5
xxxvn. Ueber den Einfluss des Kohien~~-nsserstoff- gmes nuf dic: Vegetation. Von 6?. Z. UCex. Scit Einliilirung der Gasbeleuclitung liicr in IIamLirrg liat sicli manniclifaclie Gelegenhcit dargcboten , den Einnuss des Iiohlengases, naincntlicli auf die Biomc unserer W'nllpromenaden zu beobacliten , untl die trnurigcn Errahrungen, die sicli dalci licrausgestellt haben, machen die ~Iittl~eilung dcrselben , um an andern Orten him Casr6lirenlegcn dinlichen Scliaden zit verhtiten, ziir Pflicht. Unsere Alleen , deren Eaumreilien etwa 30' von einander entfernt sind und in deren Mitte die GasrUhren etwa 3' tief im lockern Erdreich liegen, bestehen vorzugsweise aus Ulmen CUlmus campeatris), Linden sind nur wenige vorhanden. Von diesen gesunden, sbrken und krlrtigen Stlnimen er- krankten yl3klicIi einzelne unregelmCssig hin und wieder in den Reiben und starben in kurzer Zeit. Man bemerkte an den er- krankten Bliurnen, wie die Node unmittelbar oberhalb des Bodens locker ward, und dann in kurzer Zeit sich vom Splint trennte. Dieser letztere war in einem Zustand von FlTulniss belindlich, und dadurch mirrbe und schwammig. An vielen Biiumen 13ste sich die Borke um den Stamm bis zu einer HZihe vou 8 - 10 Fuss ab, bei andern weniger oder auch nur stellenweis. Die weissen nackten Stlmrne der so entrindeten HIume boten einen traurigen Anhlick dar. Grub man die Stimtne aus, so fand man die Wunelfasern weich und verwest, die dfinnecn und dickero Worzelverzweigungen mirrbe und rothfaul. 17 Journ. 1. prakt. Chemie. LVI. 5.

Ueber den Einfluss des Kohlenwasserstoffgases auf die Vegetation

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Ueber den Einfluss des Kohlenwasserstoffgases auf die Vegetation

xxxvn. Ueber den Einfluss des Kohien~~-nsserstoff-

gmes nuf dic: Vegetation. Von

6?. Z. UCex.

Scit Einliilirung der Gasbeleuclitung liicr in IIamLirrg liat sicli manniclifaclie Gelegenhcit dargcboten , den Einnuss des Iiohlengases, naincntlicli auf die Biomc unserer W'nllpromenaden zu beobacliten , untl die trnurigcn Errahrungen, die sicli dalc i licrausgestellt haben, machen die ~I i t t l~e i lung dcrselben , um an andern Orten h i m Casr6lirenlegcn dinlichen Scliaden zit verhtiten, ziir Pflicht.

Unsere Alleen , deren Eaumreilien etwa 30' von einander entfernt sind und in deren Mitte die GasrUhren etwa 3' tief im lockern Erdreich liegen, bestehen vorzugsweise aus Ulmen CUlmus campeatris), Linden sind nur wenige vorhanden.

Von diesen gesunden, s b r k e n und krlrtigen Stlnimen er- krankten yl3klicIi einzelne unregelmCssig hin und wieder in den Reiben und starben in kurzer Zeit. Man bemerkte an den er- krankten Bliurnen, wie die Node unmittelbar oberhalb des Bodens locker ward, und dann in kurzer Zeit sich vom Splint trennte. Dieser letztere war in einem Zustand von FlTulniss belindlich, und dadurch mirrbe und schwammig. An vielen Biiumen 13ste sich die Borke um den Stamm bis zu einer HZihe vou 8 - 10 Fuss ab, bei andern weniger oder auch nur stellenweis. Die weissen nackten Stlmrne der so entrindeten HIume boten einen traurigen Anhlick dar. Grub man die Stimtne aus, so fand man die Wunelfasern weich und verwest, die dfinnecn und dickero Worzelverzweigungen mirrbe und rothfaul.

17 Journ. 1. prakt. Chemie. LVI. 5.

Page 2: Ueber den Einfluss des Kohlenwasserstoffgases auf die Vegetation

258 Ulex: W i r k n n g d e s K o l ~ l e n i v a s s c r s t o f f ~ a s e s

Die Blume, welchc diesc Erscheinungen zeigten, starben in sehr kurzer Zeit; hcute noch gesund, welkte ilir Laub wenige Tage darauf, uncl ein paar Wochen spi ter waren sic bereits nus- gegangen.

Ein ihnliches rasches Abslcrben voii Laubliolz-Biomen in Folge von Verwesen der Wurzeln ist eine Girtn2rn und Forst- mjnnern vijllig unbekannte Ersclicinung.

Man niusste dalier nach einer ringewijhnlichen Ursache for- schen, und nur zu bald fand sic11 dieselbe. Die Biume wurden dorch Kohlengas vergiftet.

Hierffir sprechen folgende Umstiinde : 1) Die oben gcnannten Iirankheits-Erscheinungen Lreten nur

da auf, wo Gasrijhren licgen, rind diese undiclit sind. A u f den Willen sind viele S t lmme, die lingere Jabre und

his nach Legung der RUlircn in gutem Wachsthum slanden, er- krankt und abgestorben, wiihrend andere in denselben Haum- reihen noch gesund sind.

Vor dem I)Iillernthor erstrccken siclr die GasrUliren nur bis zur Kieler Stmsse. Auf dieser Strecke, wo die Gasrijhren 8 bis 10’ von den Illumen entfernt liegen, kann man dieselbe Ceob- achtung wie auf den Willen machcn. In der Fortsetzung dieser Raumrcihen bis zur Sophieenstrasse aber sind nur die le iden ersten Biiume zunlchst der Iiieler Strasse, respective 18 und 26 Fuss von den Gasr6hren entfernt, erkrankt; allc fibrigen St imme dagegen sind gesund, mas iluch von denen a n der Eimsbfitteler Strasse gill, wo keine Gasrijllren liegen. Aehnliches Verhalten zeigt sich noch an mehreren Orten, am deutlichsten aber in den Alleeen vom Miliernthor nach der Elbhalle. In dieser erkrankten pl6tzlich 9 Alleebiume, und zwar immer die je drei , deren Wurzeln die Bohrstellen der Laternen-Ableitungen am Hauptrohr beriihrten. Beim Aufgraben der Briume zeigte sich das Erd- reich mit Gas geuchwlngert , von Undichtigkeiten der Gasrilhren herriibrend.

In der Reegerbahn vor dem Hause No. 49 gingen 2 Allee- briurne unter den vorhin erwihnten Krankheits-Symptomen zu Grunde. Gleichzeitig bemerkte man in dem Keller des Haoses eine so intensive Gasausstrcmung , dass Seitens der Gas-Corn- pagnie nachgegraben werden musste, tind auch eine Lilcke ge- funden ward.

Page 3: Ueber den Einfluss des Kohlenwasserstoffgases auf die Vegetation

auf d i e V e g e t a t i o n . 259

Gleiche Ileobachtungen wurden noch an andern Orten ge- niacht; iiberall, wo die Biume ausgingen, falid sich ein Leck im Gasrobr und das Erdreich mit Kohlengas und empyreumalischcn Theilen geschwlingert.

2) Die Gegenwart des Kohlengases und des Gastheers war nicht nur beim Herausnehmen der Biume in der Regel deullich zu bemerken, hiiufig war der Geruch so bedeutend, dass er die Arbeiter belgstigte. Direct wurde das Gas auf dem Wall zwischen dem Altonaer und Dammthor nachgewiesen, in dem man ein 3 his 4 Fuss tiefes Loch in die Erde- bohrte und dasselbe einige Mi- nuten mittelst des Fusses verschloss. Braelite n u n dann einen brennenden Spahn an die b h i d u n g des Loches, so entziindetc sich die Luft in demselben und brnnnte niit einem blliulictien Fllmmchen von oben nach unten. Als man 2 Plasclien mit der aus dem Bohrlocli strdmenden Luft anffillte, fnnden sich in dcr ersten Flaschc 26,4 p. C., und in dcr zmeiten 22,7 11. C. an Kohlengas,

3) OLgleich von vorn herein kaum an der Gifiigkeit des Kohlengases mit seinen empyrenmatischen Theilen, wenn es von den Pflanzen aufgenommen wird, zu zweil'eln war , so wurden dennoch Versuclie an Topfgemkhsen , namentlich Itosen und Fuchsien angestellt, indem man teglich in die Erde der Blumen- tlipfe Kohlengas einstrlimen liess. Innerhalb weniger Wochen waren siirnmtliche Pflanzen ausgegangen.

Ende 1851 wurden bereits 169 Stiimme, meist Ulmen, die auf diese Weise bereits abgestorben, ode! im Absterben begrir- fen waren, in Auction verkauft. Die Handwerker finden bei Verarbeitung des Holzes keinen Unterschied Init dem gesunden, ein Beweis &.die rasche Tirdtung der Biume. Wenn dagegen Bgume, ohne Zutritt von Gas, allmihlich hinsiechen, wie es in der Esplanade der Fall war , wo sie in einer der Vegetation durchaus ungiinstigen Erde standen, oder an bestimmten Theilen des Jungfernstieges , wo man sie durch zu reichlichen Danger erstickt hatte, da ist auch das Holz afficirt und durch Verwe- sung miirbe geworden. Herr ingenieur W e s t p h a1 e n , der mit vieler Aufmerksamkeit von Anfang an die Gas-Krankheit der Biiume, wie er sie nennt, verfolgte und beobacbtete , hat seiner Zeit recht instructive Querschnitte kranker Biume gesammelt,

17 *

Page 4: Ueber den Einfluss des Kohlenwasserstoffgases auf die Vegetation

260 U l e x : W i r k u n g des KohIrnwHSsrrstoff ,oascs

wo man auf ei?en B!ick i”.c durch Gas vergifieten StGmmc von ander;vei‘;g erkrmkten nnterscheiden konnte. Die 11ier ~ ? m Plnt.ze gemachten Erfahrungen stehen iihrigens

keineswegs so ganz isdir t da, nur sclicint e s , dass wegen man- gelhnfter Verbindi;?: der Gasrdlren, Undiclitigkciten liiuliger als anderswo , wo nim mclrr Sorgralt auf das Zusamnienftigen dcrselben verwndte, vorkornmen, und dadurclt verliiItnissm~ssig mehr Unbcil a-viclitwi. Die Verbindting Sber ist also he~cl i i~lf ; : (Ins cine Ende dcr Gr.sr6Iirc ist lconiscli :.bgedrelit, lint1 tliess wi:-cl, mit Mcnnigl:ilt lies~riclicri , in die itusgcdrebte Rlulli: tler folgendea Gasr61!rc airigetiigi. Ariilerswo , in L e i p i g z. B., haben c!ic Mullen tler Il6l:ren eirien tioppellcn Aiisatz nnil wer- den n c ! doppeltc W‘eisc gcdicbtet, ciiircli lialfaterrtig iiiit Tliccr- stringcti iinil tlurcli Cleivcrgnss. Ubglcich i!i diesem Ictztern Orte die Gasrdweii aucl i i n den I’ron~cnaden liegen, so hat mait dort docli keitie Undiclttigltcitcn itnd iiatiidicii auch kein Lus- gchen der I? ikne vcrsuii!*t. Slatt tlcsscrt hat inan dort die Er- falirung g c t n a c l ~ ~ , n i e sclilidliclt ilas Gnswasser den Vegctabilicn ist. In ciner Cnrtciianlagc Lcnicrlttc inan p1Ctzlicli ein cigen- tliiiniliclres Iiriinke!!~ wid i\bstcrLctt tlcr C;cLitsclre, was nur durcli cine besondcre iusscrc Eiriwir~kung Iicrvorgulmcht sein lionnte. Bci der .\nmcsei~lruit cincr iialie liegcnden Gasleilung nurdc tlieser sogleicli alle Schnltl aurgcLiirdct, uud es wurden dahcr Aufgrabuogcn vcraulasst, nni dcn vermcintliclien Leck zii siichen. Wihrend nuii cinerscits durch tlcri Ceriich das Vorliandensein der bekannten c t i i~~yrc~tmat i sc l ie~~ StotTe niclit zu verkennen war, andererseits die Caslcitung durchaus keine Untiichtigkeit ergab, so war zuerst die IAimng dcs Rithsals schwer, bis sich endlich heraausstellte : dass dic Arlreiter tler Gas-Anstalt aus NachlBssig- keit beim Auspmpcn der Siphon’s die Flirssigkeit direct in den Garten liatten laufen lassen, wllirend sie sonst in Gefissc hin- eiiigepumpt rind sofort auf kleinen Wagen fortgescIialTt wird.

In Hannovcr hat man die f igl ic l ie Erscbeiiiung noch nicht benierkt; jedocli licgcn dort die Gasrdliren sehr entfernt von den Biumen der I’ronienade; Ibngs des Bahnhofes a b e r , wo in unniitfelbarer Nihe Gasrdbren sicli belinden, hat man erst seic Jahresfrist jurige BPume angepflanzt, die bis jetzt noch Alle ge- sund sind. Auch in Berlin ist inan his ziir Zeit davon ver- schont geblieben , cirie Heckc abgereclinet, die in Folge dessen

Page 5: Ueber den Einfluss des Kohlenwasserstoffgases auf die Vegetation

8111 d i e Vege ta t ion . 261

ausgegangen scin soll. Dagegen lilagt inan aus Dhseldorf iiber Zerslirung der Vegetation durch Gas. Die Biurne auf den Bou- levards zii Paris haben schon li5ufig aus derselben Ursache nach- gepflanzt merden rnfissen, iind in London s,ah ich beirn Besuch dcr dortigen ,\usstellung, nainentlicli in i Regent-Park eine An- zahl ent1)orliter tint1 abgesiorbener Bliume, die dcn unsrigen voii Gas inficirten gliclien und in der Kiilie tier Laternen standen. Auch ist der in Rede stehende Gegenstand in englischen Agri- cultur-Zeitungcn Ixrcits vielfach besproclien , end Iilngst schon hat niaii i1oi.t die I3emerIitlng gcinnclit, (lass tlic in der Riihe tler Gasr6hren hefindticlien Ccwilchse liriinkeln und ahsterben, SO \vie tlas Gas tlic Erdi: tlurchdringl. Achnliche Dcrichle endlicli liegen aris Rortleaiix V O ~ .

Diesein zufolgn ist 1:s tlahcr uncdkslicli , bei Adage von (;asleitungrn clic Rijliren so fern als 111ijglicl1 von den Anpflan- zungeii Z I I lejieii imcl dicsclben nnl's sorgfiiltigstc ZII dichten, W;IS

j a iiiirh tics 6asvcrliistes wrgen mil Intcressc tlcr Compagnic tIantl i n iiand gelit.

Hat inan gegcn diese ~ c d i n ~ n n g c ~ ~ , wic liier am Platz, ge- sfindigt, so zeigcii sicli die spitcr niizuwc!nilcntlcn JJittel als hichst ungeniigentl. Dii man sic11 tler cnornien Iioslcn Iialbcr zur Er- iietieriiii: und Unilegiing tler Casrdiren noch nirlit Leqcieinen will, verjtoplt m a n dic aurgeliinrlcnen Untliclitigkciten der Riliren, niinint die iibgestorbeneii Biiirne hcraus , scliatTt die Erde fort tind, naclitlem clns 8-9' im Durclitncsscr hiiltcnde ausgegrabene 1,ocli ein p a r Wochen lang ausgclilftet ist, pflanat. man die jungen Ciume in'-tIie frisch eingetrngenc Ertle ; jccIocIi niit wenig Errolg ; melwfacli sind diese auk Ncnc wictler ausgc- gangen, so tlass die AnpOanzung wiedcrholt wci-dan miisste. Und gcsetzt auch , sic gedeitit ftir dic Folge, so riincht jetleiifalls die Unterbrechung der Reilicri gleiclirnissig schtiner rind krlftiger Stsmine. tlurch junge sch.wache Riiiimclicn ciuen stirenden Ein- druck. Nijgeii diese Blittlieilungen eine gesclllrfte Aufinerksam- keit aul' den beregten Gegenstaiitl hervorrtifen iind die lusserste Vorsicht bei neueii Gasanlagen veranlassen.