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G. KaBner u. B. Stempel. Aufnahme von Wasserstoff durch Calcium usw. 83 her die Aufnahme von Wasserstoff durch Calcium und seine Legierungen. Von G. KASSNEIL und B. STEMPEL. Mit 4 Figuren im Text. Die Messung des Dissoziationsdrucks des Calciumhydrids ist schon mehrfach der Gegenstand von Untersuchungen gewesen.') Wahrend BRONSTED das Temperaturgebiet 641O-747 unter- suchte, erstrecken sich die Messungen von MOLDENHAUER und ROLL-HANSEN, EPHBA~ und MICHEL sowie von Kuus und Hum bis zu 1000° und noch dariiber. Die in der Literatur angegebenen Daten iiber die Aufnahme von Wasserstoff durch Calcium gehen sehr weit auseinander. So stellen HUTTICI und BBODKORB unterhalb 380 O keine Wasserstoff- aufnahme fest, wogegen nach EPHRAYX und MICHEL zwischen 1 50° und 300 O Calcium lebhaft Wasserstoff aufnimmt,. Diese Widerspriiche waren die Veranlassung, eine neue Unter- suchung der Abhangigkeit der Wasserstoffaufnahme durch Calcium von der Temperatur vorzunehmen. Zugleich sollte der W avserstoffdruck des Calciumhydrids in seiner Abhangigkeit von der Temperatur, uber die gleichfalls die Ergebnisse der in der Literatur aufzufindenden Versuche auseinandergehen, erneut be- stimmt werden. Ein einseitig geachlossenes, mit einem Schutzrohr %us Stahl versehenes Bergkristallrohr stand mit einem graduierten Gasometer in Verbindung. Das Rohr wurde mit 2 g geraspeltem Calcium be- schickt, mit der Toplerpumpe leergepumpt und nun im elektrischen Ofen erhitzt. Nach Erreichung einer konstanten Temperatur wurde die Verbindung mit dem mit Wasserstoff gefullten Gasometer her- gestellt, der unter Atmospharendruck stand. Alle 5 Minuten ge- schah die Ablesung des aufgenomrnenen Wasserstoffs. l) MOLDENHAUEX und ROLL-HANSEN, Z. anorg. Chemie 82 (1923), 13; BR~NSTED, Z. Elektrochem. 20 (1914), 81; EPHBA'~~~ und MICHEL, Helv. chim. act. IV. (1921), 900; CHARLES A. KRAUS und CEARLES B. HURD, Journ. Am. Chem. SOC. 46 (1923), 2559; F. H~TTIG und F. BRODKORB, Z. anorg. u. allg. Chem. 163 (1926), 309. 6*

Über die Aufnahme von Wasserstoff durch Calcium und seine Legierungen

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G. KaBner u. B. Stempel. Aufnahme von Wasserstoff durch Calcium usw. 83

h e r die Aufnahme von Wasserstoff durch Calcium und seine Legierungen.

Von G. KASSNEIL und B. STEMPEL. Mit 4 Figuren im Text.

Die Messung des Dissoziationsdrucks des Calciumhydrids ist schon mehrfach der Gegenstand von Untersuchungen gewesen.')

Wahrend BRONSTED das Temperaturgebiet 641O-747 unter- suchte, erstrecken sich die Messungen von MOLDENHAUER und ROLL-HANSEN, E P H B A ~ und MICHEL sowie von K u u s und Hum bis zu 1000° und noch dariiber.

Die in der Literatur angegebenen Daten iiber die Aufnahme von Wasserstoff durch Calcium gehen sehr weit auseinander. So stellen HUTTICI und BBODKORB unterhalb 380 O keine Wasserstoff- aufnahme fest, wogegen nach EPHRAYX und MICHEL zwischen 1 50° und 300 O Calcium lebhaft Wasserstoff aufnimmt,.

Diese Widerspriiche waren die Veranlassung, eine neue Unter- suchung der Abhang igke i t d e r Wassers tof faufnahme d u r c h Calcium von d e r T e m p e r a t u r vorzunehmen. Zugleich sollte der W avserstoffdruck des Calciumhydrids in seiner Abhangigkeit von der Temperatur, uber die gleichfalls die Ergebnisse der in der Literatur aufzufindenden Versuche auseinandergehen, erneut be- stimmt werden.

Ein einseitig geachlossenes, mit einem Schutzrohr %us Stahl versehenes Bergkristallrohr stand mit einem graduierten Gasometer in Verbindung. Das Rohr wurde mit 2 g geraspeltem Calcium be- schickt, mit der Toplerpumpe leergepumpt und nun im elektrischen Ofen erhitzt. Nach Erreichung einer konstanten Temperatur wurde die Verbindung mit dem mit Wasserstoff gefullten Gasometer her- gestellt, der unter Atmospharendruck stand. Alle 5 Minuten ge- schah die Ablesung des aufgenomrnenen Wasserstoffs.

l) MOLDENHAUEX und ROLL-HANSEN, Z. anorg. Chemie 82 (1923), 13; BR~NSTED, Z. Elektrochem. 20 (1914), 81; E P H B A ' ~ ~ ~ und MICHEL, Helv. chim. act. IV. (1921), 900; CHARLES A. KRAUS und CEARLES B. HURD, Journ. Am. Chem. SOC. 46 (1923), 2559; F. H ~ T T I G und F. BRODKORB, Z. anorg. u. allg. Chem. 163 (1926), 309.

6*

84 G. KaBner und B. Stempel.

_ _ 1 2 3 4

Aus folgender Tabelle ergibt sich die Abhangigkeit der Auf- nahmegeschwindigkeit von der Temperatur.

- __

~ ~ . ~ _ ~ - - -

270° 67 360° 44 400° 22,7 96,9 500° 4,l

__-

O i O

“lo

“0

0 ’ 10

Fig. 1 zeigt die Versuche. Die Abszisse gibt die Zeit, die In der Ordinate die Prozente aufgenommenen Wasserstoffs an.

30‘ 60‘ 90’ 72Q’ Fig. 1.

Nghe des Schmelzpunkts des Calcium8 nimmt infolge der Lockerung des Gefuges die Geschwindigkeit der Wasserstoffaufnahme stark zu. Unter 100 igem Hydrid ist stijchiometrisch zusammengesetztes CaH, zu verstehen. Ein 100°/,iges Hydrid wurde jedoch nicht er- reicht, da das verwandte Calcium nur 97 metallisches Calcium enthielt.

Die Abnahme der Reaktionsgeschwindigkeit mit steigender Temperatur bei konstantem Drucke diirfte sich wohl dadurch er- klaren, da6 das oberfliichlich gebildete Hydrid bei hbherer Tem- peratur sintert und somit hemmend auf den Zutritt des Wasser- toffs zum Netallkern wirkt. Irgendwelche Folgerungen auf eine etwaige Anderung der Geschwindigkeit nach Erreichung der Zu- sammensetzung CaH (in der Fig. 1 50°/,) lassen sich aus den Kurven

Aufnahme von Wasserstoff durch Calcium und seine Legierungen. 85

nicht ziehen; die Form der Kurven scheint vielmehr eine zu- fallige zu sein eben infolge des Wechsels in der Oberflachen- beschaffenheit.

I n Anbetracht der grotlen Reaktionsgeschwindigkeit bei ver- haltnismaBig niedriger Temperatur gelang es, durch langeres Er- hitzen auf nur 260°- 300 O Calcium praktisch vollstandig zu hydrieren. Es trat dann bei weiterem Erhitzen auf hohere Temperatur keine mefibare Wasserstoffauf- nahme mehr ein. Hieraus ergibt sich auch, daB die Loslichkeit von H, in CaH, bei hoherer Temperatur nicht groB ist. Derartige bei niedriger Temperatur hergestellten Praparate zeig- ten sich bei den damit ange- stellten Dissoziationsdruck- messungen infolge der grofie- ren Oberflache vie1 aktiver als die bei hoher Tempera- tur gewonnenen,die grofiten- teils zusammengeschmolzen waren.

Die Apparatur fur die Messungen dea Di s - s o z ia t i o n s d r u c k s ent- sprach im groBen ganzen der von MOLDENHAUEE und ROLLRANSEN l) benutzten. Als ReaktionsgefaBe dienten Rohre aus geschmolzenem

P. - Fig. 2.

Bergkristall mit Schutzrohren aus Stahl. Rohrentiegel aus Calcium- oxyd, geschmolzenem Magnesiumoxyd und geschmolzenem Alumi- niumoxyd der Norton Comp. Massachusetts, U. S. A. waren poros. Sie lieBen Calciumdampf durch. Xagnesiumoxyd wurde durch Cal- ciumhydrid zu metallischem Magnesium reduziert.

Bei den statischen Messungen ergab sich bald ein Resultat, das mit demjenigen fruherer Autoren nicht iibereinstimmt. Benutzke ich

I) MOLDENEAUER und ROLL-HAXSEN, 1. c.

86 G. KaDner und B. Stempel.

namlich als Bodenkijrper ein nur teilweise hydriertes Calcium oder setzte ich von Anfang an Calcium zu, so erhielt ich ahnliche Drucke wie sie MOLDENHAUEB und ROLL-HANSEN, EPHRAW und MICHEL, KRATJS und HURD usw. gefunden haben (Fig. 2, Kurve b). Nahm ich dagegen zu den Messungen hochprozentiges Calciumhydrid, wie es oben beschrieben ist, so gelangte ich bei vorsichtigem Abpumpen von wenig Wasserstoff auf eine durch Wiederholung der Versuche durchaus reproduzierbare Gleichgewichtskurve (Fig. 2, Kurve a). Das Abpumpen von etwas Wasserstoff ist notwendig, da das Hydrid beim Erhitzen infolge Abgabe von gelistern Wasserstoff schwach gast.

Die so festgestellte Abhangigkeit des Dissoziationsdrucks von der Zusammensetzung des BodenkSrpers spricht fiir einen stufen- weise verlaufenden thermischen Zerfall des Calciumhydrids ent- sprechend den Gleichungen :

2CaR, f r 2CaH + HB, (1) 2CaH 2Cs + H,. (2)

Tatsachlich waren bei den in der Literatur angegebeneii Ver- suchen, die zu der Kurve b fuhrten, soweit es sich feststellen la&, die Bedingungen der Gleichung (2) erfiillt,, da stets mit einem fJber- schusse von Calcium gearbeitet wurde.

KRAUS und HURD setzten von Anfang an einen Uberschu8 Calcium zu und gelangten so zu ahnlichen Werten wie sie MOLDEN- HAUER und ROLL-HANSEN fanden (Kurve b). EPHRATN und MICHEL weisen darauf hin, daB der Dissoziationsdruck von der Menge des iiberschussig zugesetzten Calciums abhangig ist. Sie fanden, daO der CalciumuberschuB auf 1 g Hydrid (das sind etwa 24 Millimol) mindestens 48 Millimol Calcium betragen muB, wenn man repro- duzierbare Werte erhalten will. Der BodenkBrper besitzt d a m etwa die Zusammenstellung CaH, + 2 Ca und muB demnach zur Kurve b fuhren. Sie geben auch an, auf die Kurve von MOLDEN- HAUEB und ROLL-HANSEN gekommen zu sein mit einem Hydrid, das nicht einmal der Formel CaH, sondern nur der Formel CaH,,,, - CaH,,,, entsprach. Die Zusammensetzung des von MOLDEN- HAUER und ROLL-HANSEN benutzten Praparats geht leider aus der Arbeit nicht hervor.

BRONSTED hydrierte einen abgedrehten Calciumzylinder und setzte ihn dann einige Stunden bei 600°-650 O dem hohen Vakunm einer Gaedepompe au8. Selbst bei der Annahme, daB der Calcium-

Anfnahme von WasserstoE durch Calcium und seine Legierungen. 87

- 896 - - 580

zylinder vollkommen hydriert war, konnte auch in diesem Falle kaum mit einer Einstellung der Drucke der Gleichgewichtskurve a gerechnet werden, da das Praparat bei stundenlangem Abpumpen mit der Gaedepumpe bei einer Temperatur von 600 O-650 O, bei welcher der Wasserstoffdruck des CaH, 10-20 mm Hg betragt, sicherlich bedeutende Mengen Wasserstoff verloren hatte.

Jedenfalls Ia8t sich die Kurve b, wenn iiberhaupt, nicht in dem MaBe reproduzieren wie Kurve a. Das zeigt zunachst folgende Zusammenstellung der fiir Kurve a benutzten Werte, die ich fad , und die als kleine Kreise in die Zeichnung eingetragen sind.

- 304-308 - - -

____

t

- _ _ 7550 770° 7800 8000 850 O

855 860° 9000 920°

Versuch Nr.: 68a 1 68b 1 7 1 I 72a 1 72b

(Druck in mm Hg)

Dab as sich um wahre Gleichgewichte handelte, ergab sich daraue, daB nach Abpumpen von Wasserstoff stets eine erneute Einstellung des vorherigen Druckes eintrat. Auch beim Erhitzen iiber Nacht blieben die Resultate stets auf der Kurve. Ein nber- gang von der Gleichgewichtskurve a zur Kurve b durch Abpumpen von Wasserstoff gelang nicht. Es trat an der Oberflache der Sub- stanz der Zerfall bis zum metallischen Calcium ein, das in dem heiB kalten Rohre sich durch Wegsublimieren dem Gleichgewichte entzog.

Zur Kontrolle der auf statischem Wege gefundenen Werte wurde versucht, dieselben durch die dynamische Methode von CENTNERSZWEB und ANDBUSSOW l) zu reproduzieren, was auch gelang. Als besonders brauchbar erwies sich die von obigem Autor an- gegebene neuere Apparatur.q

Wie man aus folgender Tabelle und der Kurve a in Fig, 2, in die die Werte der Tabelle als Kreuze eingetragen sind, sieht, reihen sie sich sehr genau in den Kurvenzug ein.

I) CENTNEESZWER und ANDBUSSOW, Z. phys. Chem. 111 (1924), 79; 116 (1925), 81.

CENTNEBSZWEB, 1;. pbys. Chem. 124 (1927), 225.

88 G. Kdner und B. Stempel.

__ _..________ ____ - 102 760n

8100 - 188 820' 220 - 842 288 - 845O 316 298 860 - - 8900 I - 1 -

_ ~ _ _ _ _ _ _ _ ___ - - 226 - -

359 520

log. 800

pl 300

" f00

500

7000 800" 9000 70000 l0g.p. 1

t. -

(Fig. 3), so stellt die Ves- bindungslinie der Punkte eine gerade Linie dar. Der experimentell bestimmten Gleichgewichtskurve a liegt demnach eine logarith- mische Funktion zugrunde, und zwar la& sich die Ab- hangigkeit des Druckes von der absoluten Tem-

Fig. 3 peratur, wenn wir statt t die absolute Temperatur

T einfiihren, durch folgende logarithmische Formel ausdrucken :

Aus den experimentell gefundenen Dissoziationsdrucken kann man mit Hilfe der VAN'T Hom'schen Formel die Reaktionswkme Q fdr das Gleichgewicht 2 CaH +!H, c+ 2 CaH, berechnen. Wir wenden die umgeformte Gleichung an und setzen, da bei der Reaktion nur

ein einziges Gas entsteht, fur I< den Ausdruck - ein. Dann ist:

P 4,571 l o g 2 - log 2) T, T, i g2 TI cal .

log = - 3,475 + 0,005322 T . (1)

R * T

(2) T, - Tl Q, =

Die berechneten Werte finden sich in der folgenden Tabelle. Auch die NEmsT'sche NAherungsformel gestattet die Berechnung der Wkmetonung Q aus den Drucken.

(3) log p = -___-- - + 1,75 log 2' + C ; 4,571 * T

C = 1,6.

Bufnahme von Wasserstoff durch Calcium und seine Legierungen. 89

1123 O 1163" 1173O 1193O

-__ -

t

- -__ 7550 500 850 O

8900 900 O

920'

Da

24800 cal

308 317 520 550 586 748 748

P P Q T mm H~ berechnet

(gefunden) nach

Q berechnet

nach

22 800 cal 22 850 cal 22 730 cal 22 580 cal 22 560 cal 22410 cal

, NERNST ___- _____

lie spezifischen Warmen der Reaktionsprodukte im Gebiete der Messungen unbekannt sind, so ist der Temperaturkoeffizient der Warmetonung nicht berechenbar. Uber die Abhangigkeit der Warme- tijnung von der Temperatur und den spezifischen Warmen gilt:

%?+ t - Qr T, - T , ~ c o - c -

worin co die spezifische W k m e von (Ca H,) und c die von CaH, ist. Vergleichbare Messungen der spezifischen Warmen von Ca l) und CaHZ2) liegen in der Literatur bei etwa - 180O vor, und zwar ist c,, (Ca) = 0,123 und c (CaH,) = 0,065. Beim Einsetzen dieser Werte in die obige Gleichung ergibt sich, da8 selbst unter Ver- nachlassigung der spezifischen Warme des Wasserstoffs der Wert der linken Seite positiv wird. Demnach muB auch die rechte Seite

der Gleichung, d. i. der Temperaturkoeffizient __ positiv werden.

1st aber der Temperaturkoeffizient der Gesamtreaktion positiv, so durften wohl auch die Temperaturkoeffizienten der Teilreaktionen positiv sein, was in Ubereinstimmung steht mit den nach der TAN'T Hom'schen Formel berechneten Q - Werten.

Wie schon erwahnt worden ist, ergaben die Versuche zur Messung der Reaktion 2 CaH f_ 2 Ca + H, keine ausgesprochenen Gleichgewichtsdrucke. Dies diirfte darauf zuriickzufiihren sein, daB die Messungen in der Nahe des Schmelz- bzw. Sublimationspunktes des Calciums vorgenommen wurden.

Die WBrmetonung der Reaktion Ca + H, -2 CaH, wurde von GUNTZ und BASSET 3, calorimetrisch bei konstantem Drucke be- stimmt zu Q = 46200 cal und ebenfalls calorimetrisch von BRON- STED') ZU Ql8 = 45100 C d .

d T

I) EASTMANN und RODEBUSH, Journ. Amer. chem. SOC. 40 (1918), 496. 2, P. G~~NTEER, Ann. Phye. (4) 51 (1916), 528. 3, GUNTZ und BASSET, Compt. rend. 140 (1905), 863. 4, BRORSTED, Z. Elektrochem. 20 (1914), 81.

90 G. KaBner und B. Stempel.

Vergleicht man die nach der NEmsT’schen Formel fur die Kurve a berechnete Warmetonung Q = 22820 cal, die ubrigens bei niedrigen Drucken rnit dem nach der BAN’T Hom’schen Formel be- rechneten Q-Wert einigermaBen ubereinstimmt, rnit der von MOLDEN- HAUER und ROLL-HANSEN~) fur die Kurve b nach der NEBNST’sChen Formel zu 20500 cal berechneten, so steht die Summe beider (22800 cal + 20500 cal = 43300 cal) bei etwa 800° rnit den calori- metrischen Messungen bei Zimmertemperatur Q = 46 200 cal bzw. 45 100 cal in einigermaf3en guter Ubereinstimmung.

Ein Umstand, der ebenfalls fur einen stufenweisen Zerfall des Calciumhydrids spricht, ist auch der, da8 bei den Messungen mit hochprozentigem Hydrid zur Festlegung der Kurve a, trotz mehr- fachen Wegpumpens von Wasserstoff, bei tagelangem Erhitzen auf 7OOO-900° von 2 g Calcium, die in Form des Hydrids als Boden- kiirper vorlagen, nur 0,0004 g aus der Reaktionzone heraussublimiert waren. Der thermische Zerfall des CaH, verliuft demnach nicht bis zum Ca, sondern zum CaH. Dissoziationsdruckmessungen einer bis zum metallischen Calcium verlaufenden Reaktion durften bei einer Temperatur von 800°--9004 bei der nach 0. RUFF und H. HARTNANN~) der Dampfdruck des Calcium etwa 3 mm betragt, ohne Zusatz von uberschussigem Calcium kaum ausfuhrbar sein. Bei Messungen rnit uberschiissigem Calcium waren oft in wenigen Stunden uber 10 O/,, des Metalls heraussublimiert.

Die quantitative Bestimmung des aus der Reaktionszone heraus- sublimierten Calciums geschah folgendermaflen: An Stelle des gewohn- lich benutzten Schutzrohres dienten zwei einseitig geschlossene, ineinander geschobene Eisenrohre. Das innere Rohr war nur 35 mm lang und diente zur Aufnahme des Hydrids. Die Lange des PuBeren Rohres betrug 200 mm.

Nach Beendigung eines Versuchs wurde das innere Rohrchen mit Hilfe eines am Ende konisch abgedrehten Stahldorns ver- schlossen und aus dem augeren Schutzrohre herausgezogen. Das im augeren Schutzrohre befindliche Sublimat wurde d a m nach Auf- losen in verdunnter Essigsaure quantitativ bestimmt.

Bei Messungen mit hochprozentigem Calciumhydrid bestand der Bodenkorper oft teilweise aus w a s s e r k l a r e n K r i s t a l l e n von Calc iumhydr id . Eine mikroskopische Untersuchung derselben unter trockenem Paraffinole ergab, daB sie dem hexagonalen Systeme ______

l) ROLL-HANSEN, 1. c. ’) 0. RUEF und H. I-IARTXANN, Z. anorg. u. allg. Chem. 133 (1923), 29.

Aufnahme von Wasserstofr' durch Calcium und seine Legierungen. 9 1

angehoren. Es sind Prismen mit Rhomboedern, und zwar liegen die Rhomboederflichen iiber den Prismenflichen. Calciumhydrid besitzt demnach eine Kristallform, die wir auch beim Kalkspat antreffen.

Der Dampfdruck dieses kristallisierten Hydrids wurde bei Zimmertemperatur in geeigneter Apparatur mit Hilfe eines MAC LEOD- schen Manometers gemessen. Es zeigten sich niedrigere Werte als die von HUTTIQ und BRODPOEB~) gemessenen. Der Dampfdruck stieg innerhalb 24 Tagen auf 0,075 mm.

Nach HUTTIG und BRODKORB sol1 die durch die Formel CaH, gekennzeichnete stochiometrische Zusammensetzung ein idealer Grenz- wert sein, der von den tatsachlich hergestellten Praparaten niemals erreicht wird. Man wird jedoch das wasserklar kristallisierte Cal- ciumhydrid als stochiometrisch zusammengesetzt ansehen diirfen.

Die Bildung von kristallisiertem Calciumhydrid bei den Mes- sungen zur Festlegung der Kurve a diirfte dafur sprechen, da6 es sich bei dieser Kurve um die Trennungslinie der Existenzgebiete CaH, von CaH handelt. Bei Messungen mit Hydrid, das weniger Wasserstoff enthielt als der Formel CaH, entspricht, wurden nie- mals derartige Kristalle erhalten.

Durch die Gleichgewichtskurve a diirfte sich auch die Tatsache erklaren lassen, daB bei der technischen Darstellung von Calcium- hydrid durch Einleiten von Wasserstoff in geschmolzenes Calcium bei etwa 800° ein nur etwa 84O/,iges Hydrid erhalten wird2) Die Reaktionsgeschwindigkeit der Wasserstoff bindung ist so groB, da6 in wenigen Minuten 1 kg Hydrid hergestellt verden kann.

Ware Kurve b die Gleichgewichtskurve fiir CaH,, dann miiBte man bei etwa 750° ein etwa 100°/,iges Hydrid bekommen, bei 800° ein etwa 97O/,iges, wie sich aus der Kurve ableiten 1iiBt. Nach Xurve a sollte ein etwa 80°/,iges Hydrid entstehen. Da aber bei der Abkuhlung unter H,-Atmosphare weiter Wasserstoff in un- bestimmter Menge aufgenommen wird, so ist es verst'andlich, daB ein 84 iges Calciumhydrid entsteht. Der Umstand, da6 man nicht hoher kommt, beweist, daB nicht b, sondern a die Kurve fur CaH, ist.

Es wurden nun auch Versuche angestellt, um die Aufnahme- fahigkeit von Wasserstoff durch Calciumlegierungen kennen zu lernen. Die Herstellung der Legierungen geschah nach 0. RUFF und H. HAET- MANN.~) Geraspeltes Calcium wurde mit Zusatzmetall in autogen -

l) HUTTIQ und BRODKOEB, 1. C.

3 Bitterfelder Patent, Zbl. 190T,II, 1283. 0. RUFF und H. HARTMANN, Z. anorg. u. allg. Chem. 121 (1922), 169.

92 G. KaBner und B. Stempel.

verschweifitem Stahlrohre Stunde im elektrischen Ofen unter fortwahrendem Drehen des Rohres auf 1000° erhitzt. Die uoll- kommen erkalteten Rohre wurden in der Nahe des VerschluBbolzens aufgesagt, und nach Entfernung der Sagespane gelang e8 in allen Fallen leicht, die Legierung durch schwaches Klopfen der Rohr- wandung aus der Rohre herauszubekommen. Die Legierungen wur- den in Mengen von 3-5 g in Rohrchen eingeschmolzen.

Hergestellt und im Verhalten gegen Wasserstoff untersucht wurden folgende Legierungen:

Calcium-Magnesium . . . . . 20°/ , Ca, SOo/, Mg; Ca,Mg,; Calcium-Zink . . . . . . . CaZn,,; CaZn,; Ca,Zn,; Ca,Zn; Calcium-Cadmium . . . . . CaCd,; Calcium-Kupfer . . . . . . CaCu,; Calcium-Silber. . . . , . . Ca Ag, ; Calcium-Aluminium . . . . . 80°/, Ca, 20°/ , A1; Calcium-Thallium . . . . . CaTl; Calcium-Zinn . . . . . . . CaSn,; 50°/, Ca, 50°/, Sn; Calcium-Blei . . . . . . . CaPb, ; CaPb; Ca,Pb; Calcium-Wismut . . . . . . 33 O/,, Ca, 66 O/, Bi; Calcium-Antimon . . . . . . 33 o/o Ca, 66 O/ , Sb.

Die Hydrierung der Calciumlegierungen geschah folgender- maBen: 2 g der fein gepulverten Legierung wurden in einem mit Schutzrohr versehenen ReaktionsgefaBe in Verbindung mit dem graduierten Wasserstoffgasometer im elektrischen Ofen langsam erhitzt. Nach dem Erkalten wurde die aufgenommene Wasserstoff- menge festgestelit. Im Gegensatz zur Hydrierung des reinen Cal- ciums verlief dieselbe bei den Calciummischmetdlen sehr trage. Von einer Angabe der gefundenen Werte sol1 Abstand genommen werden , da die erhaltenen Zahlen vollkommen unreproduzierbar sind. Eine auch nur annahernd vollstandige Hydrierung war bei keiner Legierung moglich. Mit dem Edlerwerden des Zusatz- metalles nimmt scheinbar die Wasserstoffaufnahmefahigkeit der Legierung ab. Bei den Legierungen des Calciums mit Magnesium, Zink und Cadmium, die verhaltnismafiig vie1 Wasserstoff aufgenom- men hatten, zeigte sich nach der Hydrierung eine deutliche Zer- setzung des Bodenkbrpers durch Wegsublimieren des Zusatzmetalles.

An dieser Stelle sei noch erwahnt, daB es sich gezeigt hat, daB eine Einteilung der Metdlhydride mittels der Spnnnungsreihe der Metalle moglich ist, wie folgende Darstellung der Fig. 4 zeigt.

Aufnahme von Wasserstoff durch Calcium und seine Legierungen. 93

Bei dieser Einteilung ergibt sich eine scharfe Trennung der in einer Reihe des periodischen Systems stehenden Elemente Beryl- lium und Magnesium, die keine salzartigen Hydride bilden, von Calcium, Strontium und Barium.

Fig. 4. Einteilung der Metallhydride nach der Spannungsreihe.

Zusammenfassung.

1. Geraspeltes Cftlciummetall nimmt bei etwa 260° i n kurzer Zeit Wasserstoff auf bis zu der der Formel CaH, entsprechenden Menge. Bei hoheren Temperaturen ist die Aufnahme weniger schnell. Das Calcium wird aber bei 500° ebenfalls in 2-3 Stunden quantitativ in CaH, iibergefiihrt. Bei etwa SO0 O wird die Aufnahme- geschwindigkeit sehr gro6.

2. Die Dissoziationsdruckmessungen des bei etwa 250° her- gestellten Hydrids gaben mit statischer und dynamischer Methode iibereinstimmend eine Dampfdruckkurve, deren Gleichung zwischen 755O und 920° ungefahr log p = - 3,475 + 0,005322 T ist.

Der Dampfdruck ist erheblich hoher als der bisher von anderen Autoren gemessene und gehbrt der Gleichung 2 CaH, f- 2 CaH + H, an , wahrend die bisher gemessenen Werte wahrscheinlich der Gleichung 2 CaH 71 2 Ca + €1, zugehoren. Es liegt demnach ein stufenweiser Zerfall vor.

3. Aus den Werten der Kurve errechnet sich nach VAN’T HOFF’S Gleichung die WarmetSnung zwischen 755O und 920° zu 24,s Cal, wachsend bis zu 31,5 Gal, wahrend die NERNST’SChe Naherungs- formel 22,6 Cal ergibt. Die Summe der Warmetonungen beider Kurven stimmt der GroBenordnung nach mit calorimetrisch gemes- senen Werten iiberein.

94 G. RaEner u. B. Stempel. Aufnahme von Wasserstoff durch Calcium usw.

4. Es gelang , Calciumhydrid in Form wasserklarer , hexa- gonaler Prismen mit aufgesetztem Rhomboeder darzustellen.

5. Es konnte gezeigt werden, daB eine Gruppierung der Netall- hydride in salzartige , metallartige und gasformige an Hand der Spannungsreihe der Metalle mijglich ist.

Es sei mir gestattet , meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Geheimrat Prof. Dr. G. KASSNER, auch an dieser Stelle meinen auf- richtigsten und bleibenden Dank auszusprechen fur die Anregung zu der vorliegenden Arbeit, sowie fur die stets bereitwillige Unter- stutzung, die er mir im Verlaufe derselben zuteil werden lie8.

M$kmstt?r i. W., Chemisches Jnstitut der UGiversitat, Pharmaxezctische Abteilung.

Bei der Redaktion eingegsngen am 2. April 1929.