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(Aus der Medizinischen Universit~tsklinik Kiel [Prof. Schittenhelm].) l~ber den Kalium- und Caleiumgehalt yon Blut und Organen des Kaninehens und des Hundes und seine Veranderungen beim sensibilisierten und anaphylaktisehen Tier. (Anaphylaxiestudien bei Menseh und Tier. VH. Mitteilung.) Von A. Schittenhelm, W. Erhardt und K. Warnat. (Eingegangen am 15. September 1927.) Daft die anaphylaktischen Krankheitserscheinungen in engster Be- ziehung zu dem vegetativen Nervensystem stehen und mit Regulations st6rungen des Gleichgewichtszustandes vom sympathischen und para- sympathischen System zusammenhgngen, dfirfte heute keinem Zweifel mehr unterliegen. Aus unserer Klinik hat Tonietti 1 durch Untersuchun- gen am Menschen klare Beweise dafiir erbracht. Die nahen Zusammen- h~nge zwischen der Erregung des vegetativen Nervensystems und den an und in den Zellen vorhandenen Elektrolytkombinationen, vor allem des Verhiiltnisses yon Kalium zu Calcium, sind gleichfalls eine ge- sicherte Tatsache, welche in besonders ausgiebigem MaBe durch die Untersuchungen yon Kraus mit Zondek 2, WoUheim a u.a. fiber die ,,vegetative Str6mung" belegt wurde. Man muB also folgerichtig an- nehmen, daft der Mineralstoffwechsel bzw. der Elektrolytgehalt des Blutes und der Organe beim sensibilisierten und anaphylaktischen Tier im Vergleich zum normalen Verdnderungen aufweist. Unseres Wissens sind darfiber noch keine Untersuchungen angestellt, und wir haben uns daher zur Aufgabe gemacht, festzustellen, ob diese theoreti- sehen l~berlegungen durch entsprecbende Untersuchungen am Tierc bewiesen werden k6nnen. 1 Tonietti: Zeitschr. f. d. ~es. exp. Med. 45, 1. 1925. 2 Kraus und Zondek: Ubcrsichtliche Zusammenfassung bei Zo~utek: Die Elektrolyte, Berlin 1927. Wollheim: Zeitschr. f. d. ges. exp. Med. 52, 508. 1926 und Biochem. Zeit- schr. 151, 416. 1924.

Über den Kalium- und Calciumgehalt von Blut und Organen des Kaninchens und des Hundes und seine Veränderungen beim sensibilisierten und anaphylaktischen Tier

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Page 1: Über den Kalium- und Calciumgehalt von Blut und Organen des Kaninchens und des Hundes und seine Veränderungen beim sensibilisierten und anaphylaktischen Tier

(Aus der Medizinischen Universit~tsklinik Kiel [Prof. Schittenhelm].)

l~ber den Kalium- und Caleiumgehalt yon Blut und Organen des Kaninehens und des Hundes und seine

Veranderungen beim sensibilisierten und anaphylaktisehen Tier.

(Anaphylaxiestudien bei Menseh und Tier. VH. Mitteilung.) Von

A. Schittenhelm, W. Erhardt und K. Warnat.

(Eingegangen am 15. September 1927.)

Daft die anaphylaktischen Krankheitserscheinungen in engster Be- ziehung zu dem vegetativen Nervensystem stehen und mit Regulations st6rungen des Gleichgewichtszustandes vom sympathischen und para- sympathischen System zusammenhgngen, dfirfte heute keinem Zweifel mehr unterliegen. Aus unserer Klinik hat T o n i e t t i 1 durch Untersuchun- gen am Menschen klare Beweise dafiir erbracht. Die nahen Zusammen- h~nge zwischen der Erregung des vegetativen Nervensystems und den an und in den Zellen vorhandenen Elektrolytkombinationen, vor allem des Verhiiltnisses yon Kalium zu Calcium, sind gleichfalls eine ge- sicherte Tatsache, welche in besonders ausgiebigem MaBe durch die Untersuchungen yon K r a u s mit Z o n d e k 2, W o U h e i m a u.a . fiber die ,,vegetative Str6mung" belegt wurde. Man muB also folgerichtig an- nehmen, daft der Mineralstoffwechsel bzw. der Elektrolytgehalt des Blutes und der Organe beim sensibilisierten und anaphylaktischen Tier im Vergleich zum normalen V e r d n d e r u n g e n aufweist. Unseres Wissens sind darfiber noch keine Untersuchungen angestellt, und wir haben uns daher zur Aufgabe gemacht, festzustellen, ob diese theoreti- sehen l~berlegungen durch entsprecbende Untersuchungen am Tierc bewiesen werden k6nnen.

1 Tonietti: Zeitschr. f. d. ~es. exp. Med. 45, 1. 1925. 2 Kraus und Zondek: Ubcrsichtliche Zusammenfassung bei Zo~utek: Die

Elektrolyte, Berlin 1927. Wollheim: Zeitschr. f. d. ges. exp. Med. 52, 508. 1926 und Biochem. Zeit-

schr. 151, 416. 1924.

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Schittenhelm, Erhardt u. Warnat: Kaliumgehaltvon Blur u. Organen. VII. 663

Wir beschr~nkten uns zun~ichst auf die Analyse .yon K a l i u m und Calcium urLd s te l l ten ftir sie Normalwerte im Blut und in den Or-

ganen bei Hund und Kaninchen fest. Dabei erwies es sich bald als

notwendig, da~ Blut der versch iedenen KSrpergegenden zu analysicren,

um der Quelle der aufgedeckten Ver~nderungen nachzugehen. Zuers t

beni i tz ten wir zu den Analysen nur das Blutserum, sp~ter m a c h t e n

wir unsere Fes t s te l lungen auch am Plasma und Gesamtblut.

Methodische Vorbemerkungen. Verwendet wurden mSglichst gleichschwere Tiere jeder Gattung, die l~ngere

Zeit unter denselben Ern~hrungsbedingungen standen. Die Sensibilisierung der Tiere, Art und Menge der Reinjektionen zur Aus-

16sung des anaphylaktischen Shocks geschah in derselbcn Weise und zur selben Zeit der Sensibilisierungsperiode, wie in unserer letzten Arbeit 1, wo sich die ge- naueren Angaben linden.

Die Blutentnahmen aus der Artcria carotis erfolgten stets durch eine ein- gebundene Glaskaniile. aus der Vena portae, Vena hepatica und Vena jugularis mittelst stcriler Rekordspritze. Dabci wurde da~ Blut aus der C~rotis und der Vena portae mSglichst gleichzeitig entnommen, die Carotis abgeklemmt, die Ent- nahmeSffnung in der Vena portac mit Seide verschlossen und dann das Blut aus der Vena hepatica, nach Abhebelung der Leber mit der Hand, entnommen. Die Entnahme und Vorbereitung der Organe geschah ebenfalls wie vorher angegeben.

Alle Analyscn wurden so/ort angesetzt. Das gilt bcsonders ftir das Blur, in dem ja bekanntlich beim Stehenla~sen ein Auswandern yon Mineralstoffen aus den :BlutkSrperchen, besonders yon Kalium, stSrend wirken kann.

Die Bestimmungen yon Kalium und Calcium im Blut und in den Organen erfolgten nach Kramer und Tisdall. Dabei wurdc, da es sich zeigte, dal] bei anor- malen Blutseren leicht Eiweit3 mit ausf~tlt, was die Kaliumbestimmung sehr stSrt, evtl. sogar unmSglich macht, beim zweiten Tell der Untersuchungen das Serum oder Plasma im Platintiegel vera~cht, die Asche mit verdiinnter Salzs~ure aufgenommen, auf dieselbe Konzentration eingedampft und genau neutralisiert. Dann erst wurde die FMlung vorgenommen und, wie tiblich, verfahren. :Bei den Gesamtblutbestimmungen wurden 4 ccm Blut verascht, die AschenlSsung mit Natronlauge alkalisch gemacht und Schwefelwasserstoff zur F~llung d e s Eisens eingeleitet. Der Niederschlag wurde abfiltriert, das Filtrat mit Salzs~ure anges~uert, eingedampft und schwaeh gegliiht. Die Asehe wurde dann mit vcr- diinnter Salzs~ure aufgenommen, neutralisiert und vor der FMlung und Weitcr- verarbeitung wieder auf 4 ccm gebracht. Dabei benutzten wit zur Gesamtblut- und Plasmabestimmung mit Hirudin vermischtes Blut. Die Bestimmung yon Phosphar geschah n~ch Iversen-Eisler. ~lagnesium wurde als Magne~iumphosphat gef~llt nach der Bestimmung nach Iversen-Eisler, fiber die dem n~chstan anderer Stelle berichtet werden wird.

Sdmtliche Mineralsto]/wertc der ]olgenden Tabellen sind in rag-~ angegeben.

I. Versuche am Kaninchen. 1. Der Mineralstoffgehalt des Blutserums normaler Tlere aus versehiedenen

KSrpergegenden. Nachdem wir e rkann t ha t ten , da~ sich bei der A n a p h y l a x i e das

Blu t se rum resp. P lasma an K a l i u m anreicher t , g ingen wir sofort zur

1 Zeitschr. f. d. ges. exp. Med. 56, 511. 1927.

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664 A. Schittcnhelm, W. Erhardt und K. Warnat:

Untersuchung des Blutes verschiedcncr KSrpcrgcbiete fiber. Bestim- mungcn des Gehaltes an Kal ium und Calcium vom Blutserum aus ver- schiedcncn Gef~flen ha t bcreits Wollheim (1. c.) durchgeffihrt. Es zeigten sich dabei Unterschiede zwischen dcm Blutserum der Vcna portae, Vcna hepatica, femoralis bzw. Ohrvene. Wegen der methodischen Schwierigkeiten ha t er jedoch diese Verh~ltnisse nicht weiter verfolgt. Auch wir ha t ten natfirlich mit den yon ihm genanntcn Schwierigkeitcn zu k~mpfen, wir setzten die Untersuchungen aber t ro tzdem welter fort und s t rebten danach, unsere Resul ta te auf eine breite Basis zu stellcn dadurch, daft wir zahlreiche Kontrol lversuche durchffihrten. Es zeigte sich auch eine Gesetzm~i~igkeit, die in allen Versuchcn gleichsinnig vcrlief.

Zun~chst war es notwendig, die Normalwerte und ihre Schwankungs- breite mSglichst genau festzustellen. Die Analysen yon Kalium und Calcium sind ohne vorherigc Veraschung durchgeffihrt.

Durchschn. - Werte

Gewicht Art. carotis Vena jugularis Vena portae der Tiere

in g K I Ca I t K:Ca K Ca K:Ca K Ca K:Ca

2540 25,4 i 12,0 2,12 25,6 11,8 2,18 ! 28,4 ]2,3 2,30 2510 25,4 12,0 2,12 25,8 11,9 2,18 28,8 12,4 2,32 3016 24,8 ]11,3 2,02 26,0 12,0 2,18 29,8 12,1 2,46 2650 26,4 11,9 2,22 26,8 12,2 2,18 29,4 12,7 2,32 2800 23,2 11,0 2,12 26,4 ]11,5 2,30 29,2 12,4 2,36

25,0 ]11,6 2,12 26,2 11,9 !2,20 29,2 !12,4 '2,36

Wir erkennen also im Blutserum normaler Kaninchen einc grofle G~ichmd/3igkeit der Wer tc ffir Kalium und Calcium, welche nur relat iv geringc Schwankungen zeigen, wenn man die aus demsclbcn Gef~lL gebiet gewonncnen Werte der einzelnen Tiere vergleicht. Auch der Fak to r K: Ca zeigt eine bemcrkcnswcrte Konstanz. H~lt man die Werte verschiedener Ge/dflgebiete gegeneinander, so zeigen sich Di//erenzen, welche immer gleichsinnig liegen. Das Arterienblut verffigt fiber den gerinffsten Gehalt an Kal ium und Calcium und den niedrigsten Faktor K : Ca, in dcr Vena ~ugularis ist cr etwas hSher, in der Vena portae noch mchr und die h6chsten Werte an Kal ium, sowie den h(ichsten Fak to r K : C a zeigt das Blut dcr Vena hepatica.

In den folgenden Vcrsuchen wurdc neben K und Ca auch Magnesium und Phosphor im Blutserum bes t immt und in mg ~ angegeben.

Vena hepatica K , Ca ] K:Ca

i

I

29,8 i 11,9 12,5(I 29 ,6 12,2 12,42 29,6 12,0 2.46 30,2 12,3 2,46 29,8 : 12,1 2,46

29,8 I ]2,1 2,46

Gewieht ] Art. carotis des Tierea [ , ,

in g [ K Ca K:Ca I Mg !

3030 [26,6 12,5 2,13 |5,98

Gewicht I Vena portae des. Tieres [ - I

Ill g [ K Ca ' K:Ca I Mg I

3030 ] 28,2 12,6 2,24 ] 6;01

I Vena jugu!iris P K Ca I K: Ca Mg

6,14 25,8 i 12,2 i 2,12 ]5,74

6,13

P

6,08

r Vena hepatica - K--]-C~(TK:Ca] Mg P

28,6 : 12,1 2,36 ] 4,98 6,02

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0ber den Kalium- und Calciumgehalt yon Blur und Organen. VII. 665

Dieser Versuch zeigt, soweit K a l i u m u n d Calcium und der F a k t o r K : C a in Be t rach t kommen, dieselbcn Verh~ltnisse. Mit Kalium gleichsinnig erh6ht sich der Phosphorwert. Die Magnesiumwerte g e b e n keine derart ige Gesetzm~Bigkeit. Da die A u s d e h n u n g der Un te r suchun- gen auf andere Mineralbes tandte i le eine zu groi]e B lu tmcnge ve r l ang t h~tte, so verz ichte ten wir auf sie und beschr~nktcn uns auf K u n d Ca.

2. 1)er Kalium- und Caiciumgehalt des Blutserums in der Periode der Sensibilisierung.

Die Sensibi l is ierung des Organismus durch An t igen in j ek t i onen ftihrt bekannt l ich ganz allm~hlich zu einer U m s t i m m u n g , bis schliel~- lich am 10.--14. Tag das volle Bild der Anaphy lax ie ausgel6st werden kann . Es schien uns daher yon Interesse zu sein, festzustel len, ob sich bercits nach den einzclncn An t igcn in j ek t i oncn Ver~nderungen nach- weiscn ]assen und wie sich die Verh~ltnissc in dcr Pcriodc der Sensi- bi l isierung gestal ten. Dabci beschr~nkten wir uns darauf , den Gehal t des Blu tserums an Ka l ium und Calcium n u r in dem aus dcr Ar ter ia carotis gewonnenen Blutc zu un te rsuchen . Auf diesc Wcisc k o n n t e n wir an demselben Tiere mchrfache U n t c r s u c h u n g c n zu vcrschiedcnen Zci ten durchffihren.

Tier

1 Vor dor Sensibilisierung . . . . . . . . . . . . . 24 Stdn. nach der 1. Inj. (yon 2 ccm Serum intraven6s) 24 Stdn. nach der 2. Inj. (yon 2 ccm Serum intramusk.) 24 Stdn. nach der 4. Injektion . . . . . . . . . . 10 Tage nach dcr letzten Injektion . . . . . . . . Vor der Sensibilisierung . . . . . . . . . . . . . 24 St<in. nach der 1. Inj. (von 2 ccm Serum intravcn6s) 24 Stdn. nach der 2. Inj. (yon 2 ccm Serum intramusk.) 24 Stdn. nach der 6. Injektion . . . . . . . . . . 10 Tage nach dcr letzten Injektion . . . . . . . . Vor der Sensibilisierung . . . . . . . . . . . . . 3 Tage nach der letzten Injektion . . . . . . . . . 10 Tage nach der letzten Injoktion . . . . . . . . Vor der Sensibilisierung . . . . - . . . . . . . . . 3 Tage nach der letzten Injektion . . . . . . . . . 6 Tage nach der lotzten Injektion . . . . . . . . . 14 Tage nach der letztcn Injektion . . . . . . . . Vor der Sensibilisierung nicht bestimmt . . . . . . 6 Tagc nach der letzten Injektion . . . . . . . . . 14 Tage nach der letzten Injektion . . . . . . . . 18 Tage nach der letzten Injektion . . . . . . . .

K Ca K : C a

27,8 28,4 27,8 28,8 29,8 24,8 26,8 28,2 28,0 29,4 25,6 27,6 28,8 26,1 30,4 32,4 31,0

29,8 30,4 29,8

11,9 11,9 12,0 12,2 11,9 10,8 12,1 12,2 12,1 11,8 11,8 12,2 12,1 12,0 12,4 12,5 10,8

11,2 11,0 11,0

2,34 2,40 2,34 2,38 2,58 2,30 2,22 2,32 2,32 2,52 2,18 2,26 2,40 2,18 2,46 2,60 2,87

2,60 2,76 2,70

Bei den Tieren 1 und 2, dcnen nach den e inzc lnen zur Sensibili- s ierung vo rgenommenen Serumeinspr i t zungen Blur c n t n o m m e n worden war, zeigt sich, dab der Gehal t des Serums an K a l i u m und Calcium einigcrmal~en glcichstark zun immt , so dab sich das Verh~ltnis k a u m

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666 A. Schittenhelm, W. Erhardt und K. Warnat:

wesentlich ver/~ndert, wenn auch eine gewisse Neigung zur Verschiebung des Verhi~Itnisses zugunsten des Kaliums nach einzelnen Injektionen zu bestehen scheint.

Im Verlau/der Sensibilisierungsperiode t r i t t jedoch eine immer deut- licher werdende einseitige Steigerung des Kaliums im Blutserum auf, was ganz besonders deutlich aus der tt, nderung des Verh~ltnisses Kalium :Calcium hervorgeht. Die groBen Unterschicde zwischen den Werten vor der Sensibilisierung und den Werten auf der HShe der- selben fallen sofort ins Auge; beim 5. Versuchstier fehlt der Wcrt der Vorperiode. Aber auch bei ihm muB dieselbe Verschiebung angenommen werden, da die in der Sensibilisierungsperiode gefundenen Werte fiir Kalium und den Quotienten K:Ca wesentlich hSher liegen wie bel den normalen Tieren.

Die Sensibilisierung beein/luflt also das Elektrolytgleichgewicht zu- gunsten des Kaliums, ein deutliches Zeichen ]iir die Umstimmung des Organismus, welche die ge~nderte Reaktion dem Antigen gegcniiber herbeifiihrt.

3. Der Mineralstoffgehalt des Blutserums Im anaphylaktischen Zustand.

Bekanntlich kann sich der anaphylaktischc Zustand in zwei Formcn ~uBern: dem akuten, in kiirzester Zeit tSdlich endenden und dcm pro- longierten Shock, welcher das Tier schwerkrank macht und schlieBlich nach Sttmden zum Tode ftihrt oder cine langsame Erholung eintreten l~fit. Wir haben unsere Untersuchungcn auf beide Formen des ana- phylaktischen Zustandes getrennt ausgedehnt.

Nachdem sich bei den friiheren Untersuchungen gezeigt hatte, dal3 die wichtigsten Differenzen zwischen dem Blut der Arteria carotis. Vena portae und Vena hepatica bestehen, haben wir auf die Unter- suchungcn des peripheren Venengebietes verzichtet.

Die Bestimmungen yon Kalium und Calcium sind ohne vorhcrige Veraschung ausgefiihrt. Die Reinjektion geschah in derselben Wcise und mit derselben Menge, wie in der oben angeffihrten frfihercn Arbeit angegeben ist.

a) Akuter Shock.

Die Ticre haben sich bci der Reinjektion folgendermaBen verhalten : Tier 13 ist ganz akut sofort nach dcr Reinjektion i m typischen Shock gestorben. Tier 14 ist drei Minuten nach dcr Reinjektion, Tier 15 ebenfalls drei Minuten nach der Reinjcktion unter den typischen

Shockerscheinungen zugrunde gegangen. Die Blutentnahmen erfolgten bei allen drei Tieren bcim ersten Einsetzcn der

Kriimpfe. Zuweilen ist das Serum dcr einzelnen Blutportionen leicht hi~molytisch; wir haben darauf geachtet, dal] zu den Analysen nut Serum verwandt wurde, das keine wesentliche l-Iiimolyse zu erkennen gab.

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l~ber den Kalium- und Calciumgehalt von Blut und Organen. VII. 667

i

Art. caro t i s Vena por tae Vena hepatica Tiere -- - :

K Ca ,] K : C a K I Ca : K : C a ' K I Ca ] K : C a

13 } Auf der 56,0' 11,81 4,74 64,4 I 10,4!6,38 60,2!10,8 !: 5,57 14 HShe des 53,2 I 11,6 4,58 59,8i 11,1 5,38 61,4 11,0 t 5,58 15 anaph. Shocks 54,6 I 11,7 I 4,66 63,2 10,8 ~ 5,86 58,4 11,1 I 5,26

Durchschnittswert . . . . 154,6 11,7 I 4,66 ] 62,7 10,8 I 5,87 60,0 I 11,0 I 5,47

Das Resul ta t der Versuche ist vSllig klar. Der Kaliumgehalt des Blutserums steigt in allen drei Ge/dflgebieten hoch an, so daft er mehr als das Doppelte des normalen Wertes erreicht. In der Arter ia carotis ist der Anstieg am geringsten, in der Vena por tae ist er in der Regel am h6chsten (bei 2 Tieren), nur ein Tier zeigt in der Vena hepat ica den hSchsten Wert . Der Quotient K: Ca verh~lt sich cntsprcchend. Er ist sehr stark erh6ht, weil der Calciumgehalt im Blutserum 8ich nicht verdndert, in der Vena por tac und Veaa hepat ica sogar gegentiber den normalen Wer t en eine Erniedrigung zeigt.

b) Prolongierter Shock.

Art. carot is i

Ca ' K : C a

Vena po r t ae

K Ca K : C a

66o113, i 500

69,2 ! 11,8 5,86

i

71,6 11,9 : 600

T i e r K

[7 42,8 I 12,9 3,32

i

18 34,8 i 12,6 2,76

i i

19 36,4 ! 12,8 2,84

i i Dureh- sehni t t 3 S , 0 12,8 2,97

I i 68,9 ~12,3 5,62

Vena hepa t ica

I K Ca p K : C a

! 60.8 i 1,.4 1 !

I

51,2. 13,11 3,90

I , 59.411,.2 (4. 0

i L 57,1 t13,2 4,31

Tier hat sofort naeh der Reinjekt. leichte Kr~mpfe, str~ubt die Haare, erholt sieh nach 5 Min. wieder. Blutentnahme nach 6 Min.

Tier zeigt nur leiehte Shocker- scheinungen, leichte Krgmpfe, Urinabgang, str~ubt die Kaare. Blutentnahme nach 10 Min.

3 Min. nach der Reinjektion Krgmpfe, erholt sich bald wioder. Nach 10 Min. noeh einmal leichtc Krs Uriu. abgang. Blutentnahme nach 15 Min.

Auch lm prolongierten Shock t re ten die Vergnderungen des Elektrolytgehal tcs zutage. Der Kaliumgehalt und der Quotient K : Ca ist gegen die Norm erhSht. Es bestehen aber recht erhebliche Di/]erenzen zwischen der ErhOhung in der Carotis, welche wesentlich niedriger ist als im aku ten Shock und der Erh6hung in der Vcna portae, welche bedeutend h0her ist als im akuten Shock, wghrend in der Vena hepat ica die Werte etwas niedriger liegen. Die Leber hat also in beiden Fgllen, im prolongierten Shock in erhShtem MaBe, Kalium zuri~ckgehalten. Recht interessant ist ferner, daf~ der Calciumgehalt im prolongierten Shock

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668 A. Schittenhelm, W. Erhardt und K. Warnat-

Blutserum und

Art. carotis _ m

Tier Serum ]

K Ca K: Ca

20 24,1.11,0 2,19 21 22 ,4 12,6 1,78 22 25 ,9 13,9 1,89 23 24,0 12,1 1,99 24 [

nurch- i schnitt 24,1 12,4! 1,96

Gesamtblut

K ! Cs ] K:Ca I

1 ,1110,9114,4 154,5 I 10,9 14,1 167,5 10,1 16,5 158,8 11,8 13,5

J

160,2 10,9 i 14,6

Serum

K Ca [K:Ca I

28,1 [ 11,2 ~ 2,5 28,0 I 12,7 2,2

26,5 [ 12,0 2,21 29,4 11,9 2,47

I 28,0 i 11,4 2,35

Vena portae

[ Gesamtblut i

K Ca i K:Ca I

180,1 I 11,4 15,8 166,21 10,7 15,5

169,7 ll,1 15,2 174,4 12,0 14,5

172,6 11,3 15,3

erhSht ist und durehschnittlich h6her liegt wie beim Normaltier. Es scheint so, als ob beim Tier das Bestreben besteht, das Elektrolyt- gleichgewicht durch erh6hte Calciumabgabe ins Blut wieder herzustellen. Der Quotient K : C a entspricht diesen Verhgltnisscn und zeigt daher aueh gegenfiber dem akuten Shock ein etwa~ anderes Verhalten ; er ist in der Carotis am wenigsten erh0ht, in der Vena portae und Vena hepatica dagegen stark, aber nicht so sehr wie im akuten Shock.

4. Vergleiehende Untersuehungen fiber den Gehalt an Kalium und Cah'ium im Gesamtblut, Plasma und Serum normaler Tiere.

�9 Wenn auch nach allen vorliegenden Untersuchungen es kaum wahr- scheinlich erschien, dab der erh6hte Kaliumgehalt des Blutserums aus den rotcn Blutk6rperchen, welche ja beim Kaninchen cinen hohen Kaliumgehalt zeigen, s tammt, so schien es uns doch notwendig, einige spezielle Untersuchungen nach dieser Riehtung hin durchzuffihren. Wir haben daher den Gchalt an Kal ium und Calcium sowohl im Gesamt- blut wie im Serum und Plasma in den verschiedenen Gef~Bgebieten festgestellt.

Die Best immungen wurden sgmtlich nach vorheriger Veraschung gemaeht.

Die Werte ftir das Blutserum in den einzelnen GefgBgebieten stimmen vorzfiglieh mit den bereits gebrachten Normalwerten fiberein ;sie zeigen die hervorgehobenen geringen Schwankungen so, dab das Serum in der Carotis ~rmer, das in den verschiedenen Bauchvenen reicher an Kalium ist, und daft sich der Quotient K : C a entsprechend verhglt.

Der Kaliumgehalt des Gesamtblutes ist infolge des hohen Kalium- reichtums der roten Blutk6rperchen etwa sieben real so hoch wie der des Serums. Auch hier steht das Carotisblut dem Blut der venSsen Gebiete des Bauches nach. Der Quotient K : Ca im Gesamtblut ist entsprcchend erh6ht, denn die Calciumwerte liegen - - da ja die roten Blutk6rperchen nur Spuren yon Calcium enthalten - - etwa in derselben HShc wie im Serum.

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I~ber den Kalium- und Calciumgehalt von Blut und Organen. VII. 669

Gesamtblut.

Vena cava inferior

Serum G e s a m t b l u t

Ca ] K : C a

176,7 11,3 15,7

172,4 12 ,0 14,3

168,1; 11,7113,5

Vena hepat ica

Serum G ~ a m t b l u t

Ca K: Ca

25,9 I 12,0 2,15 29,4 12 ,4 2,36 27,11 12,212,22

28,2 I 12,1 I 2,35

K Ca K: Ca

168,3 11,0 15,3 174,1 12,0 14,5 171,0 12,8 14,2 174,1 12,2 14,2

171,9 12,0 14,6

Blutserum und Blutplasma.

Tier

25 26 27

Art. carotis i

Kalium ~tl efrakto- . . . . . . . meter- Plasma Serum wert

25,0 ] 27,6 5,27 26,4 29,0 5,19 2 4 , 2 ] 2 2 , 4 5,43

V e n a portae

Ka l ium Refrakto- I meter-

P lasma Serum , wert

23,2 24,8 5,45 28,8 30,2 5,66 26,2 27,1 5,76

Vena hepatica

Kal ium 'Refrakt,~- inet~r-

P lasma Serum wert

22,6 I 25,8 5,47 28,2 29,8 5,63 26,3 i 27,9 5,67

Es zeigt sich, d a b die W e r t e fiir K a l i u m fas t du rchweg im Plasma etwas niedriger s ind als im Serum, was ohne wei te res verst/~ndlich ist . Aueh in diesen Versuehen ist de r K a l i u m w e r t in de r Carot is me i s t n iedr iger als in den ven6sen Gebie ten , nur das Tier 25 r i c h t e t sich n i c h t nach diescr Regel.

W i r haben bei d iesen Versuchen einige Re/raktometerwerte b e s t i m m t , welche zeigen, dab in der Vena p o r t a e und in de r Vena h e p a t i c a d ie W e r t e hOher l iegen wie in der Carot is , wenn such die Un te r sch iede r ech t ger inge sind.

5. Vergleiehende Untersuchungen tiber den Gehalt an Kalium und Calcium im Gesamtblut, Plasma und Serum yon Tieren im anaphylaktisehen Zustande.

Die Bestimmungen sind wieder nach vorheriger Veraschung durchgefiihrt. Bci diesen Versuchen haben wir zur Kontrolle meist Blutdruck und Atmung

nach den iiblichen Methoden auf eine Trommel registriert. Die Reinjektion geschah in dcr bercits angegcbcnen Wcise.

Die Tiere verM~Iten sich bei der Reinjektion /olgendermaflen: Tier 28. Daucr der Reinjektion 1,5 Minuten. W~hrend derselbcn ist das

Tier sehr unruhig, dcr Blutdruck fMlt yon 90 auf 30 mm Hg, es treten leichte Kri~mpfe auf. Der Blutdruck sehnellt dann ftir kurze Zeit wieder auf 80 mm Hg in die HShe, sinkt aber bald wieder rasch unter starker Unruhe des Tieres und leichten Kr/~mpfen ab. Exitus nach 6 .Minuten. Aus der Carotis ist kein Blur zu erhalten. Sofortiger Bauchsehnitt:Vena portae und Vena hepatica stark gestaut. Darm stark injiziert, Leber stark blutgefiillt, Lunge leicht gebl/~ht. Gleichzeitige Blutentnahme aus der Vena portae und der Vena hepatica.

Tier 29. Der Versueh l~tuft ganz analog dem letzten. Der Exitus tritt nach 8 Minuten ein. Abdominalorgane stark blutgeffillt, Vena portae enorm gestaut, m~Big starke Lungenbli~hungen.

Page 9: Über den Kalium- und Calciumgehalt von Blut und Organen des Kaninchens und des Hundes und seine Veränderungen beim sensibilisierten und anaphylaktischen Tier

670 A. Schittenhclm, W. Erhardt und K. Warnat:

Tier

28 29 30 31 32

Durc s c h n l t t

m _ Serum

K ! Ca

49,0 13,3 114,7 12,0 105,1 13,4 51,1 13,1

80 ,0 12,9 i

Art. c a r o t i s

Ges~mtblut

K : C K ~ Ca I K : C a

3,69 124,1 13,0 9,5 9,56 I - - - - 7,84 165,6i 9,3 17,8 3,90 143,5 : 10,0 14,4

i 6,25 144,4 10,8 13,9

Vena

Serum

K Ca : K : C a

88,8 12,1 7,34 77,5 13,3 5,82

122,5~ 12,6 9,71 122,1 14,6 8,37: 54,01 14,1 I 3,83

92,9 13,4 1 7,01

por tae

Gesamtblu t

K ; Ca K : C a I i

165,4 10,5 15,7 140,9 9,8 14,4 189,6 9,2 20,6

206,4 9,7 i 21,3

175,6 i 9,8 i 18,0

Tier 30. Schon wi~hrend der Reinjcktion Tier unruhig, leichte Kri~mpfe Atmungskurvc zeigt hohe Aussehl~ge, sehr frequent. Blutdruck stark schwankend. Sofort nach der Reinjcktion (Dauer 1 �89 Minuten) ganz schwere typische Shock- erscheinung, Atmung steht, Herz : Vorhofsflimmern. Exitus 2Min.navh der ln#~ion.

Aus der Carotis sind nut 3 ccm Blut zu gewinnen. Vena portae stark gestaut, Leber stark blutgeftillt. Darmgef~Be stark injiziert.

Lunge ganz blutleer, Herz fast blutleer. M~Big starke Lungenblahung. Tier 31. Sofort nach der Reinjektion heitige Krf~mpfe. Atemstfllstand. Exitus

im Anschlufl an die ln~ektion (Dauer 2 Minuten). Leber stark blutgefiillt, aber auffallend geringe Stauung in der Vena portae, aus dernur 4 ccm Blut zu erhalten sind. Dagegen Vcna cava ganz dick gestaut. Lunge und Herz fast blutleer. Mi~Big starke Lungenbliihung.

Tier 32. Tier w~hrend der Reinjektion ganz ruhig (Dauer 2 Minuten). 2 Minuten sparer schnelle Atmung, leichte Kri~mpfe, Urinabgang. Blutdruck sinkt ganz langsam yon 95 mm Hg auf 40 mm ~Ig. 6 Minuten nach der In#ktion pl5tzlich st/ixkere Kr~mpfe, Atemstillstand, Exitus.

Starke Blutstauung in den Bauchgefiiflen. Lunge wenig blutgeftillt, Lungen- blahung.

Re/raktometerwerte.

28 29 31 32

A r t e r i a caro t i s

7,63

6,52

Vena por tae i Vena cava inf. Vena hepat ica

7,34 7,63 7,46

6,53 6,57 6,97

Auch diese Versuche zeigen die enorme Anreicherung des Serums mi t K a l i u m im akuten Shockzustand. A m hSchsten s ind diese W e r t e bei Tier 30 und 31, bei denen der E x i t u s sehr schnel l - - schon zwei Minuten nach der Re in j ek t ion - - erfolgte. Die anderen drei Tiere, bei denen der Shockzus t and 6 - - 8 Minu ten bes tand , ehe de r Ex i tus ein- t r a t , zeigen niedr igere Wer te . Dabe i i s t wiederum der Ka l iumgeha l t des Serums im Caro t i sb lu t am n iedr igs ten , in de r Vena eava e twas hSher, am hSchsten abe r in der Vena p o r t a e und Vena hepa t ica . En t - sp rechend verh~l t sich auch der Quot ien t . Der Ca lc iumgeha l t im Serum ersehe in t e twas erhSht , abe r nur wenig, verh~I t sieh im i ibr igen ~hnlich wie die Normalwer te .

Page 10: Über den Kalium- und Calciumgehalt von Blut und Organen des Kaninchens und des Hundes und seine Veränderungen beim sensibilisierten und anaphylaktischen Tier

l~ber den Kalium- uad Calciumgehalt von Blut und Organen. VH. 671

K

53,6

124,6 77,4

85,2

Veua cava inf.

S e r u m

I Ca

I 13,9

! 14,3 .,13,7

14,0

K : C a i i

3,8

8,4 i 5,6

6,0

Gesamtblut

' I K i Ca K : C a

i 154,4: 9,91 15,6

187,1 10 ,4 18,0 159,8 9,4 15,9

167,1 9,9 16,5

K

77,8

126,5

102,1

~ e r u m

Ca I K : C a

Vena hepatica

G e s a m t b l u t

K : C a

10,0 7,9

I 10,8 11,7

i

I ca 138,4 10,1

143,5 10,0

141,0 10,1 10,4 i 9,8

13,6

14,4

14,0

Im Gesamtblut liegen in der Carotis und in der Vena hepatica die Kaliumwerte wescntlich unter denen der Normalversuche, ohne daft aber der Quotient s tark abweicht. In der Vena portae und in der Vcna cava decken sich die Kaliumwerte ziemlich mit den normalen und sind nut wenig erhSht.

Die wenigcn Re/raktometerwerte, welchc wir bcst immten, zeigen nut geringe 14"nderungen in den einzelnen Gefi~Bgebieten.

Es scheint nach diesen Untersuchungen, als ob in der Ta t im anaphy- laktischen Schock die Permeabilitiit der roten BlutkSrperchen fiir Kal ium ein abnormcs Verhalten zeigt, denn wenn bei der ErhShung des Kaliumgehaltcs vom Serum die BlutkSrperchen vSllig unbetciligt wi~ren, so mfil3te man einc gleichsinnige ErhShung des Kaliumgehaltes vom Gesamtblut erwarten. Ehe wir mit absoluter Sicherheit eine crhShtc Permeabilit~t annehmen wollen, miisscn die Versuche nach anderer Richtung erg~nzt und vor allem auch entsprechende Versuche mit den roten BlutSrperchen yon Tieren, die im anaphylakt ischen Shock sich befinden, angestellt werden. Wir sind dabei, dicse Verh~ltnissc weiter zu kl~ren.

Vcrg|eichendc Untersuchungen zwischen Plasma und Serum haben wir nicht mehr angestellt, da entsprechende Versuche beim :Normal- tier keine wesentlichen Differenzen ergaben.

6. Der Minerals|offgehalt verschledener Organe des normalen entbluteten Tieres.

Um festzustellen, ob den Elektrolytvcrschicbungen des Blutes ent- sprechende Ver~nderungen in den Organen selbst zugrunde liegen und etwa diese Kal ium in erheblichen Mengen abgeben, stellten wir Analysen des Kalium- und Calciumgehaltes der Lcber und der Lunge an. Auch dicse Werte sind in mg-~ angegeben.

Die erhaltenen Werte differieren im einzclnen recht erheblich. Der Calciumgehalt ist zwar in der Leber ein ziemlich Iconstanter, dcr Kalium- gehalt ~chwanlct ~ber stark. Bei der Lunge schwanlct ganz besondcrs der Calciumgehalt, der hier sehr viel hSher ist als in der Lcber, w~hrend

Page 11: Über den Kalium- und Calciumgehalt von Blut und Organen des Kaninchens und des Hundes und seine Veränderungen beim sensibilisierten und anaphylaktischen Tier

Tier Nr.

A. Schittenhelm, W. Erhardt und K. Warnat:

274

1 2 3 4 4 5 7 4

I)urchsehnittswerte 272 6 49,5

Leber Lunge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

K Ca K: Ca K Ca K: Ca

220 24,44 220 43 5,12 340 48,58 320 34 9,42 200 50,0 260 24 10,84 360 60,0 280 26 10,76 270 54,0 280 18 15,56 240 60,0 280 22 12,72

27 10,74

672

der Kaliumgehalt viel konstanter ist. Man muB dabe i bedenken , dab (lie E n t b l u t u n g der Organe n ich t so le ich t e inwandf re i durchgeff ihr t werden kann .

7. Der Mineralstofggel lalt verschledener Organe des anaphylakt i sehen Tiered.

Zu diesen U n t e r s u c h u n g c n wurden d ie Organe der u n t e r Abschn i t t 5 beschr iebenen Tiere ve rwer te t .

Tier Nr.

28 29 30 31 32

Durchschni t t swer t

K

270 310 150 160 220 220

Leber

Ca K : Ca

17 16,0 15 20,7 8 18,5 7 22,9

11 20,0 12 19,6

Lunge

K

150 130 120 110 140 130

Ca K : Ca

3 50 3 43,3

29 4,1 25 4,4

3 46,7 15 29,7

Die e rha l t enen W e r t e di//erieren r ech t erhebl ich gegeni~ber den Nor- malwerten, was ganz besonders in dem Quot i en ten K : Ca zum Ausdruck k o m m t . Einerse i t s ist de r Kaliumwert sowohl der Lunge wie der Leber

Magnesium und Phosphor

Art. carotts Vena Jugularis Gewlcht in ] kg K Ca I K : C a Mg i P K

4 7,2 23,6 10,612,22 2,71 [ 4,56 22,0 5 9,1 24,8 i 11,112,25 2,82 '4 ,80 23,4

l )urchschnit ts- ] wef t 24,2 [ 10,9 [ 2,24 2,771 4,68 22,7

I

Ca K : C a I Mg P I i

110,2 2,16 2,82i5, 9 10.9 2,15 2.80'5.21

10,6 2,16 2,81 5,3

niedriger wie im normalen Organ und andere r se i t s zeigen die drei Tierc, bci we]chen der S h o c k z u s t a n d l~ngere Zei t dauer t e , in de r Lunge auf- fal lend n iedere Calc iumwerte , w~hrend sie in der Leber gegenfiber der N o r m wesent l ieh anges t iegen sind. Es spiegeln sich also die Elektro- lytverdnderungen des Blutes in den Organanalysen in eigentiimlicher Weise wieder.

I I . V e r s u c h e am Hunde .

Es schien uns von Wich t igke i t , die Un te r suchungen auch am" H u n d e durchzuf i ihren , um fes tzuste l len, ob die Unte r seh iede im Stoffhaus-

Page 12: Über den Kalium- und Calciumgehalt von Blut und Organen des Kaninchens und des Hundes und seine Veränderungen beim sensibilisierten und anaphylaktischen Tier

L'bcr den Kalium- und Calciumgehalt von Blur und Organcn. VII. 673

halt dcr Flcisch- und Pflanzenfresser sich beim Ablauf der Anaphylaxie bemerkbar machen, zumal ja bekannt ist, d~l] der anaphylaktische Symptomenkomplex bei Kaninchen und Hund aueh andere Verschieden- heiten zeigt.

1. ])er Mineralstoffgehalt des Blutserulns normaler Tlere aus versehiedenen K(irpergegenden.

In diescr Vcrsuchsreihe sind die Bestimmungen ohne vorherige Vet- aschung angestellt.

Gewich t in kg

1 I 7,2 2 I 8,4 3 6,5

| )Ul-ChschnJttswcrte

Art . ca ro t i s Vena po r t ae Vena hepa t ica

24,8' 10,61 2,34 28,6 11,8:2,42 28,2 ~. 11,2 2,52 27,2 11,2 2,42 30,4 11,9 2,54 28,8 ]0,9 2,64 28,1 11,4 2,47 29,6 11,71 2,53 29,8 11,4 i 2,61 26,7 11,112,41 29,5 11,8 2,49 28,9111,2 2,59

Bcim normalen Hund liegen die Kalium- und Calciumwerte des Blutserums und damit aueh der Quotient K: Ca unge/dhr in gleicher H6he +vie beim Kaninchen. Allerdings zeigen die Werte ffir Kalium im einzelnen etwas gr61]ere Schwankungen; sie erreiehen aber aueh in der Vena portae die grSl~te H6he. Der Quotient K: Ca steigt auch im Hundeblutserum von Arterie zu Vene an und zeigt in der Vena hepatica den h6chsten Weft. Die Calciumwerte machen also den leichten Anstieg des Kaliums nicht mit.

In den folgenden beiden Versuchen wurden neben K und Ca auch Ma- �9 gn~sium und Phosphor im Blutserum bestimmt und in mg-~ angegeben: im Blutserum.

Vena por t ae

K : Ca I K : C a Mg

24,0 11,0 2,18 2,54 26,2 1 1 , 0 ! 2 , 3 8 2,74

25,1 11,0 2,28 2,64

5,02 24,2 6,02 25,8

5,52 25,0

Vena hepa t i ca

Ca K : C a I

11,2 2,16 I 11,2 2,30

11,2 2,23

Mg P

3,04 4,92 2,81 , 5,81.

2,93 5,37

Bei diesen beiden Hunden ist das Ansteigen des Kaliumgchaltes im Blutserum gleichfaUs offensichtlich; die Arteria carotis zeigt einen niedereren Wert als die Vena portae und Vena hepatica. Hund 5 zeigt gleichzeitig die gesetzm~l~ige Versehiebung des Quotienten K : C a , w~hrend sie beim Hund 4 infolge eines leichten gleiehzeitigen Anstiegs des Calciums nicht deutlich hervortritt.

Wie beim Kaninchen geht der Gesamtphosphorgehalt des Serums analog dem Kalium in die H6he, wi~hrend der Magnesiumgehalt keinc klaren Ver~nderungen erleidet.

Page 13: Über den Kalium- und Calciumgehalt von Blut und Organen des Kaninchens und des Hundes und seine Veränderungen beim sensibilisierten und anaphylaktischen Tier

674 A. Schittenhehn, W. Frhardt und K. Warnat:

Tier Serum -- -V 'Gesamtblut I . . . . Serum Gesamtblut Nr. I Ca IK:Cal K [ ~aa ]K:Ca I K-- I C~a-IK:Ca K I Ca IK:C,

33 1 22,4 34 18,8

35 I z5,o

10,7 2,2 141,2 ~ 5,9 ~ 6,9 ]27,7 12,0 1,561 38,0 I 9,1 4,17~ 23,5

12,0i2,1 ~48,2. 8,7 15,54]28,5

Normal- 10,9 ( 2,54 ! I 42,9 it 5,4 i 7,9 12,4~ 1,89 36 ,5 8,0 I 4,55

Tier au/ der H6he der 12,2 I 2,26 ] 43,1 9,4 ~ 4,58

2. Der Mineralstoffgehalt im Gesamtblut, Blutserum und Plasma bei normalen Tleren in der Sensiblllsierungsperiode und im

anaphylaktisehen Zustande. Da unsere Hundeversuehe weniger zahlreieh sind und unsere

Erfahrungen bei den Kaninchen bereits vorlagen, so fiihrten wir bei den folgenden Versuchen sofort die getrennte Untersuehung yon Ge- samtblut und Serum durch und verwandten ferner die Veraschungs- methode.

a) Normalzustand und Sensibil~ierungsperiode. ~ b e r die Tiere ist folgendes zu bemerken: Tier 33 und 34 sind Normaltiere. Tier 35 ein Tier, welches sich auf der HShe der Sensibilisierungsperiode, also

etwa am Ende der zweiten Woche nach der letzten sensibilisierenden Antigen- injektion befindet.

Die Normaltiere (s. obenstehende Tabelle) zeigen in den Serum- werten dasselbe Verhalten wie die vorigen. Auch hier der Anstieg des Kaliums yon der Carotis zu den Venen des Bauches, mit einer gleich- zeitigen Erhebung des Quotienten K : Ca, der bald in der Vena portae, bald in der Vena hepatica seinen H6hepunkt erreicht. Der Calcium- gehalt geht gleichfalls etwas in die H0he.

Im Gesamtblut besteht ein wesentlicher Unterschied gegeniiber dem Kaninchen darin, dab der Kaliumgehalt bedeutend niedriger ist und nicht ganz die doppelte H6he des Blutserums betr~tgt, weft die Blut- k0rperchen des Hundes wesentlich kalium~rmer sind als die des Kanin- chens. Die Calciumwerte des Gesamtblutes sind wesentlich niedriger wie die des Serums. Auch hierin pr~gt sich der verschiedene Mineral- stoffgehalt der roten BlutkSrperchen bei Kaninchen und Hund aus.

Auf der H6he der Sensibilisierungsperiode zeigt sich ebenso wie beim Kaninchen eine leichte Erh~hung des Kaliumgehaltes yore Blur- serum. Das Calcium geht in der Carotis und der Vena portae gleich- zeitig in die HShe, so dal3 der Quotient sich yon dem normalen nicht unterscheidet. Die Werte des Gcsamtblutcs entsprechen diesen Vcr- hMtnissen.

Page 14: Über den Kalium- und Calciumgehalt von Blut und Organen des Kaninchens und des Hundes und seine Veränderungen beim sensibilisierten und anaphylaktischen Tier

l~ber den Kalium- und Calciumgehalt von Blur und Organen. VII. 675

_Ycn a c a v a inf_ ]_ Vena h e p a t i c a

tiere ~176

24,5 10,3 2,38 47,2 6,0 7,86 Sensibilisierungsperiode 28,21 9,4 I 3,0 I 38,4l 7,8 4,92 I I

Auch be im H u n d e vcrgl ichen wir in zwei Versuchen den Kalium- wert des Serums u n d des Plasmas u n t e r g le ichzei t iger B e s t i m m u n g des

Re f r ak tome te rwer t c s .

Art . ca ro t i s l Vena p o r t a e

K--alium iRef rak to- I K a l i u m - R e f r a k t o - - - ~ - - - , meter- [ - . . . . - - - - ~ meter-

~ a we f t Se rum P l a s m a w e f t

37 [ 2 4 ~ ' 28 I 26,0 i~ 24,4 ~ 5,27

Vena hepa t i ca

K a l i u m I R e f r a k t o - . . . . . . . ' me te r

wer t

26,4 ; 25,1 ~ 5,47 28,2 L 27,4 5,38

Die Schwankungen des Kaliumgehaltes beim Vergleich von P.lasma und Serum sind gering, die Plasmawerte s ind durchweg niedriger als die Serumwer te , genau wie be im Kan inchen .

Die Re/raktometerwerte zeigen le ichte Di f fe renzen abe r ]ceine groflen Unterschiede.

b) Anaphylaktischer Zustand.

Die M()glichkeit grOflerer B l u t e n t n a h m e n be im H u n d h a t uns ver- arrlal~t, neben den K a l i u m - und Ca lc iumwer ten yon S e r u m und Ge- s a m t b l u t auch den R e f r a k t o m c t e r w e r t und in zwei Versuchen den Geha l t an K a l i u m und Calc ium vor de r R e i n j e k t i o n zu bes t immen . Um sicher zu sein, dab der a n a p h y l a k t i s c h e Shock vor lag , beschr/~nktcn wir uns n icht nur auf die k l in ischcn Erschc inungen , sondern r eg i s t r i c r t cn nach der i ib l ichen Methode Blutdruck u n d Atmung. Die Tiere , wclche nach der yon uns bcre i t s frfiher angegebenen Methode sensibi l i s ier t wordcn waren und in U r e t h a n n a r k o s e sich befanden , ve rh ie l t en sich nach der t~einjektion wie im folgenden beschr ieben ist.

Tier 38. Wi~hrend der Reinjektion Tier unruhig, schnelle Atmung, gro~e Ausschl~ge. Blutdruck sinkt wkhrend der Injektion (Dauer 2 _MAnuten) yon 105 auf 75 mm Hg. Nach der Injcktion Tier immer unruhiger, jault. Atmung sehr frequent, Blutdruck innerhalb 3 Minuten auf 65 mmHg abgesunken. Leichte

�9 Krampfe. 8 Minuten nach der In#ktion st~rkcre Kr~tmpfe, Tier sehr unruhig. Ganz hohe Atemschwankungcn. Blutentnahme aus der Carotis; Bauchschnitt zur Blu, tentnahme aus Vena portae und Vena hepatica. Bauchgef~e und Organe stark blutgefiiUt. Ziemliche Lungenbl~hung.

Tier 39. Verlauf nach der Reinjektion wie bei Tier 38. Nach 5 Minuten leichte Krampfe, starke motorische Unruhe des Tieres. Blur in der Carotis ganz dunkel.

Page 15: Über den Kalium- und Calciumgehalt von Blut und Organen des Kaninchens und des Hundes und seine Veränderungen beim sensibilisierten und anaphylaktischen Tier

676 A. Schittenhelm, W. Erhardt und K. Warnat:

Blutdruck sehr schwankend. Ausgangswert 100 mm Hg, nach 10 Minuten 50 bis 80 mmHg. Blutentnahme 10 Minuten nach der 1~einjektion aus der Caroti8 und Vena hepatica. 2 Minuten s l~er au8 der Vena Tortae kurz ante exitum. Starke Blutftille der ganzen Bauchorgane, mii~ig starke Lungenbliihung.

Tier 40 und 41. Sehon w~hrend der Reinjektion (Dauer 21/2 Minuten) starke motorische Unruhe des Tieres. Sofortiges sprungartiges Absinken des Blutdrucks auf Werte yon 30 40 mmHg. Starke Kriimpfe, Atemstillstand. Deshalb bei noch schlagendem tterzen und erhaltener Zirkulation so/ortiger Bauchschnitt: Blutentnahme aus Caroti~ und Vena Tortae zur selben Zeit. 1 Minute spiiter aus der Vena hepatica.

Tier 42. W~hrend der Reinjektion (Dauer 3 Minutcn) ist Tier ganz ruhig. Atmung wenig beschleunigt. Blutdruck 80--100 mmHg. So]art nach Beendigung der Injektion plSt~icher Ab/all des Blutdruc~ au] 30 mmHg, Atcmstillstand, Kriimpfe. So/ortige Blutentnahme aus der Carotis, Vena cava und Vena hepatica.

Tier

38

39

40 41 42

Durchschnitt

Art. carotis

Serum __ ]

K I Ca K:Ca K

vor der Reinjektion 24,5 I 10,3 2,38 nach der Reinjektion 28,0 vor der Reinjektion 18,8 nach 24,5 30,2 29,4 29,8

28,4

[ 47,2

I 10,4 I 2,68 I 46,2

I 12,0 I 1,57 [ 38,0 der Rcinjektion

12,2 I 2,0 43,1 10,8 i 2,81 44,4 10,0 41,8 2,94 11,1 I 2,86 46,1

10,9 I 2,66 44,4

Gesamtblut Refrakto- . . . . . . . . I meter- Ca K:Ca I weft

6,0 7,86 , I 5,63

6,2 7,45 I 5,66

9,1 4,17 I 5,25

9,4 4,58 5,06 5,5 8,08 6,82 6,4 6,53 6,52 6,8 6,78 6,12

6,9 6,68 6,06

Tier

38 39 40 41 42

Durchschnitt

Vena portae

Serum G esamtblut

K , Ca K:CI K Ca i K:Ca

10,5 3,94 41,9 10,0 4,19 46,9 ~ 12,7 3,69 51,7 . 10,2 5,06 61,7 10,8 5,71

46,7 [ 10,8 I 4,52

48,2 45,4 50,7 40,8 42,4

6,4 9,0 8,5 5,9 6,2

7,53 5,05 5,85 6,93 6,83

Refrakt~- meter- weft

5,65 5,01 5,66 5,78 5,90

5,60

Tier

38 39 40 41 42

K

39,0 52,2 50,8 57,4 64,7

Serum

10,6 10,0 11,2 i 10,0 ! 10,2

Vena hepatica

. . . . . . Gesamtblu7 . . . . . [~efrakto- , . . . . . . - - meter-

K : Ca " K ..... ! Ca ] K:Ca I weft

3,68 44,6 . 6,9 , 6,46 [ 5,54 5,22 49,1 8,9 5,51 J 5,36 4,53 47,2 7,2 6,55 J 6,48 5,74 42,4 6,1 I 6,95 J 6,10 6,3 43,7 6,2 ~ 6,30

4,8 45,4 ' 7,1 I 6,5 I 5,96 Durchsehnitt 52,8 10,4 !

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(~ber den Kalium- und Calciumgehalt yon Blut und Organen. VII. 677

Die Versuche zeigen, dal~ sieh beim Hund die Vergnderungen im Serum etwa ~ihnlich abspielen wie beim Kaninchen, nur dab die Aus- schldge keine so extremen si~d; vor allem hebt sieh der Kaliumgehal t in dem Serum des aus der Carotis gewonnenen Blutes nur relativ wenig, w~hrend er in der Vena portae und Vena hepatica sieh gegeniiber der Norm sehr erhSht, bis auf den doppelten Wert und dariiber. Ent- spreehend verh~lt sich auch der Quotient K : Ca, da die Calciumwerte sich nur wenig ver~ndern. Wie beim Kaninchen, so scheint auch bier der Verlau/ des anaphylaIctischen Shocks /iir die H6he des Kalium- gehaltes ausschlaggebend zu "sein. Tier 38 und 39 zeigen einen Shock- zustand, bei dem das Tier noch l~ngere Zeit lebt und das Blut 8- -10 Minuten nach der Reinjektion abgenommen wird. Die Kal iumwerte sind bei diesen Tieren niedriger als bei den Tieren 40 und 42, bei denen der Shoekzustand ganz akut verl~uft und die Blutentnahme 21/2 bis 3 Minuten nach der Reinjektion vor sieh geht.

[m Gesamtblut erleiden die Kaliumwerte keine sehr wesentlichen Verdnderungen. Sie sind zum Teil niedriger als im Serum, eine Be- obachtung, welche bereits in den bekannten Arbeiten yon Abderhalden 1 angedeutet ist. Immerhin sind die Differenzen zum Teil auffallend groBe, z. B.' bei Tier 41 und 42 in der Vena portae und der Vena hepa- tica. Eine Erkl~rung ffir diese Erscheinung kSnnen wir heute noch nicht geben. Auch hier kSnnte eine ver~nderte Permeabil i t~t der roten BlutkSrperchen eine Rolle spielen. Wir sind uns aber wohl bewu~t, daK3 eine solche Annahme mit den bisher vorliegenden Festste | lungen nicht ohne weiteres in Einklang zu bringen ist. Immerhin haben Piclc und Heyman~ auf Grund ext)erimenteller Untersuchungen die An- nahme ausgesprochen, dab KaninchenblutkSrperehen Kalk- und Kaliumionen ~estzuhalten vermSgen. Es diirfte nach ihnen der Schlu[~ bcrechtigt sein, da~ den Kaninchenerythrocyten fiir die I4egulierung physiko-chemischer Austauschvorg~nge, an denen Calcium- oder Kaliumionen beteiligt sind, auch im lebenden Organismus einc Rolle zuf~llt. Weitere Untersuchungen mfissen hier einsetzen, um Klarheit zu bringen.

3. Der Mineralstoffgehalt verschiedener Organe des normalen und anaphylaktisch enibluteten Tieres.

Wie bei den Kaninehen haben wir aueh beim Hunde versucht, durch Analysen der Organe festzustellen, ob sich die _~nderungen im Blute in ihnen auswirken.

Es bes teht ein erheblicher Unterschied in den Analysen der normalen und pathologischen Organe. Die Kaliumwerte betragen bei den letzteren nur etwa die Hdl/te, w~hrend die Calciumwerte etwa8 h6her liegen wie

Abderhalden: Hoppc-Seylers Zeitschr. f. physiol. Chem. 25, 106. 1898. Z. f. d. g. exp. Med. L V I I I . 4 5

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678 A. Schittenhelm, W. Erhardt und K. Warnat:

41 42

Nr. I-- K I ca-I-KiCa ]-K --ca-l-K:cai K Mllz ] Darm

~Vormale Tiere

316 . 2,5 ,126,4 482 13 137 266 11 Au/ der H6he des anaphyla~ischen

205 ] 30 ! 68,3 ] 225 11 20,5] 290 i 9 165 i40 I 41,251 140 15 I 9 ,31240 i e

25,6 ] 284 12 ! 28.4 24,2 294 12 24.6 !

Shocks i 32,2 [ 170 10 17,0

190 16 11,9

bei den normalen Organen. Es seheint so, als ob die Leber Kalium aus- geschwemmt h~tte, und in der Ta t sind die Kaliumwerte des Serums und des Gesamtblutes bei den Tieren 41 und 42 in der Vena hepatica h6her als in der Vena portae. Dasselbe trifft in noch viel hSherem Mal3e fiir die Lunge zu und auch im Darm finden sich bei den patho- logischen Organen niederere Werte als beim normalen. Es scheint dem- na~h ganz allgemein eine Ausschwemmung des Kaliums aus den Organen stat tgefunden zu haben.

III. SchlnBfolgerungen. Die Untersuchungen an Kaninchen und Hunden haben also zu

dem iibereinstimmenden Ergebnis gefiihrt, dab die Verteilung yon Kalium und Calcium in Blut und Organen des normalen Organismus keine gleichmis ist, sondern dab ihre Menge gesetzmtiflig variiert. Die Verabreichung yon Antigen und der Vorgang der Sensibilisierung fiihren eine leichte St6runq herbei insofern, als der Kaliumgehalt des Blutes sieh etwas erh6ht, wobei jedoch der Organismus durch gleich- zeitige ErhShung des Calciumgehaltes bestrebt ist, das normale Gleich- gewicht zwischen den beiden Elektrolyten zu erhalten.

Die Rein}ektion beim sensibilisierten Tier, welehe den Symptomen- komplex Anaphylaxie hervorruft, ]iihrt momentan zu einer 8chweren St6rung, so dab das Kalium aus den Organen, vielleieht aueh --wenig- stens beim Kaninchen - - aus den roten BlutkSrperchen, in mehr oder weniger grol3en Mengen an das Blut abgegeben wird. Das Calciu~,, dessen Menge in den Zellen gegentiber dem Kalium eine kleine ist, zeigt eine schwerere Beweglichkeit, so dal3 das Gleichgewicht K : C a eine intensive Vertinderung erf~hrt und ganz enorme Kaliummengen sich einseitig im Blute anh~ufen. Nur langsam versucht der Organis- mus durch Mobilmachung seiner bewegliehen Caleiumdepots den Cal- eiumspiegel des Blutes etwas zu erh6hen und andererseits, was yon gr613erer Bedeutung sein dfirfte, den ~berschuB an Kalium aus dem Blute zu beseitigen, zum Teil dadurch, dal~ die Organe, vor allem die Leber und die Lunge, Kalium zurfickhalten. Sobald der Shockzustand l~ngere Zeit dauert, k6nnen diese Regulierungen nachgewiesen werden.

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I~ber den Kalium- und Calciumgehalt von Blut und Organen. VIII. 679

Die Kaliummengen sind so grofe und werden so pl6tzlich aus den Depots in den Kreislau] gewor]en, daB man iiberlegen mul3, ob dutch sic nicht Gi/twirkungen zustandekommen k6nnen. Bekanntlich ffihren Kaliumsalze nach den grundlegenden Untersuchungen yon B6hm 1 bei sehneller Verabreichung grSBerer Dosen (bei Katzen von 0,1 g Kalium nitricum an) unter raschem Abfall des Blutdruckes, Stoekeu der Atmung und Kr~mpfen tetanischer Art zum Tode, der l~ngstens in drei bis vier Minuten eintritt. Bei Hunden land er nach dem Tode das Herz in komple t tem diastolisehem Zustand. Auch Bunge 2 erw~hnt, daft bei einem mittelgroflen Hund die Injekt ion yon 0,1 g KC1 in die Jugularis fast augenblicklich Herzstfllstand bewirkte. Braun ~, der in der Kaliwirkung eine direkte Herzsch~digung sieht, Gottlieb 4, E. Grof s, P. Te tens Hald 6, der besonders eingehende Untersuchungen fiber die Wirkung der Kalisalze auf den Kreislauf an Kaninchen anstellte, kommen alle auf verschiedenen Wegen zu ~thnlichen Auffassungen. Tetens Hald zeigt, dal3 nach AufhSren der Kalizufuhr bei langsamer Infusion, die ein Herabgehen des Blutdrucks trod eine Verlangsamung d.es Pulses herbeigefiihrt hatte, die normale Pulskurve rasch wieder- erscheint, so dab also diejenige KC1-Konzentration des Plasmas, welehe das bedrohliche Stadium hervorruft, nur um ein weniges herabgesetzt zu werden braucht, damit das Her.z wieder ein normales Arbeiten be- ginnt. Diese Herabsetzung wird bei Kaninchen nach Tetens Ha ld dureh Auswanderung des Kaliums nach den fibrigen Geweben, be- sonders Leber, Muskeln, vielleicht aueh im geringeren Grade Herz- muskel, erreicht, w~hrend die Ausscheidung dutch die Nieren erst langsam, etwa nach einer halben Stunde beginnt; dabei ist es inter- essant, dab das normale Tier siebenmal mehr vertragen kann wie das nephrektomierte. Die Kaliumkonzentration, welche wir bei den ana- phylaktischen Tieren, besonders in den Venen des Bauches feststellten, liegt in den Breiten, bei denen in den genannten Untersuchungen schwere StSrungen beobachtet wurden, und es l~Bt sich auch manche J~hnlichkeit zwischen der Kaliwirkung und dem anaphylaktischen Symptomenkomplex - - besonders was Herz und Kreislauf betr iff t - - nachweisen. Die M6glich]ceit, daft die pl6tzliche Kaliumiiberschwemmung k s Blut]creislau/es besonders /iir die Zirkulationsst6rungen von Be- deutung sein "lcann, bezteht also durchaus, wenn sic auch sieherlieh nicht allein ffir den anaphylaktischen Zustand verantwortl ich zu machen ist

z B6hm: Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 8, 68. 1878. 2 Bunge: Lehrbuch der physiol, und path. Chemic. S. 137. Leipzig 1889.

Braun : Pfliigers Arch. f. d. ges. Physiol. 108, 476. 1904. Gottlieb : Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 48, 287. 1900.

s Grofl: Pfliigers Arch. f. d. ges. Physiol. 99, 264. 1903. 6 Hald, Tetens: Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. ,53, 227. 1905.

45*

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680 A. Schittenhelm, W. Erhardt und K. Warnat:

Die eklatante StSrung des Kalium-Calciumgleichgewichts und die einseitige Kaliumfiberschwemmung h~ngen sicherlich eng zusammen mit dem ganzen Symptomenkomplex der Anaphylaxie und der dabei sieher vorhandenen schweren Disharmonie im vegetativen Nerven- system. Wir wollen uns hier nieht mit der noch umstrittenen Frage beseh~ftigen, weleher Teil des vegetativen Systems die Hauptver- antwortung ffir die Entstehung des Krankheitsbildes tr~gt. Jedenfalls liegen unsere Resultate ganz in der Richtung der Krausschcn Auf- fassung yon der grundlegenden Bedeutung der ,,vegetativen StrOmung" und der Zondekschen ErSrterung fiber die Bedeutung der Elektrolyte. Letzterer weist in theoretischen ErSrterungen auch auf die Anaphylaxie und ihren Zusammenhang mit dem Vagus hin, wobei er die thera- peutische Rolle anfiihrt, welche das Calcium bei allerhand Erkran- kungen, die mit der Anaphylaxie in einen gewissen Zusammenhang gebracht werden, spielt. Auch wir haben uns sofort vorgestellt, daI~ es vielleicht gelingen kSnnte, durch Zufuhr yon Calciumsalzen den anaphylaktischen Shock zu verhiiten oder zu heilen. Unsere Versuche nach dieser Richtung sind noch nicht abgeschlossen, aber so viel kSnnen wir bereits sagen, dab es nicht gelingt, bei vorliegendem Shock dic StSrungen durch intravenSse Calciumsalzinjektionen zu heilen und dab ebensowenig eine prophylaktische Calciumsalzinjektion geniigend hilft, wenn die Reinjektion sofort angeschlossen wird. Dagegenscheint ez, als ob mitunter eine Calciumsalzinjektion shockverhiitend wirken k6nne, wenn zwischen ihr und der Rein~ektion mindestens ein Intervall von einer halben bis einer Stunde eingelegt wird. Es scheinen also offenbar ~hnliche Verh~iltnisse wie beim Atropin zu bestehen. Man wird wohl annehmen dfirfen, dab dieses Interval] benStigt wird, um das Elektrolytgemisch in den Zellen -- sei es auf dem Nervenweg (Atropin) oder durch direkten Salzeinstrom (Calciumsalzinjektion) -- so abzu~ndern, dab das ana- phylaktische Symptomenbild nicht zustande kommt, well nunmehr die Beeinflussung des vegetativen Nervensystems eine andere Richtung erh~lt, als sie in der Sensibilisierungsperiode und noch mehr bei der Anaphylaxie war, wo das Kalium langsam oder rasch das ~bergewicht erh~lt.

Unsere Untersuchungen sind ein schlagender Beweis /iir die en(jen Beziehungen, welche gewisse Krankheitszustdnde mit dem vegetativen Nervensystem und dem Kalium-Calciumgleiehgewicht verbindet, und /iir die starken Wechselbeziehungen zwischen diesen. Sic zeigen aber auch, wie gering die Aussicht ist, leichtere StSrungen durch Analyscn des peripheren Blutes mit Sicherheit zu erfassen, well sie durch die mannig- fachen Ausgleichsbestrebungen, welche im Inneren der Organe und im zentralen Kreislaufsgebiet sich abspielen, mehr oder wenigcr voll- st~ndig verdeckt werden kOnnen.

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(~ber den Kalium- und Calciumgehalt von Blut und Organen. VII. 681

Zusammenfassmag.

A. Kaninchen.

1. Es werden die Normalwerte fiir Kalium und Calcium im Blut- serum der Arteria carotis, Vena jugularis, portae und hepatica fest- gestellt, und gesetzm~l~ige Unterschiede gefunden.

2. Die Antigeninjektionen vergndern da,s Verh~ltnis K : Ca in der Carotis kaum, da beidc Werte gleichsinnig etwas in die H6he gehen. Die Neigung zu einer einseitigen Kaliumvermehrung ist a]lerdings angedeutet.

Nach bcendetcn Antigeninjektionen t r i t t im Verlauf der Sensibili- sierungsperiode eine allm~hlich zunehmende cinseitige Steigerung des Kaliums im Blutserum auf als ein deutliches Zeichen der Umstimmung des Organismus.

3. Im akuten anaphylaktischen Shock steigt der Kaliumgehalt des Blutserums in allen vicr Gefgi3gebieten hoch an, in der Carotis weniger als in den Vcnen, am h6chsten in der Vena portae.

Im prolongierten Shock ist die Erh6hung des Kaliumgchaltes in der Carotis geringer, in dcr Vena portae hSher als im akuten Shock, w~hrcnd die Vena hepatica einen niedrigcren Wert zeigt. Die Leber h~lt also Kalium zuriick. Gleichzeitig zeigt der Organismus durch ErhOhung des Calciumspiegcls das Bestrebcn, das Verh~ltnis K : C a wieder auszugleichen.

4. Der Kaliumgehalt des Gesamtblutes ist normalerweise sieben- mal so hoch, der des Plasmas etwas nicdriger als der des Serums.

Im anaphylaktischen Zustand erhShen sich die Kaliumwerte dcs Gesamtblutes nicht, rcsp. bleiben sogar unter den Normalwerten

5. Es werden Normalwerte fiir Kalium- und Calciumgehalt der Lebcr und Lunge angegeben.

Die Organe anaphylaktischer Tiere zeigen Differenzen und spiegeln die Elektrolytver~nderungen des Blutes wieder.

B. Hund.

1. Die Normalwertc des Kaliums und Calciums im Blutserum und dcr Quotient K : Ca verhalten sich ebenso wie beim Kaninchen.

2. Die Kaliumwcrte im Gesamtblut sind niedriger als beim Kanin- chen, im Plasma sind sie niedriger als im Serum.

In der Sensibilisierungsperiode steigen K und Ca etwas an, so dab der Quotient sich nicht ver~ndert.

3. Der anaphylaktische Zustand vergndert den Kaliumgehalt des Serums in derselbcn Richtung wie beim Kaninchen, nur in geringerem Maite; auch der Untersehied des akuten und prolongierten Shocks

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l~Bt sich feststellen. I m Gesamtblut zeigt sich dasselbe Verhalten wie beim Kaninchen.

4. Es werden die Normalwerte des Kal iums und Calciums fiir die Organe Leber, Lunge, Milz und Darm festgestellt. Dieselben Organe yon anaphylaktischen Tieren analysiert, ergeben einen niedrigeren Kalium- und einen etwas hSheren Calciumwert.

Co

Die Befunde werden erSrtert und es werden Versuehe mitgeteilt, welche darauf ausgehen, dureh Zufuhr yon Calcium den anaphylak- tischen Symptomenkomplex zu verhiiten resp. zu heilen.