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Ober den EinilnB von EheiB- und Kohlehydratzufuhr aut' den Stofrwechsel. Von A. Gigon.' (Aus dern physiologischen Laboratorium des Carolinischen medico-chirurgischen Instituts in Stockholm.) __- Die Lehre ron der isodynamen Vertretung der verschiedenen Xahrungsstoffe ist ein Hauptvatz der Physiologie des Stoffwechsels. Die Verteilung der niitigen Energiezufuhr eines Individuums auf die drei Iilassen yon Nahrungsstoffen , EimeiB, Fette und Kohlehydrate, kann bekanntlich innerhalb weiter Grenzen schwanken. Stellt man sich also vor, daB der Gesamtstoffwechsel aus drei Komponenten ge- bildet mird und dab die Zufuhr dem Verbrauch entspricht, d. h. der Korper sich im Zustande des Nahrungsgleichgewichts befindet, so wird die GroBe einer der genannten Komponenten von der Zufuhr des be- treffenden Nahrungsstoffes geregelt. Rfsn kann dies auch in folgender Weise ausdrucken : Die einzelnen Nahrungsstoffe beteiligen sich an der Energielieferung fur die Leistungen des Korpers in demselben Ver- haltnis, in dem sie gerade im Korper rerfugbar sind. Wenn es sich um langere Beobachtungsperioden handelt, ist jene Anschauungsweise ohne Zweifel berechtigt. Fur kiirzere Perioden ist es aber sehr fraglich, ob man die Vorgange im Kijrper in die drei Klassen EiweiS-, Fett- und Iiohlehydratzersetzung einteilen kann. Be- sonders fur die Perioden unmittelbar nach der Xahrungseinnahme ist es sehr wahrscheinlich, dab auch andere Prozesse als die genannten stattfinden und da8 diese Prozesse sich durch Verlnderungen des Gas- wechsels zu erkennen geben. Es wird zwar allgemein angenommen, daB man durch Zufuhr eines Stoffs, z. B. Zucker, das T'erhaltnis zwischen denjenigen Mengen der einzelnen Nahrungsstoffe, melche dem Korper fiir den Energieumsatz Der Redaktiou am 20. November 1908 zugegangen.

Über den Einfluß von Eiweiß- und Kohlehydratzufuhr auf den Stoffwechsel

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Page 1: Über den Einfluß von Eiweiß- und Kohlehydratzufuhr auf den Stoffwechsel

Ober den EinilnB von EheiB- und Kohlehydratzufuhr aut' den Stofrwechsel.

Von

A. Gigon.'

(Aus dern physiologischen Laboratorium des Carolinischen medico-chirurgischen Instituts in Stockholm.)

__-

Die Lehre ron der isodynamen Vertretung der verschiedenen Xahrungsstoffe ist ein Hauptvatz der Physiologie des Stoffwechsels. Die Verteilung der niitigen Energiezufuhr eines Individuums auf die drei Iilassen yon Nahrungsstoffen , EimeiB, Fette und Kohlehydrate, kann bekanntlich innerhalb weiter Grenzen schwanken. Stellt man sich also vor, daB der Gesamtstoffwechsel aus drei Komponenten ge- bildet mird und dab die Zufuhr dem Verbrauch entspricht, d. h. der Korper sich im Zustande des Nahrungsgleichgewichts befindet, so wird die GroBe einer der genannten Komponenten von der Zufuhr des be- treffenden Nahrungsstoffes geregelt. Rfsn kann dies auch in folgender Weise ausdrucken : Die einzelnen Nahrungsstoffe beteiligen sich an der Energielieferung fur die Leistungen des Korpers in demselben Ver- haltnis, in dem sie gerade im Korper rerfugbar sind.

Wenn es sich um langere Beobachtungsperioden handelt, ist jene Anschauungsweise ohne Zweifel berechtigt. Fur ki i rzere P e r i o d e n ist es aber sehr fraglich, ob man die Vorgange im Kijrper in die drei Klassen EiweiS-, Fett- und Iiohlehydratzersetzung einteilen kann. Be- sonders fur die Perioden unmittelbar nach der Xahrungseinnahme ist es sehr wahrscheinlich, dab auch andere Prozesse als die genannten stattfinden und da8 diese Prozesse sich durch Verlnderungen des Gas- wechsels zu erkennen geben.

Es wird zwar allgemein angenommen, daB man durch Zufuhr eines Stoffs, z. B. Zucker, das T'erhaltnis zwischen denjenigen Mengen der einzelnen Nahrungsstoffe, melche dem Korper fiir den Energieumsatz

Der Redaktiou am 20. November 1908 zugegangen.

Page 2: Über den Einfluß von Eiweiß- und Kohlehydratzufuhr auf den Stoffwechsel

352 A. GIGUN:

verfugbar sind, cerindern kann uud da6 es in dieser \Veise nidglich wsre, eine Klasse Ton Xahrungsstoflen durch eine andere aus dem Umsatze unmittelbar zu rerdriingen. Dieser Snschauung gegeniiber hat J o h a n s s o n herrorgehoben, daB das von den Zellen yerarbeitete Naterial im allgemeinen nicht direkt aus dem D a m e zugefiihrt wird, sondern aus gemissen Depots stammt, in welche die aus dem Darme aufgenommenen Stoffe zuniichst abgelagert werden. Uei einer Unter- suchung ron J o h a n s s o n und I iornen 2 stcllte es sich heraus, daW Zufuhr von Zucker wiihrend gleichzeitiger Nuskeltftigkeit die Be- teiligung der liohlehytlrate an der Xuskelarbcit nicht steigert. Pro Arbeitseinheit llcarechnet, gal) die T'ersuchsperson dieselbe Iiohlensiiure- menge bei Zufuhr Ton Zucker mie im gewohnlichen nuchternen Zu- stande all. Die Ton der Zuckerzufuhr bewirkte Steigerung der Kohlen- saureabgabe erwies sich von der Muskelarbeit gsnz unabhiingig. War dagegen der Glykogenrorrat des Iciirpers durch Hnngern oder einseitige Fettnahrung3 bedeutend rermindert morden, so ermies sich die pro Arbeitseinheit berechnete liohlensiiureabgabe erheblich niedriger als im gewohnlichen niichternen Zustande. Die Beteiligung der Kohlehydrate am Umsatze bei Muskelarbeit wird also nicht durch die unmittelbare Zufuhr aus den1 Darme, sondern durch den Zustand des Gljliogen- vorrats im Korper geregelt.

Die stickstofffreie Nahrung gilt bekanntlich als Ersparer des EiweiBes. Man darf aber nicht eine unmittelbare Verdringung des EiweiBes aus dem Umsatze bei Zufuhr von liohlehydraten oder Fett annehmen. Bei einer Untersuchung vou J o h a n s s o n und H e l l g r e n 4 stellte es sich heraus, daB eine gleichmiiBige Zufubr ron Kohlehydraten oder Fett, 8 Stunden hindurch, die Sticl<stoffausscheidung mit den1 Harne nicht herabsetzt.

Aus jenen Beobachtunger hat J o h a n sson gefolgert, da6 die Zufuhr eines Nahrungsstoffs den Umsatz anderer Stoffe nicht unmittelbar beeinflu&. Da dieser SchluBsatz der gewohnlichen Auffassung wider- spricht, schien es nohendig, denselben durch meitere Beobachtungen zu erhlrten.

Bei der erwihnten Tintersuchung von J o h a n s s o n und K o r a e n murden die zmei Faktoren Zuckerzufuhr und Muskelarbeit miteinander kombiniert. In derselben Weise konnte man Zufuhr von Zucker mit

Johansson u. Hel lgren, Eiwciputnsatn. bei Zufuhv von Kohlehydraten. _ _ _ _ _ _ _

Festschrift f i r Hammarsten 1906. * Johansson u. Koraen, Dies Archiv 1902. Bd. XIII. S. 251.

Koraen, Dies Arehiv 1904. Bd. SVI . S. 331. a. a. 0.

Page 3: Über den Einfluß von Eiweiß- und Kohlehydratzufuhr auf den Stoffwechsel

DER EIEFLUSS YON EIWEISS- IJND KOHLEHYDRATZUFUHR UFW. 353

Zufuhr T o n EiweiB kombinieren. Jeder dieser beiden Faktoren gibt eine Steigerung der Iiohlensaureabgabe. Wenn die ermiihnte SchluB- folgerung richtig ist, mussen die beiden Faktoren zusammen die Summe der Wirkungen jedes einzelnen geben.

Dem Vorschlage des Herrn Prof. J o h a n s s o n folgend, iibernahm der Verf. gerne die Bearbeitung dieses Themas. Fur die Freundlich- beit, mit melcher Prof. J o h a n s s o n mir sein Laboratorium zur Ver- fiigung stellte, und fur seine stetige Beihilfe mijchte ich ihm hier meinen besten Dank aussprechen.

Ve rsu c h sanordnung. Die Versnchsanordnung zielte darauf ab, den Korper mehrere Stunden hindurch unter dem Einflusse einer be- stimmten Nahrungszufuhr zu halten und gleichzeitig die stundliche Kohlenslureproduktion nebst der Stickstoff- und Phosphorslureausschei- dung zu beobachten. I n besonderen Versuchsreihen wurde in dieser Weise die Einwirkung von Kohlehydrat- und von EimeiBzufuhr bzm. von gleichzeitiger Zufuhr dieser beiden Stoffe untersucht. Eingefiihrt wurden bei den Eimeifhersuchen Kasein (Briiokner & Lampe, Berlin), bei den Kohlehydratversuchen Dextrose (Merck, Darmstadt). Slmtlichc Versuche wurden im Sonden - Tigerstedtschen Respirationsapparat ausgefiihrt. Zur Bestimmung der Kohlensaure diente der Pe tersson- Sondensche Apparat: jede Bestimmung ist das Resultat gut fiber- einstimmender Doppelanalysen.l Die N- Bestimmungen im Harne er- folgten nach K j e l d a h l , die P,O,-Ausscheidung wurde durch Titrierung mittels Uranazetat bestimmt.

Die Versuche fingen morgens frah um 6 Uhr an und schlossen um 4 Uhr naohmittags ab. Wahrend dieser 10 Stunden murde von der Versuchsperson (ioh selbst) jede Viertelstnnde eine bestimmte gleich gro6e Dosis von Kasein, bzw. Dextrose, bzm. Kasein + Dextrose ein- genommen. Es wurde die mogliohst grol3te Zufuhr gewahlt, die von der Versuchsperson ohne Beschwerden genossen werden konnte. Bei den EiweiBversuchen wurden 155-6g Kasein = 20K Na, in den Zucker- versuohen 460 g Dext'rose, in den EiweiB-Zuckerversuchen die Summa derselben genossen. Die Dextrose wurde in der Form einer etwa 50 proz. Wasserlosung genommen. Das Kasein wurde pulverformig

Die zahlreichen Kontrollversuche des SondBn-Tigerstedtschen Bespi- rationsapparates, die von Sondbn u. Tigerstedt , Johansson, Rosenberg ausgefuhrt worden sind, ergaben als befurchteten Fehler bei Versuchen ein- stiundiger Dauer nicht mehr als &0.768 CO,; vgl. Rosenberg, Dies Archin 1904. Bd. XVI. S. 81. - Vom Verf. angestellte Kontrollversuche stimmen mit denen der fruheren Autoren vollkommen iiberein.

.

Eigene Analysen des angewendeten Priiparates. Skandin. Arehiv. XXI. 23

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354 A. GIGON:

mit etwas Wasser hinuntergeschluckt. Im ganzen irurde 1 bis 11/4 Liter Wasser wahrend eines Versuches in kleinen Portionen genommen. Bei den ,,Nuchternrersuchen '' betrug diese Wassermenge nur 'I, Liter. Am Tage vor dem T'ersuche nahm ich nachniittags um 5 Uhr meine letzte Nahlzeit. Am Anfdng der eigentlichen Versuche war also mit Sicherheit der EinfluB der fruheren Nahrungszufuhr bereits rollstandig abgeklungen.' Um 10 Uhr abends am Vorrersuchstag wurde der Harn entleert. Die Versuchsperson rerbraclite die Nacht in einem Bette, das im Respirationszimmer aufgestellt war. Nach der Entleerung des Kncht- harns, um 6 Uhr morgens, der also einer Sstiindigen Beobachtungs- periode entspricht, fing der eigentliche Versuch an. Wihrend desselben lag ich in einem Lehnstuhl im Kespirntionsraum. Der Harn wurde zweistundlich aufgefangen. Die CO, - Abgabe wurde in Perioden ron je 1 Stunde bestimmt. Whrend derselben rersuchte ich jede geringste Nuskelbeweguog zu vermeiden und den Muskeltonus moglichst nach- zulassen, um die von J o h a n s s o n 2 mit Recht aufgestellte Bedingung der ,,vorsatzlichen Muskelruhe" einzuhalten. Bei den Versuchen mit. h'ahrungszufuhr wurden nur die absolut notwendigsten Bewegungen ausgefiihrt, welche das Einnehmen der viertelstundigen Portionen be- notigte.

Bei samtlichen Versuchsreihen fand die erste Bestimmung der C0,-Abgabe in der dritten Stunde nach dem Beginn des eigentlichen Ver- suohes statt. Die stlindigen Beobachtungsperioden wurden durch gleich- miI3ige Intervalle getrennt, da bekanntlich eine langer dauernde Muskel- ruhe undurchfiihrbar ist. WBhrend der Intervalle beschaftigte ich niich mit Lesen.

Das Korpergewicht der Versuchsperson wurde ofters wahrend der ganzen Dauer der Untersuchungen (ca. 3 Monate) kontrolliert. Es sohwankte zwischen 74.2 kg und 74.9 kg, mas auf einen konstanten Nahrungszustand hindeutet. Die Korperlange betrug 181 das Alter 24 Jahre. In keinem Vervuche traten Unzutrlglichkeiten, Diarrhiien oder Erbrechen ein. Die Fazes wurden zmeimal auf Dextrose gepruft, aber zuckerfrei gefunden. Eine Analyse des Kotes auf Stickstoff ergab ausgezeichnete Resorption des Kasein-N. In allen Zuckerrersuchen gaben die Priifungen des Harns nach T r o m m e r und nach N y l a n d e r negatire Aussohliige. Die durchschnittlichen totalen Harnmengen waren

Magnus-Levy, Handb. d. Pathol. des Stoffuech.sels von v. Noorden 1906. Bd. T. S. 222.

Joliansson, tfber die Tagessclimankungen des Stoffwecheels und der KGrpertemperatur im niichterneu Zustande und vollsttindiger Muskelruhe. Dies Archio 1898. Bd. VIII. S. 108.

Page 5: Über den Einfluß von Eiweiß- und Kohlehydratzufuhr auf den Stoffwechsel

DEB EINFLUSS VON EIWEISS- UND KOHLEHYDRATZUFUHB usw. 355

~~

- 22.3

- I 24.0

24.4 24.0

bei den Niichternversuchen 1120 ccm, bei den Zuckerversuchcn 1870 ccm,

bei den Kaseinversuchen 1880 ccm, bei den kombinierten Zucker- und Kaseinrersuchen 2050 ccm.

Siimtliche Versuche sind also miteinander rollkommen vergleichbar. J o h a n s s o n ' und Nagnus-Levy, haben bereitv nachgemiesen, daB ceteris paribus, sowohl die Tageszeit mie auch verschiedene Tage keinen nennemverten EinfluB auf den Stoff'umsatz ausiiben.

Die Temperatur des Respirationszimmers schmankte in den ver- schiedenen Versuchen zwischen 17 und 22O C. Das Volumen der durch das Respirationszimmer von der Gasuhr aspirierten Luft schmankte in den einzelnen Versuchen zwischen 15.7 und 1 8 ~ 4 ~ ~ ~ .

22.7 22.5

22.9 23.6

24.1 24.6

I. Niichternversuche. Tab. 1 gibt die Kohlenslureabgabe der Versuchsperson im niichternen

Zustande, bei ,,vorsltzlicher Muskelruhe" und bei gemohnlichem Nahrungs- zustand, d. h. bei gemiihnlichem Glykogenvorrat an.

Tabel le 1.

Stundliche C0,-Ausscheidung im niichternen Zustande.

Nr. Datum ~ ._ -

I 1 1907

2 7. IX 3 19. x 4 29. X

- 23.8

25.8

Mittel I 2 4 - 8 24-4 1 23.4 1 23.2 1 %.SfO-35

Wie aus der Tabelle ersichtlich, schmankt die C0,-Abgabe bei den einzelnen Versuchen, sowie in den verschiedenen Perioden, relativ menig. Das Mittel betragt 23-8g, die mittlere Abweichung t l . 0 1 g, der mittlere Fehler des arithmetischen Mittels +0.36g und der wahr- scheinliche Fehler desselben h0.249. Die fur den Ni ich ternwer t gefundene Zahl 23.8 g CO, stimmt mit derjenigen frfiherer Autoren gut uberein. Magnus-Levy3 fmd bei einem 56.5 kg schmeren Mann

' a. a. 0.

* Magnus-Levy, fjber die Griif3e des respir. Gaswechsele usw. Pfl i igers a. a. 0. S. 224.

Archiv 1894. Bd. LV. S. 27. 23*

Page 6: Über den Einfluß von Eiweiß- und Kohlehydratzufuhr auf den Stoffwechsel

356 A. GIGON:

1 I 3/4. IX. 0.60 6./7. IX. 0.48

18./19. IX. 0.56 28/29, X. 0-68

eine stundliche C0,-Abgabe von 19.9 g. J o h a n s s o n erhielt als Mittel f i r Perioden rollstiindiger Nuskelruhe 20.72 6 CO, pro Stunde mit eir.er mittleren Abmeichung yon & 1.057. Sein I<iirpergemicht, betrug 74 kg. K o r a e n s Selbstrersuche ergaben als Niichternmert 22.18 g CO, pro Stunde bei einem Korpergemicht Ton 64 kg. In neueren Versuchen von J o h a n s s o n ” wurden Hhnliche Werte erhalten.

0.56 0.60 0.52 0.71 0 . 7 5 0.66 0.31 1.04 0.55 0.41 0.62 0.64

Tabel le 2. Stundliche N-Ausscheidung im niichternen Sustande.

0.53 0.40 0.43

0 . 7 2

0.55 0.52

12-2h

0.62 0.95 0.45

0.51 0.63

-~ ~~

~~~

2 6./7. 1X 1 0.105 4 28./29. X. I 0.167

0.065 0.055 0.070 1 0.065 - ’ 0.110

1 0.063 ~ ::::: 1 -

Die N-Ausscheidung betragt im Mittel 0,599 pro Stunde. Fur 24 Stunden ware die W-Abgabe 14.16 g. Pro Kilo und Stunde erhalten wir einen Wert von 0.0078g N. Magnus-Levy erhielt bei seiner Versuchsperson 0.0063g und K o r a e n O.OOtj4g. L a n d e r g r e n 4 schied in den ersten Hungertagen 13-4 bis 15.1 g Stickstoff aus.

Tabel le 3. Stiindliche P,O,-Ausscheidung im nuchternen Zustande.

11. Zufuhr von Zucker. Entsprechend der oben angegebenen Versuchsanordnung wurde

alle Viertelstunden eine gleich groSe Menge von einer konzentrierten Dextroselosung eingenommen. Wtihrend 10 Stunden von 6 Uhr morgens

Johansson, Dies Archiv 1898. Bd. VIII. S. 108.

Johansson, Dies Archiv 1908. Bd. XXI. S. 2. a Koraen, Dies Archiv 1900. Bd. XI. S. 178.

’ Landergren, Eiweihmsetzuog des Menschen. Dies Archiv 1903. Bd. XIV. S. 166.

Page 7: Über den Einfluß von Eiweiß- und Kohlehydratzufuhr auf den Stoffwechsel

DER EINFLUSS VON ELWEISS- UND KOHLEHYDRATZUPUHR usw. 357

bis 4 Uhr nachmikgs wurden in dieser TVeise 460s Dextrose ein- gefuhrt. Die rerschiedenen Kolbchen, die die Losung enthielten, murden so gestellt, daB miiglichst geringe Armbewegungen notig waren. Letztere konnen nach einiger Ubung so minim sein, daB die dadurch bedingte Stoffwechselsteigerung ganz vernachlassigt werden kann.

Tabel le 4. Stundliche C0,-Ausscheidung bei Dextrosezufuhr, 46 6 pro Stunde.

5 11. IX. 6 16. IX. 7 12. x.

- -_ 30.3* - 31.5" - 30.5 33.9'-

_ _ _ _ _ ~ _ _ __--__ _ _ _ _ _ _ _ _

5 11 l O . / 1 1 . IX. 0.52 0.73 0.90 0-67 0.68

6 11 15./16. IX. 1.58 0.81 0.50 0.81 0.88

7 1 ' 11/12. X. 0.52 0.43 0.72 0.59 0.42

8 1 12.113. XI. 0.81 0.61 0.91 0.86 0.70 ____ __________

0.45 0.69 0.77 0-75 0.57 0.53 0.71 0.76

Page 8: Über den Einfluß von Eiweiß- und Kohlehydratzufuhr auf den Stoffwechsel

358 A. GIGON:

J e n e Z u f u h r h a t d i e C0,-Abgabe e r h e b l i c h ges te iger t , h a t a b e r o f f e n b a r d ie N - d u s s c h e i d u n g n i c h t beeinflufit. Wenn die umgesetzte Zuckermenge eine cntsprechende EiweiBmenge erspart hiitte, so wurde die K-Ausscheidung in den letzten Perioden in erheb- lichem Grade ahgenommen haben.

Die absoluten Werte der N-Ausscheidung bieten bei den rer- schiedenen Versuchen ziemlich grofie Schwankungen dnr ganz !vie bei den Nuchternversuchen. Im allgemeinen sind die Zahlen etmas hiiher bei den Dextroseversuchen. Man kijnnte rielleicht meinen, da6 dies durch eine reichlichere Ausspulung der Gemebe begriindet wlre. Es ist aber zu bemerken, datl schon die Nachtperiode bei zmei ~ 0 1 1 den Dextroserersuchen hohe Werte aufmeist. Wenn man die absoluten Zahlen der beiden Versuchsreihen rergleichen mill, so mu6 man die- jenigen Versuche zusammenstellen , melche vom Anfang an dieselhe N-Ausscheidung darbietm. Fiir unsere Zwecke kommt es aber nicht auf die absoluten Zahlen an. Es gilt zu erfahren, ob die Zuckerzufuhr den Verlauf der N - Ausscheidung beeinflufit. W'enn wir aus diesem Gesichtspunkte die Nuchternrersuche und diejenigen mit Dextrose- zufuhr zusammenstellen, finden wir nichts, was auf eine Ersparung von EiweiB bei den letzteren hindeutet.l

Die bei zahlreichen Untersuchungen beobachtete gunstige Wirkung der Kohlehydrate auf die Stickstoffbilanz beweist nicht, daB unter allen Umstlnden die Kohlehydrate das EiweiB aus dem Umsatze ver- d r l n g e n . In unseren Versuchen besitzt die Versuchsperson einen normalen Glykogenrorrat. Die Versuche beziehen sich allein auf die ersten 10 Stunden (bei J o h a n s s o n u n d H e l l g r e n 2 die ersten8Stunden) des eigentlichen Nuchternzustandes. Bei dem oft zitierten klassischen Versuch R u b n e r ~ , ~ war das Tier, wie R u b n e r selbst bemerkt, ziemlich abgemagert und hatte mindestens 48 Stunden For der ersten Zucker- einfuhr gehungert. Wie L a n d e r g r e n 4 gezeigt hat, wird der Kohle- hydratbedarf des Korpers unter derartigen Verhlltnissen durch Zerfall von KorpereiweiB befriedigt. Durch Zufuhr Yon Zucker kann offenbar dieser Zerfall sistiert werden. Nach L a n d e r g r e n ist der dritte Huuger- tag der erste, der fiir den menschlichen Hunger typisch ist. Erst an

Vgl. die erwiihnten Versuche von Johansson und.Hellgren. a. a. 0. Rubner, Die Qesetxe des Energiezjerbrauches. 1909. S. 341. Die N-Aus-

echeidung sank von 1.92 und 1 -89 g im Hunger, nach Aufnahme von 85 bis 190 * Zucker auf 0.91, 0-72, 0.56, 0.53 ' herab.

Land ergren, Untersuchungcn aber die Eiweihmeetzung des Menschen. Dies Archiv 1903. Bd. XLV. S. 168.

Page 9: Über den Einfluß von Eiweiß- und Kohlehydratzufuhr auf den Stoffwechsel

DER XINFLUSS VON EIWEISS- UND KOHLEHYDRATZUFUHR usw. 359

1: ~

11 ' 12 1

diesem Tage ent,faltet sich vollkommen die eimeiBsparende Wirkung der Kohlehydrate. Jedenfalls geht aus seinen Beobachtungen hervor, daS dieser wertvolle EinfluB der Kohlehydrate erst wahrend des zweiten Hungertages deutlich zum Vorschein tritt.

____---- _ _ _ __ - ~

25. IX. 31*9* - 27.8 26-0 26.9 2. x. 26.6 28.3 27-6 25.7 27.0

16. X. 28.9 29.3 28.1 29.3 28.9 24*5'* 30.1 27.0 29.0 ~- _ _ ~- -2. XI. 29.9 - -

Tabel le 6. Stiindliche P,O,-Ausscheidung bei Dextrosezufuhr.

Mittel

Nr. i j

7 11./12. X. 0 .1OOi 0.057 I 0.025 0.03;- 0.070 0.1;

Datiim 1 10-Gh 1 6-8h 1 8-1Oh I 10-12h 1 12-2h 1 2-4h

8 12.113. IX. 0.111 1 0.106 ~ 0.130 0.095 0.185 0.170 Mittel 1 0.105 I 0.081 0.077 0.062 I 0.127 0.145

- - ~ ~ ._ _ _ ._ ~

_____ _ _

Die P,O,-Ausscheidung erfiihrt bei diesen Versuchen wie bei den Niichternrersuchen eine Steigernng in den letzten zwei Perioden.

28.5 28.8 1 28.4 i 27.0 I Z S . O * O . ~ O

Page 10: Über den Einfluß von Eiweiß- und Kohlehydratzufuhr auf den Stoffwechsel

360 A. GIGON:

CO,-Abgabe ron 2 3 - 8 9 bis 28-09 , d. h. urn 4 . 2 s pro Stunde ge- steigert. IVenn man die GrijBe der Zufuhr berucksichtigt, findet man, daB die EimeiBzufuhr eine stirkere Wirkung als die Dextrosezufuhr tlusgefibt hat.

Tabel le 8. Stundliche N-Ausscheidung bei Iiaseinzufuhr, 2 F N pro Stunde.

Nr. , Datum

9 24.125. IX. 10 142, x. 11 15./16. X. 12 1./2. XI.

Mittel

10-Gh

0 . 6 1

0 .71 0 . 9 0 0.54

0.69 .

-

6-Sh

1 .01 1 . 1 4

0 . 8 2 0 .67

0 .91

_ _ -

__ ~~

8-10" -

0.77 1 . 2 2

1 . 1 0 1 . 0 4

1 . 0 3 . ~ ~~

_ _ -

10-12h

0 . 7 0 1 . 2 0

1 .12

0 . 9 7 1 - 0 0

- ~~~

~ _ _

~ .._

2 . 0 1 *

1 .34

1 . 2 5 1 . 0 3

1.31 -~

1.31 1 *58 1 . 3 5 1 . 2 0

1 .36

* Frillt aus der Reihc.

Wie zu erwarten, zeigt die N-Ausscheidung mit dem Harne einen ganz anderen Verlauf bei diesen Versuchen als bei deli oorigen. Die N-Abgabe fangt schon in der ersten Periode, d. h. innerhalb 2 Stunden iiach der Einnahme der ersten Dose zu steigen an. Wie man auch erwarten konnte, gehen die N- und C0,-Ausscheidungen nicht parallel. Wahrend bereits in der dritten Stunde nach der ersten Dose das Maxi- mum der C0,-Abgabe erreicht ist, steigt der Harn-N langsam an. Noch in der achten bis zehnten Stunde' ist das Maximum nicht er- reicht. Diese laiigsame Zunahme der N-Abgabe und das splte Auf- treten des Maximums ist oon friheren Au toren Bfters beobachtet worden. J o h a n s s o n und H e l l g r e n , welche sich derselben Versuchs- anordnung bedienten , erhielten rollkommen den gleichen Verlauf der N-Ausscheidung. F r a n k und Tromsdorf fa haben den betrlchtlichen Untersohied zwischen dem zeitlichen Ablauf der C0,-Ausscheidung und demjenigen der N-Ausscheidung nach EiweiBzufuhr schon erwiihnt.

Bei Zufuhr von EiweiD wie r o n Kohlehydraten stellen die Ver- anderungen im Gaswechsel die ersten Zeichen einer Verarbeitung der aufgenommenen Xahrung dar. Diese Veranderungen stehen aller Wahrscheinliohkeit nach mit der Resorption der betreffenden Stoffe im

Im Versuch 11 konnte eine spritcre Periode von 4 bis 6h erhalten merden. Wiihrend dieser 2 Stunden (10. his 12. Stunde nach Versuchsbeginn) wurden 1.77g N pro Stunde ausgescbieden. Dss Maximum der K-Ausscheidung war also 10 Stunden nach der ersten Nahrungazufuhr sicher noch nicht erreicht.

* Frank u. Tromsdorff , Zeitsehr. f. Biol. 1902. Bd. XLIlI.

Page 11: Über den Einfluß von Eiweiß- und Kohlehydratzufuhr auf den Stoffwechsel

n E R KINFLUS’S VON EIWEISS- UND I(0HLEHYDRATZUFUHR USW. 36 1

~ ~- __. ~~ ~ -~ __ __

9 24./25.IX. 0.143 0.315 0.100 0.130 I - 10 1.12. X. 0.119 0,060 0.070 0.110 0,145

11 15./16. X. 0.116 0.076 0.110 0.125 0.155

12 I 1./2. XI. 0.112 0.080 0.205 0.090 0.135

_~

0.375 0.145 0.245 0.160

IV. liombinierte. Zufuhr yon Zucker und EiweiB. Jede Stunde murden in viertelstundigen I n tervallen 46g Dextrose

und 15.6g Kasein eingenommen. Es traten niemals Beschwerden ein. Die Versuche konnten hier aus aul3eren Umsthnden, meistens nicht iiber 7 Stunden hinaus fortgesetzt werden.

Tabel le 10. Stundliche CO, - Ausscheidung bei kombinierter Zucker- und Kasein-

zufuhr, 46g Dextrose und 15.56e Kasein pro Stunde.

13 28. IX. 14 5. x. 15 19. x.

~~-~ _ _ ~ ~ _ ._ ____ I ’ 54.2 I - 33.9

36.2 33.6 1 32.8 35.0 33.2 32.8 34.4 33.6 35.9 - 34.3

Mittel I 34.4 I 34.1 1 33.5 1 34.4 34.0*0.32

Die mittlere C0,-Ausscheidung erhoht sioh in dieser Serie auf 34.0g pro Stunde. Die mittlere Abweichung betrhgt +1.166 und

16 16. XI. I 32.9 I :::: I - 33.9 33.7

Page 12: Über den Einfluß von Eiweiß- und Kohlehydratzufuhr auf den Stoffwechsel

362 A. GIGON:

der mittlere Fehler des arithmetischen Nittels & 0 . 3 2 s CO,. Die Zunahme uber den Niichternwert betriigt: 10.29 CO,.

Addieren w i r d ie Z u n a h m e d e r s t u n d l i c h e n 0 , - P r o - d u k t i o n , die wi r i n den Versuchsre ihen I1 u n d I11 e r h a l t e n h a b e n , so bekommen wir [ t i e l + 4.2 = 10.3g CO,] dense lben W e r t , d e n wir i n d e r Versuohsser ie I V e r h a l t e n haben. Nach den herrschenden .4nschauungen in der Stoffwechsellehre war dieees Ergebnis gar nicht zu erwarten. Die allgemein angenommene eiweifiersparende Wirkung der Kohlehydrate hatte eine geringere C0,- Produktion bei der Reihe 1V erwarten lassen.

_ _ _ _ _ ~ ~ . ~ ~ _ _ _ _ _ _

0.84 1.00 1-24 1.25 1.38 0.69 0 . 7 7 1.18 1.19 1.54

0.61 0.82 1 *08 1-14 - 0.65 0.79 0.98 0.96 -

Tabel le 11. Stundliche N - Ausscheidung bei kombinierter Zufuhr ron Zucker und

EiweiB, 469 Dextrose und 29 N pro Stunde.

1.05 1.52 - -

Nr. / ’ Datum

13 1 27./28. IX. 14 ‘ 1 4./5. X. 15 1 18.119. x. 16 I/ 15./16. XI.

. ~

0,145 0,050

0 075 0 * 085

Mittel

0.170 1 0.205 0.170 ~ 0.145

- 1 -

- I _

13 I27./28.IX. 14 6.15. X. 15 ‘ 1 18.119. X. 16 1 15.116. X.

Die X-Ausscheidung mit dem Harne zeigt denselben Verlanf wie bei der Reihe I11 (bei Zufuhr von Kasein allein). Die Zuckerzufuhr hat offenbar die N-Ausscheidung nicht herabgesetzt.

0.101 1 0.100 0,125 0.093 0.067 0.035 0.094 0.065 0.080 0.101 0.085 0.070

T a b e l l e 12. Stundliche P,O,-Ausscheidung bei kombinierter Zufuhr von Zucker

und EiweiB, 469 Dextrose und 15-59 Kasein pro Stunde.

0.089 1 0.170 , 0.175

Die P,O,-Ausscheidung erweist im groSen Ganzen denselben Ver- lauf vie bei der Reihe 111.

Page 13: Über den Einfluß von Eiweiß- und Kohlehydratzufuhr auf den Stoffwechsel

DER EINFLUSS VON EIWEISS- UND KOHLEHYDRATZUFUHR usw. 363

V. Besprechuiig der Ergcbnisse. Die Ergebnisse der ohen mitgeteilten Versuchsreihen sind in der

nachstehenden G en era1 t a b el le zusammengestellt. Eine einmalige Zufuhr yon Zucker oder EimeiB bewirkt eine vorubergehende Ste ige- r u n g der Kohlensiiureabgabe. Wenn man die Zufuhr in mehreren gleich groBen Dosen mit gleichmi6igen Intervallen anordnet, hi l t sich die gesteigerte liohlensiiureausscheidung bei e i n e r u n v e r i n d e r t e n H o h e m e h r e r e S t u n d e n hindurch. ' Xan kann in dieser Weise diejenige Steigerung der stiindlichen Kohlensaureausscheidung be- stimmen, welche einer gewissen Zufuhr pro Stunde entspricht. Bei gleichzeitiger Zufuhr von Zucker und EimeiW erhalt man eine Steige- rung der stiindlichen Kohlensaureausscheidung, melche der S u m m e der nach Zucker bzw. EimeiBzufuhr allein beobachteten Steigerungen en tspricht.

Der Verlauf der St ickstoff- bzw. d e r P h o s p h o r s a u r e a u s - s c h e i d u n g m i t d e m Harne wird durch die gleichmafiige Zufuhr ron Zucker n i c h t beeinflufit . Nichts deutet darauf hin, daS der zugefuhrte Zucker das EiweiB aus dem Umsatze unmittelbar verdrangt.

Bus jenen Beobachtungen mussen wir schlieBen, daB betreffend derjenigen Prozesse, melche durch die Nahrungszufuhr unmittelbar aus- geliist werden und welche sich durch eine Steigerung der Kohlensaure- ausscheidung - bei EiweiBzufuhr auBerdem durch eine Steigerung der Stickstoffausscheidung - zu erkennen geben, das Prinzip der iso- dynamen Vertretung der verschiedenen Nahrungsstoffe nicht anwend- bar ist.

Die Steigerung des Gaswechsels nach der Nahrungsaufnahme ist eine bekannte Tatsache. Betreffs der Deutung gehen die Meinungen auseinander. Ohne auf die verschiedenen bis jetzt aufgestellten Er- liliirungen niiher einzugehen, miichten wir nur hervorheben, daB die beiden herrschenden Ansichtena, die von Speck, Zuntz , N e r i n g , Magnus-Levy, uod die von R,ubner und seinen Schiilern vertretene, immer zahlreichere gemeinsame Punkte aufmeisen. R u b n e r ist nun- mehr geneigt, der Verdauungsarbeit eine gewisse Bedeutung zuzu- schreiben und Magnus-Levy nimmt fijr das EiiveiE eine besondere ,,spezifisch-dynamische Wirkung" an. Von beiden wird das u n m i t t e l - b a r e Verwertungsvermogen der aufgenommeneii Nahrungsstoffe, zur

Vgl. Johansson und Koraen, Dies Archiv 1902. Bd. XIIE. S. 268;

' Vgl. die: kritische Darstellung von M a g n u s - L e v y in Physiol. des Jobannsson, Dies Archio 1908. Bd. XXE. S. 27ff.

Stoffwechsels. v. Noordens Handbuch 1906. Bd. I.

Page 14: Über den Einfluß von Eiweiß- und Kohlehydratzufuhr auf den Stoffwechsel

364 A. GIGON:

468 Dextrose pro St. . . 0 . S G Reihe 111: I

G e n era1 t ab e l l e. _ _ _ _ ~ _ _ _

I A. C0,-Abgabe pro Stunde 8-gh 10-iih' 12-1" 3-4h Mittel

~

~

Reihe I:

Reihe 11:

Reihe 111:

Reihe IV:

Nuchtern . . . . . . 24.8g 24.49 23.49 23-26 23.8 f 0.35

4c6 Dextrose pro St. . . 31.2 29.7 28.8 ' 29.8 29.9 f 0 . 4 2

15.56% Kasein pro St. . 28.5 , 28.8 28.4 27.0 28.0 f 0.40

466 Dextrose pro St. . . )34.4

I

33.5 34.4 34.0 f 0.32 34.1 +15.569 Kasein pro St. .

0.64 , 0.76

Reihe IV: 468 Dextrose pro St. . . I, I \ o.70 10.84 ~ 1.12

+15.568 Kasein pro St. , ' 1 1 I

10-12" ~. ~

0.598

0.73

1-00

0.638 0 .48s

0.67 0.62

1.31 1.36

1.14 , 1.46 1.28 I

1 I I C. P,O,-Abgabe pro Stunde.

Versuch 10-12: 15.56% Casein pro St. . '

Versuch 13-16: 468 Dextrose pro St. . . ' 1 o.097 I o.079

+15.568 Kssein pro St. . i } I D. Quotient N: P,O, pro

1

Versuch 2 11. 4:

Versuch 7 u. 8:

Versuch 10-12:

Versuch 13-16:

+15.56* Kasein pro St. ,

Nuchtern . . . . . 468 Dextrose pro St. . . I, 6.3 I 6.4

I'

15 - 566 Kmein pro St.

46s Dextrose pro St . . . }7.2

I

,

0.0'18

11-4

10.5

8.7

14.4

0.089 0.170 0.175

10.1 8.3 i 7.5 I

I 12.9 8.6 7.3

Page 15: Über den Einfluß von Eiweiß- und Kohlehydratzufuhr auf den Stoffwechsel

DER EINFLUSS VON EIWEISS- UND I<OHLEHYDRATZUFUHR USW. 365

Bestreitung des Grundumsatzes und der Muskel- bzw. Driisenarbeit anerkannt.

Wir konnen auch in gewissen Beziehungen dieser Ansicht bei- stimmen. Die Steigerung des Gaswechsels nach der Nahrungsaufnahme schlieBt sich den Verdauungsprozessen unmi tteibar an. Die Bezeichnung , ,Verdauungsarbe i t " scheint uns aber weniger geeignet. Man kann wohl kaum annehmen, daB die Ton der Darmmuskulatur geleistete Arbeit hinreichend ist, um die bisweilen gemaltige Steigerung des Gas- wechsels nach Nahrungszufuhr zu erklken. Es scheint uns weiter schwer zu cerstehen , marum Dextroselosungen eine bedeutende Ver- dauungsarbeit ausldsen, Fett dagegen nicht. Nach den Untersuchungen yon Pawlow wiirde man gerade dasEntgegengesetzte erwarten. Unserer Meinung nach muB man annehmen, daB die fraglichen hnderungen des Gaswechsels mit Prozessen in Zusammenhang stehen, welche un- mittelbar naoh d e r R e s o r p t i o n der betreffenden Stoffe ausgelbst werden.

Von einer spezifisch dynamisohen W i r k u n g der einzelnen Nahrungsstoffe kann man nach unserer Ansicht mit vollem Recht sprechen. Jedem Nahrungsstoffe kommt eine bestimmte Wirlrung zu. J o h a n s s o n l hat neulich gezeigt, daB die C0,-Abgabe nach Zufuhr von Zucker mit der zugefiihrten Dose proportionell zunimmt und dab in quantitatirer Beziehung Dextrose und Lavulose ganz verschiedene Wirkungen haben. Nach unseren jetzigen Untersuchungen wollen wir, was die spezifische Wirkung der einzelnen Nahrungsstoffe betrifft, noch weiter gehen als R u b n e r und Magnus-Lcvy. Wir haben gefunden, dal3 jene Wirkung sich in derselben Weise entwickelt, gleichgfiltig ob der betreffende Nahrungsstoff allein oder zusammen mit anderen zu- gefiihrt wird. Gerade deswegen konnen wir uns derjenigen Auffassung nicht anschlieben, daB die einzelnen Nahrungsstoffe einander aus dem Umsatze verdriingen, je nachdem sie aus dem Darme aufgenommen werden.

Vielmehr mollen wir annehmen, daS die einzelnen Prozesse im Kiirper - sowohl diejenigen, welche dem Grundumsatze (Magnus-Levy) entsprechen, wie diejenigen, welche mit der Tatigkeit der einzelnen Organe in Zusammenhanq stehen - von der zufalligen Nahrungs- znfuhr ziemlich unabhlngig wrlaufen. Eine sehr plausible Deutung dieser Verhlltnisse hat J o h a n s s o n a gegeben. Nach seiner Auffassung n h m t die Zelle das n6tige Material aus gewissen Depots. Dieselben

Dies Brehiv 1908. Bd. XXI. S. 1. Johansson u. Hel lgren, Festsehr. f. Hammarsten.

Page 16: Über den Einfluß von Eiweiß- und Kohlehydratzufuhr auf den Stoffwechsel

366 A. GIGON:

werden durch die aus dem Darme aufgesaugten Stoffe gespeichert. ,,Durch diese Depots, melche den Gemeben das niitige Material in ge- eigneter Zusammensetzung gewiihren, werden die Schwankungen der Zufuhr aus dem Darme aufgesaugter Stoffe ausgeglichen." Diese Hypo- these hat an sich selbst schon sehr vie1 Bestechendes. Theoretische nberlegungen fiihren zu dem Schlusse, da6 der Organismus miiglichst unabhangig von der Nahrungszufuhr seinen Grundumsntz bestreitet. Die auffallend geringen Schwankungen, welohe die Kiichternwerte der C0,-Ausscheidung und des 0,-Verbrauchs darbieten, sowie das sehr rasche iluftreten dieser Kiichternwerte und das Konstantbleiben der- selben deuten darauf hin, da6 die elementaren Prozesse im Iciirper unter ziemlich konstanten Verhiiltnissen verlaufen. Es ist auch schwer zu verstehen, wie die Zellen bei schmankender Zufuhr immer den Um- satz der verschiedenen StoEe in der Weise abpassen, da6 der Total- umsatz einer bestimmten Energiemenge entspricht. v. Hoess l in hat schon 1852 darauf hingemiesen, da6 zmischen Art und Menge der Nahrung und der Hohe des Stoffumsatzes keine direkte Beziehung be- steht. Allerdings wollte v. Hoess l in vormiegend die Annahme einer Zustandslnderung der Zellen durch die Nahrung miderlegen. Hier mochten wir noch weiter gehen und annehmen, da6 die Zusammen- setzung des Materials, melches das Protoplasma fiir das Leben ver- brancht, ebenfalls ziemlich unabhangig von den Schmankungen der Nahrungszufuhr bleibt.

Diese Schmankungen werden namlich dadurch ausgeglichen, daB die verschiedenen Nahrungsstoffe unmittelbar nach der Aufnahme aus dem Darme eine Urnwandlung erleiden, ehe sie in den Depots abge- lagert oder von den Zellen verbraucht werden. Die Bnderung des Gasmechsels und die Steigerung der N-Abgabe nach der betreffenden Nahrungszufuhr stehen nach unserer Meinung mit jenen Umwand- lungen im Zusammenhang.

Zurzeit kennen wir zmar nur sehr wenig von diesen Prozessen. Die Bildung und Ablagerung von Glykogen und Fete sind einiger- ma6en bekannt. I n melcher Weise die aus dem zugefuhrten Eiwei6 stammenden Produkte behandelt werden, ist vbllig unbekannt. Wir kennen die Glykogen- und Fettdepots, dagegen kein besonderes Eiwei6- depot.

Nach den neueren Untersuchungen ist es naheliegend, fiir die Kohlehydrate eine Umwandlung in Fett unter Abspaltung oon Kohlen-

v. Hoesslin, fjber den EinfluB der Nahrungszufuhr auf Stoff- und Hraftwechsel. Vircholos Archin 1889. Bd. LXXXIX. S. 333.

Page 17: Über den Einfluß von Eiweiß- und Kohlehydratzufuhr auf den Stoffwechsel

DER EINFLUSS TON EIWEISS- UND KOHLEHYDRATZUFUHR usw. 367

saure zu yermuten. DaB die Glykogenbildung aus den Kohlehydraten der Wahrung nicht mit Veranderungen der CO,. Produktion einher- zugehen brauch t , bemeisen die Versuche J o h a n ss o n s mi t Zucker- zufuhr bei gljkogenarmen Versuchopersonen. Eine ausgedehnte, ja quantitative Fettbildung aus Zucker mill bereits H a n r i o t 2 bemiesen haben. Seine Zahlen gestatten aber, mie von M a g n u s - L e r y und J a q u e t 3 mit Recht hervorgehoben wurde, riele Bedenken uber die Versuchsanordnung. auf eine Fettbildung aus Zucker hingemiesen und eine solche sehr wahrscheinlich gemacht.

Unserer Meinung nach muB man zwischen der ersten Bearbeitung der aufgenommenen Nahrungsstoffe und dem Grundumsatz streng scheiden. Die Xahrungsstoffe werden nicht direkt von den Zellen der verschiedenen Gewebe zersetzt.. ,419 Zwischenglied haben mir die De- pots des Organismus kennen gelernt; in denselben werden die um- gewandelten Nahrungssubstanzen abgelagert. Die Yrozesse, die diese Umwandlung bedingen, sind far die verschiedenen Stoffe auch ver- schieden; diejenigen, die zur Bearbeitung eines Stoffes niitig sind, lassen sich nicht beeinflussen, ,,verdrlngen" durch diejenigen, die fur einen anderen Stoff erforderlich sind.

Xeuerdings haben P e m b r ey * und J o h a n s s o n

Johansson, Dies Archiv 1908. Bd.XXI. Magnus-Levy, Pflugers Archin 1894. Bd. LV. S. 64. Jaq uet, Der respiratorische Qaswechsel in Ergebwisse der Physiol. 1903.

Pembrey, Journal of Physiol. 1904. Bd. XXXI. Johaneeon u. Hel lgren, a. a. 0.

Bd. I. S. 483.