurden nieht mit in die vorliegende Untersuchung einbezogen.

Tabelle 2. Hgu]igkeit pathologiseher Serumbe/unde (verliingertes Weltmann-Band, positive Milcro-Talcata., Zinlcsul/at- und Thymol-Reaktion) bei 861 au/ den Z~stand der Tonsillen unter- suchten Probanden (ohne Beri~cksichtigung zugleieh bestehender

Zahner]cranlcungen )

AnzahI ! Anteil der Proban- Befun4 der :Pro- den rait pa~holo-

banden gischem Serum

a) Chronische Tonsillitis . . . . . 245 38 = 15,5% b) Tonsillen ohne sicher pathologischen

Be/und . . . . . . . . . . . 616 82 = 13,0% Gesamtzahl 861 I 120 = 13,9%

Die Ms Zulallsbereieh (KoLLm~, 1. e.) erlaubte maximale Differenz im prozentuMen Anteil pathologiseher Seren zwisehen a) und b) betrfigt 7,3 %. Die Dffferenz ist somit nieht signifi- kant.

Bei der Untersuehung der Ton~illen zeigen sich die patho- logischen Befunde naturgemiig nicht immer in der gleichen Eindeutigkeit und Augenf~lligkeit wie bei der Erhebung des Z~hnstatus (vgl. ECK]$t~T-1VI(~BIIJS). Das Krankheitsbild der Tonsillitis loalatina, ehronica l~13t sieh wegen der betr~chtlichen individueIlen Variationen yon GrSBe und Aussehen der Ton- sfllen oftmMs nur sehwierig yon noeh als normal zu wertenden Zust~nden abgrenzen. Erschwerend wirkt sich dabei aus, dab die chronische Tonsillitis in einem weniger aktiven Dauer- stadium (sog. chronische TonsilIopathie) vor]iegen kann, in welehem 6rtliehe Entzi~ndungszeichen und Beschwerden weit- gehend fehlen; die anamnestische Angabe des gehguften Vor- kommens yon Erkgltungskatarrhen mit tIMsschmerzen, yon Anginen chroniseh-rezidivierenden Charakters, das Voran- gehen yon Mgndelabscessen und Tonsillotomien kSnnen in der- a~gigen FMlen wertvolle diagnostische ttinweise geben. Die Tonsillitis chronica exaeerbata, die durch pl5tzliches Auf- flammen der lokMen Erscheinnngen, meist begleitet yon ent- sprechenden subjektiven Besehwerden, gekennzeichnet ist, ist andererseits abzugrenzen yon akuten Reizzustgnden nicht chronisch entziindeter Tonsillen. Bei der Konstatierung einer chronischen Tonsillitis legten wit deshMb besonders strenge MaBstgbe an. Das Vortiegen einer solchen wurde yon uns nur angenommen, wenn sieh beim Druck auf die Tonsillen rahmiger Eiter oder ein milehig t14ibes Sekret exprimieren liegen, und wenn die Gaumenmandeln yon derber Konsistenz nnd mit der Umgebung verwaehsen waren, so dab die Tonsille mit dem l%ingspatel nur erschwert oder gas nicht aus ihrer Bucht zu luxieren war. Alle Probanden mit nicht eindeutig patho- logischen Befunden im vorstehend bezeichneten Sinn wurden in die Tonsillitisgruppe nicht mit einbezogen; diejenigen, bei denen bereits eine Tonsillektomie ausgefiihrt und keine ver- bliebenen Tonsillenreste mehr nachweisbar waren, wurden der Gruppe der NormMpersonen zugerechnet. :Bestanden Zeiehen eines akuten Infektes ira Nasen-Rachengebiet, so wurde der Proband aus der Untersuchungsreihe ausgeschieden.

Die bei den einzelnen Gruppen won Unte r such ten erhMtenen Serumbefnnde s ind in Tabelle 1 u n d 2 zu- sammengefaBt. Es zeigt sich, dug jede Probanden- gruppe e inen best imm~en Antei l pathologiseher Blut- eiweiBreaktionen aufweist. Dieser ist in den einzelnen Gruppen yon untersehiedlicher Gr6ge; die Diiferenzen im Prozentsatz &bnormer Serumbefunde liegen jedoeh s/~mtlich noch im stat is t ischen ZufMlsbereich. Bei Probanden rail apikaler Zahnbeherdung oder ehronischer Tonsillitis ]indet sieh somit ein pathologischer Aus]all von Weltmann-, Mikro-Ta]~ata-, Zinksul/at- und/oder Thymol-Realction nicht hi~u]iger als bei fgormalpersonen. Aneh bei P r oba nde n mi t Zahnc~ries und mi t devitMen Z~hnen ohne naehweisb~re apika, le Ver/ inderungen er- gibt sieh keine s ignif ikante t t gu fung pathologischer Sernmbefunde .

Dislcussion der Ergebnisse E i n abnormer AusfM1 der yon uns geprfiften

Kolloid-Labi l i t / i tsreakt ionen zeigt, sich bei Tr/~gern yon

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Jg. 35, Heft 17 F. HSEPE. W. ST~OBEL, W. HAeN, K. OTTO, K. AsD~amsia~ und H. G~NTItE~: Blutserum 881 1. September 1957

Herdinfekten und bei NormMpersonen in etwa gleieher Hgnfigkeit. Die Tatsaehe, dM3 ein gewisser Anteil der gesunden DurehsehnittsbevSIkerung yon der Norm ab- weiehende Kotloidstabilitgtsverhgltnisse im Blntserum aufweist, ist erst seit wenigen Jahren bekannt. An der Allgemeingiittigkeit dieses Phgnomens kann naeh den bisher vorliegenden Schrifttumsangaben jedoeh kaum noch ein Zweifel bestehen (Ubersicht bei H~:~Ps, ST~O- B~L, FUC~S nnd S~A~G~B~.G). Mittels anamnesti- scher Erhebungen und unter Heranziehung der Serumeisenbestimmung konnte neuerdings aufge- zeigt werden, dab es in der ~Iasse der Fglle Minis@ stumme, latente I{epatopathien sind (stationgre Post~ hepatitissyndrome, abortive Kepatitiden, latente tte- patopathien aus sonstiger Ursache), welche die Kolloid- labilisierung im Blutserum klinisch Gesunder verur,. sachen (HEEPE, STI~OBEL, FUCI-IS und SPANGENBERG}. Bei der Beurteilung der an Herdtrggern erhobenen Bluteiweigbefunde muB man einen Basiswert zugrunde legen, welcher dem Anteil pathologiseher Sernmreak.. tionen entspricht, ~4e er in der gesunden BevSlkerung auf Grund des Vorkommens derartiger kliniseh in- apparenter Leberaffektionen zu finden ist. Dieser Basiswert zeigt sich in dem Prozentsatz abnormer Serumbefunde in den Kontrollgruppen der Probanden ohne zahngrztlichen bzw. ohne Tonsillenbefund (]3,2 % bzw. 13,3% ; vgl. Tabelle 1 und 2);er stimmt fiberein mit den yon anderen Autoren (DAVID; FITO:g et al. ; HEEl)E, STI~OBEL, FUCHS und SPANG?ENBEP, G) bei Ge- sundenuntersuchungen erhaltenen Werten. Wesent- lich ist nun, dab der Anteil abnormer Serumbefunde in den iibrigen 4 Gruppen der zahngrztlich bzw. ttNO- grztlich pathologisch befundeten Probauden (Tabelle 1 und 2) diesen Basiswert nieht in signifikanter Weise fibertrifft; es liegt also kein Grund zu der Annahme vor, die Kolloidlabilisiermagszustgnde innerhMb dieser Personengrnppen als Folgen der jeweiligen Zahn- oder Tousilienbeherdung anzusehen. Es ergibt sich hie~uus, daft sowohl apilcale Zahnbeherdungen (sog. Granulome) und die anderen obenstehend genannten Zahner]~ran. ]cungen als auch chronische Tonsillitiden das Weltmann- Band, die Mikro-Talcata-, Zin£sul/at- und Thymol- Reak~tion beim ldinisch Gesunden unbeein]luflt tassen. Denvereinzelt mitgeteitten, eingangs zitierten, unseren Befunden nieht entsprechenden Beobaehtungen an- derer Autoren, die meist an Kranken gewonnen wur- den, und bei denen es sieh entweder um Einzelfglte einer ungewShnlich ausgedehnten apikMen Zahnbeherdung oder im Falte der chronisehen Tonsillitis um n.ur kleinere Untersuehungsreihen ohne Kontroligruppen und ohne Beriicksiehtigung des auch bei Normal- personen zu findeuden Anteils pathologischer Seren handelt, kommt demnaeh keine Allgemeingiittigkeit zu.

Die in den gewShnlieh vorkommenden demtalen und tonsill/iren Herdinfekten sieh abspielenden entzfind- lichen Prozesse sind - - wenigstens beim kliniseh Ge- sundeu - - offenbar nieht aktiv oder nicht ausgedehnt genug, um eine Kolloidlabilisiernng des Blutserums zu bewirken. Als Hinweis /iir das Vorliegen von Herden an Zdihnen und TonsilIen sind Bluteiweifl- reaktionen des von uns benutzten Typs nicht verwertbar. Diese Feststellung gilt sowohl fiir den klinisch Ge- sunden als auch ffir den an den Folgen einer Herd- infektion manifest Erkrankten; der Grund hierffir ist im ersteren Fall das Fehlen der f/it das Anspreehen dieser Proben erforderlichen Allgemeinreaktion des

Organismus, im letzteren Fall daneben, wie eingangs schon ausgeffihrt, das unkontrollierbare Interferieren der durch die Sekundgrerkrankung (Polyarthritis rheu- matica, Endokarditis, Nephritis usw.) beding~enBlut- eiweiB- und Kolloidstabilitgtsvergnderungen. DaI3 es in den selteneren Fgllen mit sehr ausgedehnten ent,- zfindlichen Prozessen an Zghnen und Tonsillen natur- gemgB sehlieBIieh anch zu Vergnderungen der Blut- eiweiBe und Kolloid-Labilitgtsreaktionen kommt, hal- ten wit flit mSglich; derartige Zustgnde gehen im ati- gemeinen auch mit ausgesproehener lokMer Krank- heitsmanifestation einher, sie fallen nicht mehr unter den Begriff der 5rtlich stnmmen I-Ierdinfekte und stetlen dann meist auch kein bluteiweiBdiagnostisehes Problem dar. In der Regel ist es weder beim ldinisch Gesunden noch beim Kranken mSglieh, aus dem Be/und yon pathologischen Bluteiwei/3reMctionen der genannten Art au/ die Anwesenheit yon dentalen oder tonsilliiren Beherdungen oder an/deren Aktivitiit zu schliefien. Bei abklingenden entziindlichen Prozessen und Infektions- krankheiten, bei abklingender Hepatitis und sub- ~kuten Hepatopathien aus sonstiger Ursaehe kann eine langzeitig verbleibende KolloidlabiIisierung des Blutserums nicht auf zugleich vorhandene Zahngranu- lome oder eine chronische Tonsillitis bezogen werden, sondern sie ist auf die genannten die Bluteiweige ver- gndernden Grundleiden zuriickzufiihren. Entsprecheu- des gilt fiir gleichartige Blutbefunde bei Patienten mit sog. vegetativer Dystonie; die bei diesen hgnfiger naeh- weisbaren Zahnbeherdungen oder chronischen Tonsil- litiden kSnnen far die pathologische BluteiweiBreak- tion nicht verantwortlich gemacht werden, nnd es ist in jedem derartigen Fall nach anderen in Frage kommenden Ursachen (latente Hepatopathien !) zu fahnden. Die bei der Dentung des Befundes eines ver- lgngerten Weltmann-Bandes, einer positiven 5~ikrc- Takata-, Zinksulfat- oder Thymol-t~eaktion in Be- tracht zn ziehenden differentiaidiagnostischen MSglich- keiten werden somit in vielen Fglien eine wesentliche Einengung erfahren.

Zusammen/assung. An Hand einer Untersuehungs- reihe yon 1140 Versnchspersonen (kIinisch gesnnde Stu- denten und Studentinnen), die frei sind yon Begleit- krankheiten, welche die SermneiwdBzusammensetzung beeinflussen k5nnten, wh~d der Frage nachgegangen, ob Herde an Zghnen oder Tonsillen zu einer Vergnderung der in der Klinik meist benntzten unspezifischen Blut- eiweil3reaktionen zu fiihren verm6gen. Bei Probanden mit Zahngranulomen (321 F//i!e), mit devitaten Zahnen ohne apikMe Vergnderung (132 Fglle) und mit ehroni- seher Tonsillitis (245 Fglle) zeigen sieh pathologische Serumbefunde (verlgngertes Weltmann-Band, positive Mikro-Takata-, Zinksulfat- oder Thymol-tl.e~ktion) nicht hgufiger als bei den vergteichsweise untersuchten NormMpersonen. Es ergibt sich hieraus, daI3 dentale und tonsfllgre Beherdungen beim klinisch Gesunden die Kolloidstabilitgt des Blutserums unbeeinfluBt lassen. Als Hinweis ffir das Vorliegen yon Herdinfekten an Zghnen und Tonsillen sind Bluteiweil]reaktionen des yon nns geprfiften Typs nicht verwertbar. Weder beim klinisch Gesunden noch beim Kranken ist es in der RegeI m6glich, aus pathologisehen Serumbelunden der genannten Art auf die Anwesenheit yon dentMen oder tonsillgren Herden oder auf deren Aktivitgt zu schlieBen.

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882 W. STV~r~" und H. J. Sc~v~n~n~: Das Melkersson-Rosenthal-Syndi'om Xlinische Wochenschrift

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D A S M E L K E R S S O N - R O S E N T H A L - S Y N D R O M - - U N T E R S U C t I U N G E N Z U R P S Y C H O G E N E S E

V o n

W. Swv~PF n n d I-I, J, S c ~ u ~ P ~ n ~

Aus der Universit~tts-Nervenklinik (Direktor: Prof. Dr. Dr. It. TH~I~L~) und der Universit/its-gautklinik (Direktor: Prof. Dr. X. LINSl~t~) der Charit4, Berlin

Die VerSffentl ichungen fiber das Melkersson- I~osenthal-Syndrom (1VIRS) (rezidivierende, allm~hlich persis t ierende Lippensehwel lungen in Xombi na t i on mi t l~aeialispgresen bei Fal tenzunge) weisen auf ein mult i faktoriel les Gesehehen, ds~s dem Kr~nkhei t sb i ld pathogenet iseh zugrunde liegt.

Das eigentliche Wesen des MRS besteht n~eh l~i]~se~:a wahrscheinlich in den entziind]ichen, die Sehwellungen be- dingenden grannlomat6sen Prozessen. (Die Zusammen- gehSrigkeit der Cheilitis granulomatosa mit dem MRS be- trachtet MIESCgE~ jetzt als vollzogen.) Der ]?~eialisparese und der Faltenzunge kommen lediglich die Rollen yon in- konstanten Teilsymptomen zu. Die entziindliehen Granulome kSnnen sowohl in der Wange wie in der Zunge, in der Stirn- haut oder in den region~ren Lymphknoten auftreten; bei Beteiligung des Canalis Fallopii kommt es zu Paresen des N. facialis, wie Kn¢~EL im Operationspr~parat histologisch naehweisen konnte.

Die Fa]tenzunge ist als degeneratives Stigma fiir einen Patiententyp eharakteris~isch, tier bei vegetativer und psyehL seher Labilitgt eine erhShte Disposition zu diesem Krankheits- bild besitzt. ADER.ttOLD, KICOI,TKE und PAWLIK haben das Verdienst, auf weitere beim MRS anzutreffende degenerative Merkmale hingewiesen zu haben. (Megaeolon eongenitum bei Mutter und Tochter, sowie ~[egaduodenum and KlumpfuB.)

Das MRS kann dutch differente Faktoren wie K~lte- reiz, tnfekte, Allergene, kSrperliehe Anstreng~mg, somatisehe Traumen, psychisehe Insu]te nsw. provoziert werden, l~aeh HOR~CsT~I~- handelt es sich um eine anscheinend h~matogene Entzthldung, fiir deren Lokalisation neurovegetative Dys- reguI~tionen yon wesentlicher Bedeutung sein diirft~n. Die dnrch degenerative Stigmata gekennzeiehnete konstitu~ioneIle Disposition der Patienten stellt den einen konstanten patho- genetischen Faktor des MRS dar. Seine Kombination mit dem einen oder anderen oder mehreren der oben genannten Stressoren fiihrt zur Manifestation des Krankheitsbildes. Es handelt sich hier demnach nm ein sogenanntes ,,atiologisches Semisyndrom", ein Begriff, den Ko~oz kreiert hat.

Das MRS ist nieht mit dem Quincke-0dem identiseh, das erheblich fltichtiger ist, keine entziindlieh-granulomatOsen l~estinfiltrate hinter l~t und in der Lokalis'~tion de~' Schwel- lungen sehr stark wechselt. Sekund~.r besteht beim MI~S neben dem granulomatSsen Proze~ eine untersehiedlich inten- sive 0demnote.

Die sogenannten kongeni ta len F o r m e n des MRS werden yon ADEI~KOLD, Kit6~XS n n d PAWLIK als zentrale Yehlbi ldungen des ~utonomen Nervensys tems anfgefal~t.

Bei den yon S c ~ u P s n ~ n ~ beschr iebenen 21 F~llen fiel auf, dal~ sehr h£ufig eine Abhgngigkei t der Sym- p tomen t s t ehung u n d -zun~hme yon psyehischen Be.

l as tungen bestand. Die Pa t i en ten wurden deshalb einer Nachun te r suchung unterzogen, wo dutch eine geziette Explora t ion der Versuch u n t e r n o m m e n werden sollte, eine Antwor t auf die t~rage zu l inden, ob all- gemeine oder spezifische psychische Al tera t ionen das Auf t re ten der aku ten Symptome begfinstigen oder ob gar bes t immte Versuehungs- u n d Versagungssi tua- t ionen im Sinne einer eehten Psychogenese nachzu- weisen sind. H a nde i t es sieh doch u m die Erk r~nkung vorwiegend eines als ,,oral" anzusehenden Bereiches, so daI~ die iJberlegung, ob hier Zus~mmenh£nge be- stehen, n ich t vSllig fremd ist. K a nde l t es sich also um eine Organneurose ? I n we]ehen Ante i len k a n n yon einer unspezifiseh psyehisehen AuslSsung ge- sprochen werden, oder hande l t es sieh bei der Sym- ptom~tologie lediglieh um eine dichotome Kaus~Iiti~t zum psychisehen Geschehen ?

I n den folgenden Anamnesen , die auszugsweise wiedergegeben werden, wnrden un t e r anderem be- sonders S t6rnngen des ]~[agen-Darmbereiches berfiek- siehtigt.

Von den 21 P a t i e n t e n wurden 18 naehunte r sueh t . Davon zeigen 13 eine parallel zu heftiger kurz- oder t angdauernder psychischer Al te ra t ion atfftretende Zuna hme der p e r m a n e n t e n LipI0ensehwelIung; 5 ha- ben eine mehr oder minder deutl iche Faeialisparese.

Beispide Jutta W. (Nr. 19I), 39 Jahre, Diplomvolkswirt, nicht ver-

heiratet, Pat. mit z.Z. dol0pelseitiger Facialisparese und Lippenschwellung.

Erstes Auftreten mit 19 Jahren; meistens kurz vor dcr Menstruation. Ausl6sende Ereignisse nicht bekannt. Mit 21 Jahren Tonsfllektomie; keine ~nderung danach. Von 25--29 Jahren rezidivierendes Gelenkrheuma.

Mit 25 Jahren am Tage naeh Verhaftung bcim Erwa- chen L~hmung der rechten Gesichtsseite, Wange geschwollen. Am Vortage der Verhaftung abet aueh Arseneinlage in einen Baekenzahn. Nach der Entlassung aus der Haft (etwa 1 Jahr sp~ter) deutliche Besserung der L~hmung. W~hrend der Haft war Krankheitszustand erwiinseht, da damit besondere Vorteile verbunden waren.

Die Entlassung aus der Haft erfolgte 1945 durch fremde Truppen. 2 Tage danach Verwirrtheit, Angstzust~nde. Wegen ,,Haitpsychose '° ein halbes Jahr Aufenthalt in einer Hell-

Die in Xlammern gesetzten Nummern entsprechen denen bei SCHU]e- pENEI¢: Dtsch. Gesundheitswesen 11, 1598--1610 (1956).